10.009 Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2009 und Botschaften zu Wirtschaftsvereinbarungen sowie Bericht über zolltarifarische Massnahmen 2009 vom 13. Januar 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Gestützt auf Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über aussenwirtschaftliche Massnahmen (Aussenwirtschaftsgesetz, SR 946.201) beehren wir uns, Ihnen Bericht zu erstatten. Wir beantragen Ihnen, von diesem Bericht samt seinen Beilagen (Ziff. 11.1.1 und 11.1.2) Kenntnis zu nehmen (Art. 10 Abs. 1 des Aussenwirtschaftsgesetzes).

Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen, gestützt auf Artikel 10 Absatz 3 des Aussenwirtschaftsgesetzes, drei Botschaften über internationale Wirtschaftsvereinbarungen.

Wir beantragen Ihnen, die folgenden Abkommen zu genehmigen: ­

das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Albanien sowie das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Albanien (Ziff.

11.2.1 samt Anhängen)

­

das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Serbien sowie das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Serbien (Ziff. 11.2.2 samt Anhängen)

­

die Investitionsschutzabkommen mit Lesotho, China und Tadschikistan (Ziff. 11.2.3).

In Anwendung von Artikel 10 Absatz 4 des Aussenwirtschaftsgesetzes sowie gestützt auf Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Zolltarifgesetzes vom 9. Oktober 1986 (SR 632.10), auf Artikel 6a des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1974 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (SR 632.111.72) und auf Artikel 4 Absatz 2 des Zollpräferenzengesetzes vom 9. Oktober 1981 (SR 632.91) unterbreiten wir Ihnen schliesslich den Bericht und den Entwurf zum Bundesbeschluss über zolltarifarische Massnahmen (Ziff. 11.3). Wir beantragen Ihnen, die zolltarifarischen Massnahmen zu genehmigen.

2009-1961

479

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

13. Januar 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Gesamtübersicht Zielsetzung des Bundesrates Das Berichtsjahr war geprägt von den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die nationale und internationale Wirtschaftstätigkeit. Trotz rekordhohen Interventionen und Stützungsmassnahmen der Regierungen in den Industrie- und Schwellenländern gehen internationale Organisationen wie der IWF zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg von einem Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung aus.

Wenn in allen wichtigen Absatzmärkten wirtschaftliche Probleme bestehen, wirkt sich das auf eine exportorientierte Wirtschaft wie jene der Schweiz besonders stark aus. Obschon sich die Schweizer Wirtschaft im internationalen Vergleich gut behauptete, wird auch sie im Jahr 2009 ein negatives Wachstum ausweisen. Angesichts dieser Umstände verfolgte der Bundesrat in der Aussenwirtschaftspolitik eine Doppelstrategie. Einerseits setzte er sich in den relevanten internationalen Organisationen und Treffen energisch gegen den sich abzeichnenden Finanz- und Handelsprotektionismus ein. Andererseits ergriff er Massnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Stärkung des Wettbewerbs im Binnenmarkt sowie zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere Exportwirtschaft. Nach der Annahme einer Reihe von Massnahmen im November 2008 setzte er im Februar und August mit zwei weiteren Stabilisierungsspaketen die vorwiegend binnenmarktwirksamen Massnahmen fort. Mit dem Abschluss weiterer Freihandelsabkommen wurden der Marktzugang für Schweizer Exporte weiter erleichtert und die Chancen der Exportwirtschaft verbessert, effektiv vom Aufschwung profitieren zu können, sobald dieser einsetzt.

Die Ziele des Bundesrats waren bereits im Ausblick des Aussenwirtschaftsberichts 2008 (BBl 2009 727) prioritär auf die Bewältigung der Finanzkrise und ihrer Auswirkungen auf die Exportwirtschaft ausgerichtet. Die oben erwähnten Massnahmen sind somit mit den damals geäusserten Absichten des Bundesrates kongruent und folgen dieser Zielsetzung. Neben dem weiteren Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen nahmen die Konsolidierung und der Ausbau der Beziehungen mit der EU sowie die Stärkung des multilateralen Regelwerks der WTO einen wichtigen Platz in der Zielsetzung ein. Wie der vorliegende Bericht aufzeigt, sind namentlich in den Beziehungen zur EU wesentliche Fortschritte
erzielt worden. Auch in den Verhandlungen der Doha-Runde der WTO ist in der zweiten Jahreshälfte sowohl auf politischer Ebene wie auf Expertenebene ein verstärkter Druck spürbar, sodass ein Abschluss der Runde im kommenden Jahr zwar schwierig, aber nicht ganz ausgeschlossen erscheint. Die von der WTO-Ministerkonferenz anfangs Dezember anberaumte Bestandesaufnahme, die im ersten Quartal 2010 stattfinden soll, wird dabei eine wichtige Rolle spielen.

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Der Bundesrat wird wie gewohnt in seinem jährlichen Geschäftsbericht detailliert und umfassend über den Stand der Arbeiten in Bezug auf seine Ziele für 2009 berichten. Bezüglich der Aussenwirtschaftspolitik kann im Sinne eines vorläufigen Befundes festgestellt werden, dass die Ziele für das Berichtsjahr erreicht wurden.

Der Aussenwirtschaftsbericht 2009 Schwerpunktkapitel (vgl. Ziff. 1) Das Schwerpunktkapitel ist dem Thema «Nachhaltigkeit in der Aussenwirtschaftspolitik» gewidmet. Obschon die Aussenwirtschaftspolitik primär auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausgerichtet ist, muss der Bundesrat der ökologischen Verantwortung und der gesellschaftlichen Solidarität ebenfalls Rechnung tragen, um allen drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung zu genügen. Die dabei unvermeidlich auftretenden Zielkonflikte lassen sich nicht im Abstrakten, sondern immer nur von Fall zu Fall lösen. Zweck des Kapitels ist es, die konzeptionellen Zusammenhänge zwischen den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit im Bereich der Aussenwirtschaftspolitik aufzuzeigen, die entsprechenden Schritte der Schweiz zu deren Berücksichtigung auf internationaler Ebene darzustellen und Prioritäten zu formulieren. In Zukunft wird der Bundesrat sein Hauptaugenmerk neben der weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen für die internationale Wirtschaftstätigkeit auf folgende Themen legen: Stärkung der internationalen Umwelt- und Sozialregelwerke, Förderung der Zusammenarbeit und Kohärenz zwischen relevanten internationalen Organisationen, Gewährleistung der Kohärenz im plurilateralen und bilateralen Engagement und Unterstützung freiwilliger Massnahmen des Privatsektors.

Die multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit (vgl. Ziff. 2) Wahlen bzw. der Amtsantritt einer neuen Administration in Indien und den USA trugen dazu bei, dass grössere Fortschritte in der Doha-Runde der WTO ausblieben.

In der zweiten Jahreshälfte gelang es den Regierungschefs der G20, einen grösseren politischen Druck auf die technischen Arbeiten in Genf auszuüben, mit dem Ziel, einen Abschluss der Verhandlungen im kommenden Jahr zu erreichen. Ausserhalb der Doha-Runde gingen in der WTO die Beitrittsverhandlungen mit insgesamt 29 Kandidaten weiter, die Handelspolitiken von siebzehn Mitgliedern wurden einer Prüfung unterzogen, und im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens wurden wichtige Entscheidungen gefällt. Ende Jahr fand die siebte ordentliche Ministerkonferenz der WTO statt, die unter dem Thema «The WTO, the Multilateral Trading System and the Current Global Economic Environment» stand. Obschon die Doha-Runde nicht im Zentrum dieser Konferenz stand, wurde ins Auge gefasst, im
ersten Quartal des kommenden Jahres eine Bestandesaufnahme der Verhandlungen vorzunehmen, womit ein wichtiges Zeichen gesetzt wurde.

Die Beziehungen zur OECD waren im Zusammenhang mit der Rolle des Generalsekretärs bei der Behandlung der Steuerfragen durch die G20 gespannt, konnten aber im Verlaufe des Jahres normalisiert werden. Auch die Arbeiten dieser Organi-

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sation und der in ihrem Rahmen tagenden Expertenausschüsse konzentrierten sich auf die Folgen und die Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise, wozu die OECD dank ihres breiten Aktivitätsspektrums durchaus geeignet erscheint. Die Schweizer Wirtschaftspolitik und die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit wurden im Rahmen von «peer reviews» einer Prüfung unterzogen.

Wichtige Themen der UNCTAD bildeten die Umsetzung der Beschlüsse der zwölften Ministerkonferenz des Vorjahres, des sogenannten «Accra Accord» (vgl. Aussenwirtschaftsbericht 2008) sowie die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise für die Entwicklungsländer. In der UNIDO engagierte sich die Schweiz weiterhin in mehreren Projekten mit dem Schwerpunkt der Förderung von umweltfreundlichen Technologien.

Europäische Wirtschaftsintegration (vgl. Ziff. 3) In den Beziehungen mit unserem bedeutendsten Handelspartner, der EU mit ihren Mitgliedstaaten, standen verschiedene wichtige Entscheidungen und Verhandlungen im Vordergrund. Die Volksabstimmung über die Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens und dessen Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien erbrachte ein deutliches Mehr an Ja-Stimmen. Das Abkommen über Zollerleichterungen und Zollsicherheit, aufgrund dessen im Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU keine Vorab-Anmeldung (24-Stunden-Regel) notwendig ist, wurde unterzeichnet und wird seit dem 1. Juli angewandt. Die Referendums-Abstimmung zum biometrischen Pass, der eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes darstellt, ging mit einem knappen Mehr zugunsten der Vorlage des Bundesrats aus. Daneben wurden die bestehenden bilateralen Abkommen weiterhin umgesetzt bzw. an die Weiterentwicklung des rechtlichen EU-Besitzstandes angepasst.

Neben der Konsolidierung der bestehenden Abkommen wurde, wie in den Zielsetzungen des Bundesrats vorgesehen, auch die Ausdehnung der Beziehungen auf neue Bereiche weitergeführt. Von besonderer Bedeutung für die schweizerische Wirtschaft sind dabei die Verhandlungen im Elektrizitätsbereich, über Landwirtschaft, Lebensmittel-, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit sowie die Exploration einer institutionalisierten Zusammenarbeit mit der EU hinsichtlich der neuen EU-Vorschriften im Chemikalienbereich (REACH).

Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU und der EFTA (vgl. Ziff. 4) Nach rund
zweijährigen Verhandlungen trat am 1. September das bilaterale Abkommen über Freihandel und Partnerschaft mit Japan, einem der bedeutendsten Wirtschaftspartner der Schweiz und der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt, in Kraft. Damit sichert sich die Schweiz einen präferenziellen Zugang zu diesem Markt, was weder für die EU noch die USA der Fall ist. Ebenfalls in Kraft trat am 1. Juli das Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und Kanada. Weitere Abkommen konnten im Rahmen der EFTA abgeschlossen und unterzeichnet werden (Staaten des arabischen Golfkooperationsrates (GCC), Albanien, Serbien) oder werden demnächst unterzeichnet (Peru), womit sich die Zahl der Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU und der EFTA auf über zwanzig erhö-

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hen wird. Verhandlungen laufen mit Algerien, Indien und der Ukraine, weitere werden im kommenden Jahr aufgenommen (u.a. Hong Kong, Indonesien, möglicherweise Russland). Mit Vietnam wird im Rahmen der EFTA im Hinblick auf die Eröffnung von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Wichtige Fortschritte erzielte die Schweiz mit China im bilateralen Rahmen, wo die Erarbeitung einer gemeinsamen Machbarkeitsstudie über ein Freihandelsabkommen Schweiz-China beschlossen wurde.

Horizontale Politiken (vgl. Ziff. 5) Die Bereiche Warenverkehr (Industrie und Landwirtschaft), technische Handelshemmnisse, Dienstleistungen, Investitionen, Wettbewerbsrecht, öffentliches Beschaffungswesen und handelsrelevante Aspekte des geistigen Eigentums sind Kernelemente der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik und zahlreicher Wirtschaftsabkommen. In all diesen Bereichen gehören das Einbringen des entsprechenden Fachwissens und die Vertretung schweizerischer Interessen bei der Aushandlung von Wirtschaftsabkommen und bei der Mitarbeit in internationalen Organisationen zu den wichtigen Aufgaben der Aussenwirtschaftspolitik. Zu diesen Organisationen gehören neben der WTO die OECD, die WIPO und UNO-Organisationen. Auch Umwelt- und Energiefragen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Im Berichtsjahr fand mit der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen eine wichtige Verhandlungsrunde über die internationale Klimapolitik statt, die auch Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Entwicklungspolitik haben wird.

Internationales Finanzsystem (vgl. Ziff. 6) Bei der Bekämpfung der Finanzkrise spielten neben den nationalen Unterstützungsmassnahmen konzertierte Vorgehen und Vereinbarungen auf internationaler Ebene eine zentrale Rolle. Die Schweiz beteiligte sich aktiv an den diesbezüglichen Arbeiten des IWF und des Financial Stability Board. Der IWF unterzog die Schweiz dem jährlichen Länderexamen und bescheinigte ihr, insbesondere auf die Finanzkrise angemessen und gut durchdacht reagiert zu haben. Ferner wurden von der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei die erheblichen Fortschritte der Schweiz bei der Ahndung dieser Praktiken und der Terrorismusfinanzierung anerkannt.

Daneben standen für die Schweiz die Entwicklungen im Steuerbereich im Zentrum des Interesses, wo unser Land zunehmendem internationalen
Druck ausgesetzt war.

Als Folge des Beschlusses des Bundesrates, künftig beim Informationsaustausch den OECD-Standard zu übernehmen, wurden die Doppelbesteuerungsabkommen mit zahlreichen Staaten angepasst.

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit (vgl. Ziff. 7) Im Zentrum der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit stand im Berichtsjahr das Bemühen, den Entwicklungsländern bei der Bewältigung von Problemen, die sich im Gefolge der Finanz- und Wirtschaftskrise ergeben hatten, beizustehen.

Dies nicht zuletzt in der Erkenntnis, dass diese Probleme langjährige Entwicklungserfolge zunichte machen können. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Weltbankgruppe und die regionalen Entwicklungsbanken, die auch in der Lage sind, umfassende Unterstützungsprogramme zusammenzustellen. Die Folge ist allerdings, dass

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ihre Mittel sehr stark beansprucht wurden. Der Bundesrat hat deshalb vorgesehen, dem Parlament eine Botschaft zur Teilnahme an den zu erwartenden Kapitalerhöhungen zu unterbreiten. Die bilaterale Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern konzentrierte sich auf den Ausbau der Aktivitäten in den sieben Schwerpunktländern des neuen Rahmenkredits. Die Zusammenarbeit mit den Ländern Osteuropas und der GUS sowie die Prüfung und Entscheidung von Projektfinanzierungsgesuchen im Rahmen des Beitrags an die erweiterte EU wurden fortgesetzt.

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen (vgl. Ziff. 8) Mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für Schweizer Exporte und Investitionen im Ausland zu verbessern, wurde der Pflege der bilateralen Kontakte ­ neben den verschiedenen Verhandlungen ­ auch im Berichtsjahr grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Besondere Bedeutung mass der Bundesrat dabei der weiteren Umsetzung der Länderstrategien für aufstrebende Märkte (Brasilien, China, GCC-Staaten, Indien, Mexiko, Russland und Südafrika) sowie der Verabschiedung weiterer Strategien für Indonesien und die Türkei zu. Dank hochrangigen Wirtschaftsmissionen und Treffen von gemischten Kommissionen konnten die Beziehungen mit diesen wie auch anderen wichtigen Wirtschaftspartnern gestärkt werden. Mit dem Inkrafttreten des Wirtschaftlichen Partnerschafts- und Freihandelsabkommen mit Japan und dem Beschluss, eine entsprechende Machbarkeitsstudie mit China in Angriff zu nehmen, wurden im Berichtsjahr auf bilateraler Ebene zwei weitere wichtige Erfolge verzeichnet.

Exportkontroll- und Embargomassnahmen (vgl. Ziff. 9) Die Schweiz nimmt aktiv an der Weiterentwicklung der vier internationalen Exportkontrollregime teil. Damit unterstützt sie internationale Bestrebungen, die Weiterverbreitung von Massenvernichtungsmassnahmen zu verhindern und die konventionelle Aufrüstung zu begrenzen. Gleichzeitig vertritt sie dabei die legitimen Interessen ihrer Wirtschaft. Von besonderer Bedeutung für die betroffene Schweizer Industrie war die Abstimmung über die Volksinitiative «Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten», die am 29. November von Volk und Ständen mit deutlichem Mehr verworfen wurde.

Im Rahmen der Embargopolitik beschloss der Bundesrat in diesem Jahr neue Zwangsmassnahmen gegen Somalia und Guinea, hob hingegen die Sanktionsverordnung gegen Usbekistan
auf. Die übrigen Embargomassnahmen wurden weitergeführt und wo nötig an internationale Beschlüsse angepasst. Auch die Kontrolle des internationalen Handels von Rohdiamanten wurde fortgeführt.

Exportförderung, Standortpromotion und Tourismus (vgl. Ziff. 10) Osec unterstützt im Auftrag des Bundesrats KMU bei der Exportförderung. Nach der im Vorjahr beschlossenen Ausweitung der Tätigkeiten dieser Organisation mit drei neuen Mandaten, unter anderem im Bereich der Standortpromotion, bewilligte der Bundesrat im Berichtsjahr zusätzliche Kredite, mit welchen Osec ihr Angebot an veränderte Kundenbedürfnisse anpassen konnte, welche sich als Folge der Finanzkrise ergeben hatten. Die Schweizerische Exportrisikoversicherung ging

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substanzielle neue Engagements ein und baute ­ ebenfalls als Beitrag zur Bewältigung der Folgen der Finanzkrise ­ ihre Produktepalette zielgerichtet aus. In Abstimmung mit Deutschland und Österreich wurde die Versicherung für das IlisuStaudammprojekt beendet, da die daran geknüpften Auflagen nicht erfüllt werden konnten.

Erwartungsgemäss musste die schweizerische Tourismusbranche nach dem Rekordjahr 2008 eine Einbusse hinnehmen. Im Rahmen des zweiten Stabilisierungsprogramms beschloss der Bundesrat Gegenmassnahmen und setzte dafür zwölf Millionen Franken ein, die vor allem für das Marketing in der Schweiz und den umliegenden Ländern verwendet werden sollen.

Ausblick auf das kommende Jahr Obschon sich eine leichte Erholung der Weltwirtschaft abzeichnet, werden die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auch im kommenden Jahr die schweizerische Wirtschaft und damit die Aussenwirtschaftspolitik des Bundesrats beeinflussen. Im Zentrum der Letzteren stehen erneut die drei Hauptthemen Beziehungen zur EU, multilaterales Regelwerk der WTO und Freihandelsabkommen mit Drittstaaten ausserhalb der EU und der EFTA. Gegenüber der EU werden die Verhandlungen in den Bereichen Elektrizität sowie Landwirtschaft, Lebensmittel-, Produktesicherheit und Gesundheit weitergeführt, während jene über die Teilnahme am Satellitennavigationssystem Galileo aufgenommen werden. Bezüglich REACH und Emissionshandel wird die Frage, ob Verhandlungen begonnen werden sollen, zu klären sein. Bezüglich der WTO wird sich die Schweiz weiterhin für die Stärkung des multilateralen Handelssystems durch den Abschluss der Doha-Runde einsetzen.

Die 2009 begonnenen oder laufenden Freihandelsverhandlungen (Algerien, Indien, Ukraine) sollen im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Neue Verhandlungen mit weiteren Partnern werden aufgenommen (namentlich Hong Kong und Indonesien) oder vorbereitet (u.a. China, Malaysia, Russland, Vietnam). Gleichzeitig wird auch der Pflege der bestehenden Abkommen gebührende Aufmerksamkeit zu schenken sein.

Weitere für die Aussenwirtschaftspolitik wichtige Geschäfte des kommenden Jahres betreffen die Positionierung der Schweiz in der Weltbank und im IWF, die Sicherstellung des Verbleibs der Schweizerischen Akkreditierungsstelle im Multilateralen Abkommen der Europäischen Akkreditierung sowie die Sammelbotschaft zur Standortförderung 2012-2015, inklusive der Revision des Bundesgesetzes über die Förderung von Innovation und Zusammenarbeit im Tourismus.

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Inhaltsverzeichnis Gesamtübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

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1 Nachhaltigkeit in der Aussenwirtschaftspolitik 1.1 Einleitung 1.2 Aktuelle Entwicklungen im internationalen Umfeld 1.3 Nachhaltigkeit in der Aussenwirtschaftspolitik ­ Konzeptionelle Zusammenhänge 1.3.1 Das Konzept der Nachhaltigkeit 1.3.2 Effekte der steigenden globalen Wirtschaftsverflechtung 1.3.3 Schnittstellen zwischen den internationalen Regelwerken 1.4 Engagement der Schweiz 1.4.1 Stärkung der internationalen Umwelt- und Sozialregelwerke 1.4.2 Kohärenz zwischen den Regelwerken fördern 1.4.3 Kohärenz im pluri- und bilateralen Engagement gewährleisten 1.4.4 Unterstützung freiwilliger Massnahmen des Privatsektors 1.5 Fazit und Ausblick

493 493 495

2 WTO und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit 2.1 Welthandelsorganisation (WTO) 2.1.1 Siebte WTO-Ministerkonferenz 2.1.2 Doha-Runde 2.1.3 Umsetzung der bestehenden WTO-Abkommen 2.2 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2.2.1 Die Verschlechterung der institutionellen Beziehung zwischen der Schweiz und der OECD 2.2.2 OECD-Ministerratssitzung 2.2.3 Sektorielle Ministerkonferenzen 2.2.4 OECD Peer Reviews der Schweiz 2.3 Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) 2.4 Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) 3 Europäische Wirtschaftsintegration EU/EFTA 3.1 Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU 3.1.1 Umsetzung und Anpassung der bestehenden bilateralen Abkommen 3.1.2 Neue Themen im bilateralen Verhältnis 3.1.3 Beitrag an die erweiterte EU 3.1.4 Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) 3.2 Übersicht über die wichtigsten Ereignisse betreffend einzelne Abkommen

496 496 497 499 502 502 503 509 515 516 519 519 520 520 521 523 523 524 524 525 525 526 527 528 529 532 535 535 536

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4 Freihandelsabkommen mit Drittstaaten ausserhalb von EU und EFTA 4.1 Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern im Raum Europa-Mittelmeer 4.2 Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern ausserhalb des Raumes Europa-Mittelmeer 4.3 Bilaterale Freihandelsbeziehungen der Schweiz mit Partnern ausserhalb der EU und der EFTA 4.3.1 Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft Schweiz-Japan 4.3.2 Machbarkeitsstudie über ein bilaterales Freihandelsabkommen Schweiz-China

538 541 542 543 543 544

5 Horizontale Politiken 5.1 Warenverkehr Industrie/Landwirtschaft 5.2 Technische Handelshemmnisse 5.3 Dienstleistungen 5.4 Investitionen 5.5 Umwelt und Energie 5.6 Wettbewerbsrecht 5.7 Öffentliches Beschaffungswesen 5.8 Schutz des geistigen Eigentums 5.8.1 WTO/TRIPS und Doha-Runde 5.8.2 Weltgesundheitsorganisation (WHO) 5.8.3 Schutz des geistigen Eigentums in bilateralen und EFTA Freihandelsabkommen 5.8.4 Verhandlungen über ein plurilaterales Abkommen zur Bekämpfung der Fälschung und Piraterie (ACTA) 5.8.5 Bilateraler Dialog über Geistiges Eigentum mit BRIC-Ländern

544 544 546 548 549 551 553 554 555 555 555

6 Internationales Finanzsystem 6.1 Internationaler Währungsfonds (IWF) 6.1.1 Lage der Weltwirtschaft 6.1.2 IWF-Länderexamen der Schweiz 6.1.3 Weitere IWF-Themen 6.1.4 Finanzielle Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF 6.2 Financial Stability Board (FSB) 6.3 Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (FATF) 6.4 Internationale Steuerfragen 6.4.1 Globales Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen 6.4.2 Doppelbesteuerungsabkommen

557 557 557 558 559 561 562 564 565

7 Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit 7.1 Bilaterale Unterstützungsmassnahmen 7.1.1 Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Entwicklungsländern 7.1.1.1 Makroökonomische Unterstützung 7.1.1.2 Handelsrelevante Entwicklungszusammenarbeit

566 567 567 567 568

488

556 556 556

565 565

7.1.1.3 Investitionsförderung 7.1.1.4 Infrastrukturfinanzierung 7.1.2 Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Ländern Osteuropas und der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) 7.1.2.1 Infrastrukturfinanzierung 7.1.2.2 Makroökonomische Unterstützung 7.1.2.3 Investitionsförderung und handelsrelevante Zusammenarbeit 7.1.3 Erweiterungsbeitrag 7.2 Multilaterale Entwicklungsorganisationen 7.2.1 Weltbankgruppe 7.2.2 Regionale Entwicklungsbanken 7.2.2.1 Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) 7.2.2.2 Asiatische Entwicklungsbank (AsDB) 7.2.2.3 Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) 7.2.2.4 Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) 7.2.2.5 Entwicklungsbank des Europarates (CEB)

569 569 570 570 571 571 572 573 573 573 573 574 575 575 575

8 Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen 8.1 Westeuropa und Südosteuropa 8.2 Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) 8.3 Nordamerika 8.4 Lateinamerika 8.5 Asien und Ozeanien 8.6 Mittlerer Osten und Afrika

576 576 578 578 579 580 582

9 Exportkontroll- und Embargomassnahmen 9.1 Massnahmen zur Nichtweiterverbreitung von Gütern zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägersystemen sowie von konventionellen Waffen 9.1.1 Politische Entwicklungen international und national 9.1.2 Kontrolle bewilligungs- oder meldepflichtiger Güter 9.1.3 Eckdaten zu Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes 9.2 Embargomassnahmen 9.2.1 Embargomassnahmen der UNO 9.2.2 Embargomassnahmen der EU 9.3 Massnahmen gegen Konfliktdiamanten

583

10 Exportförderung, Standortpromotion und Tourismus 10.1 Exportförderung 10.1.1 Osec Business Network Switzerland (Osec) 10.1.2 Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) 10.1.3 Exportfinanzierung (OECD) 10.1.4 Umschuldungen (Pariser Klub) 10.2 Standortpromotion 10.3 Tourismus

590 590 590 591 592 593 593 594

584 584 585 586 587 587 589 589

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11 Beilagen 11.1 Beilagen 11.1.1­11.1.2 11.1.1 Finanzielles Engagement der Schweiz 2009 gegenüber den multilateralen Entwicklungsbanken 11.1.2 Bewilligungen für Versandkontrollen im Auftrag ausländischer Staaten 11.2 Beilagen 11.2.1­11.2.3 11.2.1

11.2.2

11.2.3

490

Botschaft zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Albanien sowie zum Landwirtschaftabkommen zwischen der Schweiz und Albanien Bundesbeschluss über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Albanien und des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Albanien (Entwurf) Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Albanien Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft der Republik Albanien Botschaft zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Serbien sowie zum Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Serbien Bundesbeschluss über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Serbien und des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Serbien (Entwurf) Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Serbien Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Serbien Botschaft betreffend die Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen mit Lesotho, China und Tadschikistan Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Lesotho über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf) Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Lesotho über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf) Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Volksrepublik China über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

597 597 598 600 602

603

615 617 639

741

757 759 781 835

845 847

855 857

11.3 Beilage 11.3.

Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Tadschikistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf) 867 Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Tadschikistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen 869 877 Bericht über die zolltarifarischen Massnahmen im Jahr 2009 879 Bundesbeschluss über die Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen (Entwurf) 889

491

Abkürzungsverzeichnis BIP

Bruttoinlandprodukt

EFTA

European Free Trade Association Europäische Freihandelsassoziation

EG

Europäische Gemeinschaft

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

EU

Europäische Union (erster Pfeiler: EG, EGKS, Euratom; zweiter Pfeiler: Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik; dritter Pfeiler: Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres)

FHA

Freihandelsabkommen

G20

Gruppe der Zwanzig Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, EU, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, USA.

GATS

General Agreement on Trade in Services Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen

GATT

General Agreement on Tariffs and Trade Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen

GCC

Gulf Cooperation Council Golfkooperationsrat (Bahrein, Oman, Kuwait, Katar, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate)

GUS

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

IFC

International Finance Corporation Internationale Finanzgesellschaft

ISA

Investitionsschutzabkommen

IWF

Internationaler Währungsfonds

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

OECD

Organisation for Economic Cooperation and Development Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Osec

Osec Business Network Switzerland

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung

UNO

United Nations Organization Organisation der Vereinten Nationen

USA

United States of America Vereinigte Staaten von Amerika

WTO

World Trade Organization Welthandelsorganisation

492

Bericht 1

Nachhaltigkeit in der Aussenwirtschaftspolitik Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung fordert von der Politik eine ausgewogene Berücksichtigung der drei Dimensionen «Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit», «Ökologische Verantwortung» und «Gesellschaftliche Solidarität».

Die Aussenwirtschaftspolitik als Teil der Wirtschaftspolitik verfolgt primär das Ziel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern, indem sie die Standortattraktivität der Schweiz durch günstige Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit zu wahren und zu verbessern sucht. Um zu gewährleisten, dass die Aussenwirtschaftspolitik den Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung gerecht wird, muss der Bundesrat gleichzeitig die Auswirkungen seines Handelns auf die beiden anderen Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigen.

Das vorliegende Schwerpunktkapitel des Berichts zur Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz 2009 zeigt konzeptionelle Zusammenhänge zwischen der nachhaltigen Entwicklung und der Aussenwirtschaftspolitik auf und legt dar, wie die Schweiz in ihrem aussenwirtschaftspolitischen Auftreten den ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitszielen Rechnung trägt. Auf der Grundlage dieser Analyse werden Handlungsoptionen und Prioritäten für die Zukunft identifiziert.

1.1

Einleitung

Als Teil der Wirtschaftspolitik trägt die Aussenwirtschaftspolitik zum Wachstum der Schweizer Wirtschaft und somit zur Steigerung des Wohlstands bei. Sie unterstützt die Schaffung eines internationalen Regelwerks, das den Marktzugang für Schweizer Unternehmen im Ausland und den Schutz ihrer Investitionen gewährleistet. Parallel dazu stärkt die Schweiz die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft über das Setzen von Rahmenbedingungen und fördert über die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit, die zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Partnerländern beiträgt, deren Integration in die Weltwirtschaft. Diese Aussenwirtschaftspolitische Strategie, die vom Bundesrat im Einleitungskapitel des Aussenwirtschaftsberichts 2004 (BBl 2005 1089) dargelegt wurde und weiterhin gültig ist, schafft die Voraussetzungen, um die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung zu nutzen.

Die Wirtschafts- und Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz findet nicht in einem Vakuum statt. Wirtschaftliche Tätigkeit benötigt Ressourcen und Arbeitskräfte und ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verbunden. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts gilt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken und den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf einem dauerhaft tragbaren Niveau zu halten bzw. auf ein solches zu senken und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten bzw. zu

493

verbessern. Dies bedeutet insbesondere, dass die langfristigen und die globalen Auswirkungen des gegenwärtigen Handelns berücksichtigt werden müssen.

Nachhaltige Entwicklung ist Staatsziel Im Zweckartikel der Bundesverfassung (Art. 2) wird die «nachhaltige Entwicklung» als ein Staatsziel bestimmt. Ausgeführt wird dies in Artikel 73 («Nachhaltigkeit»), der Bund und Kantone dazu verpflichtet, «ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits» anzustreben. Artikel 54 der Bundesverfassung konkretisiert den Auftrag für die auswärtigen Angelegenheiten der Schweiz: Der Bund solle sich für die Wahrung der schweizerischen Wohlfahrt einsetzen und einen Beitrag leisten unter anderem «zur Linderung von Not und Armut in der Welt» sowie «zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen».

Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung ist vielschichtig und dessen Einbezug in die verschiedenen Politikbereiche ­ inklusive der Aussenwirtschaftspolitik ­ eine Daueraufgabe. Es braucht dazu einen ständigen Ausgleich verschiedener Interessen sowie eine Klärung der relevanten Schnittstellen. Das Schwerpunktkapitel des diesjährigen Aussenwirtschaftsberichtes des Bundesrates soll dazu einen Beitrag leisten.

Fokus internationales Regelwerk im Handels-, Umwelt- und Sozialbereich Der Bundesrat versteht in seiner Aussenwirtschaftsstrategie von 2004 die Aussenwirtschaftspolitik umfassend: Darunter fallen alle wirtschaftspolitischen Instrumente, die den internationalen Austausch von Waren (vgl. Ziff. 5.1 und 5.2), Dienstleistungen (vgl. Ziff. 5.3), Investitionen (vgl. Ziff. 5.4), Arbeitskräften und geistigem Eigentum beeinflussen (vgl. Ziff. 5.8), einschliesslich der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit (vgl. Ziff. 7) und der Gewährung von Exportrisikogarantien (vgl. Ziff. 10.1.2). Je intensiver der wirtschaftliche Austausch ist, desto stärker fallen auch horizontale Politiken wie das Wettbewerbsrecht (vgl. Ziff. 5.6), das Steuerrecht, das Gesellschaftsrecht, die «Corporate Governance», die Korruptionsbekämpfung oder die verantwortungsvolle Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility, CSR) unter diesen Begriff.

Das Konzept der Nachhaltigkeit entzieht sich einer einfachen Zuspitzung, da es nicht auf einzelne und
statische Dimensionen reduziert werden kann, sondern eine Beziehung oder ein Gleichgewicht zwischen Dimensionen beschreibt: Es besagt, dass ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, der Beanspruchung und Erneuerungsfähigkeit der Natur sowie der gesellschaftlichen Stabilität anzustreben ist. Welche Aspekte dieses Gleichgewichtes jeweils gerade gefährdet erscheinen und darum besondere Aufmerksamkeit verdienen, kann nicht im Abstrakten, sondern immer nur im Konkreten bestimmt werden. Dies gilt auch für die Frage nach der Nachhaltigkeit der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik.

Da eine abschliessende Betrachtung aller Facetten der Aussenwirtschaftspolitik und deren Umsetzung unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit den Rahmen des Aussenwirtschaftsberichts sprengen würde, fokussiert dieses Kapitel insbesondere auf das internationale Handelsregelwerk und dessen Verhältnis zu den internationalen Regelwerken im Umwelt- und Sozialbereich. Es sollen insbesondere allfällige Widersprüche und Lücken an den Schnittstellen zwischen diesen Regelwerken identifiziert und Folgerungen für das aussenwirtschaftspolitische Handeln der Schweiz gezogen werden. Die Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Stabilität ist eine Beteiligung aller an der Entwicklung eines Landes. Voraussetzungen dafür sind 494

unter anderem Frieden, Sicherheit, Stabilität sowie die Achtung der Menschenrechte und fundamentalen Freiheiten. Auch Themen wie Bildung, Forschung, Innovation und Kultur haben in diesem Zusammenhang eine grosse Bedeutung. Diese vielfältigen Voraussetzungen anerkennend, werden in diesem Kapitel für den Sozialbereich in erster Linie die Arbeitsnormen thematisiert, da diese durch ihren Bezug zum Produktionsprozess und damit indirekt zur Wettbewerbsfähigkeit unmittelbar handelsrelevant sind und ihrerseits vom Handelsregelwerk beeinflusst werden. Nicht arbeitsbezogene Menschenrechtsfragen werden beispielhaft an konkreten Fällen behandelt.1 Weiter konzentriert sich das vorliegende Schwerpunktkapitel auf die globale Perspektive des Nachhaltigkeitsaspekts einschliesslich der wirtschaftlichen Beziehungen zu Entwicklungs- und Schwellenländern, verzichtet also diesbezüglich insbesondere auf eine spezifische Analyse der Binnenmarktpolitik und der Wirtschaftsbeziehungen zur EU.

