Originaltext

Vereinbarung zum Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein Abgeschlossen am 29. Januar 2010 Provisorisch angewendet ab 1. Februar 2010 In Kraft getreten am ...

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, haben zur Durchführung des Vertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein1 Folgendes vereinbart:

Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Anwendbares Recht

1) Liechtenstein übernimmt im Sinne der nachstehenden Bestimmungen die Vorschriften der schweizerischen Bundesgesetzgebung über die Umweltabgaben in sein Landesrecht.

2) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vereinbarung massgebliche schweizerische Bundesgesetzgebung betreffend die Umweltabgaben ist in der Anlage I zu dieser Vereinbarung aufgeführt. Anlage II enthält diejenige schweizerische Bundesgesetzgebung, welche im Zusammenhang mit den Umweltabgaben in Liechtenstein direkt anwendbar ist. Änderungen der in den Anlagen genannten schweizerischen Bundesgesetzgebung teilt die Schweiz Liechtenstein auf diplomatischem Wege mit.

3) Die zuständigen schweizerischen Bundesbehörden informieren die zuständigen liechtensteinischen Behörden rechtzeitig über die Einführung neuer Umweltabgaben in der Schweiz und die entsprechende Bundesgesetzgebung, welche allenfalls in die Anlagen I und II zu dieser Vereinbarung aufzunehmen sind.

4) Die zuständigen liechtensteinischen Behörden informieren die zuständigen schweizerischen Bundesbehörden rechtzeitig über bevorstehende Änderungen der liechtensteinischen Gesetzgebung bezüglich die Umweltabgaben sowie über geplante neue Umweltabgaben, welche sich aufgrund der Teilnahme Liechtensteins im EWR ergeben.

SR 0.641.751.411 1 SR 0.641.751.41 2009-2554

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Umweltabgaben. Vereinb. zum Vertrag mit Liechtenstein

5) Zur Gewährleistung der einheitlichen Anwendung der Gesetzgebung über die Umweltabgaben sieht Liechtenstein für strafbare Handlungen gegen deren Bestimmungen zumindest ein dem schweizerischen Recht vergleichbares Strafmass vor.

Art. 2

Vollzug

1) Die gemäss der in den Anlagen aufgeführten Bundesgesetzgebung zuständigen schweizerischen Bundesbehörden vollziehen im Namen und Auftrag Liechtensteins die Gesetzgebung über die Umweltabgaben auf dessen Gebiet. Absatz 2 bleibt vorbehalten. Sie wenden dabei die massgebliche materielle liechtensteinische Gesetzgebung, jedoch das massgebliche schweizerische Verfahrensrecht an. Die Rechtsmittel richten sich nach der schweizerischen Bundesgesetzgebung.

2) Die zuständigen liechtensteinischen Behörden vollziehen die Gesetzgebung analog zu den Zuständigkeiten der entsprechenden Behörden der Schweizer Kantone sowie für den Bereich der CO2-Abgabe die Bestimmungen über die Verteilung und Verwendung des Abgabeertrags.

3) Widerhandlungen gegen die aufgrund dieser Vereinbarung erlassene liechtensteinische Gesetzgebung werden gemäss der massgeblichen liechtensteinischen Gesetzgebung von den zuständigen schweizerischen Bundesbehörden und von den zuständigen liechtensteinischen Behörden verfolgt und beurteilt. Sie wenden dabei das massgebliche schweizerische beziehungsweise liechtensteinische Verfahrensrecht an. Die Rechtsmittel richten sich dabei nach dem jeweiligen Recht.

Kapitel II: Umweltabgaben ohne CO2-Abgabe Art. 3

Entschädigung des Vollzugsaufwands

Die liechtensteinischen Behörden werden für ihren Aufwand beim Vollzug der Gesetzgebung über die Umweltabgaben wie die Schweizer Kantone entschädigt.

Art. 4

Verteilung der Erträge aus den Umweltfinanzierungsabgaben

1) Die in den Hoheitsgebieten der beiden Vertragsstaaten und an der Zollgrenze eingenommenen Erträge aus den Umweltfinanzierungsabgaben werden einem vom Eidgenössischen Finanzdepartement zu errichtenden Pool zugeführt.

