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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft (Vom 10. August 1951)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft mit der dazu gehörenden Botschaft zu unterbreiten.

I. Die konjunkturpolitische Zielsetzung der Vorlage Der zweite Zwischenbericht über Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung, den wir Ihnen am 12. Juni 1950 unterbreiteten, sprach sich über die Mittel und Möglichkeiten aus, die dem Staate zur Abwehr von Wirtschaftskrisen wie auch zur Eindämmung einer übersteigerten Beschäftigung offenstehen. Aus den damaligen Erörterungen ging hervor, dass der staatlichen Konjunkturbeeinflussung in unserem Lande recht enge Grenzen gezogen sind: verlangen doch unsere Vorfassungsgrundsätze und die Abneigung gegen einschneidende Staatsoingriffe Zurückhaltung bei konjunkturpolitischen Entschlüssen, die den Bahmen reiner Empfehlungen oder finanzieller Beihilfen sprengen. Auch die föderative Struktur unseres Staatswesens legt dem Bunde Schranken auf; überdies erschwert die Exportabhängigkeit unserer Industrie einen erfolgreichen Konjunkturausgleich im. nationalen Bereich. Trotz diesen Vorbehalten tat der Bundesrat erneut die Bereitschaft kund, Kriseneinbrüchen und Konjunkturübermarchungen so wirksam als möglich entgegenzutreten.

Darüber hinaus hebt der bundesrätliche Bericht mit Nachdruck hervor, dass die staatliche Konjunkturpolitik zumal in der Schweiz nur dann greifbare Ergebnisse zeitigen kann, wenn sie nicht allein von einigen Amtsstellen, sondern von der Gesamtheit aller Wirtschafts tätigen, von den Arbeitgebern wie

722 von den Arbeitnehmern, von den Produzenten wie von den Konsumenten getragen wird. Eine besondere Verantwortung für den reibungslosen Konjunkturablauf und die Erhaltung der Arbeitsmöglichkeiten fällt im Zeichen des freien Marktes natürlicherweise den privaten Unternehmungen zu. Darum sollte der Staat eigentlich nur dort eingreifen, wo die Eigenkräfte der Wirtschaft zur Aufrechterhaltung einer normalen und befriedigenden Beschäftigung nicht ausreichen. Um so erwünschter erscheint es aber, möglichst tragfähige, rechtliche .

und wirtschaftliche Voraussetzungen zu schaffen, die es der Privatwirtschaft in weiterem Umfange als heute erlauben würden, aus eigenem Antrieb und mit eigenen Mitteln auf einen besseren Konjunkturausgleich hinzuwirken. Die vorliegende Botschaft möchte nun einen gangbaren Weg zu diesem Ziele aufzeigen.

Seitdem die Wirtschaftswissenschaft den Konjunkturablauf beobachtet, gewahrt sie immer wieder, dass die Menschen allzu häufig das Gegenteil dessen tun, was ihr wohlverstandenes Eigeninteresse ihnen eigentlich gebietet. Setzt der wirtschaftliche Aufschwung ein, so ist, vom allgemeinen Optimismus getragen, fast jedermann geneigt, Aufträge zu erteilen, Anschaffungen vorzunehmen, mit einem Wort, mehr Geld auszugeben und solcherart zu einer Übersteigerung der Beschäftigung und einem verstärkten Kostenauftrieb beizutragen. Kehrt hingegen die Konjunkturentwicklung um, lässt die Beschäftigung nach und sinken die Preise, so beginnt teils aus Angst vor materiellen Einbussen, teils in der Erwartung weiterer Preissenkungen die grosse Mehrzahl der wirtschaftenden Bevölkerung Zurückhaltung bei Einkäufen und Bestellungen zu üben, wodurch die Wirtschaftstätigkeit noch mehr beeinträchtigt wird.

Nun wird natürlich jeder einzelne für sein Verhalten gute Gründe anführen: Er wird vor allem sagen, dass sein Einkommen sich im Zeichen des Aufschwunges vermehre, im Zeichen des Konjunkturrückganges dagegen die Gefahr einer Einkommensschrumpfung bestehe, weswegen sich ganz von selber eine Kürzung der Ausgaben ergebe. Der Unternehmer wird hinzufügen, dass eine Vermehrung der Ausgaben und Investitionen in Zeiten guter Konjunktur durch den gesteigerten Geschäftsverkehr bedingt sei, sie dränge sich überdies auch deswegen auf, weil durch Erhöhung der Unkosten und der Amortisationsquoten die bei wachsendem
Gewinn progressiv steigende Steuerbelastung auf eine durchaus erlaubte \ind legale Weise erleichtert werden könne. So verständlich solche Argumentationen klingen, laufen sie doch offensichtlich den Erfordernissen einer möglichst reibungslosen Konjunkturgestaltung zuwider. Wer den Anforderungen des Beschäftigungsausgleiches Genüge tun wollte, müsste während der Dauer des Wirtschaftsaufschwunges aufschiebbare Mehraufwendungen nach Möglichkeit vermeiden; die solcherart eingesparten Mittel aber sollten auf die Seite gelegt und erst im Zeichen der Konjunkturrückbildung für Anschaffungen und Aufträge verwendet werden. Allzu heftige Ausschläge nach unten wie nach oben liessen sich auf diese Weise zweifellos vermeiden;, der Vorteil für den einzelnen aber läge (ganz abgesehen davon, dass jeder Erwerbstätige an einem störungsfreien Konjunkturablauf auf längere Sicht seiher

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interessiert ißt) nicht zuletzt auch darin, dass er seinen Bedarf in Zeiten rückläufigen Geschäftsganges zu günstigeren Bedingungen befriedigen kann.

Nun besteht freilich keine sehr grosse Aussicht, die breite Masse der Konsumenten zu jenem konjunkturgerechten Verhalten zu veranlassen, das durch eine freiwillige Verschiebung vermeidbarer Anschaffungen und Aufträge von der Zeit des Konjunkturaufschwunges in die des Konjunkturrückganges gekennzeichnet wird. Aber es sind nicht allein die letzten Verbraucher, die durch vermehrte Kauflust in der Aufschwungs- und durch übermässige Zurückhaltung in der Eückbildungsperiode die Konjunkturausschläge übersteigern; in der gleichen Weise pflegen die Unternehmungen des Handels, der Industrie und des Gewerbes wie auch viele öffentliche Verwaltungen und Betriebe ihre Aufwendungen und Investitionen ausgerechnet in jener Zeit zu erhöhen, wo die wachsende Nachfrage ohnehin sämtliche irgend verfügbaren Arbeitskräfte voll beansprucht und die Produktionskosten wie die Preise emportreibt.

Durch verschiedene verwaltungsinterne Anweisungen hat der Bundesrat die einzelnen Bundesverwaltungen wie auch die Regiebetriebe des Bundes in den letzten Jahren zu einer konjunkturpolitisch zweckmässigeren Verteilung ihrer Aufträge und Aufwendungen angehalten; auch hat er die Kantonsregierungen in mehreren Kreisschreiben zu einem ähnlichen Vorgehen aufgefordert, und tatsächlich sind seitens der Kantone und Gemeinden mancherlei Vorkehrungen zugunsten eines besseren Beschäftigungsausgleiches getroffen worden.

Heute handelt es sich darum, geeignete Massnahmen ausfindig zu machen, durch die die private Wirtschaft ohne Antastung der Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortung des Unternehmers angespornt und aufgemuntert werden könnte, zur Zeit des Konjunkturauftriebs ebenfalls Zurückhaltung zu üben und aufschiebbare Arbeiten, Anschaffungen und Investitionen erst nach erfolgter Konjunkturumkehr vorzunehmen.

Die Dringlichkeit solcher Schritte lässt sich aus der Wirtschaftsentwicklung des letzten Jahres unschwer ableiten. Nachdem der Beschäftigungsrückgang bereits zu Beginn des Jahres 1950 im wesentlichen zum Stehen gekommen war, verliehen der Ausbruch des fernöstlichen Konflikts und die weltweite Aufrüstung der Konjunktur einen erneuten Auftrieb. Die Preise fast aller Welthandelswaren
erhöhten sich sprunghaft; Mangelerscheinungen bei den entscheidenden Rüstungsrohstoffen führten auf den internationalen Märkten zu allerlei Engpässen, die die Teuerung verschärften. Wenn es bis anhin gelang, die Gestaltung der Lebenskosten in unserem Lande diesen auswärtigen Einflüssen einigermassen zu entziehen, so heisst das doch keineswegs, dass die Schweiz vor inflatorischen Übersteigerungen gefeit wäre. Schon heute besteht kaum ein Zweifel, dass die Wirtschaft -- ähnlich wie in den Jahren 1946 bis 1948 -- unter dem Eindruck erhöhter Erträgnisse zu vermehrten Anschaffungen, Aufwendungen und Investitionen schreitet, die das Produktionspotential aufs äusserste anspannen, die Knappheit an Arbeitskräften verschärfen und den Auftrieb der Kosten und Preise beschleunigen.

724 Solchen Tendenzen, die letzten Endes in einer allgemeinen Geldentwertung münden müssten, gilt es beizeiten und mit grösstem Nachdruck entgegenzutreten. Gegenwärtig geniesst unser Land den Vorzug, dass die Preiserhöhungen und die Steigerung dos Lebenskostenindex seit Beginn des fernöstlichen Konfliktes weniger ausgeprägt erscheinen als in den ineisten Staaten, mit denen wir im Wettbewerb um den Absatz unserer Erzeugnisse stehen. Diese Entwicklung dürfen wir als eine recht glückliche Fügung betrachten: Denn sie mindert den Konkurrenznachteil, den die Schweiz infolge ihres vorhältnismässig hohen Kosten- und Preisniveaus bisher meist in Kauf nehmen musste.

Im Hinblick auf die Erhaltung der Export- und Beschäftigungsmöglichkeiten für den Fall eines Konjunkturumschwunges läge es im Interesse der gesamten Wirtschaft und aller Erwerbstätigen, die Lebenshaltungs- und Produktionskosten in unserem Lande auch künftighin möglichst wenig ansteigen zu lassen, Doch kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn öffentliche Hand und private Wirtschaft in solidarischer Zusammenarbeit eine Übersteigerung der Konjunktur zu vermeiden suchen. Da das konjunkturgerechte Verhalten privater Unternehmungen heute durch allerlei betriebsökonomische und steuertechnische Erwägungen erschwert wird, erscheint es dringend notwendig, nach Mitteln und Wegen zu suchen, die es der Wirtschaft gestatten, sich den allgemein als erstrebenswert erachteten konjunkturpolitischen Zielsetzungen einzuordnen.

II. Arbeitsbeschaîfungsreserven der privaten Wirtschaft als Mittel zum Konjunkturausgleich Im Ausland hat man mancherorts versucht, durch besondere Lenkungsmassnahmen, so zum Beispiel durch Investitionskontrollen, -beschränkungen und -verböte, den erwünschten Beschftftigungsausgleich in interventionistischer Weise zu erzwingen. Aber ganz abgesehen davon, dass die Ergebnisse solcher Massnahmen heute höchst umstritten sind, könnten derartige Eingriffe kaum in das Gefüge einer auf der Selbstverantwortung des Unternehmers beruhenden Wirtschaftsordnung eingebaut werden. Überdies fehlen dem .Bunde die verfassungsmässigen Befugnisse, in solcher Art auf das Wirtschaftsgeschehen einzuwirken; auch aus dem im Jahre 1947 von Volk und Ständen beschlossenen Artikel Sii"101!11168 lassen sich solche Kompetenzen nicht ableiten, da jener Artikel an den
Vorbehalt der Handels- und Gewerbefreiheit geknüpft ist. Bei allem Bestreben, durch Verlegung von Aufträgen und Arbeiten aus der Aufschwungs- in die Depressionszeit einen besseren Konjunkturausgleich herbeizuführen, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass für unsere schweizerischen Verhältnisse einzig solche konjunkturpolitischen Handhaben in Betracht gezogen werden dürfen, die auf vollkommener Freiwilligkeit beruhen und die Verantwortung des Unternehmers nicht beschränken.

