10.019 Botschaft zu einer Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 20. Januar 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zu einer Änderung des Raumplanungsgesetzes (RPG) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2009

P

09.3054

Direkter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative.

Für eine nachhaltige Raumentwicklung in der Schweiz (S 11.06.09, Werner Luginbühl)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Januar 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-2762

1049

Übersicht Am 14. August 2008 wurde die Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)» eingereicht, die sich gegen die fortschreitende Zersiedlung richtet und die Landschaft besser schützen will. Der Bundesrat hat beschlossen, diesem Volksbegehren einen indirekten Gegenvorschlag in Form einer Teilrevision des Raumplanungsgesetzes gegenüberzustellen.

Nach Auffassung des Bundesrates ist das Grundanliegen der Landschaftsinitative berechtigt. Mit dem Gegenvorschlag soll denn auch signalisiert werden, dass der Bundesrat die Anliegen der Landschaftsinitiative ernst nimmt, deren Erfüllung auf anderem Weg aber als Ziel führender erachtet.

Nach Auffassung des Bundesrates lassen sich die Anliegen der Landschaftsinitiative ohne Verfassungsänderung erreichen; er verzichtet daher auf einen direkten Gegenentwurf.

Die vorliegende Teilrevision des Raumplanungsgesetzes fokussiert auf die Themen, die einen direkten Zusammenhang mit der Landschaftsinitiative aufweisen. Auf diese Weise sollen die aktuell drängendsten Probleme der schweizerischen Raumplanung, nämlich die Zersiedelung und der Kulturlandverlust, gezielt angegangen werden.

Inhaltlich beschränkt sich die Revisionsvorlage auf den Bereich der Siedlungsentwicklung. Der Bundesrat verkennt jedoch nicht, dass auch weitere Themen revisionsbedürftig sind. Diese bedürfen aber ­ gerade auch im Lichte der im Frühjahr 2009 durchgeführten Vernehmlassung zu einem neuen Bundesgesetz über die Raumentwicklung ­ noch vertiefter Diskussion. Sie sollen daher in einer späteren, dem indirekten Gegenvorschlag nach gelagerten Revisionsetappe, angegangen werden.

Mit der vorliegenden Teilrevision sollen die Ziele und Grundsätze der Raumplanung im Interesse des Kulturlandschutzes verdeutlicht werden.

Die Vorlage enthält klare Vorgaben an die Richtpläne zur besseren Steuerung der Siedlungsentwicklung und sieht für Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt neu einen ausdrücklichen Richtplanvorbehalt vor. Die Richtpläne sollen innerhalb einer vorgegebenen Frist an die neuen bundesrechtlichen Vorgaben angepasst werden. An den ungenutzten Ablauf der Frist sollen Rechtsfolgen geknüpft werden.

Angesichts des Umstandes, dass die Bauzonen vielerorts überdimensioniert sind, sollen im Bereich der Bauzonen künftig höhere Anforderungen an Neueinzonungen gestellt werden.

Schliesslich sollen die Kantone die nötigen Massnahmen treffen, damit das Bauland auch tatsächlich überbaut werden kann.

1050

Inhaltsverzeichnis Übersicht

1050

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.2.1 Direkter Gegenentwurf 1.2.2 Thematisch breiter angelegte Teilrevision 1.3 Die beantragte Neuregelung 1.3.1 Zielsetzung und Massnahmen zur Zielerreichung 1.3.2 Wirkungszusammenhänge 1.4 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.4.1 Beurteilung der vorgeschlagenen Lösung in der konferenziellen Anhörung 1.4.2 Umstrittene Punkte 1.4.3 Revision auch bezüglich Themen ohne direkten Zusammenhang mit der Landschaftsinitiative 1.5 Umsetzung 1.6 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

1052 1052 1054 1054 1055 1056 1056 1057 1058 1058 1060 1061 1062 1063 1064

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Ziele (Art. 1) 2.2 Planungsgrundsätze (Art. 3) 2.3 Richtplanung 2.3.1 Allgemeine Bemerkungen 2.3.2 Grundlagen (Art. 6) 2.3.3 Mindestinhalt der Richtpläne (Art. 8) 2.3.4 Richtplaninhalt Siedlung (Art. 8a) 2.4 Bauzonen (Art. 15) 2.5 Förderung der Verfügbarkeit der Bauzonen (Art. 15a) 2.6 Übergangsbestimmungen (Art. 37b)

1064 1064 1065 1065 1065 1066 1067 1069 1071 1075 1078

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Andere Auswirkungen

1079 1079 1079 1080 1081

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

1081

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Verhältnis zum europäischen Recht

1082 1082 1083

Bundesgesetz über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) (Entwurf)

1085 1051

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Das Raumplanungsgesetz1 ist mittlerweile 30 Jahre alt. Obwohl mit dem RPG über die Jahre hinweg positive Effekte im Raum erzielt werden konnten, haben sich im Laufe der Zeit doch auch Mängel und Lücken des geltenden Rechts gezeigt. So bildet das RPG die räumliche Realität lückenhaft ab. Obwohl die Metropolitanräume, Agglomerationen und Städte für die räumliche und wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz immer wichtiger werden, erwähnt sie das geltende RPG nicht.

Zersiedelung und Kulturlandverlust als drängende Probleme der schweizerischen Raumentwicklung konnten mit dem geltenden Recht zwar entschärft, aber nicht gelöst werden. Zudem sind auch Siedlung und Verkehr zum Teil noch ungenügend aufeinander abgestimmt. Die Raumentwicklung in der Schweiz kann daher insgesamt noch nicht als nachhaltig bezeichnet werden.

Bei dieser Situation erachtete es der Bundesrat als nötig, die geltende Raumplanungsgesetzgebung vertieft daraufhin zu überprüfen, ob sie die aktuellen Probleme noch zeitgemäss und adäquat zu lösen vermag. Er hat die Revision des RPG daher sowohl in die Legislaturplanung 2003­20072 als auch in diejenige von 2007­20113 aufgenommen. Der Bundesrat hat damit klar gemacht, dass im Interesse einer haushälterischen Bodennutzung die Zersiedelung eingedämmt und die Ansprüche an den Raum besser aufeinander abgestimmt werden müssen und dass er zu diesem Zweck das RPG aktualisieren wird. Die diesbezüglichen Arbeiten sind 2006 angelaufen.

Am 14. August 2008 wurde die Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)» eingereicht, die sich gegen die fortschreitende Zersiedlung richtet und die Landschaft besser schützen will. Zu diesem Zweck soll Artikel 75 der Bundesverfassung geändert werden4.

Das Grundanliegen der Landschaftsinitiative ist berechtigt. Die Sensibilität für die von der Initiative angesprochenen Probleme ist in der Öffentlichkeit ­ gerade seit den Diskussionen um die Einzonung von 55 ha Landwirtschaftsland für die Ansiedlung eines Biopharma-Unternehmens in der freiburgischen Gemeinde Charmey (Galmiz) ­ denn auch entsprechend gross. Der Bundesrat hat daher am 19. September 2008 beschlossen, diesem Volksbegehren einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Auf diese Weise signalisiert er, dass er die Anliegen der Landschaftsinitiative ernst nimmt, deren Erfüllung
auf anderem Weg aber als zielführender erachtet.

Bei Einreichung dieser Volksinitiative waren die Arbeiten am Entwurf zu einem neuen Raumentwicklungsgesetz (E-REG), mit dem das RPG hätte ersetzt werden sollen, bereits weit fortgeschritten. Die in Aussicht genommene umfassende Revi1 2 3 4

Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700).

Vgl. hierzu den Bericht des Bundesrates vom 25. Februar 2004 über die Legislaturplanung 2003­2007 (BBl 2004 1166).

Vgl. hierzu die Botschaft vom 23. Januar 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 803).

Vgl. hierzu die Botschaft vom 20. Januar 2010 zur Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)», BBl 2010 1033.

1052

sion des RPG nahm sich dabei auch der Themen an, die in der Landschaftsinitiative ausdrücklich erwähnt werden. Statt einen spezifischen, nur die Themen der Landschaftsinitiative aufnehmenden Gesetzesentwurf erarbeiten zu lassen, erachtete es der Bundesrat bei dieser Situation als sinnvoll, den Entwurf für ein neues Raumentwicklungsgesetz als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative in die Vernehmlassung zu geben. Diese wurde am 12. Dezember 2008 eröffnet und dauerte bis zum 17. April 2009, wobei die Frist in einzelnen Fällen bis Ende April 2009 erstreckt wurde. Zur Vernehmlassung wurden das Bundesgericht, sämtliche Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete sowie der Wirtschaft und 51 weitere interessierte Organisationen eingeladen.

Der Entwurf zu einem neuen Raumentwicklungsgesetz ist von der überwiegenden Zahl der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser abgelehnt worden. Viele von ihnen erachteten zudem ausdrücklich auch die Konzeption dieses Gesetzesentwurfs als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative als problematisch, da dieser thematisch weit über den Gegenstand der Landschaftsinitiative hinausgehe. Auf eine Gesamtüberarbeitung des RPG wird daher verzichtet.

Trotz Ablehnung einer umfassenden Revision wurde ein Handlungsbedarf jedoch von einer grossen Zahl der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser anerkannt. Die Vernehmlassung hat somit den Befund, dass das RPG revisionsbedürftig ist, bestätigt, zugleich aber auch sichtbar gemacht, dass unter den gegebenen Umständen nur Teilrevisionen konsensfähig sind.

Vor dem Hintergrund der Landschaftsinitiative wurde die sehr breit angelegte Vernehmlassungsvorlage nunmehr auf die Themen fokussiert, die einen direkten Zusammenhang mit diesem Volksbegehren aufweisen. Dies drängt sich jedoch nicht allein als Reaktion auf die Landschaftsinitiative, sondern vor allem auch deshalb auf, weil Zersiedelung und Kulturlandverlust die aktuell drängendsten Probleme der schweizerischen Raumplanung darstellen, die nun gezielt angegangen werden müssen. Die Bestrebungen zur Begrenzung des Siedlungswachstums sind in der Vernehmlassung im Grundsatz denn auch breit unterstützt worden.

Das geltende Raumplanungsrecht hält Bund, Kantone und Gemeinden
ausdrücklich dazu an, dafür zu sorgen, dass der Boden haushälterisch genutzt wird (Art. 1 Abs. 1 RPG). Siedlungsspezifische Konkretisierungen finden sich sodann sowohl auf der Ebene der Ziele als auch auf der Ebene der Planungsgrundsätze (Art. 1 und Art. 3 Abs. 3 RPG). Im Weiteren wird die Thematik der Siedlungsentwicklung nur noch im Zusammenhang mit den Grundlagen, welche die Kantone im Hinblick auf die Erstellung ihrer Richtpläne zu erarbeiten haben, ausdrücklich angesprochen. Materielle Anforderungen an den Inhalt der kantonalen Richtpläne im Bereich «Siedlung» kennt das geltende Recht nicht. Hier bestehen klare Lücken. Die Tatsache, dass die Bauzonen vielerorts immer noch überdimensioniert sind, macht zudem deutlich, dass künftig präziser geregelt werden sollte, unter welchen Voraussetzungen Land neu einer Bauzone zugewiesen werden darf, und auch klarere Richtlinien namentlich für die Berechnung des Bedarfs an Bauzonen nötig sind, um die Dimensionierung der Bauzonen in Zukunft besser auf den effektiven Bedarf ausrichten zu können. Um die Zersiedelung einzudämmen und den Kulturlandverlust entsprechend zu stoppen, bedarf es schliesslich auch klarerer Regelungen, die auf eine Verbesserung der Verfügbarkeit des in den Bauzonen gelegenen Landes zielen. Auch hier erweist sich das geltende Recht als lückenhaft.

1053

Zur besseren Begrenzung des Siedlungswachstums bedarf es entsprechender gesetzlicher Anpassungen. Als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative wird daher eine thematisch auf diese Fragestellungen zugeschnittene Teilrevision des Raumplanungsgesetzes zur Diskussion gestellt.

1.2

Untersuchte Lösungsmöglichkeiten

1.2.1

Direkter Gegenentwurf

Ständerat Werner Luginbühl hat am 4. März 2009 ein Postulat (09.3054) eingereicht, mit dem der Bundesrat beauftragt wird, die Möglichkeit zu prüfen, «dem Parlament einen direkten Gegenvorschlag zur eidgenössischen Volksinitiative in Form einer Teilrevision von Artikel 75 der Bundesverfassung vorzulegen». Der Bundesrat hat sich am 6. Mai 2009 bereit erklärt, diesen Prüfungsauftrag anzunehmen, woraufhin der Ständerat das Postulat am 11. Mai 2009 überwiesen hat. Vereinzelt wurde zudem auch in der Vernehmlassung statt eines indirekten ein direkter Gegenentwurf gefordert.

Gemäss Landschaftsinitiative soll die Raumplanung neu eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen sein. Die Vernehmlassung zum Entwurf zu einem neuen Raumentwicklungsgesetz hat nun aber deutlich gezeigt, dass eine Kompetenzverschiebung von den Kantonen zum Bund politisch derzeit kaum Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Verbundaufgaben sind aber auch deshalb problematisch, weil sich daraus zwangsläufig immer wieder schwierig zu beantwortende Abgrenzungsfragen ergeben. Darauf hat insbesondere auch der Rat für Raumordnung hingewiesen, der den Bundesrat als ständige ausserparlamentarische Kommission in raumordnungspolitischen Grundsatzfragen berät5.

Die Trennung des Baugebietes vom Nichtbaugebiet, die in dem von der Landschaftsinitiative neu vorgeschlagenen Verfassungstext erwähnt wird, gilt bereits heute unbestrittenermassen als ungeschriebenes Verfassungsrecht. Deren ausdrückliche Erwähnung in der Verfassung schafft zwar Transparenz, bringt aber nichts Neues.

Auch die weiteren von der Landschaftsinitiative ausdrücklich angesprochenen Themen ­ hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen, Begrenzung des Bauens im Nichtbaugebiet und, damit im Zusammenhang stehend, der Schutz des Kulturlandes ­ sind bereits heute Schwerpunktthemen der Raumplanung. Der Bund darf in diesen Bereichen daher auch gemäss geltendem Verfassungsrecht (Art. 75 BV) einlässliche Bestimmungen erlassen6, ohne dass es hierzu einer vorgängigen Verfassungsänderung bedürfte.

Aus diesen Überlegungen erachtet es der Bundesrat nicht als zielführend, der Landschaftsinitiative einen direkten Gegenentwurf gegenüberzustellen. Mit einem griffigen Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe lassen sich die Ziele der Landschafts5 6

Vgl. Artikel 5 der Verordnung vom 22. Oktober 1997 über die raumordnungspolitische Koordination der Bundesaufgaben (SR 709.17).

Vgl. hierzu MartinLendi, St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 2008, zu Art. 75 BV, Rz. 25 und Riccardo Jagmetti in: Aubert et al. (Hrsg.), Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, Basel/Bern/Zürich, 1991, zu Art. 22quater, Rz. 106.

