10.037 Botschaft zum Bundesgesetz über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen vom 12. März 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf des Bundesgesetzes über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2006 M 06.3211

Duty-free-Einkauf bei Rückkehr aus dem Ausland (N 20.12.2006, S 26.09.2007, Kaufmann)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. März 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-3059

2169

Übersicht Mit dem Bundesgesetz über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen soll der abgabenfreie Einkauf bei Ankunft aus dem Zollausland ermöglicht werden. Nach geltendem Recht wird Abgabenfreiheit nur für Waren gewährt, die aus dem schweizerischen Zollgebiet ausgeführt werden. Aus diesem Grund können bislang nur ins Zollausland abfliegende Personen in den Zollfreiläden einkaufen.

Ausgangslage Mit der Annahme der Motion von Nationalrat Hans Kaufmann durch das Parlament am 26. September 2007 wurde der Bundesrat beauftragt, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit nicht nur ins Zollausland abfliegende, sondern auch aus dem Zollausland ankommende Passagiere in den Genuss des abgabenfreien Einkaufs in Zollfreiläden kommen.

Inhalt der Vorlage Grundlage für den Betrieb von Zollfreiläden auf Zollflugplätzen sind Artikel 17 Absatz 1 des Zollgesetzes (ZG)1 und Artikel 69 Absatz 1 der Zollverordnung (ZV)2.

Abgabenfreiheit kann nur für Waren gewährt werden, die aus dem schweizerischen Zollgebiet ausgeführt werden. Mit der Anpassung der Zoll-, Mehrwertsteuer-, Alkohol- und Tabaksteuergesetzgebung in Form eines Mantelerlasses (Bundesgesetz über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen) wird der abgabenfreie Einkauf auch bei Ankunft aus dem Zollausland ermöglicht.

1 2

SR 631.0 SR 631.01

2170

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Hintergrund

Die Weltzollorganisation (WZO)3, der auch die Schweiz angehört, hat am 16. Juni 1960 eine Empfehlung erlassen, wonach der Betrieb von Zollfreiläden nur in Meerhäfen und Zollflughäfen zu bewilligen und in solchen Läden der Verkauf unverzollter und unbesteuerter Waren nur an ins Ausland reisende Personen zu gestatten sei.

Der Bundesrat hat der Aufnahme der Zollfreiläden in die damalige Luftzollordnung zugestimmt, um den schweizerischen Luftverkehr international nicht zu benachteiligen. Mit Inkrafttreten des neuen Zollrechts am 1. Mai 2007 fanden die Bestimmungen der Luftzollordnung nahtlos Eingang in das Zollgesetz (ZG) und die Zollverordnung (ZV).

Mit der Annahme der Motion Kaufmann (06.3211 vom 11.05.2006) am 26. September 2007 durch das Parlament wurde der Bundesrat beauftragt, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit nicht nur ins Zollausland abfliegende, sondern auch aus dem Zollausland ankommende Passagiere in den Genuss des abgabenfreien Einkaufs in Zollfreiläden kommen.

Bereits 2004 hatte Ständerat Hans Hess eine Motion mit gleichem Wortlaut eingereicht (04.3134 vom 18.03.2004); der Bundesrat wurde aufgefordert, beim Einkauf von abgabenfreien Waren sowie von verzollten und versteuerten Waren für die Gleichbehandlung der ins Zollausland abfliegenden und vom Zollausland ankommenden Passagiere zu sorgen. Der Ständerat hatte die Motion damals mit 15 zu 13 Stimmen abgelehnt.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird dem Begehren des Motionärs entsprochen.

1.1.2

Heutiges System des Verkaufs von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen beim Abflug

1.1.2.1

Standorte

Der Verkauf von abgabenfreien Waren auf Flughäfen ist auf Zollfreiläden beschränkt.

Zollfreiläden sind Verkaufsläden auf Zollflugplätzen, in denen Reisende, die ins Zollausland abfliegen, abgabenfreie Waren einkaufen können. Das Betreiben solcher Zollfreiläden ist den Halterinnen und Haltern von Zollflugplätzen mit ständig besetzter Zollstelle vorbehalten.