Obgleich dem Bundesrate bis zum heutigen Tage einzig das Mittel der Empfehlungen und Ermahnungen zur Verfügung stand, um auf eine möglichst

725 konjunkturgerechte Verteilung der von der Wirtschaft ausgehenden Aufträge hinzuwirken, kann keineswegs gesagt werden, dass seine Batschläge ungehört verhallten. Weiter oben tönten wir bereits an, dass sich indessen sehr reale und nüchterne, kaufmännisch keineswegs unbegründete Überlegungen erkennen lassen, die es dem auf das Wohlergehen seines Betriebes bedachten Unternehmer erschweren oder gar verunmöglichen, aufschiebbare Aufträge und Arbeiten gemäss den oft wiederholten Eatschlägen und Empfehlungen aus der Aufschwungs- in die Depressionszeit zu verlegen. Denn man darf nicht ausser acht lassen, dass der Staat, der als Verantwortlicher für die Konjunkturund Wirtschaftspolitik von der Geschäftswelt in Zeiten der Vollbeschäftigung möglichste Zurückhaltung bei Investitionen und Bestellungen wünscht, die Geschäftsleute im Falle einer Erfüllung seiner Wünsche als Steuereinzieher benachteiligt, so dass zahlreiche Betriebsinhaber die Befolgung jener Ratschläge ablehnen müssen, obgleich sie an sich durchaus geneigt wären, ihnen nachzuleben.

Die fiskalische Behinderung konjunkturgerechten Verhaltens von Unternehmungen, die durch den wirtschaftlichen Aufschwung begünstigt werden, liegt im Wesen unserer Steuergesetzgebung begründet. Der Betriebsinhaber, der davon absieht, seine konjunkturbedingten Mehrerträge sogleich für Anschaffungen und Aufwendungen aller Art auszugeben, sondern sich dazu entschliesst, sie für Aufträge und Bestellungen in Zeiten rückläufiger Wirtschaftsentwicklung aufzusparen, ist gemäss Wehrsteuerrecht wie auch gemäss den Steuervorschriften der meisten Kantone genötigt, solche Eeserven als Beingewinn zu versteuern. Der Unternehmer dagegen, der den Mehrertrag laufend für Anschaffungen, Umbauten, Benovationen und andere Aufwendungen aufbraucht, kann seine abzugsfähigen Unkosten sowie die von den Fiskalbehörden anerkannte Abschreibungsquote erhöhen und so den steuerbaren Gewinn auf durchaus zulässige und legale Weise herabsetzen.

Der Zwiespalt des Betriobsinhabers, auf den von der einen Seite her wohlbegründete wirtschaftspolitische Appelle und Ermahnungen zu grösstmöglicher Zurückhaltung einhämmern und der von der andern Seite her fiskalische Mehrbelastungen erwarten muss, sofern er den behördlichen Empfehlungen Bechnung trägt, reicht um so tiefer, als in Jahren günstigen Geschäftsganges
und vermehrter Erträgnisse sich die Steuerprogression verstärkt auswirkt. Je grösser aber der Anteil ist, den der Fiskus von den gemäss den konjunkturpolitischen Ratschlägen angelegten Beserven einfordert, desto stärker wird begreiflicherweise der Anreiz, auf solche Bücklagen entgegen den behördlichen Empfehlungen zu verzichten und zum Zwecke der Steuereinsparung auch solche Arbeiten und Aufträge zu vergeben, die vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt hinausgeschoben werden könnten und vom volkswirtschaftlichen Standpunkt hinausgeschoben werde» sollten.

Wenn der Leiter einer Unternehmung vor dei Entscheidung darüber, ob er den Eatschlägen des Bundesrates, des Delegierten für Arbeitsbeschaffung und seines Verbandes Rechnung tragen soll, auch die steuerlichen Konsequen-

726 zen seines Entschlusses genau ins Auge fasst, so handelt er durchaus im Sinne der Sorgfaltspflichten, die er gegenüber der Unternehmung wahren muss. Und wenn mancher Unternehmer nach reiflicher Prüfung aller hetriebsökonomisohen Gründe und Gegengründe zum Ergebnis kommt, dass eine Verschiebung projektierter Arbeiten, Aufträge und Investierungen wegen der daraus erwachsenden fiskalischen Mehrbelastung nicht angezeigt erscheine, so wird man eine solche Haltung wohl bedauern, aber auch verstehen müssen. Angesichts des betriebswirtschaftlichen Vorteils der Steuererleichterung wird es daher kaum jemals gelingen, den Unternehmer, der nicht bloss der Gesaintwirtschaft, sondern weit mehr seinem Betrieb gegenüber Verantwortung trägt, durch Aufrufe und Eatschläge dazu zu bringen, einem klar erkennbaren ökonomischen Nutzen zuwiderzuhandeln und auf die sofortige Verwendung der Mehrerträgnisse zugunsten ihres späteren Einsatzes zu verzichten. Dass der Staat durch seine Steuerpolitik die Unternehmungen geradezu verleite, entgegen besserer Einsicht und Erkenntnis die Aufwendungen im Zeichen der Vollbeschäftigung weiter und weiter zu erhöhen und damit den Auftrieb der Preise und Kosten zu verschärfen, ist den Behörden auf ihre Vorhaltungen hin des öftern erwidert worden. Sowohl die Wirtschaftswissenschaft wie die wirtschaftliche Praxis forschen daher seit geraumer Zeit nach Mitteln und Wegen, den fiskalischen Nachteil auszugleichen, den die Unternehmungen heute gewärtigen müssen, wenn sie die Ermahnungen und Empfehlungen der Behörden beherzigen.

Die öffentlichen Verwaltungen und Betriebe befinden sich in einer andern Lage; sie brauchen keinerlei Mehrbelastungen zu gewärtigen, wenn sie während der Zeit des Aufschwunges Zurückhaltung üben und aufschiebbare Aufträge und Arbeiten erst vergeben, nachdem die Wirtschaftstätigkeit nachgelassen hat. Aber es würde den Erfordernissen eines befriedigenden Beschäftigungsausgleiches keineswegs genügen, wenn sich bloss die Öffentliche Hand an die erwähnten konjunkturpolitisohen Richtlinien und Eatschläge hielte, die privaten Unternehmungen hingegen in der Hochkonjunktur die notwendige Zurückhaltung vermissen Hessen. Im Interesse der Verhütung allzu heftiger Konjunkturschwankungen, inflationärer Übersteigerungen und nachfolgender empfindlicher Kriseneinbrüche scheint es
daher dringend geboten, das Problem einer Entschädigung privater Unternehmungen für die fiskalische Benachteiligung, die ihnen aus der Befolgung der konjunkturpolitisohen Empfehlungen und Ermahnungen erwächst, einer allgemeinen und grundsätzlichen Lösung e n t g e g e n z u f ü h r e n . Dass die gegenwärtige Wirtschaftsentwicklung, die alle Symptome einer überaus starken Anspannung zeigt und bereits heute die Preis- und Lohnstabilität stark gefährdet, die Bückstellung eines Teiles der konjunkturbedingten Mehrerträge besonders erwünscht erscheinen lässt, liegt auf der Hand.

Aber nicht bloss im Hinblick auf die heutigen konjunkturpolitischen Aspekte erweist es sich als unerlässlich, die Hindernisse, die dem allgemein erwünschten Konjunkturausgleioh entgegenstehen, zu beseitigen. Massnahmen,

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die eine merkliche Linderung wirtschaftlicher Depressionen genau so gewährleisten wie die Eindämmung ungesunden ökonomischen Überschwanges, empfehlen sich ebensosehr auf lange Sicht, Entscheidendes \vare gewonnen, wenn es gelänge, die private Wirtschaft durch geeignete Vorkehren dazu zu bewegen, einen Teil ihrer Mehrerträge in der heutigen wie in kommenden Konjunkturporioden einer besondern A r b e i t s b e s c h a f f u n g s r e s e r v e zuzuweisen, um in Zeiten der Konjunkturrückbildung, drohender Krise und Depression Aufträge, Anschaffungen und Investitionen finanzieren zu können. Gegenüber den herkömmlichen Mitteln der Konjunkturpolitik würden solche Rücklagen den Vorzug aufweisen, dass sie sowohl der Eindämmung der Überkonjunktur als auch der Wirtschaftsbelobung in Zeiten der Depression dienen.

Denn durch die Äufnung derartiger Eeserven während der Aufschwungsperiode wird Kaufkraft brachgelegt, die sonst die Nachfrage nach Investirons- und andern Gütern erhöhen und den konjunkturellen Auftrieb verstärken müsste ; umgekehrt wird durch den Einsatz solcher Mittel zur Zeit der Konjunkturrückbildung zusätzliche Kaufkraft in die Wirtschaft geleitet, auf diese Art und Weise die Nachfrage nach Waren aller Art angeregt und der Stand der Beschäftigung verbessert.

Ein weiterer Vorteil solcher Reservebildungon besteht darin, dass die Bereitstellung der finanziellen Mittel mit der Sicherung der Arbeitsmöglichkeiten weitgehend Hand in Hand läuft; die Arbeiten und Aufträge, die der Unternehmer unterlässt, während er seine betrieblichen Arbeitsbeschaffungsreserven äufnet, wird er zu einem grossen Teil vermutlich dann nachholen, wenn er in Zeiten rückläufiger Konjunktur dazu veranlasst werden kann, die während der Aufschwungsperiode zurückgelegten Mittel zu verwenden.

Hieraus ergibt sich ein dritter Vorteil des Beschäftigungsausgleiches mittels der Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft; die Arbeiten und Aufträge, die mit ihrer Hilfe zur Ausführung gelangen, fügen sich im wesentlichen der normalen Wirtschaftstätigkeit ein; sie unterscheiden sich in ihrer Art und Struktur kaum von den Aufträgen und Bestellungen, die von der Wirtschaft üblicherweise vergeben werden. Während die Arbeitsbeschaffung mittels öffentlicher Beihilfen hauptsächlich das Bauvolumen beeinflusst, die andern Erwerbszweige
aber nur mittelbar begünstigt, kommt die durch den Einsatz privater Arbeitsbeschaffungsreserven ausgelöste Auftrags- und Arbeitsvermehrung einer weit grösseron Zahl von Produzenten ganz unmittelbar zugute. Ob ein Mühlenbetrieb, eine Schokoladenfabrik oder eine Autogarage ihre technische Ausrüstung erneuern, ob ein elektrochemisches Werk seine Forschungsabteilung erweitert, ob eine Uhrenfabrik interne Eeparaturarbeiten durchführt, ob eine Wirkerei auf Lager produziert, ob eine Seidenweberei eine neue Musterkollektion schafft, ob ein Warenhaus seinen Bureaudienst reorganisiert oder ob sich einige Exporteure zusammenschliessen, um eine wirksame Bearbeitung der ausländischen Märkte zu organisieren -- sozusagen überall dürfte es in hohem Masse möglich werden, dank einem derartigen Einsatz privater Arbeitsbeschaffungsmittel Beschäftigungsgelegenheiten bereit-

728 zustellen, die den von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitern und Angestellten Arbeit und Verdienst in ihrem angestammten Beruf und in den meisten Fällen sogar an ihrem angestammten Arbeitsplatz sichern. So lassen sich die Nachteile einer häuptsächlich auf staatlichen Zuschüssen aufgebauten Krisenabwehr vermeiden -- einer Krisenabwehr, die vor allem die Bautätigkeit anregt und infolgedessen Arbeiter der verschiedensten Qualifikation nötigt, als Handlanger auf die Bauplätze zu gehen, um überhaupt Arbeit zu finden. Gerade dieser Umstand hat die bisherigen Anstrengungen der öffentlichen Hand, auf den Beschäftigungsstand durch Ausrichtung von Subventionen einzuwirken, zuweilen in keinem allzu günstigen Lichte erscheinen lassen. Umso eher wird man eine Massnahme wünschen müssen, die das Arbeitsvolumen der einzelnen Erwerbszweige durch zeitlich zweckmässigere Verteilung der Aufträge und Investitionen zu erhalten sucht und Notlösungen der obenerwähnten Art überflüssig machen möchte. Ganz offenkundig entspricht dio Äufnung von Arbeitsbeschaffungsreserven im Sinne der Gesetzesvorlage, die auf einen besseren Beschäftigungsausgleich hinzielt, nicht allein dem Interesse der Gesamtwirtscbaft, sondern in besonders hohem Masse den Bedürfnissen der Arbeiter und Angestellten.

in. Die Förderung der Reservebildung durch Ausgleich der Fiskalbelastung Bei einer Sichtung der Möglichkeiten, zu welchen man in unserer Wirtschaftsordnung greifen könnte, um die Wirtschaft zur Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven aus den Mehrerträgnissen günstiger Geschäftsjahre anzuspornen, inuss der Blick zuerst auf ein verhältnismässig einfaches und wenig umständliches Verfahren fallen: nämlich auf die Befreiung derjenigen Mehrerträge, die einer zweckgebundenen Arbeitsbeschaffungsreserve zugewiesen werden, von jenen Steuern und Abgaben, welche auf dem betreffenden Ertragsteil erhoben würden, wenn er als Gewinn ausgeschüttet oder einer allgemeinen Beserve zugewiesen worden wäre. Auf diese Weise liesse sich offenbar verhüten, dass diejenigen Unternehmungen, die den Batschlägen und Empfehlungen der Behörden nachleben und in Zeiten guter Konjunktur mit Ausgaben und Bestellungen möglichst zurückhalten, steuerlich schlechter gestellt werden als jene andern, die ungeachtet allei Ermahnungen aufschiebbare Aufträge und Investitionen im
konjunkturpolitisch ungünstigsten Zeitpunkt tätigen.