1054

initiative zudem rascher erreichen, als mit der allfälligen Annahme einer Volksinitiative, die dann noch auf Gesetzesstufe umgesetzt werden müsste.

1.2.2

Thematisch breiter angelegte Teilrevision

Im Rahmen der Vorarbeiten wurde geprüft, ob der Gegenstand der nun vorliegenden Teilrevision erweitert werden sollte. Diese Frage hat sich insbesondere bezüglich der bundesrechtlichen Vorgaben zu einzelnen Themen gestellt, die im Rahmen der kantonalen Richtplanung zu behandeln sind. Im Vordergrund stand hier die Ergänzung des Gesetzesentwurfs um konkrete Vorgaben an den Richtplaninhalt im Bereich «Landschaft», zum Teil auch im Bereich der Ver- und Entsorgung, wobei das Schwergewicht hier auf dem Energiebereich lag. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Frage, wie diese Themen im RPG behandelt werden sollen, noch vertieft geprüft werden muss. Die Vernehmlassungsergebnisse haben denn auch deutlich gemacht, dass die diesbezüglichen Vorschläge noch nicht als hinreichend ausgereift beurteilt wurden. Von einer zu raschen Legiferierung ist daher im Interesse der Sache abzusehen (vgl. jedoch Ziff. 1.4).

Eine Integration der Thematik des Bauens ausserhalb der Bauzonen in den indirekten Gegenvorschlag hat sich ebenfalls nicht als sinnvoll erwiesen. Dies ungeachtet des Umstandes, dass die Landschaftsinitiative ausdrücklich auch von Bestimmungen zur Begrenzung des Bauens im Nichtbaugebiet spricht. Die Vernehmlassung hat einmal mehr gezeigt, wie kontrovers diese Thematik diskutiert wird. Hier rasch befriedigende und politisch tragfähige Lösungen zu finden, ist kaum möglich. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass dieser Themenbereich unter Einbezug der interessierten Kreise breit diskutiert werden muss. Innerhalb der kurzen Frist, die für die Erarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zur Landschaftsinitiative zur Verfügung steht, ist dies nicht möglich; denn gemäss Artikel 97 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20027 muss der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zum Gegenvoschlag innerhalb von 18 Monaten nach Einreichung der Volksinitiative unterbreiten. Im Falle der Landschaftsinitiative läuft diese Frist am 14. Februar 2010 ab. Verbesserungen im Bereich des Bauens ausserhalb der Bauzonen sollen daher ausserhalb des Gegenvorschlags zur Landschaftsinitiative gesucht werden (vgl. Ziff. 1.4).

Es ist unbestritten, dass der Zweitwohnungsbau einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Siedlungsentwicklung hat. In besonderem Masse gilt dies für touristische Gebiete. Eine Gesetzesvorlage
zur Steuerung des Zweitwohnungsbaus mit raumplanerischen Massnahmen hat der Bundesrat mit seiner Botschaft8 zu einer RPG-Änderung als flankierende Massnahme zur Aufhebung der Lex Koller9 beim Parlament indessen bereits anhängig gemacht. Da der Zweitwohnungsbau für die Raumplanung unabhängig vom Schicksal der Lex Koller eine besondere Herausforderung darstellt, bleibt dieses Geschäft aktuell, auch nachdem die eidgenössischen Räte die bundesrätliche Vorlage zur Aufhebung der Lex Koller10 an den Bundesrat 7 8 9 10

SR 171.10 Vgl. BBl 2007 5765 Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG; SR 211.412.41).

Vgl. hierzu die Botschaft vom 4. Juli 2007 zur Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BBl 2007 5743).

1055

zurückgewiesen haben11. In dieser Situation macht es aus der Sicht des Bundesrates keinen Sinn, diese Thematik in den indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative zu integrieren. Die Vorlage zum Zweitwohnungsbau ist im Parlament pendent und kann unabhängig von der vorliegenden Teilrevision weiterbehandelt werden.

Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass der Gegenstand des indirekten Gegenvorschlags zur Landschaftsinitiative nicht über den Bereich der Siedlungsentwicklung hinaus erweitert werden soll.

1.3

Die beantragte Neuregelung

Die beantragte Neuregelung nimmt sich nur der Themen an, die unmittelbar eine Antwort auf die Anliegen der Landschaftsinitiative geben. Die Identifikation dieser Themen ergibt sich aus der Analyse des mit der Landschaftsinitiative vorgeschlagenen Verfassungstexts12.

1.3.1

Zielsetzung und Massnahmen zur Zielerreichung

Mit der vorliegenden Teilrevision des Raumplanungsgesetzes sollen die Zersiedelung eingedämmt und ­ als Folge einer verstärkt nach innen gelenkten Siedlungsentwicklung ­ das Kulturland besser geschützt werden. Zu diesem Zweck soll das RPG im nachfolgend skizzierten Sinn angepasst werden: Die Ziele der Raumplanung (Art. 1) sollen in dem Sinn ergänzt werden, dass der Grundsatz, das Baugebiet vom Nichtbaugebiet zu trennen, die Siedlungsentwicklung nach innen sowie das Gebot, kompakte Siedlungen zu schaffen, neu ausdrücklich in den Zielkatalog aufgenommen werden. Zudem sollen die Planungsgrundsätze (Art. 3) dahingehend ergänzt werden, dass brachliegende Flächen besser genutzt und Wohn- und Arbeitsgebiete neu gut und nicht mehr bloss hinreichend durch den öffentlichen Verkehr erschlossen sein sollen.

Die Revisionsvorlage legt das Schwergewicht auf den kantonalen Richtplan als zentrales Koordinations- und Steuerungsinstrument der Kantone. Die Siedlungsentwicklung soll daher künftig verstärkt über die kantonalen Richtpläne gesteuert werden, was klare bundesrechtliche Vorgaben erfordert (Art. 6, 8, 8a und 37b Abs. 1). So sollen die Richtpläne künftig insbesondere aufzeigen, wie gross die Siedlungsfläche insgesamt und ihre räumliche Verteilung im Kanton sein sollen und wie Siedlungserweiterungen regional abgestimmt werden sollen. Die Fragen im Zusammenhang mit der Dimensionierung und der allfälligen Verkleinerung zu grosser Bauzonen sowie die Strategien, um eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen zu bewirken, sollen neu zwingend Thema des kantonalen Richtplans sein, der dem Bundesrat zur Genehmigung einzureichen ist. Auf diese Weise sollen die Möglichkeiten der Kantone und des Bundes verbessert werden, konsequenter als dies heute der Fall ist, auf eine Siedlungsentwicklung hinzuwirken, die mit den verfassungsrechtlichen Zielen der haushälterischen Bodennutzung und der geordneten Besiedlung des Landes im Einklang steht.

11 12

AB 2008 N 249 260; AB 2008 S 421 507 511 Vgl. hierzu die Botschaft vom 20. Januar 2010 zur Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)», BBl 2010 1033.

1056

Die Voraussetzungen, dass Land neu einer Bauzone zugewiesen werden darf, sollen erhöht werden. Neueinzonungen sollen insbesondere nur noch dann zulässig sein, wenn die inneren Nutzungsreserven mobilisiert sind, die Verfügbarkeit des neu einzuzonenden Landes sichergestellt ist und damit die Vorgaben des kantonalen Richtplans im Nutzungsplan umgesetzt werden (Art. 15). Die Kantone sollen angehalten werden, ihre Richtpläne innerhalb von fünf Jahren an die neuen bundesrechtlichen Vorgaben anzupassen (Art. 37b Abs. 1). Innerhalb dieser Übergangsfrist sollen Neueinzonungen nur noch bei flächengleichen Rückzonungen zulässig sein (Art. 37b Abs. 2). Nach Ablauf dieser Frist soll die Ausscheidung neuer Bauzonen in den Kantonen vorübergehend unzulässig sein, deren Richtplananpassung noch nicht vom Bundesrat genehmigt wurde (Art. 37b Abs. 3).

Schliesslich sollen die Kantone verpflichtet werden, die Massnahmen zu treffen, die notwendig sind, damit die Bauzonen «auf den Markt» kommen und ihrer bestimmungsgemässen Nutzung, nämlich der Überbauung, zugeführt werden können (Art. 15a). Nicht verfügbar gemachtes Bauland erhöht den Druck, mit neuen Bauzonen auf die grüne Wiese hinauszuwachsen. Dies soll künftig besser verhindert werden können.

1.3.2

Wirkungszusammenhänge

Die Massnahmen sollen konkret dazu führen, dass bestehende, raumplanerisch aber ungeeignet gelegene Bauzonen (Bauzonen «im Grünen») vermehrt zurückgezont werden und neu nur noch Land einer Bauzone zugewiesen wird, das raumplanerisch geeignet ist (vorwiegend Bauzonen an zentral gelegenen, gut erschlossenen Standorten). Auf diese Weise soll ein Beitrag geleistet werden, um die Zersiedelung zu bremsen. Ein weiterer Effekt der vorgesehenen Massnahmen ist die bessere Ausnutzung der Fläche: Weil die Ausnutzung bei raumplanerisch geeigneten Bauzonen in der Regel höher sein wird als bei raumplanerisch ungeeigneten Flächen und die Menge raumplanerisch ungeeigneter Bauzonen gesamthaft zurückgehen sollte, entsteht per Saldo eine höhere Siedlungsdichte13. Bei konstant bleibender Bruttogeschossfläche pro Kopf würde dadurch das Siedlungswachstum gebremst und damit der Bodenverbrauch (pro Kopf) gesenkt.

Das Potenzial an unüberbauten Bauzonen ist beträchtlich. Mit den vorgesehenen Massnahmen sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass das bestehende Bauland vermehrt überbaut wird. So können etwa mittels Landumlegungen oder anderer bodenrechtlicher Massnahmen bessere Voraussetzungen für die Überbaubarkeit der einzelnen Grundstücke geschaffen werden. Weiter soll neu bundesrechtlich das Instrument der Bauverpflichtung zur Verfügung gestellt werden (Art. 15a Abs. 2), mit dem Eigentümerinnen und Eigentümer von in Bauzonen gelegenen Grundstücken verpflichtet werden können, brachliegendes Bauland innert einer Frist zu überbauen. Auf diese Weise können bestehende Bauzonen, die ansonsten unüberbaut bleiben würden, tatsächlich für Siedlungszwecke genutzt und das Siedlungswachstum entsprechend nach innen gelenkt werden. Dies senkt den Druck, neue Gebiete einzuzonen, und bremst dadurch auch die Zersiedelung. Allerdings führen die vorgesehenen Massnahmen nicht zu einer definitiven Siedlungsbegren-

13

Vgl. Bundesamt für Raumentwicklung, Raumentwicklungsbericht 2005, S. 33­38.

1057

zung, sondern lediglich zu einer Verlangsamung der Siedlungsausdehnung und zu einer effizienteren Raumnutzung.

1.4

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Aus den unter Ziffer 1.2.2 dargelegten Gründen beschränkt sich die Teilrevision des RPG auf den Bereich der Siedlungsentwicklung. Die knappe Zeit, die für die Erarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zur Verfügung steht, macht es unumgänglich, sich auf die Punkte zu konzentrieren, die eine Antwort auf die Anliegen der Landschaftsinitiative zu geben vermögen.

Die Erarbeitung des vorliegenden Gesetzesentwurfs wurde durch die Kantone ­ auf fachlicher und auf politischer Ebene ­ sowie durch den Städte- und den Gemeindeverband eng begleitet. Auf diese Weise sollte bereits in einer frühen Phase sichergestellt werden, dass die Vorschläge auch von den mit dem Vollzug der Raumplanungsgesetzgebung betrauten Staatsebenen auf ihre Umsetzbarkeit hin beurteilt werden konnten.

Trotz der knappen Zeit, die zwischen dem Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens und der Fertigstellung des indirekten Gegenvorschlags zur Landschaftsinitiative zur Verfügung stand, und ohne dass eine diesbezügliche Pflicht bestanden hätte, wurde den Kantonen, den Parteien und den interessierten Kreisen die Gelegenheit eingeräumt, sich im Rahmen einer konferenziellen Anhörung zu den im Licht der Vernehmlassungsergebnisse überarbeiteten Bestimmungen zum Themenbereich der Siedlungsentwicklung zu äussern.

1.4.1

Beurteilung der vorgeschlagenen Lösung in der konferenziellen Anhörung

An der konferenziellen Anhörung vom 6. Oktober 2009 haben 9 Kantone, 3 der in der Bundesversammlung vertretenen Parteien sowie 53 interessierte Verbände und Organisationen teilgenommen. Im Nachgang zur Anhörung sind noch 39 schriftliche Stellungnahmen eingereicht worden.

Die als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative zur Diskussion gestellte Teilrevision des Raumplanungsgesetzes wurde von der überwiegenden Zahl Anhörungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüsst. Lediglich deren 6, darunter die SVP, erachteten einen Gegenvorschlag als unnötig. Vereinzelt wurde eine Teilrevision des RPG gefordert, in der sämtliche anstehenden Probleme und Herausforderungen angegangen werden.

Ziele und Grundsätze Die Vorschläge zu den Zielen und Planungsgrundsätzen (Art. 1 und 3) wurden grossmehrheitlich unterstützt. Vor allem von landwirtschaftlicher Seite wurde indessen befürchtet, dass die ausdrückliche Verankerung des Grundsatzes, das Baugebiet vom Nichtbaugebiet zu trennen, für die Landwirtschaft negative Auswirkungen in dem Sinne zeitigen könnte, dass Bauten und Anlagen, die für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung nötig sind, künftig nicht mehr im heutigen Ausmass zulässig sein 1058

könnten. Diese Befürchtung ist unbegründet. Der Trennungsgrundsatz gehört seit jeher zu den fundamentalen Zielen der Raumplanung. Zudem wird mit der vorliegenden Teilrevision an den Bestimmungen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen nichts geändert. Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen, die gestützt auf das geltende Recht erstellt werden dürfen, werden auch künftig zulässig sein. Von verschiedener Seite kritisch beurteilt wurde zudem der Vorschlag, wonach die Wohn- und Arbeitsgebiete durch das öffentliche Verkehrsnetz künftig gut erschlossen sein sollen, weil dies nicht in allen Gegenden möglich beziehungsweise sinnvoll sei. Da die Planungsgrundsätze als Handlungsanweisungen an die planenden Gemeinwesen zu verstehen sind und aufzeigen, was die planenden Gemeinwesen tun «sollen», bietet diese Bestimmung genügend Flexibilität, um das Erfordernis der «guten» Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr abgestimmt auf die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten anwenden zu können. Im Interesse einer künftig nachhaltigeren Raumplanung erscheint es indessen angezeigt, bei der Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr künftig etwas höhere Anforderungen zu stellen.