1.2

Aktuelle Entwicklungen im internationalen Umfeld

Die Schweiz als Land mit offener Volkswirtschaft ist in hohem Masse von den Entwicklungen im internationalen Umfeld betroffen. Vor dem Hintergrund der vom Bundesrat im Aussenpolitischen Bericht 2009 (BBl 2009 6291) definierten aussenpolitischen Herausforderungen lassen sich die für die Aussenwirtschaftspolitik relevanten aktuellen Entwicklungen wie folgt zusammenfassen.

Globale Machtverschiebungen in Wirtschaft und Politik Die geographischen Verschiebungen in der Wirtschaftsverflechtung haben sich fortgesetzt und weiter verstärkt. Der transpazifische Handel hat im Vergleich zum transatlantischen Handel weiter an Bedeutung gewonnen. Erneut zugenommen hat auch der Anteil des sogenannten Süd-Süd-Handels, d.h. des Handels zwischen Entwicklungs- und Schwellenländern.

Illustration für den Bedeutungs- und Machtgewinn der wichtigsten Entwicklungsund Schwellenländer ist die weitgehende Ablösung der Gruppe der Acht2 (G8) durch die Gruppe der Zwanzig3 (G20), die im Nachgang zur Wirtschafts- und Finanzkrise die wirtschaftspolitische Führungsrolle auf dem internationalen Parkett beansprucht.

Die Entwicklungs- und Schwellenländer geben den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit ein anderes relatives Gewicht als die Länder der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), was multilaterale Verhandlungen zu Fragen an den Schnittstellen der drei Nachhaltigkeitsdimensionen erschwert.

Deutlich machen dies die schwierigen Verhandlungen für ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll (vgl. Ziff. 5.5).

Aber nicht nur die Schwellenländer, sondern auch private Akteure, namentlich die privaten Unternehmen und zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft, haben an 1 2 3

Vgl. dazu die Ausführungen zu den wirtschaftlichen Beziehungen zu Kolumbien und dem Ilisu Wasserkraftwerk unter Ziffer 1.4.3.

Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland, USA.

Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, EU, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, USA.

495

Macht und Einfluss gewonnen. Begünstigt wurde dies insbesondere durch die beschleunigte Globalisierung, die mit den Fortschritten im Bereich der Informationsund Kommunikationstechnologien einhergeht.

Globale Krisen und systemische Risiken Die Häufung globaler Krisen in den letzten Jahren zeigt, dass immer mehr Probleme nicht im politischen Alleingang durch einzelne Länder gelöst werden können. Ein koordiniertes Vorgehen auf globaler Ebene wird immer wichtiger. Beispiele dafür sind die Klimaerwärmung, der Zugang zu Ressourcen (Wasser, Energie, landwirtschaftliche Nutzflächen, Biodiversität, Rohstoffe) oder die Sicherung des international eng verflochtenen Finanzsystems. Die Rohstoffpreishausse im Jahr 2008, die zu Ernährungsunsicherheit in einzelnen Ländern geführt hat, und die wachsende Nachfrage nach Ressourcen durch die schnell wachsenden Schwellenländer haben die sichere Versorgung mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit gerückt und den Trend zu einem effizienteren Ressourceneinsatz verstärkt.4 WTO ­ Fundament der Welthandelsordnung Die Welthandelsorganisation (WTO) mit ihren rund dreissig Abkommen bleibt das Fundament der Welthandelsordnung und das zentrale globale Verhandlungsforum zur Erarbeitung von neuen Handelsregeln (vgl. Ziff. 2.1). Die schleppenden Verhandlungen im Rahmen der laufenden Welthandelsrunde (Doha-Runde) zeigen aber auch die Schwierigkeit auf, komplexe Verhandlungen zwischen 153 Mitgliedstaaten zu einem Abschluss zu bringen. Wie schon im Aussenwirtschaftspolitikbericht von 2004 festgestellt, begünstigt der langwierige Verhandlungsverlauf die weltweite Zunahme bilateraler und regionaler Abkommen.

Folgerung Die Entwicklung des internationalen Umfelds ist mit mehr Unsicherheiten behaftet als noch 2004. Die Tendenzen sind teilweise widersprüchlich. So hat der Handlungsund Koordinationsbedarf auf internationaler Ebene zugenommen, die Wahrscheinlichkeit eines multilateral koordinierten und kohärenten internationalen Vorgehens in Folge relativer Gewichtsverlagerungen im internationalen Machtgefüge allerdings eher abgenommen.

1.3

Nachhaltigkeit in der Aussenwirtschaftspolitik ­ Konzeptionelle Zusammenhänge

1.3.1

Das Konzept der Nachhaltigkeit

Die Schweiz stützt sich auf das Nachhaltigkeitsverständnis der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung («Brundtland-Kommission»), die in ihrem Bericht «Our Common Future» von 1987 die nachhaltige Entwicklung als eine Entwicklung

4

496

Für eine ausführliche Analyse zur Ressourcenfrage und den sich daraus ergebenden aussenwirtschaftspolitischen Herausforderungen sei auf den Aussenwirtschaftsbericht 2008 (BBl 2009 727) sowie auf den Bericht des Bundesrates in Beantwortung des Postulats Stadler vom 29. Mai 2008 (08.3270) verwiesen.

definierte, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können.

Dem Bundesrat dient seit 1997 eine «Strategie Nachhaltige Entwicklung» als Grundlage für die Umsetzung des Verfassungsauftrags einer nachhaltigen Entwicklung. Die aktuelle Strategie enthält neben den Leitlinien der Bundespolitik einen Aktionsplan mit konkreten Zielsetzungen für die Dauer der laufenden Legislaturperiode (2008­2011). Dieser enthält insgesamt 30 Massnahmen aus elf thematischen Handlungsfeldern. Als vorrangig identifiziert wurden unter anderem die Bekämpfung der globalen Klimaerwärmung und die Bewältigung von Naturgefahren; die Steigerung der Produktivität der Wirtschaft, verbunden mit einer Entkoppelung vom Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Erhöhung der Wirksamkeit der globalen Armutsbekämpfung und der Friedensförderung.

1.3.2

Effekte der steigenden globalen Wirtschaftsverflechtung

Durch die steigende globale Wirtschaftsverflechtung werden Märkte und Produktion in verschiedenen Ländern immer stärker voneinander abhängig. Die globale wirtschaftliche Integration wird durch eine Reihe von Faktoren begünstigt, zu denen neben den technologischen Fortschritten in den Bereichen Kommunikation und Transport und der steigenden Mobilität von Kapital und Arbeit auch die zunehmende internationale Handelsliberalisierung zählt. Die Dynamik der wirtschaftlichen Integration kann beispielweise an der Zunahme des globalen Handelsvolumens abgelesen werden: Zwischen 1950 und 2007 ist dieses beinahe um das Zweiunddreissigfache gewachsen; der Anteil des internationalen Handels am globalen Bruttoinlandprodukt (BIP) ist in der gleichen Zeitspanne von 5,5 % auf 21 % gestiegen. Der Anteil der Entwicklungsländer am globalen Warenhandel ist auf rund 34 % gestiegen, was verglichen mit dem Stand zu Beginn der 1960er Jahre eine Verdoppelung bedeutet.

Wohlstandseffekte Die OECD schätzt, dass in Bezug auf die OECD-Länder eine Zunahme des Handels um 10 % langfristig zu einem Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens von 4 % führt.

Aber nicht nur in den OECD-Ländern, sondern auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern hat die wirtschaftliche Integration zu bedeutenden Wohlstandsgewinnen geführt. Studien der Weltbank zeigen, dass der Anteil der Menschen, die in extremer Armut5 leben, weltweit zwischen 1981 und 2005 von 53 auf 26 % zurückging.6 Die Rohstoffpreishausse und die globale Finanz- und Wirtschaftskrise könnten die in den vergangenen Jahren erreichten Fortschritte bei der Armutsbekämpfung allerdings z.T. rückgängig machen. An der grundsätzlich positiven Korrelation zwischen wirtschaftlicher Integration und Armutsreduktion ändert dies aber nichts. Es zeigt sich, dass die Länder, die ihre Märkte geöffnet und aktiv an der 5 6

Verfügbares Einkommen unter 1.25 US $ pro Tag zu Preisen von 2005.

Diese Zahlen werden allerding relativiert, wenn man ihnen die absolute Zahl an Hungernden in der Welt gegenüberstellt. Die Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization, FAO) schätzt, dass 2009 rund eine Milliarde Menschen Hunger leidet, während dieser Wert 1990 noch bei 842 Millionen lag.

497

wirtschaftlichen Integration teilgenommen haben, weitaus höhere Wachstumsraten aufweisen als Länder, die nicht oder nur in geringem Ausmass am internationalen Handel partizipieren. Die spektakulären Wachstumsraten von China und Indien in den letzten Jahren belegen diese Zusammenhänge eindrücklich.

Soziale Auswirkungen von Strukturanpassungen Neben diesen überwiegend positiven Effekten lassen sich aus sozialpolitischer Sicht auch negative Auswirkungen der weltweiten wirtschaftlichen Integration feststellen.

Eine der am häufigsten geäusserten Kritiken an der wirtschaftlichen Integration ist, dass sie die soziale Ungleichheit innerhalb der einzelnen Länder erhöhe und ­ aus Sicht der entwickelten Länder ­ zu einem Verlust an Arbeitsplätzen führe. Tatsächlich führt die zunehmende wirtschaftliche Integration zu strukturellen Anpassungen und zur Verlagerung von Arbeitsplätzen von Sektoren, die durch Importe konkurrenziert werden, in Sektoren, die von den neuen Exportmöglichkeiten profitieren.

Diese Strukturverschiebungen müssen durch geeignete Massnahmen abgefedert werden. Dazu gehören die Aus- und Weiterbildung, Systeme der sozialen Sicherheit und aktive Arbeitsmarktpolitiken, die die Mobilität zwischen den Sektoren fördern.

Je besser diese Strukturanpassungen gelingen, desto eher kann die ganze Bevölkerung eines Landes von der wirtschaftlichen Integration profitieren.

Auswirkungen auf die Umwelt Die wirtschaftliche Integration hat zumindest vier Auswirkungen auf die Umwelt: einen Ausweitungseffekt, einen Struktureffekt, einen Technologieeffekt und einen Rebound-Effekt.

­

Der Ausweitungseffekt beschreibt die Auswirkungen gesteigerter wirtschaftlicher Aktivität auf den Ressourcenverbrauch. Wie oben dargelegt, führt Handel tendenziell zu Wirtschaftswachstum und damit zu einer Steigerung von Produktion und Konsum. Wirtschaftliche Aktivität bedingt den Einsatz von Ressourcen und Energie, was in der Regel zu einer zusätzlichen Umweltbelastung führt. Weiter führt eine Vertiefung der globalen wirtschaftlichen Integration zu einer Zunahme grenzüberschreitender Transporte, was häufig ebenfalls eine höhere Umweltbelastung zur Folge hat.

­

Der Struktureffekt bezeichnet die Art und Weise, in der globale wirtschaftliche Integration das relative Gewicht der verschiedenen Sektoren einer Volkswirtschaft beeinflusst. Je nach komparativem Vorteil eines Landes wird eine Öffnung der Märkte gewisse Sektoren expandieren lassen, während andere deswegen schrumpfen. Wenn das betreffende Land einen komparativen Vorteil in nicht emissionsintensiven Sektoren hat, wird der Struktureffekt aus Sicht der Umwelt für das betreffende Land positiv sein, während er im umgekehrten Fall negativ ist. Unterschiede bei den Pro-KopfEmissionen weisen darauf hin, dass es enorme Unterschiede bei der Emissionsintensität zwischen den einzelnen Volkswirtschaften gibt. Die Emissionsintensität wird von der spezifischen Wirtschaftstruktur eines Landes, seiner Energieeffizienz und der Zusammensetzung seines Energiehaushalts (Anteil fossiler und anderer Energieträger) beeinflusst.

­

Der Technologieeffekt bezeichnet den Wandel bei den Produktionsmethoden hin zu umweltschonenderen Techniken. Die globale wirtschaftliche Integration erleichtert den Technologietransfer und erhöht dadurch die Verfügbarkeit und senkt die Preise von umweltfreundlichen Gütern und Dienstleistun-

498

gen. Die Einkommenssteigerung, die durch Handel bzw. Wachstum erzielt wird, kann diesen Effekt verstärken, indem sie zu einem Wertewandel und zu einer gesteigerten Nachfrage der Konsumenten nach umweltfreundlichen Gütern und Dienstleistungen beiträgt.

­

Vom Rebound-Effekt spricht man, wenn Einsparungen durch effizientere Technologien durch vermehrte Nutzung überkompensiert werden.

Diese vier Effekte wirken in verschiedene Richtungen. Während der Ausweitungseffekt grundsätzlich zu einer zunehmenden Umweltbelastung beiträgt, führen der Technologieeffekt und ein wohlstandsbedingter Wertewandel zu einer Reduzierung, die jedoch durch den Rebound-Effekt relativiert werden kann. Der Struktureffekt ist abhängig vom komparativen Vorteil eines Landes. Seine globale Wirkung hängt davon ab, ob die Produktion eines Gutes in einem Land weniger Emissionen verursacht als in einem anderen. Die tatsächlichen Auswirkungen der wirtschaftlichen Integration auf die Umwelt sind regional unterschiedlich ausgeprägt und lassen sich in der Summe nur schwer abschätzen.

In der Schweiz hat sich die Situation in Bezug auf verschiedene Indikatoren (u.a.

Gewässer- und Luftverschmutzung, Waldfläche) trotz starkem Wachstum des BIP in den letzten Jahren verbessert. Das zeigt, dass eine Entkoppelung von Wachstum und verschiedenen Formen von Umweltbelastung möglich ist. Diese Verbesserungen sind jedoch teilweise auf eine Verlagerung ressourcenintensiver bzw. umweltbelastender Produktionsprozesse ins Ausland bzw. auf eine Tertiarisierung der Schweizer Wirtschaft zurückzuführen. Dies gilt beispielsweise auch für die Treibhausgase: Die Emissionen stagnieren in der Schweiz zwar, dies ist aber u.a. darauf zurückzuführen, dass Güter aus CO2-intensiver Produktion seltener in der Schweiz hergestellt, sondern vermehrt importiert werden. Entsprechend weist das nationale Treibhausgasinventar nur gut die Hälfte der CO2-Emissionen aus, die effektiv durch den Konsum in der Schweiz verursacht werden (sog. graue Emissionen). In den Bereichen Gebäudewärme und Industrie ist eine Entkoppelung vom Wirtschaftswachstum zu beobachten, während im Gegensatz dazu im Bereich des Verkehrs die Emissionen noch zunehmen. Auch bei der Bodennutzung hat noch keine Entkoppelung vom Wirtschaftswachstum stattgefunden. Während etwa der wachsenden Mobilität mit nationalen raumplanerischen Instrumenten und einer gezielten Verteuerung des Verkehrs begegnet werden kann, müssen die Treibhausgasemissionen bzw. die Klimastabilität auf internationaler Ebene angegangen werden.

1.3.3

Schnittstellen zwischen den internationalen Regelwerken

Das internationale Regelwerk reflektiert unterschiedliche Zielsetzungen der Staatengemeinschaft und ist fragmentiert. Innerhalb der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit existieren jeweils rechtlich voneinander unabhängige internationale Regelwerke. Die WTO bildet den institutionellen Rahmen für die multilateralen Handelsregeln. Diese sind durch die Möglichkeit, einen wirksamen Streitbeilegungsmechanismus anrufen zu können, international vergleichsweise gut durchsetzbar.

Bei den anderen beiden Dimensionen der Nachhaltigkeit stellt sich die Situation anders dar: Im Umweltbereich existieren rund 200 multilaterale Umweltabkommen (Multilateral Environment Agreements, MEA), die nur zum Teil unter dem Dach des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) vereint sind und eigene Sekre499

tariate haben. Die MEA sind nur unzureichend koordiniert und finanziell häufig dürftig ausgestattet. Im Vergleich zur WTO sind die Durchsetzungsmechanismen eng beschränkt. Im Sozialbereich existiert zwar eine ­ mit Schwerpunkt auf dem Thema Arbeit ­ allein zuständige Organisation, die Internationale Arbeitsorganisation (IAO, englisch ILO), die dank der tripartiten Zusammensetzung der Mitgliedschaft (Regierungen, Arbeitgeber, Arbeitnehmer) auch eine hohe Legitimität geniesst. Auch der IAO stehen jedoch nur beschränkte Durchsetzungsmechanismen zu Verfügung.

Die meisten Abkommen sowohl im Umwelt- wie auch im Sozialbereich weisen keinen direkten Bezug zu Handelsregeln auf. Aber selbst wenn Bestimmungen in internationalen Umwelt- oder Sozialabkommen handelsrelevant sind, heisst das nicht, dass sie mit den Handelsregeln der WTO in Widerspruch stehen müssen. Ziel der WTO-Abkommen ist insbesondere der Abbau von Massnahmen, welche ausländische Waren und Dienstleistungen gegenüber inländischen diskriminieren. Sie stehen somit nicht-diskriminierenden Massnahmen, welche sozial- oder umweltpolitischen Zielen dienen, grundsätzlich nicht im Weg. Zudem enthalten sie Ausnahmebestimmungen, die allen Mitgliedstaaten verhältnismässige Massnahmen u.a. zum Schutze der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen erlauben, sofern sie keine willkürliche oder ungerechtfertigte Diskriminierung darstellen. Viele WTO-Abkommen enthalten zudem Ausnahme- und Übergangsbestimmungen für Entwicklungsländer, die eine den spezifischen Fähigkeiten und Bedürfnissen dieser Staaten angepasste Umsetzung der Abkommen ermöglichen. Sofern die WTO-Mitglieder sich einig sind, dass aufgrund einer höher zu wertenden Umsetzung einer Sektorpolitik (z.B. im Entwicklungs- oder Umweltbereich) von den WTO-Grundprinzipien abzuweichen sei, können sie zudem sogenannte «waiver» beschliessen. Den Mitgliedsstaaten der WTO steht somit ein gewisser Handlungsspielraum bei der Umsetzung der WTOBestimmungen zur Verfügung.

Bemühungen, zusätzliche Bestimmungen zur Verfolgung von sozialen oder ökologischen Zielen ins Handelsregelwerk aufzunehmen, stossen insbesondere bei den Entwicklungs- und Schwellenländern auf Misstrauen und Widerstand. Diese vermuten dahinter oftmals einen protektionistisch motivierten
Versuch der Industriestaaten, neue Handelsbarrieren in Bereichen aufzubauen, in denen die Entwicklungsländer einen komparativen Kostenvorteil geniessen. Sie fordern stattdessen Massnahmen zum Schutze der Umwelt und zur Verbesserung der sozialen Sicherheit, wie erleichterten Technologie- und Wissenstransfer, präferenziellen Marktzugang sowie finanzielle Unterstützung.

Auch wenn die Regelwerke für den Umwelt-, den Sozial- und den Handelsbereich in der Praxis heute wenig konfliktträchtig sind, so bestehen dennoch Lücken bzw.

Zielkonflikte zwischen den drei Bereichen, an denen gearbeitet werden muss, denn insbesondere letztere werden künftig wahrscheinlich eher zu- als abnehmen.

Kaufkriterium Produktionsmethoden Dies ist u.a. auch auf ein sich wandelndes Konsumverhalten insbesondere in den Industrieländern zurückzuführen. Die Konsumenten sind kritischer und besser informiert und verlangen zunehmend Produkte, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette unter sozial und ökologisch akzeptablen Bedingungen hergestellt wurden. Grundsätzlich unterscheidet das internationale Handelsregelwerk Produkte nicht gemäss Herstellungsart (sog. Prozess- und Produktionsmethoden, PPM), 500

sondern lässt nur Eigenschaften des Endproduktes als Grundlage für eine handelspolitisch unterschiedliche Behandlung gelten. Soziale und ökologische Bedenken betreffen aber oft gerade die Produktionsmethoden (z.B. Arbeitsbedingungen oder Umweltbelastung bei der Herstellung eines Produkts). Da das Bedürfnis der Konsumenten nach nachhaltig produzierten Gütern trotzdem befriedigt werden will, gewinnen Labels und freiwillige Standards immer mehr an Bedeutung. Diese Sensibilisierung der Konsumenten für die Produktionsbedingungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erhöht auch den Druck auf die Unternehmen, ihre Wertschöpfungsketten entsprechend auszugestalten. Die technologischen Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie erlauben die öffentlichkeitswirksame Thematisierung sozialer und ökologischer Missstände, um Druck auf Staaten und Unternehmen auszuüben, diese zu beheben. Diese Rolle wird heute immer mehr von einer Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wahrgenommen. Die Internationalisierung von Beschaffungsketten erhöht zudem den Einfluss von privaten Unternehmen auf ­ und damit auch die Verantwortung für ­ die Arbeits- und Produktionsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben im In- und Ausland. Verantwortungsvoller Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility, CSR) kommt daher eine immer grössere Bedeutung zu.

Vier Handlungsebenen zur Entschärfung von Zielkonflikten Auf der Grundlage dieser Analyse lassen sich vier Handlungsebenen identifizieren, auf denen zur Schliessung von Lücken und zur Entschärfung von Zielkonflikten zwischen den Regelwerken beigetragen werden kann: ­

Die Asymmetrie zwischen den drei Regelwerken bezüglich institutioneller Verankerung und Durchsetzungsmechanismen muss behoben oder zumindest vermindert werden, indem ­ in Übereinstimmung mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2008 des Bundesrates ­ die Stärkung der internationalen Umwelt- und Sozialregelwerke vorangetrieben wird.

­

Ohne die grundsätzliche Autonomie der einzelnen Regelwerke in Frage zu stellen, ist es wichtig, dass die Kohärenz zwischen den Regelwerken insbesondere an den Schnittstellen gewahrt und weiter verbessert wird. Aus Sicht der Schweiz ist die Verbesserung der Kohärenz mit Nachdruck weiterzuverfolgen. Dazu ist einerseits eine gute Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Organisationen und deren Sekretariate notwendig. Andererseits aber auch eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten innerhalb der verschiedenen Organisationen und ein kohärentes Auftreten der einzelnen Mitgliedstaaten in den verschiedenen Gremien.

­

Die Bemühungen zur Steigerung der Kohärenz der Regelwerke auf multilateraler Ebene müssen sich auch im pluri- und bilateralen Engagement der Schweiz widerspiegeln. Dies umso mehr, als dieses Engagement in den letzten Jahren deutlich intensiviert wurde.

­

Die Analyse hat gezeigt, dass Massnahmen der Privatwirtschaft (Labels, freiwillige Standards, CSR) eine immer stärkere Bedeutung zukommt. Ein kohärentes Auftreten der Schweiz bedingt, dass der Staat solche Massnahmen ergänzend zu internationalen Abkommen fördert.

Wie die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik sich auf diesen vier Handlungsebenen konkret engagiert, wird in Ziffer 1.4 thematisiert.

501

1.4

Engagement der Schweiz

Die Schweiz kann sich im Verbund mit anderen Ländern auf vertraglicher Ebene multilateral, plurilateral oder bilateral sowie im Rahmen ihrer Tätigkeit in internationalen Organisationen für eine Stärkung der Kohärenz zwischen Sozial-, Umweltund Handelsregelwerk einsetzen. Sie kann ebenso Massnahmen der Privatwirtschaft in der Schweiz und in den Partnerländern der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit fördern.

1.4.1

Stärkung der internationalen Umwelt- und Sozialregelwerke

Weder die Stärkung des Umwelt- noch des Sozialregelwerks fallen in den Aufgabenbereich der Aussenwirtschaftspolitik. Trotzdem lässt sich das Bestreben nach einer Stärkung dieser Regelwerke auch wirtschaftspolitisch begründen. Starke Umwelt- und Sozialregelwerke, die eine wirkungsvolle Vertretung umwelt- und sozialpolitischer Interessen erlauben, könnten dazu beitragen, dass die Versuche abnehmen, diese Ziele im zwar sachfremden, aber mit effektiveren Streitbeilegungsmechanismen ausgestatteten Handelsregelwerk durchzusetzen. Dadurch könnte die Agenda zur Weiterentwicklung des Handelsregelwerks um einige heikle Punkte entlastet werden, was die Erfolgsaussichten der Verhandlungen positiv beeinflussen würde.

Der Bundesrat hat in seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung folgende Prioritäten zur institutionellen Stärkung des internationalen Umweltregelwerks definiert: die Stärkung des UNEP als zentraler Pfeiler des internationalen Umweltregimes mit der Umsetzung und Weiterentwicklung der von der internationalen Gemeinschaft 2002 beschlossenen Massnahmen zur Stärkung der internationalen Umweltgouvernanz und der Weiterführung der Idee der Erarbeitung von globalen Umweltzielen (Global Environmental Goals, GEG) sowie die Unterstützung der strategischen Vision einer UNO-Umweltorganisation.

Einen wichtigen Beitrag zur institutionellen Stärkung der für das Sozialregelwerk zuständigen IAO leisteten deren Mitglieder mit der 2008 verabschiedeten «Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung», welche das Verständnis des Mandats der IAO im Zeitalter der Globalisierung zum Ausdruck bringt und dabei soziale und wirtschaftliche Zielsetzungen zusammenführt. Die Erklärung konkretisiert das Konzept der «decent work», die Grundlage für die Arbeit der IAO seit 1999, und richtet das Handeln der Organisation konsequent an den vier strategischen Zielen der IAO (Beschäftigung, sozialer Schutz, sozialer Dialog und Rechte bei der Arbeit) aus. Geleitet von der Überzeugung, dass nur eine starke und funktionsfähige IAO ihrer wichtigen Rolle als Hüterin der sozialen Dimension der Globalisierung gerecht werden kann, hat die Schweiz ihr Engagement zur Stärkung der IAO in den letzten Jahren erhöht. Einerseits zeigt sich dies durch die aktive Rolle der Schweiz in IAO-internen Politikprozessen, wie
beispielsweise der Ausarbeitung der Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung, welche von der Schweiz präsidiert wurde. Andererseits hat die Schweiz ihre Unterstützung für die technische Zusammenarbeit der IAO zur Förderung der Arbeitsnormen ausgebaut und durch die Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding (MoU) mit der IAO im Juni 2009 formalisiert.

502

1.4.2

Kohärenz zwischen den Regelwerken fördern

Die Handels-, Umwelt- und Sozialregelwerke werden in den in Ziffer 1.3.3 beschriebenen Gremien (WTO, ILO, UNEP, MEA) ausgehandelt und weiterentwickelt. Zudem werden unter dem Dach der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) für die Schweiz wichtige Umweltkonventionen verabschiedet. Auf die Kohärenz der Regelwerke kann allerdings nicht nur während des eigentlichen Verhandlungsprozesses Einfluss genommen werden, sondern auch vorgelagert, indem aktuelle oder potentielle Probleme an den Schnittstellen der Regelwerke analysiert werden, oder nachgelagert, indem bei der Umsetzung und Implementierung der Regelwerke das Kohärenzkriterium beachtet wird. Dementsprechend kann sich die Schweiz nicht nur im Rahmen der WTO, der ILO und des UNEP bzw. der MEA, sondern auch in einer ganzen Reihe anderer internationaler Organisationen für die Kohärenz der internationalen Regelwerke einsetzen. In die Zuständigkeit der Aussenwirtschaftspolitik fallen dabei insbesondere die OECD (vgl. z.B. Ziff. 2.2, 6.4.1 und 10.1.3), die Weltbank, die regionalen Entwicklungsbanken7 (vgl. Ziff. 7.2), die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD; vgl. Ziff. 2.3) und die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO; vgl. Ziff. 2.4).

Analyse von Fragen an den Schnittstellen der Regelwerke Die Analyse von Fragen an den Schnittstellen zwischen Handels- und Umwelt- bzw.

Handels- und Sozialregelwerk ist eine wesentliche Voraussetzung für ein besseres Verständnis dieser Fragen und die Erhöhung der Kohärenz zwischen den Regelwerken.

Eine wichtige Rolle in diesem Bereich spielt die OECD. Sie liefert durch ihre intensive Forschungsarbeit die analytischen Grundlagen zur internationalen Diskussion dieser Schnittstellenfragen. Sie bewertet die einzelnen Herausforderungen nach ihrer Dringlichkeit, zeigt Handlungsoptionen für die Politik auf und schätzt die Kosten bei Untätigkeit ab. Ein Beispiel für diese Tätigkeit stellt die «Green Growth Strategy» dar, ein von den OECD-Ministern im Juni 2009 lanciertes Projekt mit dem Ziel, auf nationaler und internationaler Ebene Massnahmen zu identifizieren, dank denen ein «grünes» ­ also insbesondere ein von Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung möglichst entkoppeltes ­ Wirtschaftswachstum gefördert werden kann. Wichtig ist dabei,
knappen Ressourcen ihren richtigen Preis zu geben, sie sparsam einzusetzen und sie ­ soweit es ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist ­ wiederzuverwerten. In der Schweiz werden im Rahmen der Wachstumspolitik die einzelnen Massnahmen bereits heute auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft überprüft.

Die Wachstumspolitik berücksichtigt die Schonung der natürlichen Ressourcen und ist für «green growth» gut vorbereitet, um daraus auch langfristig wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen.

Ein weiteres wichtiges Instrument zur Analyse von Schnittstellenfragen ist eine direkte Zusammenarbeit zwischen den Sekretariaten der verschiedenen Organisationen. Aktuelle Resultate solcher Kooperationen sind die von WTO und UNEP gemeinsam publizierte Studie «Trade and Climate Change» oder die von den Sekre-

7

Die Afrikanische, Asiatische und Interamerikanische Entwicklungsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Entwicklungsbank des Europarates.

503

tariaten der WTO und der ILO erarbeiteten Studien «Trade and Employment» und «Globalization and Informal Jobs in Developing Countries».

Kohärenz zwischen Handels- und Umweltregelwerk Handelsbestimmungen in multilateralen Umweltabkommen Die Frage der Kohärenz zwischen Handels- und Umweltregeln stellt sich grundsätzlich nur, wenn die entsprechenden Umweltabkommen handelsrelevante Bestimmungen enthalten. Dies ist nur bei einer kleinen Zahl der aktuell rund 200 multilateralen Umweltabkommen der Fall. In der Regel bestehen diese Bestimmungen darin, dass der Handel gewisser Güter oder Substanzen ganz oder teilweise untersagt bzw. an die Erfüllung gewisser Kriterien oder Auflagen wie Bewilligungen oder Meldepflichten geknüpft wird. Das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung (SR 0.814.05) sieht z.B. ein Handelsverbot von Sonderabfällen mit Nichtmitgliedern des Übereinkommens vor. Das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention, SR 0.451.43) hat den Schutz der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die Zugangsregelung und den gerechten Ausgleich von Vorteilen, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehen, zum Ziel.8 Klimakonvention und Grenzausgleichsmassnahmen: ein Beispiel Im Zusammenhang mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC, SR 0.814.01) bzw. allgemein mit multilateralen Bemühungen zur Reduktion von Treibhausgasen werden Massnahmen zur Reduktion der Emissionen verstärkt werden müssen. Diese Massnahmen können Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben, wenn nicht alle Länder in die multilateralen Bemühungen einbezogen werden. Um Wettbewerbsnachteile abzufedern, wird in einzelnen Ländern die Möglichkeit diskutiert, Ausgleichsmassnahmen an der Grenze einzuführen, um durch klimapolitische Massnahmen anfallende Zusatzkosten gegenüber Ländern mit weniger strengen Klimaregimen zu kompensieren.

Die Kompatibilität solcher Massnahmen mit geltendem Welthandelsrecht ist nicht geklärt. Unbestritten ist in der WTO das sogenannte Destinationsprinzip, wonach Abgaben auf Gütern in deren Bestimmungsland erhoben werden sollen. Entsprechend dürfen produktbezogene Abgaben wie beispielsweise indirekte Steuern auf Importen an der
Grenze ausgeglichen werden. Fraglich ist, ob die durch ein Klimaregime verursachten Mehrkosten (z.B. Pflicht zum Kauf von Emissionsrechten), die aufgrund der Treibhausgasemissionen bei der Herstellung eines Produktes berechnet werden, einen genügend engen Bezug zum Produkt aufweisen, um als indirekte Abgabe zu gelten, und darum ausgeglichen werden dürfen. Sollte dies verneint werden, müsste in zweiter Linie geprüft werden, ob Ausgleichsmassnahmen an der 8

504

Weitere Beispiele für Multilaterale Umweltabkommen, die handelsrelevante Bestimmungen enthalten sind: Das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (SR 0.814.021), das die Abschaffung der Herstellung und des Verbrauchs von gewissen chlor- und bromhaltigen Chemikalien bezweckt; das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (SR 0.814.03), das die Nutzung bestimmter langlebiger organischer Schadstoffe verbietet bzw. regelt oder das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES, SR 0.453), das ein Verbot oder Bewilligungspflichten für den Handel mit gefährdeten Arten vorsieht.

Grenze allenfalls durch Rückgriff auf die GATT-Ausnahmeklausel zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zur Bewahrung nichterneuerbarer natürlicher Ressourcen gerechtfertigt werden könnten.

In jedem Fall müssen Grenzausgleichsmassnahmen rechtsgleich umgesetzt werden.

Produkte dürfen an der Grenze nicht aufgrund ihres Herkunftslandes diskriminiert werden. Der Ausgleich muss produktspezifisch auf der Basis der entsprechenden Treibhausgasemissionen und allfällig bereits darauf entrichteter Abgaben erfolgen.

Dies stellt für die Praxis eine grosse Herausforderung dar, nicht zuletzt, weil es weder verlässliche und allgemein anerkannte Angaben für die bei der Herstellung eines Produktes verursachten Treibhausgasemissionen noch einen konstanten Preis für Treibhausgasemissionen gibt.

WTO Doha-Runde In der WTO sind die permanenten Ausschüsse «Handel und Umwelt» sowie «Handel und Entwicklung» damit beauftragt sicherzustellen, dass das Regelwerk der WTO möglichst kompatibel ist mit den entwicklungs- und umweltpolitischen Anliegen der Mitgliedsstaaten. Auf Drängen der Schweiz, der EU und Norwegens und gegen den Widerstand der Entwicklungsländer fanden zudem gewisse Fragen an der Schnittstelle der Handels- und Umweltregelwerke Eingang in das Mandat der laufenden Doha-Runde (vgl. Ziff. 2.1.2). Die Verhandlungen, die sich auf die gegenseitige Stärkung von Handel und Umwelt beziehen, werden in drei Teilgebieten geführt: Klärung des Verhältnisses zwischen spezifischen Handelsverpflichtungen in multilateralen Umweltabkommen und WTO-Regeln, Verbesserung des Informationsaustausches zwischen der WTO und den Sekretariaten von multilateralen Umweltabkommen sowie Abbau von Handelsschranken für Güter und Dienstleistungen, die nützlich für die Umwelt sind.