Der Gedanke, die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft durch Steuerbefreiungen zu fördern, wurde zum ersten Male im Jahre 1942 zur Diskussion gestellt ; doch schien die damalige Anspannung der Bundesfinanzen und die Ungewissheit der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung solchen Plänen und Projekten wenig förderlich. Stärkeren Anklang fand die Anregung, als nach Kriegsende ein neuer Wirtschaftsaufschwung einsetzte, der zu einer Übersteigerung der Beschäftigung und zu einem nicht unbedenklichen Auftrieb der Preise und Kosten führte. Der Delegierte für Arbeits-

729 beschaffung gelangte 'damals wiederholt mit dem Vorschlag an die Bundesbehörden, es möchte den Unternehmungen ermöglicht werden, durch Äufnung steuerfreier Reserven betriebliche Erneuerungen und Erweiterungen für die Zeit rückläufiger Konjunktur aufzusparen. Von Herrn Nationalrat Gressot wurde in der Soimnorsession 1947 im Hinblick auf die Gefahren der damaligen wirtschaftlichen Überbeanspruchung ein Postulat eingebracht, das dem Wunsche, aus den Erträgnissen günstiger Geschäftsjahre unter Zubilligung angemessener Steuervergünstigungen, Rücklagen zur Erhaltung der Arbeitsmöglichkeiten in Zeiten des Beschäftigungsmangels zu bilden, gleichfalls konkrete Gestalt verlieh. Aber der ganze Problemkreis war noch mit allzu vielen ungelösten Fragen, besonders solchen steuerrechtlicher und steuertechnischer Art, behaftet, als dass der Bundesrat bereits daran denken konnte, mit einer zweckdienlichen Vorlage vor die Eäte zu treten. Dagegen behandelte er in seinem Zwischenbericht über Massnahmen der Arbeitsbeschaffung vom 12. Juni 1950 die Frage der Einräumung steuerbegünstigter Eücklagen ziemlich ausführlich. Obgleich der Bundesrat keineswegs verschwieg, dass vor der Verwirklichung dieses Gedankens allerlei Hindernisse aus dem Wege geräumt werden müssten, stellte er in Aussicht, dass er zu gegebener Zeit die Initiative ergreifen und nach einer realisierbaren Lösiing suchen werde.

Wir haben weiter oben ausgeführt, weshalb .es angezeigt erschien, mit diesem Schritte nicht länger zuzuwarten : Ähnlich wie in den Jahren 1946 bis 1948 wächst unter dem Eindruck des Konjunkturaufschwunges weitherum die Neigung, alle erdenklichen Ausgaben, Bestellungen und Investitionen zutätigen, die im Interesse eines bessern Beschäftigungsausgleiches mit Vorteil auf einen spätem Zeitpunkt verschoben würden. Bereits im ersten Stadium der Vorarbeiten zu einer Vorlage über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft zeigte sich aber, dass der ursprüngliche Plan, der darauf hinauslief, die Mittel, die zur Zeit des Konjunkturaufsehwunges gemäss den gesetzlichen Vorschriften und Bichtlinien für die Zwecke späterer Arbeitsbeschaffung aufgespart würden, von .Anfang an von der eidgenössischen Wehrsteuer zu befreien, schwer überwindlichen Hindernissen begegnete. Denn zweifellos wäre eine solche Steuerbefreiung
einem E i n b r u c h in u n s e r b i s h e r i g e s S t e u e r s y s t e m gleichgekommen ; sie hätte nicht bloss eine Bevision des geltenden Wehrsteuerrechts vorausgesetzt, sondern unter Umständen zu allerlei unerwünschten Weiterungen geführt. Überdies würde die Methode der vorgängigen Befreiung des der Arbeitsbeschaffungsreserve zugewiesenen Gewinnanteils von den normalerweise auf ihm lastenden Steuern allerlei unliebsame Umtriebe mit sich bringen: Da die Befreiung an die Bedingung geknüpft wäre, die zurückgelegten Gelder im geeigneten, von den Behörden bezeichneten Zeitpunkt für Arbeitsbeschaffungs- und Krisenbekäinpfungszwecke einzusetzen, könnten die Steuerbehörden auf eine fortlaufende Überwachung solcher Bücklagen kaum verzichten; denn nur so gelänge es, deren sachgerechte Verwendung sicherzustellen und im Falle einer nicht sach- oder zeitgereohten Auflösung der Arbeitsbeschaffungsreserve die fällige Steuernachfordorung an

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den Unternehmer zu richten. Man kann mit Recht einwenden, dass die Kontrollfunktionen, mit denen der Fiskus im Falle der Steuerbefreiung von. Arbeitsbeschaffungsreserven ausgestattet werden müssto, eine Aufgabe und Belastung bedeuten, die nicht ihm, sondern den für die Konjunkturbeeinflussung verantwortlichen Organen obliegen sollte. Es musste deshalb auf einem anderen Wege versucht werden, die Bildung von Arbeitsbescbaffungsreserven zu fördern, der die Steuergesetzgebung und die Steuerveranlagung nicht berührt, das Hauptgewicht dagegen auf die wirtschafts- und konjunkturpolitische Seite der Eeservenäufnung und -Verwendung legt.

Diese Lösung wurde nach eingehenden Beratungen und Eücksprachen mit der Wirtschaft in der Weise gefunden, dass das Verfahren der Steuerbefreiung gewissermassen umgekehrt worden ist. Die in Konjunkturzeiten als Krisenreserve eingesparten und zurückgelegten Erträgnisse sind normal zu versteuern.

Dafür soll den Unternehmungen, die solche Eeserven anlegen, die auf der Einlage in die Eeserve entrichtete Wehrsteuer vergütet werden, sofern sie in Zeiten der Arbeitslosigkeit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen treffen.

Die Wirtschaft hätte -- nicht zuletzt aus psychologischen Gründen -- dem System der Steuerbefreiung zweifellos den Voizug gegeben. Aber sie konnte sich den Bedenken dos Fiskus auch ihrerseits nicht ganz verschliessen, Daher haben die Wirtschaftsverbände nach eingehender Konsultation ihrer Mitglieder dem neuen Vorgehen zugestimmt; sie Hessen sich dabei von der Feststellung leiten, dass beide Verfahren, dasjenige der Steuerbefreiung wie dasjenige einer Vergütung des Steuerbetreffnisses, für den Unternehmer materiell im Endergebnis keine wesentlichen Unterschiede aufweisen. Zudem konnte man sich in der Wirtschaft dem Eindruck nicht verschliessen, dass das Vergütungssystem gegenüber dem Verfahren der Steuerbefreiung auch für den Unternehmer gewisse Vorteile aufweist. Indem der Unternehmer für die Arbeitsbeschaffungsreserven vorerst seine Verpflichtungen gegenüber dem Fiskus erfüllt, schafft er eine klare Situation: Er braucht namentlich keine fiskalischen Nachforschungen nach dem Verbleib der Eeserven zu gewärtigen, noch riskiert er eine Steuernaohforderung, sofern er aus irgendwelchen Gründen genötigt sein sollte, die Eeserve vorzeitig aufzulösen oder anderweitig zu verwenden;
denn eine solche Entfremdung der Krisenreserve ist mit keinem andern Nachteil verbunden, als dass der Unternehmer den Vergütungsanspruch einbüsst, den er bei zeit- und sachgerechtem Einsatz der Eeserve hätte geltend machen können.

Nun ist freilich in den Kreisen der Wirtschaft die Befürchtung aufgetaucht, dass das vorgesehene Vergütungssystem letzten Endes als eine Subventionierung derjenigen Unternehmungen gedeutet werden könnte, die nach der Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmassnahmen ihren Vergütungsanspruch geltend machen. Würde eine solche Auslegung um sich greifen, so wäre sie zweifellos geeignet, manche Unternehmungen, die von öffentlichen Beihilfen frei bleiben möchten, von der Aufnung von Arbeitsbeschaffungsreserven abzuhalten, Aber diese Ansicht, dass die Vergütung des auf der Arbeitsbesehaffungsreserve ent-

731 richteten Steuerbetreffnisses einer verkappten Subvention gleichkäme, ist nicht zutreffend. Der Unternehmer, der nichtdringüche Aufträge, Arbeiten und Investitionen auf die Zeit der Konjunkturrückbildung verschiebt, wird nicht subventionsbedürftig; wohl aber erleidet er, da er die Eeserve voll versteuern muss, eine Mehrbelastung, die er einigermassen hätte umgehen können, wenn er die ihm im Zeichen der Hochkonjunktur zuströmenden Mehreinnahmen laufend für seinen Betrieb verwendet hätte. Die vorgesehene Vergütung bildet somit nichts anderes als einen Ausgleich für die bei der Bildung der Arbeitsbeschaffungsreserve entstandene Fiskalbelastung, der es den Unternehmungen ermöglichen soll, sich an die konjunkturpolitischen Empfehlungen und Batschläge der Behörden zu halten.

Diese Kompensation wird überdies den Unternehmungen nur unter Bedingungen zuteil, die für sie in mancher Beziehung recht nachteilig sind. So müssen jene Betriebe, die mit Investierungen und ähnlichen Ausgaben in Zeiten guten Geschäftsganges zurückhalten, auf die Vorteile verzichten, dio ihnen betriebliche Erweiterungen oder die Modernisierung der Anlagen zu bieten vermöchten. Als Belastung werden sie ferner auch den Umstand empfinden, dass die Arbeitsbeschaffungsreserven aus dem Betriebskapital ausgeschieden und angelegt werden müssen, wobei zudem die Verzinsung dieser Anlage im allgemeinen geringer sein wird als der Kapitalertrag, der erzielt werden könnte, wenn die Mittel im Betrieb arbeiten würden. Schliesslich haben die Unternehmungen bei der Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmassnahmen eine gewisse Einengung ihrer Dispositionsfreiheit und einige, wenn auch bescheidene, administrative Umtriebe in Kauf zu nehmen, die sie vermeiden könnten, wenn sie die in der Hochkonjunktur erzielten Erträgnisse sofort für Investitionen und andere Ausgaben verwenden wollten. Anderseits wird sich die Bildung der Arbeitsbeschaffungsreserven für die Unternehmungen insofern als lohnend erweisen, als erfahrungsgemäss in Depressionszeiten die meisten Anschaffungen und Auslagen billiger zu stehen kommen als während der Hochkonjunktur. Überdies hat die Wirtschaft ganz allgemein ein grosses Interesse an einem reibungslosen Konjunkturverlauf, so dass die vorgesehene Vergütung der auf der Eeserve entrichteten Wehrsteuer geeignet sein durfte, zum
Anstoss einer solidarischen Zusammenarbeit von privater Wirtschaft und Staat auf dem Gebiete der Konjunkturpolitik zu werden.

Unter steuerrechtlichen und steuerpolitischen Gesichtspunkten gesehen, liegt der Vorzug des Vergütungsverfahrens darin, dass es sich ohne jegliche Änderung steuerlicher Gesetzgebung und Praxis abwickeln lässt. Die normale Veranlagung der Unternehmungen für die Gewinn- wie für die Kapital- bzw.

