10.011 Botschaft über die Genehmigung des Übereinkommens über das Europäische Forstinstitut (EFI) vom 13. Januar 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Übereinkommens über das Europäische Forstinstitut vom 28. August 2003 mit Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

13. Januar 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-2421

333

Übersicht Das Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut (EFI) bezweckt, Waldforschung auf gesamteuropäischer Ebene zu betreiben. Die Forschung hat zum Ziel, den Schutz der Wälder und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu fördern; sie beschäftigt sich mit der Waldpolitik, mit Waldökologie und ­schutz und auch mit der ökonomischen Nachfrage und der multifunktionellen Nutzung von Waldprodukten und Dienstleistungen. Das Institut befasst sich u.a. mit der Stärkung der Innovationsfähigkeit und Konkurrenzfähigkeit im Forst- und Holzsektor. Es ist eine wesentliche Drehscheibe zum Aufbau eines Forschungsverbundes in Europa.

Die Schweizer Forschung ist durch laufende wissenschaftliche Projekte beteiligt und ist Partner eines Regionalbüros des EFI. Eine Mitgliedschaft der Schweiz stärkt die Position der Schweizer Waldforschung im Rahmen der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem EFI. Sie ermöglicht zudem der Schweiz, im Sinne der internationalen waldpolitischen Interessen der Schweiz direkt auf die Tätigkeit des EFI Einfluss zu nehmen. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Forschungsschwerpunkte des EFI im Politik- und Wirtschaftsbereich liegen.

Die Schweiz hat das Übereinkommen am 26. November 2003 unterzeichnet. Mit einer Ratifizierung wird die Schweiz Mitglied und hat damit direkten Zugang zum Rat des EFI, der die Strategien und Forschungsschwerpunkte festlegt.

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Botschaft 1

Grundzüge des Übereinkommens

1.1

Ausgangslage

Das Europäische Forstinstitut (EFI) ist ein Forschungsinstitut mit Sitz in Joensuu, Finnland. Das Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut etabliert das EFI als internationale Organisation und ist erstmals am 28. August 2003 zur Unterzeichnung aufgelegt worden. Das Übereinkommen ist am 4. September 2005 in Kraft getreten. 21 europäische Länder haben das Übereinkommen bisher ratifiziert. Die Schweiz hat das Übereinkommen am 26. November 2003 unterzeichnet1. Den Geltungsbereich zeigt die folgende Tabelle 1.

Tabelle 1 Geltungsbereich des Übereinkommens über das EFI (Stand 14. Juli 2009) Vertragsstaat

Unterschrift

Ratifikation

Inkrafttreten

Österreich Bulgarien Deutschland Dänemark Finnland Frankreich Griechenland Italien Kroatien Lettland Luxemburg Niederlande Norwegen Portugal Polen Rumänien Schweden Schweiz Serbien Slowenien Spanien Tschechische Republik Türkei Vereinigtes Königreich

28.08.2003 28.08.2003 28.08.2003 28.08.2003 28.08.2003 28.08.2003 27.11.2003 28.08.2003

14.09.2005 12.12.2005 09.03.2005 05.02.2004 24.05.2004

06.07.2005 19.01.2005

13.11.2005 10.02.2006 04.09.2005 04.09.2005 04.09.2005 (im Prozess) in Kraft 04.07.2009 04.09.2005 in Kraft in Kraft 07.01.2008 04.09.2005 17.03.2007 in Kraft 04.09.2005 04.09.2005

05.04.2006 01.07.2005 18.07.2007 03.10.2006 16.11.2007

04.06.2006 04.09.2005 16.09.2007 02.12.2006 15.01.2008

1

29.05.2007 07.10.2003 10.09.2003 28.08.2003 04.11.2003 26.11.2003 28.08.2003 26.11.2003 27.11.2003 25.11.2003 28.08.2003 28.08.2003 28.08.2003

05.05.2009 15.04.2004 28.07.2007 08.11.2007 09.10.2003 16.01.2007

http://www.efi.int/portal/about_efi/organisation/convention___hca/

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1.2

Inhalt und Ziele des Übereinkommens

Das EFI hat Netzwerk- und Koordinationscharakter für die Waldforschung in Europa und ist an vielen internationalen Projekten beteiligt oder federführend.

