10.069 Botschaft zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und der Türkei vom 25. August 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens vom 18. Juni 2010 mit der Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. August 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1753

5589

Übersicht Die Schweiz und die Türkei haben im Jahr 1986 Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen aufgenommen. Diese schwierigen Verhandlungen wurden wegen der sehr unterschiedlichen Abkommenspolitik der beiden Staaten mehrfach unterbrochen. Aus diesem Grund blieb die Türkei der einzige Mitgliedstaat der OECD, mit dem die Schweiz noch kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hatte.

Am 22. Mai 2008 konnte mit der Türkei schliesslich ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen unterzeichnet werden (vgl. Botschaft vom 6. März 2009, BBl 2009 2185). Die Phase der parlamentarischen Beratung des Abkommens vom 22. Mai 2008 war in der Schweiz bereits im Gang, als die türkischen Behörden wissen liessen, ihr parlamentarisches Genehmigungsverfahren werde nicht eingeleitet, bis der Standard zum Informationsaustausch nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens gemäss den vom Bundesrat am 13. März 2009 eingegangenen Verpflichtungen in dieses Abkommen aufgenommen worden sei.

Als Folge dieser neuen Situation wurde das parlamentarische Genehmigungsverfahren auf Seiten der Schweiz ausgesetzt und es mussten Revisionsverhandlungen eingeleitet werden. Am 4. November 2009 konnte ein revidierter Abkommensentwurf paraphiert werden, welcher das am 22. Mai 2008 unterzeichnete Abkommen ersetzen soll. Damit wird der neuen Situation Rechnung getragen, die sich aus den veränderten schweizerischen und türkischen Positionen ergeben hat. Mit dem Abschluss dieses Abkommens konnte eine wichtige Lücke im schweizerischen Abkommensnetz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geschlossen werden. Die vorliegende Botschaft ersetzt diejenige vom 6. März 2009 (BBl 2009 2185).

Dieses Abkommen enthält Normen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und bietet damit der Schweiz und der schweizerischen Wirtschaft bedeutende Vorteile hinsichtlich der Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen; es wird dazu beitragen, schweizerische Direktinvestitionen in der Türkei zu erhalten und auszubauen.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Abkommens begrüsst.

5590

Inhaltsverzeichnis Übersicht

5590

1 Grundzüge des Abkommens 1.1 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen 1.2 Würdigung

5592 5592 5593

2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

5593

3 Finanzielle Auswirkungen

5600

4 Verfassungsmässigkeit

5601

Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und der Türkei (Entwurf)

5603

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen

5605

5591

Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Im Jahr 1986 nahmen die Schweiz und die Türkei Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen auf. Obwohl die Türkei Mitgliedstaat der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist, verfolgt sie in den Verhandlungen mit anderen OECD-Staaten eine Abkommenspolitik, die in diversen wichtigen Bereichen vom Musterabkommen der OECD abweicht. Wegen der sehr unterschiedlichen Abkommenspolitik der beiden Staaten wurden die Verhandlungen mehrfach unterbrochen. Aus diesem Grund blieb die Türkei einziger Mitgliedstaat der OECD, mit dem die Schweiz noch kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hatte. Nach mehr als 20 Jahren konnten die Verhandlungen im Oktober 2006 mit der Paraphierung eines Abkommensentwurfs zum Abschluss gebracht werden. Das Abkommen wurde am 22. Mai 2008 in Bern unterzeichnet.

Nach dem Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zurückzuziehen, als in der Schweiz das parlamentarische Genehmigungsverfahren über das Abkommen vom 22. Mai 2008 bereits in Gang war, teilten die türkischen Behörden sowohl auf administrativer als auch auf politischer Ebene mit, dass sie ihr parlamentarisches Genehmigungsverfahren erst einleiten würden, wenn der Standard zum Informationsaustausch nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens in dieses Abkommen aufgenommen worden sei.

Als Folge dieser neuen Situation wurde das parlamentarische Genehmigungsverfahren auf Seiten der Schweiz ausgesetzt und Revisionsverhandlungen wurden eingeleitet. Am 4. November 2009 konnte ein revidierter Abkommensentwurf paraphiert werden, welcher das am 22. Mai 2008 unterzeichnete Abkommen ersetzen soll.