Vermögensbesteuerung wird durch die Äufnung der Arbeitsbeschaffungsreserven in keiner Weise berührt. Diese Eeserven bleiben den andern offenen und versteuerten Eücklagen, die von den Unternehmungen seit jeher gebildet wurden, steuerlich in jeder Beziehung gleichgestellt. Ebenso ist die Vergütung, die unter dem Vorbehalt zeit- und sachgerecht durchgeführter Arbeitsbeschaffungsmassnahmen ausgerichtet wird, nicht als eine steuerrechtliche, sondern

732 als e i n e r e i n k o n j u n k t u r p o l i t i s c h e L e i s t u n g des Bundes aufzufassen, weshalb sie auch" die Eigenschaft dei Arbeitsbeschaffungsreserve als normale, offene und versteuerte Eücklage nicht beeinflusst.

Freilich besteht nun zwischen der Leistung des Bundes und den steuerlichen Tatsachen insofern ein Zusammenhang, als die auf der Arbeitsbesohaffungsreserve entrichtete Wehrsteuer als Bemessungsgrundlage für die Vergütung dient. Dieser Berührungspunkt zwischen dem Steuerwesen und der Konjunkturpolitik ist im vorliegenden Falle allerdings unvermeidlich: denn der Hauptzweck der geplanten konjunkturpolitischeii Massnahme liegt gerade darin, denjenigen Unternehmungen, die in der Hochkonjunktur die geforderte Zurückhaltung üben, eine Kompensation für die daraus entstehende fiskalische Benachteiligung zu bieten. Dass diese Kompensation sich nach der effektiven Mehrbelastung richten muss, wenn sie ihr Ziel erreichen soll, lässt sieh leicht einsehen; daher soll die konjunkturpolitisch begründete Vergütung, materiell gesehen, der tatsächlich geleisteten Wehrsteuer entsprechen. Formal ist dagegen der Anspruch auf die Vergütung von ganz neuer rechtlicher Art -- einer Art, die noch keine geläufige Bezeichnung kepnt, die aber eindeutig dem Bereich der Konjunktur- und nicht demjenigen der Steuerpolitik angehört. So haben wir denn bei der Formulierung des vorliegenden Gesetzesentwurfes im allgemeinen und des Vergütungsanspruches im besonderen sorgsam darauf geachtet, das geltende Steuerrecht überhaupt nicht anzutasten.

Diese Feststellungen, die für die verwaltungsrechtliche Seite des Problems unerlässlich erscheinen, mögen vom Standpunkt des Unternehmers weniger wesentlich anmuten: für ihn behält die Vergütung auch so den Charakter einer Bückerstattung bezahlter Steuern. Wie diese Leistung formal ausgestaltet wird, ist gesetzestechnisch, administrativ und budgetmässig von erheblicher Bedeutung; unter konjunkturpolitischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten dürfte dies dagegen ohne grossen Belang bleiben.

IV. Die Mitwirkung der Kantone Im Landesmittel dürfte etwa ein Drittel der Steuern, die auf den für die Äufnung von Arbeitsbeschaffungsreserven in Frage kommenden Unternehmungserträgen erhoben werden, dem Bund zufliessen; rund zwei Drittel der gesamten Steuerbelastung fallen dagegen auf die Gemeinden und Kantone.

Unter solchen Umständen ist es selbstverständlich dem Unternehmer für seinen Entscheid, Arbeitsbeschaffungsreserven zu bilden oder auf die'ihm gebotene Möglichkeit zu verzichten, nicht gleichgültig, ob eine Vergütung für den ganzen Steuerbetrag oder nur für ein Drittel hievon eingeräumt wird; Einhellig ist. man in allen Kreisen, die sich bisher mit dei Frage, wie die Beservebildung ausreichend gefördert werden könnte, befasst haben, der Auffassung, dass eine Vergütung der Wehrsteuer allein nur dort genügend Anreiz zur Bildung von Arbeitsbesohaffungsreserven bieten würde, wo die Gewinnbesteuerung eine hohe Progressionsstufe erreicht. Da so hohe Gewinne nun aber nicht alltäglich sind, hat denn auch eine seinerzeit von der Eidgenössischen Preisbildungs-

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kommission im Auftrag des Eidgenössischen Volkswirtschafts'departements durchgeführte Erhebung ergeben, .dass bloss eine Minderheit der angefragten Firmen bereit wäre, in Zeiten günstigen Geschäftsganges Arbcitsbeschaffungsleserven zu bilden, sofern sich die Vergütung einzig auf die dem Bund erbrachte Steuerleistung erstrecken würde. Wenn somit einer recht grossen Zahl von Unternehmungen die Äufnung von Arbeitsbeschaffungsreserven ermöglicht werden soll, dann müssen neben dein Bund auch die Kantone mitsamt ihren Gemeinden sich die Förderung der Reservebildung angelegen sein lassen. Nur mit deren Mitwirkung kann während der gegenwärtigen Hochkonjunktur von der Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven eine fühlbare Eindämmung der privaten Nachfrage ausgehen und später einmal die durch diese Reserven getragene Arbeitsbeschaffungsaktion die wünschenswerte Breitenwirkung entfalten.

An einem möglichst störungsfreien Wirtschaftsablauf sind die Kantone und Gemeinden selbstverständlich genau so interessiert wie dei Bund. Der Bundesrat möchte deshalb der Erwartung Aasdruck geben, dass boi den zuständigen kantonalen und kommunalen Stellen sorgfältig geprüft wird, ob sio nicht auch ihrerseits durch eigene zweckentsprechende Massnahmen die Bildung von Arbeitsbeschai'fuiigsreseivcn als eines der wirksamsten Mittel zum Ausgleich der Konjunktur- und Beschäftigungsschwankungen erleichtern, unterstützen und anregen könnten.

Indem der Bund das rechtlich und administrativ vollständig vom Steuerwesen losgelöste Vergütungsverfahrcn demjenigen der Steuerbefreiung vorzieht, wird er im allgemeinen zweifellos den Kantonen und Gemeinden die Mitwirkung erleichtern. Denn eine Steuerfreiheit der Einlagen in die Arbeitsbeschaffungsreserven hätte in den meisten Kantonen gleich wie beim Bund eine Änderung der einschlägigen Steueigesetze bedingt, was viel Zeit und Unitriebe erfordert und. möglicherweise verschiedenen weiteren Bevisionswünschen gerufen hätte. Mancher Kanton, der dem Gedanken, die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven KÜL fördern, durchaus sympathisch gegenübersteht, hätte in Anbetracht solcher Komplikationen wohl dennoch gezögert, diesen Wog zu boschroiton; dio Wahl eines andern Verfahreiis als desjenigen des Bundes hätte aber praktisch wiederum- beträchtlichen Schwierigkeiten gerufen. Der Entscheid zugunsten
des Vergütungssysteins enthebt die Kantone solcher Bedenken; auch sie werden die Bildung von Arbeitsbeschai'fungsreserven fördern können und dabei ihr Steuerrocht sowenig zu ändern brauchen wie der Bund das seinige. Sollten aber die Kantone und Gemeinden ihrerseits dem System der Steuerbefreiung der Reserven oder einein anderen geeigneten Verfahren zur Erleichterung der Boservebildung den Vorzug geben, so bleibt ihnen das selbstverständlich unbenommen. Letztlich kommt es einzig darauf an, den Unternehmungen auf einem annehmbaren Weg zu ermöglichen, durch die Zurückstellung nicht unbedingt notwendiger Investitionen und anderer Aufwendungen Arbeitsbeschaffungsieserven zu bilden, ohne damit eine fiskalische Mehrbelastung in Kauf nehmen zu müssen, die ihnen untragbar erscheint.

Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. II.

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Bereits im Frühjahr haben die zuständigen eidgenössischen Departements der Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdiiektoren und der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren von der beim Bund bestehenden Absicht, die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven durch geeignete gesetzliche Maesnahmen zu fördern, Kenntnis gegeben und sie um ihre Stellungnahme gebeten.

Die kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren haben die Vorschläge des Bundes als bedeutsamen Fortschritt für eine sinnvolle Konjunkturpolitik und Inflationsbekämpfung sowie als wertvolle vorbereitende Krisenabwehr begrüsst.

Sie sind sich aber bewusst, dass der Erfolg davon abhängt, ob für die Reservebildung in der privaten Wirtschaft ein genügender Anreiz geschaffen wird.

Die Konferenz gab daher der bestimmten Erwartung Ausdruck, dass der Plan die tatkräftige Unterstützung aller Kantonsregierungen finden werde.

-Auch die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren anerkennt in ihrer Vernebmlassung, dass die konjunktui politische Zielsetzung der Vorschläge des Bundes jegliche Unterstützung verdiene. Der Weg des Vorgehens scheint ihr dagegen zu grossen Bedenken Anlass zu geben, insbesondere weil die finanzielle Leistung des Bundes in der Krise nach der auf der Arbeitsbeschaffungsreserve entrichteten Wehrsteuer bemessen und überhaupt davon abhängig gemacht wird, dass eine Unternehmung in der Hocbkonjunktux aus ihrem Reingewinn eine Reserve zu äufnen vermag. Die Konferenz verkennt allerdings nicht, dass die Gegenleistung dieser Unternehmung darin besteht, dass sie mit der Ausscheidung von Arbeitsbeschaffungsieserven insoweit ein Opfer bringt, als diese Reserve bis zu einem gewissen Zeitpunkt stillgelegt wird.

Feiner wird u. a. darauf aufmerksam gemacht, dass für den Anschluss der Kantone an die Aktion des Bundes der Weg der Gesetzgebung wohl zumeist nicht zu umgehen sei, insbesondere dann nicht, wenn auch die Gemeinden in das Verfahren einbezogen werden wollten. Es wird daher als ungewiss. erachtet, ob der rechtzeitige Anschluss der Kantone an das Vorgehen des Bundes möglich sei. Im ganzen liess sich die Konferenz, trotz aller Bedenken, von dem Bestreben leiten, «dem neuaitigen Vorschlag die nötige Würdigung angedeihen zu lassen, um ihn nach Möglichkeit in der praktischen Verwirklichung zu fördern».

In den Vernehmlassungen der Kantonsregierungen,
welche dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zugingen, wird nur in einem Falle der vorliegende Beschlussesentwurf grundsätzlich abgelehnt. Der betieffende Kanton erachtet das Vergütungsverfahren als zu umständlich und erklärt, im Gegensatz zur vorgesehenen Regelung der Auffassung zu sein, dass mit einer Steuerbefreiung im Zeitpunkt der Bildung der Reserven der Anreiz für die Unternehmer wesentlich stärker wäre und damit die konjunkturpolitische Wirkung erheblich vergrössert würde. Die anderen Kantone haben, teilweise mit Vorbehalten hinsichtlich einzelner Bestimmungen, der Vorlage ihre Zustimmung erteilt. Dagegen waren die Kantonsregierungen aus verständlichen Gründen vorläufig nicht in der Lage, irgendwelche Zusioherungen über den Anschluss des Kantons an die Aktion des Bundes abzugeben.

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V. Wesenszüge des Bandesbeschlusses Mit der Vorlage über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreservon der privaten Wirtschaft ist wirtschaftspolitisches und wirtschaftsrechtliches Neuland betreten worden. Mancherlei Untersuchungen und Erhebungen erwiesen sich daher als notwendig, um dem Beschlussesentwurf Form und Gestalt zu geben. Wesentliche Vorarbeit leistete hierbei die Preisbildungskommission des Eidgenössischen Volkswirtsohaftsdeparteinentes, die bei einer grossern Zahl von Unternehmungen, für welche die Bildung von Arbeitsbeschafi'ungsreserven besonders in Betracht zu kommen schien, eine einlässliche Erhebung durchführte.

Die Meinungsäusserungen der Betriebsleitungen erlaubten es, die Anschauungen der Nächstbeteiligten unmittelbar kennenzulernen; sie erteilten darüber hinaus manchen Fingerzeig, der uns bei der Ausarbeitung der Vorlage sehr zustatten kam. Bei der Auswertung ihrer Enquête hat es sich die Preisbildungskommission überdies angelegen sein lassen, alle Fragen, die mit der Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven zusammenhängen, sehr sorgfältig und intensiv durchzuarbeiten. Ihr gründliches und umfassendes "Gutachten, das vor der Veröffentlichung steht, war für unsere Vorbereitungen von grösstem Nutzen.