Zollfreiläden bestehen zurzeit auf den Zollflugplätzen Basel-Mülhausen, Bern-Belp, Genève-Cointrin, Lugano-Agno und Zürich-Kloten.

3

vormals Zollrat; mit Sitz in Brüssel

2171

1.1.2.2

Warensortiment

Die Waren, die in Zollfreiläden oder in den Räumen des Transitbereichs von mobilen Verkaufseinheiten aus abgabenfrei an ins Zollausland abfliegende Reisende verkauft werden dürfen, sind in Artikel 69 Absatz 1 ZV aufgeführt. Es sind dies: Spirituosen, Schaumwein, Körperpflege- und Schönheitsmittel sowie Tabakwaren.

Alle anderen in den Zollfreiläden angebotenen Waren, sogenannte Duty-paidArtikel4, sind mit Zollabgaben, Verbrauchssteuern und Mehrwertsteuer belastet.

1.1.2.3

Kaufberechtigte Personen

Die Zollfreiläden sind jeweils nach der Zollkontrolle angesiedelt. Ein Verbringen der abgabenfreien Waren in den freien inländischen Verkehr ist daher ausgeschlossen. Kaufberechtigt sind Reisende und Airline-Crewmitglieder, die mit einem Linienflugzeug, mit einem gewerbsmässig eingesetzten Nichtlinienflugzeug (Charter- oder Taxiflugzeug), einem ausländischen Staatsluftfahrzeug oder einem Flugzeug der UNO abfliegen. Mit Kontrollmassnahmen wird sichergestellt, dass nur einkaufsberechtigte Reisende und Airline-Crewmitglieder abgabenfrei einkaufen können. Die Reisenden haben sich dem Verkaufspersonal gegenüber mit der Einsteigekarte (Boardingpass, mobile Bordkarte), dem Flug-Coupon oder der mit der Flugnummer versehenen Transitkarte auszuweisen, die Airline-Crewmitglieder mit dem Formular «Purchasing form for airline crew member». Der Warenbezug wird vom Ladeninhaber auf der Verkaufsquittung vermerkt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass keine Reisenden und Airline-Crewmitglieder von Inlandflügen sowie keine Flughafenangestellten abgabenfrei einkaufen.

Den Reisenden wird die verkaufte Ware in einer verschlossenen Tragtasche übergeben, auf der das Verbot des Konsums und der Abgabe an Drittpersonen mehrsprachig aufgedruckt ist.

1.1.2.4

Zollsicherheit

Die Zollfreiläden und deren Betrieb unterstehen der Zollüberwachung und der Zollprüfung. Die Zollorgane haben das Recht, die Zollfreiläden und die dazugehörigen Räume zu betreten, bei der Inhaberin oder dem Inhaber eines Zollfreiladens Auskünfte zu verlangen sowie Daten, Dokumente, Systeme und Informationen zu überprüfen, die für den Vollzug der Zollgesetzgebung von Bedeutung sind.

Die aus dem Ausland im Transit zugeführten Waren werden der Zollstelle zum Zolllagerverfahren, Waren aus dem zollrechtlich freien Verkehr zum Ausfuhrverfahren angemeldet. Das allfällige Recht auf eine Rückerstattung der Abgaben, auf einen Ausfuhrbeitrag oder auf eine Zollbegünstigung im Veredelungsverkehr beginnt mit der Einlagerung.

4

In diesem Kontext beinhaltet der Ausdruck «Duty-paid-Artikel» die mit Zollabgaben, Verbrauchssteuern und Mehrwertsteuer belasteten Waren, obwohl der Ausdruck «duty-paid» fachtechnisch nur die Belastung mit den Verbrauchsteuern und der Mehrwertsteuer abdeckt.

2172

Die Inhaberin oder der Inhaber eines Zollfreiladens trägt die Ein- und Ausgänge der abgabenfreien Waren in eine Bestandesaufzeichnung ein. Der Eintrag erfolgt elektronisch. Die Bestandesaufzeichnung gibt jederzeit einen Überblick über den Warenbestand in den Zollfreiläden. Die Unterlagen über die Warenein- und -ausgänge werden von der Inhaberin oder dem Inhaber des Zollfreiladens aufbewahrt und müssen der Zollstelle auf Verlangen vorgelegt werden.

