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Zu 6064

II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1951) (Vom 16. Mai 1951)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen unter Vorlage der Akten über weitere 83 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Bundesgesetz vom. 1. Oktober 1925 über das Zollwesen sind bestraft worden (72-82): 72. Bartolomeo C a m p a n a , 1911, Maurer, Curtina di Colla (Tessin), 73. Lies Campana, 1915, Hausfrau, Curtina di Colla, verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion wie folgt : a. Bartolomeo Campana am 31. März 1947 zu Bussen von Fr. 1110 und Fr. 720 wegen Zollhehlerei mit Salami und wegen Gehilfenschaft bei Axisfuhrbannbruch, begangen durch Lieferung von Zigaretten an Schmuggler als Zahlung für die übernommenen Salami. Ferner am 14. Oktober 1948 zu Bussen von Fr. 1296.66 und Fr. 900 wegen Zollhehlerei mit Eeis und Salami und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Zigaretten, b. Inès Campana am 14. Oktober 1948 zu Bussen von Fr. 1728.88 und Fr. 3000 wegen Zollhehlerei mit Eeis und Salami und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch, begangen durch Lieferung von Zigarretten an italienische Schmuggler. -- Alle Bussen mussten wegen Uneinbringlichkeit umgewandelt werden, so dass zu verbüssen sind : 342 Tage Haft durch Bartolomeo und 180 Tage Haft durch Inès Campana.

Frau Campana ersucht für sich und ihren Ehemann um Begnadigung.

Sie macht geltend, sie und ihr Mann hätten nicht geschmuggelt, um sich zu bereichern, sondern lediglich, um sich Mittel für den Unterhalt der Familie zu beschaffen, da der unregelmässige Verdienst ihres leidenden Gatten dafür nicht ausreiche. Die wirtschaftliche Lage der Familie sei schlecht, und es gebe in ihrem

224 Hause nur Elend. Oft fehle es an der nötigen Nahrung für die fünf minderjährigen Kinder. Pur Zahlungen an die Bussen sei deshalb bei bestem Willen kein Geld zu erübrigen gewesen. Sie wage nicht daran zu denken, was rnit den Kindern geschehen solle, wenn sie und ihr Mann die Haftstrafen verbüssen müssten. Letzterer wüssto übrigens nichts von der Einreichung des Gnadengesuches, da es zweifelhaft sei, wie er sich bei seiner Nervenkrankheit dazu stellen würde.

Frau Campana hat bereits am 2. Februar 1950 ein erstes Gesuch eingereicht, das sich jedoch ausschliesslich mit den beiden letzten Umwandlungsstrafen des Ehemannes befasste. Es wurde zurückgezogen, nachdem die Gesuchstellerin durch die Vollzugsbehörde über die Aussichtslosigkeit ihres Vorstosses aufgeklärt worden war. Der Aufforderung, wenigstens durch kleinste Teilzahlungen den Sühnewillen zu bekunden und derart günstigere Voraussetzungen für ein allfällig später einzureichendes Gesuch zu schaffen, gab Frau Campana .durch Zahlung von zweimal Fr. 10 Folge. Im November 1950 teilte sie jedoch mit, weitere Zahlungen seien ihr bei bestem Willen nicht mehr möglich, weil Bargeld in der Haushaltung gänzlich fehle.

Die Oberzolldirektion hat sich um die Abklärung der Verhältnisse dieser Verurteilten besonders bemüht. Sie hat durch einen Beamten mit-der Gosuchstellerin persönlich Verbindung aufnehmen lassen, was die Möglichkeit bot, sich gleichzeitig in der Haushaltung der Familie Campana umzusehen. Auf Grund der durchgeführten Erhebungen stellt die Oberzolldirektion fest, die Verurteilten lebten mit ihren Kindern in grosser Armseligkeit, und die Möglichkeit weiterer Teilzahlungen oder gar der gänzlichen Abtragung der Bussen erscheine völlig ausgeschlossen. Bartolomeo Campana habe nur während durchschnittlich 7-8 Monaten des Jahres Arbeit in seinem Beruf. In der Zwischenzeit versuche er Gelegenheitsarbeiten zu übernehmen, was jedoch offensichtlich nicht viel einbringe. Der Verurteilte sei überdies nicht gesund; er leide an funktionellen Störungen des Nervensystems, die, nach längeren Aufenthalten in Militärsanitätsanstalten, bereits zu seiner Dienstbefreiung geführt hatten. Eines der im Alter von zwei bis sechszehn Jahren stehenden Kinder sei als Folge einer früher durchgemachten Kinderlähmung invalid und überdies nervösen Störungen und Krisen
unterworfen. Die Gesuchstellerin selbst ist nach ihren eigenen Angaben in früheren Jahren ebenfalls wegen einer G-emütskrankheit vorübergehend interniert gewesen.

Wir könnten unter diesen Umständen einen Gnadenakt befürworten, wenn die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen Würdigkeit der Gesuchsteller gegeben wären. In dieser Eichtung bestehen jedoch ernste Bedenken. Die Verurteilten sind zwar gut beleumdet und gemeinrechtlich nicht vorbestraft, doch lässt sich die grosse Zahl von Zollübertretungen nicht übersehen. Es hegen gegen Frau Campana insgesamt vier.zollrechtliche Büssungen vor, gegenüber Bartolomeo Campana sogar deren neun, alle datierend aus .den Jahren 1945 bis 1948. Beziehen sich die ersten geringfügigen Strafen auf Bagatellfälle, so sind namentlich zu Lasten des Ehemannes neben den eingangs erwähnten Straf-

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Verfügungen zwei weitere Bussen für ähnliehe Verfehlungen aus dem Jahre 1946 zu erwähnen, die wegen Uneinbringlichkeit, ebenfalls in 90 bzw. 54 Tage Haft umgewandelt worden sind. Dass diese im Gnadengesuch nicht erwähnt wurden, mag darauf zurückzuführen sein, dass der Vollzug dieser beiden Umwandlungsstrafen angesichts des schlechten Gesundheitszustandes Campanas hinausgeschoben und die Gesuchstellerin dadurch in den Glauben versetzt worden ist, es handle sich um einen endgültigen Erlass. Im Hinblick auf diese zollrechtlichen Vorstrafen gelangen wir mit der Oberzolldirektion zum Schluss, dass sich nach der bisherigen Praxis der Begnadigungsbehörde jedenfalls gegenüber Bartolomeo Campana ein Erlass nicht verantworten lässt. Dagegen liesse sich angesichts der Gesamthaftdauer von 486 Tagen unseres Erachtons die analogo Anwendung der Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die bedingte Entlassung rechtfertigen für den Fall, dass der Gesundheitszustand Campanas die Vollstreckung der Haftstrafen gestatten sollte, was auf Grund eines amtsärztlichen Gutachtens durch die kantonale Vollzugsbohörde zu entscheiden sein wird. Soweit die Gesuchstellerin für sich selbst um Gnade nachsucht, halten wir in Übereinstimmung mit der Oberzolldirektion dafür, ein Entgegenkommen könne mit den Pflichten, welche die Verurteilte gegenüber ihren minderjährigen Kindern zu erfüllen hat, begründet werden, sowie mit der Tatsache, dass sie auch die Vollstreckung der dem Ehemann auferlegten Strafen spürbar troffen wird. In Betracht fällt einzig der bedingte Erlass der Haftstrafe, wobei die Probezeit angesichts der Bückfälligkeit allerdings etwas über die sonst übliche Dauer hinaus zu bemessen wäre.

Wir beantragen deshalb: a. Gesuehsabweisung hinsichtlich Bartolomoo Campana, wobei die Begnadigungsbehörde immerhin die kantonalen Vollzugsorgane ermächtigt, den Verurteilten in analoger Anwendung der Bestimmungen des Artikels 38 StGB nach Verbüssung von zwei Dritteln der Gesamthaftdauer von 486 Tagen bedingt zu entlassen, sofern die Voraussetzungen dazu in jenem Zeitpunkt erfüllt sind. Die Eeststrafe wäre als erlassen zu betrachten, wenn sich der Verurteilte innerhalb der auf 8 Jahre festzusetzenden Probezeit klaglos verhält, lt. Bedingter Erlass der beiden von Frau Inès Campana zu verbüssenden Haftstrafen von je 90 Tagen, unter
Ansetzung einer Probezeit von 4 Jahren.

74. Victor Grolimund, 1924, Vertreter, Genf, vorurteilt durch Strafvorfügungen der Oborzolldirektion vom 4. Juni 1948 zu Bussen von Fr. 5662.20 und Fr, 3138.88, ohne Nachläse,., da rückfällig, weil er im Winter 1946/47 2 kg synthetische Edelsteine für Bijouteriezwecke in die Schweiz schmuggelte, bzw. einen Teil davon trotz des bestehenden Ausfuhrverbots wieder illegal ins Ausland verbrachte. Beschwerden gegen diese Strafverfügungen wurden am l I.Oktober 1948 vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement und am 9. September 1949 letztinstanzlich vom Bundesrat abgewissen. -- Ferner verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 4. Juni 1948 zu Fr. 10 675 Busse, ohne Nachlass, weil er zusammen mit einer Drittperson 1750 Goldstücke zu zwanzig Franken versteckt in einem.Koffer

226 mit Doppelboden mit einem Auto nach Frankreich schmuggelte. Die gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde hat der Bundesrat am 10. Januar 1949 ebenfalls abgewiesen. --- Der vom Verurteilten zu tilgende Gesamtbussenbetrag macht somit Fr. 19 470.58 aus. Zusammen mit den geschuldeten hinterxogenen Abgaben ergibt sich eine Gesamtverpflichtung von Fr. 22 609.88, an die Grolimund bisher Fr. 9500 bezahlt hat.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, wozu er geltend macht, rund die Hälfte des ihm auferlegten Bussenbetrages aus seinen Ersparnissen und mit Hilfe seiner Mutter bezahlt stu haben. Seit Oktober 1950 sei er stellenlos. Sein Gesundheitszustand verbiete ihm grössere Anstrengungen. Unter diesen Umständen sei es ihm nicht möglich, weitere Leistungen zu erbringen. Damit er nicht eine entsprechende Haftstrafe verbüssen müsse, möge man ihm den noch ausstehenden Bussenbetrag gnadenweise erlassen.

Der Gesuchsteller hat angeblich wegen einer «Geschäftekrise» im Oktober letzten Jahres seine Stelle als Beisender verloren und sucht seither einen passenden neuen Arbeitsplatz. Während seiner Stellenlosigkeit wird er gänzlich von seiner Mutter und seinem Bruder unterhalten, bei denen er wohnt. Da er ledig und mit andern'Verpflichtungen nicht belastet ist, braucht er nach seinen eigenen Angaben wenigstens keine Schulden einzugehen. Das dem Gnadengesuch beigelegte Arztzeugnis bestätigt einzig, dass sich Grolimund während längerer Zeit schonen müsse, was ihn an regelmässiger Arbeit hindere. Grolimund gibt selbst an, er habe Anlagen zu Tuberkulose und benötige viel Buhe.

Der Verurteilte ist möglicherweise deshalb zur Einreichung eines Gnadengesuches veranlasst worden, weil die Drittperson, mit der zusammen er Goldstücke ins Ausland schmuggelte, in der Dezernbersession 1950 von der Bundesversammlung teilweise begnadigt worden ist (vgl. Antrag 15 des Berichtes vom 2. November 1950; BEI III, 320). Sollte diese Vermutung zutreffen, so rnuss vorweg festgesteh11 werden, dass die den beiden Fällen zugrunde'liegenden Verhältnisse gänzlich voneinander verschieden sind und Grolimund keineswegs berechtigen, für sich irgendwelche Ansprüche auf Begnadigung abzuleiten. -- Der Umstand, daas der Gesuchsteller schon während Monaten arbeitslos ist, lässt sich wohl kaum allein mit seinem Gesundheitszustand erklären. Dafür,
dass er nämlich ernsthaft krank wäre, fehlen Anhaltspunkte. Auch das dem Gesuch beigelegte private Arztzeugnis stellt dies nicht fest. Wir halten mit der Oberzolldirektion dafür, dass es Grolimund bei ernstlichem Bemühen möglich gewesen wäre, bei der heutigen Arbeitsmarktlage in mehr als einem halben Jähr eine passende Stelle zu finden, die ihm erlaubt hätte, für seinen Unterhalt selbst aufzukommen und darüber hinaus Zahlungen an die Busse zu leisten.

Die Oberzolldirektion wirft Grolimund auf Grund ihrer Erhebungen Mangel an Arbeitsliebe vor, was mit seiner fortgesetzten Schmuggeltätigkeit, durch die ihm mühelos Gewinne zufliossen sollten, durchaus in Übereinstimmung stehe.

Ohne auf die Beurteilung, die Grolimund in dieser Beziehung durch die Vollzugsbehörde erfährt, näher eingehen zu wollen, sind wir jedenfalls der Meinung, dass dem alleinstehenden und mit Unterstiitzungspflichten unbelasteten Ge-

227 suchsteller weitere Leistungen zugemutet werden tonnen. Dazu kommt, dass Grolimund bereits früher wegen Zollhehlerei gebüsst werden niusste und somit als Rückfälliger eines Gnadenaktes ohnehin wenig würdig erscheint. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

75. William Willemin 1918, Bijoutier, La Chaux-de-Fonds (Neuenburg), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 15. Mai 1950 zu Fr. 6309.50 Busse wegen Gehilfenschaft bei der illegalen Ausfuhr von mindestens 16,138 kg Gold in der Form von BijouterieHalbfabrikaten. Ein Nachlass konnte nicht gewährt werden, da der Verurteilte die vorbehaltlose Unterziehung verweigerte und sich auch nachträglich nicht unterzog. ·-- In Teilzahlungen sind an die Busse bisher Fr. 1000 eingegangen.