Vor seiner endgültigen Bereinigung wurde der Beschlussesentwurf den Unternehmerverbänden und Gewerkschaften unterbreitet; auch deren Bückäusserungen enthielten mancherlei Anregungen und Wünsche, die bei der definitiven Fassung der Vorlage berücksichtigt werden konnten. Eine Expertenkonferenz kantonaler Steuerkommissäre wurde ferner zur Abklärung der Frage einberufen, ob das auf die Arbeitebeschaffungsreserven entfallende Wehrsteuerbetreft'nis ohne übermässige Umtriebe zu ermitteln sei; einhellig waren die befragten, mit der Veranlagung der eidgenössischen Wehrsteuer betrauten kantonalen Funktionäre der Ansicht, dass einer solchen Feststellung keinerlei technische Schwierigkeiten im Wege stünden.

Der vorliegende Beschlussesentwurf sucht trotz knapper Formulierung alle materiellen Fragen, soweit möglich, in abschliessender Weise zu ordnen; den Ausführungsbestimmungen bleibt im wesentlichen die Aufstellung der Verfahrensvorschriften und die Eegelung technischer Einzelheiten überlassen. Wenn die Vorlage dem Bundesrat dennoch einige materielle Kompetenzen vorbehält, so ist dies keineswegs
dem Bestreben, die wirtschaftspolitischen Befugnisse der ausführenden Organe zu erhöhen, sondern der Eigenart der Massnahme selber zuzuschreiben. Die konjunkturpolitiscbe Aktion, die durch den vorliegenden Bundesbeschluss eingeleitet werden soll, wird sich auf einen längern Zeitraum, zum mindesten auf mehrere Jahre, erstrecken. Nun erscheint es aber (wie bereits in unserem Zwischenbericht vom 12. Juni 1950 dargelegt wurde) schlechterdings ausgeschlossen, konjunkturpolitische Massnahnien, zumal im Zeichen unserer Wirtschaftsordnung, auf lange Sicht hinaus abschliossend zu planen und festzulegen. Soll die staatliche Einwirkung auf den Konjunkturverlauf Erfolge zeitigen, so bedarf sie größtmöglicher Elastizität und Anpassungsfähigkeit. Das gilt naturgemäss und in erster Linie für den Zeitpunkt,

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in welchem die Arbeitsbeschaffungsaktion ausgelöst werden soll. Aber auch manche andere Einzelheiten lassen sich heute nicht von vornherein vorausbestimmen. Der Bundesrat glaubt jedoch, sich nur dort materielle Kompetenzen vorbehalten zu haben, wo auf eine elastische Handhabung der Aktion nicht verzichtet werden kann, ohne die angestrebten konjunkturpolitischen Wirkungen überhaupt zu gefährden. Wichtige Entscheide wird er überdies nur nach Anhören der interessierten Kreise treffen. Im Beschlussesentwurf ist eine solche Fühlungnahme hinsichtlich des Beginns der Arbeitsbeschaffungsaktion (Art. 5) und der einer behördlichen Genehmigung unterliegenden Arbeitsbeschaffungsmassnahmen (Art. 6, Abs. 2) ausdrücklich vorgesehen. Wenn der Bundesrat darauf verzichtete, in den übrigen Fällen, wo ihm besondere Befugnisse vorbehalten sind, die beabsichtigte Konsultation zu erwähnen, so deshalb, weil er sich hiefür jener beratenden Organe zu bedienen gedenkt, die ihm das in Vorbereitung befindliche Bundesgesetz über Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung zur Verfügung stellen soll.

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1. Der Grundsatz der Freiwilligkeit

Als erstes entscheidendes Merkmal der Vorlage sei hervorgehoben, dass sie auf die Unternehmungen keinerlei Zwang ausübt. Dem Unternehmer steht es vollkommen frei, ob er Arbeitsbeschaffungsreserven im Sinne des vorliegenden Bundesbeschlusses bilden möchte oder nicht. Doch erstreckt sich die Freiwilligkeit nicht allein auf den Entschluss zur Reserveäufnung: der Unternehmer bleibt vielmehr auch berechtigt, die Arbeitsbeschaffungsreserve vor Beginn der eigentlichen Aktion aufzulösen, sofern ihm dies aus irgendwelchen Gründon angezeigt erscheint. Zu diesem Zwecke wird die Möglichkeit geschaffen, die Blockierung der Arbeitsbeschaffungsmittel vorzeitig aufzuheben. (Art. 4, Abs. 2 und 3). Endlich ist der Unternehmer auch nicht genötigt, arbeitserhaltende Massnahmen im Sinne des Bundesbeschlusses zu ergreifen, nachdem die.Aktion ausgelöst worden ist; selbst dann steht es ihm immer noch frei, die Reservemittel in einer Art und Weise zu verwenden, die vom Bund nicht als Arbeitsbeschaffung, anerkannt wird, den Bedürfnissen seines Betriebes aber besser entspricht. Bei der vorzeitigen Auflösung der Reserve wie beim nicht bestimmungsgemässen Einsatz der Mittel verliert der Unternehmer zwar den Anspruch auf die Vergütung (Art. 8), erleidet sonst aber keinerlei Nachteil.

In Wirtschaftskreisen ist mancherorts die Befürchtung laut geworden, dass der vorliegende Bundesbeschluss der am Grundsatz. der Freiwilligkeit uneingeschränkt festhält, möglicherweise eine blosse Vorstufe für ein späteres Obligatorium der Beservebildung darstellen könnte. Solche Mutmassungen die dem Erfolg der geplanten Aktion natürlich nicht förderlich erscheinen, sind jedoch nicht begründet, Konjunkturpolitische Massnahmen des Bundes sind gemäss eindeutiger Verfassungsvorschrift nur im Rahmen der Handelsund Gewerbefreiheit möglich, die eine Verpflichtung der Wirtschaft zur Anlegung von Reserven ausschliesst. Verfassungsrechtlich sind derartige Bindun-

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gen allenfalls gemäss Artikel 31bis, Absatz 3, lit. a, für einzelne Erwerbszweige, die in ihrer Existenz gefährdet sind, denkbar, im Eahmen der Konjunkturund Arbeitsbeschaffungsmassnahmen des Bundes, die sich auf Artikel 31quinquies der Bundesverfassung stützen, können der Wirtschaft aber keine Verbindlichkeiten solcher oder ähnlicher Art auferlegt egt werden.

2. Du Blockierung der Arbeitsbeschaffungsmittel durch Anlage in besondern Bundesschuldscheine Der mit der Reservebildung angestrebte konjunkturpolitische Zweck lässt es.als nötig erscheinen, einen möglichst grossen Teil der Arbeitsbeschaffungsmittel aus der Unternehmung herauszunehmen. Es würde kaum genügen, die Reserve lediglich in den Büchern auszuweisen. Der Unternehmer könnte sonst weiterhin frei über den. allerdings um die Steuerzahlung geschmälerten Gegenwert der Reserve in flüssigen Mitteln verfügen und diesen so zu irgendwelchen Aufwendungen benützen. Die Versuchung, dies zu tun, würde für ihn um so grösser sein, als der Geschäftsmann aus bstriebsökonomischen Überlegungen in Zeiten des Aufschwunges höchst ungern flüssige Gelder in seiner Kasse oder, nur bescheiden verzinst, bei seiner Bank liegen sieht, ohne den Versuch zu machen, sie gewinnbringend in den Wirtschaftsprozess zurückzuleiten. Auf diese Weise könnten von den Unternehmungen teilweise jene Aufwendungen doch vorgenommen werden, die während des Konjunkturauftriebes möglichst unterbleiben sollten und die zu verhindern der besondere Zweck der Reservebildung ist. Die Blockierung von Arbeitsbeschaffungsmitteln der Unternehmungen; soweit sich dies mit den Interessen der ganzen Aktion vereinbaren lässt (vgl. Seite 21), ist daher für die Dämpfung der Konjunktur von besonderer Bedeutung.

Hieraus geht ferner hervor, dass eine möglichst weitgehende Blockierung der Arbeitsbeschaffungsmittel auch notwendig ist, weil sonst die Gefahr besteht, dass diese Gelder bei manchen Unternehmungen vorzeitig verausgabt würden und gerade dann nicht greifbar wären, wenn die Arbeitsbeschaffungsaktion ausgelöst wird. Solche Möglichkeiten müssen um so mehr in Betracht gezogen werden, als die Arbeitsbeschaffungsmassnahmen ja in einer Periode allgemeinen Geschäftsrückganges zur Durchführung gelangen werden, in der Liquidität und finanzielles Leistungsvermögen vieler Unternehmungen sich ohnehin zu
verschlechtern pflegen.

· Um sowohl die konjunkturdämpfende Wirkung der Beservebildung als auch die spätere Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmassnahmen sicherzustellen, sieht der Bundesbeschluss vor, dass die Unternehmungen ihre Reserven oder einen Teil davon in Schuldscheinen des Bundes anzulegen haben (Art. 4). Diese Titel werden entsprechend ihrer Funktion auf den Namen lauton und unübertragbar sein. Wie bereits auf Seite 16 erwähnt, bleibt die Unternehmung berechtigt, ihre Reservemittel vor Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion, allerdings unter Verzicht auf den Vergütungsanspruch,

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zurückzuverlangen. Dies kann entweder bei Ende der Laufzeit des Schuldscheins oder durch vorzeitige Kündigung geschehen. Dagegen wird die Nationalbank die Schuldscheine nicht zum Lombard entgegennehmen. Ob eine Belehnung dieser Titel durch die Banken mit den Zielen der Aktion vereinbart werden kann, dürfte wesentlich von der Wirtschaftslage abhangen. Sicher wäie es nicht zweckmässig, den Unternehmungen diesen Ausweg aus vorübergehenden Liquiditätsschwierigkeiten jederzeit und in allen Fällen zu verbauen. Da sich durch die konjunkturelle Entwicklung erfahrungsgemäss ganz unvermittelt sehr prekäre Liquiditätsverhältnisse einstellen können, wird die Möglichkeit einer Belehnung der Schuldscheine ins Gewicht fallen, wenn sich die Unternehmungen über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven schlüssig werden müssen. Zudem könnte die Nicbt-Belehnbarkeit dazu führen, dass bei einer erheblichen Liquiditätsanspannung der Wirtschaft durch vorzeitige Einlösung von Schuldscheinen ein beträchtlicher Teil der Reserven für zukünftige Arbeitsbeschaffungsmassnahmen verloren ginge. Eine elastische Praxis in der Belehnungsfrage erscheint daher ratsam, wenn genügend Eeserven gebildet und bis zum Zeitpunkt einer Krise erhalten bleiben sollen.

Der konjunkturdämpfende Effekt der Blockierung der Arbeitsboschaffungsmittel lässt sich wesentlich erhöhen, wenn diese Gelder nicht allein durch die Anlage in besondern, nicht negoziabehi Bundesschuldsoheinen aus der Unternehmung herausgezogen, sondern gleichzeitig auch gesamtwirtschaftlich sterilisiert werden. Praktisch läuft das auf einen Verzicht des Bundes hinaus, die mittels der Ausgabe dieser Schuldscheine empfangenen Gelder erneut in den Wirtschaftskreislauf zurückzuleiten. Um die heute notwendige konjunkturdänipfende Wirkung der Aktion zu verstärken, ist der Bund bereit, eine solche Sterilisierung vorzunehmen. Das will aber nicht heissen, dass es zweckmässig wäre, diese Massnahme unter allen Umständen aufrechtzuerhalten. Auch die Sterilisierungspolitik wird elastisch zu handhaben und auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung sowie insbesondere auf die Verhältnisse des Geld- und Kapitalmarktes abzustimmen sein, an der manche Bevölkerungskreise in erheblichem Masse direkt interessiert sind.