Mindestens zweimal jährlich wird ein vollumfängliches Inventar durchgeführt.

Ergibt das durchgeführte Inventar einen Unterbestand, so meldet die Inhaberin oder der Inhaber eines Zollfreiladens die fehlenden Waren zur Einfuhrveranlagung an.

Überschüsse werden als Neueingang in die Bestandesaufzeichnung aufgenommen.

Die Inhaberin oder der Inhaber eines Zollfreiladens bürgt gegenüber der Zollverwaltung für die Zahlung der Einfuhrabgaben vom Zeitpunkt der Einlagerung bis zum Zeitpunkt, an dem die Ware durch die kaufberechtigten Reisenden ins Flugzeug verbracht worden ist. Die Zollstelle kann dabei das ordentliche Verbringen der Ware ins Flugzeug kontrollieren.

1.2

Künftiger Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen bei Abflug und Ankunft

Bei der Einführung des abgabenfreien Einkaufs bei der Ankunft aus dem Zollausland werden die bestehenden Bestimmungen über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden vollumfänglich übernommen. Der Einkauf bleibt auf Zollfreiläden auf Zollflugplätzen beschränkt. Das Betreiben der Zollfreiläden ist den Halterinnen und Haltern von Zollflugplätzen vorbehalten und erfordert eine Bewilligung des Eidgenössischen Finanzdepartements. Folgende Waren dürfen abgabenfrei verkauft werden: Spirituosen, Schaumwein, Körperpflege- und Schönheitsmittel sowie Tabakwaren; alle anderen zum Verkauf zugelassenen Waren, sogenannte Duty-paidArtikel, stammen aus dem freien inländischen Verkehr und sind mit Zollabgaben, Verbrauchssteuern und Mehrwertsteuer belastet.

Abgabenfrei einkaufen dürfen Reisende und Airline-Crewmitglieder, die mit einem Linienflugzeug, einem gewerbsmässig eingesetzten Nichtlinienflugzeug, einem ausländischen Staatsluftfahrzeug oder einem Flugzeug der UNO fliegen; sie müssen sich ausweisen. Vom abgabenfreien Einkauf ausgenommen sind Reisende und Airline-Crewmitglieder auf Inlandflügen sowie Flughafenangestellte.

Die Zollfreiläden werden der Zollkontrolle vorgelagert. Die Zollsicherheit ist auch beim Einkauf bei der Ankunft gegeben. Mit anderen Worten, die nach der Ankunft im Zollfreiladen gekauften Waren sind bei der Zollkontrolle anzumelden (roter Durchgang), wenn die übrigen Freimengen für alkoholische Getränke und Tabakwaren oder die Wertfreigrenze überschritten werden. In diesem Zusammenhang haben die Zollorgane Vorkehrungen zu treffen, damit die Duty-paid-Artikel nicht erneut zur Einfuhr in den freien inländischen Verkehr veranlagt werden, da sie ja aus dem freien inländischen Verkehr stammen und somit mit Zoll, Verbrauchssteuern und Mehrwertsteuer belastet sind.

2173

1.3

Europäisches und weltweites Umfeld

Heute kann in weltweit 58 Ländern bei der Ankunft abgabenfrei eingekauft werden.

5 von diesen Ländern befinden sich in Europa, nämlich Gibraltar, Island, Norwegen, Serbien und die Türkei. Gibraltar5 ist als europäisches Überseeterritorium des Vereinigten Königreichs das einzige Gebiet innerhalb der EU, das den abgabenfreien Einkauf bei der Ankunft aus dem Ausland kennt, und dies obwohl das EU-Recht einen solchen Einkauf nicht vorsieht und den abgabenfreien Einkauf lediglich bei Reisenden toleriert, die das EU-Gebiet verlassen.

