zu 10.400 Parlamentarische Initiative Besoldung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts Bericht vom 25. Februar 2010 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 5. März 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 25. Februar 2010 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates betreffend die Besoldung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. März 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-0356

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Das Bundesgesetz vom 20. März 20091 über das Bundespatentgericht (Patentgerichtsgesetz; PatGG) sieht die Schaffung eines für Patentstreitigkeiten zuständigen Zivilgerichts des Bundes vor. Es ist vorgesehen, dass das Bundespatentgericht seine Geschäftstätigkeit am 1. Januar 2011 aufnimmt. Am 1. März 2010 traten die institutionellen und organisatorischen Bestimmungen des Patentgerichtsgesetzes in Kraft2.

Sie bilden die Grundlage für die Wahl der Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht. Die Wahl soll in der Sommersession 2010 stattfinden.

Die zuständige Gerichtskommission befasste sich an zwei Sitzungen mit der Vorbereitung der Wahl der Richterinnen und Richter für das Bundespatentgericht. An ihrer Sitzung vom 20. Januar 2010 kam sie unter anderem auf die Frage der Besoldung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter zu sprechen.

Die Besoldung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht richtet sich nach der Richterverordnung vom 13. Dezember 20023, die mit Wirkung ab 1. März 2010 durch die Patentrichterverordnung vom 20. März 20094 geändert wurde. Nach Artikel 5 der Richterverordnung sind die Richterinnen und Richter in der Lohnklasse 33 nach Artikel 36 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 20015 (BPV) eingereiht. Die Obergrenze der Jahresbesoldung beträgt heute 228 976 Franken. Derzeit ist nicht vorgesehen, dass die hauptamtlichen Mitglieder des Bundespatentgerichts Funktionszulagen erhalten. Denn die Artikel 6 und 6a der Richterverordnung, nach denen sich die Ausrichtung von Zulagen richtet, wurden durch die Patentrichterverordnung nicht dahingehend geändert, dass sie auf die hauptamtlichen Mitglieder des Bundespatentgerichts Anwendung finden.

Die Gerichtskommission ist besorgt, dass es wegen der vorgesehenen Obergrenze für die Jahresbesoldung äusserst schwierig sein wird, qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber für die zwei hauptamtlichen Richterstellen am Bundespatentgericht zu gewinnen. Sie hält es daher für erforderlich, die finanzielle Entschädigung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht zu verbessern. In einem Schreiben vom 21. Januar 2010 wandte sich die Gerichtskommission an die Kommissionen für Rechtsfragen und ersuchte diese, das Anliegen zu prüfen und allenfalls auf dem Weg einer parlamentarischen Initiative umzusetzen.

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SR 173.41; AS 2010 513 AS 2010 513 Verordnung der Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002 über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung der Richter und Richterinnen des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sowie der hauptamtlichen Richter und Richterinnen des Bundespatentgerichts (Richterverordnung); SR 173.711.2.

Verordnung der Bundesversammlung vom 20. März 2009 über die Richter und Richterinnen am Bundespatentgericht (Patentrichterverordnung); SR 173.411; AS 2010 529.

SR 172.220.111.3

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Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats befasste sich an ihrer Sitzung vom 28. Januar 2010 mit diesem Anliegen. Sie beschloss, eine parlamentarische Initiative6 zu ergreifen, um über eine Änderung der Richterverordnung eine höhere Entschädigung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter zu ermöglichen.

Am 15. Februar 2010 stimmte die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats der Initiative zu. Am 25. Februar 2010 beschloss die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats eine Änderung der Richterverordnung und stimmte dem erläuternden Bericht zu. Die Kommission lud zugleich den Bundesrat nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes7 zur Stellungnahme ein.