Diverse Themenblöcke des EFI sind in andere europäische Forschungsanstalten ausgelagert (Regionalbüros und regionale Projektzentren). Insgesamt sind 125 Mitgliederorganisationen aus 36 Ländern im EFI integriert. Sie setzen sich zusammen aus Forschung und Wissenschaft, Industrie, Waldeigentümerverbänden, und internationalen waldrelevanten Organisationen. Diese Vielfältigkeit der Mitgliedschaft ist von grösstem Vorteil, um multi-disziplinäre Konsortien für Forschungsvorhaben und Projekte zu bilden.

Thematisch arbeitet das EFI schwerpunktmässig zu folgenden Aufgabenstellungen: Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald und Anpassungsstrategien, Aspekte der Gouvernanz im Waldsektor, Indikatoren für nachhaltige Waldbewirtschaftung, Wertschöpfung von Waldprodukten und -dienstleistungen sowie Datenauswertungen zu den europäischen Waldressourcen. Diese Prioritäten decken sich weitgehend mit den Schwerpunkten der Schweiz in der nationalen und internationalen Waldpolitik.

Das Übereinkommen umreisst Zweck und Funktion des EFI, regelt die Rollen der Vertragsparteien des Übereinkommens (Mitglieder), der Forschungsinstitute aus europäischen (assoziierte Mitglieder) und aus nicht-europäischen Staaten (angeschlossene Mitglieder). Die Organe umfassen die Delegiertenversammlung der Mitgliedstaaten (Rat), die Versammlung der Repräsentanten der assoziierten und angeschlossenen Mitglieder (Konferenz), einen Ausschuss aus acht ad personam gewählten Mitgliedern (Vorstand) und das Sekretariat, welchem der Direktor des Instituts vorsteht. Geregelt werden ferner die Finanzen, der rechtliche Status, Privilegien und Immunitäten des EFI sowie die Streitbeilegung. Das Übereinkommen ermöglicht es den Mitgliedsstaaten, auf die Tätigkeit des EFI Einfluss zu nehmen.

Änderungen der Konvention können vom Rat beschlossen werden und bedürfen für das Inkrafttreten der Annahme aller anwesenden Vertragsparteien.

1.3

Interessenlage der Schweiz

Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf und die ETH Zürich sind seit Jahren assoziierte Mitglieder des EFI. Sie haben sich, zusammen mit vier Forschungsanstalten aus Frankreich und Deutschland, erfolgreich für den Betrieb eines EFI-Regionalbüros mit dem Namen EFICENT beworben. Die zu erwartenden Synergien in Forschung und Verbreitung von Resultaten werden einen bedeutenden Mehrwert für die Waldwissenschaft erzeugen und bedeuten eine Stärkung des Wald- und Holzsektors in der Schweiz.

Eine Mitgliedschaft der Schweiz beim Übereinkommen über das EFI stärkt die Position der WSL und der ETH im Rahmen der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem EFI. Sie ermöglicht zudem der Schweiz, im Sinne der nationalen und internationalen waldpolitischen Interessen der Schweiz direkt auf die Tätigkeit des EFI Einfluss zu nehmen Dies ist insofern von Bedeutung, als die Forschungsschwerpunkte des EFI im Politik- und Wirtschaftsbereich liegen.

336

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Übereinkommens

Zur Präambel In der Präambel wird auf globale und paneuropäische Abkommen und Prozesse mit Waldbezug verwiesen, die beim vorliegenden Übereinkommen berücksichtigt werden. Der Nutzen einer Einbettung von Forstwirtschaft und Waldforschung in einen internationalen Rahmen wird betont sowie der Vorteil einer Zusammenarbeit der Forstwirtschaft und Waldforschung auf internationaler Grundlage hervorgehoben.