Damit wird der neuen Situation Rechnung getragen, die sich aus den veränderten schweizerischen und türkischen Positionen ergeben hat. Der revidierte Abkommensentwurf wurde am 18. Juni 2010 in Bern unterzeichnet.

Die Türkei mit ihren rund 72 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nimmt eine Scharnierfunktion zwischen Europa und Asien ein. Aufgrund ihrer Grösse, ihres wirtschaftlichen Potenzials und ihrer geostrategischen Lage ist das Land für die Schweiz ein wichtiger Partner. Andererseits sind die Beziehungen zur Türkei durch wachsende Komplexität gekennzeichnet. Die
Türkei hat im Oktober 2005 Verhandlungen über einen Beitritt zur Europäischen Union aufgenommen, deren Dauer und Ausgang allerdings zurzeit offen sind. Sollten sie zu einem Ergebnis führen, würde dies das bilaterale Verhältnis zwischen der Schweiz und der Türkei in verschiedenen Bereichen beeinflussen. Insbesondere würde sich eine Ausdehnung des gemeinsamen Marktes auf die Türkei für die schweizerische Wirtschaft vorteilhaft auswirken.

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Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und der Türkei beruhen auf dem seit 1992 bestehenden Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und der Türkei, dem Investitionsschutzabkommen vom 3. März 1988 (SR 0.975.276.3) und der Handelsübereinkunft vom 13. Dezember 1930 (SR 0.946.297.631). Aufgrund seiner Wachstumsaussichten bietet der türkische Markt für schweizerische Exporte ein erhebliches Potenzial. Gegenwärtig belaufen sich die schweizerischen Exporte in die Türkei auf rund 2 Milliarden Franken. Fast 50 Prozent dieser Exporte entfallen auf chemische und pharmazeutische Produkte und 30 Prozent auf Maschinen (insbesondere Textilmaschinen). Die Schweiz nimmt unter den ausländischen Importeuren in die Türkei den achten Rang ein, in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen lag die Schweiz 2004 an sechster Stelle.

1.2

Würdigung

Insgesamt lässt sich das Ergebnis der Verhandlungen mit denjenigen Abkommenslösungen vergleichen, die die Türkei mit anderen OECD-Staaten, die einen mit der Schweiz vergleichbaren Entwicklungsstand aufweisen, abgeschlossen hat. Weil günstigere Lösungen nicht erwartet werden konnten, galt es, die wirtschaftlichen Interessen der Schweiz zu berücksichtigen und die Verhandlungen zu einem Ende zu bringen.

Dieses Abkommen schliesst die letzte Lücke im schweizerischen Abkommensnetz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit OECD-Staaten. Es bestätigt ausserdem die im März 2009 beschlossene neue schweizerische Abkommenspolitik auf dem Gebiet des Informationsaustausches. Die mit dem Abkommen erreichten Rahmenbedingungen werden dazu beitragen, die schweizerischen Direktinvestitionen in der Türkei beizubehalten und auszubauen, was im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung beider Staaten liegt. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftsverbände haben dieses Abkommen im Anhörungsverfahren begrüsst.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Doppelbesteuerungsabkommen folgt im Grossen und Ganzen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommen sowie der schweizerischen Abkommenspraxis in diesem Bereich. Die Erläuterungen beschränken sich deshalb im Folgenden auf die wesentlichsten Abweichungen vom Musterabkommen sowie auf Besonderheiten des Abkommens im Licht der schweizerischen Abkommenspraxis.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Weil die Türkei keine Vermögensbesteuerung kennt, gilt das Abkommen nur für die Steuern vom Einkommen.

Steuern auf Lotterie-, Wett- und Spielgewinnen fallen, entsprechend der schweizerischen Abkommenspolitik, nicht unter den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens (Abs. 5).