Ein Rechtsanwalt ersucht für Willemin um Aufhebung oder doch wenigstens um Herabsetzung der Busse. Er weist auf die bescheidenen Verhältnisse und die Familienpflichten des Verurteilten hin, schildert alsdann die Umstände, die zu der Verurteilung geführt haben, und behauptet, Willemin sei von den Zollbeamten in der Untersuchung unter Druck gesetzt worden und man habe diesem mit der Verhaftung, der Schliessung des Geschäfts und somit mit der Vernichtung der Existenz gedroht. Vor allem verdiene sein Klient aber nicht, dass ihm der Viertelnachlass vorenthalten werde, da er, der Anwalt, einen Fehler begangen habe, indem 'er versäumte, die Unterziehungserklärung zu veranlassen. Er als Anwalt verdiene ebenfalls nicht, diesen Viertel bezahlen zu müssen, und die Eidgenossenschaft sollte aus diesem Versehen keinen Vorteil ziehen.

Das Begnadigungsgesuch geht hauptsächlich darauf aus, die Schadenersatzpflicht des Anwalts gegenüber seinem Klienten im Wege der Begnadigung abzulösen. Das ist nicht angängig. Zu prüfen ist einzig die Frage, ob hinsichtlich der Person des Verurteilten Kommiserationsgründe vorliegen, was zu ver-" iieinen ist.

Nicht einzutreten ist auf die Vorbringen, die auf den der Strafverfügung zugrunde liegenden Sachverhalt Bezug nehmen. Es wird diesbezüglich auf das Einvernahmeprotokoll vom 2. November 1949 verwiesen, wo Willemin bestätigte, aus den gesamten Verumständungeii heraus abgeleitet zu haben, dass es sich um ein irreguläres Geschäft gehandelt habe. Dafür, dass bei der
Einvernahme von amtlicher Seite irgendeine Unkorrektheit vorgekommen wäre, sind überhaupt keine Anhaltspunkte vorhanden. Die Oberzolldirektion weist denn auch die im Gesuch enthaltenen Angriffe mit aller Entschiedenheit zurück.

Der Gesuchsteller muss sich darüber klar sein, dass derartige unbegründete Behauptungen in seinem Gnadengesuch durchaus nicht geeignet sind, die Begnadigungsbehörde zu besonderer Milde zu stimmen.

Die persönlichen Verhältnisse des in kinderloser Ehe lebenden Verurteilten sind günstig; sie haben sich seit Erlass der Straf Verfügung sogar noch wesentlich gebessert, und Willemin ist durchaus in der Lage, die Busse zu zahlen. Da andere Gründe, die einen Gnadenakt befürworten liessen, weder geltend gemacht

228 werden noch sonst bekannt sind, beantragen wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

76. Candido Tonacirii, 1909, Chauffeur, Comologno (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom S.März 1947 wie folgt: a. Wegen Zollhehlerei mit Beis, Salami, Butter, grösseren Mengen Toxtilwaren, einer Bechenmaschine und Angelgeräten zu Fr. 1214.80 Busse, 6, wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit 2450 Päckchen Zigaretten und 10 kg Eohkaffee für einen Dritten zu Fr. 4782.50 Busse. -- Ein Nachlass konnte wegen Bückfalls nicht gewährt werden. Mit Beschwerdeentscheid des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 6. März 1948 wurden die beiden Bussen auf Fr. 911.10., bzw. auf Fr. 4206.67 herabgesetzt. Am 16. August 1948 erfolgte dio Bestätigung dieses Entscheides durch den Bundesrat.

Tonacini hat die Zahlungsaufforderungen nicht beachtet. Aus der Zollpfandverwertung konnten ihm Fr. 188 an die erste Busse angerechnet werden.

Nachdem die Betreibung für die Bestforderung einen Verlustschein ergeben hatte, erfolgte am 14. September 1950 die Umwandlung beider Bussen in 77 bzw. 90 Tage Haft durch den Gerichtspräsidenten von Locamo. Um den Haftvollzug hinauszuzögern, zahlte Tonacini in der Folge Fr. 600. Als weitere Leistungen ausblieben, setzte die kantonale Vollzugsbehörde den Haftantritt auf den 81. März 1951 fest, worauf das vorliegende Gnadengesuch einging. Zu vollstrecken sind noch 90 und 17 Tage Haft; der Vollzug wurde vom Justizdepartement des Kantons Tessin bis auf Erledigung des Gnadengesuches aufgeschoben.

Tonaeini macht im Gesuch geltend, in seiner Verteidigung gehemmt gewesen zu sein. Er habe seinerzeit in gutem Glauben gehandelt und in der Zolluntersuchung aus Angst und Unwissenheit Handlungen zugegeben, die er nie begangen habe. Er lebe in misslichen finanziellen Verhältnissen. Als Folge seiner Verurteilung habe er einen Nervenschock erlitten, der ihn in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtige und ihn zwinge, eine Nervenheilanstalt aufzusuchen, wobei hinsichtlich der Heilung alle Vorbehalte anzubringen seien. Im Falle des Haftvollzuges wären die Folgen unabsehbar.

Der Gesuchsteller hat sämtliche Rechtsmittel erschöpft, so dass der Einwand fehlender Verteidigungsmöglichkeit nicht ernst genommen werden kann.

Den als Begnadigungsgrund angeführten Nervenschock
hat er offenbar erst erlitten, als er merkte, dass ein weiteres Hinausschieben des Haftvollzuges mit den bisher angewandten Mitteln nicht mehr möglich sei. Abgesehen davon, dass der Nachweis ernstlicher Erkrankung nicht erbracht ist (Tonacini ist am 19. März 1951 tatsächlich freiwillig in eine Nervenheilanstalt eingetreten, hat sie jedoch bereits am 26. März ohne Abmeldung bei der Anstaltsleitung wieder verlassen), bildet Krankheit für sich allein nach ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde keinen Grund für ein gnadenweises Entgegenkommen.

Der Verurteilte geniesst nach den von den Zollbehörden durchgeführten Erhebungen keinen guten Buf. Er .gelte als arbeitsscheu. Bei dieser Sachlage

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vermag auch die behauptete missliche finanzielle Lage nicht zu einem gnadenweisen Entgegenkommen zu führen. Tonacini ist überdies rückfällig und musate auch wegen Nichtzahlens des Militärpflichtersatzes zu Haftstrafen verurteilt werden. Damit sind auch die Voraussetzungen, dio an dio persönliche Würdigkeit eines Gesuchstellers gestellt werden müssen, nicht erfüllt. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, unter Ansetzung einer Frist von 2 Jahren, innerhalb welcher Tonacini sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

77. Pierre Nallet, 1891, Wirt, Genf, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 4. Juli 1947 wogen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Fr. 3738.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Jahre 1945 einem Dritten zu Schmuggelzwecken 1000 Goldstücke zu zwanzig Franken und 300 Goldchronographen lieferte. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 12. Juni 1948 abgewiesen. -- Nallet hat in Teilzahlungen Fr. 3118.44 abgetragen.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes von Fr. 614.90. Er habe durch Umstände, die seinem Einfluss entzogen gewesen seien, sein Vermögen verloren. Überdies habe er Schwierigkeiten mit der Familie. Er weist auf seine bisherigen Zahlungen hin, mit denen er seinen guten Willen bewiesen habe.

Nallet war zur Zeit der Tatbegehung Prokurist einer Handelsfirma. Er gab diese Stelle auf, um sich selbständig zu machen. Da der Erfolg ausblieb, übernahm er einen Gastwirtschaftsbetrieb, den er jedoch nicht zu halten vermochte. Heute betreibt er zusammen mit einer Angestellten ein kleines Eestaurant. Seine Ehe ist in Scheidung begriffen. Seine vier Kinder sind erwachsen und fallen ihm nicht mehr zur Last. -- Durch dio verschiedenen Rückschläge hat sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers tatsächlich verschlechtert. Indessen findet Nallet heute sein Auskommen, und eine eigentliche Notlage besteht nicht.

Der Umstand, dass Nallet bereits im Jahre 1945 und neuerdings wieder im Jahre 1949 wegen Zollvergehen hat gebüsst werden müssen, lässt ihn auch in persönlicher Hinsicht eines Gnadenaktes .wenig würdig erscheinen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion
die Gesuchsabweisung, wobei dio Vollzugsbehörde für die Abtragung des Bussenrostes weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen zusichert.

78. Francis Turin, 1914, Vertreter, Monthey (Wallis), 79. Bene Turin, 1918, Vertreter, Collombey-Muraz (Wallis), verurteilt durch Straf Verfügung der Oborzolldirektion vorn 31. Dezember 1948 zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 3182, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Für den Fall der Umwandlung wurde der Bussenanteil für jeden Verurteilten auf Fr. 1591 festgesetzt. Die Verurteilten haben Ende 1947 257 kg Saccharin an einen Dritten verkauft, obschon ihnen bekannt war, dass die Ware nach Italien geschmuggelt werde. Da die bewilligten Teil-

230 Zahlungen nicht eingingen und die Betreibungen mit Verlustscheinen endigten, wurden die Bussenanteile vom zuständigen Richter am 30. Januar 1950 in je 90 Tage Haft umgewandelt. Die kantonale Vollzugsbehörde bewilligte in der Folge weiterhin die' Abtragung der Bussenschuld in Teilzahlungen. Es sind insgesamt eingegangen: Von Francis Turin Fr. 500 und von Bene Turin Fr. 350.

Die Verurteilten ersuchen um Begnadigung. Sie machen ihre missliche finanzielle Lage und die Unterhaltspflichten für ihre grossen Familien geltend.

Beide versichern überdies, sie seien Opfer Dritter geworden und keine Schmuggler.

Das letzte Vorbringen berührt die Schuldfrage und kann nach ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde nicht gehört werden. Wenn die Oberzolldirektion in ihrem Mitbericht auf dieses Argument eingegangen ist und festgestellt hat, die beiden Vettern Turin seien tatsächlich den Machenschaften Dritter zum Opfer gefallen, so kann sich dieser Umstand bloss bei der Beurteilung der persönlichen Würdigkeit der beiden Gesuchsteller auswirken; einen Koramiserationsgrund bildet er nicht. Im übrigen steht eindeutig fest, dass der Verkauf des Saccharin, wenn auch aus einer gewissen Notlage heraus, aus freiem Willen und in voller Kenntnis darüber erfolgte, dass ea nach Italien ausgeschmuggelt werde.

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Francis Turin war früher Angestellter einer Versicherungsgesellschaft, Kene Turin Stationsgehilfe bei den Schweizerischen Bundesbahnen. Beide haben ihre Stellen aufgegeben, um ein kleines Handelsgeschäft -zu eröffnen, wozu ihnen jedoch offensichtlich die kaufmännische Vorbildung und die nötige Erfahrung fehlten. Sie haben nicht nur alle Ersparnisse verloren, sondern sind überdies in Schulden geraten. Beide befinden sich heute in misslichen Verhältnissen, und es ist ihnen zu glauben, dass sie kaum wissen, wie sie ihre Kinder -- Bene hat deren 5 und bei Francis werden es bald 4 sein -- ernähren sollen.

Unter diesen Umständen stellen die bisherigen Zahlungen nach übereinstimmender Auffassung der Zolldirektion Lausanne und der Oberzolldirektion eine ganz erhebliche Leistung dar, so dass in dieser Richtung die Voraussetzungen für einen Gnadenakt gegeben wären.

Mit Bezug auf die persönliche Würdigkeit der Gesuchsteller ist zunächst festzustellen, dass beiden hinsichtlich des Leumurides ein gutes Zeugnis ausgestellt
wird. Für beide.gilt, dass sie keine Arbeit scheuen, um ihre Familien irgendwie durchzuhalten. So hat namentlich Bene Turin, als er keine andere Stelle fand, ohne weiteres Arbeit als Bauhandlanger angenommen. Dagegen ist er mit einer bedingten Haftstrafe von 15 Tagen wegen Verfügung über gepfändete Sachen im Strafregistor verzeichnet. Die Oberzolldirektion hält jedoch diese gemeinrechtliche Vorstrafe -- bereits das Gericht hat unter Annahme achtenswerter Beweggründe eine Strafmilderung gemäss Artikel 46 StGB eintreten lassen und den bedingten Strafvollzug gewährt -- nicht als derart gravierend, dass sie zum Ausschluss eines Gnadenaktes führen rnüsste. Beiden Verurteilten darf ferner zugute gehalten werden, dass sie im Bahmen dos Möglichen Zahlungen geleistet haben,

231 Auf Grund dieser Feststellungen ist somit Francis Turin eines Gnadenaktes ohne Zweifel würdig. Mit Bezug auf Bene Turin läset sich die gemeinrechtliche Haftstrafe aus dem Jahre 1949 nicht übersehen, und wir schhessen uns angesichts der strengen Praxis der Bundesversammlung bei der Prüfung der Beguadigungswürdigkeit nur mit Bedenken dem Antrag der Oberzolldirektion auf Gleichbehandlung der beiden Verurteilten an. Stünde nicht fest, dass sich Bene Turin trotz seiner offensichtlichen Notlage zu Teilzahlungen aufgerafft hat, und würde ihm ein weniger gutes Leumundszeugnis ausgestellt, so wäre uns die Befürwortung eines Entgegenkommens unmöglich. Mit der Oberzolldirektion sind wir im übrigen bezüglich beider Gesuchsteller der Auffassung, dass.sich ein gänzlicher Erlass der Haftstrafen nicht verantworten liesse.

Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Herabsetzung der H a f t s t r a f e n im Ausmass der bisher erfolgten Zahlungen auf 40 Tage für Francis Turin bzw. 55 Tage für René Turin. Sache der kantonalen Vollzugsbehörde ist es, zu entscheiden, ob allfalligo weitere Zahlungen noch entgegengenommen und allenfalls an die noch zu verbüssenden Haftstrafen angerechnet werden können.

