zu 04.450 Parlamentarische Initiative Ersatzbeschaffung von Wohneigentum.

Förderung der beruflichen Mobilität Bericht vom 19. Januar 2010 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 31. März 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 19. Januar 2010 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates betreffend Ersatzbeschaffung von Wohneigentum nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. März 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-0652

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 18. Juni 2004 reichte Nationalrat Hegetschweiler eine parlamentarische Initiative (04.450) ein, die eine Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden; StHG; SR 642.14) bei der Ersatzbeschaffung von Wohneigentum verlangt. Insbesondere soll bei der Ersatzbeschaffung für den Aufschub der Grundstückgewinnsteuer die relative Methode zur Anwendung kommen. Bei dieser Methode soll für den Aufschub der Grundstückgewinnsteuer bei einer teilweisen Reinvestition des Veräusserungserlöses auf das Verhältnis zwischen dem Veräusserungserlös der alten Liegenschaft und dem Erwerbspreis für das Ersatzobjekt abgestellt werden. Diese Methode führt dazu, dass auch ein Teil des frei verfügbaren Grundstückgewinns, der nicht reinvestiert wird, dem Steueraufschub unterliegt. Bei der heute geltenden absoluten Methode wird nur der reinvestierte Teil des Gewinns aufgeschoben, während der frei verfügbare Gewinn besteuert wird.

Am 4. Dezember 2007 wurde der parlamentarischen Initiative Folge gegeben. Die danach von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) ausgearbeitete Vorlage beinhaltet nicht nur die gesetzlichen Änderungen für den Wechsel zur relativen Methode, sondern regelt auch die Besteuerungskompetenz der Kantone bei interkantonalen Ersatzbeschaffungen und die gegenseitige Meldepflicht der Kantone. Die Vorlage wurde den interessierten Kreisen zur Stellungnahme unterbreitet.

Im Anschluss an die Vernehmlassung vom 7. April 2009 hat die WAK-N nach ausführlicher Diskussion mit 14 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, dem Rat den ursprünglichen Vernehmlassungsentwurf mit dem Wechsel zur relativen Methode zu unterbreiten (E-StHG).

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Stellungnahme des Bundesrates

Vor dem Inkrafttreten des StHG im Jahre 1993 sahen nicht alle Kantone einen Steueraufschub für Ersatzbeschaffungen von selbstgenutztem Wohneigentum vor.

Mit Ablauf der achtjährigen Umsetzungsfrist waren die Kantone ab 2001 verpflichtet, gestützt auf Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe e StHG einen solchen Steueraufschub zu gewähren. Bei der Festsetzung der Höhe des Steueraufschubs wendeten die Kantone jedoch unterschiedliche Methoden an.

Mit Urteil des Bundesgerichts vom 2. März 2004 (BGE 130 II 202, 2.A.311/2003) wurden die Kantone verpflichtet, die absolute Methode anzuwenden. Das Bundesgericht war in diesem Urteil zum Schluss gekommen, dass nur die absolute Methode harmonisierungskonform ist. In der Folge wechselten auch die Kantone, die zuvor die relative Methode angewendet hatten, auf die absolute Methode. Der Bundesrat ist der Meinung, dass ein erneuter Wechsel zur relativen Methode unpraktikabel und nicht sachgerecht wäre.

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Folgende Gründe sprechen gegen einen Methodenwechsel Vernehmlassungsergebnisse Die Resultate der Vernehmlassung (Ziff. 2.5 des Berichts der WAK-N) zeigen, dass sich eine überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer für die Beibehaltung der absoluten Methode bei der Ersatzbeschaffung einer selbstbewohnten Liegenschaft ausspricht.

Auswirkungen auf Steuerbelastung Mit der relativen Methode kann bei Ersatzbeschaffungen von einem ausgedehnteren Steueraufschub profitiert werden als mit der absoluten Methode. Dies weil auch für einen Teil des nicht reinvestierten Gewinns die Steuer aufgeschoben wird, während bei der absoluten Methode die Steuer nur für den reinvestierten Teil aufgeschoben wird. Zudem wirkt sich der Besitzesdauerabzug für die steuerpflichtige Person positiv aus, denn er wird auf dem aufgeschobenen Gewinn gewährt, der bei der relativen Methode höher ist als bei der absoluten Methode. Die massgebenden Wirkungen eines Methodenwechsels sind somit die steuerliche Privilegierung der Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer und damit verbundene Mindereinnahmen bei den Kantonen (vgl. Ziff. 2.3.9 des Berichts der WAK-N). Auf die Einnahmen der Bundessteuer hat der Methodenwechsel jedoch keinen Einfluss.

Widerspruch zu steuerrechtlichen Prinzipien Die Einführung der relativen Methode würde dem im Steuerrecht vorherrschenden Realisationsprinzip widersprechen. Was vom entstandenen Wertzuwachs, verstanden als Differenz zwischen Anlagekosten und Erlös, nicht mehr in eine Ersatzliegenschaft reinvestiert, sondern realisiert wird, soll in der entsprechenden Steuerperiode der Besteuerung unterliegen. Weiter würde die Einführung der relativen Methode nicht dem verfassungsmässigen Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV; SR 101) entsprechen. Die Nichtbesteuerung von frei verfügbaren Gewinnen würde diesen Grundsatz verletzen.