Bestimmungen zur Richtplanung Die vorgeschlagenen Bestimmungen zur kantonalen Richtplanung (Art. 6, 8, 8a und 37b Abs. 1), die auf eine Stärkung des kantonalen Richtplans zielen, fanden breite Unterstützung. Vereinzelt wurde gefordert, dass insbesondere auch bezüglich der Landschaft konkrete Vorgaben an den Inhalt des kantonalen Richtplans gemacht werden sollten. Einzelne Vorschläge zielten darauf ab, den Richtplaninhalt um präzisere Vorgaben zu den Bauzonen, insbesondere auch bezüglich Etappierung von Erschliessung und Überbauung zu ergänzen. Derartige Präzisierungen gingen indessen zu weit, da der Richtplan im Bereich «Siedlung» dadurch seinen Charakter als übergeordnete Planung verlieren und in einem zu detaillierten Mass die Nutzungsplanung vorwegnehmen würde. Vereinzelt wurde die für die Anpassung der kantonalen Richtpläne an die neuen bundesrechtlichen Anforderungen vorgesehene Frist von fünf Jahren als zu kurz beurteilt.

Bestimmungen zu den Bauzonen Die Bestimmungen zu den Bauzonen (Art. 15 sowie 37b Abs. 2 und 3) wurden mehrheitlich unterstützt. Gewisse Vorbehalte wurden bezüglich des Erfordernisses angebracht, wonach Land nur dann
neu einer Bauzone zugewiesen werden darf, wenn dessen Verfügbarkeit rechtlich sichergestellt ist (Art. 15 Abs. 3 Bst. c). Diese Anforderung erscheint indessen wichtig, da es zu verhindern gilt, dass bereits bei der Einzonung wieder potenzielles Bauhortungsland geschaffen wird. Kontrovers diskutiert wurden die Absätze 2 und 3 von Artikel 37b, die davon handeln, wie mit den bestehenden Bauzonen während der Frist, binnen derer die Kantone ihre Richtpläne an die neuen bundesrechtlichen Anforderungen anpassen müssen, umzugehen ist, beziehungsweise was gelten soll, wenn ein Kanton nach Ablauf dieser Frist noch über keine vom Bundesrat genehmigte Richtplananpassung verfügt. Vereinzelt werden diese Bestimmungen abgelehnt, andere hingegen fordern klare Sanktionen für den Fall des unbenutzten Ablaufs der Übergangsfrist sowie eine klare bundesrechtliche Frist, binnen derer die Nutzungspläne anzupassen sind. Die vorgeschlagene Lösung liegt in der Mitte dieser beiden Positionen. Aus der Sicht des Bundesrates kann es nicht angehen, im Gesetz eine Übergangsfrist zu setzen, ohne zu sagen, was während dieser Frist bzw. nach deren Ablauf geschehen soll. Er erachtet es

1059

jedoch als Aufgabe der Kantone, ihren Gemeinden eine Frist für die Anpassung ihrer Nutzungspläne an die geänderten Vorgaben des kantonalen Richtplans zu setzen.

Vor allem von Seiten der Trägerorganisationen der Landschaftsinitiative wurde überdies eine zusätzliche Bestimmung zur Etappierung von Erschliessung und Bebauung der Bauzonen vorgeschlagen. Aus der Sicht des Bundesrates handelt es sich hierbei um Regelungen zum Bauzonenmanagement, deren allfälliger Erlass in die kantonale Kompetenz fällt und daher keiner entsprechenden bundesrechtlichen Regelung bedarf.

Massnahmen gegen die Baulandhortung Die Notwendigkeit, der Baulandhortung entgegenzuwirken, wird kaum bestritten.

Die Meinungen gehen jedoch bei der Beantwortung der Frage auseinander, auf welche Weise dies geschehen soll. Zum Teil wird gefordert, die Wahl der geeigneten Massnahmen ausschliesslich den Kantonen zu überlassen, ohne im Bundesrecht irgendwelche Instrumente zu erwähnen. Vereinzelt werden bodenrechtliche Zwangsmassnahmen als inakzeptabler Eingriff in die Eigentumsgarantie generell abgelehnt.

Einige lehnen eine Bauverpflichtung zumindest für Grundstücke in bestehenden Bauzonen ab.

1.4.2

Umstrittene Punkte

Bei der Vorbereitung des Gesetzesentwurfs haben vor allem zwei Themen zu kontroversen Diskussionen Anlass gegeben, die auch im Rahmen der konferenziellen Anhörung angesprochen wurden. Es handelt sich um die Mehrwertabschöpfung zum einen und zum anderen um die Frage, ob in den Gesetzesentwurf eine explizite Auszonungspflicht aufgenommen werden solle.

Mehrwertabschöpfung Im Rahmen der Vernehmlassung zum Entwurf zu einem neuen Raumentwicklungsgesetz wurden Bedeutung und Nutzen der Mehrwertabschöpfung von einer grossen Zahl von Vernehmlasserinnen und Vernehmlassern unterstrichen. Vereinzelt wurde auch gefordert, dass für den Fall, dass die Kantone den sich aus Artikel 5 Absatz 1 ergebenden Auftrag, einen angemessenen Ausgleich für erhebliche planerische Vorund Nachteile vorzusehen, nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfüllen, eine direkt anwendbare subsidiäre bundesrechtliche Regelung vorzusehen sei. Die Frage, wie mit der Thematik der Mehrwertabschöpfung umgegangen werden soll, ist bei der Vorbereitung der vorliegenden Teilrevision ­ gerade auch mit den Kantonen ­ breit diskutiert worden. Wird in den Fällen, in denen ein Grundstück neu einer Bauzone zugewiesen wird, der dadurch entstehende Mehrwert teilweise abgeschöpft, so kann dies die angestrebte Wirkung zeitigen, dass ­ zwecks Vermeidung dieser Abgabe ­ vermehrt bestehende Bauzonenreserven genutzt werden. In den Fällen, in denen eine Neueinzonung sachgerecht und notwendig erscheint, werden dadurch zudem Mittel zur Mitfinanzierung von Entschädigungen generiert, die bei Auszonungen entrichtet werden müssen. Die Mehrwertabschöpfung, wie sie im geltenden Recht (Art. 5 Abs. 1 RPG) vorgesehen ist, gewinnt daher mit den neu vorgeschlagenen Regelungen tendenziell an Bedeutung. Der Bundesrat ist daher ­ gerade auch vor dem Hintergrund der im Rahmen der Hauptversammlung der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) vom 17. September 2009 1060

geführten Diskussion ­ der Auffassung, dass mit Bezug auf die Mehrwertabschöpfung nicht hinter das geltende Recht zurückgegangen und Artikel 5 Absatz 1 unverändert beibehalten werden soll. Weitergehende Lösungen erachtet er als nicht konsensfähig.

Auszonungspflicht Bei der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs wurde auch diskutiert, ob die Kantone in Artikel 15 explizit angehalten werden sollen, Land, das zu einer rechtskräftigen Bauzone gehört, unter bestimmten Voraussetzungen neu einer Nichtbauzone zuzuweisen. Ähnliche Vorschläge wurden auch im Rahmen der konferenziellen Anhörung unterbreitet.

Die vorgeschlagene Lösung stellt im Bereich der Steuerung der Siedlungsentwicklung den kantonalen Richtplan ins Zentrum. Insbesondere sollen die Kantone in ihrem Richtplan auch festlegen, wie sie sicherstellen wollen, dass die Bauzonen den neuen Anforderungen von Artikel 15 RPG entsprechen. In diesem Kontext wird sich ­ ausgehend von der Feststellung, dass die Bauzonen in der Schweiz noch vielerorts zu gross dimensioniert sind ­ zwangsläufig die Frage stellen, wie Bauzonen reduziert werden, die unter Berücksichtigung vorhandener innerer Nutzungsreserven voraussichtlich nicht innert 15 Jahren benötigt, erschlossen und überbaut werden. Abgestützt auf die im Richtplan getroffenen Festlegungen werden Auszonungen daher ohnehin vorzunehmen sein. Auf eine explizite Auszonungspflicht im Gesetz kann daher verzichtet werden.

1.4.3

Revision auch bezüglich Themen ohne direkten Zusammenhang mit der Landschaftsinitiative

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass nicht allein im Bereich der Siedlungsentwicklung Handlungsbedarf besteht. Die Vernehmlassungsergebnisse haben vielmehr gezeigt, dass auch Themen, die über die Landschaftsinitiative hinausgehen, revisionsbedürftig sind. Zudem weist das geltende Recht Lücken auf, die es zu schliessen gilt.

Diese Themen bedürfen jedoch ­ dies haben die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens gezeigt ­ noch vertiefter Diskussion und allenfalls substanzieller Anpassungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf. Der Bundesrat hat daher am 21. Oktober 2009 beschlossen, diese Themen nicht sofort, sondern erst in einer späteren, dem indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative nach gelagerten Revisionsetappe anzugehen.

Thematisch steht dabei Folgendes im Vordergrund: Verdeutlichungen zu den Bundesplanungen ­ auch im Verhältnis zu den kantonalen Richtplänen; bessere Berücksichtigung der Anliegen der funktionalen Räume (z.B. gesetzliche Verankerung der Agglomerationsprogramme); besserer Schutz der besten landwirtschaftlichen Böden, insbesondere der Fruchtfolgeflächen; Stärkung der kantonalen Richtpläne (Verdeutlichungen im Bereich der Grundlagen, klare bundesrechtliche Vorgaben in den Bereichen Verkehr, Ver- und Entsorgung, Landwirtschaft, Natur und Landschaft) sowie die Optimierung und Vereinfachung der heutigen Ordnung zum Bauen ausserhalb der Bauzonen, ohne sie grundlegend neu zu gestalten. Die Vernehmlassung und jüngste Diskussionen haben überdies gezeigt, dass auch im Bereich der künf-

1061

tigen Nutzung des Untergrunds und dessen Behandlung in der Planung Handlungsbedarf besteht.

Die Arbeiten dazu sollen im Verlaufe dieses Jahres an die Hand genommen werden.

Um eine tragfähige Vorlage erarbeiten zu können, wird es auch bezüglich dieser zweiten Etappe von grosser Bedeutung sein, die Interessierten in geeigneter Weise in die Arbeiten mit einzubeziehen.

1.5

Umsetzung

Der Vollzug des Raumplanungsrechts des Bundes ist Sache der Kantone. Für die Umsetzung der neuen Regelungen wird vor allem den in Artikel 15 Absatz 4 vorgesehenen Richtlinien für die Zuweisung von Land zu den Bauzonen, namentlich der Berechnung des Bedarfs an Bauzonen, grosse Bedeutung zukommen. Bund und Kantone sollen diese Richtlinien zusammen erarbeiten. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Lösungen gefunden werden, die zum einen im Einklang mit den übergeordneten Zielen und Grundsätzen der Raumplanung und den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen stehen und die zum anderen von Seiten jener, die mit der konkreten Umsetzung im Raum betraut sind, auch stets auf deren Vollzugstauglichkeit hin beurteilt werden können. Da die Nutzungsplanung in aller Regel Sache der Gemeinden ist, wird darauf zu achten sein, dass auch die kommunale Ebene frühzeitig und substanziell in den Erarbeitungsprozess eingebunden wird.

Neben den in Artikel 15 Absatz 4 neu vorgesehenen Richtlinien werden ­ gestützt auf Artikel 8 der Raumplanungsverordnung14 ­ zudem auch die Richtlinien für die Erstellung der kantonalen Richtpläne zu ergänzen sein. Auch hier wird eng mit den Kantonen und ­ soweit nötig ­ der kommunalen Ebene zusammenzuarbeiten sein. Die neuen, beziehungsweise ergänzten Richtlinien werden spätestens auf das Inkrafttreten des neuen Rechts hin vorliegen müssen.

In einem ersten Umsetzungsschritt werden die Kantone ihre Richtpläne an die neuen bundesrechtlichen Anforderungen anzupassen haben. Sobald die Richtplananpassung durch den Bundesrat genehmigt ist, werden die Gemeinden ihre Nutzungspläne anzupassen haben. Sollten kommunale Nutzungspläne den Anforderungen des Richtplans nicht genügen, so hat die kantonal zuständige Behörde (Art. 26 Abs. 2 RPG) ihnen die Genehmigung zu verweigern oder, soweit möglich, die nötigen Korrekturen anzubringen. Nötigenfalls wird das Bundesamt für Raumentwicklung kommunale Nutzungspläne gerichtlich überprüfen lassen können15. Dies käme in den Fällen in Betracht, in denen ein kommunaler Nutzungsplan von der kantonal zuständigen Behörde genehmigt würde, obwohl dieser mit Artikel 15 und der vom Bundesrat genehmigten Richtplananpassung nicht übereinstimmt.

14 15

Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1).

Art. 111 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, (BGG; SR 173.110) in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 Bst. a BGG und Art. 48 Abs. 4 RPV.

1062

1.6

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens soll in Form zweier Teilrevisionen des RPG Rechnung getragen werden (vgl. hierzu Ziff. 1.4). Im Folgenden soll daher kurz auf die wesentlichen Ergebnisse dieses Verfahrens hingewiesen werden.

Zum E-REG liessen sich das Bundesgericht, alle Kantone (ausser AppenzellInnerrhoden), sieben Parteien, die drei Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, fünf Dachverbände der Wirtschaft sowie 44 der angeschriebenen Organisationen vernehmen. Zusätzlich zu den offiziell zur Vernehmlassung Eingeladenen äusserten sich weitere 173 Organisationen und Gesellschaften, acht Städte und Gemeinden sowie neun interessierte Privatpersonen zur Vernehmlassungsvorlage. Insgesamt gingen damit 275, zum Teil sehr umfangreiche Vernehmlassungen ein.

Die Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser haben sich mit den unterbreiteten Änderungsvorschlägen zum Teil sehr einlässlich auseinandergesetzt. Für die Einzelheiten kann auf den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung verwiesen werden16.

Eine Totalrevision des RPG wird von der überwiegenden Zahl der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser abgelehnt. Gleichwohl wird in verschiedenen Bereichen Handlungsbedarf signalisiert.

Die Vernehmlassungsvorlage wird verbreitet als zu zentralistisch beurteilt. Sie greift nach Ansicht vieler Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser in die verfassungsrechtlichen Kompetenzen der Kantone ein. Vor allem aus der Sicht der Wirtschaftsverbände, zum Teil aber auch der Kantone und weiterer Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser verletzt der E-REG überdies die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie.

Das Vernehmlassungsverfahren hat auch deutlich gezeigt, dass RPG-Änderungen dann grössere Aussichten auf Erfolg haben, wenn die Kantone, denen die Raumplanung im Rahmen der vom Bund festgelegten Grundsätze obliegt (Art. 75 Abs. 1 BV), bereits in einer frühen Phase substanziell in die Revisionsarbeiten einbezogen werden.