80. Heinrich Messmer, 1900, Chauffeur, Zürich, verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 11. Juni 1947 z u Bussen von Fr, 1266.67 und Fr. 765, unter Gewährung des entsprechenden Nachlasses für vorbehaltlose bzw. nachträgliche Unterziehung, weil er im Jahre 1947 auf Ersuchen von Ausländern gegen Belohnung Dritte veranlasste, 100 Goldchronographen nach Deutschland zu schmuggeln. Das Schmuggelgut übernahm Messmer jeweils in Konstanz und leitete es an die Auftraggeber weiter. Ferner weil er in ähnlicher Weise 170 schweizerische Goldstücke illegal nach Deutschland verbringen liegg. -- Der Verurteilte setzte erst nach Einleitung der Betreibung mit regelmässigen Teilzahlungen ein. Er schuldet an beide Bussen heute noch insgesamt Fr. 811.67.

Messmer ersucht'um Erlass des Bussenrestes. Er schildert zunächst, wie es zu den Verfehlungen gekommen sei, um dann zu behaupten, er habe anfangs nicht um den Inhalt der ihm übergebenen Päckchen gewusst. Er habe aus Not gehandelt und als er inné geworden sei, um was er gehe, hätten ihn die Auftraggeber. mit der Drohung der Denunziation unter Druck gesetzt. Er
sei magenleidend, und wegen der bisherigen Zahlungen sei auch der häusliche Friede gestört worden, trotzdem er sich bemühe, die schwierige Lage durch persönliche Verzichte, zu überbrücken.

Soweit sich die Ausführungen im Gesuch auf die Umstände der Tatbegehung und die Schuldfrage beziehen, ist darauf nicht weiter einzutreten.

Es sei lediglich darauf verwiesen, dass seine heutigen Angaben, wonach er zunächst nicht um den Inhalt der Schmuggolpakete gewusst habe, den seinerzeitigen Aussagen im Strafprotokoll widersprechen. Da Messmer nach dem Bericht der Zollbehörden die Untersuchung in jeder Weise erschwert hat, ja sich sogar zu Drohungen gegenüber einem der mit der Untersuchung betrauten Beamten hinreissen liess, ist nicht anzunehmen, dass er damals etwas zugegeben

232 hätte, was den Tatsachen nicht entsprach. In finanzieller Hinsicht ist der Gesuchsteller heute so gestellt, dass er den Bussenrest bei gutem Willen und bei etwas grösserer Einschränkung seiner persönlichen Bedürfnisse abtragen kann.

Die Erhebungen der Zollbehörden haben nämlich gezeigt, dass die von Messmer in seinem Gesuch erwähnte Verzichtleistung hauptsächlich von Frau und Kind und weniger von ihm selbst getragen wird. Wir halten deshalb mit. der Oberzolldirektion dafür, die Voraussetzungen für einen Gnadenakt seien nicht erfüllt, womit es sich erübrigt, näher zu prüfen, ob Messmer eines Gnadenaktes überhaupt würdig wäre. Wir beantragen die Gesuchsabweisung. Der Verurteilte wird damit rechnen können, dass ihm die Vollzugsbehörden, seinen guten Willen vorausgesetzt, weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen einräumen werden.

81, Henri F a r q u e t , 1909, Mechaniker, Orsiores (Wallis), verurteilt durch Straf Verfügungen der Oberzolldirektion vom 11. März 1948 wegen Zollhehlerei und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Bussen von Fr. 1184 und Fr. 204, weil er im Jahre 1946 Schmuggelware ins Landesinnere transportierte und kurz darauf einen Transport von Zigaretten und Autopneus in die Nähe der Landesgrenze durchführte, wobei er wusste, dass diese Waren ins Ausland geschmuggelt worden würden. -- An die Bussen hat der Verurteilte insgesamt Fr. 780 bezahlt.

·Für Farquet ersucht dessen Ehefrau um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages, wozu sie geltend macht, mit .der Zahlung der Steuern und anderer Verpflichtungen im Rückstand zu sein. Sie wisse nicht mehr, wie sie alles bewältigen könne.

Die von den Zollbehörden durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, daas der Verurteilte mit seiner Frau und seinem Schwiegervater zwar in bescheidenen, jedoch geordneten Verhältnissen lebt und daes ihm die Zahlung des noch ausstehenden Bussenbetrages zugemutet werden darf. Dass Farquet sich übrigens um die Tilgung seiner Bussen selbst nicht bekümmert, sondern es offenbar völlig seiner Ehefrau überlässt, wie sie diese Schuld abtragen will, spricht ebenfalls gegen ein gnadenweises Entgegenkommen, Wir beantragen doshalb die Gesuchsabweisung, immerhin unter Einräumung angemessener Zahlungserleichterungen durch die Vollzugsbehörde wie bisher.

82. Willi M e n d e n , 1980, deutscher Staatsangehöriger,
kaufmännischer Angestellter, Tiengen (Deutschland), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 3. April 1950 zu Fr. 185 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im September 1949 10 000 Kugellager im Holzgasgenerator eines Lastwagens in die Schweiz schmuggelte. -- An die Busse konnten ihm aus einem Verwertungserlös Fr. 48.65 angerechnet werden. Zahlungen sind nicht eingegangen. Der noch ausstehende Bussenbetrag wurde deshalb vom Bezirksgericht Zurzach am 21. Februar 1951 in 14 Tage Haft umgewandelt.

Menden ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, es seien ihm keine Schweizerfranken zur Verfügung gestanden, weshalb er die Busse nicht habe

233 bezahlen können. Zur Zeit der Tatbegehung sei er bloss 19jährig gewesen, und er habe sich vorher nie etwas zuschulden kommen lassen. Seine Stelle als Zolldeklarant habe er verloren, was für ihn moralische Depressionen und finanzielle Schädigung zur Folge gehabt habe. Müsste er die Haft verbüssen, so werde das seinen völligen Euin nach eich ziehen.

Menden hat der Vollzugsbehörde auf die erste Zahlungsaufforderung hin angeboten, seine Schuld in deutschen Mark zu begleichen, worauf auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nicht eingetreten werden konnte (Art. 61 Zollgesetz). Auf alle weiteren Mahnungen hat der Gesuchsteller überhaupt nicht mehr geantwortet.

Die Erkundigungen, welche die Vollzugsbehörde über die Verhältnisse Mendons hat einziehen können, haben gezeigt, dass dieser heute noch im gleichen Geschäft in Stellung ist, und zwar bei einem höheren Lohn als zur Zeit der Tatbegehung. Die Einstellung in seiner Tätigkeit als Zolldeklarant soll auf eigenen Wunsch des Gesuchstellers erfolgt sein, der befürchtet haben soll, beim Betreten des Zollamtes Koblenz verhaftet zu werden. Wir sind überzeugt, dass es Menden bei gutem Willen möglich gewesen wäre und noch ist, seine Busse zu bezahlen. Da Kommiserationsgründe fehlen, beantragen wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

Gemäss Bundesgesetz vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser ist bestraft worden (88): 83. Jean Mühlematter, 1897, Kaufmann, Cortaillod (Neuenburg), verurteilt durch Strafverfügung der Eidgenössischen Alkoholverwaltung vom 5. März 1949 zu Fr. 5000 Busse, weil er in den Jahren 1947 und 1948 in seiner Eigenschaft als Leiter der «Compagnie viticole do Cortaillod S. A.» durch mangelhafte Kontrolle die Hinterziehung der einem Quantum von 427,5 l 100 %igem Alkohol entsprechenden Steuer im Betrage von Fr. 2187.50 ermöglicht hat. Da Mühlematter schon früher verwarnt worden war, verweigerte ihm die Eidgenössische Alkoholverwaltung trotz vorbehaltloser Unterziehung den Nachlass eines Drittels. Die gegen diese Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finan/- und Zolldepartement am 24. April 1950 abgewiesen, vom Bundesrat jedoch insofern gutgeheissen, als Mühlematter nachträglich der Nachlass des Bussendrittels gewährt wurde. Der Bundesrat ging bei seinem Entscheid vom 25. August 1950 davon aus,
dass die Verwarnung im Sinne des Artikels 60 des Alkoholgesetzes keine Strafe darstelle und dass Mühlematter bei Beurteilung seiner späteren Vergehen deshalb auch nicht als rückfällig bezeichnet werden könne, was nach Artikel 297 BStrP einzig die Verweigerung des Drittelnachlasses begründen könnte. Es wurde die Busse deshalb um einen Drittel auf Fr. 8333.35 herabgesetzt.

Ohne sich irgendwie um die Bezahlung bemüht zu haben, stellte Mühlematter am 12. September 1950 das Gesuch um gänzlichen, eventuell teilweisen Erlass der Busse. Er wirft zunächst die Schuldfrage erneut auf, indem er geltend macht, er sei zur Zeit der Tatbegehung infolge seiner leitenden Tätigkeit in zahlreichen Unternehmungen derart in Anspruch genommen gewesen, dass er Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. II.

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234 für eine derart untergeordnete Sache nicht verantwortlich gemacht werden könne. Er vergleicht ferner seine Strafe mit jener, die einem Mitbeschuldigten, der die gerichtliche Beurteilung verlangt hat, auferlegt worden sei. Diese Busse sei vom Gericht auf einen Bruchteil des ursprünglich durch die Alkoholverwaltung festgesetzten Betrages herabgesetzt worden. Er erklärt, kein skrupelloser Schiober zu sein. Vielmehr habe er dem Lande während des Krieges grosse Dienste geleistet, was auch behördlicherseits Anerkennung gefunden habe. Heute sei er finanziell vollständig ruiniert.

Die Schuldfrage kann im Wege der Begnadigung nicht neu überprüft werden. Auf die dahingehenden Vorbringen ist somit nicht einzutreten. Soweit sich Mühlematter im Zusammenhang mit der gerichtlichen Beurteilung eines Mitbeschuldigten auf die Rechtsgleichheit beruft, so ist festzustellen, dass er selbst die gerichtliche Beurteilung nicht verlangt, sondern sich der Strafverfügung der Alkoholverwaltung vorbehaltlos unterzogen hat. Es ist deshalb rnüssig, darüber Worte zu verlieren, ob der Gesuchsteller durch ein Gericht milder beurteilt worden wäre. Das bei der S traf Verfügung gegen Mühlematter zur Anwendung gebrachte Strafmass steht durchaus in Übereinstimmung mit der jahrelangen, auch in Beschwerdeverfahren vom Finanz- und Zolldepartement .und vom Bundesrafc geschützten Straf praxis. Pur die gegen Mühlematter ausgesprochene Busse vermag das gerichtliche Urteil gegen einen Mitbeschuldigten deshalb keinen Maßstab zu bilden. Die diesbezügliche Auffassung des Bundesrates ist in einem ähnlichen Fall früher schon dargelegt worden und hat auch die Zustimmung der Vereinigten Bundesversammlung gefunden (vgl. Antrag 20 des Berichtes vom 2. November 1950; BEI III, 324f.).

Soweit sich die Vorbringen auf allgemeine, mit der Strafverfügung nicht in direktem yJnaa.-mTnfinTia.ng stehende Tatsachen beziehen, decken sie sich weitgehend mit jenen, die Mühlematter bereits zur Begründung seines früheren Gesuches für eine kriegswirtschaftliche Busse vorgebracht hat und die sowohl vom Bundesrat wie auch von der Bundesversammlung für die Begründung eines Gnadengesuches als durchaus ungenügend erachtet worden sind (vgl.

Antrag 59 des Berichtes vom 12. Mai 1950; BEI I, 1238). Da sich in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Mühlematters
seither nichts geändert .hat, namentlich auch die finanzielle Lage Mühlematters nach wie vor nicht genau hat überprüft werden können und dieser es unterliess, seine im Gesuch aufgestellten Behauptungen irgendwie zu belegen, beantragen wir mit der Eidgenössischen Alkoholverwaltung die Gesuchsabweisung.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Brennstoffen sind bestraft worden (84 und 85) : 84. Hans Esslinger, 1892, Holzhändler, Zürich, verurteilt am 8. September 1945 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgoricht, in wesentlicher Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 6 Wochen Gefängnis und Fr. 1000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung der Urteilspublikation und des Strafrégistereintrages.' Esslinger- hat beträchtliche Mengen Brennholz wider-

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rechtlich bezogen, abgegeben und ausgeführt. Dabei verfügte er nicht über die vorgeschriebene Händlerkarte. --· Die Gefängnisstrafe wurde nach Abweisung eines ersten Gnadengesuches (Antrag 88 des Berichtes vom 15. November 1946; BEI III, 1058) verbüsst und die Busse vom 2, kriegswirtschaftlichen Strafgericht am 4. Oktober 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt. Daraufhin hat der Verurteilte noch Fr. 200 bezahlt, so dass heute noch 80 Tage Haft zu verbüssen sind.

Eselinger ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht geltend, das Urteil sei zu hart und komme einem Bacheakt gleich. Mit der Verbüssung der Gefängnisstrafe sei der Gerechtigkeit Genüge getan. Er sei leidend und mehr ala Er. 20 monatlich könnte er ohnehin nicht aufbringen, .Die finanzielle Lage des Gesuchstellers ist ungünstig; sie war es aber, bereits zur Zeit des Urteils, was von den Gerichten bei der Strafzumessung berücksichtigt worden ist. Dass sie heute wesentlich schlechter wäre als vordem, ist nicht nachgewiesen. Wenn übrigens im Gesuch kleine Zahlungen als möglich bezeichnet werden, erhärtet dies die Peststellungen des Umwandlungsrichters hinsichtlich des schlechten Zahlungswillens des Verurteilten, der im Umwandlungsentscheid auf Grund der vorliegenden Polizeiberichte als arbeitsscheu bezeichnet wurde.