Die Schweiz hat in diesen Verhandlungen konkrete Vorschläge zur Regelung möglicher Konflikte zwischen Handels- und Umweltregeln eingebracht und entsprechende allgemeine Auslegungsprinzipien unterbreitet. Sie hat zudem zusammen mit gleichgesinnten WTO-Mitgliedern Umweltgüter vorgeschlagen (z.B. Solaröfen, biologisch abbaubare Bauprodukte wie Jute und Sisal, Solarzellen, Windenergieanlagen etc.), deren Handel verstärkt liberalisiert und damit gefördert werden sollte. Die Schweiz unterstützt darüber hinaus die Liberalisierung von
weiteren Gütern und Dienstleistungen mit nachgewiesenem Umweltnutzen.

Aus der Umweltoptik ebenfalls relevant sind die Verhandlungen über die Weiterentwicklung des WTO-Subventionsabkommens bzw. das weitgehende Verbot von Subventionen im Fischereisektor, welches dabei eingeführt werden soll. Die Zulässigkeit der wenigen erlaubten Subventionen soll von der nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischbestände abhängig gemacht werden. Auch wenn die Schweiz von diesem Abkommen nicht direkt betroffen ist, setzt sie sich dennoch für griffige Regeln zum Schutz der Fischbestände ein.

Kohärenz zwischen Handels- und Sozialregelwerk Im Bereich der Sozialnormen sind die Anknüpfungspunkte im Handelsregelwerk weniger zahlreich als im Umweltbereich. Trotz des Versuchs einiger Mitgliedstaaten ­ darunter auch der Schweiz ­ das Verhältnis von Arbeitsnormen und Handel im Rahmen der Doha-Runde der WTO zu thematisieren, wurde dieses Thema aufgrund des Widerstandes vor allem von Entwicklungsländern nicht in das Verhandlungsmandat der Doha-Runde aufgenommen. Sozial- und Arbeitsfragen sind somit nicht 505

Teil der laufenden Doha-Runde. Im Rahmen der Ausnahmebestimmungen des Artikels XX berechtigt das GATT die Mitgliedstaaten lediglich, Handelsmassnahmen gegen Produkte aus Gefangenenarbeit zu treffen.

In der Ministererklärung von Singapur (1996) bekennen sich aber alle WTOMitglieder zur Einhaltung international anerkannter Arbeitsnormen und verweisen dazu auf die Kompetenz der IAO zur Schaffung dieser Normen und die Gewährleistung ihrer Umsetzung. Auch als Reaktion auf die ihr durch die Weltgemeinschaft am Weltsozialgipfel in Kopenhagen 1995 und an der WTO-Ministerkonferenz in Singapur 1996 zugewiesene Rolle stellte die IAO 1998 mit der einstimmigen Verabschiedung der «Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit» den Realitäten der Globalisierung der Wirtschaft einen weltweit gültigen Mindestsozialsockel in Form der Kernarbeitsnormen entgegen. Es handelt sich dabei um acht Übereinkommen zu den Themen Vereinigungsfreiheit und effektive Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen, Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit, effektive Abschaffung der Kinderarbeit sowie Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.9 Die Erklärung von 1998 bildet die Grundlage für den Einbezug von Arbeitnehmerrechten in die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz.

Die «Erklärung der IAO über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung» (vgl. Ziff. 1.4.1) macht deutlich, dass Handels- und Finanzpolitik Auswirkungen auf die Beschäftigung haben und die Umsetzung eines integrierten Ansatzes daher nur über eine verstärkte Zusammenarbeit der relevanten internationalen Organisationen geschehen kann. Trotz verschiedener Anstrengungen konnte die Zusammenarbeit zwischen WTO und IAO bisher lediglich auf einer ad hoc Basis verbessert werden.

Schwellen- und Entwicklungsländer wehren sich nach wie vor erfolgreich gegen den Beobachterstatus der IAO bei der WTO. Dem Kompromiss von Singapur folgend hat sich die Schweiz in den letzten Jahren dafür eingesetzt, dass WTO und IAO in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen gestärkt, gleichzeitig aber auch Ansätze für eine intensivere Zusammenarbeit gefördert werden. In ihren im Rahmen der Trade Policy Review der WTO zu erstellenden Berichten thematisiert die Schweiz zudem die Bemühungen zur Förderung der
Kernarbeitsnormen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene und versucht so, diesem Thema in der WTO den Weg zu bereiten.

Kohärenz zwischen Handels- und Entwicklungsfragen Die Landwirtschaftsverhandlungen im Rahmen der Doha-Runde stehen zwar nicht direkt im Zusammenhang mit der Kohärenz zwischen Handels-, Umwelt- und Sozialregelwerken, sind wegen ihres Bezugs zu Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung jedoch trotzdem stark nachhaltigkeitsrelevant. Zahlreiche Schwellen- und Entwicklungsländer sind sehr an einem erfolgreichen Abschluss der Landwirt9

506

IAO-Übereinkommen Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (SR 0.822.713.9), Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts (SR 0.822.719.7), Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechts und des Rechts zu Kollektivverhandlungen (SR 0.822.719.9), Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (SR 0.822.720.0), Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit (SR 0.822.720.5), Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (SR 0.822.721.1), Nr. 138 über das Mindestalter zur Zulassung zur Beschäftigung (SR 0.822.723.8) sowie Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (SR 0.822.728.2).

schaftsverhandlungen interessiert, da dies zu einem Abbau des Agrargrenzschutzes und der Exportsubventionen der Industrieländer führen würde, die sich nachteilig auf die Inlandproduktion und die Exporte der Schwellen- und Entwicklungsländer auswirken. Andererseits setzen sich diese Länder für Ausnahmen ein, damit spezifische Agrarprodukte, die für ihre Ernährungssicherheit, ihre ländliche Entwicklung und die Sicherstellung des Lebensunterhalts ihrer Landbevölkerung wichtig sind, nicht liberalisiert werden müssen. Die Schweiz wehrt sich gegen den vollständigen Abbau des Agrargrenzschutzes, unterstützt aber die Bemühungen der Entwicklungsländer, Ausnahmebestimmungen zur Existenzsicherung der Bauern, die nur für die Selbstversorgung produzieren, ins Regelwerk aufzunehmen.

Parallel zur Doha-Runde und den Arbeiten im Ausschuss «Handel und Entwicklung» gibt es in der WTO die von der Schweiz unterstützte «Aid for Trade»Initiative, die an der WTO-Ministerkonferenz von 2005 in Hong Kong lanciert wurde und zum Ziel hat, die Entwicklungsländer durch handelsrelevante technische Zusammenarbeit besser in den Welthandel zu integrieren. Dies soll durch substantielle finanzielle Mittel und durch bessere Effizienz bei der Verwendung der Gelder erreicht werden.

Umsetzung und Implementierung der Regelwerke Auch bei der Umsetzung der Regelwerke ist dem Kohärenzkriterium Rechnung zu tragen. So setzt sich die Schweiz in der WTO dafür ein, dass nicht nur die Eigenschaften eines Produktes, sondern auch die Umwelt- und Sozialverträglichkeit der Herstellungsart (als Teil sog. Prozess- und Produktionsmethoden, PPM; vgl.

Ziff. 1.3.3) bei der Auslegung von Abkommen im Streitbeilegungssystem der WTO als legitimes Kriterium für eine handelspolitisch unterschiedliche Behandlung zugelassen wird, sofern diese international anerkannten Standards entsprechen. Die Schaffung international breit anerkannter Labels oder Zertifikate könnte den Weg für die Anerkennung von unterschiedlichen PPM ebnen. Deshalb unterstützt die Schweiz auch die Ausarbeitung und Umsetzung von freiwilligen Standards, die von allen relevanten Anspruchsgruppen getragen werden.

Rolle der Entwicklungsbanken Die Weltbank und die regionalen Entwicklungsbanken spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der internationalen Regelwerke in nationale Politiken in
Entwicklungsländern (vgl. Ziff. 7.2). Die Schweiz räumt den multilateralen Finanzinstitutionen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit einen hohen Stellenwert ein. Diese unterstützen die Entwicklungsländer dabei, die Armut zu bekämpfen und ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Ihr Ziel ist es, eine Verbindung zwischen den Vorgaben internationaler Übereinkommen einerseits und der konkreten Umsetzung in unterschiedlichen nationalen Kontexten anderseits herzustellen. So berücksichtigen sie die ökologische und soziale Dimension der Nachhaltigkeit bei der Entwicklung von Programmen und Projekten, insbesondere indem sie das Management von ökologischen und sozialen Ressourcen verbessern und die lokalen Behörden und Regeln stärken.

Bereits 1992 hat die Weltbank im Weltentwicklungsbericht entscheidende Grundlagen erarbeitet, indem sie die intrinsische Verbindung zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Umwelt thematisierte und deren Integration propagierte.

Darauf aufbauend wurde das Konzept der Nachhaltigkeit schrittweise in die Politikausrichtung, die Programme und die institutionellen Strukturen übertragen ­ und 507

dies nicht allein bei der Weltbank, sondern in analoger oder angepasster Weise auch bei anderen Entwicklungsbanken sowie bei verschiedenen weiteren Akteuren. Somit konnten die Entwicklungsbanken verschiedentlich die Rolle von Pionieren wahrnehmen. Ferner verfügen sie dank ihrer regionalen oder globalen Reichweite über einen äusserst reichen Schatz an konkreten Erfahrungen, die in die Weiterentwicklung von Regeln oder die Identifikation von good practice einfliessen. Gerade weil die Programme und Projekte der Entwicklungsbanken in der Regel grösseren Umfangs sind, haben die Banken zudem ausführliche safeguard-Politiken entwickelt, welche die Kompatibilität der eigenen Projekte mit Umwelt- und Sozialstandards festschreiben. Unabhängige inspection panels, in denen direkt Betroffene bei Projekten Ungereimtheiten mit Umwelt- und Sozialstandards einklagen können, ergänzen die Vorkehrungen der Entwicklungsbanken zur Förderung der Nachhaltigkeit. Auf Initiative der Weltbank, des UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) und des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) wurde zudem die Global Environment Facility (GEF) geschaffen, die heute als Finanzierungsmechanismus von mehreren multilateralen Umweltabkommen ein zentraler Pfeiler der internationalen Umweltgouvernanz und die zentrale Finanzierungsinstanz für Entwicklungs- und Schwellenländer ist.

Im Umweltbereich zum Beispiel unterstützen diese Institutionen u.a. die Umsetzung der Zielsetzungen der Klimakonvention, indem sie ihre Portfolios in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz in den letzten Jahren stark ausgebaut haben. Wiederholt hat die Weltbank umwelt- und sozialpolitisch fragwürdigen Projekten ihre Unterstützung versagt, beispielsweise dem Drei-Schluchten-Projekt in China. Sie hat auch Abkommen gekündigt, wenn im Verlauf der Projektabwicklung die vorgegebenen Bedingungen missachtet wurden (z.B. Tschad Erdölpipeline). Die Schweiz setzt sich in den multilateralen Entwicklungsbanken für eine nachhaltige Ausrichtung dieser Institutionen ein. Als Anteilseigner der Banken setzt sie sich für das mainstreaming und die konsistente Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien in der Entwicklungsfinanzierung ein. Sie hat sich insbesondere dafür engagiert, dass sich die Weltbank auf ihre komparativen Vorteile konzentriert und ihre
Aktivitäten mit anderen multilateralen Entwicklungs- und Fachorganisationen koordiniert. So ist die Weltbank bzw. die Internationale Finanzgesellschaft (IFC), die innerhalb der Weltbankgruppe für die Förderung des Privatsektors zuständig ist, eine Kooperation mit der IAO zur Förderung der Arbeitsnormen in Entwicklungs- und Schwellenländern eingegangen. Die Schweiz hat die Weltbank dazu ermutigt, ihr Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien und sauberer Technologien zu verstärken, dabei aber gleichzeitig Marktverzerrungen auf ein Minimum zu reduzieren.

Um den CO2-Zertifikatehandel zu stärken, unterstützt die Schweiz die Carbon Finance Assist Facility der Weltbank, welche zum Ziel hat, in den Entwicklungsländern die Kapazitäten zu stärken, um an den flexiblen Mechanismen des Kyotoprotokolls teilzunehmen. Sie trägt weiter finanziell zur Forest Carbon Partnership Facility (FCPF) bei, die die Reduktion der Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung unterstützt.

Rolle der UNO-Organisationen Auch für andere Organisationen ist die Schweiz ein wichtiger strategischer Partner bei der Konzeption und Durchführung der handelsrelevanten Aspekte internationaler Konventionen. Zusammen mit der UNIDO hat die Schweiz ein umfassendes Programm zur Förderung von umweltfreundlichen Produktionsweisen in Entwicklungs508

ländern und zum Transfer von umweltfreundlichen Technologien aufgebaut (vgl.

Ziff. 2.4). Dies entspricht einem Bedürfnis der Entwicklungsländer seit der UNO Entwicklungs- und Umweltkonferenz in Rio 1992. Mit der UNCTAD ist die Schweiz eine strategische Partnerschaft im Hinblick auf die Förderung der nachhaltigen Nutzung der Biodiversität und der fairen Aufteilung aus der Nutzung der genetischen Ressourcen gemäss Biodiversitätskonvention eingegangen (vgl.

Ziff. 2.3). Sowohl UNCTAD als auch UNIDO behandeln in verschiedenen Arbeitsgruppen die Themenfelder Umwelt, Soziales und Handel bzw. Umwelt, Soziales und wirtschaftliche Entwicklung. Beide Organisationen stellen somit ideale Diskussionsplattformen für den Dialog mit den Entwicklungs- und Schwellenländern dar, da diese sich von diesen UNO-Organisationen adäquat repräsentiert fühlen.

1.4.3

Kohärenz im pluri- und bilateralen Engagement gewährleisten

Das pluri- und bilaterale Engagement der Schweiz ist als eine Ergänzung zum Handeln auf multilateraler Ebene zu verstehen. In Bezug auf die Nachhaltigkeit hat es entsprechend denselben Zielen zu dienen. Insbesondere soll es zur Kohärenz der internationalen Handels-, Sozial- und Umweltregelwerke beitragen. Darüber hinaus kann es zur Schliessung allfälliger Lücken zwischen den Regelwerken dienen.

Die Schweiz setzt in ihren Beziehungen zu Partnerländern eine Vielzahl von Instrumenten ein. Neben den Freihandelsabkommen (FHA) werden an dieser Stelle insbesondere die bilaterale Zusammenarbeit im Umweltbereich, die Exportrisikoversicherungen und die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit besprochen.

Die Schweiz setzt auf eine Kombination von grundsätzlich unabhängigen Instrumenten und verzichtet auf Konditionalitäten zwischen den einzelnen Kooperationsformen. Dass nicht in jedem Fall alle Instrumente zum Einsatz kommen, ist unter anderem darin begründet, dass die Auswahl der Länder für die verschiedenen Partnerschaften und Kooperationen vor dem Hintergrund der beschränkten vorhandenen Ressourcen unterschiedlichen Kriterien folgt. Die Kreise der potentiellen Partner sind deshalb nicht zwingend deckungsgleich und widerspiegeln die notwendigerweise vorzunehmende Prioritätensetzung in den verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit. Dabei gilt es jedoch sicherzustellen, dass alle eingesetzten Instrumente das übergeordnete Ziel der nachhaltigen Entwicklung unterstützen und nichts beinhalten, das diesem Ziel zuwiderläuft.

Es gibt allerdings zahlreiche Fälle, bei denen mehrere Instrumente zum Einsatz kommen. Um dem Kohärenzanspruch gerecht zu werden, muss der Einsatz der verschiedenen Instrumente eng koordiniert werden. Allfällige Zielkonflikte oder Synergien können so frühzeitig erkannt und gelöst bzw. genutzt werden. Ein interessantes Beispiel für die Kombination verschiedener Instrumente sind die vielfältigen Beziehungen der Schweiz mit Kolumbien (siehe Kasten).

509

Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Kolumbien Im November 2008 wurde das FHA zwischen Kolumbien und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) unterzeichnet. Es handelt sich um ein umfassendes FHA, welches auf präferentieller Basis den Marktzugang und die Rechtssicherheit für Exporte von Waren und Dienstleistungen verbessert, die Zulassung sowie die Nutzung von Investitionen und den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sichert. Ebenfalls Teil des Abkommens sind das öffentliche Beschaffungswesen, der Wettbewerb sowie die technische Zusammenarbeit. Wie andere EFTA-FHA enthält auch das FHA mit Kolumbien eine Reihe von Bestimmungen betreffend die Nachhaltigkeitsprinzipien, insbesondere Ausnahmebestimmungen zum Schutz von Gesundheit und Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen, die Betonung und die Bestätigung der Achtung der Grundrechte und der Prinzipien der Demokratie, der Menschenrechte, der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie der Arbeitnehmerrechte, der völkerrechtlichen Verpflichtungen ­ insbesondere der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beziehungsweise der Konventionen der IAO ­ sowie des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung. Zum ersten Mal in einem EFTA-FHA wurden im Kapitel zum geistigen Eigentum Bestimmungen über genetische Ressourcen und traditionelles Wissen aufgenommen. Das FHA anerkennt die Bedeutung und den Wert der biologischen Vielfalt und des dazugehörigen traditionellen Wissens. Die Vertragsparteien sind gehalten, die Bedingungen für den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Bestimmungen des geltenden nationalen und internationalen Rechts festzulegen. Zudem sollen sie verlangen, dass Patentanmeldungen eine Deklaration der Herkunft oder Quelle einer genetischen Ressource enthalten, zu welcher der Erfinder oder Patentanmelder Zugang hatte. Das FHA ermöglicht den EFTA-Staaten, ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Kolumbien zu verstärken und allfällige Diskriminierungen aus präferenziellen Abkommen zu verhindern, die Kolumbien mit einigen unserer Hauptkonkurrenten, unter anderem mit den USA, Kanada und der EU, abgeschlossen hat bzw. aushandelt. Gleichzeitig werden auch für Kolumbien solche Diskriminierungen auf den Märkten der EFTA-Staaten abgewendet.
Schätzungen gehen davon aus, dass der Handel zwischen der Schweiz und Kolumbien durch das FHA pro Jahr um 6,5 % wachsen wird.

Kolumbien ist gleichzeitig ein Schwerpunktland der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz. Die Aktivitäten der Schweiz orientieren sich dabei an drei Schwerpunkten: i) Stärkung einer ausgewogenen dezentralen Wirtschaftsentwicklung, ii) Verbesserte internationale Wettbewerbsfähigkeit und Förderung eines nachhaltigen Handels und iii) Technologietransfer im Bereich Umwelt und Klimaschutz. Dabei wird versucht, kolumbianischen Unternehmen Synergien zwischen einem besseren Umwelt- bzw. Arbeitnehmerschutz und dem wirtschaftlichen Erfolg aufzuzeigen. So wird die Wettbewerbsfähigkeit von KMU mittels Energie- und Ökoeffizienzberatung verbessert.

Darüber hinaus vermittelt die Schweiz in Zusammenarbeit mit der IAO kolumbianischen KMU, dass bessere Arbeitsbedingungen und ein besserer Arbeitnehmerschutz positive Auswirkungen auf die Produktivität haben. Zu diesem Zweck werden die KMU bei der Optimierung von Betriebsabläufen und -strukturen unterstützt.

510

Die Schweiz hat im Laufe der Jahre mit dem bilateralen Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, dem bilateralen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, dem neuen EFTA-Freihandelsabkommen, sowie mit ihrem informellen Austausch mit der Regierung zu Menschenrechtsfragen und ihrer humanitären und wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit eine breite Palette von Kooperationen mit Kolumbien aufgebaut.

Die Schweiz engagiert sich also systematisch an den Schnittstellen zwischen den Handels-, Umwelt- und Sozialregelwerken. Das Engagement der Schweiz in Kolumbien ist dabei nicht nur durch ökonomische Interessen motiviert. Das FHA zwischen der EFTA und Kolumbien ist nur ein Element unter vielen und fügt sich nahtlos in das Gesamtbild der vielfältigen Beziehungen zwischen der Schweiz und Kolumbien ein. Am Beispiel der Zusammenarbeit mit Kolumbien lässt sich verdeutlichen, wie die Schweiz versucht, Handels-, Umwelt-, Sozial- und Entwicklungsanliegen auf kohärente Weise anzugehen.

Freihandelsabkommen Ziel der Schweiz beim Abschluss von FHA (meist im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA, die neben der Schweiz Island, Liechtenstein und Norwegen umfasst) ist die Verbesserung des Marktzugangs insbesondere durch Vermeidung von Diskriminierungen schweizerischer Unternehmen auf ausländischen Märkten (vgl. Ziff. 4). Die Auswahl potentieller Partner für FHA richtet sich nach folgenden Kriterien: i) die wirtschaftliche Bedeutung des Partners, ii) die bestehende oder potenzielle Diskriminierung gegenüber Hauptkonkurrenten auf dem betreffenden Markt, iii) die Verhandlungsbereitschaft des Partners und die Aussicht auf einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss und iv) die Förderung der aussenpolitischen Ziele der Schweiz.

Die FHA tragen sowohl in der Schweiz wie auch im jeweiligen Partnerland zur Marktöffnung und damit zum wirtschaftlichen Wachstum und zur Wohlstandsmehrung bei. In Bezug auf die Nachhaltigkeit schlägt die Schweiz ihren Verhandlungspartnern standardmässig die Bekräftigung der Grundsätze, die in den relevanten Instrumenten der UNO und in den Kernübereinkommen der IAO festgelegt sind, gewisse handelsrelevante Umweltbestimmungen sowie weiterer Grundsätze im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung vor. Ebenfalls im Sinne der Kohärenz mit anderen
internationalen Verpflichtungen enthalten die FHA der Schweiz eine Klausel, wonach die Bestimmungen der FHA den Zielen anderer internationaler Übereinkommen, sei es im Handels-, Umwelt-, Sozial- oder Menschenrechtsbereich, nicht entgegenstehen. Ein weiteres Beispiel sind die Bestimmungen der FHA, die den Parteien analog zu den WTO-Regeln explizit die Möglichkeit einräumen, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zur Bewahrung nichterneuerbarer natürlicher Ressourcen zu treffen.

FHA der Schweiz mit Entwicklungs- und Schwellenländern sehen einen asymmetrischen Zollabbau vor, um dem unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsniveau Rechnung zu tragen. Während die Schweiz ihre Marktöffnung ab Inkrafttreten der Abkommen vornimmt, erhalten die Partnerstaaten durch die Möglichkeit für 511

einen schrittweisen Zollabbau in sensiblen Bereichen Zeit, allenfalls notwendige Strukturanpassungen vorzunehmen und abzufedern. Ausserdem sehen diese FHA in der Regel auch Massnahmen für technische Zusammenarbeit und wirtschaftliche Entwicklung vor, die der effektiven Nutzung der wirtschaftlichen Vorteile der Abkommen durch die Partnerstaaten bzw. ihre Wirtschaftsakteure dienen.

Die Schweiz verfolgt die Entwicklungen bezüglich der Beziehungen zwischen den Sozial- und Umweltnormen und den FHA, dies insbesondere im Licht der Entwicklungen auf multilateraler Ebene sowie der einschlägigen Ansätze der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten und anderer Handelsmächte. In der EFTA wurden Arbeitsgruppen über «Handel und Umwelt» respektive «Handel und Arbeitsstandards» ins Leben gerufen. Die beiden Arbeitsgruppen haben zum Ziel, Umwelt- und Arbeitsnormen in den FHA sichtbarer zu machen und zusätzlich zu den bestehenden Bestimmungen neue Vorschläge zum verstärkten Einbezug dieser Aspekte in FHA auszuarbeiten. Darüber hinaus wird bei der Ausarbeitung eines FHA jeweils das gesamte Beziehungsnetz der Schweiz mit dem betreffenden Partner in Betracht gezogen. Insbesondere werden die Vereinbarkeit eines FHA mit den aussenpolitischen Zielen der Schweiz und entsprechende mögliche Synergien geprüft.

Kooperation im Umweltbereich Im Bereich Umweltkooperation im engeren Sinn existieren bis jetzt Vereinbarungen mit drei Staaten, und zwar mit Russland (Staatsvertrag von 1987), Uruguay (MoU von 2005) und China. Mit China wurden 2009 zwei Vereinbarungen getroffen.

Einerseits ein MoU unter dem Dach der gemischten Wirtschaftskommission Schweiz-China, das den Fokus auf den Technologieaustausch betreffend erneuerbare Energien, die Energieeffizienz sowie damit zusammenhängende Umweltfragen legt.

Andererseits ein Abkommen über eine Zusammenarbeit im Umweltbereich mit Fokus auf nachhaltigem Wassermanagement und Gefahrenprävention.

Das UVEK wurde im April 2009 vom Bundesrat ermächtigt, neben dem Abkommen mit China weitere Abkommen im Umweltbereich mit Indien, Indonesien, Mexiko, Brasilien und Südafrika abzuschliessen. Ziel solcher Abkommen ist die Institutionalisierung eines politischen Dialogs, der Einbezug von Umweltanliegen in Handelbzw. Wirtschaftsbeziehungen sowie der Austausch über Umweltgesetzgebung, Ressourcenmanagement
und den Transfer von (Umwelt-)Technologien. Die Abkommen sollen sowohl im Interesse des schweizerischen Engagements in der internationalen Umweltpolitik als auch im Interesse der schweizerischen Wirtschaft im Bereich der Umwelttechnologien abgeschlossen werden.

Spezifische Abkommen zur Intensivierung der Zusammenarbeit im Energiebereich wurden mit Aserbaidschan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei unterzeichnet.

Exportrisikoversicherungen Die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV; vgl. Ziff. 10.1.2) in der heutigen Form hat ihren Ursprung in der Legislaturplanung 1999­2003 des Bundesrates, welche unter anderem die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Aussenwirtschaftspolitik vorsah. Der Nachhaltigkeitsgedanke kommt heute zunächst darin zum Ausdruck, dass die SERV eigenwirtschaftlich arbeiten muss und zu diesem Zweck risikogerechte Prämien erhebt. Nachhaltigkeitsaspekte werden bereits bei einer grundsätzlichen Versicherungszusage mit abgeklärt. Darüber hinaus berücksichtigt die SERV generell die Grundsätze der schweizerischen Aussenpolitik. In der Praxis 512

bedeutet dies insbesondere, dass die SERV die im Rahmen der OECD vereinbarten Marktdisziplinen und nachhaltigkeitsrelevanten Empfehlungen10 umsetzt sowie das EVD in den Verhandlungen zu deren Weiterentwicklung unterstützt. Das Anliegen, die Importländer für Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsaspekte zu sensibilisieren und dadurch die Projektentwicklungen positiv zu beeinflussen, kann nur über internationale Zusammenarbeit und entsprechende Standards erreicht werden.

Im vorliegenden Zusammenhang sind sicher die sogenannten «approches communes» am bedeutsamsten, wonach durch öffentliche Kredite oder Versicherungen unterstützte Exporte auf ihre Umweltauswirkungen hin geprüft werden müssen.

Dadurch soll sichergestellt werden, dass nicht nur die im Importland geltende Gesetzgebung sondern auch die massgebenden Standards vor allem der Weltbank eingehalten werden. Diese umfassen einerseits Umweltstandards im engeren Sinne, wie zum Beispiel zur Umweltverträglichkeitsprüfung oder zur Schädlingsbekämpfung und andererseits soziale und menschenrechtliche Standards, wie zum Beispiel zum Schutz kultureller Ressourcen oder zur Durchführung unfreiwilliger Umsiedlungen. Die Durchsetzung dieser Vorgaben wird im Rahmen der OECD Exportkreditgruppe laufend überwacht und durch Transparenzmassnahmen sichergestellt.

Ilisu Wasserkraftwerk Nach ausführlicher Vorbereitung hat der Bundesrat am 28. März 2007 die SERV angewiesen, Lieferungen von Schweizer Unternehmen im Umfang von 225 Millionen Franken an das Wasserkraftwerk Ilisu in der Türkei zu versichern; die Exportkreditagenturen Deutschlands und Österreichs gewährten ebenfalls Versicherungsdeckungen. Voraussetzung für diese Entscheide war die Zusicherung der Türkei, zahlreiche auf den gemäss OECD-Empfehlung anwendbaren Weltbank-Standards basierende Auflagen in den Bereichen Menschenrechte (Umsiedlung), Umwelt- und Kulturgüterschutz einzuhalten. Die Einhaltung dieser Standards war ein wesentliches Element für die Übernahme der Exportrisikoversicherungen und von Anfang an eine wichtige Bedingung für die Umsetzung des Projekts. Mit der Überprüfung der Auflagenerfüllung wurde ein unabhängiges, internationales Expertenkomitee beauftragt. Für den Fall, dass die vereinbarten Auflagen nicht oder nicht hinreichend erfüllt würden, behielten sich die drei Exportkreditagenturen den
Ausstieg aus dem Projekt vertraglich vor.

Im Verlaufe der Umsetzung zeigte sich, dass trotz zeitweiligen Fortschritten, mehrmaligen Besuchen im Projektgebiet und ausführlichen Gesprächen mit der von der Bauherrin eingesetzten Projektleitung immer wieder Defizite in der Umsetzung der zu erfüllenden Auflagen festgestellt werden mussten. Um der grossen Bedeutung der vereinbarten Auflagen vor dem Hintergrund der wiederholten Verzögerungen bei der Umsetzung der Massnahmen Nachdruck zu verleihen, wiesen die Exportkreditagenturen im Dezember 2008 die Exporteure an, 10

Im Einzelnen handelt es sich dabei um die «Recommandation révisée sur des Approches communes concernant l'environnement et les crédits à l'exportation bénéficiant d'un soutien public», die vom OECD Rat im Juni 2007 verabschiedet wurde, die «Recommandation de l'OCDE sur la corruption et les crédits à l'exportation» vom 14. Dezember 2006 und die «Principes et lignes directrices favorisant des pratiques de financement soutenable dans les crédits à l'exportation bénéficiant d'un soutien public accordés aux pays à faible revenu», auf die sich die Exportkreditgruppe der OECD im April 2008 verständigt hat.

513

die Bau- und Lieferverträge zu suspendieren. Damit wurde die vertraglich vorgesehene letzte Frist von 180 Tagen zur Erfüllung der vertraglichen Auflagen eingeleitet.

Trotz teilweise erheblicher Verbesserungen lief diese Frist ab, ohne dass die vertraglichen Auflagen in den Bereichen Umsiedlung, Umwelt- und Kulturgüterschutz in hinreichendem Masse erfüllt worden wären. In Absprache mit ihren jeweiligen Aufsichtsbehörden teilten die Exportkreditagenturen deshalb der Türkei und den Exporteuren am 7. Juli mit, dass die Grundlagen für eine Fortführung des Projekts mit Exportrisikoversicherungen aus den drei Ländern nicht mehr gegeben seien.

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit Im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit leistet die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik einen Beitrag zur Einbindung der Partnerländer in die Weltwirtschaft (vgl. Ziff. 7). Mit der Unterstützung des wirtschaftlichen Wachstums, der Förderung des Transfers von umweltfreundlichen Technologien, öko-effizienter Verarbeitungsmethoden und der Förderung von Arbeitnehmerfragen trägt die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit zu integrierten Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitiken in Entwicklungsländern bei.

Die Förderung des Transfers von umweltfreundlichen Technologien und ökoeffizienten Verarbeitungsmethoden ist ein Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz. Für den Transfer von Umwelttechnologien im Bereich der industriellen Produktion wurde dazu ein umfassendes konzeptuelles Vorgehen erarbeitet, welches auch im Rahmen des Entwicklungshilfeausschusses der OECD (DAC) weiterverarbeitet worden ist. Den Kernpunkt bilden die Cleaner Production Centers und die Green Credit Lines sowie die Arbeiten im Bereich des geistigen Eigentums. Die Förderung von öko-effizienten Produktionsweisen beruht auf der Tatsache, dass bei Unternehmen in Entwicklungsländern oft ein grosses Potenzial zur Effizienzsteigerung im Material-, Energie- und Ressourcenverbrauch besteht. Dies führt zu Kostenreduktionen und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit.

Zudem ist die umweltfreundlichere Produktion zunehmend ein Erfolgsfaktor für Unternehmen bei den Handelstätigkeiten auf internationalen Märkten. Durch den Technologietransfer im Bereich der öffentlichen Infrastrukturvorhaben wird die Möglichkeit geschaffen,
die wirtschaftliche Entwicklung ökologisch nachhaltig zu gestalten und dem in diesem Bereich auftretenden Marktversagen entgegenzuwirken. Parallel dazu nimmt der policy dialogue eine wichtige Stellung ein, bei dem Reformen und Gesetze im Umweltbereich angeregt und unterstützt werden.

Ansatzpunkt zur Förderung der Arbeitnehmerfragen ist die Erkenntnis, dass ein verstärkter Arbeitnehmerschutz häufig zu einer Optimierung von Arbeitsabläufen und besserer Arbeitsorganisation führt. Die konsequente Anwendung dieses Konzepts schützt Arbeitnehmende und verschafft den KMU eine bessere Position im internationalen Wettbewerb. Da die Kernarbeitsnormen der IAO heute oft Bestandteil privater und/oder freiwilliger Standards oder codes of conduct sind, ist ihre Respektierung immer mehr eine faktische Bedingung für den Marktzugang zu internationalen Märkten.

514

Die positiven Erfahrungen mit freiwilligen privaten Standards bzw. Labels haben dazu geführt, dass die Schweiz in den letzten Jahren ihr Engagement in diesem Bereich strategisch ausgerichtet und verstärkt hat (vgl. Ziff. 1.4.4).

1.4.4

Unterstützung freiwilliger Massnahmen des Privatsektors

Aufgrund der Globalisierung werden Produktionsprozesse oft auf Produktionsstandorte in verschiedenen Ländern verteilt und Produkte unterliegen entlang der Wertschöpfungskette verschiedenen ökonomischen, ökologischen und sozialen Standards. Dies stellt die Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung vor grosse Herausforderungen. Die Schweiz setzt sich für die Schaffung und Beachtung von international breit abgestützten Instrumenten ein, die weltweit möglichst einheitliche CSR-Standards und Rahmenbedingungen sowie ein Unternehmensverhalten fördern, das sich durch Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft, der Umwelt, der Wirtschaft und dem Staat auszeichnet11.

Nur der nachhaltige Einbezug von Entwicklungsländern ins Weltwirtschaftssystem trägt zur dauerhaften Reduktion der Armut bei. Darum müssen diese bei den Vorbereitungen für ein erfolgreiches Auftreten auf den internationalen Märkten unterstützt werden. CSR spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Schweiz unterstützt Unternehmen in Entwicklungsländern im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit bei der effektiven Umsetzung von CSR-Massnahmen, indem Informationen und Beratung zur Verfügung gestellt werden.