Die Diskussionen über die Sicherheit und die damit verbundenen Massnahmen im Luftverkehr (Sicherheitskontrollen, Gepäckrestriktionen wie Flüssigkeitsverbot ab bestimmten Mengen) haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass mehrere Länder das Thema des abgabenfreien Einkaufs bei der Ankunft aus dem Ausland wieder aufgenommen haben, im Sinne einer Ergänzung und Alternative zum heutigen abgabenfreien Einkauf für Reisende ins Ausland.

Parallel dazu gibt es bereits heute zahlreiche Länder, in denen bei der Ankunft aus dem Ausland in einem Zollfreiladen eingekauft werden kann. Es handelt sich dabei vielfach um ein Hybridformat namens «travel value», wie es dies zum Beispiel in Tschechien im Flughafen Prag Ruzyné gibt: Die Kundinnen und Kunden können die Waren vergünstigt kaufen, weil die Inhaberin oder der Inhaber des Zollfreiladens die Marge auf der Ware senkt. Diese Waren sind jedoch mit den jeweils landesüblichen Abgaben belegt, weshalb es sich genau genommen nicht um abgabenfreie Waren handelt.

1.4

Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer begrüsst die Vorlage des Bundesrates.

Hervorgehoben werden insbesondere die Vorteile, die von der Einführung des sogenannten «tax free on arrival»6 erwartet werden: die positiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, die Beibehaltung der Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Zollflugplätze im europäischen Wettbewerb, die Stärkung des Tourismusstandortes Schweiz, die Vorteile in Bezug auf die seit dem 11. September 2001 immer strenger werdenden Sicherheitsbestimmungen an Bord und nicht zuletzt das attraktive und bequeme Angebot für die Reisenden selbst. Die Minderheit der Vernehmlassungsteilnehmer, die sich gegen die Einführung des abgabenfreien Einkaufs bei der Ankunft aus dem Zollausland ausspricht, vertritt die Ansicht, dass es sich primär um eine Privilegierung des Flugverkehrs handelt, die zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber den anderen Verkehrsarten führt und sich somit nicht mit den Bestimmungen über die Rechtsgleichheit und die Wettbewerbsneutralität in der Bundesverfassung vereinbaren lässt. Zudem weisen sie darauf hin, dass die EU den «tax free on arrival» nicht kennt und die Vorlage somit den Bestrebungen der Schweiz nach einer weitestgehenden Europakompatibilität zuwiderlaufe. Ausserdem werde 5 6

Gibraltar gehört nicht zum Zollgebiet der EU.

In diesem Kontext beinhaltet der Ausdruck «tax free on arrival» sowohl den mehrwertsteuer- und verbrauchssteuerfreien wie auch den zollfreien Einkauf, obwohl der Ausdruck «tax free» fachtechnisch nur die Befreiung von der Mehrwertsteuer und den Verbrauchssteuern abdeckt.

2174

dem Ziel der WHO-Konvention, wonach der Verkauf von Tabakfabrikaten in Zollfreiläden verboten werden soll, nicht gefolgt.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Zollgesetz (ZG; SR 631.0)

Art. 16

Waren des Reiseverkehrs

Artikel 16 regelt die Zollpflicht für Waren des Reiseverkehrs. Mit der Ergänzung in Absatz 2 wird festgehalten, dass Waren, die jemand bei der Ankunft aus dem Zollausland in inländischen Zollfreiläden erwirbt, ebenfalls als Waren des Reiseverkehrs gelten.

Für Waren, die in inländischen Zollfreiläden erworben werden, gelten die gleichen Freimengen und Wertfreigrenzen wie für diejenigen, die über die Zollgrenze mitgeführt werden. Die darüber hinaus mitgeführten Mengen sind von den Reisenden in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen.

Art. 17

Zollfreiläden im Flugverkehr; Lagerung von Vorräten für Bordbuffetdienste

Da das Begehren, den Betrieb von Zollfreiläden auf andere Verkehrsarten auszuweiten, bereits einmal an die Bundesverwaltung herangetragen wurde, wird der Flugverkehr in der Sachüberschrift explizit erwähnt.