Verkomplizierung des Steuerrechts Die relative Methode würde zu mehr Steueraufschubfällen führen und damit auch einen höheren Verwaltungsaufwand verursachen. Ausserdem ist sie nicht zuletzt für die steuerpflichtige Person komplizierter als die absolute Methode. Der Bundesrat hält die Schaffung von komplexen und auslegungsbedürftigen Ausnahmetatbeständen nicht für wünschenswert.

Es ist ausserdem darauf hinzuweisen,
dass die absolute Methode der üblichen Betrachtungsweise bei Ersatzbeschaffungen im Unternehmenssteuerrecht entspricht.

Die Anwendung einer anderen Methode bei Liegenschaften im Privatvermögen würde zu einem sachlich nicht erklärbaren Methodendualismus führen.

Mobilität Die absolute Methode steht der beruflichen Mobilität nicht entgegen, wie dies von den Befürworterinnen und Befürwortern der Vorlage geltend gemacht wird. Dies deshalb, weil bei der absoluten Methode nur der nicht reinvestierte Teil des frei verfügbaren Gewinns besteuert wird. Auch die Annahme, dass durch den Wechsel zur relativen Methode ältere Personen vermehrt ihre Liegenschaften jüngeren Generationen überlassen würden, kann nicht nachvollzogen werden. In der Regel spielen 2621

bei älteren Personen im Hinblick auf einen möglichen Wohnortwechsel andere Faktoren eine Rolle («vertraute Wände» und Umgebung, Freunde etc.).

Positive Erfahrungen mit der absoluten Methode in der Praxis Die absolute Methode ist einfach und leicht verständlich. Es wird von mehreren Kantonen festgehalten, dass ihre Anwendung bei den Steuerpflichtigen auf grosse Akzeptanz stösst. Die Steuerbehörden sind zudem mit dieser Methode vertraut. Es ist für den Bundesrat wie für die Kantone nicht einzusehen, warum ohne Not ein Systemwechsel eingeführt werden soll. Besonders in jenen Kantonen, die erst kürzlich von der relativen zur absoluten Methode gewechselt haben, wäre dies der Rechtssicherheit abträglich. Das Vertrauen der Steuerpflichtigen in eine stete Veranlagungspraxis würde erschüttert.

Interkantonale Regelungen Der Bundesrat kann sich (gestützt auf das Vernehmlassungsergebnis) den vorgeschlagenen Regelungen über die Meldepflicht der Kantone (Art. 49a E-StHG) sowie der interkantonalen Besteuerungskompetenz (Art. 12 Abs. 3bis Bst. b E-StHG) bei Ersatzbeschaffungen über die Kantonsgrenze hinweg anschliessen. Unter Weglassung des Buchstabens a zum Vorschlag von Artikel 12 Absatz 3bis E-StHG wäre diese Bestimmung wie folgt zu formulieren: 3bis

Wird im Falle eines Steueraufschubs nach Absatz 3 Buchstabe e die Ersatzliegenschaft veräussert oder deren Nutzung dauerhaft geändert, so sind bei der Ermittlung des Grundstückgewinns die Anlagekosten der Ersatzliegenschaft um den aufgeschobenen Gewinn zu vermindern. Der Grundstückgewinn wird in dem Kanton besteuert, in dem die Ersatzliegenschaft liegt. Bei einer Veräusserung oder dauerhaften Nutzungsänderung innerhalb von fünf Jahren nach der Ersatzbeschaffung bleibt das Nachsteuerverfahren nach Artikel 53 im Kanton, in dem die ersetzte Liegenschaft liegt, vorbehalten.

Verzicht auf den Steueraufschub Die in Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe e E-StHG erwähnte Möglichkeit, auf den Steueraufschub zu verzichten, ist unnötig, da ein Steueraufschub nur gewährt wird, wenn die steuerpflichtige Person der Veranlagungsbehörde eine Ersatzbeschaffung nachweist. Tut sie dies nicht, so erfolgt kein Steueraufschub. In diesem Sinne sollte auf die beabsichtigte Ergänzung des oben erwähnten Artikels verzichtet werden.

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Schlussfolgerungen

Da nach dem oben erwähnten bundesgerichtlichen Urteil alle Kantone, die die absolute Methode vorher nicht praktiziert haben, auf deren Anwendung umgeschwenkt sind, herrscht derzeit eine einheitliche Praxis bei der Ersatzbeschaffung von selbstbewohntem Wohneigentum in der Schweiz. Ein weiterer Systemwechsel von der absoluten zur relativen Methode drängt sich nicht auf. Der Bundesrat erachtet die Anwendung der absoluten Methode als sachgerecht sowie als den verfassungsrechtlich (Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) und veranlagungsökonomisch richtigen Ansatz.

Mit den Regelungen der interkantonalen Besteuerungskompetenz und der interkantonalen gegenseitigen Meldepflicht ist der Bundesrat einverstanden.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt, nur die Regelungen über die Besteuerungskompetenz der Kantone bei interkantonalen Ersatzbeschaffungen und über die gegenseitige Meldepflicht der Kantone weiterzuverfolgen.

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