Einen Beitrag zur verstärkten Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialaspekten sowohl bei der Produktion als auch beim Konsum leisten Labels und freiwillige Standards12. In den letzten Jahren hat die Entwicklung und Umsetzung dieser Instrumente stark zugenommen. Da mit der Unterstützung von Initiativen zur Schaffung freiwilliger Standards ein Beitrag zur Schliessung bestehender Lücken zwischen den internationalen Handels-, Sozial- und Umweltregelwerken geleistet werden kann, hat der Bundesrat eine Strategie zur Förderung solcher Instrumente verabschiedet13. Gemäss dieser unterstützt die Schweiz den Aufbau ausgewählter freiwilliger Standards subsidiär als neutraler Partner. Das Hauptaugenmerk der Schweiz in diesem Bereich liegt auf Massnahmen im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit (vgl. Ziff. 1.4.3).

Die Schweiz unterstützt die Bemühungen verschiedener internationaler Labelorganisationen, die Zertifizierungskriterien zu vereinheitlichen und untereinander gegenseitig anzuerkennen. Dies ermöglicht den Produzenten den besseren Zugang zu den einzelnen Labelsystemen und reduziert
gleichzeitig die Zertifizierungskosten. Letzteres hat schliesslich auch Einfluss auf den Preis des Produktes und damit zu einem Teil auch auf den Kaufentscheid der Konsumentinnen und Konsumenten: Günsti-

11 12

13

z.B. Internationalen Konventionen zur Korruptionsbekämpfung, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, Empfehlungen der IAO und der UNO.

Bekannte freiwillige Standards sind FSC (Forest Stewardship Council) für Holz- und Waldprodukte, MSC (Marine Stewardship Council) für marine Fischbestände, 4C (Common Code for the Coffee Community) etc.

IDARio-Bericht zur Umsetzung der Strategie des Bundesrates zur nachhaltigen Entwicklung, Massnahme Nr. 6 «Anerkennung und Förderung von Labels», Februar 2000.

515

gere Produkte aus nachhaltiger Produktion werden vermehrt nachgefragt. Damit steigt auch die Wirkung der Labelsysteme in den Produzentenländern.

Das Engagement der Schweiz im Bereich des «fairen Handels» Produkte aus «fairem Handel» (Fair Trade) erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Wenn auch der Anteil am Weltmarkt noch sehr klein ist und sich der faire Handel nicht als Standard für den gesamten Welthandel eignet ­ die Nachfrage wächst je nach Land um bis zu 50 % pro Jahr. In der Schweiz sind an diesem Erfolg die Pioniere mit ihrer Vorreiterrolle und die Grossverteiler mit einem mutigen Engagement sowie einer geschickten Marktstrategie gleichermassen beteiligt. Gemäss Umfragen sind Produkte aus fairem Handel in 98 % der Haushalte ein Begriff.

Gleichzeitig braucht der faire Handel einen langen Atem. Von der Entwicklung einzelner Produktestandards bis hin zur Marktfähigkeit sowie der Ausbildung der Produzenten vergehen mehrere Jahre, teilweise sogar ein Jahrzehnt. Das Angebot des fairen Handels richtet sich an der Nachfrage aus und finanziert sich durch den Aufpreis, welcher durch die Konsumentinnen und Konsumenten bezahlt wird. Aus diesem Grunde springt der Staat lediglich dort ein, wo der faire Handel einen Anschub nötig hat. So hat die Schweiz im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit mit Anschubfinanzierungen der MaxHavelaar-Stiftung und des Teppichlabels STEP dafür gesorgt, dass der Handel mit gelabelten Fair-Trade-Produkten in der Schweiz eine solide Grundlage bekam und sich eine tragfähige Produktentwicklung überhaupt erst entwickeln konnte. Seit 2002 ist Max Havelaar institutionell selbsttragend und wird durch die Schweiz nicht mehr finanziell unterstützt. Seit 2007 ist das Label STEP eine eigenständige Geschäftseinheit der Max-Havelaar-Stiftung.

Auch der faire Handel hat sich globalisiert. Auf Initiative der Schweiz haben sich Anfang 2009 Geber zusammengeschlossen, um koordiniert und auf internationaler Ebene den fairen Handel weiter subsidiär zu fördern und so vor allem den Anschub zu einer Verbreiterung der Produktepalette zu geben.

Der faire Handel soll in der Lage sein, die wachsende Nachfrage zu befriedigen und so zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Produktionsländern beizutragen.

1.5

Fazit und Ausblick

Das Konzept der Nachhaltigkeit beschreibt eine Beziehung bzw. ein Gleichgewicht zwischen den drei Dimensionen «Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit», «Ökologische Verantwortung» und «Gesellschaftliche Solidarität». Für die Zielkonflikte, die sich bei der Wahrung dieses Gleichgewichts ergeben können, gibt es keine generelle, allgemein gültige Lösung. Es ist vielmehr im Einzelfall abzuwägen, welchen Zielen im konkreten Fall Vorrang einzuräumen ist.

Die Schweiz berücksichtigt in ihrer Aussenwirtschaftspolitik systematisch Nachhaltigkeitsaspekte, sucht dabei eine Verbesserung der Nachhaltigkeit und bemüht sich um den kohärenten Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden aussenwirtschaftspolitischen Instrumente. Tatsächlich ist die Schweiz heute in der Lage, von den 516

Vorteilen der wirtschaftlichen Integration zu profitieren und gleichzeitig die potentiellen Nachteile abzufedern. Ausdruck davon sind die Fortschritte bei der Entkoppelung des Wirtschaftswachstums von verschiedenen Formen der Umweltbelastung, wie sie in Ziffer 1.3.2 beschrieben werden. Die Schweiz ist in dieser Hinsicht eine Gewinnerin der internationalen Arbeitsteilung: Die Konzentration auf Dienstleistungen und die Produktion von emissionsarmen Waren hat ­ neben den allgemeinen Fortschritten bei der Verringerung der Energieintensität ­ dazu beigetragen, dass diese teilweise Entkoppelung möglich war. Gleichzeitig machen die grauen Emissionen fast die Hälfte aller CO2-Emissionen aus, die der Konsum in der Schweiz effektiv verursacht. Dieser «Emissionsexport» erhöht die Verantwortung der Schweiz, sich für internationale Bemühungen zur Förderung der Nachhaltigkeitsziele ­ sei es auf multilateraler oder bilateraler Ebene ­ einzusetzen. Analog lässt sich für die soziale Dimension der Nachhaltigkeit argumentieren, dass die durch die wirtschaftliche Integration ausgelösten Strukturanpassungen in der Schweiz vergleichsweise gut abgefedert werden können, damit aber auch gleichzeitig die Verantwortung einhergeht, zum Erfolg dieser Strukturanpassungen auch auf internationaler Ebene beizutragen. Diese gestiegene Verantwortung wird auch in Zukunft hohe Anforderungen an die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik stellen. Die Schweiz ist daher daran interessiert, die Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung auf globaler Ebene zu stärken, auch um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Um dies zu erreichen, werden bei aussenwirtschaftspolitischen Vorhaben ökologische und gesellschaftliche Aspekte gezielter erfasst. Auf den in Ziffer 1.3.3 identifizierten Handlungsebenen lassen sich dabei folgende Prioritäten identifizieren.

Die internationalen Umwelt- und Sozialregelwerke stärken Das Ziel einer Stärkung des internationalen Umweltregelwerks ist die Verringerung der globalen Umweltbelastung. Dabei hat kurzfristig die Stärkung des UNEP und die bessere Zusammenarbeit zwischen den Sekretariaten der MEA Vorrang. Zentral ist auch der Einbezug der Schwellen- und Entwicklungsländer in Verpflichtungen der Multilateralen Umweltabkommen. Die Schweiz engagiert sich weiterhin für die Verwendung von Marktmechanismen (z.B. Emissionshandel),
die dem Verursacherprinzip Geltung verschaffen.

Bei der Stärkung der IAO hat das konsequente Follow-up zur «Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung» Priorität. Die Schweiz will mithelfen, die Effizienz der IAO zu stärken und sie konsequent an ihren vier strategischen Zielen Beschäftigung, sozialer Schutz, sozialer Dialog und Rechte bei der Arbeit auszurichten. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit der IAO im Rahmen der technischen Kooperation auf der Basis des im Juni 2009 unterzeichneten MoU verstärkt werden. Um diesem Engagement zur Stärkung der IAO auch national Ausdruck zu geben, wird die Schweiz einen strategischen Ansatz zur Förderung und zur Ratifikation von IAO-Übereinkommen einerseits und zur Verstärkung ihres Engagements zur Förderung der Arbeitsnormen auch im Ausland andererseits entwickeln. Bei der Bewältigung dieser Herausforderung wird eine Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern angestrebt.

517

Zusammenarbeit und Kohärenz zwischen den internationalen Organisationen fördern Während im Umweltbereich die Zusammenarbeit zwischen den Organisationen bereits aktiv verbessert wird, wie die Diskussionen zum Verhältnis von MEA und WTO-Regelwerk im Rahmen der Doha-Runde zeigen, besteht im Sozialbereich noch Aufholbedarf. Die Zusammenarbeit zwischen den Sekretariaten der IAO und der WTO findet bisher nur auf einer ad hoc Basis statt; die IAO hat immer noch keinen Beobachterstatus bei der WTO. Die Schweiz wird ihr Engagement zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen intensivieren.

Wie in Ziffer 1.4 gezeigt wurde, sind für die Kohärenz von Handels-, Umwelt- und Sozialregelwerk nicht nur die für die jeweiligen Regelwerke zuständigen Institutionen, sondern eine ganze Reihe weiterer Organisationen relevant. Diese Organisationen, die Analysen zu den Schnittstellenfragen liefern (z.B. OECD) oder eine wichtige Rolle bei der Umsetzung und Implementierung der Regelwerke spielen (Weltbank, regionale Entwicklungsbanken, UNCTAD, UNIDO) müssen bei den Bemühungen zur Kohärenzsteigerung ebenfalls miteinbezogen werden. Die Schweiz wird sich in allen relevanten Organisationen dafür einsetzen, dass der Austausch und die Koordination zwischen den Organisationen verstärkt werden.

Die Weltbank und die regionalen Entwicklungsbanken haben aufgrund ihres Knowhows, ihrer politischen Positionierung, der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und der Präsenz vor Ort eine besondere Bedeutung. Die Schweiz hat in der Weltbank durch ihren Sitz im Exekutivrat sowie ihre Beteiligung an den regionalen Entwicklungsbanken einen grossen Einfluss auf die Ausgestaltung der verschiedenen Politiken der Banken. Sie wird diese Mitgestaltungsmöglichkeiten verstärkt wahrnehmen, um die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsanliegen in den Aktivitäten der Banken noch weiter voranzutreiben. Zudem wird die Schweiz prüfen, inwiefern ­ auch in Zusammenarbeit mit anderen Gebern ­ spezifische Programme aufgebaut werden können, die durch extra-budgetäre Mittel finanziert werden können.

Kohärenz im pluri- und bilateralen Engagement gewährleisten Das pluri- und bilaterale Handeln ist als Ergänzung des multilateralen Handelns zu betrachten und hat entsprechend denselben Grundsätzen zu folgen und denselben Anforderungen zu
genügen. Setzt sich die Schweiz auf multilateraler Ebene für eine bessere Kohärenz zwischen den Handels-, Sozial- und Umweltregelwerken ein, so muss sie dies konsequenterweise auch auf pluri- und bilateraler Ebene fördern.

Zu einer kohärenten Politik gehört jedoch auch der gezielte Einsatz der spezifischen Instrumente für die sachgerechte Förderung der verschiedenen Ziele der Schweiz in Bezug auf die jeweiligen Partnerländer. Das Beispiel Kolumbien zeigt exemplarisch, wie die bilateralen Instrumente sinnvoll kombiniert werden können. Die in den letzten Jahren stark gewachsene Zahl bilateraler Instrumente in der Aussenwirtschaftspolitik stellt aber hohe Anforderungen an die Koordination. Diesen Anforderungen gilt es auch in Zukunft gerecht zu werden, indem bei der Erarbeitung einzelner Instrumente systematisch geprüft wird, ob Zielkonflikte oder Synergien mit anderen Instrumenten bestehen. Dazu dienen insbesondere die aussenwirtschaftlichen Länderstrategien, die seit 2006 zum Einsatz kommen, sowie die Länder- und Regionalstrategien des EDA. Zusätzlich wird der Bundesrat in Verhandlungsmandaten, insbesondere für Freihandelsabkommen, und in den entsprechenden Botschaften an die Eidgenössischen Räte diese Zusammenhänge und Querbezüge ausführlicher 518

darstellen. Diese Bemühungen ordnen sich in die im Aussenpolitischen Bericht 2009 dargelegten Bestrebungen des Bundesrates ein, die Kohärenz des aussenpolitischen Auftretens der Schweiz zu verbessern.

Freiwillige Massnahmen des Privatsektors unterstützen Die Schweiz engagiert sich bereits heute für die Förderung der CSR, indem sie sich in den relevanten Organisationen für die Mitgestaltung der internationalen Rahmenbedingungen einsetzt und die Unternehmen bei der Umsetzung der CSR-Instrumente unterstützt. Dadurch soll die Bereitschaft der Unternehmen, auch unter schwierigen äusseren Umständen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten und Ansprüche zu erfüllen, die über ihre rechtlichen Verpflichtungen hinausgehen können, gefördert werden. Um der gestiegenen Bedeutung von CSR Rechnung zu tragen, werden die Aktivitäten und Prioritäten des EVD im Bereich CSR verstärkt konzeptionell abgestützt. Im Dialog mit dem Privatsektor werden Massnahmen geprüft, um die CSR weiter zu stärken. Da CSR business-driven ist, steht dabei die Förderung der Eigeninitiative des Privatsektors im Vordergrund.

Ein Schwerpunkt der Aktivitäten der Schweiz zur Förderung von freiwilligen Standards und Labels, den es auch in Zukunft zu betonen gilt, sind die Bemühungen zur Harmonisierung. Die Schweiz kann hier international eine Vorreiterrolle einnehmen: Einerseits unternimmt sie Anstrengungen, die beteiligten Akteure, insbesondere internationale Labelorganisationen und andere Geber, zusammenzubringen, um die Kriterien zu vereinheitlichen. Andererseits hat die Schweiz 2009 eine Eingabe bei der WTO gemacht, diese Problemstellung im Rahmen der TBT14 und SPS15 Komitees zu prüfen und eine Kohärenz der Ansätze zu erreichen. Dieses Engagement auf mehreren Ebenen soll dazu führen, dass sich die verschiedenen Standards auf einen kleineren gemeinsamen Nenner bringen lassen, womit dem Markt die notwendige Klarheit gegeben werden kann. Darüber hinaus sollen die Dienstleistungen, die die Schweiz in diesem Zusammenhang im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit an die Produzenten in Entwicklungsländern erbringt, vereinfacht und harmonisiert werden.

2

WTO und weitere multilaterale Wirtschaftszusammenarbeit

2.1

Welthandelsorganisation (WTO)

In Genf fand vom 30. November bis 2. Dezember die siebte ordentliche WTOMinisterkonferenz zum Thema «The WTO, the Multilateral Trading System and the Current Global Economic Environment» statt. In den Doha-Verhandlungen gab es wenig Fortschritte zu verzeichnen. Die G20 erhöht jedoch den Druck zu Gunsten eines Abschlusses der Doha-Runde. In Pittsburgh erklärten die G20Staats- und Regierungschefs Ende September, dass die Doha-Runde bis Ende 2010 abgeschlossen werden solle. Die WTO-Tätigkeiten ausserhalb der Doha-

14 15

Technical Barriers to Trade (Technische Handelshemnisse) Sanitary and Phytosanitary Measures (Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen)

519

Verhandlungen konzentrierten sich auf die Umsetzung der bestehenden WTOAbkommen, die Beitrittsverhandlungen, die Länderexamen und auf Streitbeilegungsverfahren.

2.1.1

Siebte WTO-Ministerkonferenz

In Genf fand vom 30. November bis 2. Dezember die siebte ordentliche WTOMinisterkonferenz zum Thema «The WTO, the Multilateral Trading System and the Current Global Economic Environment» statt. Einigkeit bestand darüber, dass sich die WTO in der Wirtschaftskrise als Bollwerk gegen Protektionismus bewährt hat.

Kritischer fiel die Einschätzung zur Doha-Runde aus. Die Minister stimmten zwar darin überein, dass der Abschluss der Doha-Runde einen grossen Beitrag für den wirtschaftlichen Aufschwung leisten würde, und dies ohne den Einsatz von Steuergeldern. Annäherungen der Positionen sind dennoch keine zu verzeichnen. Dies war auch nicht zu erwarten, da die Doha-Runde nicht im Zentrum der Konferenz stand und keine Verhandlungen zur Doha-Runde stattfanden. Es gibt aus dieser Konferenz trotzdem neue Impulse für die Doha-Arbeiten auf Stufe der Minister und der Chefunterhändler, die im 1. Quartal 2010 eine Bestandesaufnahme zum Verhandlungsstand vornehmen werden.

Anlässlich der Ministerkonferenz wurden zwei Moratorien verlängert. Beim ersten handelt es sich um die Erklärung, dass die WTO-Mitglieder weiterhin keine Zölle und ähnliche Abgaben auf elektronischen Übermittlungen erheben werden (e-commerce Moratorium; vgl. Ziff. 5.3). Gestützt auf die 2008 mit den Vereinigten Staaten unterzeichnete Gemeinsame Erklärung hat die Schweiz in entscheidender Weise zur Verlängerung dieses Moratoriums, dessen Wortlaut aus Schweizer Sicht vorteilhaft ist, beigetragen. Das andere Moratorium betrifft die vorläufige Nicht-Anwendung sogenannter «non-violation complaints» im TRIPS16-Kontext. Damit sind Klagen gemeint, die nicht direkt die Verletzung einer WTO-Regel zum Gegenstand haben, sondern auf Massnahmen abzielen, die einem WTO-Mitglied aus dem WTORegelwerk zustehende Rechte und Handelsvorteile de facto verwehren. Schliesslich wurde von den Ministern ein Vorschlag verabschiedet, welchen die Schweiz mit Indien und weiteren Ländern eingebracht hatte. Dieser zielt auf die Schaffung einer angemessenen Plattform innerhalb der WTO für Diskussionen zur Verbesserung deren Funktionsweise, Effizienz und Transparenz.

2.1.2

Doha-Runde

Der Verhandlungsrhythmus in Genf wurde anfangs des Jahres vor allem aufgrund der innenpolitischen Situation in den USA (neue Administration) und in Indien (Wahlen) gebremst. Während auch im Berichtsjahr wenig Fortschritte zu verzeichnen waren, hat die G20 doch einen gewissen Druck auf die Verhandlungen ausgeübt. Im September erklärten die G20-Staats- und Regierungschefs in Pittsburgh, dass die Doha-Runde bis Ende 2010 abgeschlossen werden solle. Die Verhandlungsfort16

520

Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (WTO-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum)

schritte müssten auf der Ebene der Handelsminister bis spätestens anfangs 2010 sowie auf Ebene der G20-Leader an ihrem nächsten Treffen im Juni 2010 in Kanada überprüft werden. Nach wie vor gilt es aber, manche Hindernisse in der Verhandlungssubstanz zu überwinden ­ dies gegen die öffentliche Meinung in vielen Ländern, die der Handelsliberalisierung gegenüber eher skeptisch eingestellt ist.

2.1.3

Umsetzung der bestehenden WTO-Abkommen

Die WTO ist nicht nur ein Forum für Verhandlungen neuer Abkommen. Vielmehr stehen im Zentrum des Systems die WTO-Abkommen, die von den WTOMitgliedern in der Vergangenheit abgeschlossen wurden. Diese Abkommen enthalten die Grundregeln des Welthandels. Die Einhaltung dieser Regeln wird durch eine regelmässige Überprüfung der nationalen Handelspolitiken der WTO-Mitglieder durch die anderen Mitglieder gestärkt. Zudem stellt das WTO-Streitschlichtungsverfahren die Einklagbarkeit der WTO-Verpflichtungen sicher.

Beitrittsverhandlungen Die WTO zählt gegenwärtig 153 Mitglieder. Im Laufe des Jahres sind keine neuen Mitglieder beigetreten. Momentan befinden sich 29 Länder in Beitrittsverhandlungen (u.a. Algerien, Aserbeidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Kasachstan, Libanon, Russland und Serbien). Die Beitrittsverhandlungen von Montenegro, Samoa und Vanuatu stehen kurz vor dem Abschluss. Russlands Beitrittsverhandlungen machten im ersten Semester des Berichtsjahres gute Fortschritte. Im Juni hat Premierminister Putin aber überraschend erklärt, dass Russland gemeinsam mit Kasachstan und Belarus in Form einer noch zu bildenden Zollunion der WTO beitreten wolle. Damit ist das bereits Erreichte in dem mit 16 Jahren längsten Beitrittsverfahren zur WTO in Frage gestellt und es bleibt ungewiss, in welcher Form und auf welcher Basis die Verhandlungen fortgesetzt werden sollen.

Streitbeilegungsverfahren In der Berichtsperiode war die Schweiz weder als Partei noch als Drittpartei direkt in ein Verfahren involviert.

Das Verfahren zur Streitbeilegung wurde von den übrigen WTO-Mitgliedern hingegen rege genutzt. Mehrere Panels wie auch die Appellationsinstanz (Appellate Body) waren aufgerufen, WTO-Recht auszulegen. Es sei auf die folgenden Fälle verwiesen: In einem am 26. Januar veröffentlichten Bericht entschied das Panel in China ­ Measures Affecting the Protection and Enforcement of Intellectual Property Rights (DS362), dass China mit der Nichtgewährung von Copyrights für Werke, die in China für die Publikation und den Vertrieb nicht zugelassen sind, sowie mit gewissen Anweisungen an die Zollbehörden über den Umgang mit konfiszierten Gütern gegen das TRIPS-Abkommen verstossen habe. Was die Anwendung des strafrechtlichen Opportunitätsprinzips unterhalb gewisser Schwellenwerte bei der Verfolgung von Verletzungen
von Rechten an geistigem Eigentum in China betrifft, war es nach Ansicht des Panels der USA als klagender Partei demgegenüber nicht gelungen, eine Verletzung des TRIPS-Abkommens glaubhaft zu machen. In Colombia ­ Indicative Prices and Restrictions on Ports of Entry (DS366) war das Panel ferner zum ersten Male aufgerufen, Bestimmungen des WTO-Zollwertübereinkommens sowie des GATT-Transitartikels auszulegen. Streitgegenstand waren kolumbianische 521

Zollmassnahmen auf gewissen Waren, die von der Colon Free Zone und Panama nach Kolumbien exportiert wurden. Das Panel kam in seinem Bericht vom 27. April zum Schluss, Kolumbien habe durch den Gebrauch von Indikativpreisen auf Einfuhren gegen das Zollwertübereinkommen und mit der Beschränkung der Eingangshäfen für Transitwaren gegen das GATT verstossen. Sodann erkannte in China ­ Measures Affecting Trading Rights and Distribution Services for Certain Publications and Audiovisual Entertainment Products (DS363) ein Panel am 12. August verschiedene von China erlassene Importbeschränkungen für Medien (Publikationen und Film) als Verstösse gegen dessen WTO-Beitrittsbestimmungen. Weiter hielt in Measures Relating to Zeroing and Sunset Reviews -- Recourse to the Dispute Settlement Understanding (DSU) Article 21.5 by Japan (DS322) die Apellationsinstanz am 18. August fest, dass die Tatsache, dass mit Bezug auf dieselben Massnahmen verschiedene Streitbeilegungsverfahren hängig sind, keine Entschuldigung darstelle, die in einem der Verfahren festgesetzten Umsetzungsfristen nicht einzuhalten.

Schliesslich hielt das Schiedsgericht in United States ­ Subsidies on Upland Cotton (DS267) fest, Brasilien sei nicht berechtigt, als Gegenmassnahme zu von den USA zu Unrecht nicht aufgehobenen Subventionen über die Aussetzung von Zugeständnissen im Warenbereich hinaus auch Zugeständnisse und Verpflichtungen im Rahmen des TRIPS-Abkommens und des GATS auszusetzen, also eine CrossRetaliation vorzunehmen. Allerdings hielt es fest, dass die Voraussetzungen dafür dann gegeben wären, wenn bei gewissen Produkten der Anteil an Importen aus den USA gemessen an der brasilianischen Gesamtimportsumme den Schwellenwert von 20 % überschreiten würde.

Überprüfung nationaler Handelspolitiken Im Rahmen der WTO wurden die Handelspolitiken von siebzehn Mitgliedern (darunter Brasilien, Chile, die EU, Japan, Neuseeland und SACU17) überprüft. Dieser Prüfmechanismus (Trade Policy Review Mechanism) zielt darauf ab, die Handelspolitiken einzelner Mitglieder zu beleuchten, indem er Mitgliedern die Möglichkeit gibt, im Rahmen eines offenen und kritischen Dialogs Fragen zu stellen. Damit wird das multilaterale System der WTO gestärkt. In diesem Rahmen hat z.B. die Schweiz kritische Fragen an Brasilien in Bezug auf die Komplexität dessen Steuersystems,
Dienstleistungen, sowie über geistiges Eigentum oder über die Industriesubventionen in der EU stellen können. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen werden veröffentlicht, womit politischer Druck auf die entsprechenden Länder ausgeübt wird, nötige Reformen einzuleiten. Zum Abschluss des Verfahrens werden dem überprüften Land Empfehlungen gemacht. Diese Empfehlungen sind allerdings im Gegensatz zu anderen Instrumenten der WTO nicht rechtsverbindlich und können daher auch nicht den Streitbeilegungsorganen der WTO zur Überprüfung unterbreitet werden. Im Jahr 2010 werden namentlich die nationalen Handelspolitiken von China, Hong Kong-China, Chinesisch Taipei, Malaysia und der USA überprüft werden.

17

522

Die Mitglieder der südafrikanischen Zollunion (Southern African Customs Union) sind Botswana, Lesotho, Namibien, Südafrika und Swaziland.

2.2

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Die Schweiz hat in Bezug auf Ihre Beziehung mit der OECD ein bewegtes Jahr hinter sich. Ende 2008 und während der ersten Monate dieses Jahres drückten die Schweizer Behörden mehrmals ihre Unzufriedenheit darüber aus, wie die OECD Steuerinformationen an die G20 weitergeleitet hatte, ohne die betroffenen Mitgliedsstaaten vorgängig zu informieren. Diese mangelhafte interne Gouvernanz der OECD hat das Vertrauensverhältnis zwischen der Schweiz und der Organisation beeinträchtigt. Die Zusicherung des OECD-Generalsekretärs, in Zukunft eine respektvollere Politik gegenüber den Mitgliedsstaaten zu betreiben, hat es in der Folge erlaubt, wieder an frühere gute Beziehungen anzuknüpfen.

Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise verabschiedeten die OECD-Mitglieder zusammen mit den Beitrittskandidaten an der Ministerratssitzung «Schlussfolgerungen» und eine «Erklärung über grünes Wachstum» (letztere ohne Zustimmung Russlands). Die beiden sektoriellen Ministerkonferenzen über die Regionalpolitik und die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik widmeten sich ebenfalls der aktuellen Krise und ihrer Bewältigung.

2.2.1

Die Verschlechterung der institutionellen Beziehung zwischen der Schweiz und der OECD

Die institutionelle Beziehung zwischen der Schweiz und der OECD verschlechterte sich aufgrund der schwachen Kommunikationspolitik der OECD im Zusammenhang mit Steuerfragen. Bereits im Oktober 2008 übten die wichtigsten Wirtschaftspartner beträchtlichen Druck auf die Schweiz aus. Sie verlangten von der Schweiz, auf der Suche nach neuen Finanzierungsquellen, eine grössere Transparenz und eine engere internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich. Ende Oktober 2008 luden die deutsche und französische Regierung in Paris zu einer informellen Sitzung zum Thema Steuerhinterziehung und ­betrug ein. Die Teilnehmer forderten die Schweiz, die nicht an dieser Konferenz teilnahm, explizit dazu auf, den OECD-Standard über den Informationsaustausch in Steuerfragen zu übernehmen. Die Schweiz kritisierte die Teilnahme des OECD-Generalsekretärs an der Pressekonferenz dieser informellen Sitzung. Im Frühling nahm sich die G20 des Steuerdossiers an und stützte sich dabei auf Arbeiten der OECD. Die OECD legte am 2. April auf Anfrage der G20 einen Bericht über Finanzzentren vor, der die Fortschritte der Länder in einer Liste bewertete. Dieser Bericht war vom Globalen Forum für Steuerfragen (vgl.

Ziff. 6.4.1) erstellt worden, einem Organ ausserhalb der OECD, in dem die Schweiz nicht mitarbeitete. Die Schweiz wurde darin als «Finanzzentrum, welches den OECD-Standard in Steuerfragen angenommen, aber noch nicht substanziell umgesetzt hat,» aufgelistet. Das dabei angewandte Kriterium war die Anzahl abgeschlossener Abkommen (12) zum Informationsaustausch in Steuerfragen, die dem OECDMusterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung entsprechen (vgl.

Ziff. 6.4.2). Die Schweiz drückte dem Generalsekretär ihre tiefe Missbilligung über die Art und Weise aus, wie dieser Bericht erstellt worden war und anschliessend an die G20 weitergeleitet wurde, ohne dass die OECD-Mitgliedsstaaten im Voraus 523

konsultiert oder informiert worden wären. In der Folge verpflichtete sich der Generalsekretär, Mitgliedstaaten in Zukunft in heiklen Angelegenheiten im Voraus zu informieren. Die Vorbereitung der OECD-Beiträge für den G20-Gipfel in Pittsburgh verlief entsprechend gut und entsprach der neuen Kommunikationspolitik. Die Schweiz wird die Einhaltung dieser Politik verfolgen. Des Weiteren hat die OECD von der G20 Mandate erhalten (Energiesicherheit, Klimaveränderung, Steuerwesen, Korruptionsbekämpfung, Effizienz der Entwicklungshilfe und Handelshilfe).

2.2.2

OECD-Ministerratssitzung

Die OECD-Ministerratssitzung fand am 24./25. Juni in Paris unter koreanischem Vorsitz statt und trug den Titel «Die Krise und ihre Überwindung ­ Für eine stärkere, sauberere, gerechtere Wirtschaft». Unter diesem Motto diskutierten die Minister der Mitgliedsländer, der fünf Beitrittskandidaten (Chile, Estland, Israel, Russland und Slowenien) sowie der fünf Länder, mit denen eine verstärkte Zusammenarbeit besteht (Südafrika, Brasilien, China, Indien und Indonesien) wie auf die Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert werden soll. Als Diskussionsgrundlage dienten den Ministern die Empfehlungen der «Strategischen Antwort der OECD auf die Finanz- und Wirtschaftskrise». In den «Schlussfolgerungen» engagierten sich die OECD-Mitglieder und die Beitrittskandidaten dafür, ihre Märkte offen zu halten und eine nachhaltige und transparente Wirtschaftspolitik zu führen. Ausserdem verabschiedeten die Teilnehmer (mit Ausnahme Russlands) eine «Erklärung über grünes Wachstum» («green growth»), in der sie festhielten, dass die Krise keine Entschuldigung dafür sein dürfe, Klima- und Umweltmassnahmen zu verschieben oder zu verringern (vgl. Ziff. 1.4.2).

Die aktuelle Wirtschaftskrise und die neue aktive Rolle der G20 hat die globale Machtverschiebung Richtung Asien und die neue Rolle der Schwellenländer bekräftigt und beschleunigt. Damit stellt sich auch die Frage der Bedeutung und der zukünftigen Rolle der OECD. Durch die verstärkte Zusammenarbeit mit Südafrika, Brasilien, China, Indien und Indonesien versucht die OECD diese globale Relevanz zurückzugewinnen. Im Rahmen des Beitrittsprozesses reichte Russland sein Beitrittsmemorandum ein. Die Überprüfung der restlichen vier Beitrittskandidaten ist bereits weit fortgeschritten und wird voraussichtlich in der ersten Hälfte 2010 abgeschlossen werden.

2.2.3

Sektorielle Ministerkonferenzen

Die OECD-Ministerkonferenz über die Regionalpolitik mit dem Titel «Investing for Growth: Building Innovative Regions» fand im März statt. Die Diskussion unter Ministern war stark geprägt von der Frage, wie die Regionalpolitik dazu beitragen kann, die Wirtschaftskrise zu bewältigen. Dabei wurde davor gewarnt, dass Staaten nicht in das alte Paradigma der Regionalpolitik mit sektoralen Staatshilfen und protektionistischen Massnahmen zurückfallen, sondern die regionale Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken sollen. Investitionen sollten dort getätigt werden, wo sie langfristig Produktivität und Wachstum steigern, insbesondere in den Bereichen Innovation und «grüne Entwicklung».

524

An der Arbeitsministerkonferenz der OECD vom 28./29. September wiesen die OECD-Minister darauf hin, dass umfassende arbeits- und sozialpolitische Massnahmen nötig sind, um die Beschäftigungskrise zu bewältigen und die Rückkehr zu einem kräftigen Wirtschaftswachstum zu fördern. Sie forderten die OECD auf, die Folgen der Krise im Hinblick auf ihre neubewertete Beschäftigungsstrategie zu beurteilen. Die Schweiz betonte die wichtige Rolle der Arbeitslosenversicherung als automatischer Stabilisator.

2.2.4

OECD Peer Reviews der Schweiz

Der Bericht über die Prüfung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit lobt die Schweiz für ihre Zusammenarbeit im multilateralen Bereich (Fokussierung auf wenige Partner, Grossteil der Beiträge an das zentrale Budget der Organisationen, mehrjährige Verpflichtungen) sowie ihr Engagement in der humanitären Hilfe. Als besondere Herausforderungen für die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit nannte die OECD u.a. eine bessere Kohärenz der Politiken, die bessere Verankerung der Bekämpfung der Armut als übergeordnetes Ziel, eine weitere geografische und thematische Konzentration und eine Umsetzung der Erklärung von Paris (Aid Effectiveness Agenda). Die peer reviews über die Entwicklungszusammenarbeit finden ungefähr alle vier Jahre statt.

Am 22. Oktober fand die peer review der Schweizer Wirtschaftspolitik statt, die alle zwei Jahre durchgeführt wird. Die OECD unterstrich, dass die Schweiz ­ u.a. dank einem resistenten nationalen Kreditmarkt und weniger konjunkturanfälligen Exportgütern der Wirtschaftskrise besser standgehalten hat als andere OECD-Mitgliedsstaaten. Dennoch stellte die OECD wie bereits im letzten Wirtschaftsbericht 2007 auch dieses Jahr fest, dass die Schweiz im OECD-Schnitt eine tiefe Produktivität pro Arbeitsstunde aufweist. Sie empfiehlt deshalb, die Produktivität durch Reformen u.a. im Bildungssektor (erleichterter Zugang zu tertiärer Bildung, Frühförderung) zu erhöhen. Im Finanzsektor seien, angesichts des systemischen Risikos, das von den beiden Schweizer Grossbanken ausgehe, eine angemessene Kapitalausstattung und die Einführung einer Verschuldungsgrenze besonders wichtig.