Aber auch dann, wenn Kommiserationsgründe vorliegen würden, könnten wir einen Gnadenakt nicht befürworten, weil Esslinger die Voraussetzungen dafür in persönlicher Hinsicht nicht zu erfüllen vermag. Abgesehen von den gemeinrechtlichen Vorstrafen aus früheren Jahren liegen verschiedene Polizeibussen vor. Überdies hat er bei der Tatbegehung bewusst eine Täuschung des Publikums herbeigeführt, indem er unter Hinweis auf die zweideutige Firmenbezeichnung: «Brennstoffaktion zugunsten der Bergbewohner» sich wiederholt auf den wohltätigen Charakter seiner Tätigkeit berief. In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um ein rein privates Geschäft. Dieses Verhalten allein schon lägst den Gesuchsteller eines Gnadenaktes als unwürdig erscheinen.

Mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes erachten wir die Voraussetzungen für einen Gnadenakt als nicht gegeben und beantragen die Gesuchsabweisung unter Ansetzung einer Sperrfrist von 2 Jahren (Art. 395, Abs. 3, StGB).

-85. Karl Gattiker, 1911, Bücherrevisor, Zürich,
verurteilt wie folgt: Arn 30. Juni 1943 von der 5. strafrechtlichen Kommission des Eidgenössischen "Volkswirtschaftsdepartementes wegen widerrechtlichen Handels mit Benzinund Dieselölcoupons und mit Schmieröl sowie wegen Verheimlichung von 2700 kg Maschinenschmieröl anlässlich der Bestandesaufnahme zu 2 Monaten Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von 5 Jahren,- und zu Fr. 500 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrags und der Urteilsveröffentlichung. Überdies wurde eine Kaution von Fr. 500 als Haftung für Busse und Kosten eingezogen. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat am 5. Dezember 1948 den bedingten Strafvollzug wegen Begehung von Vermögensdelikten innerhalb der Probezeit wiederrufen und die .Voll^ Streckung der Gefängnisstrafe angeordnet. -- Arn 12. September 1946 vom

236 Einzelrichter dea kriegswirtschaftlichen Straf appellationsgeriohts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 400 Busse wegen Verkaufs von nahezu 18 000 Liter Schmieröl und von 4 Fass Spülöl ohne Bewilligung der Sektion Kraft und Wärme. Die Busse wurde von der Berufungsinstanz in 40 Tage Haft umgewandelt. Auf das von Gattiker eingereichte Wiederaufnahmegesuch ist das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht mit Entscheid vom 10. März 1949 nicht eingetreten.

Der Verurteilte ersucht mit dem Hinweis, er sei gesundheitlich, geschäftlich und finanziell ruiniert, um Begnadigung. Als Lungenkranker sei er nur teilarbeitsfähig und auf Unterstützungen der Armenbehörde angewiesen.

Soweit Gattiker in einem nachträglichen Schreiben sein Gnadengesuch auf andere gegen ihn ausgesprochene und noch nicht vollstreckte kriegswirtschaftliche Urteile bezogen wissen wollte, niuss er darauf hingewiesen werden, dass hier einzig Strafen erlassen werden können und dass überdies nach ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafen nicht Gegenstand eines Gnadenaktes zu bilden vermögen. Soweit das Gesuch Gattikers bedingt ausgesprochene Umwandlungsstrafen, Verfahrenskosten und die Verpflichtung zur Ablieferung widerrechtlicher Gewinne aus andern Urteilen zum Gegenstand hat, ist darauf somit nicht einzutreten.

Der Gesuchsteller ist kriegswirtschaftlich und gemeinrechtlich mehrmals vorbestraft und geniesst einen schlechten Leumund. Er wäre deshalb eines Gnadenaktes nicht würdig, auch wenn sich seine Verhältnisse verschlechtert haben sollten. Auch ist nicht zu übersehen, dass Gattiker im Jahre 1950 über ein Einkommen verfügte, das ihm bescheidene Zahlungen erlaubt hätte. Er hat es aber, wie bereits die Umwandlungsbehörde feststellte, am guten Willen fehlen lassen. Anlässhch der im Zusammenhang mit dem Gnadengesuch erfolgten persönlichen Befragung hat der Gesuchsteller überdies unzutreffende Angaben über sein Einkommen gemacht. Dass endlich der bedingte Strafvollzug für die mit Urteil vom 30. Juni 1943 ausgesprochene Gefängnisstrafe von 2 Monaten widerrufen werden musste, hat sich Gattiker wegen seiner gemeinrechtlichen Verfehlungen selbst zuzuschreiben.

Der Verurteilte leidet an Lungentuberkulose und wird vom Arzt als hafterstehungsunfähig bezeichnet. Diese Tatsache bildet
indessen keinen Begnadigungsgrund. Die Begnadigungsbehörde ist in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates immer davon ausgegangen, diesem Umstand sei ausschliesslich von der Vollzugsbehörde durch geeignete Massnahmen Rechnung zu tragen. Diese kann je nach dem amtsärztlichen Befund entweder den Strafantritt hinausschieben oder den Vollzug durch Gewährung angemessener Erleichterungen dem Zustand des Verurteilten anpassen. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. : Das Verhalten Gattikers im bisherigen Strafvollzug rechtfertigt überdies die Ansetzung einer Frist von 3 Jahren, innerhalb welcher er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

237 Gemäss den Vorschriften betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung sind bestraft worden (86-92) : 86. Franz Bühler, 1918, Kaufmann, Weggis (Luzern), verurteilt am 21. Januar 1950 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellätionsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 2000 Busse und zur Zahlung des dem unrechtmassig erlangten Vermögensvorteil entsprechenden Betrages von Fr. 8489.50 an den Bund. Bühler hat im Jahre 1945 bei der Vermittlung von Haselnuss- und Mandelkernen unter sknipelloser Ausnützung des damaligen Warenmangels volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Gewinne erzielt. -- An die Busse sind bisher Fr. 800 in Teilzahlungen eingegangen.

Der Verurteilte ersucht um Brlass des Bussenrestes. Er macht geltend, seine wirtschaftliche Lage habe sich durch den Konkurs der Firma seines Schwagers, in der er als Prokurist tätig gewesen sei, verschlechtert. Das von ihm seither betriebene Export- und Importgeschäft stelle einen Kleinbetrieb dar. Wegen zwei Automobilunfällen und der damit verbundenen Einstellung seiner Tätigkeit sei ihm weiterer Schaden entstanden. Überdies sei er mit der Sorge für seine Schwester und den Schwager belastet.

Der Konkurs der Arbeitgeberfirma ereignete sich zeitlich vor dem Urteil und kann, nachdem die damit verbundene finanzielle Einbusse bereits vom Gericht berücksichtigt worden ist, nicht erneut zur Begründung des Gnadengesuches herangezogen werden. Auch die beiden Automobilunfälle gehen auf das Jahr 1949 zurück; sie haben keine entscheidende Verschlechterung der Lage des Gesuchstellers herbeigeführt. Was die angeblichen finanziellen Leistungen an die Schwester betrifft, so handelt es sich dabei nach den Erhebungen der Vollzugsbehörde nicht um Unterstützungen, sondern um das Entgelt für Arbeitsleistungen der Schwester im Geschäft des Gesuchstellers. Seitens der Wohnsitzgemeinde wird erklärt, die heutige Lehenshaltung Bühlers lasse die Konkursfolgen in keiner Weise mehr erkennen. Diese Feststellung deckt sich mit dem vom Verurteilten ausgewiesenen Steuereinkommen und -vermögen, die im Verhältnis zu den Zahlen, die dem Gericht zur Verfügung standen, beträchtlich angestiegen sind. Da Kommiserationsgründe somit fehlen, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes
die Gesuchsabweisung.

87. Eobert Hagmann, 1917, Eeisender, Dulliken (Solothurn), verurteilt am 28. Dezember 1948 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts wegen Handels mit Goldstücken ohne Konzession und unter Überschreitung der zulässigen Höchstpreise zu Fr. 250 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 250 an den Bund. Die Busse wurde am 4. Dezember 1950 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts in 25 Tage Haft umgewandelt. Ferner am 11. Februar 1950 vom l. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1100 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinns von Fr. 4967.50 an den Bund, weil er grosse Mengen Goldstücke gekauft und verkauft und den Abschluss weiterer derartiger

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Geschäfte versucht hatte, ohne dass er oder einer der Beteiligten im Besitze einer Goldhandelskonzession war. In einem Fall hat er überdies die zulässigen Höchstpreise überschritten. Auch für diese Busse war die Vollzugsbehörde gezwungen, den Umwandlungsantrag zu stellen. Das 1. kriegswirtschaftliche Strafgericht hat die Verhandlungen im Hinblick auf das Begnadigungsgesuch vertagt.

.

Durch einen Bechtsanwalt ersucht der Verurteilte um gnadenweisen Erlass der Umwandlungsstrafe von 25 Tagen Haft, um Herabsetzung der Busse von Fr. 1100 auf Fr. 275 sowie um Erlass der Gewinnabschöpfungen und der Verfahrenskosterj. Er macht seine missliche finanzielle Lage geltend, die ihn seinerzeit sogar zur Auflösung seiner Familie gezwungen hätte. Im übrigen sei er nicht Reisender, sondern Hausierer, gewesen. Die Bussenumwandlung durch das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht sei zu Unrecht erfolgt, indem auf das behördlich festgesetzte Steuereinkommen abgestellt worden sei. Diese Steuereinschätzung sei ein Hirngespinst und reine Willkür. Die Begnadigungsbehörde habe diesen Fehlentscheid des Umwandlungsrichters richtigzustellen.

Überdies müsse berücksichtigt werden, dass keine Gesamtstrafe ausgesprochen worden sei. Seit Dezember 1950 werde er als Schreibmaschinenmechaniker ausgebildet. Müsse er die Haftstrafe verbüssen, so werde er diese Lehrstelle verlieren. Im übrigen habe er sich entschlossen, monatlich an die umgewandelte Busse Fr. 10 abzutragen.

Auf das Gesuch ist nicht einzutreten soweit es sich auf die Verfahrenskosten und die Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinns bezieht, da es sich hiebei nicht um Strafen handelt. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes wird prüfen, ob ein Verzicht auf die Eintreibung dieser Beträge gestützt auf Artikel 145 des BEB vom 17. Oktober 1944 möglich sein wird. Hagmann kann ferner nicht gehört werden, soweit er Kritik übt an den Urteilen und insbesondere am Umwandlungsentscheid der kriegswirtschaftlichen Berufungsinstanz. Entgegen der Auffassung des Gesuchstellers ist es nicht Sache der Begnadigungsbehörde, rechtskräftige Urteile zu überprüfen, was sowohl von der Begnadigungskommission wie auch von der Bundesversammlung immer wieder zum Ausdruck gebracht worden ist.

Ein Gnadenakt könnte einzig dann befürwortet
werden, wenn sich die finanzielle oder persönliche Lage seit den Urteilen irgendwie verschlechtert hätte.

Derartige Kommiserationsgründe werden aber nicht geltend gemacht und liegen auch nicht vor. Die meisten Vorbringen betreffen Ereignisse, die zeitlich weit vor den Urteilen liegen. Auch über die amtliche Steuereinschätzung beklagt sich Hagmann zu Unrecht; er hätte es in der Hand gehabt, eine Steuererklärung einzureichen, und es steht ihm angesichts seiner Nachlässigkeit schlecht an, sich nachträglich zu beklagen und den Eichter der Unsachlichkeit zu zeihen. Die dadurch zum Ausdruck kommende Einstellung des Gesuchstellers scheint die für ihn ungünstigen Feststellungen im letzten Polizeirapport, durchaus zu bestätigen. Er wird dort als nicht arbeitsliebend und wenig pflichtgetreu geschildert, und es wird der Auffassung Ausdruck verliehen, Wegmann habe, seine missliche

239 Lage selbst verschuldet. Dass dor Gesuchsteller bis zum Umwandlungsverfahren überhaupt keine Anstrengung unternahm, um seine Bussenschuld zu tilgen und auch die im Begnadigungsgesuch versprochenen Zahlungen nach Überweisung von nur zwei Monatsbetreffnissen wieder einstellte, bestätigt die polizeilichen Feststellungen. Das Strafregister enthält über Hagmann zwei Einträge wegen Übertretung des Handelsreisendengesetzes aus dem Jahre 1945. Bei Berücksichtigung aller Umstände können wir einen Gnadenakt nicht befürworten und beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die G e s u c h s a b w e i s u n g . Immerhin erklärt sich die.Vollzugsbehörde bereit, dem Gesuchsteller eine letzte Möglichkeit zu geben, seine Bussen in regelmässigen Teilzahlungen abzutragen.

88. Wilhelm M a r t i n , 1892, Gemüsehändler, Basel, verurteilt am SO. März 1948 vom 8. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 900 Busse, unter solidarischer Mitverpflichtung der Firma P. Stocker, damals W. Martin-Stocker, für Busse und Kosten. Die Firma wurde überdies dazu verhalten, einen widerrechtlichen Gewinn von Fr, 2034.70 an den Bund abzuliefern. Martin hat in den Jahren 1944 bis 1946 beim Kauf und Verkauf von Gemüsen, Dörrfrüchten und anderen Lebensrnitteln die Höchstpreise überschritten, es unterlassen, Fakturen auszustellen und sich volkswirtschaftlich ungerechtfertigter Schiebungen schuldig gemacht. ·-- An die Busse hat Martin bis jetzt überhaupt nichts bezahlt; zurzeit ist das Umwandlungsverfahren hängig. Auf den Einzug der Verfahrenskosten wurde vom Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in eigener Kompetenz bereits verzichtet.Unter Hinweis auf seine schwierige finanzielle Lage ersucht der Verurteilte um Begnadigung.