3. Der Anspruch auf Vergütung Der Unternehmer erwirbt einen Rechtsanspruch
auf die Vergütung der Wehrsteuer, die er auf der Einlage in die Arbeitsbesohaffungsreserve entrichtet hat. Nach dem vorliegenden Entwurf hat der Bund die Vergütung zu erbringen, sobald der Unternehmer die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, das heisst die Reserve ordnungsgemäss gebildet, vorschriftsgemäss blockiert und bestimmungsgemäss verwendet hat. Da' der Einsatz der Reservemittel nach Auslösung der Arbeitsbesohaffungsaktion für eine Reihe von Verwendungszwecken keiner behördlichen Ermächtigung bedarf und für die übrigen die Ermächtigung erteilt werden muss, sofern der Arbeitsbeschaffungseffekt gewährleistet ist, hängt die Entstehung des Vergütungsanspruches zur Haupt-

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sache von den Maasnahmen der Unternehmung und nicht vom Belieben der Behörden ab. Der Bund wird den Betrag zurückstellen, für den durch die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven Vergütungsansprüche der Unter^ nehmungen zu erwarten sind.

Die konjunkturpolitische Wirkung der Aktion könnte offenbar nochmals verstärkt werden, wenn der Bund auch den Betrag, den er später voraussichtlich an Vergütungen leisten muss, sterilisieren würde. Doch hangen die Möglichkeit und das Ausmass solcher Massnahmen von den Erforderhissen einer gesunden Finanzpolitik sowie von all jenen weiteren Umständen ab, die auch über die Steiilisierung jener Mittel entscheiden, die dem Bund durch die Anlage der Arbeitsbeschaffungsreserven in Schuldscheinen zufhessen.

4. Wahrung der Selbstverantwortung der Unternehmung - Einfachheit des administrativen Verfahrens Der Bundesrat hat Gewicht darauf gelegt, im vorliegenden Beschlussesentwurf alles zu vermeiden, was als behördliche Einmischung in betriebsinterne Angelegenheiten der Unternehmungen aufgefasst werden könnte. Den verantwortlichen Behörden muss freilich das Becht eingeräumt werden, die Verwendung der Arbeitsbeschaffungsmittel in bestimmtem Bahmen zu haiton und in bestimmte Richtungen zu lenken; denn es versteht sich, dass dieser Einsatz, der dem Unternehmer Anspruch auf Vergütung des Wehrsteuerbetreffnisses verleiht, eine möglichst hohe beschäftigungspolitische Wirkung gewährleisten soll. Dies ist der Grund, weshalb die Vorlage eine bewilligungsfreie Verwendung von Arbeitsbesohaffungsgeldern nur in bestimmtem Ausmass zulässt; für andere Verwendungszwecke, deren konjunkturpolitische Berechtigung nicht von vorneherein feststeht, sondern in jedem Einzelfalle geprüft werden muss, soll auch nach Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion eine spezielle behördliche Bewilligung notwendig sein.

Soweit der Bundesrat für die Verwendung der Arbeitsbeschaffungsmittel eine besondere Ermächtigung zu erteilen hat, wird er sich dabei bloss durch solche Gesichtspunkte leiten lassen, die aus seiner Konjunktur- und Beschäftigungspolitik hervorgehen, alles andere aber dem Ermessen des Unternehmers anheimstellen. Demgemäss werden die Behörden, wo der Einsatz der Mittel von einer Sondergenehmigung abhängt, einzig und allein die konjunktur- und besohäftigungspolitische Zweckmässigkeit prüfen;
die Prüfung der betiiebswirtschaftlichen Zweckmässigkeit bleibt dagegen in vollem Umfang dem Unternehmer überlassen. Es obliegt deshalb auch keineswegs dem Bund, eine unzweckmässige Verwendung der Arbeitsbeschaffungsmittel zu verhüten; denn die verantwortliche Betriebsleitung ist allein befugt und imstande, alle Konsequenzen ihrer Massnahmen zu ermessen. Die Selbstverantwortung des Unternehmers wird durch den vorliegenden Beschlussesentwurf also in keiner Weise angetastet.

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Hält sich der Beschlussesentwurf bereits in diesem Punkt von jeglicher Einmischung fern, so strebt er auch für die Abwicklung des administrativen Verfahrens grösste Einfachheit an. Dei Unternehmer, der eine Eeserve bilden will, fasst diesen Beacbluss ohne jede Fühlungnahme mit den Behörden. Gleichzeitig wird er deren Gegenwert, oder einen Teil davon, in Schuldscheinen des Bundes anlegen, die er wie irgend ein anderes Staatspapier erwerben kann.'

Auch bei der Durchführung der Arbeitsbeschaffungsaktion bleiben die verwaltungsmässigen Umtriebe auf das unerlässliche Minimum reduziert. Für einen weiten Kreis von Massnahinen wird der Unternehmer handeln können, ohne vorher die Behörden anzufragen. Frei von vorgängiger Genehmigung kann er Betriebs- und Wohlfahrtsbauteii ausführen und seine Maschinen und seine technischen Anlagen modernisieren und erweitern. Für andere arbeitserhaltende Vorkehren wird allerdings eine besondere behördliche Ermächtigung nötig sein; doch bleibt auch hier ein einfaches Verfahren gewährleistet,-nachdem der Beschlussesentwarf vorsieht, dass über die Zulässigkeit "dieser Massnahinen Vorschriften aufzustellen sind. Schliesslich wird den Unternehmungen auch die Möglichkeit geboten, den Nachweis der durchgeführten Arbeitsbeschaffungsmassriahmen durch die in Aussicht genommene Mitwirkung von Bücherexperten und Treuhandgesellschalten auf vereinfachtem Wege zu erbringen.

VI. Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen Art. 2

Obwohl der Nachweis der durchgeführten Arbeitsbeschaffungsmassnahmen ·der Unternehmung obliegt (Art. 9) und diese somit ihien Anspruch auf die Vergütung lückenlos zu begründen hat, ist es für ein3 behördliche Nachprüfung der 'Bichtigkeit und Vollständigkeit der vorgelegten Beweismittel notwendig, dass die Unternehmung, die eine Aibeitsbeschaffungsreservo bildet und später einen Vergütungsanspruoh stellen kann, über eine geordnete Buchhaltung verfügt. Um hierüber einige Gewähr zu besitzen, ohne'besondere Vorschriften aufstellen und für jede Unternehmung ein Bewilligungsverfahren durchführen xu müssen, wird die Berechtigung zur Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven, im Sinne von Artikel l grundsätzlich von der Eintragung ins Handelsregister abhängig gemacht. Wo dieses Erfordernis nicht erfüllt, ist, kann der Bundesrat unter den im Beschmss genannten Voraussetzungen eine besondere Bewilligung erteilen, entweder individuell für eine einzelne gesuchstellende Unternehmung oder -- zur Vereinfachung des Verfahrens -- generell, sofern mehrere Unternehmungen ihr Eechnungswesen durch die Buchhaltungsstelle eines Berufsr Verbandes betreuen lassen, Art. 3 Die Festsetzung eines Minimalbetrages der jährlichen Einlage drängt sich auf, weil der konjunkturpolitische Nutzen allzu geringfügiger Reserven in keinem gesunden Verhältnis zum Kostenaufwand für ihre administrative Be-

741 treuung stände. Überdies werden jene Unternehmungen, die nur sehr bescheidene Beträge zur Einlage in die Arbeitsbeschaffungsresorve freimachen könnten, bei dem heute geltenden Wehrsteuertarif im allgemeinen au der Bildung einer solchen Reserve kaum interessiert sein. Immerhin gilt es darauf zu achten, dass nicht durch die Fixierung einer zu hohen Minimalgrenze für die jährliehe Einlage gewisse Wirtschaftsgruppen, bei denen an sich ein Interesse an der Aktion zu finden wäre, von der Teilnahme gänzlich ausgeschaltet werden. Insbesondere mit Eücksicht auf kleingewerbliche Kreise und in Übereinstimmung mit den Wünschen der zuständigen Unternehmerverbände ist deshalb der Minimalbotrag auf 3000 Franken angesetzt worden.

Durch die Festsetzung eines Höchstbetrages für die Gesamtreserve der Unternehmung sollen die finanziellen Verpflichtungen des Bundes limitiert werden. An einer solchen Begrenzung hat zweifellos die Öffentlichkeit ein grosses Interesse. Dagegen ist es auf Grund der verfügbaren statistischen Unterlagen nur sehr schwer möglich, sich darüber ein Bild zu verschaffen, welche Höhe die Reservobeträge und Vergütungsansprüche im gesamten bei den gewählten Begrenzungsmaßstäben erreichen können. Zudem besteht Ungewissheit darüber, wie gross die Zahl der Unternehmer sein wird, die zur Reservebildung schreiten, und schliosslich bleiben die zukünftige Konjunkturentwicklung und damit die Möglichkeiten der Wirtschaft, aus ihren Erträgnissen Reserven zu bilden, völlig im Dunkeln. Mit Eücksicht auf diese Umstände möchte sich der Bundesrat die Kompetenz vorbehalten, ohne Beeinträchtigung bereits gebildet ÌT Eeserven, die obere Grenze der zulässigen Gesamtreserve den Erfahrungen und der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung anpassen zu können.

Zeiten ausgesprochener Hochkonjunktur .gehen zumeist nicht unmittelbar in eine Krise über. Zwischen diese beiden Extreme wirtschaftlicher Entwicklung schiebt sich erfahrungsgemäss eine Periode einigermassen normalisierter Beschäftigung, in der sich die inflatorischen Ubermarchungen zurückbilden, ohne dass sich bereits konjunkturstützende Vorkehren aufdrängen würden. In solchen Zeiten erübrigt sich die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven, ja sie muss sistiert werden können, um eine Verschärfung und Beschleunigung der Konjunkturrückbildung zu verhindern.

Art. 4

Absatz 1. Es ist nicht zu übersehen, dass das Vergütungsverfahren, weil die Arbeitsbeschaffungsreserven voll zu versteuern sind, zu einer starken Anspannung der Liquiditätsreserven der Unternehmungen führen kann. Gerade dieser Umstand hat in der Wirtschaft die meisten Bedenken gegen dieses Verfahren erweckt. Die volle Blockierung der Arbeitsbeschaffungsreserven bis zur Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion wäre konjunkturpolitisch zweifellos sehr erwünscht, nicht nur zur Dämpfung der Hochkonjunktur, sondern auch zur Sicherstellung der flüssigen Mittel für die Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmassnabinen. Die Unternehmung hat aber bei der Reservebildung, neben der Auslage für den Ankauf der Schuldscheine des Bundes, auch

742 die auf die Reserve entfallenden Steuerbeträge aufzubringen. Um den letzteren Betrag wäre daher ihre Liquiditätsheanspruchung grösser als bei der der Unternehmung immer offenstehenden Möglichkeit,. durch Investitionen und andere Aufwendungen ihren steuerpflichtigen Gewinn zu ermässigen.

Diese zusätzliche Beanspruchung liquider Mittel, welche mit dem Vergütungsverfahren verbunden ist, dürfte zweifellos für viele Unternehmungen schwer ina Gewicht fallen und könnte für sie ein ganz wesentliches Hindernis bilden, ebenfalls zur Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven zu schreiten. Da gerade in Zeiten der Hochkonjunktur die flüssigen Mittel der Unternehmungen durch die Preissteigerungen, welche die Wiederbeschaffung der verkauften "Waren oder der verbrauchten Rohstoffe verteuern, ohnehin stark in Mitleidenschaft gezogen werden, kommt diesem Umstand eine wesentliche Bedeutung zu. Anderseits hat der Bund kein Interesse daran, die Liquidität der Wirtschaft allzu sehr einzuengen, da er sich durch die Zeitumstände gezwungen sieht, die Unternehmungen zu umfangreichen vorsorglichen Lagerkäufen im Dienste der wirtschaftlichen Landesverteidigung zu veranlassen. Sobald deshalb der vorliegende Beschlussesentwurf in das Stadium der Verwirklichung eintreten kann, wird auf Grund der dannzumaligen wirtschaftlichen Verhältnisse genau zu prüfen sein, bis zu welchem Betrag der Eeserve die Blockierungspflicht ausgedehnt werden darf. Zweifellos wird ein gewisses Entgegenkommen gerechtfertigt soin, wenn dadurch viele Unternehmungen bewegen werden könnten, in Verbindung mit der Äufnung von Arbeitsbeschaffungsreserven einer wenigstens teilweisen Blockierung zuzustimmen, während sich sonst nur wenige Betriebe zur Reservebildung entschliessen würden. Denn trotz der beschränkten Blockierungspflicht wäre die konjunkturpolitische Wirkung, auf die es letztlich ankommt, im ersteren Falle viel grösser als bei einem starren Festhalten am Grundsatz der Volleinzahlung der Arbeitsbeschaffungsmittel. Weniger als sechzig Prozent soll aber die Anlage der Arbeitsbeschaffungsreserven in Schuldscheinen auf keinen Fall betragen.