5593

Art. 3

Allgemeine Begriffsbestimmungen

Absatz 1 Buchstabe f umschreibt den Begriff des Hauptsitzes («eingetragener Sitz») mittels Verweisung auf das schweizerische Obligationenrecht und auf das türkische Handelsrecht. Diese Definition ist eine Folge der auf türkisches Begehren vorgenommenen Einfügung des Hauptsitzes als weiteres Kriterium für die Ansässigkeit einer Person in einem Vertragsstaat im Sinne von Artikel 4 Absatz 1. Aus schweizerischer Sicht war dies annehmbar, da diese Bestimmung keine abschliessende Aufzählung der Kriterien enthält, sondern auch die Anknüpfung an andere ähnliche Merkmale vorsieht. Im Übrigen wird in Ziffer 1 des Protokolls festgehalten, dass der Hauptsitz aufgrund der Ausübung der wesentlichen Geschäftstätigkeit und der Verwaltung und Kontrolle des Geschäfts bestimmt wird.

Art. 5

Betriebstätte

Im Bereich der Besteuerung von Betriebstätten verfolgt die Türkei gegenüber anderen OECD-Mitgliedstaaten mit einem mit der Schweiz vergleichbaren Entwicklungsstand eine konstante Abkommenspolitik, von der keine Abweichung erwartet werden konnte. Im Rahmen der Bereinigung der am Schluss verbliebenen offenen Punkte wurde in Absatz 3 vereinbart, dass Baustellen und Montagen sowie damit zusammenhängende Überwachungstätigkeiten, deren Dauer sechs Monate übersteigt, eine Betriebstätte darstellen. Auch das Erbringen von Dienstleistungen während mehr als sechs Monaten begründet eine Betriebstätte. Letzteres ist für ein Abkommen unter OECD-Mitgliedstaaten atypisch, bildete indessen seitens der Türkei eine unverzichtbare Voraussetzung für den Abschluss des Abkommens.

Eine derartige Bestimmung hat die Schweiz auch schon anderen Staaten von vergleichbarer Bedeutung (z.B. den Philippinen und Thailand) zugestanden.

Art. 8

Seeschifffahrt, Luftfahrt und Strassenverkehr

Die Bestimmung über die Besteuerung von Gewinnen aus dem internationalen Schiffs- und Luftverkehr gilt auch für Gewinne aus internationalen Strassentransporten. Diese von der Türkei gewünschte Ausdehnung, deren Bedeutung gering sein dürfte, findet sich bereits in einigen anderen schweizerischen Abkommen (z.B. mit Bulgarien, Rumänien und Ungarn). Die übrigen Bestimmungen des Abkommens, die sich auf den internationalen Verkehr beziehen (Art. 3 Abs. 1 Bst. j, Art. 13 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 3), wurden an diese Ausweitung angepasst.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Wie in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen, die die Schweiz in den letzten Jahren abgeschlossen hat, konnten die der schweizerischen Abkommenspolitik entsprechenden Absätze 2 und 3 eingefügt werden. Absatz 2 sieht vor, dass sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten konsultieren können, um eine einverständliche Lösung hinsichtlich von Gewinnaufrechnungen herbeizuführen.

Gemäss Absatz 3 können Gewinne nach Ablauf von fünf Jahren seit dem Ende des Jahres, in dem sie erzielt wurden, nicht mehr berichtigt werden.

5594

Art. 10

Dividenden

Auf Dividenden aus Beteiligungen von mindestens 20 Prozent kann im Quellenstaat eine auf 5 Prozent begrenzte Steuer erhoben werden. Auf türkischer Seite wird diese Reduktion der Quellensteuer auf 5 Prozent an die Bedingung geknüpft, dass die betreffenden Dividenden in der Schweiz von der Besteuerung ausgenommen sind.

Diese Befreiung ergibt sich schweizerischerseits aus dem Beteiligungsabzug nach Artikel 69 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (SR 642.11; DBG) und den entsprechenden kantonalen Bestimmungen im Sinne von Artikel 28 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642.14).