2.3

Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD)

Im Zentrum der Aktivitäten der UNCTAD standen die Diskussionen rund um die Effekte der internationalen Finanzkrise und des Klimawandels auf die Entwicklungsländer. Seitens der Schweiz wurden insbesondere die Programme und Arbeiten in den Bereichen Wettbewerb, Konsumentenschutz, Biodiversität und Investitionen weiter unterstützt.

Die UNCTAD mit Sitz in Genf hat zum Ziel, die Entwicklungsländer über eine Stärkung des Handels in die Weltwirtschaft zu integrieren. Sie trägt innerhalb des UNO-Systems die Hauptverantwortung für die umfassende Behandlung von Fragen auf dem Gebiet von Handel und Entwicklung. Als höchstes Entscheidungsgremium 525

der UNCTAD findet alle vier Jahre eine Konferenz auf Ministerebene statt, an der die Prioritäten und die Aktionsprinzipien der Organisation festgelegt werden.

Nebst den geplanten Umsetzungsarbeiten des «Accra Accord», welcher aus der zwölften Ministerkonferenz in Ghana im April 2008 hervorging, standen im Berichtsjahr die Diskussionen um die Effekte der internationalen Finanzkrise und des Klimawandels auf die Entwicklungsländer im Zentrum der Debatte. Im Bereich des Klimawandels setzte sich die Schweiz in erster Linie für eine Stärkung der lokalen Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern ein, um einen gezielten Umwelttechnologietransfer zu ermöglichen.

Im Berichtsjahr wurden zwei von der Schweiz unterstützte Programme ausgeweitet: COMPAL18 zur Stärkung der Wettbewerbspolitik und des Konsumentenschutzes in Lateinamerika sowie das globale BioTrade Facilitation Programme (BTFB). Letzteres trägt über den Handel von Biodiversitätsprodukten zur nachhaltigen Nutzung von natürlichen Ressourcen und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei. Im Investitionsbereich beteiligt sich die Schweiz an Arbeiten, die Entwicklungs- und Transitionsländer befähigen sollen, Investitionsabkommen auszuhandeln und die in solchen Abkommen vorgesehenen Streitbeilegungsverfahren mit privaten Investoren korrekt durchzuführen. Spezielle Aufmerksamkeit erhielt schliesslich die verstärkte Koordination unter den verschiedenen handelsrelevanten UN-Sonderorganisationen im Rahmen des UN-Interagency Cluster on Trade and Productive Sectors. Die Schweiz unterstützt dabei ausgewählte ärmste Entwicklungsländer in den kommenden vier Jahren mit einem koordinierten Programm bei der Integration in den Weltmarkt.

2.4

Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO)

Das von der Schweiz aktiv mitgestaltete globale «Programm zur ressourceneffizienten und sauberen Produktion» ­ ein gemeinsames Finanzierungsgefäss für die Förderung umweltfreundlicher Produktionsweisen und des Transfers von Umwelttechnologien ­ ermöglicht eine harmonisierte und effiziente Zusammenarbeit von UNIDO, United Nations Environment Programme (UNEP) und den bilateralen Gebern auf diesem Gebiet. Anlässlich der Jahreskonferenz der Cleaner Production Centers vom Oktober in Luzern wurde die Charta zur Umsetzung des Programmes verabschiedet.

Die UNIDO mit Sitz in Wien hat die Förderung der nachhaltigen industriellen Entwicklung in Entwicklungs- und Transitionsländern zum Ziel. Die UNIDO gehört zu den Umsetzungsorganisationen für das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht und für die Globale Umweltfazilität. Die Schweiz hat einen Sitz im Steuerungsausschuss (Industrial Development Board) sowie im Programm- und

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526

Fortalecimiento de Instituciones y Capacidades en el área de la competencia y protección del consumidor en America Latina.

Budgetausschuss (Programme and Budget Committee). Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Gebern der UNIDO und arbeitet eng mit der UNIDO zusammen, um die Einführung von umwelteffizienten und sozial nachhaltigen Produktionsmethoden in Entwicklungs- und Transitionsländern (durch Cleaner Production Centers) zu fördern. In Form des von der Schweiz massgeblich mitgestalteten «Resource Efficient and Cleaner Production Program» wurde ein gemeinsames Finanzierungsgefäss für alle Geber geschaffen, unter dem die Cleaner Production Centers gemeinsam Themen angehen und Wissen austauschen, u.a. über Energieeffizienz und Abfallnutzung (z.B. Biogas), nachhaltiger Umgang mit Chemikalien (chemical leasing) oder spezialisierte Finanzierungslinien für Umweltinvestitionen. Die Charta zur Umsetzung des Programms wurde anlässlich der Jahreskonferenz der Cleaner Production Centers vom 20. bis 23. Oktober in Luzern im Beisein des Generaldirektors der UNIDO verabschiedet. Mit Tunesien wurde zusätzlich ein Cleaner Production Programm vereinbart, welches sich vor allem auf die Agroindustrie und lokale Hotellerie konzentrieren wird. Ausserdem hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit der UNIDO ein Programm zur Verbesserung der industriellen Energieeffizienz mit Südafrika gestartet, welches sich am neuen Standard ISO 50001 (Energiemanagement) orientieren wird.

Ferner unterstützt die Schweiz Programme zur Stärkung der Kapazitäten von Entwicklungsländern im Bereich der Standardisierungsbehörden, Industrienormen und Konformitätsnachweise. Eine umfassende Sektorevaluation sämtlicher entsprechender Programme wurde im Laufe des Berichtsjahres durchgeführt und ein Umsetzungsplan der Evaluationsempfehlungen mit der Schweiz, Norwegen und der EU verabschiedet.

Anlässlich der Generalkonferenz im Dezember in Wien wurde der aktuelle Generaldirektor, Kandeh Yumkella aus Sierra Leone, für eine weitere Amtsperiode von fünf Jahren wiedergewählt.

3

Europäische Wirtschaftsintegration EU/EFTA Für die Schweiz sind die Wirtschaftsbeziehungen mit der EU von überragender Bedeutung. Rechtliche Basis dafür bildet das Freihandelsabkommen von 1972 (FHA 1972) sowie die 16 Abkommen der Bilateralen I und II mit der EU.

Das Berichtsjahr war geprägt von der weiteren Konsolidierung der Abkommen mit der EU sowie von Gesprächen in neuen Themenbereichen. Von besonderer Bedeutung sind die Annahme der Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens und dessen Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien in der Volksabstimmung vom 8. Februar, die Unterzeichnung des Abkommens über Zollerleichterungen und Zollsicherheit im Juni sowie die Paraphierung des Abkommens zur Teilnahme an den EU-Programmen «Jugend in Aktion» und «Lebenslanges Lernen» 2007­2013 im August. Unter den neuen Themen sind vor allem die Fortsetzung der Verhandlungen im Agrar-, Lebensmittel-, Produktesicherheits- und Gesundheitsbereich sowie die Verhandlungen im Elektrizitätsbereich erwähnenswert.

Ebenfalls von Bedeutung sind die exploratorischen Gespräche über Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit im Bereich Chemi-

527

kalien (REACH). Differenzen zwischen der EU und der Schweiz bestehen nach wie vor bezüglich der Vereinbarkeit von kantonalen Steuerbestimmungen mit dem FHA 1972.

3.1

Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU

Die EU mit ihren 27 Mitgliedstaaten bzw. der EWR-Raum (EU plus die drei EFTAStaaten Island, Liechtenstein, Norwegen) sind für die Schweiz die bei weitem wichtigsten Import- und Exportpartner. Die Schweiz wickelte im Jahre 2008 81,4 % ihrer Warenimporte und 62,5 % ihrer Warenexporte mit dieser Region ab. Die EU- bzw.

die EWR-Staaten nehmen auch als Partner im internationalen Dienstleistungsverkehr und bei den Direktinvestitionen eine dominierende Stellung ein.

Die Beziehungen der Schweiz mit diesem rund 500 Millionen Einwohner umfassenden Wirtschaftsraum beruhen einerseits auf den bilateralen Abkommen mit der EU ­ namentlich dem Freihandelsabkommen von 1972 (FHA 1972, SR 0.632.401), den sieben sektoriellen Abkommen («Bilaterale I»19) von 1999 und den neun sektoriellen Abkommen («Bilaterale II»20) von 2004 ­ und andererseits auf dem EFTAÜbereinkommen.

Ende Oktober hat der Bundesrat seine europapolitische Strategie bestätigt: Hauptpriorität stellt die vollständige Umsetzung aller mit der EU abgeschlossenen bilateralen Abkommen dar. Dies umfasst nicht nur das Inkrafttreten aller Abkommen, die noch nicht in Kraft sind (wie das Betrugsbekämpfungsabkommen), sondern auch die Anpassung, die Erneuerung, die Ausdehnung oder die Weiterentwicklung der bestehenden Abkommen.

Der Bundesrat will überdies die Beziehungen mit der EU weiter ausbauen und zu diesem Zweck zusätzliche Abkommen in neuen Bereichen von gemeinsamem Interesse abschliessen. Er hat diesbezüglich verschiedene Themen identifiziert, bei denen sowohl die Schweiz als auch die EU an einer vertraglichen Regelung interessiert sind. Verhandlungen laufen zur Elektrizität, sowie in den Bereichen Agrar, Lebensmittel-, Produktesicherheit und Gesundheit. Verhandlungen über die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme der Schweiz und der EU, die Beteiligung der Schweiz am Satellitennavigationssystem Galileo, die Zusammenarbeit im Bereich Chemikalien (REACH) sowie die Zusammenarbeit mit der Europäischen Verteidigungsagentur und die Erleichterung der Beteiligung an Friedensförderungseinsätzen der EU sind in Vorbereitung.

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20

528

Abkommen über die Personenfreizügigkeit (SR 0.142.112.681), Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.172.052.68), Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (SR 0.946.526.81), Agrarabkommen (SR 0.916.026.81), Luftverkehrsabkommen (SR 0.748.127.192.68), Landverkehrsabkommen (SR 0.740.72), Forschungsabkommen (SR 0.420.513.1).

Abkommen über die Assoziierung an Schengen/Dublin (SR 0.362.31), Zinsbesteuerungsabkommen (SR 0.641.926.81), Betrugsbekämpfungsabkommen (SR 0.351.926.81), Abkommen über landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse (SR 0.632.401.23), Umweltabkommen (SR 0.814.092.681), Statistikabkommen (SR 0.431.026.81), Abkommen über die Beteiligung am Programm MEDIA 2007 (SR 0.784.405.226.8), Bildungsabkommen (Bundesblatt Nr. 39 vom 29. September 2009, S. 6279; Abkommen ist noch nicht genehmigt), Doppelbesteuerungsabkommen (SR 0.672.926.81).

Bei der Pflege von bestehenden und der Aushandlung von neuen Abkommen ist seitens der EU ein verstärkter Druck in Richtung Übernahme des EU-Acquis durch die Schweiz festzustellen. Dies betrifft auch die Entwicklung des relevanten rechtlichen Besitzstands im Deckungsbereich der bestehenden Abkommen, der gemäss der EU-Kommission möglichst umfassend und verzugslos umgesetzt werden soll.

Diese Tendenz stellt für unser souveränes Land mit seinen eigenen Genehmigungsverfahren zunehmend eine Herausforderung dar. Für den Bundesrat ist dabei klar, dass jede automatische Übernahme von Acquis ausgeschlossen ist. Wenn sich die Schweiz verpflichtet, den relevanten rechtlichen Besitzstand zu übernehmen, braucht es im Gegenzug eine adäquate Beteiligung am Entscheidungsprozess der EU. Falls es der Schweiz nicht möglich ist, im Deckungsbereich eines Abkommens eingetretene relevante Entwicklung des Acquis umzusetzen, so kann die EU Massnahmen zur Wahrung des Gleichgewichts von Rechten und Pflichten vorsehen, die bis zur Aussetzung des Abkommens gehen können. Solche Massnahmen müssen aber bezogen auf das Gleichgewicht von Rechten und Pflichten in einem Abkommen verhältnismässig sein.

Der Bundesrat wird in Erfüllung des Postulats 09.3560 im Verlauf von 2010 die europapolitischen Instrumente evaluieren.

3.1.1

Umsetzung und Anpassung der bestehenden bilateralen Abkommen

Die Sicherung des Bestandes an bilateralen Vereinbarungen mit der EU ist für den Bundesrat oberstes Ziel der Europapolitik. Entsprechend war die Abstimmung vom 8. Februar über die Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens (FZA, SR 0.142.112.681) und dessen Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien von grundlegender Bedeutung, zumal der Vertrag einen unmittelbaren juristischen (Bilaterale I) und sachlogischen (Schengen) Zusammenhang mit anderen Abkommen aufweist und demzufolge europapolitisch betrachtet als Voraussetzung für den bilateralen Weg als Ganzes zu werten ist. Die Vorlage wurde schliesslich mit einem deutlichen Mehr von 59,6 % vom Stimmvolk angenommen. In Bezug auf die anstehenden Aktualisierungen der Anhänge II (Koordination Sozialversicherungssysteme) und III (Diplomanerkennung) wurden im Berichtsjahr zudem die Arbeiten auf Expertenebene weitergeführt. Die internen Genehmigungsverfahren zu den beiden Vertragsanpassungen sollen im nächsten Jahr erfolgen.

In der Wintersession 2007 hatten die Eidgenössischen Räte die Genehmigung des Abkommens über die Teilnahme der Schweiz am EG-Programm MEDIA für die Jahre 2007­2013 zurückgestellt und dem Bundesrat den Auftrag erteilt, eine Regelung betreffend ausländische Werbefenster zu erarbeiten, welche den medienpolitischen Interessen der Schweiz besser entspricht. Die Schweiz hat mit der Europäischen Kommission eine Lösung gefunden, welche die Problematik entschärft.

Der Bundesrat hat diese Lösung im Frühjahr den Eidgenössischen Räten unterbreitet. Sie sieht eine Änderung des Anhangs I des Abkommens (Schlichtungsmechanismus) sowie als innerstaatliche Folge eine Anpassung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (SR 784.40) vor, mit welcher in allen Programmen für schwach alkoholische Getränke Werbung erlaubt wird. Während die Beteiligung am MEDIA-Abkommen und ihre Finanzierung weitgehend unbestritten blieben, führte diese Anpassung des Radio- und Fernsehgesetzes zu Divergenzen zwischen den 529

Ratskammern. Nach intensiven Debatten stimmten die Räte dem Antrag des Bundesrates schliesslich am 25. September zu. Damit sollte dem Inkrafttreten des Abkommens auf Anfang 2010 kein Hindernis mehr entgegenstehen.

Das 2005 in Kraft getretene Zinsbesteuerungsabkommen (SR 641.91) wird weiterhin vertragsgemäss umgesetzt. Die bislang gemachten Erfahrungen zeigen, dass das Abkommen gut funktioniert. Der an die EU-Mitgliedstaaten überwiesene Nettoertrag aus dem Steuerrückbehalt auf den Zinserträgen von EU-Steuerpflichtigen in der Schweiz belief sich 2008 auf 553,8 Millionen Franken. Zudem gingen 2008 an die 43 000 Meldungen von EU-Steuerpflichtigen ein, die ihre Behörden freiwillig über die für sie bestimmten Zinszahlungen informieren liessen. Auf Wunsch der EU wurden im Herbst Konsultationen im Hinblick auf eine Prüfung des technischen Funktionierens sowie eine eventuelle technische Anpassung des Abkommens eingeleitet. Die EU berät seit Herbst 2008 über eine Revision der EU-internen Zinsbesteuerungsrichtlinie. Noch gibt es unter den Mitgliedstaaten keine Einigung in Bezug auf die vorgeschlagenen Änderungen, die auf eine Verminderung von Umgehungsmöglichkeiten abzielen.

Seit dem 12. Dezember 2008 beteiligt sich die Schweiz operationell an den Schengen- und Dublinabkommen (im Bereich der Flughäfen erfolgte die Umstellung auf das Schengener Grenzregime mit dem Flugplanwechsel vom 29. März). Die ersten Erfahrungen sind durchwegs positiv: so haben sich insbesondere die Fahndungsdatenbank SIS und die Fingerabdruck-Datenbank Eurodac (im Rahmen von «Dublin») als effiziente zusätzliche Arbeitsinstrumente für die Schweizer Behörden erwiesen.

Im Rahmen von «Schengen» hat die Schweiz zudem das Recht erworben, sich aktiv an der Ausarbeitung neuer Rechtsakte und Massnahmen zur Weiterentwicklung des Rechtsbesitzstands zu beteiligen («decision shaping»). Der Schengen-Acquis entwickelt sich laufend: seit der Unterzeichnung des Schengen-Assoziierungsabkommens (SR 0.362.31) im Oktober 2004 hat die EU der Schweiz 92 Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands notifiziert (Stand: 5. November). Die Übernahme von 21 dieser Weiterentwicklungen muss durch das Parlament genehmigt werden. Dazu gehören unter anderem das Visa-Informationssystem (VIS), der Aussengrenzenfonds, die Rückführungsrichtlinie und die geänderte
Waffenrichtlinie. Gegen die Übernahme und Umsetzung einer dieser Schengen-Weiterentwicklungen, die Einführung von biometrischen Pässen, kam das Referendum zustande: mit 50,1 % Ja-Stimmen wurde die Vorlage am 17. Mai gutgeheissen.

Auch der Dublin-Besitzstand entwickelt sich weiter. Wie im Dublin-Assoziierungsabkommen (SR 0.142.392.68) vorgesehen, kann sich die Schweiz im Rahmen des Gemischten Dublin-Ausschusses aktiv an der Ausarbeitung dieser neuen Rechtsakte beteiligen; zu diesem Zweck fand am 8. Juni der erste Gemischte Dublin-Ausschuss EG-Schweiz/Liechtenstein statt.

Am Treffen des Gemischten Ausschusses zum Abkommen betreffend das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422) vom 23. April wurde die Revision des Abkommens zum öffentlichen Beschaffungswesen der WTO und das überarbeitete Angebot der Schweiz vom 7. November 2008 diskutiert (vgl. Ziff. 5.7). Für die anstehenden Änderungen der Anhänge des bilateralen Abkommens ist vorgesehen, dass diese zusammen mit den Anpassungen im Zusammenhang mit den zwei Erweiterungen der EU von 2004 und 2007 durchgeführt werden.

Die seit längerem andauernden Verhandlungen mit der EU-Kommission um die Ergänzung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitäts530

bewertungen (MRA, SR 0.946.526.81) konnte nicht wie geplant per Ende 2009 abgeschlossen werden. Jedoch konnte eine Ergänzung um ein neues Kapitel (Aufzüge), sowie die Aktualisierung eines bestehenden Kapitels (Maschinen) vorgenommen werden. Der entsprechende Beschluss des Gemischten Ausschusses steht bei Redaktionsschluss vor der Unterzeichnung. Die Verhandlungen über die Ergänzung um ein weiteres Kapitel (Biozidprodukte) sowie über die Aktualisierung eines anderen bestehenden Kapitels (Motorfahrzeuge) werden Anfang 2010 fortgesetzt.

Insbesondere haben die Diskussionen über die institutionellen Bestimmungen (Teilnahme der Schweiz an Komitees der EU, Frage der Rechtsentwicklung) die einen Abschluss der Verhandlungen verzögert (vgl. Ziff. 5.2).

Die Verhandlungen über das neue Abkommen über Zollerleichterungen und Zollsicherheit wurden abgeschlossen. Das neue Abkommen wurde am 25. Juni unterzeichnet und wird seit dem 1. Juli vorläufig angewendet. Es wird das Abkommen von 1990 über die Erleichterung der Kontrollen und Formalitäten im Güterverkehr (SR 0.631.242.05) ersetzen. Der Bundesrat hat das Abkommen am 27. November zur Genehmigung an die Eidgenössischen Räte überwiesen. Dank dem Abschluss dieses Abkommens muss im Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU keine Vorab-Anmeldung (24-Stunden-Regel) durchgeführt werden, jedoch übernimmt die Schweiz hinsichtlich Warensendungen aus und nach Drittstaaten ein zur EU analoges Sicherheitssystem. Die institutionellen Bestimmungen des Abkommens (Methode zur Übernahme des relevanten zukünftigen EU-Rechts und die Art der Teilnahme der Schweiz in den EU-Gremien zur Weiterentwicklung dieses Rechts sowie die Folgen eines möglichen Auseinanderklaffens der Regeln der Zollsicherheit) sind ausgewogen und zweckmässig.

Mittels Beschluss des Gemischten Ausschusses zum Veterinäranhang des Agrarabkommens Schweiz-EG (SR 0.916.026.81) vom Vorjahr wurden die Veterinärgrenzkontrollen zwischen der Schweiz und der EU auf den 1. Januar abgeschafft. Damit funktioniert der Handel mit der EU mit Tieren und tierischen Produkten, wie z.B.

Fleisch oder Käse, weitgehend ohne Probleme. Eine weitere Anpassung des Agrarabkommens wurde am 6. Mai vom Bundesrat genehmigt und ist am 1. Juni in Kraft getreten. Sie betrifft den Artikel 11 (die Kompetenzen des Gemischten Agrarausschusses
werden ausgeweitet) sowie die Anhänge 4­921. Der Grundsatzentscheid des Gemischten Ausschusses zum Agrarabkommen vom 19. November ermöglichte eine Revidierung des Anhangs 7 des Abkommens. Damit wird eine Lösung für die Herkunftsbezeichnungen für Wein von Trauben aus den Genfer Freizonen gefunden.

Am Treffen des Gemischten Ausschusses zum FHA 1972 vom 2. Dezember 2009 nahm der Ausschuss von zwei Beschlüssen Kenntnis, die er im Berichtsjahr im schriftlichen Verfahren getroffen hatte. Dabei handelt es sich einerseits um eine Anpassung der Tabellen III und IV des Protokolls Nr. 2 über landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte per 1. Februar 2009, sowie um die Anpassung des Protokolls Nr. 3 über die gemeinsamen Ursprungsregeln, das u.a. an das Harmonisierte System der Zollnomenklatur von 2007 angepasst wurde. Daneben hat der Gemischte Ausschuss verschiedene Themen im Warenverkehrs- und Fiskalbereich diskutiert. Beide Seiten stellten fest, dass das Abkommen insgesamt gut funktioniert.

21

Pflanzenschutz (Anhang 4); Futtermittel (Anhang 5); Saatgutsektor (Anhang 6); betreff.

den Handel mit Weinbauerzeugnissen (Anhang 7); über die gegenseitige Anerkennung und den Schutz der Bezeichnungen im Sektor Spirituosen und aromatisierte weinhaltige Getränke (Anhang 8); Anerkennung der Kontrolle der Konformität mit den Vermarktungsnormen für frisches Obst und Gemüse (Anhang 9).

531

3.1.2

Neue Themen im bilateralen Verhältnis

Seit Beginn des bilateralen Weges wünschte die Schweiz die bis 1995 existierende, aber aufgrund des EWR-Neins nicht verlängerte, vertragliche Assoziation an die europäischen Programme in den Bereichen Bildung, Berufsbildung und Jugend zu erneuern. Dieses Ziel konnte im Rahmen der Bilateralen I aufgrund der Vielzahl an Verhandlungsdossiers nicht erreicht werden. Auch bei der Aushandlung der Bilateralen II kam es zu keinem Vertragsabschluss in diesem Dossier aufgrund der juristischen Unmöglichkeit, sich an die bereits laufende Programmgeneration zu assoziieren. Gleichwohl bekundeten die Schweiz und die EU in Form eines ­ in den Bilateralen II enthaltenen ­ Schriftenwechsels ihre Absicht, die Assoziation im Hinblick auf die nächste Programmgeneration zu verwirklichen. Die entsprechenden Verhandlungen konnten nach einer verzögerten Genehmigung des EU-seitigen Verhandlungsmandats am 9. April 2008 aufgenommen werden und wurden am 6. August 2009 mit der Paraphierung des Vertragstextes abgeschlossen. Die Unterzeichnung findet voraussichtlich Anfang 2010 statt. Der Vertrag wird es schweizerischen Studierenden, Lehrenden und Forschungsakteuren ermöglichen, gleichberechtigt an sämtlichen Aktivitäten der Programme «Lebenslanges Lernen» und «Jugend in Aktion» teilzunehmen und selber Projekte zu initiieren. Die Schweiz erhält zudem Zugang zu den einschlägigen Programmgremien und wird umfassend in den Informationsfluss einbezogen. Zur internen Umsetzung der Teilnahme wird eine sogenannte «nationale Agentur» eingerichtet. Die offizielle Teilnahme soll nach erfolgter parlamentarischer Genehmigung und Einrichtung der Agentur voraussichtlich 2011 beginnen.

Die zunehmende Komplexität der Beziehungen zwischen der Schweiz und ihrer europäischen Nachbarschaft vor dem Hintergrund einer rasant fortschreitenden Globalisierung erfordert einen kontinuierlichen Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit auf weiteren Gebieten. Je nach Art des Themas und der Interessenlage werden differenzierte Formen einer möglichen künftigen Kooperation angestrebt. Im Berichtsjahr standen folgende neue Themen im Vordergrund: Elektrizität Ziel eines Elektrizitätsabkommens zwischen der Schweiz und der EG ist es, Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel und den Marktzugang festzulegen und damit zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit
beizutragen. Die Ende 2007 aufgenommenen Verhandlungen wurden im Berichtsjahr fortgesetzt. Dabei wurde insbesondere an einer Lösung für die Frage der langfristigen Stromlieferverträge mit Frankreich gearbeitet, die heute beim Netzzugang bevorzugt behandelt werden. Für die Schweiz stehen diesbezüglich vor allem der Schutz bestehender Investitionen und die Versorgungssicherheit im Vordergrund. Aufgrund der Verabschiedung des dritten Liberalisierungspakets für den Energiebinnenmarkt in der EU Ende Juni wurde in der zweiten Jahreshälfte zudem eine Anpassung des Schweizer Verhandlungsmandats vorbereitet.

Landwirtschaft, Lebensmittel, Produktesicherheit und öffentliche Gesundheit Das Mandat umfasst folgende vier Verhandlungsbereiche: Marktzugang im Agrarund Lebensmittelbereich, Lebensmittelsicherheit, allgemeine Produktesicherheit sowie öffentliche Gesundheit. Die Verhandlungen wurden am 4. November 2008 durch Bundesrätin Doris Leuthard und EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel 532

eröffnet. Bisher fanden über alle vier Pfeiler drei umfassende Verhandlungsrunden des auszuhandelnden Abkommens sowie zahlreiche technische Expertengespräche statt.

Damit eine breite Marktöffnung im Agrar- und Lebensmittelbereich eine positive Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft entfalten kann, muss sie alle Stufen der ernährungswirtschaftlichen Produktionskette einbeziehen (Landwirtschaft sowie vor- und nachgelagerte Sektoren) und sowohl tarifäre (Zölle, Zollkontingente, Exportsubventionen) als auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse abbauen. Die Schweiz setzt sich diesbezüglich auch für eine Lösung für den Marktzugang im Bereich der nicht-EU-weit harmonisierten Regeln ein.

Ein Abkommen im Agrar- und Lebensmittelbreich ginge folglich über eine reine Weiterentwicklung der bestehenden bilateralen Verträge im Agrarbereich (Agrarabkommen, Protokoll Nr. 2 zum FHA 1972; vgl. Ziff. 5.1) hinaus und würde klare Langzeitperspektiven für die Schweizer Landwirtschaft, die Verarbeitungsindustrie sowie Handel und Konsumenten bieten.

Diese Verhandlungen umfassen die Schweizer Teilnahme an zwei Agenturen: der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Europäischen Agentur für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), an drei Früh- und Schnellwarnsystemen zu übertragbaren Krankheiten, Lebens- und Futtermittel sowie Gebrauchsgegenständen und am EU-Aktionsprogramm im Bereich Gesundheit. Gesundheitsgefahren, wie z.B. die aktuelle H1N1 Pandemie, zeigen, dass ein Fehlen von vertraglich geregelter Zusammenarbeit mit der EU für beide Seiten nachteilig ist.

Kantonale Steuerbestimmungen Die Europäische Kommission hatte die Schweiz am 13. Februar 2007 über ihren einseitigen Entscheid informiert, gewisse Besteuerungsmodalitäten, welche die Kantone bei bestimmten Unternehmenstypen (Holding-, Verwaltungs- und gemischte Gesellschaften) aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben (Steuerharmonisierungsgesetz, SR 642.14) anwenden, als staatliche Beihilfe einzustufen. Nach Auffassung der Europäischen Kommission verfälschen diese Besteuerungsmodalitäten auf Stufe der Kantons- und Gemeindesteuern den Wettbewerb und beeinträchtigten den Warenhandel in einer Weise, die mit dem FHA 1972 nicht vereinbar ist.

Der Bundesrat hat den Vorwurf einer Verletzung des FHA
1972 konsequent zurückgewiesen und deshalb Verhandlungen abgelehnt, aber dennoch die Bereitschaft zum Dialog gezeigt. In der Zeit von November 2007 bis Mai 2009 fanden sieben Gesprächsrunden auf technischer Ebene statt, um die gegenseitigen Standpunkte auszutauschen und technische Aspekte zu vertiefen.

Zusammenarbeit im Chemikalienbereich (REACH und CLP) Am 1. Juni 2007 war in der EU eine neue Verordnung über Chemikalien (REACH) in Kraft getreten. REACH steht für Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals). Die Verordnung hat zum Ziel, die Verwendung von Chemikalien ­ insbesondere von Stoffen, die vor 1981 in Verkehr gesetzt wurden ­ für Arbeitnehmer, Konsumenten und die Umwelt sicherer zu machen. Zu diesem Zweck werden Hersteller im Sinne des Prinzips «no data, no market» verstärkt in 533

die Verantwortung genommen. Zudem wurden die Anforderungen an die Herstellung, Vermarktung und den Umgang mit Chemikalien durch das Inkrafttreten von REACH grundlegend geändert. Am 20. Januar ist überdies die Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung (Classification, Labelling and Packaging, kurz CLP) von Stoffen und Gemischen in Kraft getreten. Hauptziel der CLPVerordnung ist die Erleichterung des internationalen Handels mit chemischen Stoffen durch eine einheitliche Kennzeichnung.

Dadurch entstehen in einem bisher weitgehend harmonisierten Bereich neue Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EG. Die Schweizer Industrie ist dadurch besonders betroffen, da sie wechselseitig eng mit den EU-Produktionsketten verbunden ist, aber rechtlich nicht denselben Status wie ihre EU-Konkurrenten aufweist. Die systematische Beseitigung solcher Handelshemmnisse erfordert eine Zusammenarbeit der zuständigen Schweizer Behörde mit der durch REACH geschaffenen EU-Chemikalienagentur (ECHA). Am 29. Oktober 2008 hatte der Bundesrat deshalb beschlossen, mit der EU exploratorische Gespräche über eine Zusammenarbeit im Chemikalienbereich aufzunehmen. Bislang fanden drei Gesprächsrunden statt. Die beteiligten Ämter erstellen zurzeit einen Bericht über die Ergebnisse. Auf dessen Basis wird der Bundesrat Anfang 2010 über das weitere Vorgehen und die allfällige Aufnahme von Verhandlungen befinden.

Der Bundesrat hatte zur raschen Lösung der vordringlichen Handelsprobleme ausserdem Ende 2008 einen Dialog mit der Europäischen Kommission aufgenommen und sich für eine pragmatische Ausgestaltung der Vorschriften im Chemikalienbereich eingesetzt. Zudem wurde ein Schweizer Helpdesk für Anfragen von Schweizer Unternehmen zu REACH und CLP eingerichtet. Der Bundesrat hat im Berichtsjahr auch den Kontakt mit der betroffenen Wirtschaft intensiviert.

Emissionshandel Im Berichtsjahr wurden die exploratorischen Gespräche fortgesetzt, um die Möglichkeit einer Verknüpfung der Emissionshandelssysteme der Schweiz und der EU zu erörtern. Die Gespräche zeigen, dass eine Verknüpfung grundsätzlich möglich erscheint. Dazu müssten die Systeme der Schweiz und der EU aber ähnlich ausgestaltet sein, um Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Offizielle Verhandlungen könnten im 2010 aufgenommen werden, nachdem beide
Seiten ihre Verhandlungsmandate verabschiedet haben.

Teilnahme an den EU-Programmen zur globalen Satellitennavigation Die EU ist seit Ende der 1990er-Jahre zunehmend auf dem Gebiet der Raumfahrt tätig, wobei sich speziell bei der Satellitennavigation breite Entwicklungsmöglichkeiten ergeben. Die Schweiz strebt mit einem Abkommen mit der EU vorab aus technologie-, wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen eine umfassende Teilnahme an den EU-Programmen betreffend der globalen Satellitennavigation (Galileo und European Geostationary Navigation Overlay Service, EGNOS) an. Das schweizerische Verhandlungsmandat liegt nach Genehmigung durch den Bundesrat am 13. März sowie Konsultation der Aussenpolitischen Kommissionen seit Mitte Mai vor. Offizielle Verhandlungsgespräche werden nach Verabschiedung des EU-Mandates voraussichtlich Anfang 2010 aufgenommen.

534

3.1.3

Beitrag an die erweiterte EU

Die Unterzeichnung der bilateralen Rahmenabkommen mit den zehn neuen EUMitgliedstaaten (EU-10)22 am 20. Dezember 2007 in Bern hatte die Voraussetzung geschaffen, den Beitrag der Schweiz in Höhe von einer Milliarde Franken an die EU-10 umzusetzen. Diese Umsetzung wurde 2008 aufgenommen und im Berichtsjahr weiter intensiviert. Sie verläuft plangemäss (vgl. Ziff. 7.1.3), sodass die mit der Umsetzung betrauten Ämter, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), davon ausgehen, dass die Mittel wie vorgesehen bis Mitte 2012 verpflichtet werden können.

Die EU hatte ebenfalls darum ersucht, dass auch ihre neuen Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien mit einem entsprechenden Beitrag durch die Schweiz unterstützt würden. Der Bundesrat hat diesem Ersuchen stattgegeben und am 5. Juni dem Parlament die Eröffnung eines entsprechenden Rahmenkredits über 257 Millionen Franken beantragt. Der Nationalrat hat diesem Antrag am 7. September und der Ständerat am 7. Dezember entsprochen. EDA und EVD werden die Verhandlungen mit den beiden neuen Partnerstaaten Bulgarien und Rumänien über die bilateralen Rahmenabkommen anfangs 2010 aufnehmen.

Die zur Verfügung gestellten Mittel dienen zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten innerhalb der erweiterten EU. Für Bulgarien und Rumänien stellt die EU für den Zeitraum 2007­2013 im Zeichen der gemeinschaftlichen Solidarität insgesamt 26,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Die erfolgreiche Eingliederung von Bulgarien und Rumänien in die EU liegt auch im Interesse der Schweiz. Eine Beteiligung seitens der Schweiz an den Unterstützungszahlungen zum EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens fördert die guten Beziehungen mit der EU und die erfolgreiche Interessenwahrung der Schweiz bei der Weiterführung des bilateralen Weges.