Art. 1

Das Institut

An erster Stelle wird die förmliche Errichtung des EFI proklamiert und dessen Sitz in Joensuu, Finnland, festgelegt.

Art. 2

Zweck und Funktion

Zweck und Funktion des EFI ist die Waldforschung auf gesamteuropäischer Ebene.

Das Institut unternimmt selbst oder beteiligt sich an Forschungsprojekten im Bereich Waldpolitik und Waldökologie, multifunktionale Waldnutzung, Forstschutz, Nachfrage nach und Potenzial von Holz- und Nichtholzprodukten sowie Walddienstleistungen mit dem Ziel, den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in Europa zu fördern.

Art. 3

Informationen

Die Vertragsparteien verpflichten sich, dem EFI auf dessen Wunsch spezifische, den Wald betreffende Informationen in angemessenem Umfang zur Verfügung zu stellen; das Institut bemüht sich bei der Informationsbeschaffung um Koordination mit anderen internationalen Foren und deren Datensammlungen.

Art. 4

Mitgliedschaft

Die Vertragsparteien sind Mitglieder des Instituts. Forschungsinstitute, Bildungseinrichtungen, gewerbliche Organisationen, Forstbehörden, nichtstaatliche Organisationen und ähnliche Einrichtungen aus europäischen Staaten werden als «assoziierte» Mitglieder bezeichnet. Institutionen aus nichteuropäischen Ländern können «angeschlossene» Mitglieder des Instituts werden.

Art. 5­9

Organe

Diese Artikel beschreiben die Zusammensetzung, die Sitzungsmodalitäten und die Aufgaben der Organe des Instituts. Die Organe sind der Rat, die Konferenz, der Vorstand und das Sekretariat (Art. 5).

Der Rat (Art. 6) besteht aus Vertretern der Mitglieder (Vertragsparteien) und tritt alle drei Jahre zu einer ordentlichen Tagung zusammen. Der Rat ernennt Vorstandsmitglieder, stimmt der Ernennung des Direktors zu, bestimmt den politischen Rahmen für die Arbeit des Instituts, fasst Beschlüsse zu allgemeinen Themen technischer, finanzieller oder verwaltungstechnischer Art, genehmigt mit einfacher

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Mehrheit die erforderlichen Leitlinien zur Arbeitsweise des Instituts und seiner Organe und genehmigt und ändert mit einfacher Mehrheit seine Geschäftsordnung.

Die Konferenz (Art. 7) besteht aus Vertretern der assoziierten Mitglieder; sie tritt einmal jährlich zu einer Plenartagung zusammen und fasst Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Die angeschlossenen Mitglieder können an den jährlichen Plenartagungen der Konferenz teilnehmen. Die Konferenz hat unter anderem die Aufgabe, die Mitglieder des Vorstands zu ernennen, die Mitgliedsbeiträge für die assoziierten und die angeschlossenen Mitglieder festzulegen, Empfehlungen für Tätigkeiten im Hinblick auf die Erfüllung der Zwecke des Instituts zu unterbreiten, die geprüften Finanzberichte zu genehmigen, den vom Vorstand vorgelegten Arbeitsplan für das folgende Jahr zu genehmigen, den Jahresbericht über die Tätigkeiten des Instituts zu prüfen und zu beschliessen sowie ihre Geschäftsordnung zu genehmigen und zu ändern.

Der Vorstand (Art. 8) besteht aus acht im Tätigkeitsbereich des Instituts nachweislich sachkundigen Personen, wobei vier Mitglieder des Vorstands vom Rat und vier Mitglieder von der Konferenz ernannt werden. Der Vorstand hat u. a. die Aufgabe, das Verwaltungs- und Forschungsprogramm des Instituts zu erstellen und fortlaufend zu überprüfen, den Haushalt und die Rechnungslegung zu genehmigen; der Vorstand hat ferner vorbehaltlich der Zustimmung durch den Rat den Direktor zu ernennen, die Aufnahme und den Ausschluss assoziierter und angeschlossener Mitglieder zu genehmigen und dem Rat und der Konferenz Bericht zu erstatten.

