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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (Vom 9. März 1951)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir legen Ihnen hiermit den Entwurf eines Bundesbeschlusses vor, durch den die Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen verlängert werden soll.

I.

Durch den dringlichen Bundesbeschluss vom 1. Oktober 1941 1) wurde erstmals die Möglichkeit geschaffen, Gesamtarbeitsverträge allgemeinverbindlich zu erklären. Dieser bis Ende 1948 befristete Beschluss wurde durch einen teilweise abgeänderten, dem Referendum unterstellten Bundesbeschluss vom 28. Juni 19432) ersetzt, der ebenfalls befristet war und dessen Geltungsdauer durch die Beschlüsse vom 30. August 1946 3) und vom 8. Oktober 1948 *) verlängert wurde, zuletzt um drei Jahre bis zum 31. Dezember 1951. Der Bundesrat hatte in seiner Botschaft zum Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1948 eine Verlängerung der Geltungsdauer um fünf Jahre, d. h. bis Ende 1958, vorgeschlagen.

Die eidgenössischen Eäte beschlossen jedoch, die Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1948 nur bis Ende 1951 zu erstrecken, in der Meinung, es sei ohne weiteres möglich, bis dahin ein Gesetz zu erlassen, welches die Institution der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen dauernd in der Gesetzgebung verankere.

1) AS 57, 1106.

2) AS 59, 855.

*) AS 62, 1055.

«) AS 1949, 17.

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. III.

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758 Bereits Anfang 1949 nahm das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit ira Auftrag des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements die Vorarbeiten für ein solches Gesetz an die Hand. Die hiozu bestellte Expertenkommission kam nach einlässlichen Beratungen zum Schluss, dass es für die von ihr einhelüg befürwortete privatrechtliche Ausgestaltung der Allgemeinverbindlicherklärung unerlässlich sei, auch das Gesamtarbeitsvertragsrecht in die Begelung einzubeziehen. Ein Gesetzesentwurf wurde vor kurzem zusammen mit dem Entwurf 211 einem allgemeinen Arbeitsgesetz, mit welchem er enge Berührungspunkte auf weist, den Kantonsregierungen, Wirtschaftsorganisationen und weiteren interessierten Kreisen zur Stellungnahme unterbreitet.

Da das neue Gesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung vor Ablauf der Geltungsdauer des bestehenden Beschlusses (Ende 1951) nicht in Kraft gesetzt werden kann und ein Unterbrach in der Fortführung der Institution der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen vermieden werden sollte, drängt sich eine nochmalige Verlängerung der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1948 auf. Damit für alle Fälle genügend Zeit zur Verfügung steht, die endgültige Ordnung dor Materie mit der nötigen Sorgfalt vorzubereiten, sehen wir wiederum eine Verlängerung für drei Jahre vor.

Sollte sich die vorgesehene gesetzliche Begelung schon vorher verwirklichen lassen, so könnte der Verlangerungsbeschluss entsprechend früher ausser Kraft gesetzt werden.

Im Hinblick auf das kommende Gesetz sollte darauf verzichtet werden, am Wortlaut des geltenden Bundesbeschlusses Änderungen vorzunehmen.

II.

Was die Frage anbelangt, ob überhaupt ein Bedürfnis besteht, die Institution der Allgemeinverbindh'cherklärung von Gesamtarbeitsverträgen weiterzuführen, so sei auf die Ausführungen in unseren Botschaften vom 17. Mai 1946l) und vom 12. März 1948a) zu den beiden Verlängerungsbeschlüssen hingewiesen. Die Gründe, die damals für die Weiterführung der Allgemeinverbindlicherklärung sprachen, gelten auch heute noch. Es sei hier lediglich erwähnt, dass seit der Schaffung der Institution der Allgemeinverbindhcherklärung, d.h. seit dem 1. Oktober 1941 bis Ende 1950, vom Bundeerat 16& Allgemeinverbindlicherklärungen ausgesprochen wurden. Ende Oktober 1950 waren rund 32 000 Arbeitgeber, wovon
ca. 9700 Aussenseiter (30 %), und rund 107 000 Arbeitnehmer, wovon ca. 48 950 Aussenseiter (46 %), von allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen erfasst. Von den Kantonen, wurden in der gleichen Zeitspanne 211 Allgemeinverbindlicherklärungen ausgesprochen. Ende Oktober 1950 waren von kantonalen Allgemeinverbindlicherklärungen rund 9250 Arbeitgeber, wovon ca. 8050 Aussenseiter (33 %), und rund 22 800 Arbeitnehmer, wovon 10 200 Aussenseiter (45 %), erfasst. Für Einzelheiten verweisen wir auf die beiden Tabellen im Anhang.

BEI 1946, II, 152.

BEI 1948, I, 1213.

?

759 Im übrigen ist zur Frage der Notwendigkeit der Allgemeinverbindlicherklärung im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz abschliessend Stellung zu nehmen.

III.

Der Auffassung, dass unter den geschilderten Umständen eine nochmalige Verlängerung der Geltungsdauer des bestehenden Bundesbeschlusses unter Verzicht auf irgendwelche Änderungen das Zweckmässigste sei, haben sich alle Kantone und Spitzenverbände der Wirtschaft, die sieh zur Frage geäussert haben, angeschlossen. Auch haben die Kantone und Spitzenverbände einer Verlängerung für drei Jahre beigepflichtet. Lediglich ein Kanton und ein Spitzenverband haben eine Verlängerung für bloss zwei Jahre angeregt. Dieser Anregung wird jedoch insofern Eechnung getragen, als der Verlängerungsbeschmss früher dahinfallen .soll, wenn das neue Gesetz vor Ablauf der Verlängerungsfrist, d.h. vor dem 81. Dezember 1954, in Kraft gesetzt werden kann. Im übrigen muss noch dafür Sorge getragen werden, dass die Eidgenössischen Bäte nicht unter Zeitnot diese wichtige und zugleich schwierige Materie zu behandeln haben. Es darf nicht übersehen werden, dass die zu beratende Gesetzesvorlage eine dauernde gesetzliche Ordnung des kollektiven Arbeitsrechtes bringen soll, das an Bedeutung immer mehr zunimmt.

Gestützt auf diese Darlegungen beantragen wir Ihnen, den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Verlängerung der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gutzuheissen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 9. März 1951.

. Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Bundeskanzler: Leimgrnber Beilage; Entwurf zu einem Bundesbeschluss.

Anhang: 2 Tabellen.

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