Es ist nicht einzusehen, inwiefern sich die finanziellen Verhältnisse des mit seiner Ehefrau schou seit Jahren ausgepfändeten Gesuchstellers seit dem Urteil weiter verschlechtert haben sollten. Im übrigen gibt dieser selbst zu, dass ihm kleine Teilzahlungen zum mindesten zur Zeit der Kirschernte möglich wären.

Martin ist zudem eines Gnadenaktes gar nicht würdig. Musste er doch bereits zehnmal zu Freiheitsstrafen verurteilt und elf mal mit Bussen belegt werden.

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartementes die GesuchsabWeisung.

89. Karl Wahl 1915, Kaufmann, Zürich, verurteilt am 17. März 1949 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 800 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinns von Fr. 3600 an den Bund wegen widerrechtlichen Handels mit Gold und ausländischen Banknoten. Da der Verurteilte sich um die Zahlung seiner Schuld nicht kümmerte, hat das 1. kriegswirtschaftliche Strafgericht die Busse am 27. Juli 1950 in 80 Tage Haft umgewandelt.

Wahl ersucht um Erlass der Busse. Er weist auf seine bedrängte finanzielle Lage hin. Angesichts seiner vielen Schulden seien ihm auch geringfügige Zahlungen nicht möglich gewesen. Einen Vermögensvorteil habe er nicht erziolt,

240 denn der Gewinn sei im Zusammenhang mit einer Schmuggelaffäre wieder verlorengegangen.

Die Urawandlungsbehörde hat verbindlich festgestellt, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Geauchstellor schuldlos ausserstande gewesen sei, seiner Zahlungspflicht nachzukommen. Dass sich die persönlichen und finanziellen Verhältnisse seit jenem Zeitpunkt geändert hätten, hat Wahl nicht nachgewiesen. -- Der Gesuchsteller geniesst übrigens einen schlechten Leumund.

Er gilt als arbeitsscheu. Wegen Vermögensdelikten und Irreführung der Eechtspflege wurde er zu zwei Gefängnisstrafen verurteilt. In einem weiteren Verfahren hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich wegen Veruntreuung, Betrugs, Diebstahls und Vernachlässigung von Unterstützungspflichten Anklage erhoben. Wahl, der hinsichtlich der Vermögensdelikte geständig sein soll, wird auch hier mit der Verurteilung zu einer längeren Gefängnisstrafe zu rechnen haben. Der Gesuchsteller ist somit eines Gnadenaktes nicht würdig, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung b e a n t r a g e n .

90. Vincent A u d r i a z , 1906, Zeitungsverkäufer, Freiburg, verurteilt am 19. März 1949 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 500 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinns von Fr. 500 an den Bund. Der Verurteilte hat sich im Jahre 1946 an umfangreichen Goldschiebereien beteiligt.

Audriaz ersucht um Erlass seiner sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen oder doch wenigstens um teilweise Herabsetzung und Einräumung von Zahlungserleichterungen. Er sei nur ein armer Zeitungsverkäufer und sein Verdienst genüge kaum für seinen Unterhalt. Überdies habe er noch an den Unterhalt seiner Tochter beizutragen.

Im Wege der Begnadigung können nur Strafen erlassen werden. Auf das Gesuch kann somit nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse bezieht.

-- Der Gesuchsteller hat nicht einmal den Versuch unternommen, nachzuweisen, dass sich seine persönliche und finanzielle Lage seit dem Urteil verschlechtert hätte. Überdies lautet der eingeforderte Leumundsbericht ungünstig. Es heisst dort, Audriaz setze seinen Verdienst in Alkohol um und werde seine Zahlungsversprechungen nicht halten. Die letztere Feststellung deckt sich mit d'en im bisherigen Vollzug gemachten
Erfahrungen. Hat doch der Verurteilte die ihm auf seine Zahlungsversprechungen hin eingeräumten Erleichterungen nicht benützt und auch sonst keine Anstrengung zur Tilgung seiner Schuld unternommen. Was die behaupteten Unterstützungspflichten anbetrifft, so hat Audriaz wohl eine Tochter aus seiner im Jahre 1943 geschiedenen Ehe, für deren Unterhalt er jedoch, wie im Polizeirapport ausdrücklich festgehalten wird, nicht aufzukommen hat. Wir halten den Gesuchsteller unter den geschilderten Verhältnissen eines Gnadenaktes als nicht würdig und beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchs ab Weisung.

241 91. Alois Meyer, 1898, Landwirt, Eomoos (Luzern), verurteilt am 16, Dezeinbor 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in wesentlicher Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 800 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlich erzielten Gewinns von Fr. 1000 an den Bund, weil er im Jahre 1947 grössere Mengen Holz zu übersetzten Preisen verkauft hat.

-- Der bisher bezahlte Betrag von Fr. 200 wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Vorurteilten an dio Verfahrenskosten und an die Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes angerechnet. Demnach stehen noch die ganzo Busse und Fr. 987.15 des abzuliefernden Gewinnes aus.

Meyer ersucht durch einen Bechtsanwalt um Erlass der Busse und des noch zu zahlenden widerrechtlichen Gewinnes. Er macht geltend, er bewirtschafte eine weit abgelegene Bergliegenschaft, habe kein namhaftes Vermögen und führe mit seiner zahlreichen Familie einen harten Existenzkampf. Noch heute trage er an den Folgen eines Brandes, der ihm im Jahre 1945 Haus und Scheune zerstört habe. Dass das Gericht einen widerrechtlichen Gewinn weggesteuert habe, sei unverständlich ; es handle sich bei diesem Betrag um den bescheidenen Arbeitsverdienst. Überdies habe es sich um sehr schönes Holz gehandelt, und für die Preise sei zudem nicht der Verurteilte, sondern der Käufer verantwortlich.

Der Gesuchsteller wäre an sich eines Gnadenaktes würdig, doch fehlen Kommiserationsgründe. Die Gesuchsbegründung enthält vor allem Kritik am Berufungsurteil, die hier nicht gehört werden kann. Auch übersieht Meyer, dass das Gericht ihm in Berücksichtigung der Brandfolgen und des harten Existenzkampfes bereits sehr weit entgegengekommen ist. Dass seit dem Urteil in seinen persönlichen oder finanziellen Verhältnissen eine Verschlechterung eingetreten wäre, macht er zu Eecht selbst nicht geltend. Anhand der Steuereinschätzungen ist vielmehr auf eine Besserung zu schliessen. Unter diesen Umständen käme ein Gnadenakt einer Überprüfung des rechtskräftigen richterlichen Entscheides gleich, was im Wege der Begnadigung nach ständiger Praxis nicht zulässig ist. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat dos Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Abweisung des Gesuches mit Bezug auf die Busse und. Nichteintreten, soweit sich dieses auf die Verpflichtung zur
Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes bezieht, die im Wege der Begnadigung, da keine Strafe im Sinne des Artikels 896 StGB darstellend, nicht erlassen werden kann.

92. Carolina Saladin, 1898, Hausfrau, Cassarate-Castagnola (Tessin), verurteilt am 21. Oktober 1950 vom Einzelrichter des 7. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 200 Busse wegen verbotenen Handels mit Industriegold.

Die Verurteilte ersucht um Erlass der Strafe, wozu sie Krankheit und Mittellosigkeit geltend macht.

Frau Saladin bringt im Gnadengesuch die gleichen Gründe vor, die sie bereits im Einspracheverfahren gegen das Strafmandat geltend gemacht hat und die den Richter veranlasst haben, die Busse auf die Hälfte herabzusetzen, unter ausdrücklichein Hinweis auf deren Angernessenheit im

242 Hinblick auf den erzielten widerrechtlichen Gewinn. Da das Urteil nicht überprüft werden kann, andererseits keine neuen Tatsachen vorgebracht werden und Frau Saladin überhaupt keine Anstrengung zur wenigstens teilweisen Zahlung der Bussenschuld unternommen hat, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes dio Gesuchsabweisung. Sollte die Gesuchstellorin tatsächlich unverschuldet ausserstand sein, die Busso zu tilgen, so wird der Eichter allenfalls immer noch die Umwandlung in Haft ausschliessen können.

Gemäss den Vorschriften über dio Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln sind bestraft worden (93-104): 98. Jean Hulliger, 191.2, Metzger, Genf, zurzeit in Strafhaft im Gefängnis St-Antoine in Genf, verurteilt vom 8. kriegswirtschaftlichen Strafgericht wie folgt : a. Am 24. Juni 1946 zu Fr. 3000 Busse, weil er vom Beginn der Fleischrationierung hinweg bis zum Monat April 1943 die Schlachtkontrolle nicht führte, Fleisch im Bezugswerte von 2 557 000 Punkten schwarz verkaufte, wovon 10 kg zu übersetzten Preisen, und weil er sein Kontingent überschritt und in der Zeit vom März 1943 bis Februar 1945 20 Schweine zu übersetzten Preisen kaufte und das angefallene Fleisch schwarz abgab. &. Am 12. September 1946 zu 2 Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug sowie zu Fr. 7000 Busse, weil er in den Monaten Dezember 1943 bis Juni 1944 mindestens 75 geschlachtete Schweine za übersetzten Preisen ohne Bezugsschein gekauft und die angefallene Fleischmenge im Gewichte von mindestens 8250 kg schwarz an seine Ladenkundschaft abgegeben hat. Die Gefängnisstrafe wurde als Zusatzstrafe zu einem Urteil dés kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts vom 27. Januar 1945 (lautend auf 2 Monate Gefängnis und Fr. 400 Busse) ausgesprochen. Der bedingte. Straferlass wurde nur aus Billigkeitsgründen gewährt, weil Hulliger die früher ausgesprochene unbedingte Freiheitsstrafe ^bereits verbüsst hatte. Für die unter a und fe aufgeführten Urteile wurden vom . Gericht gleichzeitig die Urteilspublikation und der .Strafregistereintrag angeordnet, c. Am 18. Dezember 1946 zu Fr. 800 Busse, weil er im Jahre 1944 von einem andern Metzger mindestens 974 kg Fleisch schwarz bezogen und in seiner Metzgerei ebenso verkauft hat.

Hulliger liess die
Zahlungsaufforderungen der Vollzugsbehörde unbeachtet, so dass diese schliesslich gezwungen war, die Umwandlung zu beantragen.

Das 3. kriegswirtschaftliche Strafgericht setzte seinen Entscheid zunächst aus, weil Hulliger in der Verhandlung vom 1. März 1949 erklärte, Fr. 200 einbezahlt zu haben, und versprach, regelmässig monatliche Zahlungen von Fr. 100 leisten zu wollen. Da er jedoch sein Vorsprechen nicht einhielt, wandelte das Gericht die drei Bussen am. 25. Juli 1949 in zweimal 90 und 60 Tage Haft um. Hulliger hat seine drei Haftstrafen am 10. Januar 1951 angetreten.

Für den Verurteilten ersucht ein Rechtsanwalt um Begnadigung. Hulliger habe, so wird geltend gemacht, im Jahre 1947 seine Metzgorei verkauft, um sich mit dem Automobilhandel zu befassen. Mangels genügender Kenntnisse

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auf diesem Gebiet habe er jedoch den ganzen Verkaufserlös innert kurzem verloren und sei vor dem Nichts gestanden. In dieser Situation habe der Ver- urteilte mit fremdem Geld eine .neue Metzgerei übernommen, jedoch ob der Schuldentilgung den Mietzins nicht bezahlt, was schliesslich zur Exmittierung und zu seinem gänzlichen Euin geführt habe. Es zeige dies, dass sich die finanziellen und persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers seit dem Urteil ganz wesentlich verschlechtert hätten. Im übrigen wird angeführt, es bedeute eine Ungerechtigkeit, dass die Gerichte für die verschiedenen gleichartigen Verfehlungen nicht eine einheitliche Strafe ausgesprochen und die einzelnen Bussen jede für sich gesondert in Haft umgewandelt hätten.

Was das letzte Argument anbetrifft, so hat das Gericht jeweils die früheren Urteile bei der Strafzumessung berücksichtigt. Die im Urteil vom 12. September 1946 ausgesprochene Gefängnisstrafe wurde ausdrücklich als Zusatzstrafe bezeichnet. Nicht möglich war dies jedoch hinsichtlich der Bussen, da gemäss Artikel 68, Ziffer 2 StGB Zusatzstrafen nur mit Bezug auf Freiheitsstrafen vorgesehen sind. Dass eine Mehrheit von Bussen ausgefällt werden musste, hat Hulliger sich übrigens ausschliesslich selbst zuzuschreiben. Hätte er in der dem ersten Urteil vorangehenden Strafuntersuchung ein umfassendes Geständnis abgelegt, so wären alle vor jenem Zeitpunkt begangenen Widerhandlungen gesamthaft abgeurteilt worden.

Der Gesuchsteller steht heute zweifellos in finanzieller und persönlicher Beziehung schlechter da als zur Zeit des Urteils. Er hat jedoch diese Verschlechterung sehr weitgehend selbst verschuldet, so dass dieser Umstand als Kommiserationsgrund nicht in Betracht fällt. Hulliger ist überdies eines Gnadenaktes gar nicht würdig. Dieser Beurteilung liegt nicht nur der Umstand zugrunde, dass er sich während der ganzen Dauer der Bationierung hemmungslos über die für das Metzgereigewerbe aufgestellten Vorschriften hinweggesetzt hat, sondern auch die Peststellung, dass sich der Verurteilte nach den Strafregistereinträgen auch auf anderem Gebiet vergangen hat. Namentlich eine Haftstrafe verbunden mit Busse aus dem Jahr 1949 wegen Autofahrens in betrunkenem Zustand und ohne Führerausweis sowie zwei spätere Bussen wegen Übertretung des Motorfahrzeuggesetzes bestätigen die 'betrübliche
Einstellung des Gesuchstellers und das Fehlen jeglichen Verantwortungsgefühls, Tatsächlich hätte Hulliger alle Bussen aus dem Verkaufserlös seines Geschäftes tilgen können.