3.1.4

Europäische Freihandelsassoziation (EFTA)

Mit den drei anderen Mitgliedstaaten der EFTA (Island, Liechtenstein und Norwegen) wickelt die Schweiz rund 0,4 % ihres Aussenhandelsvolumens ab. Das EFTAÜbereinkommen (SR 0.632.31) wurde durch das Abkommen von Vaduz vom 21. Juni 2001 stark modifiziert und wird laufend an die Änderungen der bilateralen Abkommen Schweiz-EU angepasst (vgl. Ziff. 5.2).

Im Berichtsjahr fanden zwei Treffen des EFTA-Rates auf Ministerebene statt (in Hamar am 22. Juni und in Genf am 17. Dezember). Über die vielfältigen Tätigkeiten der EFTA im Bereich der Drittlandbeziehungen wird in Ziffer 4 berichtet.

Mitte Juli hat Island ein Beitrittsgesuch zur EU deponiert. Die Ergebnisse der Beitrittsverhandlungen sollen in diesem EFTA-Land dem Referendum unterstellt werden. Sollte die EFTA in der Folge eine Verkleinerung erfahren, müssten deren Auswirkungen intern und gemeinsam mit den EFTA-Partnern vertieft geprüft werden.

22

Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Slowakei, Estland, Littauen, Lettland, Zypern und Malta.

535

3.2

Übersicht über die wichtigsten Ereignisse betreffend einzelne Abkommen

Im Folgenden werden die wichtigsten Ereignisse im Berichtsjahr in Bezug auf die einzelnen bilateralen Abkommen Schweiz-EU in tabellarischer Form zusammengefasst. Die formellen Beschlüsse der Gemischten Ausschüsse (GA) sind im Bericht des Bundesrates über die völkerrechtlichen Verträge aufgeführt.

Tabelle Abkommen

Ereignisse im Berichtsjahr

Protokoll Nr. 2 zum FHA (Handel mit landwirtsch.

Verarbeitungsprodukten) (SR 0.632.401.2)

Mit Beschluss 1/2009 des Gemischten Ausschusses zum Freihandelsabkommen Schweiz-EG wurden die Referenzpreise für die dem Preisausgleichsmechanismus gemäss Protokoll Nr. 2 unterstehenden Produkte per 1. Februar 2009 angepasst.

Protokoll Nr. 3 zum FHA (Ursprungsregeln) (SR 0.632.401.3)

Mit Beschluss 2/2009 des Gemischten Ausschusses zum Freihandelsabkommen Schweiz-EG wurde das Protokoll Nr. 3 unter anderem an das Harmonisierte System der Zollnomenklatur von 2007 angepasst.

Personenfreizügigkeit (SR 0.142.112.681)

Am 8. Februar 2009 stimmte das schweizerische Stimmvolk mit 59,6 % Ja-Stimmen für die Weiterführung und Ausdehnung des Abkommens auf Rumänien und Bulgarien. Am 1. Juni 2009 ist das Protokoll II FZA in Kraft getreten.

Landverkehr (SR 0.740.72)

Genehmigung des Berichts der Verkehrsbeobachtungsstelle Schweiz-EU, welche die Entwicklung der alpenquerenden Verkehrsflüsse im Jahr 2008 analysiert (GA vom 11. Dezember 2009) Unterzeichnung des Beschlusses 1/2009 zur Änderung von Anhang I des Abkommens (GA vom 17. Juni 2009).

Luftverkehr (SR 0.748.127.192.68)

Unterzeichnung des Beschlusses 1/2009 zur Ersetzung des Anhangs des Abkommens (schriftliches Verfahren, 7. Juli 2009).

Öffentliches Beschaffungswesen (SR 0.172.052.68)

Der Bundesrat hat am 17. Juni 2009 entschieden, die Gesetzrevision auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und die Revision der Verordnung vorzuziehen. Es ist vorgesehen, dass die revidierte Verordnung am 1. Januar 2010 in Kraft tritt.

Zinsbesteuerung (SR 0.641.926.81)

Der Nettoertrag des Steuerrückbehaltes auf Zinserträgen von EU-Steuerpflichtigen in der Schweiz im Steuerjahr 2008 betrug 553,8 Mio. Fr.

536

Abkommen

Ereignisse im Berichtsjahr

Schengen (SR 0.362.31)

Inkraftsetzung der Schengen/Dublin-Assoziierungsabkommen am 12. Dezember 2008; an den Flughäfen wurde das Schengener Grenzregime auf den 29. März 2009 eingeführt.

Dublin (SR 0.142.392.68) Betrugsbekämpfung (BBl 2004 6503)

Die Schweiz hat dieses Abkommen am 23. Oktober 2008 ratifiziert. Zurzeit ist es noch nicht in Kraft, da bislang erst 23 von 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert haben. Die Schweiz wendet das Abkommen jedoch seit dem 8. April 2009 vorzeitig mit acht EU-Mitgliedstaaten sowie mit der EG an, die analog zur Schweiz eine entsprechende Erklärung abgegeben haben.

MEDIA (SR 0.784.405.226)

Das Parlament hat das MEDIA-Abkommen und dessen Finanzierung am 12. Juni 2009 genehmigt.

Die erforderliche Anpassung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen wurde am 25. September von den Eidgenössischen Räten genehmigt. Es erlaubt Werbung für leicht alkoholische Getränke.

Statistik (SR 0.431.026.81)

Genehmigung des gemeinsamen statistischen Arbeitsprogramms für das Jahr 2009 (GA-Beschluss 1/2009, schriftliches Verfahren, 17. September 2009).

Landwirtschaft (SR 0.916.026.81)

Inkrafttreten eines umfassenden Änderungsabkommens am 1. Juni 2009. Neben der Änderung von Artikel 11, welche eine Ausweitung der Kompetenzen des Gemischten Agrarausschusses vorsieht, wurden ebenfalls die Anhänge 4­9 den neusten Entwicklungen angepasst.

Landwirtschaft, Veterinärwesen (SR 0.916.026.81)

Inkrafttreten des Änderungsabkommens sowie des Beschlusses 1/2009 am 1. Dezember 2009.

Erweiterung auf den nicht kommerziellen Handel mit Heimtieren und Abschaffung der Veterinärkontrollen an der Grenze zwischen der EU und der Schweiz.

537

4

Freihandelsabkommen mit Drittstaaten ausserhalb von EU und EFTA Im Berichtsjahr konnte die Schweiz ihr Netz von Freihandelsabkommen erneut um wichtige Abkommen erweitern. Am 19. Februar wurde das bilaterale Wirtschaftliche Partnerschafts- und Freihandelsabkommen Schweiz-Japan (FHWPA) unterzeichnet, das am 1. September in Kraft getreten ist. Die Schweiz und China haben die Durchführung einer Gemeinsamen Machbarkeitsstudie über ein bilaterales Freihandelsabkommen beschlossen. Am 22. Juni wurde das EFTA-Freihandelsabkommen mit den Staaten des arabischen Golfkooperationsrates (GCC) unterzeichnet und am 1. Juli ist das Freihandelsabkommen EFTAKanada in Kraft getreten. Die EFTA-Freihandelsabkommen mit Serbien und Albanien wurden am 17. Dezember unterzeichnet. Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien wurde von der Schweiz ratifiziert und soll im kommenden Jahr in Kraft treten. Die EFTA hat Verhandlungen über ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen mit Indien fortgeführt und Freihandelsverhandlungen mit der Ukraine aufgenommen. Mit Russland haben die EFTA-Staaten eine Gemeinsame Machbarkeitsstudie durchgeführt und die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen beschlossen. Mit Hong Kong haben exploratorische Treffen stattgefunden, Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen EFTA-Hong Kong werden Anfang 2010 beginnen. Auch mit Indonesien sollen die Verhandlungen 2010 eröffnet werden. Somit wird die Schweiz ­ parallel zu ihren Anstrengungen auf multilateraler Ebene, namentlich im Rahmen der WTO ­ auch 2010 die Ausdehnung und Vertiefung ihres Netzes von Freihandelsabkommen weiterführen.

Für die Schweiz als stark exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, das überdies keinem grösseren Binnenmarkt wie der EU angehört, stellt der Abschluss von Freihandelsabkommen ­ neben der WTO und den bilateralen Verträgen mit der EU ­ einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar. Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der Europäischen Union haben ein deutlich verstärktes Wachstum des Aussenhandels und der Direktinvestitionsflüsse der Schweiz mit diesen Ländern zur Folge. So zeigen statistische Analysen, dass die Exporte und Importe der Schweiz sowie die Direktinvestitionen besonders in den ersten Jahren nach Inkrafttreten eines Freihandelsabkommens im Schnitt rund doppelt so stark wachsen wie der Handel mit anderen Partnern. Ausserdem sparen Schweizer Unternehmen dank den Freihandelsabkommen jährlich Zölle im Umfang von rund 420 Millionen Franken.

Während einer konjunkturellen Abschwächung auf internationaler Ebene ist es besonders wichtig, den Schweizer Unternehmen einen möglichst günstigen Zugang zu den ausländischen Märkten zu gewährleisten, damit sie mindestens unter gleichen Bedingungen wie ihre wichtigsten ausländischen Konkurrenten (insbesondere aus der EU, den USA und Japan) tätig sein oder im Vergleich mit diesen von einem Wettbewerbsvorteil profitieren können. Deshalb hat der Bundesrat am 5. Juni beschlossen, die Tätigkeiten zur Aushandlung neuer und zur Vertiefung bestehender Freihandelsabkommen zu intensivieren und nach Möglichkeit zu beschleunigen.

538

Laufende und geplante Freihandelsverhandlungen der Schweiz zielen insbesondere auf Länder ab, deren Wachstumspotenzial überdurchschnittlich ist, die dank der Grösse ihres Marktes besonders interessante Absatzaussichten eröffnen oder auf deren Märkten der Schweizer Wirtschaft auf Grund anderer Freihandelsabkommen eine Benachteiligung droht.

2010 werden die Prioritäten der Schweiz auf dem Abschluss der laufenden Verhandlungen (Indien, Ukraine, Algerien und je nach Fortschritt Thailand), auf der Eröffnung von Verhandlungen mit Hong Kong, Indonesien und Russland sowie auf der gemeinsamen Vorbereitung von Freihandelsverhandlungen mit China und Vietnam liegen. Dabei sollen jedoch auch die Abklärungsarbeiten und die eventuelle Aufnahme von Freihandelsverhandlungen mit weiteren Partnern sowie die Vertiefung der bestehenden Freihandelsabkommen nicht vernachlässigt werden.

Tabelle Freihandelsabkommen der Schweiz ausserhalb der EU23 Gebiet

Stand Ende 2009

Europa Färöer-Inseln (SR 0.632.313.141)

In Kraft seit 1. März 1995; bilateral CH-Färöer

Mazedonien (SR 0.632.315.201.1)

In Kraft seit 1. Mai 2002

Kroatien (SR 0.632.312.911)

In Kraft seit 1. September 2002

Serbien

Unterzeichnet am 17. Dezember 2009 in Genf, noch nicht in Kraft

Albanien

Unterzeichnet am 17. Dezember 2009 in Genf, noch nicht in Kraft

2. Treffen des Gemischten Ausschusses (GA) EFTA-Mazedonien am 28. November 2008 in Genf

3. Treffen des GA EFTA-Kroatien am 4. Juni 2009 in Zagreb

Mittelmeerraum Türkei (SR 0.632.317.631)

In Kraft seit 1. April 1992

Israel (SR 0.632.314.491)

In Kraft seit 1. Juli 1993

23

9. Treffen des GA EFTA-Türkei am 3. Dezember 2009 in Genf

7. Treffen des GA EFTA-Israel am 12. Juni 2008 in Crans-Montana

Wo nicht anders vermerkt handelt es sich um Abkommen im Rahmen der EFTA.

539

Gebiet

Stand Ende 2009

PLO/Palästinensische Behörde In Kraft seit 1. Juli 1999 (SR 0.632.316.251) 2. Treffen des GA EFTA-PLO/Palästinensische Behörde am 13. März 2008 in Genf Marokko (SR 0.632.315.491)

In Kraft seit 1. Dezember 1999

Jordanien (SR 0.632.314.671)

In Kraft seit 1. September 2002

Tunesien (SR 0.632.317.581)

Angewendet seit 1. Juni 2005; in Kraft seit 1. Juni 2006

4. Treffen des GA EFTA-Marokko am 13. März 2007 in Genf

2. Treffen des GA EFTA-Jordanien am 18. Dezember 2007 in Genf

1. Treffen des GA EFTA-Tunesien am 28. Februar 2007 in Tunis Libanon (SR 0.632.314.891)

In Kraft seit 1. Januar 2007

Ägypten (SR 0.632.313.211)

Angewendet seit 1. August 2007; in Kraft seit 1. September 2008.

1. Treffen des GA EFTA-Libanon am 8. Oktober 2009 in Beirut

1. Treffen des GA EFTA-Ägypten am 4. November 2008 in Genf Weltweit Mexiko (SR 0.632.315.631.1)

In Kraft seit 1. Juli 2001

Singapur (SR 0.632.316.891.1)

In Kraft seit 1. Januar 2003

Chile (SR 0.632.312.451)

In Kraft seit 1. Dezember 2004

Republik Korea (SR 0.632.312.811)

In Kraft seit 1. September 2006

540

4. Treffen des GA EFTA-Mexiko am 23. September 2008 in Genf

2. Treffen des GA EFTA-Singapur am 14. März 2007 in Genf

2. Treffen des GA EFTA-Chile am 8. April 2008 in Santiago

1. Treffen des GA EFTA-Republik Korea am 28. Mai 2008 in Seoul

Gebiet

Stand Ende 2009

SACU24 (SR 0.632.311.181)

In Kraft seit 1. Mai 2008

Kanada (SR 0.632.312.32)

In Kraft seit 1. Juli 2009

Japan (SR 0.946.294.632)

In Kraft seit 1. September 2009, bilateral CH-Japan

Kolumbien

Unterzeichnet am 25. November 2008, noch nicht in Kraft

Golfkooperationsrat (GCC)25

Unterzeichnet am 22. Juni 2009, noch nicht in Kraft

4.1

1. Treffen des GA EFTA-SACU am 4. Februar 2009 in Pretoria

1. Treffen des GA Schweiz-Japan am 1. September 2009 in Zürich

Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern im Raum Europa-Mittelmeer

Die EFTA-Staaten verfügen gegenwärtig über zehn Freihandelsabkommen mit Ländern in Europa und im Mittelmeerraum. In Südosteuropa konnten die Verhandlungen mit Albanien sowie Serbien abgeschlossen und die Abkommen am 17. Dezember unterzeichnet werden (vgl. Ziff. 11.2.1 und 11.2.2). Weiter sind EFTA-Verhandlungen mit der Ukraine aufgenommen worden. Die dritte Verhandlungsrunde hat im November in Genf stattgefunden und es ist geplant, die vierte Runde im Februar 2010 durchzuführen. Derzeit erscheint ein baldiger Verhandlungsabschluss realisierbar. Die EFTA Staaten und Russland haben eine Gemeinsame Machbarkeitsstudie durchgeführt und beschlossen, baldmöglichst Freihandelsverhandlungen zu eröffnen. Anlässlich der offiziellen Arbeitsgespräche während des Staatsbesuches des russischen Präsidenten Medvedev im September wurde beschlossen, weitere Expertengespräche durchzuführen, um das weitere Vorgehen zu klären.

Dies insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der vorgesehenen Zollunion Russlands mit Belarus und Kasachstan auf die Freihandelsverhandlungen mit den EFTA-Staaten und auf die WTO-Beitrittsverhandlungen Russlands. Es ist geplant, nach Klärung der Situation 2010 Freihandelsverhandlungen aufzunehmen.

Bezüglich der bestehenden Abkommen fanden Treffen der Gemischten Ausschüsse der Freihandelsabkommen mit Kroatien, dem Libanon und der Türkei statt. Anlässlich des dritten Treffens des Gemischten Ausschusses mit Kroatien vom 4. Juni wurden verschiedene technische Anpassungen beschlossen (Kürzung der Produkteausschlussliste, Anpassung der Ursprungsregeln an die Pan-Euro-Med-Kumulation, Anpassungen des Anhangs über Fisch und andere Meeresprodukte sowie Streichung des obsolet gewordenen Anhangs über den Zollabbau für Industriepro24 25

Südafrikanische Zollunion: Südafrika, Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland.

Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate.

541

dukte). Auch am ersten Treffen des Gemischten Ausschusses EFTA-Libanon vom 8. Oktober wurden technische Anpassungen des Abkommens beschlossen. Diese betreffen die Kürzung der Produktausschlussliste, die Erweiterung der Liste verarbeiteter Landwirtschaftsprodukte und die Anpassung der Ursprungsregeln an die Pan-Euro-Med-Kumulation. Am Treffen mit der Türkei wurde insbesondere ein Protokoll über die gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertung verabschiedet (vgl. Ziff. 5.2) und die Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Abkommens und der Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen diskutiert (insbesondere Dienstleistungen).

Ausserdem haben sich die EFTA-Staaten aktiv an der Erarbeitung einer Pan-EuroMed-Konvention über die Ursprungsregeln beteiligt, die in Zukunft die Ursprungsprotokolle in den bilateralen Freihandelsabkommen zwischen den einzelnen Teilnehmern der Kumulationszone ablösen soll. An der letzten Sitzung der PanEuro-Med-Arbeitsgruppe, welche im Oktober stattgefunden hat, wurde die neue Ursprungskonvention auf technischer Ebene vereinbart. Sie sieht auch die Ausdehnung der Pan-Euro-Med-Kumulation auf die Länder des Westbalkans vor.

4.2

Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten zu Partnern ausserhalb des Raumes Europa-Mittelmeer

Die EFTA-Staaten verfügen ausserhalb des Raumes Europa-Mittelmeer gegenwärtig über sechs Freihandelsabkommen. Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTAStaaten und Kanada und die bilateralen Abkommen über den Handel mit Landwirtschaftsprodukten, die im Januar 2008 unterzeichnet wurden, sind mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden aller Parteien am 1. Juli in Kraft getreten. Im September ratifizierte die Schweiz das EFTA-Freihandelsabkommen mit Kolumbien. Das Abkommen wird voraussichtlich 2010 in Kraft treten. Mit den Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) wurde im Juni ein umfassendes Freihandelsabkommen unterzeichnet. Mit dem Abschluss des Ratifikationsprozesses und dem Inkrafttreten wird Mitte 2010 gerechnet. Die rechtliche Überprüfung des im Oktober 2008 paraphierten Freihandelsabkommens mit Peru konnte abgeschlossen werden. Die Unterzeichnung des Abkommens ist Anfang 2010 vorgesehen.

Mit Indien fanden im Februar, August und September zwei Verhandlungsrunden sowie weitere Expertentreffen über ein EFTA-Freihandelsabkommen statt. Mit Thailand ist eine formelle Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein EFTAFreihandelsabkommen vorgesehen, sobald die thailändische Regierung das interne Verfahren für ein neues Verhandlungsmandat abgeschlossen hat. Nachdem dieses Jahr in Indonesien Wahlen stattgefunden haben, ist Anfang 2010 geplant, auf der Grundlage der bereits früher durchgeführten Machbarkeitsstudie die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zu eröffnen. Anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz vom 22. Juni haben die Minister der EFTA-Staaten beschlossen, mit Hong Kong Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen zu eröffnen. Nach einem exploratorischen Treffen im Juni hat im September ein organisatorisches Treffen stattgefunden. Die erste Verhandlungsrunde ist für Anfang 2010 vorgesehen.

An derselben Ministerkonferenz haben die EFTA-Staaten zudem die Durchführung einer Gemeinsamen Machbarkeitsstudie über ein Freihandelsabkommen mit Viet-

542

nam beschlossen, die entsprechenden Arbeiten sollen Anfang 2010 aufgenommen werden.

Die EFTA-Staaten und Malaysia haben die Arbeiten für den Abschluss einer EFTAZusammenarbeitserklärung weitergeführt. Diese sollte Anfang 2010 unterzeichnet werden und als Rahmen für die Prüfung der Machbarkeit und der gegenseitigen Vorteile eines Freihandelsabkommens EFTA-Malaysia dienen. Im Juni wurde, auf Ersuchen der Regierung von Mauritius, eine Zusammenarbeitserklärung zwischen den EFTA-Staaten und Mauritius unterzeichnet, um die gegenseitigen Wirtschaftsund Handelsbeziehungen zu stärken.

Kontakte mit dem Ziel der Stärkung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen haben auch mit anderen möglichen Partnern wie den Mercosur-Staaten26, Neuseeland, Pakistan, Costa Rica und Panama stattgefunden.

Mit Mexiko und Singapur fanden Treffen der Dienstleistungsexperten statt, um die Arbeiten über die Weiterentwicklung der Vereinbarungen im Dienstleistungsbereich voranzubringen.

4.3

Bilaterale Freihandelsbeziehungen der Schweiz mit Partnern ausserhalb der EU und der EFTA

4.3.1

Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft Schweiz-Japan

Am 19. Februar wurde nach weniger als zwei Jahre dauernden Verhandlungen zwischen der Schweiz und Japan ein Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft (FHWPA) abgeschlossen. Dieses ist nach Abschluss der innerstaatlichen Genehmigungsverfahren am 1. September in Kraft getreten.

Das FHWPA ist das wichtigste Freihandelsabkommen der Schweiz seit demjenigen, das 1972 mit der EU abgeschlossen wurde. Es eröffnet eine neue Ära der wirtschaftlichen Partnerschaft zwischen Japan und der Schweiz und bietet eine solide Grundlage und eine erhöhte Rechtssicherheit für die Intensivierung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern. Schliesslich bringt es auch Wettbewerbsvorteile mit sich, da die Schweiz einen präferenziellen Zugang zum japanischen Markt erhält, was bis heute für ihre wichtigsten Konkurrenten wie die EU und die USA nicht der Fall ist. Japan ist nach den USA die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt und nach der EU, den USA und China der weltweit viertgrösste Handelspartner der Schweiz.

Insbesondere beseitigt das Abkommen praktisch alle Zölle auf dem Handel mit Industrieprodukten, enthält Marktzugangsverbesserungen für verarbeitete und unverarbeitete Landwirtschaftsprodukte, verbessert den Marktzugang und die Rahmenbedingungen für den Dienstleistungsverkehr und für die Investitionstätigkeit, stärkt den Investitionsschutz und den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und fördert den elektronischen Handel (E-Commerce).

Der Gemischte Ausschuss Schweiz-Japan ist am Tag des Inkrafttretens des Abkommens erstmalig zusammengetreten. Dabei wurden neben den Verfahrensregeln des Gemischten Ausschusses Prozeduren bezüglich der Zusammenarbeit der 26

Gemeinsamer Markt Lateinamerikas (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay).

543

Zollbehörden im Ursprungsbereich sowie Verfahren zur Verwaltung bestimmter Zollkontingente verabschiedet.

4.3.2

Machbarkeitsstudie über ein bilaterales Freihandelsabkommen Schweiz-China

Anlässlich eines Treffens in Bern haben Bundespräsident Hans-Rudolf Merz und der chinesische Premierminister Wen Jiabao im Januar vereinbart, eine gemeinsame Machbarkeitsstudie zu einem bilateralen Freihandelsabkommen durchzuführen. Zu deren Vorbereitung wurden zwei Workshops ­ im April in Beijing und im Oktober in Bern ­ unter Beteiligung von Verwaltungs- und Industrievertretern abgehalten.

Die Vorsteherin des EVD und der chinesische Handelsminister haben an einem Treffen vom 30. November in Genf eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, welche festhält, dass die Vorbereitungsarbeiten für die Ausarbeitung der gemeinsamen Machbarkeitsstudie erfolgreich abgeschlossen worden sind, und haben die Gemeinsame Studiengruppe mit der Erarbeitung der Machbarkeitsstudie beauftragt.

Ein erstes Treffen der gemeinsamen Studiengruppe ist für Anfang 2010 geplant.

5

Horizontale Politiken

5.1

Warenverkehr Industrie/Landwirtschaft

Bei den tarifären Aspekten des internationalen Warenverkehrs steht die Verbesserung des Marktzugangs durch den Abbau bzw. die Beseitigung von Zöllen, Kontingenten und dergl. auf multilateraler Ebene und durch den Abschluss von Freihandelsabkommen (im Rahmen der EFTA oder bilateral) im Vordergrund.

Im Berichtsjahr sind Freihandelsabkommen mit dem Golfkooperationsrat (GCC) sowie mit Albanien und Serbien unterzeichnet worden und mit Japan und Kanada in Kraft getreten.

Bei der Pflege bestehender Abkommen nimmt die Vereinbarung mit der EU im Bereich der landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse eine wichtige Rolle ein. Der Gemischte Ausschuss des Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft von 1972 (FHA 1972) hat im Berichtsjahr trotz der nach wie vor hohen Volatilität auf den Rohstoffmärkten die vertraglichen Referenzpreise lediglich einmal an die Marktentwicklung angepasst.

Mit einem Anteil am Weltwarenhandel von rund 1.2 % ist die Schweiz ein bedeutendes Export- und Importland für Waren.27 Damit belegt die Schweiz bei den Importen weltweit Rang 14 und bei den Exporten Rang 15 (die EU jeweils als Einheit betrachtet). Der Rang der Schweiz im Warenhandel ist mit demjenigen wesentlich grösserer Länder wie Australien, Brasilien oder Indien vergleichbar.

Gemessen am Handelswert pro Kopf ist die Schweiz nach den Beneluxstaaten,

27

544

WTO, Leading exporters and importers in world merchandise trade, 2008

Norwegen und Irland der sechstgrösste Importeur und Exporteur von Waren im OECD-Raum.28 Angesichts des begrenzten Heimmarktes ist der Zugang zu ausländischen Märkten für die Schweizer Produzenten von Waren essenziell. Die Hauptpfeiler der Schweizerischen Marktöffnungspolitik sind die Mitgliedschaft in der WTO (multilaterale Ebene; vgl. Ziff. 2.1), die bilateralen Verträge mit der EU (vgl. Ziff. 3) und bilaterale Freihandelsabkommen mit Ländern ausserhalb der EU (vgl. Ziff. 4). Durch einen weiteren Zollabbau kann der Marktzugang für Schweizer Exporte mit unmittelbarer Wirkung verbessert werden. Zusätzlich zur generellen Verbesserung des Marktzugangs durch multilaterale Zollsenkungen, verbessern Zollpräferenzen im Rahmen von Freihandelsabkommen auch die Wettbewerbssituation gegenüber Mitbewerbern ohne präferenziellen Zugang zu den entsprechenden Märkten. Allein durch die neu in Kraft getretenen Freihandelsabkommen mit Japan und Kanada (vgl.

Ziff. 4.3.1 und 4.2) wird die Schweizer Exportwirtschaft zusätzlich jährliche Zolleinsparungen von schätzungsweise mindestens 100 Millionen Franken realisieren.

Dazu kommen die neu abgeschlossenen Abkommen mit dem Kooperationsrat der Arabischen Golfstaaten (GCC), Albanien und Serbien (vgl. Ziff. 11.2.1 und 11.2.2), bei denen die Warenverhandlungen eine wichtige Rolle spielen. Auch in den laufenden Verhandlungen wie z.B. mit Indien kommt der Liberalisierung des Warenverkehrs eine wichtige Rolle zu.

Der Warenverkehr wird neben Import- auch durch Exportzölle behindert, ein Instrument von dem gewisse Staaten aufgrund von Rohstoffverknappung in den letzten Jahren vermehrt Gebrauch gemacht haben. Die Schweiz setzt sich auf multilateraler wie auf bilateraler Ebene für einen Abbau auch der Exportzölle ein. Im Sinne eines verbesserten Ressourcenzugangs gehen die meisten bisherigen Freihandelsabkommen der Schweiz (darunter auch die im Berichtsjahr in Kraft getreten Abkommen Schweiz-Japan und EFTA-Kanada) über die entsprechenden WTOVerpflichtungen hinaus und verbieten Ausfuhrzölle oder untersagen die Erhebung neuer und die Anhebung bestehender Exportzölle.

Neben dem Abschluss neuer Freihandelsverträge kommt der Pflege bestehender Abkommen eine wichtige Rolle zu. Hier ist namentlich die Vereinbarung über den präferenziellen Zugang bestimmter landwirtschaftlicher
Verarbeitungserzeugnisse mit der EU zu nennen. Das revidierte Protokoll Nr. 2 des Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft von 1972 (SR 0.632.401.2), seit 30. März 2005 definitiv in Kraft, bezweckt die Kompensation der Differenz zwischen den Rohstoffpreisen der Schweiz und der EU. Diese sogenannte Nettopreiskompensation gewährleistet den in der Regel zollfreien Zugang zum EU-Markt und damit die Konkurrenzfähigkeit der mit Schweizer Agrarrohstoffen hergestellten Verarbeitungsprodukte (Schokolade, Biskuits, Teigwaren u.a.) der Schweizer Nahrungsmittelindustrie. Die für den Preisausgleichsmechanismus des Protokolls Nr. 2 zum FHA von 1972 relevanten vertraglichen Referenzpreise wurden mit dem Beschluss 1/2009 des Gemischten Ausschusses des FHA von 1972 (AS 2009 1709) per 1. Februar an die damaligen Marktverhältnisse angepasst. Trotz im weiteren Jahresverlauf zunehmendem Rohstoffpreishandicap (eine zweite Referenzpreisanpassung kam wegen unterschiedlicher Auslegung von gewissen Abkommensbestimmungen nicht zu Stande) verzeichneten im Berichtsjahr im Verkehr mit der EU nicht nur die Importe, sondern auch die Exporte von landwirt28

OECD makro trade indicator (www.oecd.org)

545

schaftlichen Verarbeitungsprodukten gegenüber dem Vorjahr einen signifikanten Anstieg. Eine nächste Anpassung der Referenzpreise wird per 1. Februar 2010 geprüft. Die vom Protokoll Nr. 2 abgedeckten landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte stellen ebenfalls Gegenstand der laufenden Verhandlungen mit der EU über eine Marktöffnung im Agrar- und Lebensmittelbereich dar (vgl. Ziff. 3.1.2).

Aufgrund der nach wie vor hohen Volatilität auf den Rohstoffmärkten wurden im Berichtsjahr auch die Referenzpreise für den Handel mit landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukten mit Drittländern ausserhalb der EU im Rahmen des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1974 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten («Schoggigesetz», SR 632.111.72) mehrmals angepasst.

Im Unterschied zu Protokoll Nr. 2 mit der EU, in welchem die Höhe der Ausgleichsmassnahmen der Schweiz vertraglich festgelegt sind, kann die Schweiz die im Handel mit Drittländern anwendbaren Referenzpreise den sich ändernden Rohstoffpreisen autonom anpassen.

Im Bereich Warenverkehr wurden im Berichtsjahr ferner verschiedene zolltarifarische Massnahmen getroffen, die der Bundesversammlung gestützt auf das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG; SR 632.10) und das Bundesgesetz vom 9. Oktober 1981 über die Gewährung von Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer (Zollpräferenzengesetz; SR 632.91) mit beiliegendem Bericht (vgl.

Ziff. 11.3) zur Genehmigung unterbreitet werden. Berichterstattungspflichte Massnahmen gestützt auf das Bundesgesetz vom 13. Dezember 1974 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (SR 632.111.72) erfolgten keine.

5.2

Technische Handelshemmnisse

Beim Abbau der technischen Handelshemmnisse wurden wiederum erhebliche Fortschritte erzielt. Aus innenpolitischer Sicht bedeutsam ist die Verabschiedung der Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) durch die Eidgenössischen Räte. Das revidierte THG soll Mitte 2010 in Kraft treten.

Für einen verbesserten Zugang zu ausländischen Märkten von Wichtigkeit sind namentlich die Erweiterung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen mit der EU auf einen neuen Produktebereich (Aufzüge), die Aufnahme eines neuen Protokolls über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen in das Freihandelsabkommen EFTATürkei sowie das Inkrafttreten des bilateralen Freihandelsabkommens mit Japan. Im Hinblick auf den Abschluss weiterer Abkommen mit der EU fanden zudem intensive Gespräche über eine engere Zusammenarbeit im Chemikalienbereich und über einen verbesserten Marktzugang für auf EU-Ebene nicht harmonisierte Agrarprodukte und Lebensmittel statt.

546

Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) Am 12. Juni haben die Eidg. Räte die Revision des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (THG) verabschiedet (SR 946.51). Es ist vorgesehen, das revidierte THG zusammen mit einer Vollzugsverordnung Mitte 2010 in Kraft zu setzen. Kernelement der THG-Revision sind die Bestimmungen zur Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips in der Schweiz. Nach Inkrafttreten der Revision können Produkte, die in der EG bzw. im EWR rechtmässig in Verkehr sind, grundsätzlich auch in der Schweiz ohne vorgängige Kontrollen frei zirkulieren, auch wenn sie die schweizerischen Produktevorschriften nicht oder nur teilweise erfüllen. Vorbehalten bleiben diejenigen Fälle, in denen das Cassis-de-Dijon-Prinzip keine Anwendung findet (namentlich schon heute zulassungspflichtige Produkte und vom Bundesrat beschlossene spezifische Ausnahmen).

Für Lebensmittel ist eine Sonderregelung zur Anwendung des Cassis-de-DijonPrinzips vorgesehen. Lebensmittel, welche die schweizerischen Produktevorschriften nicht erfüllen, aber diejenigen der EG oder eines EG-/EWR-Mitgliedstaates und dort rechtmässig in Verkehr sind, können in der Schweiz ebenfalls in Verkehr gebracht werden. Allerdings ist für das erstmalige Inverkehrbringen solcher Lebensmittel eine Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) erforderlich, welche in Form einer Allgemeinverfügung erteilt wird.

Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreements, MRA) Trotz intensiven Bemühungen konnte die seit langem angestrebte Ergänzung des MRA (SR 0.946.526.81) nicht wie ursprünglich geplant bis Ende 2009 abgeschlossen werden. In einem ersten Schritt gelang es jedoch, zumindest das Kapitel Maschinen an die neue am 29. Dezember in Kraft getretene EU-Maschinenrichtlinie anzupassen, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass die Hersteller nicht auf dem Gebiet beider Vertragsparteien, sondern nur in der EU oder in der Schweiz einen Dokumentenverantwortlichen bezeichnen müssen. Gleichzeitig wurde auch ein neues Kapitel über Aufzüge ins MRA aufgenommen. Die ebenfalls vorgesehene Anpassung des Kapitels Motorfahrzeuge an das weiterentwickelte EU-Recht sowie der Aufnahme eines neuen Produktkapitel über Biozide haben sich insbesondere
wegen den Verhandlungen über die institutionellen Bestimmungen (Teilnahme der Schweiz an Komitees der EU, Frage der Rechtsentwicklung) verzögert und sollen nun so schnell wie möglich anfangs 2010 erfolgen.