Ein Besteuerungsrecht von 5 Prozent steht dem Quellenstaat im Weiteren auf Betriebstättegewinnen («branch profits tax») zu. Auch hier gilt auf türkischer Seite der Vorbehalt, dass diese Reduktion auf 5 Prozent ­ gemäss innerstaatlichem Recht der Türkei betrüge diese Steuer gegenwärtig 15 Prozent ­ nur dann gewährt wird, wenn diese Gewinne in der Schweiz von der Besteuerung ausgenommen sind. Diese Befreiung wird durch Artikel 52 DBG und die entsprechenden kantonalen Bestimmungen sichergestellt.

In den übrigen Fällen kann der Quellenstaat Dividenden, die an im anderen Vertragsstaat ansässige Personen gezahlt werden, mit 15 Prozent besteuern.

Ziffer 2 des Protokolls hält fest, dass die Ausschüttungen türkischer Anlagefonds und -trusts («investment funds» ohne Rechtspersönlichkeit, «investment trusts» mit Rechtspersönlichkeit) als Dividenden im Sinne von Artikel 10 gelten. Dies beinhaltet indessen kein Recht dieser Fonds und Trusts, im eigenen Namen Abkommensvorteile zu beanspruchen. Soweit erforderlich, soll diese Frage zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Verständigungsverfahrens im Sinne der schweizerischen Praxis auf diesem Gebiet geregelt werden.

Art. 11

Zinsen

Das Recht des Quellenstaates zur Besteuerung von Zinsen (Abs. 2 und 3) wurde begrenzt auf 0 Prozent für die an einen Vertragsstaat oder an dessen Zentralbank gezahlten Zinsen, auf 5 Prozent für Zinsen auf Darlehen, die von einer Einrichtung für die Exportförderung gewährt, garantiert oder versichert wurden, auf 10 Prozent für Zinszahlungen an eine Bank sowie auf 15 Prozent in den übrigen Fällen. Für Zinsen, die nach türkischem Recht von der Besteuerung ausgenommen sind, wird während der ersten fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens in der Schweiz eine fiktive Steueranrechnung von 5 Prozent gewährt. Auf Insistieren seitens der Schweiz wurde diese Dauer im Rahmen eines Gesamtpakets zum Ende der Abkommensverhandlungen um 2 Jahre reduziert.

Art. 12

Lizenzgebühren

Der Quellenstaat kann Lizenzgebühren mit höchstens 10 Prozent besteuern (Abs. 2).

Dieser Satz findet sich in zahlreichen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen mit weniger industrialisierten Ländern. Auch für Lizenzgebühren wird die Schweiz während der ersten fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens eine fiktive Steueranrechnung gewähren. Das Abkommen vom 22. Mai 2008 sah noch eine Dauer von sieben Jahren vor. Diese beträgt 5 Prozent auf Leasingzahlungen und 10 Prozent auf anderen Lizenzgebühren. Angesichts der Tatsache, dass Lizenzge5595

bühren nach türkischem Recht einer Quellenbesteuerung von 22 Prozent unterliegen, kann diese Lösung als für die Schweiz günstig bezeichnet werden.

Ziffer 4 des Protokolls präzisiert, dass auf Gewinne aus der Veräusserung von Rechten im Sinne von Artikel 12 Absatz 3 die Bestimmungen von Artikel 13 Anwendung finden (Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen), es sei denn, es wird nachgewiesen, dass die Zahlung nicht eine Gegenleistung für eine tatsächliche Vermögensveräusserung darstellt.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Nach türkischem Recht sind Veräusserungsgewinne mit gewissen Ausnahmen (z.B.

bei der Veräusserung von Anteilen an Anlagefonds) von der Besteuerung ausgenommen. Dennoch beharrt die Türkei in ihrer Abkommenspolitik darauf, in ihre Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht für Spekulationsgewinne, d.h. für Gewinne aus der Veräusserung von während weniger als zwölf Monaten gehaltenem beweglichem Vermögen, im Sinne von Absatz 4 dem Quellenstaat zuzuweisen. Schweizerischerseits wird diese Einschränkung der Besteuerungsbefugnis des Ansässigkeitsstaats des Veräusserers nur anerkannt, wenn die Besteuerung solcher Gewinne in der Türkei nachgewiesen ist (Art. 22 Abs. 1 Bst. a).