Kurz vor der Umwandlung der Bussen in Haft hat er überdies, wie das Gericht feststellte, aus einem Landverkauf netto Fr, 7500 eingenommen. Auch diesen Betrag hat er nicht zur Abtragung der Bussenschuld verwendet. Unter diesen Umständen lässt sich ein Gnadenakt überhaupt nicht verantworten. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

94. Eobert Felder, 1894, Käser, Euswil (Luzern), verurteilt am 21. März 1946 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 6 Wochen Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug und zu Fr. 7000 Busse, bei Anordnung des Strafregistereintrags und der Urteilspubhkation. Felder hat 1950 kg Butter, 2780 kg Emmen-

244 talerkäse, 2490 kg viertelfetten Käse und 270 kg Magerkäse weder in die Fabrikationskontrolle eingetragen noch abgeliefert, sondern zum grössten Teil im Schwarzhandel abgesetzt. Auf die Appellation konnte wegen Verspätung nicht eingetreten werden.

Ein erstes Begnadigungsgesuch Felders wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1949 abgewiesen mit dem Hinweis, es liege keine Verschlechterung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse vor. Wenn es auch zutreffen möge, dass Felder nicht über grosse flüssige Mittel verfüge, so könne diesem Umstand angesichts des ausgewiesenen Steuereinkommens durch Einräumung von Zahlungserleichterungen in hinreichender Weise Rechnung getragen werden. --- Seit Abweisung des ersten Gesuches hat der Verurteilte Fr. 1400 bezahlt, so dass heute nebst den Verfahrenskosten noch Fr. 4600 ausstehen.

Durch einen Eechtsanwalt ersuchte Felder sechs Monate nach Eröffnung dos ablehnenden Entscheides der Bundesversammlung vom Dezember 1949 um Begnadigung. Er beruft sich auf schwere seelische Depressionen und wendet ein, nur teilarbeitsfähig zu sein. Überdies verweist er auf eine Krankheit, die die Ehefrau in den Jahren 1940-1942 durchgemacht habe und die heute noch nachwirke. Sein Einkommen sei zurückgegangen und das Vermögen auf nahezu die Hallte gesunken. Die verbleibende Bussenschuld bilde für ihn eine sehr schwere Belastung.

Mit dem Hinweis auf eine frühere Krankheit der Ehefrau lässt sich ein Gnadenakt nicht begründen. Diesem Umstand wie übrigens auch den wiederum geltend gemachten Depressionen des Gesuchstellers wurde bereits vom Gericht bei der Strafzumessung Rechnung getragen. In finanzieller Hinsicht ergeben sich auf Grund der letzten Einschätzung -- bezogen auf die Zahlen, die dem Gericht vorlagen -- ein etwas angestiegenes Reineinkommen und ein stark zurückgegangenes Vermögen. In seinem Mitbericht vom 17. April 1951, auf den wir verweisen, beurteilt das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers auf Grund der durchgeführten Erhebungen eher ungünstig. Die gegenwärtige Lage kennzeichnet sich namentlich durch das Ansteigen der zum Teil gänzlich ungedeckten Vorschüsse des Käseabnehmers an den Gesuohsteller. Die von letzterem anlässlich der Steuerdeklaration im
Wertschriftenverzeichnis aufgeführten Vermögenswerte sind, da als Kaution hinterlegt, nicht realisierbar. Die Vollzugsbehörde gelangt deshalb zum Schluss, ein Teilerlass von Fr, 1600 lasse sich unter den gegebenen Umständen rechtfertigen.

Wir sind mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschafts-.

departementes der Auffassung, dass sich die finanzielle Lage des Gesuchstellers seit dem Urteil ungünstiger darstellt und dass es ihm an realisierbaren Werten fehlt, um den Bussenrest kurzfristig abtragen zu können. Er verfügt indessen über ein Einkommen,-das ihm unseres Erachtens höhere Abzahlungen erlauben würde, als er bisher geleistet hat, wie wir überhaupt unter dem Eindruck stehen, Felder hätte bei gutem Willen, namentlich in den ersten Jahren nach dem Urteil,

245 mehr leisten können. Überdies darf die Schwere der Verfehlungen des Gesuchstellers nicht unberücksichtigt bleiben. Wir beantragen deshalb als weitgehendes Entgegenkommen die H e r a b s e t z u n g der Busse um Fr. 1000. Es rechtfertigt sich, dem Verurteilten gleichzeitig eine Frist von 2 Jahren anzusetzen, innerhalb welcher er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 895, Abs. 8, StGB).

95. Hans Hilti, 1901, liechtensteinischer Staatsangehöriger, Metzgermeister, Schaan (Fürstentum Liechtenstein), verurteilt am 9. November 1946 vorn kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 2 Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug und zu Fr. 4000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages, weil er in den Jahren 1942 bis 1944 durch Schwarzschlachtungen und unerlaubte Zukaufe, rund 5 Tonnen Fleisch widerrechtlich beschafft und überdies die Eapportpflichten missachtet hat. Ferner verurteilt am 17. April 1948 vom Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 350 Busse wegen Überschreitung der Schlachtgewichtszuteilungen in den Monaten Dezember 1945 sowie Mai und Juli 1946. -- An die Busso von Fr. 4000 wurden Fr. 3400 bezahlt. Die zweite Busse steht noch gänzlich aus.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Bestverpflichtungen aus den beiden Urteilen. Er macht geltend, seinen Sühnewillen mit den bisherigen Zahlungen bekundet zu haben. Weitere Leistungen seien ihm aber angesichts der Unterhaltspflichten für seine Familie fast nicht mehr möglich. Von seinen 8 Kindern könnte ihm nur das älteste, eine 18jährige Tochter, im Laden boistehen. Der 17jährige Sohn stehe bei ihm in dei Lehre.

Die Vollzugsbehörde hat den Gesuchstellor bereits darüber belehrt, dass im Wege der Begnadigung nur Strafen erlassen werden können. Er wurde überdies davon in Kenntnis gesetzt, dass ein Verzicht auf den Einzug der Verfahrenskosten gestützt auf Artikel 145 des BEB vom 17. Oktober 1944 nicht möglich sei, weil die Pfändung volle Deckung ergeben habe.

Der Gesuchsteller bringt nichts vor, was nicht schon der Berufungsinstanz bekannt gewesen wäre. Diese hat die erstinstanzlich ausgesprochene Busse unter Heranziehung aller Milderungsgründe um volle Fr. 8000 herabgesetzt.

Dass die Hilti obliegenden Familienlasten gross sind, trifft zu. Sie haben
sich seit dem Urteil jedoch nicht vermehrt. Da die älteste Tochter nun bereits im Geschäft tätig sein kann, dürfte eher eine Entlastung eingetreten sein. Auch der sich im eigenen Betrieb in der Lehre befindliche Sohn kann dem Vater wohl schon Verschiedenes abnehmen. -- Aber auch die finanziellen Verhältnisse haben sich nicht verschlechtert. Hilti versteuert heute ein grösseres Vermögen als zur Zeit des Urteils. Auch das Einkommen ist gegenüber den Zahlen, die der Berufungsinstanz zur Verfügung standen, beachtlich angestiegen. Es wird denn auch keine Verschlechterung geltend gemacht. Auf Grund der vorhegenden Akten sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers als durchaus geordnet zu bezeichnen, und es bestehen nicht die geringsten Anhaltspunkte, dass dieser den noch ausstehenden Bussenbetrag nicht bezahlen

246 könnte. .Das Entstehen einer Notlage im Falle des weiteren Busseuvollzugs fällt angesichts des beachtlichen Vermögens überhaupt nicht in Betracht.

Gegen einen Gnadenakt sprechen übrigens auch die verschiedenen kriegswirtschaftlichen Büssungen und der Umstand, dass sich Hilti weder durch das Ermittlungsverfahren noch die Strafuntersuchung, die zum Appellationsurteil vom 9. November 1946 geführt haben, von weiteren Widerhandlungen abhalten hess. Wie b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartomonts die Gesuchsabweisung.

96. Adolf B eck, 1900, Bäckermeister, Basel, verurteilt am 8. Juni 1949 vom 8. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 10 Tagen Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug und zu Fr. 4000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrags. Beck hat in den Jahren 1944 bis 1946 in grossorn Umfang rechtswidrig Rationierungsauswoise für Lebensrnittel bezogen und missbräuchlich verwendet. -- Der Verurteilte hat die Verfahrenskosten beglichen; von der Busse stehen noch Fr. 1000 aus.

Beck ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 1000. Er macht dazu Umsatzschrumpfung im Bäckereigewerbe und damit verbundenen Einkommensrückgang geltend. Von seinen beiden Söhnen stehe der eine vor der Vc-rheiratung, der jüngere sei nicht voll arbeitsfähig. Der Vollzug der Eestbusse würde einen Härtefall darstellen.

Die durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, dass eine Verschlechterung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers seit dem Urteil nicht eingetreten ist. Das Einkommen ist zum mindesten nicht zurückgegangen, und das Vermögen ist angestiegen. Beck ist auch bei Berücksichtigung allfalliger Verpflichtungen gegenüber seinen übrigens volljährigen Söhnen durchaus in der Lage, den Bussenrest abzutragen. Die Vollzugsbehörde sichert weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen zu. Es erübrigt sich unter diesen Umständen, auf die Frage der persönlichen Würdigkeit des Gesuchstellers noch näher einzugehen, und wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die G e s u c h s abweisung.

97. Friedrich Jost, 1899, Metzger, Genf, verurteilt am 5. Dezember 1947 vom kriegswirtschaftlichen Strafappollationsgericht, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 2
Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug und zu Fr. 5000 Busse bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrags. Jost hat in den Jahren 1943 bis 1945 eine nicht mehr genau bestimmbare, mindestens aber 12 Tonnen übersteigende und höchstens 22 Tonnen betragende Menge Fleisch im Schwarzhandel umgesetzt. -- An die Busse sind Fr. 2000 bezahlt.

Es stehen somit noch Fr. 8000 und die Verfahrenskosten aus.

Der Verurteilte stellt die Zahlung von weiteren, ihm von Freunden zur Verfügung gestellten Fr. 1000 in Aussicht "für den Fall, dass ihm die andern Verpflichtungen aus dem Urteil erlassen würden. Er weist auf die grosse Konkurrenz durch die Grossfirmen der Metzgereibranche hin, die einem Kleinbetrieb

247 kaum mehr zu existieren gestatteten. Ferner macht er die Erkrankung seiner Ehefrau geltend, für deren Behandlung ihm allein Fr. 5000 ausserordentliche Kosten entstanden seien, was sich hei seinen grossen Unterhaltspflichten gegenüber 4 minderjährigen Kindern sehr nachteilig ausgewirkt habe.

Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse bezieht, da im Wege der Begnadigung nur Strafen erlassen werden können.

Jost hat sich zur Zeit der grössten Mangellage ohne Hemmungen in grossem Umfang gegen die Vorschriften über die Fleischbewirtschaftung vergangen.

Die Berufungsinstanz hat ihm -- im Gegensatz zur ersten Instanz -- den bedingten Strafvollzug gewährt, hinsichtlich der Busse jedoch erklärt, die Widerhandlungen seien auf alle Fälle nach Tragweite und Verschulden derart, dass eine Busse von Fr. 5000 nicht als unangemessen erscheine, auch wenn der Beschuldigte dadurch, wie es in der Natur der Strafe liege, eine empfindliche Einbusse in seinen persönlichen Verhältnissen erleide.

Seit dem Urteil hat sich, das Einkommen des Gesuchstellers nicht vermindert, und auch seine Unterhaltspflichten sind nicht angestiegen. Eine Verschlechterung ist einzig durch die gelt end. gemachte Krankheit der Ehefrau entstanden. Die diesbezüglichen Kosten sind jedoch, wie Jost selbst anführt, innerhalb verhältnismässig kurzer Zeit bezahlt worden, so dass er sich nun völlig auf die Tilgung des Bussenrestes konzentrieren kann. Bei dein vom Gesuchsteller ausgewiesenen Jahresverdienst sollte nach unserem Dafürhalten die Abtragung der Bussenschuld möglich sein, ohne dass mit dem Eintreten einer Notlage gerechnet werden muss. Die damit unvermeidlich verbundene Einbusse bildet keinen Begnadigungsgrund, sondern sie war bereits vom Gericht ausdrücklich gewollt. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements die Gesuchsabweisung, unter Einräumung von Zahlungserleichterungen wie bisher. Sollte Jost wider alles Erwarten die Busse nicht bezahlen können, so wird es Sache des Eichters sein, deren Umwandlung auf Grund des vom Verurteilten erbrachton Nachweises seiner unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit auszuschliessen.

98. Hans Peter, 1897, Käser, Hildisrieden (Luzern), verurteilt am 6. Juli 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in
Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 5000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrags. Peter hat mindestens 800 kg vollfotten Käse und 1900 kg Butter weder in die Fabrikationskontrolle eingetragen noch rapportiert und abgeliefert. Ferner hat er einen Lagerbestand von 114 kg Käse nicht gemeldet.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten, worin er namentlich grosse finanzielle Einbussen infolge der Trockenheit im Jahr 1947 geltend machte, wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1948 abgewiesen (vgl. Antrag 21 des Berichtes vom 21. September 1948;BB1 III, 225), Inzwischen bat er die Verfahrenskosten beglichen und weitere Zahlungen an die Busse geleistet; es stehen noch Fr. 1600 aus.