Absatz 2. Es ist vorgesehen, zwei Typen von Schuldscheinen mit Laufzeiten von 4 und 8 Jahren herauszugeben, unter welchen die Unternehmungen frei werden wählen können. Benötigt eine Unternehmung ihre Mittel vor
Beginn der Arbeitsbeschaffungsaktion und kann sie auch das Ende der Laufzeit ihrer Schuldscheine nicht abwarten, so steht ihr das Recht der vorzeitigen Kündigung zu. In diesem Falle wird allerdings der vom Bund bis zur Rückzahlung geschuldete Zins eine Herabsetzung erfahren, bei deren Bemessung der verkürzten Laufzeit und dem Umstand Rechnung zu tragen sein wird, dass es für die Unternehmung nicht etwa vorteilhaft werden daif, für die Anlage ihrer Mittel einfach den Schuldschein mit grösster Laufzeit zu wählen und sich im übrigen auf ihr Kündigungsrecht zu verlassen.

Art. 5 Die Auslösung der Arbeitsbesohaffungsaktion soll nach Rücksprache mit den Kantonen sowie mit den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Ar-

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beitnehmer erfolgen, deren eingehende Kenntnis der regionalen und branohenweisen Beschäftigungsverhältnisse es dem Bundesrat erleichtern wird, den richtigen Zeitpunkt zu wählen. Da bei Beginn der Aktion die Schuldscheine zur Bückzahlung fällig werden und die Auszahlung dieser Mittel die Geldversorgung der Wirtschaft merklich beeinflussen muss, wird der Bundesrat auch die Schweizerische Nationalbank anhören.

Eine Konjunkturrüokbildung kann die verschiedenen Wirtsohaftsgruppen, wie gerade die Entwicklung in der zweiten Hälfte 1948 und während des Jahres 1949 gezeigt hat, sowohl zeitlich wie nach ihren Wirkungen sehr ungleich treffen. Bei der Auslösung der Arbeitsbescbaffungsaktion muss solch unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung getragen werden können, indem diese zeitweilig nui für die von der Depression zuerst und besonders heimgesuchten Wirtschaftsgruppen in Gang gesetzt und je nach Ursache und Ausmass der vorhandenen Schwierigkeiten allenfalls auch auf einzelne Arbeitsbeschaffungsmassnahmen beschränkt wird. Nur ausnahmsweise, in schwerwiegenden Fällen, sollte überdies die Arbeitsbeschaffungsaktion gesondert auch für einzelne Unternehmungen durchgeführt werden können. Der Bundesrat glaubt, dass eine solche Sonderaktion zugunsten einer Unternehmung beispielsweise dann gerechtfertigt sein wiid, wenn -- wie dies etwa für gewisse Regionen zutrifft -- die Arbeitsmögliohkeiten und das wirtschaftliche Wohlergehen der Bevölkerung einer Gegend fast ausschliesslicb vom Geschäftsgang einer Firma abhangen und diese in Schwierigkeiten geraten sollte.

Art. 6 Damit der Erfolg der Aktion in Krisenzeiten sichergestellt werden kann, haben die Unternehmungen ihre Arbeitsbeschaffungsmittel selbstverständlich nicht zur Dockung ihr3s laufenden Aufwandes, sondern für Massnabmen einzusetzen, die eine Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten verbürgen.

Soweit nun zum vorneberein genügend Gewähr besteht, dass die Unternehmungen von ihren Reserven den erwünschten Gebrauch machen, kann ihnen die Auswahl der einzelnen Arbeitsbeschaffungsmassnahmen ohne weiteres überlassen bleiben. Dies dürfte bei Investitionen für feste Anlagen fast durchwegs der Fall sein, da erfahrungsgemäss bei rückläufigem Geschäftsgang auf die Erstellung von Bauten oder die Anschaffung von Maschinen und Einrichtungen verzichtet wird, sofern nicht die Unternehmungen durch die Freigabe der Arbeitsbeschaffungsmittel zu finanziellen Aufwendungen ermuntert werden können. Der Beschlussesentwurf ermächtigt nun die Unternehmungen ganz allgemein, nach Auslösung der Arbeitsbeschaffungsaktion Bauten, Umbauten und Renovationen für Betriebs- und Wohlfahrtszwecke ohne vorgängige behördliche Bewilligung vorzunehmen; desgleichen wird die Anschaffung von Maschinen, Apparaten, technischen Einrichtungen und Transportmitteln der Unternehmungen keinerlei besonderer Genehmigung seitens der Bundesbehörden unterliegen, soweit es sich um schweizerische Produkte handelt. Den

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Begriff des schweizerischen Produktes gedenkt der Bundesrat anhand der Kriterien auszulegen, die für die Abgabe der Ursprungszeugnisse von der Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements aus gearbeitet wurden.

Neben den erwähnten Verwendungszwecken, für die eine generelle Ermächtigung orteilt wird, dürften sich aber noch andere Arbeitsbeschaffungsmassnahmen als nützlich und notwendig erweisen, für die eine allgemeine Ermächtigung kaum in Frage kommen kann, weil vorgängig geprüft werden muss, wie weit durch den Einsatz der Eeservemittel wirklich zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten bereitgestellt werden. Hierbei handelt es sich vorwiegend um alle jene Massnahmen, die, wie die Fabrikation auf Lager, interne Reparatur- und Revisionsaktionen Umschulung von Arbeitern und Angestellten usw., dem Durchhalten des Personals dienen. Ferner fallen in den Kreis dieser Vorkehren die Verstärkung der technischen und wissenschaftlichen Forschung, die Schaffung neuer Muster und Modelle in den modischen Industrien, die Wiederäufnung von Lagern in Handelsbetrieben, der Ausbau der Export. Organisationen und der Exportwerbung. Ausnahmsweise sollen auf Grund einer besonderen Ermächtigung auch Maschinen und Apparate ausländischer Herkunft bezogen werden können, wenn die handelspolitischen Beziehungen mit dem liefernden Lande davon günstige Rückwirkungen auf das Inland erwarten lassen oder diese Maschinen zur Ergänzung von Anschaffungen unentbehrlich sind, die bei. schweizerischen Lieferanten gemacht werden. Für solche wie für weitere Massnahmen ähnlicher Art wird der Bundesrat, oder, die mit dem Vollzug beauftragte Behörde besonders Ermächtigungen erteilen, sofern Gewähr dafür besteht, dass der Einsatz der Eeservemittel der allgemeinen konjunkturpolitischen Zielsetzung dient und eine. Verzettelung der Arbeitsbeschaffungsmittel vermieden wird.

Um die Wirtschaft jedoch nicht bis zum Ausbruch einer Depression darüber im -Ungewissen zu lassen, für welche arbeitserhaltende Massnahmen und unter welchen Bedingungen sie ihre Eeservemittel einmal wird einsetzen können, sollen in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsverbänden hierüber Vorschriften aufgestellt werden, in der Meinung, dass diese wenigstens den Rahmen abstecken sollen, innerhalb welchem die Unternehmungen mit einer besonderen Ermächtigung für die
Durchführung, von Arbeitsbeschaffungsmassnahmen werden rechnen können.

' , Art. 7 ' · . ··Die in diesem Artikel dargestellte Berechnungsart für die Vergütung ergibt sich aus der konjunkturpolitisch eingehend begründeten Absicht, jenen Unternehmungen eine Kompensation für die steuerliche Mehrbelastung zu bieten, die in Befolgung behördlicher Ratschläge während den Zeiten guten Geschäftsganges auf gewinnschmälernde Aufwendungen für Investitionen und andere Zwecke verzichtet und die derart eingesparten Mittel für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen beiseite gelegt-und verwendet haben. Wenn nun die

745 angestrebte Wirkung auf das Verhalten der Unternehmungen tatsächlich erzielt werden soll, so hat sich natürlich das Versprechen des Bundes, eine solche Kompensation zu gewähren, inhaltlich nach der tatsächlichen Wehrsteuerleistung zu richten. Die Vergütung muss deshalb ohne Rücksicht auf den Umstand berechnet werden, dass von der auf der Reserveeinlage erhobenen Wehrsteuer ein Teil den Kantonen verbleibt; denn die Unternehmung, die sich über die Verwendung ihrer Geschäftserträgnisse schlüssig werden muss, lässt sich selbstverständlich einzig durch die effektive Steuerbelastung leiten, während es für sie unerheblich bleibt, in wessen Kasse ihr Geld schliesslich fliesst. Wollte der Bund die Vergütung nur nach seinem Anteil an der Wehrsteuer bemessen, so würde zweifellos die Bereitwilligkeit der Unternehmungen, Arbeitsbeschaffungsreserven zu bilden, ganz beträchtlich herabgesetzt. Dagegen beharrt die Wirtschaft nicht darauf, dass die Kompensationsleistung des Bundes auf Pranken und Kappen genau der geleisteten Wehrsteuer entsprechen müsse. Bereits im Bericht der Preisbildungskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements wird festgestellt, dass die Unternehmungen im allgemeinen bereit wären, auf jede unnötige Komplizierung hei der Berechnung der Vergütung zu verzichten, sobald die Kompensation im wesentlichen sichergestellt sei.

Dieser Einstellung der Wirtschaft Rechnung tragend, konnte in Absatz 2 für die Einzelfirmen Personengesellschaften und Personengemeinschaften ein Berechnungsmodus festgelegt werden, bei dessen Anwendung gewisse Abweichungen zwischen der auf der Reserveeinlage entrichteten Wehrsteuer und der Vergütung in Kauf zu nehmen sind. Diese Unternehmungsformen werden nämlich wie selbständige Steuersubjekte behandelt, während in Wirklichkeit die Steuerpflicht beim Inhaber der Einzelfirma bzw. bei den Gesellschaftsmitgliedern und nicht bei den -Unternehmungen liegt. Sowohl die Eidgenössische Steuerverwaltung als auch die um ihre Meinung befragten kantonalen Steuerkommissäre haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass für die selbst nicht wehrsteuerpflichtigen Unternehmungen durch diese Berechnungsart die praktische Handhabung des Vergütungsverfahrens ganz wesentlich vereinfacht wird und dadurch für die kantonalen Wehrsteuerverwaltungen, welche die Berechnungsarbeit zu
leisten haben, eine spürbare Entlastung erzielt werden kann.

Art. 8 Wahrend im Artikel 7 allgemein festgelegt wird, wie sich- die Vergütung auf Grund der Einlage in die Arbeitsbeschaffungsreserve und der darauf entrichteten W ehrsteuer berechnet, legt dieser Artikel die Grundsätze fest, nach welchen die Vergütungsansprüche der Unternehmungen zu bemessen sind. Ausgangspunkt für die Ermittlung dieses Anspruches ist der Aufwand für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen. Erreicht dieser einen Betrag, welcher der Arbeitsbeschaffungsreserve und der nach Artikel 7 darauf entfallenden Vergütung entspricht, so kann die letztere in vollem Umfange beansprucht werden. Die

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Unternehmung hat somit, um in den Genuas der ganzen Vergütung zu gelangen, nicht nur ihre Reservemittel einzusetzen; sie muss vielmehr für arbeitserhaltende Vorkehren dazu auch noch die Vergütung selbst auslegen.

Beträgt die während mehreren Jahren geäufneto Gesamtreserve beispielsweise 450 000 Franken und entfällt darauf gemäss Artikel 7 eine Vergütung von 50 000 Pranken, BÖ hat die Unternehmung für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen 500 000 Franken auszugeben, sofern sie die volle Vergütung beanspruchen will.

