Die strategische politische Steuerung des Bundesrates Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, überwiesen und veröffentlicht von den Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 16. und 26. Februar 2010

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) hat im Rahmen ihres Jahresprogramms 2008 beschlossen, die strategische politische Steuerung des Bundesrates vertieft zu untersuchen. Sie hat die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer entsprechenden Evaluation beauftragt. In der Folge hat die GPK-N die Arbeiten der PVK begleitet und den Untersuchungsauftrag konkretisiert.

Am 15. Oktober 2009 hat die PVK ihren Schlussbericht zu den Ergebnissen der Untersuchung vorgelegt.

Sowohl die GPK-N als auch die GPK-S haben die Resultate der Evaluation am 16. bzw. am 26. Februar 2010 zur Kenntnis genommen und eingehend diskutiert. Sie haben beschlossen, den Bericht dem Bundesrat zu überweisen und gleichzeitig zur Veröffentlichung frei zu geben.

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Feststellungen der GPK

Die GPK stellen fest, dass zentrale Untersuchungsergebnisse des Berichts der PVK mit Erkenntnissen übereinstimmen, zu denen die GPK im Rahmen ihrer Tätigkeit in den letzten Jahren ebenfalls gelangt sind. So hält der Bericht zum Beispiel fest, dass die strategische politische Steuerung des Bundesrates einzelfallorientiert und sektoriell ausgerichtet sei, dass die Führungsinformationen primär für die departementale Führung der Bundesverwaltung relevant seien und der Bundesrat dem strategischen politischen Führungsprozess eher eine untergeordnete Bedeutung zumesse. Insgesamt nehme er seine Führungsfunktion zu wenig wahr. Diese Analyse stimmt mit den Schlussfolgerungen überein, die die GPK unter anderem in den Dossiers Risikomanagement des Bundesrates1, Wahl des Chef der Armee (Fall Nef)2, Funktion

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Vgl. Jahresbericht 2009 der GPK und der GPDel der eidg. Räte vom 22.1.2010, Ziff. 3.8.5.

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee, Bericht der GPK-N vom 28.11.2008 (BBl 2009 3481 ff).

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der Strafverfolgungsbehörden (Fall Roschacher)3, Steuerung der Personalpolitik4, Fall Tinner5 und begleitende Kontrolle der Verwaltungsreform6 gezogen haben.

Bei ihrer Untersuchung hat die PVK die Nutzung von Führungsinformationen für die kurzfristige Steuerung, z.B. in Krisensituationen, ausgeklammert. Beispiele der jüngsten Verhangenheit haben gezeigt, dass diese Fragestellung von höchster Aktualität ist, so im Zusammenhang mit der Libyen-Krise, der Finanzmarktkrise und dem Streuerstreit mit den USA im Fall UBS. In diesen Bereichen sind zurzeit Untersuchungen der GPK hängig. Die GPK werden in deren Rahmen auf die genannte Fragestellung eingehen.

Insgesamt sind die GPK der festen Überzeugung, dass zur Stärkung der Regierungsund Führungsfunktion des Bundesrates eine Regierungsreform notwendig ist und der Bundesrat künftig massgebliches Gewicht auf seine strategische Führung legen muss. Sie begrüssen deshalb die Absicht des Bundesrates, dem Parlament im ersten Semester dieses Jahres neue Vorschläge für eine Regierungsreform bzw. Staatsleitungsreform zu unterbreiten. Die GPK verzichten deshalb im jetzigen Zeitpunkt darauf, konkrete Empfehlungen aufgrund des PVK-Berichts zu erarbeiten. Stattdessen stellen sie die vorliegenden Untersuchungsresultate ohne Verzug dem Bundesrat zu Handen seiner Arbeiten zur angekündigten Wiederaufnahme der Staatsleitungsreform zur Verfügung. Die GPK planen, im Rahmen eines Mitberichts an die vorberatenden Kommissionen, die sich mit der Regierungsreform zu befassen haben, ihre Erfahrungen anhand konkreter Beispiele und allenfalls in Form von Anträgen in die Reformarbeiten einfliessen lassen. Sie werden den vorliegenden Bericht der PVK ebenfalls den zuständigen vorberatenden Kommissionen beider Räte im Hinblick auf die Regierungsreform zukommen lassen.

Im Weiteren weisen die GPK darauf hin, dass der Bericht der PVK auch aufzeigt, dass der Bundesrat über einen erheblichen Handlungsspielraum für die Optimierung seiner strategischen politischen Steuerung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorgaben verfügt (Ziff. 5.4). Die GPK ersuchen den Bundesrat, seinen diesbezüglichen Handlungsspielraum auszuloten und entsprechende Massnahmen zu treffen.

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Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes, Bericht der GPK-N vom 5.9.2007 (BBl 2008 1979).

Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung, Bericht der GPK-N vom 23.10.2009, publiziert auf www.parlament.ch.

Fall Tinner: Rechtmässigkeit der Beschlüsse des Bundesrats und Zweckmässigkeit seiner Führung, Bericht der GPDel vom 19.1.2009 (BBl 2009 5007).

Vgl. Jahresbericht 2008 der GPK und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2009, Ziff. 3.6.3 (BBl 2009 2575).

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Weiteres Vorgehen

Die GPK bitten den Bundesrat, ihnen bis am 30. April 2010 Bericht zu erstatten, welchen Zeitplan er für die Regierungsreform vorsieht und wie er die vorliegenden Untersuchungsergebnisse in seine Arbeiten einzubeziehen gedenkt.

16. und 26. Februar 2010

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates Die Präsidien: Maria Roth-Bernasconi, Nationalrätin Claude Janiak, Ständerat Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres

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