Mit Blick auf die einzelnen Themen der Revisionsvorlage vermittelt die Vernehmlassung grob folgendes Bild:

16

­

Im Rahmen der Bundesplanungen hat sich die zur Diskussion gestellte Verbindlichkeit des Raumkonzeptes Schweiz für Kantone und Gemeinden nicht als konsensfähig erwiesen. Die Notwendigkeit, sich im RPG verstärkt mit der Planung in funktionalen Räumen (z.B. über Agglomerationsprogramme) auseinanderzusetzen, wurde hingegen grossmehrheitlich anerkannt.

­

Die vorgeschlagene Stärkung der kantonalen Richtplanung mit klareren bundesrechtlichen Vorgaben zum Mindestinhalt der kantonalen Richtpläne wurde grundsätzlich positiv aufgenommen.

­

Die Bestrebungen zur Begrenzung des Siedlungswachstums (Siedlungsentwicklung nach innen, Bauzonendimensionierung, zum Teil auch die MassDer Bericht ist im Internet auf den Seiten des Bundesamtes für Raumentwicklung publiziert: http:// www.are.admin.ch/dokumentation/00121/00224/index.html?lang=de&msg-id=29104

1063

nahmen gegen die Baulandhortung) werden im Grundsatz unterstützt. Die Meinungen bezüglich der konkreten Ausgestaltung der zu treffenden Regelungen gehen jedoch zum Teil deutlich auseinander. Von vielen Vernehmlasserinnen und Vernehmlassern kritisch beurteilt wurde insbesondere die vorgeschlagene Ausgestaltung der Reservebauzonen als Instrument zur Redimensionierung der Bauzonen.

­

Die vorgeschlagene Neukonzeption zum Bauen ausserhalb der Bauzonen, mit der den Kantonen mehr Handlungsspielraum hätte eingeräumt werden sollen, wurde verbreitet sehr kritisch hinterfragt bzw. abgelehnt. Akzentuiert kritisch äusserten sich vor allem die landwirtschaftlichen Kreise sowie mehrere Kantone und die ideellen Organisationen.

­

Mehrheitlich abgelehnt wurden schliesslich die neu vorgeschlagenen Abgaben ausserhalb der Bauzonen (Versiegelungs- und Wohnflächenabgabe).

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Das Postulat von Ständerat Werner Luginbühl vom 4. März 2009 (09.3054) beauftragt den Bundesrat zu prüfen, ob dem Parlament ein direkter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative vorzulegen sei. Dem Postulanten ging es dabei insbesondere darum, die Totalrevision des RPG von der Beratung der Landschaftsinitiative abzukoppeln. Mit dem Verzicht auf eine Totalrevision wird der Hauptstossrichtung des Postulats Rechnung getragen. Der Bundesrat beantragt daher, dieses als erfüllt abzuschreiben.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Ziele (Art. 1)

Der für die Raumplanung fundamentale Grundsatz, das Baugebiet vom Nichtbaugebiet zu trennen, der ­ als Gehalt der haushälterischen Bodennutzung ­ bereits heute ungeschriebenes Verfassungsrecht ist, soll nunmehr ausdrücklich als Ziel der Raumplanung ins Gesetz aufgenommen werden. Zu diesem Zweck soll Absatz 1 entsprechend ergänzt werden. Mit dem Nichtbaugebiet sind Gebiete ausserhalb der Bauzonen gemeint. Da mit der vorliegenden Teilrevision an den diesbezüglichen Bestimmungen nichts geändert wird, werden Bauten und Anlagen, die gestützt auf das geltende Recht erstellt werden dürfen (Art. 16a und 24 ff. RPG), auch künftig zulässig sein (vgl. hierzu auch die Ausführungen unter Ziff. 1.4.1 [Ziele und Grundsätze]).

In Absatz 2 Buchstabe abis soll die Siedlungsentwicklung nach innen bereits auf der Ebene der Ziele der Raumplanung ausdrücklich verankert werden. Die Siedlungsentwicklung nach innen, d.h. die bessere Nutzung bestehender Reserven innerhalb des bereits weitgehend überbauten Siedlungsgebiets unter gleichzeitiger Wahrung und Förderung einer bestmöglichen Siedlungsqualität, bildet eine zentrale Stossrichtung der schweizerischen Raumordnungspolitik. Innere Nutzungsreserven finden sich beispielsweise in Industriebrachen. Verschiedene Erhebungen haben gezeigt, dass nicht bloss Städte, sondern auch kleinere Gemeinden oft über mehr Innenentwicklungspotenziale verfügen, als gemeinhin angenommen wird.

1064

Zudem soll ebenfalls bereits auf der Zielebene festgehalten werden, dass kompakte Siedlungen zu schaffen sind. Damit soll der schleichenden Zersiedlung Einhalt geboten werden. Es ist in der Raumplanung allgemein anerkannt, dass kompakte Siedlungen ­ im Gegensatz zu dispersen Siedlungsstrukturen ­ den grössten Beitrag zu einer haushälterischen Bodennutzung leisten. Kompakte Siedlungen ­ ein Begriff, der auch in Deutschland und Österreich verbreitet ist ­ bilden die notwendige Voraussetzung für eine nachhaltige Mobilität und ermöglichen eine bessere Auslastung der bestehenden Infrastrukturen. Dies begünstigt die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz (vgl. Ziff. 3.3). Dabei wird nicht verkannt, dass es in der Schweiz etwelche Gebiete mit traditioneller Streubauweise gibt, in denen die disperse Siedlungsstruktur über lange Zeiträume organisch gewachsen ist. Für solche Gebiete hält die Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 200017 eine spezielle Regelung bereit, welche durch Buchstabe b nicht tangiert wird (siehe Art. 39 RPV).

Buchstabe bbis entspricht geltendem Recht (Art. 1 Abs. 2 Bst. b RPG).

2.2

Planungsgrundsätze (Art. 3)

Auch wenn der motorisierte Individualverkehr bei der verkehrsmässigen Erschliessung der Siedlungen nach wie vor eine wichtige Rolle spielen wird, so soll der Akzent künftig doch verstärkt auf den öffentlichen Verkehr gelegt werden. Die mit Planungsaufgaben betrauten Behörden sollen daher insbesondere darauf hinwirken, dass die Wohn- und Arbeitsgebiete durch das öffentliche Verkehrsnetz nicht bloss hinreichend, sondern gut erschlossen sind (Abs. 3 Bst. a). Dies gilt in besonderem Masse dort, wo neue Bauzonen ausgeschieden werden, soll dies doch in aller Regel dort geschehen, wo die Erschliessung bereits die erforderliche Qualität aufweist.

Sofern trotzdem ein Ausbau der Erschliessung (Fahrplan und/oder Infrastrukturen) notwendig sein sollte, werden Bedürfnisse und Angebot auch im Sinne der Kostenoptimierung aufeinander abzustimmen sein.

Bei der Umsetzung des Erfordernisses der guten Erschliessung wird zudem selbstverständlich nicht überall der gleiche Massstab angelegt werden können. Vielmehr wird bei der Definition des Begriffs «gut» auch den unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen sein.

Im Interesse der Verdichtung innerhalb der Bauzonen und damit eines haushälterischeren Umgangs mit der Ressource «Boden» soll in Absatz 3 Buchstabe abis ein besonderer Akzent auf die Nutzung brachliegender oder noch ungenügend genutzter Flächen gelegt werden.

2.3

Richtplanung

2.3.1

Allgemeine Bemerkungen

Das geltende Raumplanungsrecht enthält keine konkreten inhaltlichen Vorgaben an die kantonalen Richtpläne. Artikel 8 RPG verlangt bloss, dass die Richtpläne mindestens aufzuzeigen haben, wie die raumwirksamen Tätigkeiten im Hinblick auf die 17

SR 700.1

1065

anzustrebende räumliche Entwicklung aufeinander abgestimmt werden und in welcher zeitlichen Folge und mit welchen Mitteln vorgesehen ist, die Aufgaben zu erfüllen. Zu welchen Themen der kantonale Richtplan sich von Bundesrechts wegen zu äussern hat, kann lediglich auf indirektem Weg aus Artikel 6 RPG entnommen werden. Dies soll sich ändern. Da die vorliegende Teilrevision als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative konzipiert ist, wird im Augenblick jedoch darauf verzichtet, inhaltliche Vorgaben zu sämtlichen Bereichen zu formulieren, die im Richtplan zu behandeln sind. In einem ersten Schritt sollen die bundesrechtlichen Vorgaben im Bereich «Siedlung» konkretisiert werden. Zum einen, weil diese Thematik im Zentrum der Landschaftsinitiative steht, zum anderen aber auch deshalb, weil in diesem Bereich ­ wie der ungebremst hohe Bodenverbrauch sowie die fortschreitende Zerschneidung und Zersiedelung der Landschaft zeigen ­ der grösste Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen einer Befragung, die Grundlage für die Erarbeitung des Arbeitsberichtes «Richtplanung 3. Generation» des ARE bildete, haben Fachleute unterschiedlichster Herkunft und Ausrichtung ebenfalls einstimmig festgehalten, dass die grösste Herausforderung für die Richtplanung in den nächsten Jahren im Bereich der Siedlungsentwicklung liegt. Eine gezielte Steuerung der Siedlungsentwicklung wirkt sich auch positiv auf die Landschaft aus und hilft ­ im Sinne der Landschaftsinitiative ­ das Kulturland bestmöglich von weiteren Überbauungen freizuhalten. Ebenso ist aber das volkswirtschaftliche Interesse daran hervorzuheben, werden durch eine bedarfsgerechte, effiziente Bodennutzung doch die wirtschaftliche Entwicklung und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gestärkt.

In der zweiten Etappe der Revision des RPG sollen dann auch in den übrigen Bereichen, zu denen der Richtplan Aussagen zu enthalten hat (Verkehr; Landwirtschaft, Natur und Landschaft sowie Naturgefahren; Ver- und Entsorgung), inhaltliche Vorgaben formuliert werden. Der Eindruck der Siedlungslastigkeit, den der vorliegende Entwurf allenfalls erwecken könnte, wird also nur ein vorübergehender sein.

Bei den Prüfungen der kantonalen Richtpläne durch den Bund werden jedoch immer alle Themenbereiche gleichermassen einbezogen werden.

2.3.2

Grundlagen (Art. 6)

Die Kantone sollen nicht nur im Hinblick auf die Erstellung ihrer Richtpläne, mithin als Grundlagen, sondern direkt im Richtplan und damit behördenverbindlich aufzeigen, wie sie sich räumlich entwickeln wollen. Aus diesem Grund soll Absatz 1 aufgehoben und Artikel 8 RPG entsprechend ergänzt werden (vgl. Art. 8 Bst. a).

Damit soll die Funktion des Richtplans als strategisches Instrument der politischen Behörden des Kantons gestärkt werden. Dies bedingt redaktionelle Anpassungen in der Einleitung von Absatz 2.

Die Grundlagen dienen der Erarbeitung des Richtplans und sind als «Bestandesaufnahme» zu werten. Sie sollen daher Aufschluss über die «bisherige» Entwicklung und den heutigen Zustand geben (Abs. 3, Einleitungssatz). Vollständige, gute und aktuelle Grundlagen sind unabdingbar für die Festlegung zweckmässiger Strategien und Massnahmen im Richtplan.

Mit der vorgeschlagenen Änderung von Absatz 3 Buchstabe a soll das Augenmerk ausdrücklich auf das Siedlungsgebiet gelegt werden. Die Kantone sollen in ihren Grundlagen dessen Stand und bisherige Entwicklung ­ mit Angaben zu Lage und Grösse ihrer Bauzonen ­ darstellen. Ebenfalls sollen Aussagen zu den inneren 1066

Nutzungsreserven gemacht werden. Diese Fakten sind nötig, um die Vorgaben von Artikel 8a im Richtplan fundiert umsetzen zu können.

2.3.3

Mindestinhalt der Richtpläne (Art. 8)

Das geltende Recht setzt voraus, dass jeder Kanton einen Richtplan erstellt, sagt dies aber nirgends ausdrücklich. Mit einer redaktionellen Korrektur soll dies nun auch für Leute sichtbar gemacht werden, die mit der Raumplanung noch wenig vertraut sind.

Neu sollen die Kantone in ihren Richtplänen festlegen, wie sich der Kanton räumlich entwickeln soll (Abs. 1 Bst. a). Was nach geltendem Recht bloss Grundlage war (vgl. Art. 6 Abs. 1 RPG), soll neu Inhalt des kantonalen Richtplans sein, was in verschiedenen Kantonen bereits heute ausdrücklich der Fall ist und im Ergebnis auch nicht anders sein kann.

Bevor im kantonalen Richtplan überhaupt Festlegungen zu einzelnen Teilbereichen getroffen werden können, bedarf es nämlich einer räumlichen Gesamtsicht, einer Vision, in welche Richtung der Kanton sich ­ abgestimmt auf die planerischen Vorstellungen der benachbarten Kantone und des Bundes ­ mittel- und längerfristig räumlich entwickeln will. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um Kohärenz in den Handlungen aller beteiligten Akteure zu erreichen. Mit solchen Entwicklungsvorstellungen, die sich beispielsweise in kantonalen Raumkonzepten manifestieren können, soll ein gemeinsamer Bezugsrahmen geschaffen werden, um eine möglichst gute Abstimmung der Massnahmen der öffentlichen Hand und der privaten Akteure gewährleisten zu können. Zur Vision der anzustrebenden räumlichen Entwicklung gehört auch, dass sich der Kanton Gedanken darüber macht, wo er künftig Entwicklungsschwerpunkte bilden will und wie schonend mit den landwirtschaftlichen Nutzflächen umgegangen werden soll.

An der generellen Umschreibung in Artikel 8 Absatz 1, was Richtpläne mindestens aufzuzeigen haben, ändert sich ansonsten nichts. Insbesondere war es schon bisher so und soll auch weiterhin so bleiben, dass die Richtpläne aufzeigen müssen, wie die raumwirksamen Tätigkeiten im Hinblick auf die anzustrebende Entwicklung aufeinander abgestimmt werden. Der Richtplan als Instrument zur Koordination und Steuerung der gesamträumlichen Entwicklung kann seine Aufgabe nur dann optimal erfüllen, wenn die raumwirksamen Tätigkeiten im Rahmen der Richtplanung konsequenter aufeinander und auf klare Entwicklungsabsichten des Kantons abgestimmt werden. Dies bedingt auch, dass der Kreis der Vorhaben, die nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b zum Mindestinhalt
gehören, künftig weiterzuziehen sein wird, als dies nach bisheriger Praxis des Bundes allen Kantonen gegenüber durchgesetzt wurde.

Dieser Tendenz entspricht im Übrigen auch der neu vorgeschlagene Artikel 8a (s. dazu hinten Ziff. 2.3.4).

In die gleiche Richtung wirkt Absatz 2 von Artikel 8. Er macht allerdings nicht nur deutlich, dass Vorhaben ab einer gewissen Bedeutung im Richtplan zu behandeln sind. Er soll vor allem auch sicherstellen, dass man sich über die Vorgaben zum Mindestinhalt der Richtpläne nicht beliebig hinwegsetzen kann. So sind Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt nur zulässig, wenn sie auf einer Grundlage im kantonalen Richtplan basieren.