Falls nun der für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen ausgelegte Betrag nur 450 000 Franken ausmacht und somit um 10 Prozent unter dem Aufwand liegt, der für die Beanspruchung der vollen Vergütung erforderlich wäre, so ist nach Absatz 2 die Vergütung verhältnismassig, also ebenfalls um 10 Prozent von 50 000 auf 45 000 Franken zu kürzen. In gleicher Weise ist gemäss Absatz 8 bei der Ermittlung des Vergütungsanspruches vorzugehen, wenn eine Unternehmung vor Beginn der Arbeitsbesohaffungsaktion entweder durch vorzeitige Kündigung oder durch Verzicht auf Verlängerung bei Ende der Laufzeit die Rückzahlung von Schuldscheinen verlangt. "Werden in dem soeben erwähnten Beispiel von der 450 000 Franken betragenden Arbeitsbeschaffungsreserve durch vorzeitige Einlösung von Schuldscheinen 45 000 Franken oder 10 Prozent ihrem Zweck entfremdet, so vermindert sich auch der Anspruch auf die Vergütung um 10 Prozent, d. h. auf 45 000 Franken. Den letzteren Betrag kann die Unternehmung beanspruchen, sofern ihre Arbeitsbeschaffungsmassnahmen 450 000 Franken ausmachen. Bleibt sie mit ihren Aufwendungen unter diesem Betrag, so tritt eine weitere Reduktion des Vergütüngsanspruohes gemäss Absatz 2 ein.

Art. 9 Die Unternehmungen haben ihren Anspruch auf die Vergütung mittels der hiefür notwendigen Unterlagen zu begründen. Damit sie sich von der Vorlage eines umfangreichen Belegmaterials entlasten und die Beweiskraft ihrer Angaben erhöhen können, soll ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, die Richtigkeit eines vereinfachten Nachweises durch eine Treuhandgesellschaft oder einen Bücherexpeiten bestätigen zu lassen. Die Erfahrung wird zeigen müssen, ob sich durch solche Bestätigungen für den Bund jene Sicherheit vor Missbrauch erzielen lässt, die erlauben würde, die Nachkontrolle auf Stichproben zu beschränken. Zweifellos
wäre es sehr erwünscht, wenn auf diese Weise die behördliche Kontrolltätigkeit in bescheidenem Rahmen gehalten werden könnte. Die Treuhandgesellsehaften und Bücherexperten, welche diese Bestätigungen ausstellen wollen, haben hiefür eine behördliche Bewilligung einzuholen, die im allgemeinen nur an Mitglieder einer der schweizerischen Kammer für Revisionswesen angeschlossenen Gruppen erteilt werden soll.

Art. 12 Der Bundesrat erachtet die Einsetzung einer besonderen, von der Verwaltung unabhängigen Rekurskonimission für die Rechtspflege als zweck-

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mässig, da ihr jene Fachleute beigegeben werden können, welche für die Abklärung schwieriger technischer Fragen, die allenfalls bei der Durchführung des Bundesbeschlusses auftauchen, besonders zuständig sind. Der Beurteilung durch die Rekurskommission werden einzig die Verfügungen eidgenössischer Amtsstellen nach Artikel 6, Absatz 2, entzogen, in der Meinung, dass es sich hierbei um wirtschaftspolitische Entscheidungen handelt, gegen welche gemäss Artikel 124 ff. des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1948 die Beschwerde an den Bundesrat zulässig sein soll.

Gestützt auf diese Darlegungen beantragen wir Ihnen die Annahme des Entwurfes zu einem Bundesbeschluss über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 10. August 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Vizekanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

* Bundesbeschluss über

die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 31 quinquies der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. August 1951) beschliesst: I, Allgemeines

Art. l Grundsatz Den Unternehmungen der privaten Wirtschaft, die aus ihrem Reingewinn eine Arbeitsbeschaffungsreserve bilden, vergütet der Bund, sofern sie in Zeiten von Arbeitslosigkeit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen treffen, die auf der Einlage in die Reserve entrichtete Wehrsteuer gemäss den nachstehenden Bestimmungen.

Art. 2 Geltungsbereich Dieser Beschluss ist auf Unternehmungen anwendbar, die im Handelsregister eingetragen- sind. Der Bundesrat kann ihn auch auf andere Unternehmungen anwendbar erklären, sofern deren Buchführung den Anforderungen der Artikel 957 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts entspricht Auf Unternehmungen, die der Buchhaltungsstellte eines Berufsverbandes angeschlossen sind, kann der Beschluss allgemein als anwendbar erklärt werden.

II. Bildung der Arbeitsbeschaffungsreserven

Art. 3 Höhe der Reservebildung 1

Die jährliche Einlage in die Arbeitsbeschaffungsreserve mus mindestens dreitausend Franken betragen. Die Summe aller Einlagen darf, je nach Wahl

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der Unternehmung, fünfzig Prozent der ausbezahlten jährlichen Lohnsumme oder des Versicherungswertes von Anlagen und Mobilien oder des Wertes des Warenlagers nicht überschreiten. Die Reserven sind in der Buchhaltung gesondert auszuweisen.

2 Der Bundesrat erlässt die näheren Vorschriften. Er kann den zulässigen Höchstbetrag der Eeserve herabsetzen oder die Eeservebildung zeitweise sistieren.

Art. 4

Anlage der Reserven 1

Die Arbeitsbeschaffungsreserven, oder ein vom Bundesrat festgesetzter Teil davon, mindestens aber sechzig Prozent, sind in Schuldscheinen des Bundes anzulegen, die entsprechend den marktüblichen Bedingungen zu verzinsen sind.

3 Die Schuldscheine werden auf eine bestimmte Anzahl Jahre ausgegeben.

Sie können von der Unternehmung je auf Ende eines Kalenderhalbjahres vorzeitig gekündigt werden.

3 Die Schuldscheine werden unabhängig von ihrer Laufzeit bei Beginn der Arbeitsbeschaffungsaktion zur Rückzahlung fällig. Tritt die Fälligkeit infolge Zeitablauf vorher ein, so kann die Unternehmung Verlängerung des Schuldscheines oder Rückzahlung verlangen.

m. Durchführung der Arbeitsbeschaffungsaktion Art. 5 Beginn und Ende 1 Bei drohender oder bereits eingetretener Arbeitslosigkeit bestimmt der Bundesrat nach Anhören der Kantone und der Spitzenverbände der Wirtschaft den Zeitpunkt für den Beginn der Arbeitsbeschaffungsaktion. Er kann, sofern die Wirtschaftslage es erfordert, die Arbeitsbeschaffungsaktion zeitweilig auf einzelne der in Artikel 6 erwähnten Arbeitsbeschaffungsmassnahmen sowie auf einzelne Wirtschaftsgruppen und ausnahmsweise auf einzelne Unternehmungen beschränken.

2 Der Bundesrat setzt einen Endtermin für die Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmassnahmen fest.

Art. 6 Arbeitsbeschaffungsmassnahmen 1

Die Unternehmungen sind nach Beginn der Arbeitsbeschaffungsaktion befugt, ohne vorherige besondere Ermächtigung folgende Arbeitsbeschaffungsmassnahmen durchzuführen : a. Erstellung, Erweiterung, Umbau und Renovation von inländischen Betriebs-, Verwaltungs- und Wohlfahrtsgebäuden, Kantinen, Kläranlagen Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. II.

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und Kanalisationen sowie Wohnungen für das Personal der Unternehmung; fe. Anschauung von schweizerischen Maschinen, Apparaten, Motoren, technischen Einrichtungen und Transportmitteln der Unternehmung.

a Der Bundesrat kann besondere Ermächtigungen für weitere Arbeitsbeschaffungsmasanahmen erteilen, die der Verbesserung der Exportmöglichkeiten, der Steigerung der allgemeinen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmungen oder auf eine andere Weise der Erhaltung und Vermehrung von Arbeitsplätzen dienen. Er kann nach Anhören der Wirtschaftsverbände hierüber Vorschriften aufstellen.

IV. Der Anspruch auf die Vergütung

Art. 7 Berechnung 1 Die Vergütung gemäss Artikel l dieses Beschlusses entspricht der Differenz zwischen der Wehrsteuer, die rechtskräftig festgesetzt und entrichtet worden ist auf Grund des Eeingewinnes, Eeinertrages oder Einkommens der Geschäftsjahre, aus deren. Ergebnis die Arbeitsbeschaffungsreserve gebildet wurde, und dem Steuerbetrage, der sich nach Abzug der zur Bildung der Arbeitsbeschaffungsreserve verwendeten Teile des Geschäftsertrages ergeben hätte.

2 Wird die Unternehmung unter einer Einzelfirma oder von einer Personengesellschaft oder einer anderen Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit geführt, so entspricht die Vergütung der Differenz zwischen den Wehrsteuerbeträgen, die sich bei Anwendung des Wehrsteuertarifs für ledige Personen auf dem in den massgebenden Jahren erzielten Geschäftseinkommen der Unternehmung ergeben, und den Wehrsteuerbeträgen, die auf dem um die Zuweisung an die Arbeitsbeschaffungsreserve gekürzten Geschäftseinkommen zu entrichten wären.

.

3 Die Vergütung gemäss den Absätzen l und 2 wird durch die Wehrsteuerverwaltung des Kantons ermittelt, in dessen Gebiet die Unternehmung ihren Sitz hat.

. ' Art. 8 Umfang 1 Die Unternehmung · hat Anspruch auf die ganze Vergütung gemäss Artikel 7, sofern sie für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen einen Betrag verwendet hat, welcher der Arbeitsbeschaffungsreserye und der darauf entfallenden Vergütung entspricht.

2 Der Anspruch vermindert sich verhältnismässig, wenn der für die Arbeitsbeschaffungsmassnahmen eingesetzte Betrag nur einen Teil der Eeserve und der darauf entfallenden Vergütung ausmacht.

751 3 Eine entsprechende Verminderung des Anspruches tritt ein, wenn die Unternehmung Schuldscheine vor Beginn der Arbeitsbeschaffungsaktion einlöst.

Art. 9

Nachweis 1

Der Nachweis über die Bildung der Arbeitsbeschaffungsreserve und die durchgeführten Arbeitsbeschaffungsmassnahmen liegt der Unternehmung ob.

2 Der Bundesrat bestimmt die an den Nachweis zu knüpfenden Anforderungen. Er kann nötigenfalls die Dichtigkeit und Vollständigkeit der vorgelegten Beweismittel durch eigene Erhebungen überprüfen.

8 Wird eine Vergütung auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Angaben erwirkt, so ist sie dem Bund zurückzuerstatten.

Art. 10

Übergang und Verjährung 1

Im Falle der Fusion oder der Übernahme einer Unternehmung mit Aktiven und Passiven geht der Anspruch auf die Vergütung auf den Rechtsnachfolger über.

2 Der Anspruch auf die Vergütung verjährt, wenn er nicht innert zwei Jahren nach dem von Bundesrat für die Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmassnahmen festgesetzten Endtermin geltend gemacht wird.

·

V. Vollzug und Inkrafttreten Art. 11

Vollzug Der Bundesrat erlässt die nötigen AusführungsVorschriften.

Art. 12

Beschwerde Gegen alle Entscheide der vom Bundesrat mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragten Behörden, mit Ausnahme der in Artikel 6, Absatz 2, erwähnten Verfügungen, kann innert dreissig Tagen bei einer Rekurskommission als einziger Instanz Beschwerde erhoben werden, 2 Die Rekurskommission besteht aus sieben Mitgliedern, die nach Anhören der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vom Bundesrat ernannt werden. Über ihre Organisation erlässt der Bundesrat ein Règlement.

1

752 3

Für das Beschwerdeverfahren sind die Artikel 127, 128, 180 und 181 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege sinngemäss anwendbar.

Art. 13 Erstmalige Reservebildung Arbeitsbeschaffungsreserven können erstmals für die ins Jahr 1951 fallenden Geschäftsabschlüsse gebildet werden.

Art. 14 Inkrafttreten 1 Der Bundesrat wird beauftragt, diesen Beschluss gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse bekanntzumachen.

2 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses.

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# S T #

Aus den Verhandlungen des Bundesrates

(Vom 20. August 1951) Der Bundesrat hat dem Kanton Tessin folgende Bundesbeiträge bewilligt: a. An die Aufforstungs- und Verbauungskosten «Eovagina e Pedrioli» in der Gemeinde Chiasso ; b. An die Erstellungskosten des Waldweges «Val Bavona, CavergnoMondada» in den Gemeinden Cavergno und Bignasco.

Die Basler Versicherungs-Gesellschaft gegen Feuerschaden in Basel wird zum Betriebe der direkten Transportversicherung ermächtigt.

306

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven der privaten Wirtschaft (Vom 10. August 1951)

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Jahr

1951

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

34

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6090

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.08.1951

Date Data Seite

721-752

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