Das Sekretariat (Art. 9) wird vom Direktor geleitet und besteht aus dem Institutspersonal.

Art. 10

Finanzielle Mittel

Die Finanzierung des Instituts erfolgt durch Mitgliedsbeiträge von den assoziierten und angeschlossenen Mitgliedern und Beiträgen sonstiger Quellen. Den Vertragsstaaten als Mitglieder ist es freigestellt, Beiträge an die Arbeit des Instituts zu leisten; für sie besteht keine finanzielle Beitragspflicht.

Art. 11 und 12

Haushaltführung, Rechtsstatus

Diese Artikel regeln die Haushaltsgebarung und die Rechte des Instituts. Haushalt und Rechnungslegung des Instituts werden auf Vorschlag des Direktors vom Rat mit einfacher Mehrheit genehmigt (Art. 11). Das Institut besitzt Rechtspersönlichkeit nach internationalem und nationalem Recht, wobei die Vorrechte und Immunitäten, die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendig sind, zwischen dem Institut und der Regierung von Finnland festgelegt werden (Art. 12).

Art. 13­19

übrige Bestimmungen

Für die Beilegung allfälliger Streitigkeiten wird, subsidiär zu Verhandlungen und zur Beanspruchung der guten Dienste des Vorstands, ein einvernehmliches Schiedsverfahren nach der fakultativen Schiedsordnung des Ständigen Schiedshofs vorgesehen (Art. 13). Für den Wechsel des Europäischen Forstinstituts vom Verein finnischen Rechts zu einer internationalen Organisation enthält das Übereinkommen Übergangsbestimmungen (Art. 16).

338

Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Staaten und die Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die es unterzeichnet haben; die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden bei der Regierung von Finnland hinterlegt, die Verwahrer dieses Übereinkommens ist (Art. 14 Ziff. 2). Beitreten können alle europäischen Staaten, denen die Mitgliedschaft in der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa offensteht (Art. 14 Ziff. 3 und 4). Das Übereinkommen kann durch einstimmigen Beschluss der bei einer Ratssitzung anwesenden Mitglieder oder durch ein schriftliches Verfahren geändert werden (Art. 17 Ziff. 1). Eine Vertragspartei kann durch ein Rücktrittsschreiben an den Verwahrer von diesem Übereinkommen zurücktreten (Art. 18).

Das Übereinkommen trat am sechzigsten Tag nach Hinterlegung der achten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde, d.h. am 4. September 2005 in Kraft (Art. 15 Ziff. 1; vgl. Übersicht unter Ziff. 1.1 vorne). Es tritt ausser Kraft, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt nach seinem Inkrafttreten weniger als acht Vertragsparteien verbleiben (Art. 19).

3

Auswirkungen

Das Übereinkommen hat keine Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden. Die Schweiz wird einen freiwilligen Jahresbeitrag von CHF 5000 leisten; diese Ausgaben sind durch das laufende Budget gedeckt. Die Vertretung der Schweiz wird durch das BAFU oder die Botschaft vor Ort sichergestellt; zusätzliches Personal ist nicht erforderlich.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage wird in der Legislaturplanung 2007­2011 nicht ausdrücklich aufgeführt. Sie entspricht aber dem Inhalt von Leitlinie 5: Die Stellung der Schweiz in einer vernetzten Welt festigen (BBl 2008 8543).

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Gemäss Artikel 54 Absatz 1 BV sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

5.2

Referendum

Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2), oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung 339

den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Das EFI ist gemäss Artikel 1 des Übereinkommens eine internationale Organisation. Das Institut beruht auf einem völkerrechtlichen Vertrag, seine Mitglieder sind Staaten, es verfügt über eigene Organe mit eigner Beschlussbefugnis und es hat Völkerrechtspersönlichkeit. Der Bundesbeschluss untersteht somit dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 2 BV.

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