1067

Diese Bestimmung soll also sicherstellen, dass der planerische Stufenbau beachtet wird: «Gemäss Art. 22quater Abs. 1 BV haben die Kantone eine der zweckmässigen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes dienende Raumplanung zu schaffen. Dazu werden namentlich Richt- und Nutzungspläne erlassen sowie Baubewilligungsverfahren durchgeführt. Diese Instrumente stehen untereinander in einem Zusammenhang und sollen ein sinnvolles Ganzes bilden, in dem jeder Teil eine spezifische Funktion erfüllt. (...) Für Bauten und Anlagen, die ihrer Natur nach nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden können, dürfen aber keine Ausnahmebewilligungen erteilt werden»18. Auch eine Stufe höher im planungsrechtlichen Stufenbau muss es eine solche Grenze geben. Diese Grenze, gemeinhin als «Richtplanvorbehalt» bezeichnet, sieht Absatz 2 von Artikel 8 neu ausdrücklich vor. Analoge Sachplanvorbehalte haben sich im Bereich der Bundesplanungen bereits bewährt (beispielsweise Art. 126 Abs. 4 MG, Art. 16 Abs. 5 EleG, Art. 18 Abs. 5 EBG).

Als Schwelle wird in Absatz 2 das Kriterium «Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt» angeführt. Mit Blick auf den planerischen Stufenbau muss diese Schwelle deutlich höher angesetzt sein als die Grenze der Planungspflicht (bei deren Überschreiten ein Vorhaben nicht mehr allein im Baubewilligungsverfahren beurteilt werden kann, sondern eine Grundlage in der Nutzungsplanung benötigt). Gemäss bundesgerichtlicher Praxis bestand zumindest vor der Änderung vom 19. September 2008 der Verordnung vom 19. Oktober 198819 über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Vermutung, dass Vorhaben planungspflichtig sind, wenn sie der UVP-Pflicht unterliegen. Nach wie vor kann sicher gesagt werden: Der Schwellenwert, ab welchem ein Vorhaben im Richtplan behandelt werden muss, wird die Grenze für die UVP-Pflicht nie unterschreiten und meistens höher liegen. Gewichtige Auswirkungen im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 sind insbesondere eine grosse Flächenbeanspruchung, ein bedeutender Einfluss auf die Nutzungs- und Versorgungsstrukturen des Kantons, die Erzeugung grosser Verkehrsströme oder die Verursachung hoher Umwelt- und Landschaftsbelastungen.

Typisch für solche Vorhaben wird normalerweise auch ein hoher Zusammenarbeitsund Abstimmungsbedarf auf kantonaler Ebene, mit
Nachbarkantonen oder dem Bund sein. Zu denken ist beispielsweise an die Festlegung von Entwicklungsschwerpunkten oder von kantonalen Arbeitsplatzgebieten, an die Erschliessung neuer Skigebiete, an grosse integrale Wasserbauprojekte, an Abbau- und Deponiestandorte usw., an verkehrsintensive Einrichtungen wie Einkaufszentren, Fachmärkte und Freizeiteinrichtungen ab einer gewissen Grösse, an Tourismusresorts oder an Verkehrs- und Energieinfrastrukturen von zumindest regionaler Bedeutung.

Konkret kann man sich die Umsetzung dieser Bestimmung wie folgt vorstellen: Bei der Überarbeitung des Richtplans stellt sich der Kanton unter anderem die Frage, welche Vorhaben und Entwicklungen mit möglicherweise gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt anstehen. Er bestimmt, wo Entwicklungsschwerpunkte für bestimmte Nutzungen festzulegen sind, wo innerhalb der Bauzonen grössere Transformationsprozesse stattfinden sollen (z.B. neue Nutzungen von Industriebrachen), wo Einkaufszentren, Fachmärkte, Freizeiteinrichtungen, Tourismusresorts usw. geschaffen werden sollen. Sieht der Kanton in einem bestimmten Gebiet z.B.

verkehrsintensive Einrichtungen vor, so wird gestützt darauf die Nutzungsplanung 18 19

BGE 116 Ib 50, E. 3a S. 53 f.

UVPV; SR 814.011

1068

entsprechend ausgestaltet und später die Baubewilligung erteilt werden können, ohne dass auf der Ebene der Richtplanung noch Handlungsbedarf besteht (da das «Vorhaben», in diesem Gebiet verkehrsintensive Einrichtungen zuzulassen, bereits im Richtplan verankert ist). Tauchen jedoch beispielsweise plötzlich neue Bedürfnisse für ein grosses Einkaufszentrum an einem dafür nicht vorgesehenen Standort auf, so ist im Rahmen eines Verfahrens auf Anpassung des Richtplans zu prüfen, ob diese Entwicklung erwünscht ist und wie sie mit den anderen Ansprüchen an Raum und Umwelt abgestimmt werden kann. Drängt die Zeit, kann parallel dazu bereits die Umsetzung auf Stufe Nutzungsplanung vorbereitet und das Verfahren in Gang gesetzt werden. Wird im Rahmen der Richtplanung vorausschauend geplant, so führt dies zu einer deutlich höheren Investitionssicherheit. Die Gefahr, dass dem Vorhaben letztlich unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, ist nämlich schon heute deutlich grösser, wenn noch keine Grundlage im kantonalen Richtplan dafür besteht.

Die Kantone werden jedenfalls gut beraten sein, auch die Vorhaben im Richtplan zu behandeln, die möglicherweise von Artikel 8 Absatz 2 RPG erfasst werden könnten.

Damit reduzieren sie die Gefahr, dass in einem Beschwerdeverfahren gegen Nutzungsplanänderungen mit Erfolg eine Verletzung von Artikel 8 Absatz 2 RPG geltend gemacht werden könnte, auf ein absolutes Minimum.

Die Vorhaben sollen im Rahmen des Richtplans sorgfältig auf die erwünschte räumliche Entwicklung des Kantons und mit den weiteren Nutzungen und Ansprüchen im Raum abgestimmt werden (Art. 8 Abs. 1 Bst. b). Dabei sind alle drei Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung, d.h. Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, zu berücksichtigen. Neben griffigen Standortkriterien ist aber auch eine grobe, indessen nicht parzellenscharfe Lokalisierung möglicher Standorte ­ etwa als Potenzialräume ­ wichtig, um die Planungs- und Realisierungssicherheit für Investoren zu erhöhen.

Mit dem Richtplanvorbehalt von Artikel 8 Absatz 2 soll insbesondere auch auf eine optimale Koordination von Raumplanung und Umweltschutz in einem frühen Stadium der Planungsarbeiten hingewirkt werden (vgl. hierzu den Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion 04.3664 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 15. November 2004 «Bessere Koordination von Umweltschutz und Raumplanung» (Ziff. 4.1.3, S. 11)20.

2.3.4

Richtplaninhalt Siedlung (Art. 8a)

Mit dem neuen Artikel 8a sollen die inhaltlichen Anforderungen im Bereich «Siedlung» konkretisiert werden. Im Sinne eines bundesrechtlichen Mindestinhalts soll den Kantonen nunmehr ausdrücklich vorgegeben werden, zu welchen Themen sich ihre Richtpläne im Bereich «Siedlung» zu äussern haben. Die gezielte Fokussierung auf bestimmte Themen erleichtert es dem Bund, die von den Kantonen im Hinblick auf die Erreichung des verfassungsrechtlichen Ziels der haushälterischen Bodennutzung konkret vorgesehenen Massnahmen zu würdigen. Bezüglich der im Einzelnen zu treffenden Massnahmen kann das Bundesrecht den Kantonen ­ in Respektierung der verfassungsrechtlichen Kompetenzaufteilung ­ indessen keine Vorgaben machen. Die Kantone ihrerseits haben in ihren Richtplänen jedoch aufzuzeigen, wie 20

Der Bericht ist im Internet auf den Seiten des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) publiziert: http://www.bafu.admin.ch/dokumentation/medieninformation/00962/ index.html?lang=de&msg-id=21099

1069

sie ihre Verantwortung im Bereich «Siedlung» konkret wahrzunehmen gedenken.

Damit für die Kantone klar ist, was seitens des Bundes von ihnen erwartet wird, werden die Richtlinien für die Erstellung der kantonalen Richtpläne gemäss Artikel 8 RPV entsprechend zu ergänzen sein (vgl. hierzu auch die Ausführungen unter Ziff. 1.5).

In Buchstabe a sollen die Kantone angehalten werden, sich in ihren Richtplänen konkret mit den Siedlungsflächen auseinanderzusetzen. So soll aufgezeigt werden, wie gross die Siedlungsfläche im Kanton insgesamt sein soll. Auf diese Weise sollen die mittel- und längerfristigen Entwicklungsvorstellungen bezüglich der für Siedlungszwecke zur Verfügung stehenden Flächen konkretisiert werden. Die Siedlungsflächen können in ihrer gesamthaften Ausdehnung so bereits aus übergeordneter Sicht begrenzt werden. Neben den Aussagen zur künftigen Grösse der Siedlungsflächen soll sich der Richtplan aber auch über deren räumliche Verteilung im Kanton äussern. Diese bundesrechtliche Vorgabe an den kantonalen Richtplan erscheint sachgerechter als die in der Vernehmlassungsvorlage noch zur Diskussion gestellte Forderung, wonach die Kantone im Richtplan hätten aufzeigen sollen, wie gross die Siedlungsfläche in den einzelnen Gemeinden sein soll. Soweit Siedlungserweiterungen vorgesehen werden, sollen die Kantone fortan gehalten sein, diese regional abzustimmen. Mit dieser Vorgabe wird unterstrichen, dass diese Thematik in einem über die einzelne Gemeinde hinausgehenden räumlichen Kontext angegangen werden muss. Den funktionalen Räumen soll in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommen. Allerdings wird damit keine institutionelle Ebene angesprochen. Um die Abstimmung von Siedlungserweiterungen regional vorzunehmen, ist nicht zwingend die Ebene einer Planungsregion notwendig. In Kantonen, in denen solche vorhanden sind, kann jedoch auf bestehende Instrumente und Trägerschaften wie regionale Richt- und Sachpläne und Regionalplanungsgruppen oder Regionalkonferenzen zurückgegriffen werden.

Zudem hat der Kanton seine Bestrebungen zur Abstimmung von Siedlung und Verkehr (Bst. b) sowie ­ zentral ­ die Massnahmen zur Siedlungsentwicklung nach innen (Bst. c) und zur Siedlungserneuerung (Bst. e) aufzuzeigen. In Buchstabe c wird ausdrücklich von «hochwertiger» Siedlungsentwicklung nach innen
gesprochen: Mit der Hochwertigkeit ist nicht etwa ein finanzieller Wert angesprochen, sondern der Aspekt der Siedlungsqualität. Mit «hochwertiger» Siedlungsentwicklung nach innen wird grosses Gewicht auf die qualitativen Aspekte der Siedlungen gelegt, mit denen Mehrwerte geschaffen werden können. Wichtige Qualitätsmerkmale einer solchen Siedlungsentwicklung sind etwa die Gestaltung der Aufenthaltsund Strassenräume sowie der Gebäude, die Nähe zu den Versorgungseinrichtungen und den öffentlichen Dienstleistungen, kurze Distanzen zwischen Wohn-, Arbeitsund Erholungsgebieten sowie den heutigen Wohn- und Arbeitsbedürfnissen angepasste Gebäude. Die Massnahmen zur Verdichtung, die von den Kantonen getroffen werden müssen, sollen indessen nicht zulasten der Wohnqualität gehen.

Die Massnahmen zur Verdichtung ­ in diesem Zusammenhang kommt der verstärkten Nutzung von Bracheflächen besondere Bedeutung zu (vgl. hierzu auch den neu vorgeschlagenen Art. 3 Abs. 3 Bst. abis) ­ sind daher mit Massnahmen zur Förderung der Siedlungsqualität zu kombinieren. Aspekte der Siedlungsqualität sind denn auch bereits nach geltendem Recht Thema der Planungsgrundsätze (vgl. Art. 3 Abs. 3 Bst. e ).

1070

Gemäss Buchstabe d soll der Kanton überdies aufzeigen, mit welchen Massnahmen er sicherstellen will, dass die Bauzonen den Anforderungen von Artikel 15 entsprechen. Zu diesem Zweck sind konkrete Vorgaben oder Aufträge an die Gemeinden zu formulieren. Die Bauzonen sind heute vielerorts noch überdimensioniert. Wo dies der Fall ist, wird sich für den Kanton daher die Frage stellen, wie zu grosse Bauzonen, das heisst solche, die unter Berücksichtigung vorhandener innerer Nutzungsreserven voraussichtlich nicht innert 15 Jahren benötigt, erschlossen und überbaut werden, reduziert und wie sich daraus ergebende Auszonungen, soweit sie entschädigungspflichtig sind, finanziert werden sollen. Ein mögliches Mittel zur Mitfinanzierung von Entschädigungen, die bei Auszonungen entrichtet werden müssen, stellt dabei die in Artikel 5 Absatz 1 RPG vorgesehene Mehrwertabschöpfung dar. Mit einer konsequenten Umsetzung dieser Bestimmung haben es die Kantone in der Hand, sich den nötigen Spielraum zu verschaffen, um sicherzustellen, dass die Bauzonen den neuen bundesrechtlichen Anforderungen entsprechen.

Und schliesslich werden sich künftig in akzentuierter Weise Fragen im Zusammenhang mit der Siedlungserneuerung stellen, weshalb auch sie künftig ein wichtiges Thema der kantonalen Richtpläne sein muss. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt und dazu geführt, dass Areale oder ganze Quartiere den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen. In der Folge werden bereits überbaute und erschlossene Gebiete nicht mehr oder nur noch teilweise genutzt. In Städten und ländlichen Zentren, aber auch in Tourismusgebieten, hat dies dazu geführt, dass Nutzungsansprüche, Siedlungsstruktur und Bausubstanz einander teilweise nicht mehr entsprechen. Dies kann zu Leerständen, einem Wertzerfall der Gebäude, einer schlechten Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs oder zur sozialen Segregation führen.