Art. 14

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Wie diverse andere schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen enthält auch das Abkommen mit der Türkei neben dem Kriterium der festen Einrichtung in Absatz 1 Buchstabe b einen Aufenthalt von mehr als 183 Tagen innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten als zusätzlichen Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Staat, in dem die Arbeit ausgeübt wird.

Art. 18 und 19

Private Ruhegehälter und öffentlicher Dienst

Ziffer 5 des Protokolls bestätigt die schweizerische Praxis, wonach die Artikel 18 und 19 nicht nur für periodische Zahlungen gelten, sondern auch für Kapitalleistungen.

Art. 20

Studenten

Das Abkommen enthält einen zusätzlichen Absatz 2, in dem in Bezug auf die nicht unter Absatz 1 fallenden Stipendien und Erwerbseinkünfte der Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung zwischen Studierenden aus dem anderen Vertragsstaat und ansässigen Studierenden festgehalten wird.

Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Die Türkei vermeidet die Doppelbesteuerung mittels der Anrechnungsmethode.

Die Schweiz wendet wie üblich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt an und gewährt für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren die pauschale Steueranrechnung.

5596

Wie bereits zu den Artikeln 11 und 12 ausgeführt wurde, ist die Gewährung einer fiktiven Steueranrechnung von 5 Prozent für Zinsen und Leasingzahlungen sowie von 10 Prozent für Lizenzgebühren auf die ersten fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens befristet.

Nach türkischer Auffassung bilden alle auf Ministerebene verfügten Reduktionen oder Befreiungen von der Quellensteuer Massnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, die einen Anspruch auf fiktive Steueranrechnung begründen.

Aus diesem Grund wurde die entsprechende Bestimmung allgemein formuliert.

Art. 25

Informationsaustausch

Mit dem Rückzug ihres Vorbehalts zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens verpflichtete sich die Schweiz politisch zur Übernahme des Standards nach diesem Artikel und dessen Kommentar. Die Türkei machte zudem ihre Zustimmung zum vorliegenden Abkommen davon abhängig, dass die Bestimmung über den Informationsaustausch dem OECD-Standard möglichst nahe kommt. Das definitive Zustandekommen der vorliegenden Revision einschliesslich der Wiederaufnahme der Regelungen des Abkommens vom 22. Mai 2008 hing somit wesentlich von den diesbezüglich vereinbarten Regelungen ab.

Der neue Artikel 25 entspricht grösstenteils dem Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen bestehen hinsichtlich der Einschränkung des Informationsaustausches auf Steuern, die unter das Abkommen fallen (entgegen den ursprünglichen Forderungen der Türkei), dem Ausschluss der Weitergabe der erhaltenen Informationen an Aufsichtsbehörden, der Möglichkeit zum Gebrauch der Informationen für andere Zwecke mit Einverständnis beider Staaten sowie der ausdrücklichen Ermächtigung der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern sowie zur Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen. Die vorgesehenen Einschränkungen der Amtshilfe sind im Kommentar zum OECD-Musterabkommen vorgesehen und mit dem OECD-Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustausches fest. Auszutauschen sind jene Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts auf dem Gebiet der unter das Abkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen, sollen so genannte «fishing expeditions» verhindert werden. Zudem wird damit festgehalten, dass der ersuchende Staat gehalten ist, seine eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er ein Auskunftsersuchen an den anderen Staat stellt. Nicht erforderlich ist für den Informationsaustausch, dass die betroffenen Steuerpflichtigen in der Schweiz oder in der Türkei ansässig sind, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Absatz 2 umfasst Geheimhaltungsregeln. Diese Bestimmung erklärt die Geheimhaltungsregeln des Staates
für anwendbar, der die Informationen erhalten hat. Er hält jedoch fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der vom Abkommen umfassten Steuern befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder seinem Bevollmächtigten offenbart werden.

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Der letzte Satz dieses Absatzes sieht die Möglichkeit der Verwendung für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte in einem anderen Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die diesbezüglich separaten Verfahrensrechte in der Schweiz zu entziehen.

Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des ersuchten Staates ist jedoch in allen Fällen notwendig. Diese Bestimmung wird zum Beispiel, unter denselben Bedingungen, auch die Verwendung der erhaltenen Informationen durch Sozialversicherungsbehörden im Rahmen ihres innerstaatlichen Zugangs zu steuerlichen Informationen ermöglichen (vgl. zum Beispiel Art. 9 Abs. 3 AHVG, SR 831.10, und Art. 27 AHVV, SR 831.101).

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des umfassenden Informationsaustausches vor. Der ersuchte Staat ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über seine eigenen Gesetze oder seine eigene Verwaltungspraxis hinauszugehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen. Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen ebenso wie die Möglichkeit, einen vorgesehenen Informationsaustausch gerichtlich überprüfen zu lassen, gewahrt bleibt. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt. Dies könnte insbesondere der Fall sein, wenn die Informationen im ersuchenden Staat nicht in ausreichendem Mass geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Auskünfte ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht
auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Staates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen bezüglich Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden, sowie betreffend Eigentumsverhältnisse an Personen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen des Absatzes 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis die begehrten Informationen nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen. Anfragen über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften mit Inhaberaktien müssen daher nur soweit beantwortet werden, als diese Informationen für die Behörden des ersuchten Staates, ungeachtet allfälliger Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts, effektiv ermittelbar sind.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der Informationen nach Absatz 5. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit 5598

die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, wurde mit dem letzten Satz des Absatzes 5 die notwendige rechtliche Grundlage für die erforderlichen Verfahrensbefugnisse zur Erlangung der ersuchten Informationen geschaffen. Das anwendbare Verfahren wird vorerst Gegenstand einer Verordnung sein, die voraussichtlich am 1. Oktober 2010 in Kraft tritt. Diese soll jedoch durch ein Gesetz abgelöst werden, mit dessen Ausarbeitung begonnen wurde. Dieses Vorgehen wurde durch die Bundesbeschlüssen vom 18. Juni 2010 über die Genehmigung der zehn neuen oder revidierten Doppelbesteuerungsabkommen unterstützt und braucht, ausser bei Vorliegen eines speziellen Falles, nicht wiederholt zu werden.

In keinem Fall wird die Schweiz der Türkei Amtshilfe in Steuersachen leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht. Der Bundesrat wird der Regierung der Türkei eine solche Erklärung abgeben und auf eine entsprechende Erklärung der türkischen Regierung hinarbeiten. Zu diesem Vorgehen wurde der Bundesrat durch die Motion 10.3013 «Künftige Doppelbesteuerungsabkommen.

Keine Amtshilfe bei illegal beschafften Daten» beauftragt.

Das Auskunftsersuchen ist schriftlich zu stellen (einfache Telefonanfragen sind somit ausgeschlossen), entsprechend den diesbezüglichen Vorschriften der OECD, insbesondere dem Modul 1 zum Informationsaustausch auf Anfrage des Manuels der OECD zur Umsetzung des Informationsaustauschs in Steuersachen.

Die Bestimmungen von Artikel 25 werden im Protokoll zum Abkommen weiter konkretisiert (Ziff. 6 des Protokolls). Das Protokoll hält den Grundsatz der Subsidiarität fest und schliesst «fishing expeditions» ausdrücklich aus (Ziff. 6 Bst. a und c).

Die Vertragsstaaten sind demnach gehalten, ein Auskunftsersuchen erst dann zu stellen, wenn sie sämtliche in ihrem innerstaatlichen Recht üblichen Mittel der Informationsermittlung ausgeschöpft haben. So genannte «fishing expeditions», d.h.