Mit dem Beschluss 2/2009 des EFTA-Rates vom 16. Juni wurde Artikel 53 Absatz 4 der EFTA-Konvention und deren Anhang I über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen zwischen der Schweiz und den EWR-EFTA-Staaten geändert. Damit soll gewährleistet werden, dass Anhang I künftig automatisch der Weiterentwicklung des MRA Schweiz-EG angepasst wird. Zudem wurden am 1. April allgemeine Leitlinien für eine engere Zusammenarbeit der Europäischen Akkreditierungsorganisation (EA) mit der Europäischen Kommission, der EFTA und den für die Bezeichnung von Konformitätsbewertungsstellen zuständigen nationalen Behörden der EG- und EFTA-Staaten vereinbart.

Am 3. Dezember wurde im Rahmen des Freihandelsabkommens EFTA-Türkei (SR 0.632.317.613) ein neues Protokoll über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen verabschiedet, das nach Erfüllung der erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen durch die Vertragsparteien in Kraft treten wird 547

(vgl. Ziff. 4.1). Damit verpflichtet sich die Türkei, jene in den EFTA-Staaten durchgeführten Konformitätsbewertungen anzuerkennen, welche die EG im Rahmen des EWR bzw. des MRA Schweiz-EG anerkennt. Für Medizinprodukte wurde zudem ausdrücklich festgehalten, dass die Hersteller nicht auf dem Gebiet beider Vertragsparteien eine für das Inverkehrbringen verantwortliche Person bezeichnen müssen, sondern dass eine Person in der EG, in einem EFTA-Staat oder in der Türkei genügt.

Die EFTA-Staaten ihrerseits verpflichten sich, jene in der Türkei durchgeführten Konformitätsbewertungen anzuerkennen, welche die EG im Rahmen ihrer Zollunion mit der Türkei anerkennt. Damit können etliche Exportprobleme, die in den letzten Jahren durch die Übernahme von EG-Recht durch die Türkei entstanden sind, behoben werden.

Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens mit Japan (SR 0.946.294.632) am 1. September wurde die Prüf- und Zertifizierungsstelle von Electrosuisse in Japan anerkannt. Für Exporte von Elektrogeräten nach Japan können schweizerische Hersteller sich nun an Electrosuisse wenden und müssen die für den japanischen Markt erforderlichen Prüfungen und Zertifizierungen nicht mehr bei einer japanischen Prüfstelle durchführen lassen.

5.3

Dienstleistungen

Der Dienstleistungshandel hat sich als Gegenstand der Aussenwirtschaftspolitik seit längerem etabliert. Seit 1995 durch das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) Bestandteil der WTO-Abkommen, wird der Handel mit Dienstleistungen in zunehmendem Mass auch in Freihandelsabkommen eingeschlossen. Im Rahmen der WTO-Doha-Verhandlungen setzt sich die Schweiz dafür ein, dass der Marktzugang auf multilateraler Ebene auch im Bereich der Dienstleistungen verbessert wird. In ihren umfassenden Freihandelsabkommen strebt die Schweiz eine über das multilateral geltende Niveau hinausgehende Absicherung des Marktzugangs in den für Schweizer Exporteure besonders wichtigen Dienstleistungssektoren an.

Aufgrund der generellen Schwierigkeiten, mit denen die WTO-Doha-Verhandlungen konfrontiert sind (vgl. Ziff. 2.1.2), gab es auch in den Verhandlungen im Bereich der Dienstleistungen (GATS) nur begrenzte Entwicklungen. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass die Marktzugangsverhandlungen auch in diesem Bereich weitergeführt werden. Sie unterbreitete zudem schriftliche Eingaben, die darauf abzielen, die Einhaltung der Notifikationspflichten zu verbessern und das rechtliche Verhältnis der Doha-Verhandlungsresultate zu den bestehenden GATS-Verpflichtungslisten zu klären.

Entsprechend der weltweiten Tendenz, in Freihandelsabkommen zunehmend auch Bestimmungen über den Handel mit Dienstleistungen aufzunehmen, hat auch die Schweiz u.a. in den neuen Abkommen mit Japan und den Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) (vgl. Ziff. 4.3.1 resp. 4.2) über das geltende GATS-Niveau hinausgehende Marktzugangsabsicherungen ausgehandelt sowie einzelne Regeln betreffend Finanzdienstleistungen, Telekommunikationsdienstleistungen, Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Erbringung von Dienstleistungen sowie 548

Verfahren zur Anerkennung von Qualifikationen verbessert. Auch in den laufenden Verhandlungen der EFTA-Staaten über ein Freihandelsabkommen mit Indien sind die Dienstleistungen wichtiger Gegenstand der Gespräche.

In den Verhandlungen über Freihandelsabkommen verfolgt die Schweiz prioritär Verbesserungen für Finanzdienstleistungen (Banken und Versicherungen), Logistikdienstleistungen, unternehmensbezogene Dienstleistungen (Ingenieure usw.) und Dienstleistungen zur Installation und zum Unterhalt von Maschinen. Grundlage dazu bietet das GATS, dessen Regelungen zum grossen Teil als Ausgangsbasis verwendet werden können.

An der WTO-Ministerkonferenz von Anfang Dezember beschlossen die WTOMitgliedstaaten, das Moratorium für die Zollbefreiung des elektronischen Handels zu verlängern (vgl. Ziff. 2.1.1). Dies war eines der Ziele, welche sich die Schweiz und die USA in der 2008 unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung zum elektronischen Handel gesetzt hatten.

5.4

Investitionen

Mit drei Staaten wurden neue bilaterale Investitionsschutzabkommen (ISA) unterzeichnet, die dem Parlament im Rahmen des vorliegenden Aussenwirtschaftsberichts zur Genehmigung unterbreitet werden. Der Investitionsausschuss der OECD hat im Rahmen seiner ständigen Überwachungsfunktion die investitionsrelevanten Massnahmen, welche als Reaktion auf die globale Finanzund Wirtschaftskrise ergriffen wurden, überprüft und die Ergebnisse in einem gemeinsamen Bericht der OECD, WTO und UNCTAD festgehalten. Im Hinblick auf die im Jahr 2010 beginnende Überprüfung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen wurde ein umfassender Konsultationsprozess lanciert.

Internationale Investitionen sind für die Schweiz, wie auch für die meisten anderen Volkswirtschaften, ein zentraler Faktor für Wirtschaftswachstum und Wohlstand.

Neben den OECD-Investitionsinstrumenten kommt bilateralen Verträgen für den Marktzugang und den Schutz grenzüberschreitender Investitionen eine besondere Bedeutung zu. Die Sicherstellung des Marktzutritts für Schweizer Investoren erfolgt im Rahmen von Freihandelsabkommen (vgl. Ziff. 4), welche darüber hinaus teilweise Bestimmungen über den Schutz von Investitionen enthalten. Für den Schutz getätigter Investitionen stehen jedoch die bilateralen Investitionsschutzabkommen (ISA) im Vordergrund. Sie gewähren im Ausland getätigten Investitionen einen umfassenden völkerrechtlichen Schutz und ermöglichen bei Bedarf den Zugang zu internationalen Streitschlichtungsverfahren. Die Schweiz entwickelt ihr Netz bilateraler ISA, welches heute Abkommen mit über 120 Staaten umfasst, laufend weiter.

Dabei geht es in erster Linie darum, ältere Abkommen mit wichtigen Partnerstaaten unter Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen neu auszuhandeln und den Investitionsschutz in qualitativer Hinsicht auszubauen. Daneben ergreifen auch regelmässig Entwicklungsländer die Initiative zum Abschluss eines ISA mit der Schweiz, um dadurch ihre Attraktivität als Investitionsstandort zu erhöhen. Neu abgeschlossene ISA werden dem Parlament in der Regel im Rahmen des Aussenwirtschaftsberichts zur Genehmigung vorgelegt. Entsprechend findet sich in der 549

Beilage des vorliegenden Berichts eine Botschaft mit Antrag auf Genehmigung von drei neu unterzeichneten ISA (Lesotho, China und Tadschikistan, vgl. Ziff. 11.2.3).

In den nächsten Monaten ist zudem die Unterzeichnung des revidierten ISA mit Ägypten geplant. Im Berichtsjahr sind weiter Verhandlungen mit Russland und Tunesien über die Revision des ISA und mit Georgien über den Abschluss eines neuen ISA geführt worden.

Als Antwort auf die zunehmenden Tendenzen verschiedener Staaten, den Marktzugang für Investitionen aus dem Ausland ­ insbesondere aus Gründen der nationalen Sicherheit ­ neuen Zulassungsüberprüfungen und Restriktionen zu unterwerfen, führt der Investitionsausschuss der OECD bereits seit 2006 mehrmals jährlich ein Diskussionsforum (sog. Freedom of Investment Roundtable) durch. Dabei werden die internationalen Entwicklungen sowie spezifische Massnahmen einzelner Staaten analysiert und gemeinsam Politikempfehlungen zur Verhinderung protektionistischer Tendenzen gegenüber ausländischen Investitionen erarbeitet. Gestützt auf die Vorarbeiten des Investitionskomitees verabschiedete der OECD-Rat im Mai an die Empfängerstaaten von Investitionen gerichtete Richtlinien für den Umgang mit ausländischen Investitionen bei gleichzeitiger Wahrung legitimer nationaler Sicherheitsinteressen. Gemäss diesen Grundprinzipien müssen investitionspolitische Massnahmen zur Wahrung der nationalen Sicherheit die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, Transparenz und Verhältnismässigkeit berücksichtigen. Die Anwendung solcher Massnahmen muss zudem geeigneten Überprüfungsmechanismen unterstellt sein.

Neu hat sich der OECD-Investitionsausschuss im Rahmen des Diskussionsforums auch mit investitionsrelevanten Massnahmen z.B. im Finanz- oder Automobilsektor befasst, welche als Reaktion auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise ergriffen wurden. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden dem OECD-Ministerrat und ­ in einem gemeinsam mit der WTO und der UNCTAD erarbeiteten Bericht ­ den Teilnehmern des G20-Gipfels in Pittsburgh vorgelegt. Der Bericht stellt als Folge der Krise weltweit einen markanten Rückgang der grenzüberschreitenden Investitionsflüsse fest, verneint aber einen grundsätzlichen Trend in Richtung Investitionsprotektionismus. Zugleich wird jedoch festgehalten, dass die von den meisten OECDStaaten getroffenen
Stützungsmassnahmen unter Umständen diskriminierende Wirkung für ausländische Investoren entfalten könnten. Der OECD-Investitionsausschuss wird daher seine Überwachung und Berichterstattung weiterführen. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass die OECD ihre Überwachungsfunktion aktiv ausübt und auch eine Diskussion über mögliche Strategien zum Ausstieg der Staaten aus ihren krisenbedingten Beteiligungen in den betroffenen Wirtschaftssektoren führt.

Im Oktober hat die OECD im Hinblick auf die für 2010 geplante Überprüfung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen einen umfassenden Konsultationsprozess lanciert. Die 1976 verabschiedeten Leitsätze bilden einen Bestandteil der OECD-Erklärung über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen, welcher neben den 30 OECD-Mitgliedern 11 weitere Staaten zugestimmt haben. Sie stellen Empfehlungen der Regierungen an die multinationalen Unternehmen dar, die von ihrem Hoheitsgebiet aus operieren, und enthalten einen umfassenden Katalog von Verhaltensweisen zur verantwortungsvollen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility). Damit setzen sie einen international anerkannten Massstab für verantwortungsvolles Unternehmensverhalten, der auch zu gleichen Wettbewerbsbedingungen für die verschiedenen Akteure auf dem internationalen Markt 550

beitragen soll. Bei der geplanten Überprüfung stehen die Präzisierung und Vertiefung einzelner Themenbereiche der Leitsätze sowie Fragen bezüglich der Verfahren zu deren Durchsetzung (Nationale Kontaktpunkte) im Vordergrund.

5.5

Umwelt und Energie

Die internationale Staatengemeinschaft leistete im Berichtsjahr grosse Anstrengungen, um Ende Jahr im Rahmen der UNO Klimakonferenz von Kopenhagen ein neues Klimaabkommen abzuschliessen. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) stellte die alle zwei Jahre stattfindende Ministerkonferenz unter das Thema Klimapolitik. Die Energiecharta bemühte sich darum, nach dem Austritt Russlands andere Formen der Zusammenarbeit mit diesem Land aufzubauen.

Ausgehend von neuen wissenschaftlichen Grundlagen, die 2007 im vierten Sachstandsbericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) veröffentlicht wurden, und den Beschlüssen der Klimakonferenz 2007 in Bali, bis Ende 2009 ein verbindliches neues Klimaregime zu verabschieden, gewannen im Berichtsjahr die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft für einen erfolgreichen Abschluss der Konferenz im Rahmen der UNO-Klimarahmenkonvention in Kopenhagen eine hohe Priorität. Aufgrund der wirtschaftspolitischen Relevanz, die mit der internationalen Klimapolitik einher geht, befassten sich auch die Organisationen der multilateralen Wirtschaftszusammenarbeit (insbesondere die OECD) und der multilateralen Finanzierungsinstitutionen (wie z.B. die Weltbankgruppe) mit der Vorbereitung der Kopenhagen-Konferenz.

An der UNO Klimakonferenz in Kopenhagen haben die Vertragsparteien ein politisches Übereinkommen einer Gruppe von Staats- und Regierungschefs zur Kenntnis genommen. Die rechtlich nicht verbindliche Übereinkunft hat zum Ziel, die Klimaerwärmung auf 2 °C zu beschränken. Um die Entwicklungsländer in ihren Klimaschutzbemühungen zu unterstützen, ist vorgesehen, dass die Industrieländer bis 2012 insgesamt 30 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen. Die Summe soll bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anwachsen, wobei die Mittel sowohl aus öffentlichen und privaten wie auch bilateralen und multilateralen Quellen bereit gestellt werden sollen.

Entscheidende Schlüsselfragen für den Abschluss eines wirksamen und globalen Klimaregimes nach 2012 konnten an der Klimakonferenz in Kopenhagen noch nicht gelöst werden. Die Vertragsparteien haben beschlossen, die Arbeiten bis zur 16. UNO Weltklimakonferenz Ende 2010 fortzusetzen.

Die alle zwei Jahre stattfindende Ministerkonferenz der Internationalen Energieagentur (IEA) stand dieses
Jahr ganz im Zeichen des Klimawandels und der Globalisierung. Betreffend Klimawandel liess die Konferenz die auf IEA-Analysen basierende Erkenntnis verlauten, dass die Begrenzung der atmosphärischen CO2Konzentration auf 450 ppm (parts per million) und somit auch die die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 °C bis 2030 grundsätzlich erreichbar sei. Anfängliche Mehrkosten für klimafreundliche Technologien können sich gemäss IEA durch 551

eingesparte Energiekosten mittel- und langfristig amortisieren. Zur geforderten, ehrgeizigen Begrenzung des globalen CO2-Ausstosses braucht es jedoch eine «Energie-Wende», an welcher sämtliche zur Verfügung stehenden Technologien eingesetzt werden sollten. Die Emissionsverminderung soll zu fast zwei Dritteln durch Einsatz verstärkter Energieeffizienz erfolgen, zu einem Viertel durch erneuerbare Energien und zum Rest durch den Einsatz von Kernkraft und KohlenstoffAbspeicherung und Lagerung (Carbon Capture and Storage, CCS).

Die Konferenz hat auch hinsichtlich Globalisierung neue Akzente gesetzt. Zum ersten Mal haben die Energieminister der drei Nichtmitgliedsstaaten China, Indien und Russland, aktiv teilgenommen. Zwei Drittel der prognostizierten CO2-Emissionsreduktionen müssen durch Massnahmen in Schwellen- und Entwicklungsländern getätigt werden, weil diese die höchsten Wachstums- und Effizienzpotentiale aufweisen. Die Politiken zur Förderung der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien in Schwellenländern wie China und Indien zeigen bereits erste Ergebnisse.

Bereits heute gibt es bei der IEA kaum eine Tätigkeit, an der diese aufstrebenden Volkswirtschaften nicht mitwirken. Die IEA erhielt deshalb den Auftrag, ihre Zusammenarbeit mit Nichtmitgliedern, besonders auf dem Gebiet des Technologietransfers, weiter zu vertiefen. Obwohl die Schwellenländer noch nicht an einer Mitgliedschaft bei der IEA interessiert sind, ist längerfristig eine Erweiterung der IEA unumgänglich.

Im Bereich der Versorgungssicherheit, der traditionellen Kerntätigkeit der IEA, hat die Ministerkonferenz dazu aufgerufen, verstärkte Anstrengungen zur Gewährung der Gasversorgungssicherheit zu unternehmen. Ausschlaggebend dazu waren die russisch-ukrainischen Gaskrisen von Januar 2006 und 2009.

Die Energiecharta war im Berichtsjahr stark von verschiedenen Schritten Russlands geprägt. Im April 2009 hatte der russische Präsident Dmitry Medwedew vorgeschlagen, den Energiecharta-Vertrag durch ein neues globales EnergiesicherheitsAbkommen zu ersetzen. Im August gab Premierminister Putin offiziell die Kündigung der vorläufigen Anwendung des Energiechartavertrags durch Russland bekannt, was gemeinhin als Austritt aus dem Vertrag interpretiert wurde. Darauf beschlossen die übrigen Vertragsparteien, die Wiederaufnahme der seit mehreren
Jahren sistierten Verhandlungen über ein Transitprotokoll. Um Russland nicht gänzlich von der Energiecharta auszuschliessen, wurde Russland speziell zur der Energiechartakonferenz vom Dezember 2009 nach Rom eingeladen. An dieser Konferenz wurde eine Erklärung verabschiedet, welche dem russischen Wunsch nach einem globalen Energiesicherheits-Abkommen teilweise Rechnung trägt. Die Energiecharta sucht nun eine stärkere Zusammenarbeit mit Nicht-Mitgliedern und wenn möglich deren Aufnahme. Die ECE-UNO in Genf hat ihre Zusammenarbeit mit der Energiecharta angeboten. Zusätzlich zieht die Energiecharta auch Abkommen mit wirtschaftlichen Integrationsregionen (z.B. Mercosur, Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, South African Development Community SADC, ASEAN) zwecks Übernahme des Energiecharta-Acquis in Betracht.

Im Januar 2010 ist die Vertragsänderung über Handelsbestimmungen in Kraft getreten. Dadurch erhält die Charta-Konferenz Kompetenzen, eine Stillhalteverpflichtung für angewandte Ein- und Ausfuhrzölle auf Energieträgern sowie auf Energieausrüstungsgütern zu beschliessen. Auf Grund der thematischen Überschneidung mit der WTO drängt sich auch eine stärkere Zusammenarbeit mit dieser Organisation auf.

552

5.6

Wettbewerbsrecht

Im Zuge der Globalisierung wird auch die internationale Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden bei der Beurteilung von grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivitäten immer wichtiger. Im Berichtsjahr waren neben den regelmässigen Tagungen in der OECD Kooperationsvereinbarungen mit Japan, welche im Rahmen des Freihandels- und Partnerschaftsabkommens am 1. September in Kraft getreten sind, sowie Gespräche mit der EU-Kommission zur Prüfung eines möglichen Abkommens von Bedeutung.

Nachdem Unternehmen heute oft global tätig sind, intensiviert sich auch die Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden auf internationaler Ebene. Das mit Datum vom 1. September in Kraft getretene Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft (FHWPA) zwischen der Schweiz und Japan (vgl.

Ziff. 4.3.1) berücksichtigt diese Tatsache: Es hat unter anderem zum Ziel, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu fördern und gleichzeitig zu verhindern, dass Vorteile der Liberalisierung durch allfällige Wettbewerbsbeschränkungen in Frage gestellt werden. Mit Bezug auf die Gewährleistung des Wettbewerbs enthält das Abkommen ausführliche Bestimmungen zur Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden der Vertragsstaaten, so beispielsweise zur Information und Notifikation über relevante Tatbestände und Massnahmen, zur Koordination von Verfahren, zur Berücksichtigung der Interessen des Partnerlandes bei der Umsetzung des Wettbewerbsrechts (negative comity) und zur Möglichkeit, das Eingreifen der Wettbewerbsbehörden des anderen Landes zu beantragen (positive comity). Ohne den Austausch vertraulicher Informationen vorzusehen, ermöglicht das Abkommen eine weitreichende Kooperation mit den Wettbewerbsbehörden des grössten Handelspartners der Schweiz in Asien, wodurch eine effizientere Umsetzung der Wettbewerbsrechte beider Länder erreicht werden soll.

Auch mit der EU wird eine engere Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden geprüft. Nachdem interne Abklärungen die wettbewerbsrechtlichen Vorteile eines Abkommens mit unserem wichtigsten Handelspartner bestätigt haben, wurden in einem exploratorischen Gespräch mit der EU-Kommission Modalitäten eines möglichen Kooperationsabkommens erörtert. Dazu gehören insbesondere die Beschränkung des Informationsaustauschs auf die Wettbewerbsbehörden der EU-Kommission, die Wahrnehmung
der Parteirechte sowie die Opportunität des Austausches auch von vertraulichen Informationen nach Massgabe der beidseitigen Rechtssysteme. Eine Übernahme von EU-Recht wird ausdrücklich ausgeschlossen. Die auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit gestützte Gewährleistung des Wettbewerbs entspricht einer auf Marktöffnung und damit auf den Abbau von Wettbewerbsbeschränkungen ausgerichteten Aussenwirtschaftspolitik, wie sie etwa auch durch die Teilrevision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips; vgl. Ziff. 5.2) oder die Einführung der regionalen Erschöpfung im Patentrecht angestrebt wird.

Die Sitzungen der dreimal jährlich tagenden Wettbewerbsausschüsse der OECD waren geprägt durch wettbewerbsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Finanzkrise. Dabei wurden insbesondere die Berührungspunkte zwischen dem 553

Finanzsektor und der Wettbewerbspolitik, die bei der Restrukturierung des Finanzsektors sich stellenden wettbewerbsrelevanten Fragen sowie allgemein die Herausforderungen, die sich für die Wettbewerbspolitik in Krisenzeiten stellen, thematisiert. In den Diskussionen wurde festgestellt, dass zwar wettbewerbsrechtliche Probleme nicht ursächlich für die Finanzkrise sind, wohl aber die Rettungsmassnahmen wettbewerbsrechtliche Fragen aufwerfen. Ferner wurde betont, dass wettbewerbsrechtliche Aspekte ein wichtiger Teil der Exit-Strategie (Rückführung der krisenbedingten staatlichen Kapitalbeteiligungen) sein müssen. Der Hauptausschuss setzte sodann die im Oktober 2008 begonnene Überprüfung der OECD-Beitrittskandidaten fort. Während die Gespräche mit Chile, Estland, Israel und Slowenien weitgehend abgeschlossen sind, wurde die Prüfung der Übereinstimmung des russischen Wettbewerbsregimes mit den Wettbewerbsstandards der OECD erst in Angriff genommen.

5.7

Öffentliches Beschaffungswesen

Die im Jahre 2004 angelaufenen Marktzugangsverhandlungen im Rahmen der Revision des plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) wurden im Berichtsjahr weitergeführt. Die revidierte Offerte der Schweiz wurde vertieft diskutiert und bildet eine gute Verhandlungsgrundlage. Chinesisch Taipei wurde als Vollmitglied des GPA aufgenommen.

Das GPA umfasst fortan 41 Mitglieder.

Die in der Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise von verschiedenen Ländern beschlossenen Massnahmen zur teilweisen Begrenzung des Zugangs zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten auf nationale Anbieter («buy national») belasteten die Marktzugangsverhandlungen im Rahmen der Revision des GPA. Zur Umsetzung solcher Massnahmen und ihrer Vereinbarkeit mit den WTO-Verpflichtungen gibt es noch zahlreiche offene Fragen, die es zu klären gilt. Dies war der Hauptgrund für einen gewissen Verzug bei den Marktzugangsverhandlungen im Berichtsjahr. Nachdem im Jahre 2006 der erfolgreiche Durchbruch bei den Verhandlungen des Textes des GPA erzielt wurde, kann die Revision des GPA erst dann abgeschlossen werden, wenn es zu einer Einigung bei den Marktzugangsverhandlungen kommt.

Die Ende 2008 eingereichte revidierte Offerte der Schweiz wurde im Berichtsjahr vertieft diskutiert (vgl. Ziff. 2.1.2). Es zeigte sich, dass die schweizerische Offerte eine gute Verhandlungsgrundlage darstellt. Die Schweiz setzte sich zudem mit Erfolg für eine multilaterale Beurteilung der Inhalte sämtlicher Offerten ein.

Chinesisch Taipei trat dem GPA im Juli formell bei. Diese Erweiterung erschliesst den schweizerischen Anbietern ein Beschaffungsmarktvolumen von rund 21 Milliarden US-Dollar. Die Beitrittsverhandlungen mit China und Jordanien wurden fortgesetzt, wobei sich der Beitritt Chinas wahrscheinlich kurzfristig nicht realisieren lässt. Im Berichtsjahr haben Armenien und Moldawien ihre Anträge und Offerten für den Beitritt zum GPA eingereicht.

554

5.8

Schutz des geistigen Eigentums

Aufgrund des Stockens der Arbeiten in den multilateralen Gremien stellt sich auf internationaler Ebene auch bei den Bemühungen um einen besseren Schutz des geistigen Eigentums eine Verlagerung auf die bi- resp. plurilaterale Ebene ein.

Die Schweiz führt entsprechende Dialoge mit China und Indien, hat mit Russland Verhandlungen über ein Abkommen zum Schutz geographischer Herkunftsangaben abgeschlossen und jene über ein plurilaterales Abkommen zur besseren Bekämpfung von Fälschung und Piraterie mit einer Gruppe gleichgesinnter Staaten fortgesetzt.

5.8.1

WTO/TRIPS und Doha-Runde

Die Schweiz setzt sich in der WTO-Doha-Verhandlungsrunde (vgl. Ziff. 2.1) unter anderem für einen besseren Schutz geographischer Herkunftsangaben ein, um diese im internationalen Wettbewerb für Schweizer Qualitätsprodukte gewinnbringend einsetzen und Missbrauch durch unberechtigte Dritte effizienter unterbinden zu können. Nach dem Scheitern des Ministertreffens im Sommer 2008 wurden die entsprechenden Arbeiten auf technischer Ebene in von WTO-Generaldirektor Pascal Lamy geleiteten Konsultationen fortgeführt. Mit Brasilien, China, der EU und Indien koordiniert die Schweiz eine Koalition von 108 WTO-Mitgliedern, die gemeinsam einen Vorschlag für Verhandlungsmodalitäten für die drei TRIPS-Themen der WTO-Doha-Runde vorgelegt haben. Dieser betrifft die Ausdehnung des höheren Schutzes des TRIPS-Abkommens für geographische Herkunftsangaben für Weine und Spirituosen auf alle anderen Produkte, die Etablierung eines multilateralen Registers für geographische Herkunftsangaben für Weine und Spirituosen sowie die Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen bei Patentanmeldungen.

5.8.2

Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Die 62. Weltgesundheitsversammlung verabschiedete am 22. Mai die noch ausstehenden Elemente des Aktionsplans zum Thema «Öffentliche Gesundheit, Innovation und geistiges Eigentum». Der Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die dazugehörige «globale Strategie» stellen ein umfassendes Programm zur Intensivierung der Forschung und Entwicklung von neuen Medikamenten und Impfstoffen für die speziellen Bedürfnisse der Entwicklungsländer und zur Verbesserung des Zugangs dieser Länder zu Medikamenten dar. Mit der endgültigen Verabschiedung des WHO-Aktionsplans können die Ressourcen nun auf die eigentliche Implementierung fokussiert werden. Im Rahmen einer vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) geleiteten verwaltungsinternen Arbeitsgruppe macht sich die Schweiz zudem an die nationale Umsetzung des WHO-Aktionsplans, insofern als seine Massnahmen die WHOMitgliedstaatenebene betreffen.

555

5.8.3

Schutz des geistigen Eigentums in bilateralen und EFTA Freihandelsabkommen

Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist in seinen Handelsbeziehungen auf einen guten Schutz der Immaterialgüterrechte und deren effektive Durchsetzung gegen Verletzungen angewiesen. Die EFTA-Freihandelsabkommen (vgl. Ziff. 4) enthalten deshalb in der Regel ein Kapitel zum Schutz des geistigen Eigentums, das in einzelnen, für die Schweizer Wirtschaftsinteressen wichtigen Aspekten über die Minimalstandards des WTO/TRIPS-Abkommens hinausgeht. Dabei trägt die EFTA dem wirtschaftlichen Entwicklungsstand des jeweiligen Verhandlungspartners Rechnung.

Ziel ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, welche zu einem handels- und investitionsfreundlichen Klima beitragen. Das gilt auch für diejenigen Freihandelsabkommen, die die Schweiz bilateral mit einem Drittland aushandelt, wie etwa bei dem im Berichtsjahr in Kraft getretene Freihandelsabkommen mit Japan (vgl. Ziff. 4.3.1).

Ebenso wie auf nationaler Ebene messen Japan und die Schweiz dem Schutz des geistigen Eigentums in ihren bilateralen Wirtschaftbeziehungen eine grosse Bedeutung zu, weshalb das Abkommen nun das umfangreichste Kapitel über den Immaterialgüterrechtsschutz enthält, welches die Schweiz je in einem Freihandelsabkommen abgeschlossen hat. Im Sinne eines Novums für Japan enthält es auch Bestimmungen über den Schutz geographischer Herkunftsangaben und entsprechende Anhänge mit schweizerischen und japanischen Herkunftsangaben.

5.8.4

Verhandlungen über ein plurilaterales Abkommen zur Bekämpfung der Fälschung und Piraterie (ACTA)

Die Verhandlungen über ein Abkommen zur Bekämpfung von Fälschung und Piraterie (Anti-Counterfeiting Trade Agreement, ACTA) wurden nach einer durch den US-Regierungswechsel bedingten Pause fortgesetzt. Sie sollen bis Ende 2010 abgeschlossen werden. Die Schweiz nimmt an diesen von Japan und den USA initiierten, plurilateralen Verhandlungen teil, ebenso wie Australien, Kanada, die EU und ihre Mitgliedstaaten, Korea, Mexiko, Marokko, Neuseeland und Singapur.

Ziel der Initiative ist es, ein Abkommen mit wirkungsvollen Rechtsdurchsetzungsund Zollmassnahmen zur Bekämpfung von Fälschung und Piraterie auszuhandeln.

ACTA soll künftig international als Referenzstandard dienen, verstärkte Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft und der einzelnen Länder bewirken und so einen Beitrag zur Bekämpfung des stetig zunehmenden globalen Phänomens der Fälschung und Piraterie leisten.

5.8.5

Bilateraler Dialog über geistiges Eigentum mit BRIC-Ländern

In konsequenter Umsetzung der vom Bundesrat beschlossenen aussenwirtschaftlichen Strategie legt die Schweiz auch im Bereich Schutz des geistigen Eigentums besonderen Stellenwert auf die Vertiefung der Beziehungen mit den wichtigsten Schwellenländern (BRIC: Brasilien, China, Indien, Russland). Die 2007 institutionalisiert aufgenommenen bilateralen Dialoge zum geistigen Eigentum mit Indien und China wurden fortgeführt. Im Zentrum der Dialoge stehen wichtige Anliegen und Probleme der in 556

China und Indien tätigen Schweizer Wirtschaftsunternehmen im Zusammenhang mit dem Schutz des geistigen Eigentums. Mit Russland konnten die Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen über den gegenseitigen Schutz der geographischen Herkunftsangaben der beiden Länder in der Substanz abgeschlossen werden.

6

Internationales Finanzsystem Das Berichtsjahr ist insgesamt von einem Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung gekennzeichnet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet nun für 2010 eine regional unterschiedlich ausgeprägte Erholung. Das IWFLänderexamen der Schweiz zieht eine positive Bilanz der Schweizer Wirtschaftspolitik. Der IWF treibt umfassende Reformen voran und mobilisiert erhebliche Mittel für die Krisenbewältigung. Der Bundesrat unterstreicht die Bedeutung der Bretton-Woods-Institutionen und spricht sich dafür aus, die Position der Schweiz in diesen zu stärken.

Das Financial Stability Forum wird zum Financial Stability Board (FSB) erweitert und erhält ein umfassendes Mandat mit dem Ziel, massgeblich zur Stärkung des Finanzsystems beizutragen. Der Bundesrat setzt sich zum Ziel, das Engagement der Schweiz im FSB zu stärken.

Die Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (FATF) analysiert Möglichkeiten zur Stärkung der Finanzintegrität und treibt die Evaluation seiner Mitgliedsländer voran.

Im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet die Schweiz eine Reihe von Protokollen und Abkommen mit Bestimmungen über den Informationsaustausch nach dem OECD-Standard. Das Global Forum on Transparency and Exchange of Information verabschiedet ein neues Mandat und eine neue Gouvernanz-Struktur.

6.1

Internationaler Währungsfonds (IWF)

6.1.1

Lage der Weltwirtschaft

Für das Jahr 2009 geht der IWF erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges von einem Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung aus. In seiner Herbstschätzung prognostiziert der IWF ein Schrumpfen des weltweiten Bruttoinlandprodukts (BIP) um 1,1 %, wobei die Krise in den Industriestaaten besonders ausgeprägt ist.

Die Schwellen- und Entwicklungsländer verzeichnen für 2009 bei grosser regionaler Disparität insgesamt ein leichtes Wachstum, welches von einem anhaltend starken Wachstum im asiatischen Raum ­ allen voran China ­ getragen wird. Diese Schätzungen beinhalten bereits die sich für das zweite Halbjahr andeutende Erholung der Weltwirtschaft, die für 2010 ein globales Wachstum von 3,1 % erwarten lässt.

Starker Wachstumsmotor bleiben auch 2010 die asiatischen Schwellenländer, während für die Industriestaaten nur eine langsame Expansion um 1,3 % prognostiziert wird. Diese moderaten Wachstumszahlen deuten auf ein möglicherweise tieferes Potentialwachstum in den kommenden Jahren als Folge der Krise hin.

557

Der IWF unterstreicht, dass diverse Risiken die prognostizierte Erholung gefährden könnten. So könnten notwendige Reformen im Finanzsektor angesichts erster Anzeichen eines Aufschwungs ausbleiben. Ausserdem warnt der IWF vor einem unkoordinierten und verfrühten Ausstieg aus staatlichen Stabilisierungsmassnahmen.

Die öffentlichen Haushalte werden zudem in den kommenden Jahren einen erheblichen Refinanzierungsbedarf haben, der seinerseits die Refinanzierungsmöglichkeiten des Privatsektors beeinträchtigen könnte.

6.1.2

IWF-Länderexamen der Schweiz

Am 26. Mai wurde das jährliche IWF-Länderexamen der Schweiz publiziert. Der IWF lobt die Schweizer Wirtschaftspolitik mit Blick auf die umfassende Reaktion auf die Krise, insbesondere hinsichtlich der Entwicklungen im Finanzsektor. Der IWF erachtet die Massnahmen zur Sanierung des Finanzsektors für angemessen und gut durchdacht. Angesichts der zentralen Bedeutung des Finanzplatzes für die Schweiz misst der IWF dessen Regulierung und Aufsicht eine massgebliche Rolle bei, die es weiter zu stärken gilt.