248 Durch einen Kechtsanwalt lässt Peter erneut um Begnadigung nachsuchen.

Er macht geltend, seine finanzielle Lage habe sich seit Abweisung seines ersten Gesuches weiter verschlechtert. Schon dio Dürre des Jahres 1947 habe ihn in eino schwere finanzielle Notlage versetzt. Im Jahre 1949 sei ihm infolge der Trockenheit erneut grosser Schaden entstanden. Auch in diesem Jahr habe er das in der Käserei benötigte Wasser wieder zuführen müssen. Unzutreffend seien die in der vorliegenden Steuereinschätzung enthaltenen Vermögenszahlen, da darin die grossen Vorschüsse, die er von seinem Käseabnehmer erhalten habe und die durch die nachfolgenden Käselieferungen bei weitem nicht gedeckt seien, keine Berücksichtigung gefunden hätten. Die ihm von Geschwistern zur Verfügung gestellten Wertschrifton, die er als Eigentum versteuert habe, hätte er unerwarteterweise zurückgeben müssen.

Die im Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zusammengefassten Ergebnisse der übor die derzeitige Lage des Gesuchstellers durchgeführten Erhebungen lassen uns mit der Vollzugsbehördo zur Überzeugung gelangen, dass sich die Verhältnisse seit der Abweisung des ersten Begnadigungsgesuches verschlechtert haben. Wir verweisen für. Einzelheiten auf den Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 13. April 1951. Danach erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Eintreibung des noch ausstehenden Bussenbetrages im Wege der Zwangsvollstreckung eine eigentliche Gefährdung der wiitschaftlichen Existenz Peters nach sich ziehen könnte. Wir kommen unter diesen Umständen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zum SehhiBS, ein gewisses Entgegenkommen lasse sich verantworten. Der Antrag auf einen Teilerlass wird im übrigen insofern erleichtert, als Peter seit der Urteilseröffnung durch unregelmässige, jedoch gesamthaft erhebliche Teilzahlungen seinen Sühnewillen unter Beweis gestellt hat. Der Gesuchsteller geniesst zudem einen guten Leumund; er ist weder kriegswirtschaftlich noch gemeinrechtlich vorbestraft. Bei der Festsetzung des Ausmasses ist andererseits die Schwere der Verfehlungen und der Umstand entsprechend zu berücksichtigen, dass bereits die Gerichte den persönlichen Verhältnissen des Gesuchstellers Rechnung
getragen haben. In Berücksichtigung aller Umstände beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Herabsetzung des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 1600 auf die Hälfte. Dabeihat es die Meinung, dass sich ein gnadenweiser Erlass über dieses weitgehende Entgegenkommen hinaus nicht rechtfertigen Hesse. Wir erachten deshalb die gleichzeitige Ansetzung einer Frist von 2 Jahren am Platz, innerhalb welcher ein drittes Begnadigungsgesuch nicht eingereicht werden darf (Art. 395, Abs. 8, StGB).

99. Arnold Stähelin, 1910, Käser und Vertreter, Zürich, verurteilt wie folgt: Am 20. Oktober 1947 vom 9. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 2 Monaten Gefängnis, abzüglich vier Tage Untersuchungshaft und unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges sowie zu Fr. 4000 Busse, bei gleich-

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zeitiger Anordnung dea Strafregistereintrages, weil or vom Jahre 1943 hinweg bis Februar 1946 achtzehn Schweine schwarz geschlachtet, den Fleischanfall von 1620 kg sowie weitere 4360 kg schwarz und zu übersetzten Preisen zugekauftes Schweinefleisch und 40 kg Kalbfleisch ohne Bationierungsausweise, teilweise im Kettenhandel und zu einem mindestens Fr. 10 200 übersetzten Preis verkauft hat. Ferner weil er mit grösseren Mengen Käse und Butter unter Überschreitung der Höchstpreise Handel trieb und Bezugsscheine für Benzin kaufte und diese einlöste. Die Busse von Fr. 4000 wurde vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichenEntscheides, am 29. Januar 1949 in 90 Tage Haft umgewandelt. -- Ferner am 28. Oktober 1948 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtos, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 400 Busse wegen Schwarzabgabe von 627 kg Butter, 56 Liter Eahm, ca. 2850 kg Käse und 2416 Liter Milch, Nichtführens der vorgeschriebenen Butterkontrolle, Lieferung von 384 kg Käse auf Couponkredit und Annahme von Käsemarken ohne Lieferung der Ware, begangen in den Jahren 1946 und 1947. -- Am 29. Oktober 1948 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, ebenfalls in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu SV, 500 Busse wegen ähnlicher vom Mai bis Dezember 1946 begangener Widerhandlungen.

Ein erstes Gnadengesuch des Verurteilten wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersossion 1949 abgewiesen (vgl. Antrag 92 des Berichtes vom 28. November 1949; BEI II, 1065). Stähelin ersucht erneut um Begnadigung, wozu er geltend macht, sich wegen eines Leidens beruflich nicht voll einsetzen zu können. Er sei sogar gezwungen gewesen, Unterstützungen der Fürsorgobehörden in Anspruch zu nehmen.

Bereits im Antrag zum ersten Begnadigungsgesuch ist festgestellt worden, Stähelin sei eines Gnadenaktes nicht würdig. An dieser Beurteilung des Gesuchstellers hat sich inzwischen nichts geändert. Wir verweisen erneut auf die. zahlreichen kriegswirtschaftlichen und gemeinrechtlichen Strafen, die Stähelin auferlegt werden mussten. Auch der neueste Leunmndsbericht lautet nicht günstig, wird der Gesuchsteller doch darin als Alkoholiker bezeichnet. Wir erachten nach wie vor die Voraussetzungen für einen Gnadenakt
als nicht gegeben. Was die geltend gemachte Krankheit anbetrifft, welche offenbar chronischen Charakter hat, so dürfte Stähelin sich dieses Leiden wohl zu einem guten Teil durch seinen unsoliden Lebenswandel selbst zugezogen haben.

Krankheit vermag übrigens nach ständiger Praxis der Begnadigungsbehörde nur im Zusammenhang mit andern Kommiserationsgründen Anlass zu einem gnaden weisen Entgegenkommen zu bilden. Mit Bezug auf die bereits umgewandelte Busse ist es Sache der Vollzugsbehördo, dem Leiden des Verurteilten allenfalls durch Hinausschieben des Vollzuges Rechnung zu tragen. Für die beiden andern Bussen wird der Eichter zu entscheiden haben, ob Stähelin unverschuldet zahlungsunfähig war und ob die Umwandlung der Bussen in Haft allenfalls ausgeschlossen werden kann. Wie beantragen mit dem GeneralSekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdopartementes die GesuchsBundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

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abweisung, verbunden mit der besonderen Weisung, dass Stähelin sein Gesuch innerhalb der nächsten drei Jahre nicht erneuern darf (Art. 89ö, Abs. 3, StGB).

100. Jules Schneider, 1900, Metzger, Winterthur (Zürich), verurteilt am 6. Oktober 1947 vom 9. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 3500 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrags, weil er in den Jahren 1944 und 1945 nahezu 8 Tonnen Fleisch ohne Abgabe von Bationierungsausweisen und zum grössten Teil unter Überschreitung der zulässigen Höchstpreise bezogen hat. Ferner verurteilt am 80. August 1949 vom Einzelrichter des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 800 Busse, weil er vom November 1946 bis Januar 1947 den Fleischanfall von 6 Schweinen zu je ca. 85 kg Schlachtgewicht sowie rund 200 kg Kuhfleisch ohne Abgabe von Kationierungsausweisen bezog. -- An die erste Busse sind Fr. 2050 bezahlt; jene von Fr. 800 steht noch gänzlich aus.

Schneider ersucht um Begnadigung. Er macht geltend, zur Aufgabe seiner Metzgerei gezwungen gewesen zu sein. In Zürich habe er dann ein neues Geschäft übernommen, mit dem er wiederum keinen Erfolg gehabt habe. Heute sei er verschuldet und arbeitslos.

Für die erste Busse hat Schneider nach Zahlung von Fr. 1400 seinerzeit ein erstes Gnadengesuch eingereicht, das in der Junisession 1949 von der Vereinigten Bundesversammlung abgewiesen worden ist (Antrag 120 des Berichtes vom 24. Mai 1949; BEI I, 1087).

Es trifft zu, dass der Gesuchsteller heute ungünstiger dasteht als zur Zeit der Urteilsausfällung. Er hat sein damaliges Geschäft aufgegeben, dann in Nürensdorf und später in Zürich versucht, durch Übernahme von Metzgereien sich wiederum eine Existenz zu schaffen. Dabei hat er sein Vermögen verloren und ist zudem offenbar noch in Schulden geraten. In zwei guten Stellen, die er nachher antreten konnte, ist ihm angeblich gekündigt worden, weil jeweils'bald nach dem Eintritt Lohnpfändungen einsetzten. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes spricht sich deshalb für Teil- erlasse von Fr. 850 bzw. Fr. 100 aus, wobei es allerdings selbst Bedenken gegen ein derartiges Entgegenkommen äussert.

Wenn die Vollzugsbehörde einen Gnadenakt nur zögernd in Vorschlag bringt, so ist das namentlich auf die zahlreichen kriegswirtschaftlichen Vorstrafen zurückzuführen sowie
auf den Umstand, dass Schneider in den Jahren 1948 und 1949 erneut wegen kriegswirtschaftlicher Verfehlungen hat verurteilt werden müssen. Auch durch die Einträge im Strafregister wird die persönliche Würdigkeit des Gesuchstellers in Frage gestellt. Überdies liess sich nicht einwandfrei feststellen, inwieweit die heutige schlechte Lage selbst verschuldet ist.

Ob Schneider, der in seinem Gesuch Arbeitslosigkeit geltend macht, bei gutem Willen nicht eine Stelle hätte finden können ? Auch wenn er wegen der Lohnpfändungen in gehobeneren Stellungen als nicht tragbar erachtet worden ist, dürfte es ihm in Zeiten der Vollbeschäftigung doch möglich gewesen sein,

251 einen bescheideneren Arbeitsplatz zu finden. Wir vermögen bei dieser Sachlage dem Antrag des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes auf einen Teilerlass nicht zu folgen und sind der Auffassung, die genaue Abklärung des Sachverhalts sei dem Umwandlungsrichter zu überlasson, dem hiezu Möglichkeiten gegeben sind, die der Begnadigungsbehörde fehlen.

So kann der Eichter vor allem Zeugen einvernehmen sowie den Verurteilten persönlich anhören und ihn auf Grund des so erhaltenen unmittelbaren Eindrucks beurteilen. Vermag Schneider vor dem Richter die unverschuldete Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen, so kann die Umwandlung in Haft gänzlich ausgeschlossen oder die Haftstrafe bedingt ausgesprochen werden. Wir beantragen die Gesuchsabweisung. Es rechtfertigt sich im übrigen die Ansetzung einer Sperrfrist von zwei Jahren gemäss Artikel 895, Absatz 8, des Schweizerischen Strafgesetzbuches.

101. Charles P f a m m a t e r , 1916, Händler, Luzern, verurteilt am 28. November 1944 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 500 Busse wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über die Verwertung der Erdbeerernte 1944. Ferner am 14. Dezember 1945 vom Einzelrichter des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 250 Busse wegen Schwarzhandels mit Benzin und Eohöl, zum Teil zu übersetzten Preisen. -- Nachdem an die Bussen nur Fr. 100 eingegangen waren, verfügte der Einzelrichter des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts am 1. Juni 1949 die Umwandlung der Bussen in 40 und 25 Tage Haft, wobei er auf das vom Verurteilten in der Verhandlung geltend gemachte Zahlungsversprechen hin den Haftvollzug aufschob unter der Bedingung, dass Pfammatter an die diesen Haftstrafen zugrunde hegenden Bussenbeträge monatlich Fr. 25 abzahle. Im Sinne dieses Entscheides hat der Verurteilte weitere Fr. 270 bezahlt, womit sich die für die erste Busse ausgesprochene Haft von 40 auf 18 Tage Haft verringert.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht Pfammatter um Begnadigung. Er habe bereits weitgehend Zahlung geleistet. Müsse er die Haftstrafen verbüssen, so würden Frau und Kinder der öffentlichen Fürsorge zur Last fallen.

Es ist unseres Erachtens in erster Linie Sache des Umwandlungsrichters, zu entscheiden, ob er angesichts der heutigen Lage den
Vollzugsaufschub weiterhin gewähren oder aber die Vollstreckung der noch zu verbüssenden Haft anordnen will. Für eine Begnadigung fehlen jedenfalls die Voraussetzungen.

Der Gesuchsteller hat es gänzlich unterlassen, den Beweis einer weiteren Verschlechterung seiner finanziellen Lage seit dem Umwandlungsentscheid zu erbringen. Die Überprüfung seiner Angaben hat überdies ergeben, dass er zuhanden der Begnadigungsbehörde falsche Angaben über sein Einkommen gemacht hat, was ein Entgegenkommen auch dann auschliessen würde, wenn Kommiserationsgründe tatsächlich vorliegen würden. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements die Gesuchsabweisung. Ein gewisses Entgegenkommen wird Pfammatter

252 möglicherweise durch den in die Zuständigkeit der Volkugsbehörde fallenden Verzicht auf den Einzug der Verfahrenskosten gezeigt werden können!

102. Walter Leuenberger, 1916, Landwirt, Courfaivre (Bern), verurteilt am 28.; September 1950 vom Einzelrichter des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr, 250 Busse wegen Verfütterung von Backmehl in den Jahren 1949 und 1950. -- Dio Verfahrenskosten sind bezahlt; von der Busse stehen noch Er. 240.20 aus.