In Absatz 1bis wird festgehalten, dass zollfreie Waren neu auch an Reisende verkauft werden können, die aus dem Zollausland ankommen. Der Bundesrat bezeichnet diese Waren in Artikel 69 ZV, dessen Absatz 1 im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung ebenfalls angepasst werden wird.

In Absatz 2 werden die Zollfreiläden nicht mehr erwähnt, weil für diese neu eigene Bestimmungen gelten.

Art. 21

Zuführungspflicht

Nach Absatz 1 sind alle Waren, die ins Zollgebiet verbracht oder danach übernommen werden, einer Zollstelle zuzuführen. Waren, die jemand bei der Ankunft aus dem Zollausland in Zollfreiläden erwirbt, befinden sich bereits im Zollgebiet. In diesem Fall sind die ankommenden Reisenden zuführungspflichtig, da sie die Ware durch Kauf im Zollfreiladen übernehmen. Die Ergänzung in Absatz 1 regelt den abweichenden Verfahrensablauf und dient in diesem speziellen Fall als Präzisierung und dazu, allfälligen Missverständnissen vorzubeugen.

Art. 61

Ausfuhrverfahren

Das Ausfuhrverfahren dient dem Überführen der Waren ins Zollausland, das heisst, die Waren werden aus dem freien inländischen Verkehr ausgeführt. Wer Waren ausführen will, muss sie zum Ausfuhrverfahren anmelden. Dieses gilt als abgeschlossen, wenn die Waren ordnungsgemäss ins Zollausland, in ein Zollfreilager oder ins Transitverfahren übergeführt werden. Eine allfällige Erstattung von Einfuhrzoll- und Steuerabgaben erfolgt nur, sofern der Nachweis einer ordentlichen 2175

Ausfuhr erbracht werden kann. Damit auch die inländischen Waren, die in Zollfreiläden verbracht und an vom Zollausland ankommende Reisende verkauft werden, von dieser Regelung profitieren können, sind sie gleich wie ausgeführte Waren zu behandeln.

Ausländische Waren (die nicht in den freien inländischen Verkehr verbracht wurden) werden nach den allgemein geltenden Zollvorschriften in einen Zollfreiladen übergeführt.

2.2

Mehrwertsteuergesetz (MWSTG; SR 641.20)

Art. 23 Die Zollfreiläden gelten als im Inland gelegen. Diese Gesetzesbestimmung ermöglicht es den Inhaberinnen und Inhabern dieser Läden, Gegenstände, die nach Artikel 17 Absatz 1bis ZG durch den Bundesrat zu bezeichnen sind, an nachgewiesenermassen aus dem Zollausland ankommende oder an ins Zollausland abfliegende Reisende steuerfrei zu verkaufen.

Art. 52 Nach Absatz 1 unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Einfuhrsteuer. Der Kauf von Gegenständen nach Artikel 17 Absatz 1bis ZG in Zollfreiläden durch aus dem Zollausland ankommende Reisende erfolgt im Inland und ist dort von der Steuer befreit. Überführt ein aus dem Zollausland ankommender Reisender solche Gegenstände in den zollrechtlich freien Verkehr, so unterliegen diese ebenfalls der Steuer auf der Einfuhr. Vorbehalten bleibt die Steuerbefreiung nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a MWSTG. Nach dieser Bestimmung sind unter anderem Gegenstände von der Steuer befreit, die nach den Artikeln 63­67 ZV (8. Abschnitt: Reiseverkehr) zollfrei zugelassen werden (Art. 1 Bst. b der Verordnung des EFD vom 11. Dezember 2009 über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder mit geringfügigem Steuerbetrag; SR 641.204). Überführen aus dem Zollausland ankommende Reisende somit Gegenstände nach Artikel 17 Absatz 1bis ZG in den zollrechtlich freien Verkehr, für welche die Artikel 63­67 ZV die Zollbefreiung vorsehen, so wird auch keine Steuer erhoben.