2) Jeder der beiden Vertragsstaaten erhält aus dem Pool Abgeltungen für Leistungen, die gemäss den Bestimmungen der Gesetzgebung des jeweiligen Vertragsstaates abgeltungsberechtigt sind.

Art. 5

Verteilung der Erträge aus den Umweltlenkungsabgaben

1) Die in den Hoheitsgebieten der beiden Vertragsstaaten und an der Zollgrenze eingenommenen Erträge aus den Umweltlenkungsabgaben werden einem vom Eidgenössischen Finanzdepartement zu errichtenden Pool zugeführt.

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Umweltabgaben. Vereinb. zum Vertrag mit Liechtenstein

2) Jeder der beiden Vertragsstaaten erhält aus dem Pool jährlich den Anteil am Nettoertrag aus den Umweltlenkungsabgaben, der dem Verhältnis der Einwohnerzahl des jeweiligen Staates zur Gesamtzahl der Einwohner beider Staaten nach der jeweils letzten Volkszählung entspricht.

3) Als Nettoertrag gilt der Ertrag nach Abzug der Rückerstattungen und der Vollzugskosten der Eidgenössischen Zollverwaltung und der anderen Vollzugsbehörden.

Kapitel III: Besondere Bestimmungen zur CO2-Abgabe Art. 6

Verteilung der Erträge aus der CO2-Abgabe

1) Die in den Hoheitsgebieten der beiden Vertragsstaaten und an der Zollgrenze eingenommenen Erträge aus der CO2-Abgabe werden einem vom Eidgenössischen Finanzdepartement zu errichtenden Pool zugeführt.

2) Liechtenstein erhält aus dem Pool jährlich den Anteil, welcher sich aus der Berechnungsformel gemäss Anlage III zu dieser Vereinbarung ergibt.

3) Die Rückverteilung der CO2-Abgabe an Unternehmen in Liechtenstein richtet sich nach den Grundsätzen, die in der Schweiz angewendet werden.

Art. 7

Zuteilung von Emissionsrechten

1) Liechtensteinische Unternehmen, die von der CO2-Abgabe befreit sind, erhalten schweizerische Emissionsrechte von den zuständigen schweizerischen Bundesbehörden zugeteilt. Die entsprechenden Bedingungen und Gebühren richten sich nach der Verordnung des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) über das nationale Emissionshandelsregister.

2) Die zuständigen schweizerischen Bundesbehörden protokollieren sämtliche Vorgänge in Bezug auf die Zuteilung von schweizerischen Emissionsrechten an liechtensteinische Unternehmen und deren Rückgabe an die Bundesbehörden. Sollte sich nach Ablauf der Periode 2008­2012 herausstellen, dass sich die gesamten Emissionen der von der CO2-Abgabe befreiten liechtensteinischen Unternehmen aus dieser Periode von den durch die Schweiz gesamthaft zugeteilten Emissionsrechten an diese Unternehmen unterscheiden, erfolgt zwischen den zuständigen liechtensteinischen und schweizerischen Behörden eine entsprechende Ausgleichsübertragung staatlicher Emissionsrechte (Assigned Amount Units, AAU).

Art. 8

Betreiber von Anlagen nach dem Emissionshandelsgesetz

Liechtensteinische Unternehmen, deren Tätigkeiten in den Anwendungsbereich des Anhangs zum liechtensteinischen Emissionshandelsgesetz vom 23. November 2007 fallen, können sich gegenüber den zuständigen schweizerischen Bundesbehörden nicht zur Begrenzung der CO2-Emissionen verpflichten, erhalten keine Emissionsrechte zugeteilt und sind von der Rückverteilung der CO2-Abgabe ausgeschlossen.

Sie erhalten gegen Nachweis und mit einer Bestätigung der zuständigen liechtensteinischen Behörde über die Genehmigungspflicht der Tätigkeiten nach dem Emis1811

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sionshandelsgesetz die bereits entrichteten Abgaben von der Eidgenössischen Zollverwaltung zurückerstattet.