Leuenberger ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages, wozu er seine bescheidene wirtschaftliche Lage geltend macht und auf seine Unterhaltspflichten gegenüber Frau und zwei Kleinkindern hinweist.

Die vom Generalsekretariat des Eidgenössischen Vplkswirtschaftsdepartementes durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, dass der Gesuchsteller in durchaus geordneten Verhältnissen lebt und deshalb auch in der Lage ist, die ihm auferlegte Busse zu tilgen. Die Vollzugsbehörde sichert ihm für den Fall, dass er seine Schuld nicht durch eine einzige Zahlung glaubt begleichen zu können, angemessene Zahlungserleichterungen zu. Wh- beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

103. Peter Felder, 1894, Metzger, Landwirt und Viehhändler, Escholzmatt, verurteilt am 15. Oktober 1948 vom kriegswirtschaftlichen Straf appellationsgericht, in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 3 Monaten Gefängnis, abzüglich 14 Tage Untersuchungshaft, bei Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 8 Jahren sowie zu Fr. 10 000 Busse.

Es wurde der Straf registerein trag angeordnet. Felder hat in den Jahren 1941 bis 1943 in grossem Ausmass Schwarzschlachtungen von Grossvieh, Kälbern und Schweinen vorgenommen, den Fleischanfall schwarz abgegeben, die Schlachtgewichtszuteilungen, überschritten, an fleischlosen Tagen Metzgereiwaren abgegeben und sich ganz allgemein der Störung der regulären Marktversorgung schuldig gemacht.

Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat die B u s s e am 26. Januar 1951, in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheides, in 8 Monate Haft umgewandelt.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um bedingten Erlass der Haftstrafe, eventuell um Herabsetzung der Busse auf Fr. 1000 bei entsprechender Beduktion dos Kostenanteils. Er macht dazu
seine ungünstige finanzielle Lage geltend. Sein landwirtschaftlicher Betrieb sei nicht gross, der getätigte Viehhandel unbedeutend und die Metzgerei werde in einer alten Hütte betrieben. In verschiedenen bäuerlichen Sanierungsverfahren habe er grosse Beträge verloren, weshalb er bereits um Nachlaßstundung habe nachsuchen müssen. Soweit Vermögen vorhanden sei, habe es die Ehefrau in die Ehe gebracht. Diese sei weder verpflichtet noch gewillt, die verbliebenen letzten Vermögenswerte für Bussen auszulegen. Übrigens sei ein Entgegenkommen schon im Hinblick auf den seit der Tatbegehung erfolgten Zeitablauf am Platze.

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Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Umwandlungshaft von 8 Monaten bezieht, nicht aber hinsichtlieh der Verfahfenskosten, die keine Strafe im Sinne des Artikels 896 StGB darstellen.

Felder hat seit dem Zeitpunkt der Urteilsausfällung nichts unternommen, um seine Bussenschuld auch nur teilweise zu tilgen, obschon er dazu sehr wohl in der Lage gewesen wäre. Aus seinem Verhalten muss geschlossen werden, dass er alles zu unternehmen bereit ist, um den Urteilsvollzug zu vereiteln. Bereits zwischen den erst- und zweitinstanzlichon Hauptverhandlungen hat er Vermögensabtretungen im Werte von rund Fr. 18 000 an seine Töchter vorgenommen. Im Wege der Steuereinschätzung und der Nachlaßstundung versuchte er den Nachweis fohlenden Vermögens zu erbringen, was misslang. Auf einen gepfändeten Erbteil will er keinen Anspruch erheben mit der durch nichts bewiesenen Begründung, er habe seinen Anteil bereits vorbezogen. Aus dem Erlös kürzlich geschlagenen Holzes im Werte von über Fr. 2000 hat er für die Bussenzahlung nichts erübrigen können. Wir verweisen bezüglich der finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers im übrigen auf den einlässlichen Mitbericht des . Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdopartementes vom 9. Mai 1951, woraus eindeutig hervorgeht, dass Felder zum mindesten Teilzahlungen möglich gewesen wären. Zum gleichen Schluss gelangte übrigens auch die Berufungsinstanz im Umwandlungsverfahren, und es ist durchaus verständlich, dass Felder im Hinblick auf seine schlechte Gesinnung die Gewährung des bedingten Strafvollzuges für dio Haftstrafe verweigert wurde.

Wir verweisen auf die Erwägungen des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichtes zu seinem Umwandlungsentscheid. Irgendeine Veränderung in den persönlichen oder finanziellen Verhältnissen dos Gesuchstellers ist seither nicht eingetreten.

Die gleiche Widerspenstigkeit hat der Gesuchsteller bewiesen, als die kantonale Vollzugsbehörde die Umwandlungshaft vollstrecken wollte. Er zwang diese, nachdem er 3 Haftantrittsbefehlen keine Folge gegeben hatte, zur Ausstellung eines Haftbefehls, der durch die Einreichung des Begnadigungsgesuches, dem das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes aufschiebende Wirkung gewährte, hinfällig wurde.

Angesichts der Schwere der auch
nach Anhebung der Strafuntersuchung noch fortgesetzten Widerhandlungen, des durch die strafbaren Handlungen erzielten, auf Fr. 50 000 errechneten widerrechtlichen Gewinns sowie im Hinblick auf das Verhalten Felders im Vollzug, die verschiedenen kriegswirtschaftlichen Vorstrafen und die wenn auch zurückliegenden Einträge im Stra.fregister ist Felder eines Gnadenaktes gänzlich unwürdig. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes entschieden die Gesuchsabweisung, wobei es sich rechtfertigt, eine Frist von 8 Jahren im Sinne von Artikel 295, Absatz 8, StGB, anzusetzen, innerhalb welcher Felder sein Gesuch nicht erneuern darf.

254 104. Paul Thomann, 1891, Landwirt, Commugny (Waadt), verurteilt wie folgt: Am 11. Juli 1947 vom 10. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 600 Busse, weil er sich im Jahre 1941 weigerte, die vorgeschriebenen Produktionskontrollen für Milch, Butter und Käse zu führen, 2024 kg Käse an eine, wie ihm bekannt war, zu Bezügen ab Produzent nicht zugelassenen Käsefirma lieferte und weil er in den Jahren 1942-1946 seinen Betrieb ohne die erforderliche Bewilligung von der Milchproduktion auf die Aufzucht von Jungtieren umstellte. Vom Gericht wurde ferner ein Verwertungserlös aus beschlagnahmtem Käse im Betrage von Fr. 1000 als Deckung von Busse und Kosten eingezogen, in Unkenntnis darüber, dass diese Summe bereits einige Monate vorher an den Verurteilten zurückerstattet worden war. -- Ferner am 4. Juni 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 8000 Busse, weil er in den Jahren 1942-1947 der vorgeschriebenen Eapportpflicht nicht nachgekommen ist, grosse Mengen Käse der Ablieferungspflicht entzogen hat, um sie zu übersetzten Preisen an nicht zum Bezüge ermächtigte Händler zu verkaufen und weil er ohne Bewilligung grosse Mengen Milch verfüttert hat. -- An die Busse wurde bisher nichts bezahlt.

Thomann ersucht um Erlass der sich aus den beiden oben erwähnten Urteilen ergebenden Verpflichtungen sowie jener aus zwei weiteren wegen Teilnahme an den Milchstreiken der Jahre 1945 und 1947 gegen ihn ergangenen Strafentscheiden. In langen Ausführungen schildert er die den Urteilen vorangegangenen Auseinandersetzungen mit den für die Milchbewirtschaftung zuständigen Behörden und Organisationen. Er macht ferner geltend, er könnte wohl heute die Busse ohne weiteres bezahlen, wenn er seinerzeit, wie so viele andere, seine Milch im Schwarzhandel abgesetzt und entsprechende Gewinne gemacht hätte. Das habe ihm aber nicht vorgeworfen werden können. Er habe nicht aus Gewinnsucht gehandelt, sondern um sich die Unabhängigkeit zu wahren. In den letzten Jahren habe sich seine finanzielle .Lage spürbar verschlechtert.

Was die wegen Teilnahme an den Milchstreiken ergangenen Urteile anbetrifft, so sind jene Bussen mitsamt den Kosten im März 1951 bezahlt worden.

Eine Begnadigung mit Bezug auf vollstreckte Strafen ist nicht möglich. Nicht einzutreten ist
ferner auf das Gesuch, soweit es sich auf noch geschuldete Verfahrenskosten bezieht, die keine Strafen darstellen und deshalb im Wege der Begnadigung nicht erlassen werden können. Des weiteren können nicht gehört werden alle jene Vorbringen, die sich auf Tatfragen beziehen, da die Überprüfung rechtskräftiger Urteile im Wege der Begnadigung nicht möglich ist.

Den Urteilserwägungen ist zu entnehmen, dass Thomann einen grossen Landwirtschaftsbetrieb in Commugny bewirtschaftet. Seit 1932 gehöre er keiner dem regionalen Milchverband angeschlossenen Milchgenossenschaft mehr an. Er wünsche mit diesen Organisationen, mit deren Zielen er nicht einig gehe, keine Verbindung zu haben. Die Milch und die in seinem Betrieb erzeugten Milchprodukte wolle er nur an verbandsfreie Händler abgeben. Es entstanden

255 ihm dadurch nicht nur Schwierigkeiten, die sich auf lange Sicht in finanzieller Hinsicht nachteilig auswirkten, sondern er kam dadurch auch mit den kriegswirtschaftlichen Vorschriften in Konflikt. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat eich hiezu in seinen Erwägungen zum Urteil vom 4. Juni 1949 dahingehend ausgesprochen, die durchwegs vorsätzlich begangenen Widerhandlungen seien von einem renitenten Bürger begangen worden, der keine Gelegenheit vorübergehen liess, den Behörden Widerstand zu leisten und deren Anordnungen zuwiderzuhandeln. Er habe sich dabei auch von gewinnsüchtigen Überlegungen leiten lassen. Die vorgeschriebenen Ablieferungen seien ihm zuwider gewesen, weil er sich dabei mit den offiziellen Preisen habe begnügen müssen, Thomann habe sich während des ganzen Krieges gegen die Behörden aufgelehnt, und auch frühere Strafen hätten ihn nicht dahin zu bringen vermocht, sich den geltenden Vorschriften zu unterziehen.

Wenn Thomann durch sein Verhalten finanziell geschädigt worden ist, so hat er sich dies selbst zuzuschreiben. Er hat sich aber auch eines Gnadenaktes unwürdig gemacht. Da ihm überdies heute noch jede Sühnebereitschaft gänzlich abgeht, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements die Gesuchsabweisung. Gleichzeitig rechtfertigt sich die Ansetzung einer Sperrfrist von 8 Jahren im Sinne von Artikel 395, Absatz 8, des Strafgesetzbuches.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 16. Mai 1951.

178

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Für den Bundespräsidenten: Etter Der Vizekanzler: Ch. Oser

256

Anhang Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche Zollvergehen Bartolomeo Campana, 1911, Maurer, Curtina di Colla (Tessin), Ines Campana, 1915, Hausfrau, Curtina di Colla, Viktor Grolimund, 1924, Vertreter, Genf, William Willemin, 1913, Bijoutier, La Chaux-de-Fonds (Neuenburg), Candido Tonacini, 1909, Chauffeur, Comologno (Tessin), Pierre Nallet, 1891, Wirt, Genf, Francis Turin, 1914, Vertreter, Monthey (Wallis), René Turin, 1918, Vertreter, Collombey-Muraz (Wallis), Heinrich Messmer, 1900, Chauffeur, Zürich, Henri Farquet, 1909, Mechaniker, Orsières (Wallis), Willi Menden, 1980, deutscher Staatsangehöriger, kaufmännischer Angestellter, Tiengen (Deutschland).

Alkoholgesetz 83. Jean Mühlematter, 1897, Kaufmann, Cortaillod (Neuenburg),

72.

73.

74.

75.

76.

77.

78.

79.

80.

81.

82.

Sicherstellung der Landesversorgung mit Brennstoffen 84. Hans Esslinger, 1892, Holzhändler, Zürich, 85. Karl Gattiker, 1911, Bücherrevisor, Zürich.

86.

87.

88.

89.

90.

91.

92.

Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung Franz Bühler, 1913, Kaufmann, Weggis (Luzern), Robert Hagmann, 1917, Beisender, Dulliken (Solothurn), Wilhelm Martin, 1892, Gemüsehändler, Basel, Karl Wahl, 1915, Kaufmann, Zürich, Vincent Audriaz, 1906, Zeitungsverkäufer, Freiburg, Alois Meyer, 1898, Landwirt, Romoos (Luzern), Carolina Saladin, 1898, Hausfrau, Cassarate Castagnola (Tessin).

Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln 98. Jean Hulliger, 1912, Metzger, Genf, 94. Robert Felder, 1894, Käser, Ruswil (Luzern), 95. Hans Hilti, 1901, liechtensteinischer Staatsangehöriger, Metzger, Schaan (Fürstentum Liechtenstein), 96. Adolf Beck, 1900, Bäckermeister, Basel, 97. Friedrich Jost, 1899, Metzger, Genf, 98. Hans Peter, 1897, Käser, Hildisrieden (Luzern), 99. Arnold Stähelin, 1910, Käser und Vertreter, Zürich, 100. Jules Schneider, 1900, Metzger, Winterthur (Zürich), 101. Charles Pfammater, 1916, Händler, Luzern, 102. Walter Leuenberger, 1916, Landwirt, Courfaivre (Bern), 103. Peter Felder, 1894, Metzger, Landwirt und Viehhändler, Escholzmatt (Luzern), 104. Paul Thomann, 1891, Landwirt, Commugny (Waadt).

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II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1951) (Vom 16. Mai 1951)

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1951

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