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Vorlage der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats schlägt eine Änderung der Artikel 6 und 6a der Richterverordnung vor. Der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bundespatentgerichts sowie dem zweiten hauptamtlichen Gerichtsmitglied, das das Vizepräsidialamt ausübt oder in der Gerichtsleitung des Bundespatentgerichts tätig ist, soll künftig eine nach Funktion abgestufte, nicht versicherte Zulage ausgerichtet werden. Die nebenamtliche Richterin oder der nebenamtliche Richter, die oder der in der Gerichtsleitung tätig ist und allenfalls die Vizepräsidialfunktion ausübt, soll keine Zulagen erhalten. Dies ist damit begründet, dass bei nebenamtlichen Richterinnen und Richtern der Mehraufwand der Funktion im Umfang der individuellen Inanspruchnahme nach der Verordnung der Bundesversammlung vom 23. März 20078 über die Taggelder und über die Vergütungen für Dienstreisen der Bundesrichter und Bundesrichterinnen entschädigt wird.

Weitere Verbesserungen der Besoldung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht sind nicht vorgesehen, insbesondere auch keine Anhebung der in Artikel 5 Absatz 2 der Richterverordnung festgeschriebenen regulären Lohnobergrenze.

Die Kommission begründet die Änderung im Wesentlichen damit, dass die hauptamtlichen Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht Schlüsselfunktionen ausüben. Damit die hohen Erwartungen in das neue Bundespatentgericht erfüllt werden könnten, sei es unabdingbar, dass für diese Schlüsselfunktionen erfahrene und qualifizierte Persönlichkeiten gewonnen werden können. Das Lohnniveau bei Fachleuten, die für diese fachlich und sprachlich anspruchsvollen Richterstellen in Betracht kämen, sei vergleichsweise hoch. Durch die Ausrichtung der in den Artikeln 6 und 6a der Richterverordnung vorgesehenen Funktionszulagen zwischen 10 000 und 30 000 Franken erreiche die Jahresentschädigung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter ein Niveau, das in Fachkreisen als marktgerecht und konkurrenzfähig erachtet werde und daher als geeignet gelten dürfe, die benötigten qualifizierten Personen für das Richteramt zu interessieren.

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10.400 Pa.Iv. Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats: Besoldung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts; BBl 2010 1707 SR 171.10 SR 172.121.2

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat stimmt der Änderung der Richterstellenverordnung in der von der Kommission für Rechtsfragen vorgeschlagenen Form zu. Er erachtet die vorgeschlagene Verbesserung der Entschädigung der hauptamtlichen Richterinnen und Richter am Bundespatentgericht über die Ausrichtung von Zulagen als massvoll und geeignet, ein marktgerechtes Lohnniveau zu erreichen.

Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission für Rechtsfragen, dass die hauptamtlichen Richterinnen und Richter Schlüsselfunktionen im Bundespatentgericht wahrnehmen. Sie gewährleisten einen reibungslosen Gerichtsbetrieb sowie eine qualitativ hochstehende, konsistente Rechtsprechung. Ihr Wirken ist für die Akzeptanz und das Ansehen des Bundespatentgerichts entscheidend. Daher verdient die Besetzung der hauptamtlichen Richterstellen am Bundespatentgericht höchste Aufmerksamkeit.

Neben intrinsischen Motivationsfaktoren, die in Anbetracht der Attraktivität der zu besetzenden Richterstellen für eine Bewerbung zentral sein dürften, misst die Kommission für Rechtsfragen in ihrer Begründung zu Recht der Besoldung als extrinsisches Motivationselement grosse Bedeutung zu. Bewerberinnen und Bewerber, die den hohen fachlichen und sprachlichen Anforderungen an das Richteramt genügen, finden sich aufgrund ihrer Spezialisierung in einem Arbeitsumfeld mit hohem Lohnniveau. Eine marktgerechte Besoldung ist daher ein wichtiger Anreiz, der dazu beiträgt, dass die benötigten qualifizierten Personen für die Richterstellen gewonnen werden können. Zur Beurteilung der Angemessenheit des Lohnniveaus erachtet der Bundesrat den Vergleich mit der Besoldung an den oberen kantonalen Gerichten, die bislang im Zuständigkeitsbereich des künftigen Bundespatentgerichts tätig waren, als aussagekräftig. Die Vergleichszahlen zeigen, dass die geltende Obergrenze des Bruttojahresgehalts nach Artikel 5 Absatz 2 der Richterverordnung auf unterem kantonalem Niveau liegt. Mit der Ausrichtung der in den Artikeln 6 und 6a der Richterverordnung vorgesehenen Zulagen kann indessen eine marktgerechte und konkurrenzfähige Entschädigung in Aussicht gestellt werden, auch wenn die höchsten Jahresbesoldungen an den oberen kantonalen Gerichten nicht erreicht werden.