Um die Siedlungserneuerung zu stärken (Bst. e), können im Rahmen der Richtplanung Strategien erarbeitet werden, welche dazu beitragen, die Immobilienwerte zu sichern oder zu steigern. Damit schafft die Raumplanung die wirtschaftlichen Voraussetzungen für private und öffentliche Akteure, um die im Hinblick auf die Siedlungserneuerung nötigen Investitionen tätigen
zu können. Denkbar sind Strategien zur Förderung der Umnutzung von Industriebrachen und zur Aufwertung von Bahnhofsgebieten mit entsprechenden Massnahmen (Um- und Aufzonungen, zur Verbesserung der Erschliessungsqualität, zur besseren Vermarktung usw.). Aber auch Strategien zur Aufwertung von bestehenden Wohnquartieren mit entsprechenden Massnahmen (frühzeitige Erkennung und laufende Beobachtung von Defiziten im Bestand, Aufwertung der Aussenräume, Verbesserung der Nutzungsmischung, usw.). Verschiedene Kantone, Städte und Gemeinden beschäftigen sich bereits heute intensiv mit Strategien und Massnahmen zur Siedlungserneuerung. So kennen beispielsweise mehrere Kantone Instrumente wie «Haus-Analyse» oder «ImmoCheck» und teilweise auch daraus folgende Sanierungsmassnahmen.

2.4

Bauzonen (Art. 15)

Während der geltende Artikel 15 RPG darauf angelegt war, Kantonen und Gemeinden bei der erstmaligen Ausscheidung von Bauzonen die notwendigen Vorgaben zu machen, ist heute davon auszugehen, dass die Ausscheidung von Bauzonen weitgehend erfolgt ist. Da Artikel 21 RPG die Nutzungspläne für jedermann verbindlich erklärt, umfassen die Bauzonen heute die Gebiete, die einer Bauzone zugewiesen 1071

worden sind, und damit insbesondere das weitgehend überbaute Gebiet. Neu werden daher einerseits allgemeine Grundsätze aufgestellt, denen Rechnung getragen sein muss, damit Land Bestandteil der Bauzonen sein kann (Abs. 1 und 2). Um das Siedlungswachstum zu bremsen, werden andererseits für Neueinzonungen restriktivere Voraussetzungen festgelegt (Abs. 3). Sollte sich bei der Überarbeitung der Nutzungspläne herausstellen, dass bestehende Bauzonen den allgemeinen Anforderungen nicht entsprechen (z.B. überdimensionierte Bauzonen oder Bauzonen in Gefahrengebieten), besteht ­ wie bereits nach geltendem Recht ­ die Pflicht, die Zonenausscheidung entsprechend zu korrigieren.

Die Vorschrift von Absatz 1, wonach die Bauzonen so festgelegt werden müssen, dass sie den voraussichtlichen Bedarf für 15 Jahre nicht überschreiten, knüpft am geltenden Recht an (Art. 15 Bst. b RPG). Die Bauzonengrösse ist weiterhin auf einen Planungshorizont von 15 Jahren auszurichten. Land darf nur dann einer Bauzone zugewiesen werden, wenn es voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt wird. Im Vernehmlassungsentwurf zu einem neuen Raumentwicklungsgesetz (E-REG) war die Frist fallengelassen worden, weil sie die Gefahr eines Erweiterungsautomatismus in sich berge. Dies stiess mehrheitlich auf Ablehnung. Der Planungshorizont von 15 Jahren soll deshalb beibehalten werden. Der Gefahr eines solchen Automatismus ist auch in Zukunft dadurch entgegenzuwirken, dass ein bisheriges Wachstum der Bauzonen nicht automatisch zur Ausscheidung entsprechend grosser neuer Bauzonen berechtigt. Gewisse Grenzen setzen die erhöhten Anforderungen an Neueinzonungen (vgl. Abs. 3) sowie die Vorgaben des Kantons in seinem Richtplan.

Zudem darf auch künftig der 15-jährige Bedarf nur so weit ausgeschöpft werden, als dies mit den Zielen und Grundsätzen der Raumplanung und insbesondere dem Anliegen der haushälterischen Bodennutzung vereinbar ist. Dabei ist im Auge zu behalten, dass die Siedlungsentwicklung längerfristig nur dann nachhaltig ist, wenn die Siedlungsfläche stabilisiert werden kann.

Im E-REG war vorgeschlagen worden, den Baulandbedarf künftig regional auszuweisen. Die eingegangenen Vernehmlassungen haben jedoch gezeigt, dass der Begriff «regional» zu Unsicherheiten führte. Dem soll nun Rechnung getragen werden. Anliegen des Vorschlages im E-REG war
nicht primär, feste Regionen zu definieren. Vielmehr sollte damit zum Ausdruck gebracht werden, dass die Betrachtung, ob Bauzonen korrekt ausgeschieden werden, nicht an der Gemeindegrenze aufhören darf. Dies wird nun in Absatz 2 Satz 1 klargestellt. Land soll nur noch dann einer Bauzone zugewiesen werden dürfen, wenn damit weder aus kommunaler noch aus überkommunaler oder kantonaler Sicht überdimensionierte Bauzonen entstehen.

Planungen sind auch über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus abzustimmen.

Das Erfordernis der überkommunalen Abstimmung von Absatz 2 1. Satz wird jedoch in der Regel nicht dazu führen können, dass einer Gemeinde die Erweiterung einer Bauzone bloss deswegen verweigert werden müsste, weil die im Nachbarkanton gelegene Nachbargemeinde überdimensionierte Bauzonen aufweist, die sie noch nicht korrigiert hat.

Wie bereits erwähnt (vgl. Ziff. 1.1), sind die Bauzonen nicht nur teilweise überdimensioniert, sondern oft auch am falschen Ort. Die Lage von Bauzonen ist denn auch genau so wichtig wie deren Grösse. Aus diesem Grund soll nicht nur die Grösse, sondern auch die Lage Bestandteil der überörtlichen Abstimmung sein müssen.

1072

Bei der Ausscheidung von Bauzonen sind die Ziele und Grundsätze der Raumplanung zu befolgen (2. Satz). So sind generell kompakte Bauzonen auszuscheiden und die Bauzonenflächen auf das Notwendige zu beschränken. Um die Bauzonen sachgerecht ausscheiden zu können, kommt auch dem neuen Instrument der landwirtschaftlichen Planung eine wichtige Bedeutung zu, dessen Zweck darin besteht, die regionale Entwicklung der Landwirtschaft aufzuzeigen. Bei der konkreten Ausscheidung der Zonen wird gemäss 3. Satz schliesslich ein besonderes Augenmerk auf die Fruchtfolgeflächen sowie auf Natur und Landschaft gelegt. Diesen beiden Kriterien soll durch die konkrete beispielhafte Erwähnung aber kein absoluter Vorrang gegenüber den anderen Zielen und Grundsätzen der Raumplanung zukommen.

Im Interesse des von der Landschaftsinitiative ausdrücklich erwähnten Schutzes des Kulturlandes soll aber bei der Ausscheidung von Bauzonen darauf geachtet werden, dass der im Sachplan Fruchtfolgeflächen festgesetzte Mindestumfang an Fruchtfolgeflächen erhalten bleibt. Da intakte schutzwürdige Lebensräume am Rande und innerhalb des Siedlungsgebietes dank ihrer vernetzenden Funktion eine hohe Bedeutung für die Biodiversität haben, soll neben der Landschaft bei der Ausscheidung von Bauzonen ausdrücklich auch die Natur geschont werden.

Absatz 3 regelt, unter welchen Voraussetzungen Land von einer Nichtbauzone neu einer Bauzone zugewiesen werden darf. Das Eignungskriterium (Bst. a) entstammt dem Ingress des geltenden Artikels 15 und hat aus raumplanerischer Sicht zu keinen Problemen Anlass gegeben.

Buchstabe b nimmt den 15-jährigen Zeithorizont von Absatz 1 wieder auf. Während für den Bedarfsnachweis nach Absatz 1 ­ in Einklang mit der Gerichtspraxis zum geltenden Recht ­ jedenfalls gehortetes Bauland gleichermassen in die Kapazitätsberechnung der Bauzonen einbezogen werden muss wie auf dem Baulandmarkt verfügbare Grundstücke21, sollen für Neueinzonungen künftig ausdrücklich strengere Massstäbe gelten. So sollen neu Neueinzonungen nur noch zulässig sein, wenn bei konsequenter Mobilisierung innerer Nutzungsreserven ­ dazu gehören insbesondere auch die in der Region vorhandenen Industriebrachen, die es zweckmässig und qualitativ hochwertig zu nutzen gilt ­ trotzdem noch ein entsprechender Bedarf besteht.

Als innere Nutzungsreserven gelten
neben unüberbauten und brach liegenden Flächen auch Gebiete, insoweit in ihnen nach geltenden Nutzungsplänen eine dichtere Nutzung zulässig wäre oder eine solche sachlich als vertretbar erschiene. Nicht als innere Nutzungsreserven in diesem Sinn gelten unüberbaute Flächen, denen bewusst klar umschriebene Funktionen im Hinblick auf eine hochwertige Siedlungsentwicklung zukommen (Grünflächen, Spielplätze, Freihaltebereiche usw.).

Nicht alle Nutzungsreserven können innerhalb des für die Nutzungsplanung massgebenden Zeithorizonts von 15 Jahren auch verfügbar gemacht werden. Dabei ist auch zu beachten, dass es sachlich richtig und mit den Interessen der Raumplanung vereinbar sein kann, wenn Gewerbe- oder Industriebetriebe eine Baulandreserve für spätere Betriebserweiterungen halten. Eine konsequente Mobilisierung dürfte etwa dann anzunehmen sein, wenn zwischen einem Drittel und der Hälfte der Reserven innerhalb des Zeithorizonts von 15 Jahren mobilisiert werden. Es wird Gegenstand der in Absatz 4 vorgesehenen technischen Richtlinie sein müssen, dies präziser zu umschreiben.

21

Flückiger/Grodecki, Kommentar zum Raumplanungsgesetz, Schulthess, Zürich, 2009, Art. 15 Rz. 115.

1073

Die Vorschriften zum Planungshorizont werden für Neueinzonungen auch insofern geringfügig präzisiert, als das betreffende Land innerhalb von 15 Jahren nicht nur, wie nach geltendem Recht, voraussichtlich benötigt und erschlossen, sondern auch überbaut werden soll.

Nach geltendem Recht ist die Förderung der Verfügbarkeit von Bauland zwar erwünscht, die Verfügbarkeit oft aber kein entscheidendes Kriterium für die Ausscheidung einer Bauzone. Dies soll ändern. So darf Nichtbauland, dessen Überbaubarkeit innert 15 Jahren rechtlich nicht sichergestellt werden kann, künftig nicht mehr einer Bauzone zugewiesen werden (Art. 15 Abs. 3 Bst. c). Unerwünscht wäre, wenn es bauunwillige Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer damit in der Hand hätten, an zentralen Stellen dauerhaft Lücken in die Bauzonen reissen zu lassen. Je wichtiger es aus der Sicht der Raumplanung ist, ein Grundstück einer bestimmten Nutzung zuzuführen, desto zwingender ist es, dass das Gemeinwesen von den Möglichkeiten nach Artikel 15a Gebrauch macht und griffige Instrumente zur Verfügung stellt. Wo der Kanton dies nicht tut, kann es tatsächlich vorkommen, dass die Bauzonen ­ vorübergehend ­ Lücken aufweisen, die als wenig sinnvoll erscheinen. Solange die bestimmungsgemässe Nutzung aber ohnehin nicht erreicht werden könnte, weil die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer das Land weder überbauen noch dafür zur Verfügung stellen will, würde auch eine Einzonung an dieser Situation nichts ändern. Und sobald die betreffende Person überbauen will und sich entsprechend verpflichtet, fällt das Hemmnis von Absatz 3 Buchstabe c weg, und das Land kann eingezont werden.

Ein wirklich bauwilliger Grundeigentümer, der an der Einzonung interessiert ist und daher die Voraussetzung von Buchstabe c erfüllen will, kann beispielsweise vertraglich eine Bauverpflichtung eingehen.

Gemäss Buchstabe d setzt eine Neueinzonung weiter voraus, dass damit die Vorgaben des (kantonalen) Richtplans umgesetzt werden. Dadurch wird der Bezug zu Artikel 8a hergestellt. Eine Neueinzonung muss sich demnach auf die im Richtplan enthaltenen Aussagen zu Grösse und Lage des Siedlungsgebietes (Art. 8a Bst. a) sowie auf die festgelegten Vorgaben für Neueinzonungen (Art. 8a Bst. d) stützen und diesen entsprechen. Zu fordern, die einzelnen Neueinzonungen müssten in jedem Fall
als konkrete Vorhaben selbst im Richtplan festgesetzt sein, würde allerdings zu weit gehen.

Der Nachweis, dass die Voraussetzungen für eine Neueinzonung erfüllt sind, hat das planende Gemeinwesen im Planungsbericht nach Artikel 47 RPV zu erbringen.

Die neuen Regeln gemäss den Absätzen 1­3 sind, wie die Abklärungen zu den Auswirkungen der Revisionsvorlage zeigen (vgl. Ziff. 3.3), gesamtwirtschaftlich vorteilhaft, weil sie eine bedarfsgerechte, effiziente Bodennutzung, einschliesslich der damit verbundenen Erschliessungs- und Infrastrukturkosten, begünstigen.

Die Methodenvielfalt bei der Berechnung des Baulandbedarfs führte in der Vergangenheit dazu, dass die Bauzonendimensionierung von Kanton zu Kanton unterschiedlich ausfiel. Im E-REG war daher vorgeschlagen worden, der Bundesrat solle die Anforderungen an die Zuweisung von Land zur Bauzone, namentlich die Berechnung des Baulandbedarfs, konkretisieren. Um einer in der Vernehmlassung verschiedentlich geäusserten Kritik Rechnung zu tragen, soll die Konkretisierung in gemeinsamer Verantwortung von Bund und Kantonen erfolgen (Abs. 4). Dies bedingt, dass man sich auf technische Richtlinien beschränkt, die zwar keinen Rechtsatzcharakter haben, ihre Wirkung aber durch die in der Richtlinie zum Aus1074

druck kommende Fachkompetenz entfalten. Die kürzlich erschienene SIA-Norm 422 zur Bauzonenkapazität22, welche einen Anhang zur Bauzonendimensionierung enthält, könnte eine Basis darstellen, auf der weiter aufgebaut werden kann.

Selbstverständlich werden in die Erarbeitung dieser Richtlinien auch weitere wichtige Kreise einzubeziehen sein, allen voran die Akteure gemäss Artikel 50 BV. Die interessierten Kreise werden sich zumindest im Rahmen einer Vernehmlassung oder einer Anhörung äussern können müssen.

Absatz 4 hindert den Bundesrat nicht daran, von seiner Kompetenz zum Erlass von rechtsetzenden Bestimmungen auf Verordnungsstufe Gebrauch zu machen (Art. 182 Abs. 1 BV), insbesondere dann nicht, wenn sich bei der Erarbeitung der technischen Richtlinien herausstellen sollte, dass Bedarf nach Präzisierungen auf Verordnungsstufe besteht.