Ermittlungen, welche ohne präzises Ermittlungsobjekt in der Hoffnung vorgenommen werden, steuerlich relevante Informationen zu erhalten, sind ausdrücklich ausgeschlossen. Weiter legt das Protokoll die Anforderungen an ein Informationsbegehren detailliert fest (Ziff. 6 Bst. b). Notwendig ist insbesondere eine eindeutige Identifikation des
betroffenen Steuerpflichtigen sowie der Person (z.B. der Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Der ersuchende Staat muss darlegen, welche Informationen er für welche Steuerperioden und zu welchen steuerlichen Zwecken benötigt. Daraus folgt, dass sich der Informationssaustausch auf konkrete Anfragen im Einzelfall beschränkt. Fehlen die verlangten spezifischen Angaben für die Identifizierung, kann einem Auskunftsersuchen nicht nachgekommen werden. Fehlt insbesondere im Auskunftsersuchen der Name der über die Informationen verfügenden Bank, ist es für die Schweiz unmöglich, eine Untersuchung zu den Bankunterlagen durchzuführen. Diese Umschreibung erlaubt es «fishing expeditions» auszuschliessen (Art. 6 Bst. c vorerwähnt).

Die Verpflichtung eines Vertragsstaates zum spontanen oder automatischen Auskunftsaustausch wird zudem ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustausches zu nehmen, wenn ihr innerstaatliches Recht dies vorsieht (Ziff. 6 Bst. d).

Ziffer 6 Buchstabe e hält schliesslich die Garantie der Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen fest. In der Schweiz kann der betroffene Steuerpflichtige die Schlussverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Austausch von Informationen mittels Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht anfechten, das die Sache abschliessend beurteilt. Die Beschwerde hat Suspensivwirkung. Wurde Beschwerde 5599

erhoben, kann der Auskunftsaustausch daher erst erfolgen, wenn diese rechtskräftig abgelehnt wurde. Dieses Verfahren darf den Informationsaustausch nicht in unzulässiger Weise behindern oder verzögern.

Die neuen Bestimmungen zum Informationsaustausch finden für Steuerjahre Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Kalenderjahres beginnen. Sie gilt daher ausschliesslich für Einkünfte, die der betroffenen steuerpflichtigen Person an oder nach diesem Datum zugeflossen sind.

Art. 27

Inkrafttreten

Diese Bestimmung ist unverändert geblieben. Das Abkommen tritt nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und seine Bestimmungen sind anwendbar ab dem auf dieses Datum folgenden 1. Januar.

3

Finanzielle Auswirkungen

Mit dem Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens verzichten beide Vertragsstaaten im Interesse der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der Steuern, die in der Türkei auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gestützt auf die Artikel 10, 11 und 12 erhoben werden. Diese Mindereinnahmen, die mangels geeigneter Statistiken nicht beziffert werden können, werden dank der durch das Abkommen bewirkten Verbesserung der Attraktivität des Standortes Schweiz teilweise ausgeglichen, was mittelfristig zu zusätzlichen Einnahmen bei den direkten Steuern führen dürfte.

Im vorliegenden Abkommen konnten mit der Türkei Lösungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vereinbart werden, die für die Schweiz und für die schweizerische Wirtschaft im bilateralen Verhältnis eine tragfähige Grundlage abgeben und mögliche steuerliche Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staaten beseitigen, die mit der Türkei ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben. Das Abkommen verstärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, was sich wirtschaftlich und politisch positiv auswirken wird. Insgesamt trägt das Abkommen zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei, und es ist geeignet, die schweizerischen Direktinvestitionen in der Türkei zu stärken. Die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftsverbände haben dieses Abkommen begrüsst. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein der Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit dienen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik ist.

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4

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das vorliegende Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (SR 101; BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Zuständig für die Genehmigung des Abkommens ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV die Bundesversammlung. Das Abkommen ist zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatesvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel in Aussicht gestellt, dem Parlament künftig zu empfehlen, internationale Abkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen, sofern sie für die Schweiz keine neuen Verpflichtungen enthalten.

Der Abkommensentwurf sieht eine Amtshilfe entsprechend dem Standard des OECD-Musterabkommens in erweitertem Umfang vor, was ein Novum in der schweizerischen Abkommenspolitik darstellt.

Dies bedeutet, dass das Änderungsprotokoll wichtige neue Verpflichtungen für die Schweiz nach sich zieht. Es enthält damit wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss zum Abkommen zwischen der Schweiz und der Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird deshalb dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

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