Kapitel IV: Schlussbestimmungen Art. 9

Zusammenarbeit der Behörden

1) Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

2) Sie teilen sich gegenseitig Wahrnehmungen über unrichtige, unvollständige oder zu Zweifeln Anlass gebende Angaben der den Umweltabgaben unterliegenden Personen und Unternehmen mit. Die zuständigen schweizerischen Bundesbehörden informieren die zuständigen liechtensteinischen Behörden über geplante Kontrollen auf liechtensteinischem Territorium gemäss der liechtensteinischen Gesetzgebung über die Umweltabgaben. Die zuständigen liechtensteinischen Behörden sind bei der Durchführung der Kontrollen anwesend.

3) Rechtskräftige Verfügungen des einen Vertragsstaates sind auch im anderen Vertragsstaat vollstreckbar.

Art. 10

Datenschutz

1) Die beiden Vertragsstaaten geben einander Daten bekannt, soweit dies für die Durchführung dieser Vereinbarung notwendig ist.

2) Die für die Durchführung dieser Vereinbarung notwendigen, von den beiden Vertragsstaaten übermittelten Daten, die Rückschlüsse auf bestimmte Personen zulassen, sind unter Berücksichtigung der in den beiden Vertragsstaaten geltenden Datenschutzbestimmungen zu bearbeiten und zu sichern.

Art. 11

Schiedsgericht

1) Das Schiedsgericht (Art. 3 des Vertrags) wird auf Verlangen eines der beiden Vertragsstaaten von Fall zu Fall gebildet, indem jeder Vertragsstaat ein Mitglied bestellt und beide Mitglieder sich auf einen Angehörigen eines Drittstaates als Vorsitzenden einigen, der von den Regierungen der beiden Vertragsstaaten zu bestellen ist. Die Mitglieder sind innerhalb von drei Monaten zu bestellen, nachdem der eine Vertragsstaat dem andern mitgeteilt hat, dass er die Streitfrage einem Schiedsgericht unterbreiten will.

2) Werden die in Absatz 1 genannten Fristen nicht eingehalten, so kann in Ermangelung einer anderen Vereinbarung jeder der beiden Vertragsstaaten den Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ersuchen, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt dieser die liechtensteinische oder die schweizerische Staatsangehörigkeit oder ist er aus einem anderen Grund verhindert, so nimmt der Vizepräsident die Ernennungen vor. Besitzt auch der Vizepräsident die liechtensteinische oder die schweizerische Staatsangehörigkeit oder ist auch er verhindert, so nimmt das im Rang nächstfolgende Mitglied des Gerichtshofes, das weder die 1812

Umweltabgaben. Vereinb. zum Vertrag mit Liechtenstein

liechtensteinische noch die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, die Ernennungen vor.

3) Das Schiedsgericht entscheidet aufgrund der zwischen den beiden Vertragsstaaten bestehenden Verträge und des allgemeinen Völkerrechts mit Stimmenmehrheit.

Seine Entscheidungen sind bindend. Jeder Vertragsstaat trägt die Kosten des von ihm bestellten Schiedsrichters. Die Kosten des Vorsitzenden sowie die sonstigen Kosten werden von den beiden Vertragsstaaten zu gleichen Teilen getragen. Im Übrigen regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selbst.

Art. 12

Inkrafttreten und Geltungsdauer

1) Diese Vereinbarung wird wie der Vertrag ab dem 1. Februar 2010 vorläufig angewendet.

2) Diese Vereinbarung tritt gleichzeitig mit dem Vertrag in Kraft.

3) Diese Vereinbarung bleibt in Kraft, solange der Vertrag in Kraft ist.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diese Vereinbarung mit ihren Unterschriften versehen.

Geschehen in Bern, in doppelter Ausfertigung in deutscher Sprache, am 29. Januar 2010.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung des Fürstentums Liechtenstein:

Paul Seger

Hubert Büchel

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Umweltabgaben. Vereinb. zum Vertrag mit Liechtenstein

Anlage I (Schweizerische Bundesgesetzgebung) Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01), Artikel 32e Absätze 1 und 2, Artikel 35a Absätze 1­8, Artikel 35b Absätze 1­4, Artikel 35bbis Absätze 1­5, Artikel 35c, Artikel 54, Artikel 61 Absatz 1 Buchstabe i, Absätze 2 und 3, Artikel 61a sowie Artikel 62 Absatz 2.

Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz; SR 641.71), Artikel 1, Artikel 2 Absätze 1, 2 und 7, Artikel 7 Absätze 1­3, Artikel 8 und 9, Artikel 10 Absätze 1, 2, 4 und 5, Artikel 11­14.

Verordnung vom 26. September 2008 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA; SR 814.681), Artikel 1 Buchstabe a, Artikel 2, Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b und c, Absätze 2 und 3, Artikel 4­8 sowie Artikel 17 Absatz 1.

Verordnung vom 12. November 1997 über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCV; SR 814.018) Artikel 1­3, 4 Absätze 1 und 1bis, Artikel 6­22b sowie Anhänge 1 und 2.

Verordnung vom 12. November 1997 über die Lenkungsabgabe auf «Heizöl Extraleicht» mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 Prozent (HELV; SR 814.019), Artikel 1, 2 Absatz 1, Artikel 3 und 3a.

Verordnung vom 15. Oktober 2003 über die Lenkungsabgaben auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 Prozent (BDSV; SR 814.020), Artikel 1, 2 Absatz 1, Artikel 3 sowie 4.

Verordnung vom 8. Juni 2007 über die CO2-Abgabe (CO2-Verordnung; SR 641.712), Artikel 1­24, 26­29, 31 und 32 sowie der Anhang.

Verordnung vom 22. Juni 2005 über die Anrechnung der im Ausland erzielten Emissionsverminderungen (CO2-Anrechnungsverordnung; SR 641.711.1), Artikel 2, 4 und 5 Absatz 2 sowie Artikel 6.

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Umweltabgaben. Vereinb. zum Vertrag mit Liechtenstein

Anlage II (direkt anwendbare schweizerische Bundesgesetzgebung) Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021).

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110).

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG; SR 173.32).

Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0).

Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (LRV; SR 814.318.142.1), Artikel 2 Absatz 1, Artikel 3, 4 und 6 sowie Anhang 1 Ziffer 32.

Verordnung des UVEK vom 27. September 2007 über das nationale Emissionshandelsregister (SR 641.712.2).

Verordnung vom 3. Juni 2005 über die Gebühren des Bundesamtes für Umwelt (Gebührenverordnung BAFU; SR 814.014), Artikel 1­9.

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Umweltabgaben. Vereinb. zum Vertrag mit Liechtenstein

Anlage III (Berechnungsformel betreffend die CO2-Abgabe) Der Anteil, welcher Liechtenstein aus dem Pool nach Artikel 6 Absatz 1 der Vereinbarung zusteht ergibt sich aus der Formel:





X FLi E FLi 1 ASi VK CHi B RückFLi

wobei sich VKCH i aus folgender Formel ergibt:

VK CHi

E FL i 1 E FL i 1 E CH i 1

* VAi

Erläuterung der Abkürzungen i

Jahr

XFL i

Liechtensteinischer Anteil aus dem gemeinsamen Pool nach Artikel 6 Absatz 1 in CHF für das Jahr i

ECHi

CO2-Emissionen der Schweiz des Jahres «i» in Tonnen gem.

CO2-Statistik (nicht klimabereinigte Werte)

EFLi

CO2-Emissionen Liechtensteins des Jahres «i» aus dem Verbrauch fossiler Brennstoffe in Tonnen gemäss Treibhausgas-Inventar

BRück FL i

Gesamthafter Rückerstattungsbetrag für befreite Unternehmen aus Liechtenstein sowie Betreiber von Anlagen nach dem Emissionshandelsgesetz in CHF im Jahr i

VKCH i

Anteil Liechtensteins an den Verwaltungskosten der Schweiz des Jahres «i» in CHF

ASi

Abgabesatz des Jahres «i» in CHF/Tonne CO2-Emission

VAi

Aufwandsentschädigung der Schweizer Vollzugsbehörden des Jahres «i» in CHF gemäss Artikel 30 der schweizerischen CO2-Verordnung, Stand 1. Juli 2007 (AS 2007 2915)

Die konkreten Werte geben sich das BAFU und AFU gegenseitig für jedes Jahr bis zum 15. April des Folgejahres bekannt.

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