2.5

Förderung der Verfügbarkeit der Bauzonen (Art. 15a)

Eine zweckmässige Ausscheidung der Bauzonen allein reicht noch nicht aus; die entsprechenden Grundstücke müssen auch verfügbar sein und tatsächlich bebaut werden. Es ist jedoch mittlerweile hinlänglich bekannt, dass dieses Ziel noch ungenügend erreicht worden ist. Viele Baulandparzellen bleiben während langer Zeit unbebaut, da sie schlecht gelegen oder die Parzellenaufteilung und die bodenrechtliche Situation ungünstig sind, aber auch weil sie zu spekulativen Zwecken oder zur Erhaltung eines Grundstückbestandes gehortet werden. Durch die Baulandhortung verstärkt sich der Druck auf die umliegenden Gebiete und auf das Landwirtschaftsland. Dies trägt zur Zersiedlung bei, was den Zielsetzungen einer konzentrierten Siedlungsentwicklung und Verdichtung zuwiderläuft. Laut der Rechtsprechung zum heutigen Artikel 15 Buchstabe b RPG (BGE 116 Ia 333) ist dieses gehortete Land zudem bei der Schätzung der für die Baubedürfnisse erforderlichen Reserven zu berücksichtigen, was mit Artikel 15 des vorliegenden Entwurfs die Regel bleibt. Die in Artikel 15a vorgesehenen Massnahmen weisen einen engen Zusammenhang mit der in Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c enthaltenen Voraussetzung auf, wonach Land nur dann neu einer Bauzonen zugewiesen werden darf, wenn die Verfügbarkeit rechtlich sichergestellt ist. Die Kantone werden so angehalten, die nötigen Vorkehrungen zur Verflüssigung des Baulands zu treffen, wollen sie dereinst in der Lage sein, die Voraussetzungen von Artikel 15 Absatz 3 erfüllen zu können.

In Absatz 1 sollen die Kantone verpflichtet werden, alle Massnahmen zu treffen, die nötig sind, um die Verfügbarkeit des Baulandes sicherzustellen oder ­ anders ausgedrückt ­ seine Eignung zur bestimmungsgemässen Nutzung zu verbessern. Um der im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Kritik Rechnung zu tragen, überlässt die vorgeschlagene Bestimmung die Wahl der konkreten Massnahmen jedoch den Kantonen. Die Kantone kennen in ihren Planungs- und Baugesetzen bereits verschiedentlich solche Massnahmen. Es sind dies etwa: bodenrechtliche Massnahmen (VD), Möglichkeit des Abschlusses verwaltungsrechtlicher Verträge (GR [offene Formulierung], SO [vertragliche Bauverpflichtung]), bedingte Einzonung mit Bau22

Die Norm ist publiziert auf der SIA-Homepage, zu finden unter http://www.webnorm.ch/downloadAnhang.aspx?ID=bd34fc06-775d-4284-953a9c8e9402bc48&Sprache_ID=1&neutral=true&zipped=false

1075

verpflichtung innert Frist (AG [für Bauvorhaben von übergeordnetem Interesse], AR, FR [bei grossräumigen Vorhaben]), Bauverpflichtung innert Frist verknüpft mit gesetzlichem Kaufsrecht (OW). Weitere bekannte Massnahmen sind Lenkungsabgaben, steuerliche Massnahmen, die im Ergebnis einer Mehrwertabschöpfung gleichkommen, Verpflichtungen im Bereich der Erschliessung oder die Möglichkeit zur Enteignung. All diese Massnahmen blieben bei der in Absatz 1 vorgeschlagenen Regelung möglich.

Der Landumlegung und anderen bodenrechtlichen Massnahmen, die in Absatz 1 beispielhaft erwähnt werden, kommt dabei insofern eine besondere Bedeutung zu, als damit ein wichtiger Beitrag geleistet werden kann, um die Eignung der Grundstücke zur Überbauung sicherzustellen oder zu verbessern. Aus diesem Grund werden sie speziell erwähnt. Wenn bei der Erarbeitung von Nutzungsplänen die bodenrechtlichen Vorgaben frühzeitig berücksichtigt und die bodenrechtlichen Massnahmen koordiniert umgesetzt werden, so kann die Verfügbarkeit der Bauzonen verbessert werden. Das durch die Planung bereitgestellte Angebot an Bauland wird ergänzt, indem seine Baureife hergestellt wird, was gemäss Bundesgericht einem wichtigen öffentlichen Interesse entspricht23. Die Kantone haben zwar bereits heute die Möglichkeit, solche Instrumente zu nutzen. Insbesondere die Landumlegung ist in Artikel 20 RPG bereits vorgesehen. Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung in der Botschaft vom 27. Februar 1978 sind auch heute noch uneingeschränkt gültig: «Die Landumlegung soll die Nutzung im Sinne der Nutzungspläne ermöglichen. Sie kann sowohl im Zusammenhang mit der Erstellung als auch für die Durchführung der Nutzungspläne notwendig sein. Sie dient im Blick auf die Zoneneinteilung der Entflechtung der Interessen und ermöglicht mit der Neueinteilung der Grundstücke eine bessere Nutzung»24.

In der Raumplanung wurden die Bedeutung und der Nutzen dieses Instruments jedoch lange unterschätzt25. Nur in wenigen Kantonen (AG, BE, GE, LU, SG, TG, VD) besteht eine fortschrittliche Ausführungsgesetzgebung, und noch weniger Kantone setzen diese tatsächlich um. Der Verweis auf Artikel 20 RPG macht insbesondere deutlich, dass die Landumlegung auch von Amtes wegen angeordnet und ­ bei Bedarf ­ von der zuständigen Behörde selbst durchgeführt werden kann beziehungsweise muss,
falls die Umsetzung eines Nutzungsplans dies erfordert.

Anstelle einer formellen Landumlegung können auch andere ­ häufig vertraglich vereinbarte und einfacher zu realisierende ­ bodenrechtliche Massnahmen wie etwa die bessere Anordnung von Parzellen, Grenzberichtigungen oder die Löschung von Dienstbarkeiten vorgesehen werden.

In Würdigung der im Rahmen der Vernehmlassung geäusserten Kritik beauftragt Absatz 2 neu die Kantone, in ihrer Gesetzgebung vorzusehen, dass die zuständige Behörde eine Frist für die Überbauung eines Grundstücks setzen und die vom kantonalen Recht vorgesehenen Rechtsfolgen anordnen kann, wenn das öffentliche Interesse es rechtfertigt. Dieser Gesetzgebungsauftrag ist zwar obligatorisch. Das Bundesrecht verlangt hingegen nicht, dass im Einzelfall eine entsprechende Frist wirklich angesetzt werden muss. Dies bleibt der zuständigen Behörde überlassen, wenn nicht das kantonale Recht weitergeht.

23 24 25

BGE vom 9. Januar 2008, 1C.90/2007 BBl 1978 I 1027 Vgl. André Jomini, Kommentar zum Raumplanungsgesetz, Zürich, 1999, Art. 20, N.3

1076

Ist in einem bestimmten Gebiet das Angebot an verfügbarem Bauland ungenügend, so ist darin ein Musterbeispiel eines öffentlichen Interesses zu sehen, das eine Fristansetzung rechtfertigt. Denkbar ist aber auch, dass ein grosses öffentliches Interesse daran besteht, Grundstücke an strategischen Schlüsselstellen der Überbauung zuzuführen.

Insoweit eine solche Verpflichtung dem öffentlichen Interesse der rationellen Bodennutzung und der Bekämpfung der Baulandhortung dient, tangiert sie die Eigentumsgarantie nicht unverhältnismässig, solange ihre Ausübung an bestimmte Bedingungen geknüpft ist26. Um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen, wird das kantonale Recht eine allfällige Bauverpflichtung daher an gewisse Bedingungen knüpfen müssen. Insbesondere wird die Bauverpflichtung als subsidiäre Massnahme konzipiert sein müssen, die nur dort greifen kann, wo das Angebot an verfügbarem Land ungenügend ist oder wo die Überbauung aus anderen Gründen einem überwiegenden öffentlichen Interesse entspricht. Die Frist für die Überbauung sollte unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls festgesetzt werden, in der Regel innerhalb einer Zeitspanne von 5­15 Jahren. Es dürfte sachgerecht sein, im kantonalen Recht präzisere Vorgaben zu machen. In jedem Fall muss das öffentliche Interesse so gross sein, dass es die Nachteile, die den Privaten dadurch entstehen (Fristansetzung und angedrohter Rechtsnachteil), zu überwiegen vermag.

Die kantonale Ausführungsgesetzgebung sollte daher ermöglichen diese Rechtsfolgen danach zu differenzieren, wie gross das öffentliche Interesse an der Überbauung ist. In Fällen einer «normalen» Baulandknappheit dürften fiskalische Massnahmen genügen. Wo ein ausserordentliches Interesse an der Überbauung bestimmter Baulandreserven besteht, muss das kantonale Recht allerdings auch Rechtsfolgen vorsehen, die geeignet sind, nach ungenutztem Ablauf der Frist die Überbauung notfalls durchzusetzen. Zu denken ist insbesondere an ein Kaufsrecht des Gemeinwesens, an die rechtlich durchsetzbare Verpflichtung zur Veräusserung, die Auszonung oder allenfalls auch die Enteignung.

Mit Überbauung ist nicht nur die erstmalige bauliche Nutzung eines bisher baulich ungenutzten Gebietes gemeint. Vielmehr sollen auch Ergänzungen der Überbauung im Sinne einer Verdichtung erfasst werden. Die
Eigentümerin oder der Eigentümer eines grossen, als Parkplatz genutzten Areals an zentraler Lage soll sich der Anordnung einer Bauverpflichtung nicht dadurch entziehen können, dass er argumentiert, das Areal sei bereits überbaut.

Als zuständige Behörde kann das kantonale Recht, soweit dies als sachgerecht erscheint, auch eine kommunale Behörde bezeichnen.

Einige Kantone (insbesondere AG, AR, FR und OW) kennen ­ in unterschiedlicher Ausgestaltung ­ eine gesetzlich geregelte Bauverpflichtung bereits heute. Im Bundesrecht ist eine Bauverpflichtung in Artikel 9 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 197427 (WEG) vorgesehen. Betroffen sind dort Grundstücke, die Gegenstand einer Baulandumlegung waren.

26 27

Vgl. Georg Müller, Baupflicht und Eigentumsordnung, in Festschrift für Ulrich Häfeli, Zürich, 1989, S. 176 f.; in gleichem Sinn BGE 88 I 257 bezüglich Enteignung.

SR 843

1077

2.6

Übergangsbestimmungen (Art. 37b)

Die Landschaftsinitiative will in erster Linie das Wachstum der Bauzonen bremsen.

Eine der zentralen direkten Auswirkungen der Initiative wäre denn auch das zwanzigjährige Moratorium für die Gesamtfläche der Bauzonen in der Schweiz. Als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative muss die vorliegende Revisionsvorlage hier ebenfalls ein Schwergewicht setzen. Dies erfolgt durch ein zeitlich beschränktes Moratorium für die Gesamtfläche der Bauzonen pro Kanton, das sich aus Absatz 2 ergibt. Demnach dürfen die Kantone die Fläche ihrer rechtskräftig ausgeschiedenen Bauzonen insgesamt nicht vergrössern, solange der Bundesrat die Anpassung des kantonalen Richtplans an die Voraussetzungen der Artikel 8 und 8a nicht genehmigt hat. Diese Anpassung soll innert fünf Jahren erfolgen (Abs. 1). Erfolgt sie in einem Kanton schneller, so fällt das Moratorium für den betreffenden Kanton entsprechend früher weg. Dauert sie länger, so zieht sich auch das Moratorium entsprechend in die Länge.

Kantone mit erheblich überdimensionierten Bauzonen könnten allenfalls relativ lange mit einem Regime leben, das bei Kompensation neue Bauzonen zulässt. Es braucht daher einen gewissen Druck auf die Kantone, die Richtplananpassung wirklich vorzunehmen. Gemäss Absatz 3 soll ein Kanton daher nach Ablauf der Frist von fünf Jahren selbst bei flächengleicher Kompensation keine neuen Einzonungen mehr vornehmen dürfen, solange der im Lichte der neuen bundesrechtlichen Bestimmungen angepasste kantonale Richtplan noch nicht beschlossen und durch den Bundesrat genehmigt worden ist.

Neben der Dauer der innerkantonalen Verfahren wird auch das Prüfungs- und Genehmigungsverfahren beim Bund sich auf die Einhaltung der Fristen auswirken.

In der Bundesverwaltung werden die notwendigen personellen und organisatorischen Massnahmen zu treffen sein, um eine rasche und effiziente Abwicklung der Prüfungs- und Genehmigungsverfahren zu ermöglichen. So soll es erklärtes Ziel sein, dass die Bearbeitungszeit für die Prüfung und Genehmigung einer Richtplananpassung nach Absatz 1 ab Vorliegen der vollständigen Unterlagen beim Bund nicht mehr als 6 Monate in Anspruch nimmt. Dies jedenfalls unter der Voraussetzung, dass keine erheblichen materiellen Probleme zu diskutieren sind. Je mehr Probleme eine solche Anpassung bietet, desto länger kann auch das
Genehmigungsverfahren dauern. Zu einer möglichst problemlosen und schnellen Genehmigung kann die Vorprüfung der Richtplananpassung durch den Bund beitragen.

Nicht jeder geringfügige Mangel der Richtplananpassung wird dazu führen müssen, dass die Sanktion von Absatz 3 zur Anwendung gelangt. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird der Bundesrat bei einer Nichtgenehmigung im Entscheiddispositiv festzustellen haben, dass im betreffenden Kanton Absatz 3 zur Anwendung gelangt.

Bei der Anpassung des kantonalen Richtplans an die Neuerungen der Artikel 8 und 8a wird einer der zentralen Punkte die Umsetzung von Artikel 8a Buchstabe d sein müssen, stellt doch diese Bestimmung thematisch den Konnex zwischen dem Moratorium nach Absatz 2 und Artikel 8a her.

Sieht der kantonale Richtplan Massnahmen vor, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Bauzonen den Anforderungen von Artikel 15 entsprechen, so ist dies noch keine Garantie dafür, dass diese Massnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Das Bundesamt für Raumentwicklung hat jedoch mit dem Beschwerderecht 1078

nach Artikel 111 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200528 ein Instrument in der Hand, um die Umsetzung der vorgesehenen Massnahmen in der Nutzungsplanung notfalls zu erzwingen.