Die Ergänzung in Absatz 1 bezweckt, dass aus dem Zollausland ankommende Reisende nur die Mengen gemäss den Artikeln 63­67 ZV steuerfrei in den zollrechtlich freien Verkehr überführen können, und zwar ungeachtet dessen, ob sie die Gegenstände im Zollausland oder nach Artikel 17 Absatz 1bis ZG in einem inländischen Zollfreiladen erworben haben. Zudem dient sie der Transparenz, um allfällige Unklarheiten auszuräumen.

Aus dem Inland ankommende Reisende (z.B. von Zürich-Flughafen nach Genf fliegende Passagiere) haben keinen Anspruch auf steuerbefreiten Einkauf in einem Zollfreiladen. In diesen Fällen fällt aber auch keine Einfuhrsteuer an, da die Reisenden das Inland ja nie verlassen haben. Die Flugpassagiere müssen die Anspruchsberechtigung auf zollfreien Einkauf bei der Ankunft nachweisen, wie dies bereits heute beim Abflug gilt.

2176

2.3

Alkoholgesetz (AlkG; SR 680)

Art. 36 Nach Artikel 36 Absatz 1 AlkG wird bei der Ausfuhr von Erzeugnissen, zu deren Herstellung fiskalisch belastete gebrannte Wasser verwendet worden sind, für die verwendete Menge von solchen eine Rückvergütung geleistet. Nach geltendem Recht gilt als Ausfuhr das Verbringen von Waren ins Zollausland, nicht aber in Zollfreiläden.

Das Verbringen von Waren in einen Zollfreiladen wird nach dem geänderten Artikel 61 Absatz 3 ZG als Abschluss des Ausfuhrverfahrens angesehen. Damit Waren, die mit einer Alkoholsteuer gemäss Alkoholgesetz belastet sind, beim Verbringen in einen Zollfreiladen entsteuert werden können, muss das Alkoholgesetz entsprechend angepasst werden.

2.4

Tabaksteuergesetz (TStG; SR 641.31)

Art. 24 Das Verbringen von Waren in einen Zollfreiladen wird nach dem geänderten Artikel 61 Absatz 3 ZG als Abschluss des Ausfuhrverfahrens angesehen.

Für nach Artikel 9 TStG im Inland hergestellte Tabakfabrikate entsteht die Steuerschuld, sobald sie für die Abgabe an die Verbraucherin oder den Verbraucher fertig verpackt sind. Die Steuer wird dem Hersteller nur zurückerstattet, wenn er den Nachweis einer ordentlichen Ausfuhr erbringen kann. Damit auch Tabakfabrikate, die in Zollfreiläden verbracht und dort verkauft werden, von diesem Drawback profitieren können, werden in die Zollfreiläden verbrachte Tabakfabrikate gleich behandelt wie ausgeführte Tabakfabrikate.

Ausländische oder unversteuerte inländische Tabakfabrikate werden nach den allgemein geltenden Zollvorschriften in einen Zollfreiladen übergeführt.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Heute werden die Waren zu einem grossen Teil in einem Zollfreiladen im Zollausland oder im grenznahen Zollausland erworben und somit innerhalb der Freimengen und Wertfreigrenzen abgabenfrei in die Schweiz eingeführt. Der Bundesrat geht davon aus, dass sich diese Einkäufe im Flugverkehr vom Zollausland in die schweizerischen Zollfreiläden verlagern werden und dass dem Bund somit keine Mindereinnahmen entstehen.

Die Erweiterung des Einkaufs von abgabenfreien Waren an Reisende, die aus dem Zollausland ankommen, wird bei der Zollverwaltung auf den Zollflugplätzen zusätzliche Personalressourcen in der Grössenordnung von insgesamt fünf Stellen erfordern. Diese sind angesichts der zu erwartenden Zunahme der Umsätze in den Zollfreiläden mit einem Mehraufwand im Bereich der Kontrollen und der Administration zu begründen. Dieser Mehrbedarf wird im Budget der EZV kompensiert.