Die Änderung der Richterverordnung darf daher als geeignet und wohl auch notwendig angesehen werden, um die benötigten
qualifizierten Personen für das Richteramt zu interessieren. In der Ausrichtung von Zulagen an die hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts ist zudem keine Bevorzugung gegenüber den Richterinnen und Richtern der anderen eidgenössischen Gerichte zu sehen, sondern eine Gleichstellung mit diesen. Denn an diesen Gerichten kommen Personen, die zusätzliche Managementaufgaben übernehmen, ebenfalls in den Genuss einer Funktionszulage.

Der zusätzliche Personalaufwand für das Bundespatentgericht ist vertretbar. Die Präsidentin oder der Präsident erhält eine Zulage von 30 000 Franken das zweite hauptamtliche Mitglied des Bundespatentgerichts entweder eine Zulage von 20 000 Franken (falls es das Vizepräsidialamt bekleidet) oder von 10 000 Franken (falls es Mitglied der Gerichtsleitung ist, ohne die Vizepräsidialfunktion auszuüben). Der Personalaufwand des Bundespatentgerichts erhöht sich dadurch um maximal 50 000 Franken.

Das Bundespatentgericht finanziert sich aus Gerichtsgebühren sowie aus Beiträgen des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (Institut) (Art. 4 PatGG). Die 1722

Gerichtsgebühren werden so zu bemessen sein, dass ein Ausgleich zwischen dem Anspruch der Parteien auf angemessenen Zugang zum Bundespatentgericht und dem Grundsatz, dass die eigenen Mittel des Bundespatentgerichts seine Kosten decken sollen, gewährleistet ist. Sofern das Bundespatentgericht nicht in der Lage ist, seine Kosten aus den Gerichtsgebühren zu decken, stellen Beitragsleistungen des Instituts die Finanzierung sicher. Eingeschlossen ist auch der zusätzliche Personalaufwand, der durch die vorgesehene Ausrichtung von Zulagen an die hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Bundespatentgerichts entsteht. Weil das Institut finanziell autonom ist, wird der Bundeshaushalt nicht belastet. Allerdings sind wegen früherer Gebührensenkungen und wegen der Wirtschaftskrise die Einnahmen des Instituts aus Patentgebühren gegenwärtig rückläufig. Sollte eine rasche Rückkehr zum Wachstum vergangener Jahre ausbleiben, so müssten die Jahresgebühren für Patente wieder angehoben werden, um die Finanzierung des Bundespatentgerichtes in der Anfangsphase und ­ sollte dieses auf Dauer nicht in der Lage sein, sich zum grössten Teil aus den Gerichtsgebühren zu finanzieren ­ auch längerfristig sicher zu stellen. Eine massvolle Anhebung der Gebühren ist in- und ausländischen Patentinhaberinnen und -inhabern als Preis für eine verbesserte gesamtschweizerische Rechtsprechung indessen zuzumuten.

Der Bundesrat erachtet den Vorschlag schliesslich auch insoweit als begründet, als nur den hauptamtlichen Mitgliedern des Bundespatentgerichts Zulagen ausgerichtet werden sollen. Das nebenamtliche Mitglied der Gerichtsleitung wird für den Mehraufwand bei der Wahrnehmung seiner Funktionen nach der Verordnung der Bundesversammlung vom 23. März 20079 über die Taggelder und über die Vergütungen für Dienstreisen der Bundesrichter und Bundesrichterinnen entschädigt.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Zustimmung zur Vorlage.

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SR 172.121.2

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