3

Auswirkungen29

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Mit der vorliegenden Teilrevisionsvorlage, die einen Schwerpunkt bei der Richtplanung setzt, nimmt der Aufwand für die Beratung und Unterstützung der Kantone und für Prüfung und Genehmigung der kantonalen Richtpläne deutlich zu. Dieser Aufwand wird während der Frist, innerhalb derer die Kantone ihre Richtpäne an die neuen bundesrechtlichen Anforderungen anzupassen haben, besonders hoch sein. Er wird aber auch über diese Frist hinaus deutlich grösser sein als heute. Zudem wird auch die Wahrnehmung der Aufsicht über die korrekte Umsetzung der geänderten bundesrechtlichen Rahmenbedingungen auf der Stufe der Nutzungspläne aufwendiger werden, was auch mit den erweiterten Möglichkeiten zusammenhängt, die das Bundesgerichtsgesetz30 den beschwerdeberechtigten Bundesbehörden eröffnet. Es wird nicht möglich sein, diesen Mehraufwand vollumfänglich durch entsprechende Priorisierungen sowie eine Bündelung des Ressourceneinsatzes aufzufangen. Damit der Bund seine künftigen Aufgaben im Bereich der Richtplanung rasch und effizient erfüllen und seine Aufsichtsfunktion im Bereich der Nutzungsplanung korrekt wahrnehmen kann, bedarf es zweier zusätzlicher Stellen.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die als Folge der vorliegenden Teilrevision nötig werdenden Anpassungen der Richt- und Nutzungspläne werden in den Kantonen und Gemeinden zu entsprechendem Mehraufwand führen, der zunächst im Rahmen der Anpassung an die neuen bundesrechtlichen Anforderungen, dann aber auch im Sinne einer Daueraufgabe anfallen wird. Soweit die auf Nutzungsplanstufe nötigen Anpassungen im Rahmen der periodisch ohnehin erforderlichen Überprüfung der massgeblichen Planungen vorgenommen werden können, kann der Zusatzaufwand ­ zumindest was die Verfahren betrifft ­ gering gehalten werden. Soweit als Folge der Überprüfung der Bauzonen Auszonungen nötig werden sollten, um die Anforderungen von Artikel 15 zu erfüllen, können auch Kosten anfallen, um allfällige Entschädigungsforderungen aus materieller Enteignung begleichen zu können. Auch langfristig dürften für den Vollzug des neuen Rechts tendenziell höhere (Personal-)Kosten anfallen, beispielsweise im Zusammenhang mit den Bestrebungen, die Überbaubarkeit des Baulands zu fördern oder die Baulandhortung zu verhindern.

28 29

30

BGG, SR 173.110 Um die Auswirkungen der vorliegenden Teilrevisionsvorlage auf die Wirtschaft, die Umwelt und die Gesellschaft beurteilen zu können, wurden eine Nachhaltigkeitsbeurteilung und eine Regulierungsfolgenabschätzung) zum Gesetzesvorhaben durchgeführt. Der vollständige Bericht (Ecoplan (2009), Nachhaltigkeitsbeurteilung und Regulierungsfolgenabschätzung zur Revision des Raumplanungsgesetzes, 2009) steht auf der Homepage des Bundesamtes für Raumentwicklung unter folgender Adresse zur Verfügung: www.are.admin.ch.

SR 173.110

1079

Andererseits wird die öffentliche Hand profitieren: Durch die konzentriertere Siedlungsweise werden die Infrastrukturen effizienter genutzt, sodass sich bei deren Erstellung und Betrieb ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis einstellen wird als dies der Fall wäre, wenn das Gesetz nicht revidiert würde. Insgesamt dürften sich damit die negativen und positiven Effekte für Kantone und Gemeinden in etwa ausgleichen.

Die neu vorgeschlagenen bundesrechtlichen Bestimmungen bedürfen grundsätzlich keiner kantonalen Ausführungsgesetzgebung, sind mithin direkt anwendbar. Die Frage der Umsetzung ins kantonale Recht stellt sich lediglich bei Artikel 15a. Die Massnahmen gemäss Artikel 15a weisen einen engen Zusammenhang mit der in Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c enthaltenen Voraussetzung auf, wonach Land nur dann neu einer Bauzonen zugewiesen werden darf, wenn die Verfügbarkeit rechtlich sichergestellt ist. Schon mit Blick auf diese Bestimmung werden die Kantone, deren kantonales Recht noch keine diesbezüglichen Massnahmen vorsieht, nicht umhinkommen, die nötigen Vorkehrungen zur Verflüssigung des Baulands zu treffen, wenn sie dereinst in der Lage sein wollen, die Voraussetzungen von Artikel 15 Absatz 3 erfüllen zu können. Dies gilt insbesondere mit Bezug auf Artikel 15a Absatz 1, der in seinem ersten Satz affirmativ festhält, dass die Kantone geeignete Massnahmen zu treffen haben, um Bauland seiner Bestimmung zuzuführen. In der Wahl der Massnahmen macht das Bundesrecht den Kantonen keine Vorgaben.

Absatz 2 von Artikel 15a ist mit Bezug auf die Bauverpflichtung direkt anwendbar, stellt es aber der vom kantonalen Recht bezeichneten Behörde frei, ob sie diese Massnahme anordnen will. Bezüglich der Rechtsfolgen, die zur Anwendung kommen sollen, wenn die Frist zur Überbauung nicht eingehalten wird, bedarf es jedoch kantonalen Ausführungsrechts.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die vorliegende Teilrevision führt zu einer verstärkten Siedlungsentwicklung in und um bestehende Zentren unterschiedlicher Rangordnung, einschliesslich regionaler Zentren in ländlichen Räumen (vgl. Ziff. 1.3.2). Dadurch können sich die Unternehmen geografisch stärker konzentrieren, entsprechend höhere Skaleneffekte erzielen und von der Nähe zu anderen Unternehmen profitieren («Agglomerationseffekte»)31. Dies verbessert allgemein die internationale Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Ein Rückgang in der Bautätigkeit ist nicht zu erwarten, da die Siedlungsentwicklung nicht gestoppt, sondern verlagert und in raumplanerisch sinnvollen Lagen intensiviert wird. Diese Wirkung ist somit gesamthaft positiv oder zumindest neutral.

Auch auf die Nutzung der Infrastruktur wirkt sich die verstärkte Siedlungsentwicklung in und um bestehende Zentren positiv aus, da bestehende Infrastrukturen effizienter genutzt und Ausbauten tendenziell zurückgestellt werden können32. Die gleiche Wirkung entfaltet auch die gebremste Zersiedelung (vgl. Ziff. 1.3.2), indem ausserhalb der bestehenden Siedlungen neu ein kleinerer Bedarf an (weniger effi31

32

Vgl. Storper, The Regional World, 1997; Venables , Equilibrium locations of vertically linked industries, 1996; Krugman/Venables , Integration and the competitiveness of peripheral industry, 1990.

Vgl. Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Öffnung für das Bauen im Landwirtschaftsgebiet ­ ein Bumerang für alle?, S. 18.

1080

zient genutzter) Infrastruktur besteht. Die kompaktere Siedlungsstruktur vermindert tendenziell auch das Verkehrsaufkommen und die Folgekosten des Verkehrs (Gesundheits- und Umweltkosten).

Die Auswirkungen auf die Bodenpreise sind voraussichtlich neutral. Zwar wird die Menge der Bauzonen verkleinert. Durch die Verlagerung hin zu raumplanerisch geeigneten Lagen wird aber die Baulandknappheit an Orten hoher Nachfrage nicht unbedingt erhöht. Zusätzlich wirken die vorgesehenen Massnahmen zur besseren Baulandverfügbarkeit einem verstärkten Bodenpreisanstieg entgegen.

3.4

Andere Auswirkungen

Dadurch, dass die Zersiedelung gebremst werden kann, die Siedlungsentwicklung vermehrt nach innen gelenkt wird und eine höhere Ausnutzung beim zukünftigen Siedlungswachstum erzielt wird (vgl. Ziff. 1.3.2), dürften auch die Verkehrswege im Vergleich zur Trendentwicklung eher kürzer werden. Das Verkehrsaufkommen dürfte damit gesamthaft gebremst werden. Kürzere Wegstrecken dürften zudem vermehrt zu Fuss oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden33. Dies wirkt sich sowohl positiv auf den Treibstoffverbrauch und die Schadstoffbelastung als auch auf die Gesundheit aus. In den Siedlungszentren kann aufgrund der höheren Konzentration die Schadstoffbelastung unter Umständen allerdings eher zunehmen.

Ländliche Gebiete werden per Saldo kaum verlieren, da regionale Zentren durch die vorliegende Teilrevision tendenziell gestärkt werden, was auch aus wirtschaftlicher Optik von Vorteil ist. Auch trägt die gebremste Zersiedelung gerade im ländlichen Raum zu einem Erhalt der ländlichen Siedlungsstruktur bei, wodurch die Landschaft und die ländliche Kultur und damit ein wichtiges Kapital für den Tourismus eher erhalten bleiben können.

Mit der Umsetzung und Auslegung neuer Bestimmungen sind immer auch Unsicherheiten verbunden. Während einer Übergangszeit wird daher damit zu rechnen sein, dass die Rechtsunsicherheit leicht zunimmt. Sobald sich die neuen Bestimmungen aber etabliert haben, wird dies kein Problem mehr darstellen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 23. Januar 200834 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss vom 18. September 200835 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt.

33 34 35

Vgl. Koll-Schretzenmayr, Gelungen ­ Misslungen?, 2008, S. 155, 160.

BBl 2008 803 BBl 2008 8548

1081

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 75 der Bundesverfassung. Danach legt der Bund Grundsätze der Raumplanung fest. Diese obliegt den Kantonen und dient der zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes (Art. 75 Abs. 1 BV). Der Bund hat im Bereich der Raumplanung somit keine umfassende Gesetzgebungskompetenz, sondern ist auf die Festlegung von «Grundsätzen» beschränkt. In diesem Rahmen darf er verbindliche Vorgaben machen, die «den Kantonen aufzeigen, auf welche Ziele, mit welchen Instrumenten, mittels welcher Massnahmen und gestützt auf welche Verfahren die Raumplanung an die Hand genommen werden soll»36.

Von grundsätzlicher Bedeutung sind stets Ziel- und Grundsatznormen, wie sie sich im vorliegenden Gesetzesentwurf in den Artikeln 1 und 3 finden.

In der Raumplanung gibt es überdies eine Reihe wichtiger Fragen, die ­ ohne dass dadurch der Rahmen der Grundsatzgesetzgebung gesprengt würde ­ auch dichter normiert werden dürfen. Dies kann etwa nötig sein, wenn «Kernfestlegungen»37 in Frage stehen wie namentlich die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet (vgl.

Art. 1 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfs).

Schliesslich darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Frage nach dem Grundsatzcharakter von Vorschriften stets auch vor dem Hintergrund der Zeit zu beantworten ist. Es drängen sich daher ­ aufgrund der Erfahrungen, die seit Inkrafttreten des RPG gemacht wurden ­ gewisse Schwerpunktverlagerungen auf. Gerade was das Eindämmen der Zersiedlung betrifft, konnten die Ziele nicht erreicht werden. Es wird immer noch zu viel Boden verbraucht, und die Hortung von Bauland stellt unverändert ein Problem dar. Der Gesetzesentwurf enthält daher ­ verglichen mit dem geltenden Recht ­ klarere Vorgaben im Bereich der Siedlung (vgl. Art. 6, 8, 8a und 37b Abs. 1) und der Bauzonen (Art. 15, 15a, 37b Abs. 2 und 3).

Was die Förderung der Verfügbarkeit der Bauzonen (Art. 15a) betrifft, so haben sich die entsprechenden kantonalen Massnahmen, sofern sie die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) tangieren, an die Voraussetzungen von Artikel 36 BV zu halten.

Danach bedürfen Einschränkungen von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage, wobei schwerwiegende Einschränkungen im Gesetz selbst vorgesehen sein müssen.

Weiter müssen die Einschränkungen durch ein öffentliches
Interesse gerechtfertigt sein, sich als verhältnismässig erweisen und den Kerngehalt des betroffenen Grundrechts wahren. Zu den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der in einigen Kantonen und in Artikel 9 WEG vorgesehenen Bauverpflichtung kann auf die Erläuterungen zu Artikel 15a verwiesen werden (vgl. Ziff. 2.5).

Der vorliegende Gesetzesentwurf bleibt nach dem Gesagten in dem durch Artikel 75 BV abgesteckten Rahmen.

36 37

Riccardo Jagmetti in: Kommentar aBV, Art. 24quater Rz. 116.

Martin Lendi, St. Galler Kommentar BV, 2. Aufl., Art. 75 Rz. 25.

1082

5.2

Verhältnis zum europäischen Recht

Das «Europäische Raumentwicklungskonzept» (EUREK) ) und dessen Folgedokument «Territoriale Agenda» sowie das Grünbuch «Territoriale Kohäsion» bilden den Orientierungsrahmen für die Raumordnungspolitik der EU. Die Schweiz nimmt aktiv an der Diskussion über die europäische Raumentwicklung teil.

Auf Einladung der Europäischen Kommission beteiligt sich die Schweiz zudem an folgenden Programmen der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ): INTERREG, ESPON, URBACT und INTERACT.

INTERREG geht auf eine Anfang der 1990er-Jahre lancierte Gemeinschaftsinitiative zurück. Die Schweizer Beteiligung an diesen Zusammenarbeitsprogrammen hat bereits eine lange Tradition und ist mit Blick auf die territoriale Koordination zwischen der Schweiz und der EU nicht mehr wegzudenken. Die Periode 2007­2012 sieht 66 grenzüberschreitende, transnationale und interregionale INTERREG-Programme vor, sieben davon mit Schweizer Beteiligung. Vor allem im Rahmen der transnationalen Programme «Alpinespace» und «Northwesteurope» kann die Schweiz zusammen mit verschiedenen Mitgliedstaaten konkrete Projekte umsetzen, z.B. in den Bereichen Klimawandel, Demografie oder Grundversorgung.

Das ESPON-Programm dient der europäischen Raumbeobachtung. Längerfristiges Ziel ist es, ein dauerhaftes System für die Raumbeobachtung einzurichten. Die Schweiz spielt im Rahmen des ESPON-Programms eine aktive Rolle und nimmt an mehreren Projekten teil.

URBACT ist ein europäisches Raumentwicklungsprogramm für Städte. Im Rahmen verschiedener Projekte können die beteiligten Städte neue Netzwerke gründen und über die aktuellen Herausforderungen, etwa im Bereich der Beziehung zwischen Stadt und Land oder der Stadterneuerung, gute Umsetzungsbeispiele diskutieren und Erfahrungen austauschen.

INTERACT ist das Rahmenprogramm zu den Förderprogrammen der ETZ. Es hat zum Ziel, den Erfahrungsaustausch unter den an der ETZ beteiligten Partnern zu fördern und dadurch die territoriale Zusammenarbeit zu stärken.

Mit dem Vertrag von Lissabon erhält die europäische territoriale Diskussion zusätzliches Gewicht. Darin wird erstmals explizit auf die Notwendigkeit der territorialen Kohäsion innerhalb Europas hingewiesen. Die europäische Raumentwicklungspolitik endet jedoch nicht an den Grenzen der EU. Zu erwähnen sind insbesondere die «Leitlinien für eine nachhaltige
räumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent» (CEMAT-Leitlinien), welche der Europarat im Jahr 2000 verabschiedet hat.

Die in der Revisionsvorlage vorgeschlagenen Änderungen zielen in dieselbe Richtung wie die oben genannten Bestrebungen auf europäischer Ebene.

1083

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