2177

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Betreiberinnen und Betreiber der inländischen Zollfreiläden erwarten Mehrerträge; mit diesen Mehrerträgen werden die Standortkantone der Flughäfen und die Kantone, in denen die Mehrerträge der Betreiberinnern und Betreiber der Zollfreiläden zu versteuern sind, zusätzliche Steuereinnahmen generieren. Anderweitige Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sind nicht zu erwarten.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Gemäss Wirtschaftvertretern wird die Schaffung dieser Einkaufsmöglichkeit die Schweizer Flughäfen und den Tourismusstandort Schweiz stärken. Die Möglichkeit des abgabenfreien Einkaufs bei der Ankunft erhöht den Komfort der Reisenden, da diese nicht mehr gezwungen sind, entsprechende Einkäufe auf dem Abflughafen zu tätigen. Profitieren werden aber auch die Fluggesellschaften selber, kann doch davon ausgegangen werden, dass weniger Gepäck an Bord genommen wird, was aus Platz-, Gewichts- und Sicherheitsgründen ein Vorteil ist. Zudem können in der Schweiz rund 60­80 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Betreiberinnen und Betreiber von Zollfreiläden rechnen mit einem geschätzten Mehrumsatz von insgesamt 50­60 Millionen Franken pro Jahr. Die zusätzlichen Einkünfte für die Flughafenbetreiber werden gesamthaft auf 20­30 Millionen Franken beziffert; diese Einkünfte werden durch die Mieterträge erzielt, die an die Umsätze der Zollfreiläden gekoppelt sind.

Eine nennenswerte Benachteiligung des schweizerischen Detailhandels ist nicht zu erwarten, da die Freimengen für die Einfuhr von Alkohol und Tabak, den beiden wichtigsten Steuerfreiprodukten, beibehalten werden und bei den übrigen Produkten eine Wertfreigrenze von 300 Franken gilt. Ausserdem bedeutet der abgabenfreie Einkauf bei der Ankunft hauptsächlich eine Verlagerung der Einkäufe vom Zollausland in die Schweiz. Im Vergleich zum heutigen Einkauf in den benachbarten Grenzregionen ist der Umfang jedoch gering.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 20087 über die Legislaturplanung 2007­2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 20088 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt. Der Erlass des Bundesgesetzes über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen ist dennoch angezeigt, da das Parlament den Bundesrat beauftragt hat, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

7 8

BBI 2008 753 BBl 2008 8543

2178

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Das Bundesgesetz über den Einkauf von Waren in Zollfreiläden auf Flughäfen stützt sich auf die Verfassungsbestimmungen, die den zu ändernden Gesetzen zugrunde liegen, das heisst Artikel 133 BV9 für das Zollgesetz, Artikel 130 BV für das Mehrwertsteuergesetz, die Artikel 105 und 131 Absatz 1 Buchstabe b BV für das Alkoholgesetz und Artikel 131 Absatz 1 Buchstabe a BV für das Tabaksteuergesetz.

Nicht zu übersehen ist, dass die Möglichkeit für Flugpassagiere, bei der Ankunft Waren abgabenfrei zu erwerben, die bestehende Privilegierung des Luftverkehrs gegenüber dem Reiseverkehr auf der Strasse, auf der Schiene oder auf Wasserwegen verstärkt. Wer für Auslandferien das Flugzeug benützt, wird bessergestellt als Personen, die für ihre Ferien die Eisenbahn oder Autocars benützen. Da es um reine Inlandumsätze geht, stellt sich auch die Frage, weshalb Flugpassagiere, die einen Flughafen aus dem Ausland anfliegen, bessergestellt sein sollen als solche, die denselben Flughafen von einem inländischen Flughafen aus anfliegen. Ferner werden auch die Zollfreiläden in den Flughäfen für bestimmte Inlandumsätze gegenüber anderen Anbietern derselben Waren privilegiert. Damit stellt sich die Frage, ob sich diese Privilegierungen vor dem Hintergrund der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) rechtfertigen lassen und ob sie auf einem öffentlichen Interesse beruhen, das für eine Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV, im Vordergrund steht hier der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität) vorauszusetzen ist (vgl. Art. 36 BV). Diese Fragen wurden im Rahmen der Vernehmlassung kontrovers diskutiert. Wenn mit der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer davon auszugehen ist, dass die Massnahme indirekt den Flughäfen zugutekommt und die Förderung der Flughäfen im öffentlichen Interesse liegt, und wenn zugleich unterstellt wird, dass der abgabenfreie Einkauf bei der Ankunft auf einem Flughafen eher die ausländischen Zollfreiläden als den inländischen Detailhandel konkurrenziert, kann man das öffentliche Interesse und die Verhältnismässigkeit der mit der Massnahme verbundenen Ungleichbehandlung als gegeben erachten.

5.2

Verhältnis zum europäischen Recht und Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das EU-Recht sieht den abgabenfreien Verkauf nur für Reisende vor, die das Gebiet der EU verlassen. Sie kennt weder den abgabenfreien Verkauf im Verkehr innerhalb der EU noch den abgabenfreien Einkauf bei der Ankunft aus Drittstaaten (Verord-

9

SR 101

2179

nung (EG) Nr. 1186/200910, Richtlinie 2007/74/EG11, Richtlinie 2006/112/EG12 und Artikel 14 der Richtlinie 2008/118/EG13).

Der Rat der Europäischen Union entschied 1991 einstimmig, den abgabenfreien Verkauf für Reisende innerhalb der EU auf den 1. Juli 1999 aufzuheben (Richtlinie 91/680/EWG14; Richtlinie 2008/118/EG). Er begründete seinen Entscheid namentlich damit, dass der abgabenfreie Verkauf innerhalb des Binnenmarktes eine Anomalität darstelle: Steuerbefreite Verkäufe genossen damals einen Steuervorteil von 2 Milliarden ECU jährlich. Dies verursachte schwere Wettbewerbsverzerrungen und bevorzugte die Flug- und Fährenreisenden gegenüber den Reisenden anderer Verkehrsträger. Vom Entscheid des Ministerrats nicht betroffen ist der abgabenfreie Verkauf von Waren nach Drittländern und der Verkauf von Waren zum unmittelbaren Verbrauch an Bord von Flugzeugen und Schiffen.

Es gibt kein Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, mit dem sich der abgabenfreie Einkauf von Waren bei der Ankunft aus dem Zollausland nicht vereinbaren lässt.

Das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC)15 schlägt eine Einschränkung oder ein Verbot des Verkaufs von steuer- oder zollfreien Tabakerzeugnissen an internationale Reisende vor (Art. 6). Jede Vertragspartei soll entsprechende Massnahmen ergreifen, um dem nachzukommen. Die für die Schweiz gültigen Mengenbeschränkungen (z.B. 200 Zigaretten) erfüllen diese Anforderungen. Die Schweiz hat das Übereinkommen am 25. Juni 2004 unterzeichnet. Die Ratifizierung ist jedoch noch offen.

Gestützt auf Artikel 15 FCTC hat im Juli 2009 in Genf die 3. Verhandlungsrunde (INB-3) über ein Zusatzprotokoll16 zum FCTC gegen den illegalen Handel mit Tabakfabrikaten stattgefunden (Art. 11). Der steuer- und zollfreie Verkauf von Tabakfabrikaten ist dabei ebenfalls Thema. Zurzeit werden verschiedene Vorschläge bis hin zu einem totalen Verkaufsverbot von Tabakfabrikaten in Zollfreiläden erarbeitet.

10 11

12 13

14

15 16

Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen, ABl. L 324 vom 10.12.2009, S. 23 Richtlinie 2007/74/EG des Rates vom 20. Dezember 2007 über die Befreiung der von aus Drittländern kommenden Reisenden eingeführten Waren von der Mehrwertsteuer und den Verbrauchssteuern, ABl. L 346 vom 29.12.2007, S. 6 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG, ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 1 Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen, ABl. L 376 vom 31.12.1991, S. 1 WHO Framework Convention on Tobacco Control, 2003, (besucht am 8. Januar 2010)> FCTC/COP/INB-IT/3/5 Rev.1, Genf 2009, S. 26, (besucht am 8. Januar 2010)

2180

5.3

Erlassform

Nach Artikel 22 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200217 erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes. Das vorliegende Gesetz unterliegt dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

17

SR 171.10

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