Im Rahmen des Länderexamens ging der IWF für das Jahr 2009 mit Blick auf den Einbruch bei Exporten und Investitionen von einem Rückgang des schweizerischen BIP von 3 % aus. Dieser Wert wurde in der Herbstschätzung des IWF angesichts der sich andeutenden globalen Erholung auf 2 % revidiert.

Der IWF begrüsst die fiskalische Disziplin vergangener Jahre, die der Schweiz Spielraum für staatliche Impulsprogramme liessen. Die Schweiz unterstrich in der abschliessenden Diskussion im IWF-Exekutivrat diesbezüglich, dass der vorgesehene mehrstufige Ansatz eine adäquate Ausrichtung fiskalischer Impulse auf die tatsächliche Entwicklung der Wirtschaft zuliess.

Die Massnahmen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zur Sicherung der Liquidität im Finanzsystem wurden als wirksam eingestuft. Der IWF teilt die Auffassung der SNB, dass eine expansive Geldpolitik auch mit Rückgriff auf unkonventionelle Massnahmen im gegenwärtigen Umfeld angemessen sei. Die Rückkehr zu einer konventionellen Geldpolitik werde dann auf ein Wiedererstarken der Wirtschaft abzustimmen sein.

Darüber hinaus hat der IWF 2009 die Transparenz des Bundeshaushalts in der Schweiz evaluiert. Er überprüft auf diese Weise die Einhaltung des Code of Good Practices on Fiscal Transparency in seinen Mitgliedsländern. In seinem am 7. Juli veröffentlichten Report on the Observance of Standards and Codes bescheinigt der IWF der Schweiz erhebliche Fortschritte im Bereich des Fiskalmanagements. So werden in allen Kernbereichen internationale Standards erreicht. Potential für weitere Verbesserungen sieht der IWF u.a. bei der Veröffentlichung zusätzlicher Daten und Informationen zu den Haushaltsrisiken des Bundes sowie bei der Offenlegung und Quantifizierung von Steuervergünstigungen.

558

6.1.3

Weitere IWF-Themen

Die Auswirkungen der Krise auf die Finanzmärkte und die Realwirtschaft haben die Frühjahrs- und Jahrestagung der Bretton-Woods-Institutionen dominiert. Angesichts einer sprunghaft angestiegenen Nachfrage nach IWF-Mitteln sprach sich der Internationale Währungs- und Finanzausschuss (IMFC), das ministerielle Steuerungsorgan des IWF, bei seiner Frühjahrstagung für eine mehrstufige Aufstockung der IWF-Ressourcen aus und griff somit den entsprechenden Vorschlag der Staats- und Regierungschefs der G20 auf. Die Ankündigung des IMFC umfasste die kurzfristige Bereitstellung von 250 Milliarden US-Dollar durch bilaterale Kreditvereinbarungen und die Emission von IWF-Anleihen, eine allgemeine Allokation von Sonderziehungsrechten (SZR ­ Währungseinheit des IWF) an die Mitgliedsländer im Gegenwert von 250 Milliarden US-Dollar sowie die Aufstockung der sogenannten Neuen Kreditvereinbarungen (NKV) ­ der Rückversicherungsfazilität des IWF ­ um bis zu 500 Milliarden US-Dollar.

Die bilateralen Beiträge zielen darauf ab, den Zugang zu IWF-Mittel für Mitgliedsländer mit Zahlungsbilanzungleichgewichten in der derzeitigen Krise zu gewährleisten und somit zur Stabilität des internationalen Finanz- und Währungssystems beizutragen. Die Schweiz hat ihre Unterstützung durch die Bereitstellung von bis zu 10 Milliarden US-Dollar durch eine Kreditlinie der SNB, vorbehaltlich der parlamentarischen Zustimmung, in Aussicht gestellt. Der Bundesrat hat in der Folge mit seiner Botschaft über den ausserordentlichen, zeitlich befristeten Beitrag zur Aufstockung der Mittel des Internationalen Währungsfonds im Rahmen der internationalen Währungshilfe vom 6. Mai (BBl 2009 3399) den Eidgenössischen Räten einen Beschlussentwurf für den erforderlichen Rahmenkredit unterbreitet. Der Bundesrat betonte in seiner Klausur-Sitzung im Oktober erneut die Bedeutung der BrettonWoods-Institutionen für die Schweiz und beauftragte das EFD zusammen mit dem EVD und dem EDA damit, Massnahmen zu treffen, um die Stellung der Schweiz im IWF und in der Weltbank zu wahren.

Am 28. August wurde die angekündigte allgemeine Zuteilung von SZR umgesetzt.

SZR beinhalten das Recht, diese im SZR-System gegen Devisen zu tauschen. Sie schaffen somit zusätzliche internationale Liquidität, um Liquiditätsengpässe in Mitgliedsländern zu mildern. Darüber hinaus wurde am
9. September das Fourth Amendment, eine ausstehende Änderung der Statuten des IWF, vollzogen, die eine gesonderte Allokation von SZR beinhaltet. Der Anteil der Schweiz an der allgemeinen und der gesonderten Allokation beträgt 2,5 Milliarden SZR bzw. 724 Millionen SZR, was zusammen rund 5 Milliarden US-Dollar entspricht.

Wie im Vorjahr hat der IWF auch 2009 eine Reihe von Beistandsabkommen abgeschlossen, um betroffenen Mitgliedsländern bei der Überwindung wirtschaftlicher Ungleichgewichte zu unterstützen.29 Hinzu kommen weitere finanzielle Zusagen in der Höhe von rund 78 Milliarden US-Dollar im Rahmen der 2009 geschaffenen Flexible Credit Line (FCL). Diese Fazilität ermöglicht Ländern mit einem wirtschaftspolitisch starken Ausweis, vorsorgliche Kreditlinien beim IWF einzurichten.

Die FCL ist Teil einer umfassenden Reform der IWF-Kreditvergabe im Berichtsjahr.

Weitere Anpassungen betreffen die Verdoppelung der regulären Zugangslimiten für IWF-Kredite sowie die Einführung von vorsorgenden Beistandsabkommen mit 29

Weitere Informationen zu den Kreditabkommen des IWF sind auf der Homepage des IWF unter folgendem Link verfügbar: http://www.imf.org/cgi-shl/create_x.pl?fa

559

ausserordentlichen Zugangslimiten. Darüber hinaus wurde die Konditionalität in IWF-Programmen mit der Abschaffung von strukturellen Performance-Kriterien reduziert. Die konzessionelle Kreditvergabe für ärmere Länder wurde in drei neue Fazilitäten strukturiert, welche den unterschiedlichen Finanzierungsbedürfnissen der relativ heterogenen Gruppe ärmerer Länder Rechnung tragen. Mit der Extended Credit Facility (ECF) wurde ein mittelfristiges Instrument geschaffen, das auf eine strukturelle Unterstützung abzielt. Die Standby Credit Facility (SCF) hingegen unterstützt ärmere Länder bei kurzfristigen Zahlungsbilanzschwierigkeiten, während die Rapid Credit Facility (RCF) als Notfallinstrument konzipiert wurde. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Bezugslimiten bei der konzessionellen Mittelvergabe zu verdoppeln, die Mittel für die Kreditvergabe an ärmere Länder mittelfristig zu verdreifachen und den Zinssatz für die Inanspruchnahme der ECF und RCF zunächst bis Ende 2011 auf null (SCF auf 0,25 %) zu senken. Die Schweiz hat die grundlegende Überprüfung der Kreditvergabe an die ärmeren Länder begrüsst, jedoch betont, dass der IWF weiterhin auf den Bereich seiner komparativen Vorteile ­ der makroökonomischen Beratung und technischen Unterstützung ­ fokussiert bleiben müsse.

Am 1. Mai konnte der erste einer geplanten Reihe von sachbezogenen Treuhandfonds des IWF lanciert werden. Dieser Fonds unterstützt die technische Hilfe im Bereich der Geldwäschereibekämpfung und der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Die Schweiz engagiert sich mit 5 Millionen US-Dollar über fünf Jahre als einer der führenden Beitragszahler und übernahm 2009 die Leitung des Steuerungsausschusses des Treuhandfonds.

Die wirtschaftspolitische Überwachung durch den IWF, die sog. Surveillance, stellt einen weiteren Kernbereich des IWF-Mandats dar. In diesem Zusammenhang wurde 2009 die Zusammenarbeit mit dem Financial Stability Board (FSB; vgl. Ziff. 6.2) intensiviert und u.a. die Entwicklung eines gemeinsamen Frühwarnsystems angestossen. Ferner wurden die Prioritäten der Überwachung an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst. Entsprechend ist geplant, das Financial Stability Assessment Programm flexibler einzusetzen und ­ wie seit Längerem von der Schweiz gefordert ­ stärker in die jeweiligen Länderexamen einzubinden.
Zudem wird sich der IWF bei der Entwicklung von abgestimmten Ausstiegsstrategien aus den staatlichen Stützungsmassnahmen einbringen und wirtschaftspolitische Lehren aus der Finanz- und Wirtschaftskrise erarbeiten. Eine grundsätzliche Diskussion über Umfang und Inhalt des IWF-Mandats soll bis zur Jahrestagung 2010 vorangebracht werden.

Des Weiteren forderte der IMFC an seiner Tagung im April den IWF-Exekutivrat auf, die nächste Quotenüberprüfung bereits bis Januar 2011 abzuschliessen. In diesem Zusammenhang sollen die Quotenanteile dynamischer Schwellen- und Entwicklungsländer auf Basis der bestehenden Quotenformel um mindestens 5 % angehoben werden. Die Länderquoten wurden zuletzt 2008 angepasst. Diese Anpassung muss noch mit dem erforderlichen Mehr der Mitgliedsländer ratifiziert werden.

Der IWF-Exekutivrat erarbeitete 2009 einen Bericht mit Vorschlägen zur Verbesserung der Gouvernanz des Währungsfonds, der u.a. eine Stärkung des IMFC vorsieht.

Die Diskussionen hierzu, die auch eng mit der Repräsentanz der Mitgliedsländer im IWF verknüpft sind, sollen in den kommenden Monaten vorangebracht werden.

560

6.1.4

Finanzielle Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF

Die kumulierten Quoten aller IWF-Mitgliedsstaaten betrugen im Oktober 217,4 Milliarden SZR, umgerechnet ca. 353,6 Milliarden Franken. Auf die Länderquote der Schweiz entfallen hiervon 5,6 Milliarden Franken (1,59 %). Dies entspricht ungefähr dem schweizerischen Stimmrechtsanteil im IWF von 1,57 %. Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über die Kreditverpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF.

Kreditverpflichtungen der Schweiz gegenüber dem IWF per Ende Oktober 2009 In Mio. Fr., gerundet

Beansprucht

Noch beanspruchbar

Total beanspruchbar

Reserveposition beim IWF Allgemeinen Kreditvereinbarungen und Neuen Kreditvereinbarungen Erwerb und Veräusserung von SZR Armutsverringerungs- und Wachstumsfazilität

1239.7 ­

4390.2 2506.9

5 629.9 2 506.9

255.4 337.8

2420.8 46.7

2 676.2 384.5

Total Kreditbeiträge

1832.9

9364.6

11 197.5

Quelle: SNB (2009)

Zur Finanzierung der Zinsreduktion für die konzessionelle Kreditvergabe des IWF leistete die Schweiz 2009 à-fonds-perdu-Zahlungen an den Poverty Reduction and Growth Facility-Heaviliy Indepted Poor Countries (PRGF-HIPC)-Treuhandfonds in Höhe von 5,3 Millionen Franken. Dieser Beitrag basiert auf dem Bundesbeschluss vom 11. März 1998 (BBl 1998 1481).

Währungshilfe im Sinne des Währungshilfegesetzes (SR 941.13) wurde im Berichtsjahr nicht geleistet. Der erwähnte allfällige Beitrag zur Aufstockung der Mittel des IWF von bis zu 10 Milliarden US-Dollar unterliegt noch der parlamentarischen Prüfung. Der bislang für potentielle Massnahmen bereitstehende Rahmenkredit in Höhe von 2,5 Milliarden Franken (Währungshilfebeschluss, BBl 2004 4981) wäre am 30. September ausgelaufen. Er wurde am 27. Mai per Bundesbeschluss (BBl 2009 4803) bis zum 25. Dezember 2013 verlängert.

561

6.2

Financial Stability Board (FSB)30

Die Finanzkrise hat die Notwendigkeit verdeutlicht, die Regulierung des Finanzsektors zielgerichteter und wirksamer zu gestalten. Diese Regulierung ist in einer globalisierten Welt durch die internationalen Organisationen zu koordinieren. So wurde am 2. April am G20-Gipfel in London auf der Basis des Financial Stability Forum (FSF) das FSB mit einem erweiterten Mandat geschaffen. Neben den Mitgliedern des FSF gehören ihm auch die übrigen G20-Mitglieder, Spanien und die Europäische Kommission an. Das FSB umfasst hochrangige Vertreter der Finanzministerien, Notenbanken, Finanzaufsichtbehörden und internationalen Finanzinstitutionen.

Es besteht aus einem Steering Committee (Leitungsausschuss), einer Plenarversammlung, drei Standing Committees (ständige Arbeitsgruppen) und einem Sekretariat.

Die Schweiz ist seit 2007 Mitglied im FSF und erhielt bei der Erweiterung zum FSB einen zweiten Sitz. An seiner Klausursitzung im Oktober hat der Bundesrat zudem beschlossen, das Engagement der Schweiz im FSB zu verstärken. Gegenwärtig ist die Schweiz Mitglied des Leitungsausschusses und in zwei der drei Standing Committees des FSB, welche die Reformen der Finanzmärkte koordinieren. Laut der am 25. September veröffentlichten Charta besteht das Hauptziel des FSB darin, zur Stabilisierung des globalen Finanzsystems beizutragen. Zur Erreichung dieses Ziels fördert es eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Finanzaufsicht unter den nationalen Finanz- und Aufsichtsbehörden.

Das FSB hat unter anderem folgende Aufgaben: ­

Schwachstellen des Finanzsystems zu untersuchen und die notwendigen Schritte zu deren Behebung zu ermitteln;

­

mit dem IWF zusammenzuarbeiten, um besondere Risiken im Markt zu bestimmen und auf sie hinzuweisen;

­

die internationalen Standards zu beurteilen;

­

die Errichtung und Funktionsfähigkeit von Aufsichtskollegien, insbesondere für systemrelevante Finanzinstitute, zu fördern.

Das FSB hat an der letzten Plenarsitzung vom September in Paris die jüngsten Arbeiten fertig gestellt und die noch laufenden vorgestellt. Abgeschlossen wurde unter anderem Folgendes: ­

Die Eigenmittelanforderungen im Handelsbuch wurden erhöht.

­

Für Finanzinstitute wurden neue Standards für das Risikomanagement eingeführt.

­

Die Grundsätze des FSB hinsichtlich Vergütungen im Finanzsektor wurden in das Rahmenwerk der Basler Eigenmittelanforderungen integriert.

­

Für den Markt für Credit Default Swaps wurden zentrale Gegenparteien eingerichtet.

30

562

In den vergangenen Jahren wurden an dieser Stelle die Arbeiten im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, in der Internationalen Organisation für Effektenhandelsaufseher (IOSCO), im Joint Forum und im Internationalen Verband der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) aufgeführt. Die Berichterstattung wird nun durch den Jahresbericht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) abgedeckt.

­

Eine verbesserte Aufsicht für Ratingagenturen wurde eingeführt.

­

International akzeptierte Grundsätze für die Regulierung und Aufsicht der Hedge-Fonds wurden verabschiedet.

­

Koordination und Zusammenarbeit der Aufsichtsinstitutionen für die Beaufsichtigung der wichtigsten Finanzinstitute wurden vollumfänglich eingeführt.

­

Es wurde eine Matrix zur Überprüfung der Einhaltung der internationalen Standards für sämtliche Mitglieder erstellt. Alle Mitglieder haben sich verpflichtet, die Evaluation dieser internationalen Standards vorzunehmen.

Weiter haben sie sich verpflichtet, sich hinsichtlich der Einhaltung der Standards zur Stärkung der Finanzstabilität periodisch überprüfen zu lassen. Die Schweiz hat sich zu einer solchen peer review für 2011 bereit erklärt.

Unter anderem sind folgende Arbeiten im Gange: ­

Bis Ende 2010 werden strengere Eigenmittelanforderungen für systemrelevante Institute und antizyklische Massnahmen eingeführt werden, sobald sich die Märkte erholt haben und sich das Wachstum zu stabilisieren begonnen hat.

­

Die Publikation neuer Standards betreffend der Gesamtliquidität der Banken durch den Basler Ausschuss ist bis Ende 2009 vorgesehen.

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Bis in einem Jahr werden Massnahmen in Bezug auf die Finanzinstitute, die als «too big to fail» gelten, getroffen werden.

­

Im Dezember 2009 wurden Kriterien zur Identifikation von Jurisdiktionen, die bezüglich Informationsaustausch im Finanzmarktbereich einer genauen Beobachtung zu unterstellen sind, verabschiedet. Bis Anfangs Januar sollen die Überprüfungsprozeduren und die Massnahmen gegen nicht-kooperative Jurisdiktionen von der Plenarversammlung verabschiedet werden. Ab Ende Februar 2010 werden die Überprüfungen für systemisch relevante Jurisdiktionen in Angriff genommen. Diese sollen bis Ende 2010 bereits eine wesentliche Verbesserung bei der Einhaltung der Anforderungen und der Zusammenarbeit zwischen den Jurisdiktionen bewirken.

Die Schweiz hat im FSB aktiv an der Erarbeitung zahlreicher Massnahmen mitgewirkt und trägt zu einem korrekten und effizienten Ablauf der periodischen Überprüfungen der Mitglieder des FSB hinsichtlich der Einhaltung der Standards bei.

Insbesondere unterstützt sie die Massnahmen zur Stärkung der Stabilität der Finanzmärkte. Von zentraler Bedeutung sind die konkreten Fortschritte bei der Festlegung von Standards im Bereich der Eigenmittel und der Liquidität von Finanzinstituten sowie die Grundsätze für Vergütungen im Finanzsektor. Diese Massnahmen sind eine wichtige Voraussetzung zur Erhöhung der Stabilität des internationalen Finanzsystems. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat bereits konkrete Massnahmen zur Festigung der Stabilität des Finanzplatzes Schweiz umgesetzt. So hat sie unter anderem höhere Eigenmittel vorgeschrieben, einen maximalen Verschuldungsgrad festgelegt und ein Rundschreiben zur Vergütungspolitik ab 2010 erarbeitet. Zudem überarbeitet die FINMA gegenwärtig zusammen mit der SNB die Liquiditätsregulierung der Grossbanken und beabsichtigt deren Inkraftsetzung in 2010.

563

6.3

Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäscherei (FATF)

Auf Initiative der G20 hat die FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) die angemessene Reaktion auf die weltweite Finanzkrise unter dem Gesichtspunkt der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung umfassend analysiert. Der entsprechende Bericht wurde den Finanzministern der G20 im Hinblick auf ihr Treffen vom 4./5. September in London unterbreitet. Das Dokument erläutert die geplanten neuen Massnahmen der FATF, insbesondere die Überprüfung der Verfahren für die Identifikation und die Behandlung der unkooperativen Staaten und der Jurisdiktionen, die ein erhöhtes Risiko darstellen. Im Rahmen einer teilweisen Revision der Empfehlungen der FATF werden zudem Vorschriften zur Stärkung der Finanzintegrität geprüft. Im Bereich der Finanzierung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen hat die FATF Massnahmen zur Bekämpfung dieses Phänomens einer Vorprüfung unterzogen.

Die FATF setzte die Überprüfung ihrer Mitgliedstaaten im Rahmen der dritten Runde fort. In dieser Runde mit annähernd universeller Tragweite, die 2011 abgeschlossen sein sollte, wurden bereits 28 Mitgliedstaaten geprüft. Im Berichtsjahr waren dies Südafrika, Österreich, Korea, Neuseeland und Aruba. Im Oktober hat die FATF die erheblichen Fortschritte anerkannt, welche die Schweiz bei der Entwicklung ihres Systems für die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung erzielt hat. Die Schweiz wird somit künftig anstatt im ordentlichen Verfahren nur noch alle zwei Jahre und in einem einfacheren Verfahren überprüft.

Zusammen mit dieser Anerkennung hat die FATF jedoch einige Mängel festgestellt, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung der internationalen Standards zur Einfrierung von Guthaben terroristischer Herkunft, die Wirksamkeit des Verdachtsmeldesystems und die Beibehaltung der Inhaberaktien, sofern geeignete Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz fehlen. Das einfachere zweijährliche Überprüfungsverfahren verlangt, dass die Schweiz ab Oktober 2011 regelmässig über die Entwicklungen in ihrem System zur Geldwäschereibekämpfung Bericht erstattet. Neben der Schweiz wurden auch Italien, Norwegen und Grossbritannien die weitere Prüfung im vereinfachten Verfahren zuerkannt.

Die FATF setzte in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ihre Arbeiten über einen risikobasierten Ansatz fort. Im Juni
verabschiedete sie Richtlinien über den risikobasierten Ansatz für die Geldüberweisungsdienste und Wechselstuben (Money Service Businesses). Ausserdem wurden im Oktober ähnliche Richtlinien für die Lebensversicherungen verabschiedet.

Im Rahmen der Arbeiten der FATF über die Methoden und Entwicklungen in der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung wurden mehrere Berichte verabschiedet und publiziert. Diese befassen sich mit den Schwachstellen auf dem Gebiet der Casinos und Spielbanken, im Effektenhandel und im Fussballsektor. Im Übrigen wurden im Juni bewährte Praktiken in Bezug auf die Einfrierung von Guthaben terroristischer Herkunft verabschiedet. Im Oktober wurde Südkorea Mitglied der FATF.

564

6.4

Internationale Steuerfragen

6.4.1

Globales Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen

Das Globale Forum für Steuerfragen (Global Forum on Taxation) , das eine internationale Standardregelung bezüglich der Transparenz und der Zusammenarbeit im internationalen Steuerwesen durchsetzen soll, hat seine Arbeiten fortgesetzt (vgl.

Ziff. 2.2.1). Vor dem Hintergrund der Finanzkrise und im Anschluss an den Druck der G20 zur Verstärkung der Steuerbetrugsbekämpfung wurden im ersten Halbjahr in Bezug auf die Anerkennung und Verabschiedung des internationalen Standards für Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen, der an der OECD erarbeitet wurde, rasch erhebliche Fortschritte erzielt. Damit wurde das Ziel des Globalen Forums für Steuerfragen weitgehend erreicht.

Anfang September fand ein Treffen des Globalen Forums, neu Globales Forum über Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen (Global Forum on Transparency and Exchange of Information for tax purposes), in Mexiko statt mit dem Ziel, eine neue Gouvernanz-Struktur und neue Arbeitsmethoden festzulegen. Die Mitglieder dieses Forums, das heute über 90 Jurisdiktionen zählt, haben ein neues Mandat verabschiedet. Es soll ein solider, umfassender und universeller Prozess für die Kontrolle und die peer review eingerichtet werden. Dieser soll sicherstellen, dass die Mitglieder ihren Verpflichtungen nachkommen, das Globale Forum auf neue Mitglieder erweitert wird, die Entwicklungsländer miteinbezogen sowie diejenigen Nichtmitglieder identifiziert und beurteilt werden, die sich nicht zur Übernahme des Standards verpflichtet oder ihn nicht umgesetzt haben. Damit soll verhindert werden, dass diese aus der Nichtmitgliedsschaft einen Nutzen ziehen können.

Zur Analyse des rechtlichen und administrativen Rahmens in den einzelnen Jurisdiktionen und zur Überwachung der konkreten Anwendung dieser Standards wurde ein peer review Team gebildet. Im Rahmen ihres neuen internationalen Engagements im Bereich des Informationsaustausches hat die Schweiz an diesem Treffen teilgenommen und ist nun in den Organen des Globalen Forums vertreten.

Gleichzeitig hat das Globale Forum den Bericht «Tax Co-Operation: Towards a Level Playing Field: 2009 Assessment by the Global Forum on Transparency and Exchange of Information» veröffentlicht. Darin werden die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen für die Transparenz und den Informationsaustausch in 87 Staaten dargestellt.

6.4.2

Doppelbesteuerungsabkommen

Nachdem der Bundesrat am 13. März bekannt gegeben hatte, dass die Schweiz künftig bereit ist, im Bereich des Informationsaustauschs den OECD-Standard zu übernehmen, und diese neue Amtshilfepolitik durch die Revision ihrer Doppelbesteuerungsabkommen umsetzen wird, fanden mit zahlreichen Staaten entsprechende Verhandlungen statt. Protokolle oder Abkommen mit einer Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem OECD-Standard wurden inzwischen unterzeichnet mit Dänemark (gilt aufgrund eines separaten, mit Dänemark unterzeichneten Briefwechsels auch für die Färöer-Inseln), Luxemburg, Frankreich, Norwegen, Österreich, Grossbritannien, Mexiko, Finnland, den USA und Katar.

565

Mit Spanien kommt überdies eine Meistbegünstigungsklausel zum Tragen. Diese sieht eine Gleichbehandlung für den Fall vor, dass die Schweiz mit einem anderen EU-Mitgliedstaat einen weiter gehenden Informationsaustausch vereinbart.

7

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit Im Jahr 2009 hat die Schweiz insgesamt 226 Millionen Franken für Unterstützungsmassnahmen im Rahmen der bilateralen wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern (167 Mio. Franken) sowie mit Ländern Osteuropas und der GUS (59 Mio. Franken) ausbezahlt.

Bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern konzentrierte sich die Schweiz auf die Umsetzung des neuen Rahmenkredits. Nach Verabschiedung der Strategien für die sieben Schwerpunktländer ­ Ägypten, Ghana, Südafrika, Indonesien, Vietnam, Kolumbien und Peru ­ durch den Bundesrat im Juni wurde mit dem Ausbau der Aktivitäten in diesen Ländern begonnen.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat teils gravierende Auswirkungen auf die Entwicklungs- und Transitionsländer und könnte die Entwicklungserfolge der letzten Jahre zunichte machen. Die Staatengemeinschaft räumte deswegen der Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen zur Bewältigung von Finanzierungsengpässen und zur Abfederung negativer Konsequenzen insbesondere für die ärmsten Bevölkerungsschichten in den Entwicklungs- und Transitionsländern einen hohen Stellenwert ein. Die Schweiz hat sowohl mit bilateralen Massnahmen wie auch in Zusammenarbeit mit den multilateralen Entwicklungsbanken Mittel zur Bewältigung der Auswirkungen der Krise bereitgestellt. Gleichzeitig wurden die Finanzergebnisse der multilateralen Banken selber durch die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten beeinträchtigt. Erhöhte Ausleihprogramme führten dazu, dass die Entwicklungsbanken die langfristige Angemessenheit ihrer Ressourcenausstattung, namentlich ihre Kapitalbasis, überprüfen. Bei verschiedenen Banken wird voraussichtlich im nächsten Jahr eine Kapitalerhöhung beschlossen.

Am 21. Oktober hat der Bundesrat den Bericht zu den Bundesbeschlüssen vom 8. Dezember 2008 über die Weiterführung der Entwicklungszusammenarbeit über die Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe auf 0,5 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) verabschiedet. Darin anerkennt der Bundesrat das Ziel, den Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe zu steigern. Er hat deshalbvorgesehen, dem Parlament eine Botschaft zur Teilnahme der Schweiz an den Kapitalerhöhungen der multilateralen Entwicklungsbanken und den Wiederauffüllungen der Entwicklungsfonds der Afrikanischen und Interamerikanischen
Entwicklungsbank zu unterbreiten. Angesichts der finanzpolitischen Situation und unter Umsetzung seines Beschlusses zur Konsolidierung des Haushaltes, wird er aber dem Parlament bis 2013 keine Aufstockungen der Kredite beantragen. Der Bericht wird voraussichtlich in beiden Kammern in der Frühjahrssession 2010 behandelt werden.

Die Zusammenarbeit mit den Ländern Osteuropas und der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) wurde fortgesetzt. Der Fokus wurde auf die Bereiche Energie und Wasser bei der Infrastrukturfinanzierung sowie die Stärkung der

566

wirtschaftlichen Gouvernanz und Verbesserung der Transparenz in der Verwaltung öffentlicher Mittel bei der makroökonomischen Unterstützung gelegt.

Im Rahmen des Beitrags an die erweiterte EU ist im Berichtsjahr eine grosse Anzahl von Projektfinanzierungsgesuchen eingegangen. Ausbezahlt wurden insgesamt 63 Millionen Franken. Die Botschaft für einen Beitrag an Bulgarien und Rumänien wurde vom Nationalrat im September, vom Ständerat im Dezember gutgeheissen.

7.1

Bilaterale Unterstützungsmassnahmen

7.1.1

Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Entwicklungsländern

7.1.1.1

Makroökonomische Unterstützung

Die zum Teil gravierenden Konsequenzen der Finanzkrise für unsere Partnerländer erforderten eine rasche Reaktion, die sich in bilateralen sowie in international koordinierten Initiativen materialisierte. So wurde am Anfang des Jahres eine weitere Budgethilfe für Ghana vom Bundesrat genehmigt. Dies stellt einen konkreten Beitrag dar, Ghana bei der Bewältigung dieser Krise zu unterstützen, notwendige Anpassungen vorzunehmen und damit negative Effekte auf Wachstum und Armut zu begrenzen. Im Rahmen der von der Schweiz und anderen Gebern unterstützten Financial Sector Reform and Strengthening Initiative (FIRST) wurde eine zusätzliche Fazilität eröffnet, welche sich spezifisch auf technische Unterstützung der Partnerländer zur Stärkung der Kapazitäten zur Krisenprävention und Krisenmanagement konzentriert. Weitere Massnahmen, etwa zur Entwicklung der Kapitalmärkte für lokale Wertpapiere, werden zurzeit analysiert. Die Finanzkrise hat bestätigt, dass der Fokus der Schweiz im Finanzsektor auf die Verbesserung der Finanzsektorinfrastruktur und Finanzsysteme richtig ist, und dass nur durch die Stärkung der lokalen Kompetenzen eine nachhaltige Eingliederung in die globalen Finanzmärkte gelingen kann. Vor diesem Hintergrund wurden verschiedene Aktivitäten zur institutionellen Verstärkung und Professionalisierung der Finanzsektorexperten in unseren Prioritätsländern durchgeführt (Vietnam) bzw. identifiziert (Peru).

In den sieben Schwerpunktländern der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit wurden einige neue Initiativen zur Stärkung der makroökonomischen Rahmenbedingungen lanciert. In Vietnam beteiligt sich die Schweiz an der von der Weltbank koordinierten Budgethilfe und einer multi-Geber-Initiative zur Unterstützung der Reformen in der öffentlichen Finanzverwaltung. In Indonesien wird ein umfassender Reformprozess unterstützt, der in sämtlichen Bereichen des öffentlichen Finanzwesens zu einer Stärkung der Institutionen führen soll. Als Ergänzung zu den Aktivitäten in den Schwerpunktländern wurde die Partnerschaft mit dem IWF, mit welcher technische Assistenzprogramme im makroökonomischen Bereich umgesetzt werden, neu definiert und über drei Kanäle gestaltet: a) über Regionale Zentren zur technischen Unterstützung, b) über thematische multi-Geber- Treuhänderfonds, c) über spezifisch errichtete Konten,
die zur Finanzierung von bilateralen Aktivitäten verwendet werden. Eine erste Massnahme unter diesem neuen Abkommen, eine Beteiligung an dem thematischen Treuhänderfond zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung, wurde bereits genehmigt.

567

7.1.1.2

Handelsrelevante Entwicklungszusammenarbeit

In der Handelsförderung standen im Berichtsjahr die Weiterführung der internationalen Debatte zum Thema «Aid for Trade» (vgl. Ziff. 1.4.2) sowie die Finanzierung von klimarelevanten Massnahmen in den Bereiche Tropenwald und Industrie im Vordergrund.

Der dramatische Anstieg der Rohstoffpreise im Vorjahr zusammen mit der Wirtschaftskrise führte dazu, dass die Rohstoffnachfrage drastisch zurück ging und die Exporte auch aus Entwicklungsländern einbrachen. Ziel der Massnahmen im Handelsbereich war es deshalb, Rohstoffproduzenten sowie Halb- und Fertigfabrikatehersteller in Entwicklungsländern für die Zeit nach der Krise vorzubereiten. Bei sämtlichen bestehenden Exportförderprogrammen wurde zu diesem Zweck der Akzent auf die Vermittlung von Know-how im Bereich Einhaltung internationaler technischer Qualitätsstandards sowie Verpackungs- und Produktekennzeichnungsvorschriften gesetzt. Darüber hinaus konnten mit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Genf zwei Programme zur Verbesserung der Arbeitsabläufe, Erhöhung der Arbeitssicherheit und Umsetzung der IAO-Kernkonventionen auf Unternehmensebene lanciert werden. Das Programm «Better Work» richtet sich an Exportunternehmen und vermittelt das Know-how bezüglich Anforderungen von privaten Industriestandards. Ergänzend dazu richtet sich das Programm SCORE an kleinere Zulieferbertriebe, die ihrerseits die internationalen Anforderungen ebenfalls erfüllen müssen. Um längerfristig das Wissen über Handelspolitik und -recht in den Partnerländern der Schweiz zu verbessern, konnte zusammen mit dem World Trade Institute (WTI) der Universität Bern ein Universitätsnetzwerk in Vietnam, Südafrika und Peru aufgebaut werden. Ziel dieses Netzwerkes ist es, in den betroffenen Universitäten das Wissen über Handelspolitik und -recht international anzugleichen und zusammen mit dem WTI in Bern Masterkurse auf diesem Gebiet anzubieten.

Im multilateralen Kontext befasste sich die Schweiz auch im Berichtsjahr mit der Verbesserung der Handelskapazitäten der ärmsten Entwicklungsländer, die im Rahmen des Enhanced Integrated Framework (EIF) vorangetrieben wird. Zwei von der Schweiz finanzierte Länderprogramme in Laos und Mozambique wurden gestartet. Darüber hinaus ist die Schweiz der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) beigetreten. Diese zielt darauf ab,
Regierungen bei der Etablierung transparenter Prozesse bei Konzessionsvergaben und bei der Verwendung der Einnahmen aus diesen Konzessionen an Rohstoffunternehmen (u.a. Mineralien, Erdöl und Edelsteine) zu unterstützen. Im Bereich des Klimaschutzes engagierte sich die Schweiz für Massnahmen gegen die Zerstörung des Tropenwaldes sowie für die Stärkung der Mitigationsmassnahmen bei der Industrie. Die Unterstützung läuft insbesondere über den Carbon Finance Assist-Fonds der Weltbank. Im Vordergrund der Arbeiten stehen die Stärkung der für Klimaprojekte relevanten Institutionen in Entwicklungsländern, der Aufbau von neuen Methodologien für die Projektdurchführung im Bereich Clean Development Mechanism (CDM) sowie die Durchführung der weltgrössten CDM-Projektbörse. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Weltbank konnte die Entwicklung und Bereitstellung von innovativen Versicherungsinstrumenten bezüglich Klimaschutz (Wetterversicherungen) und Ernährungssicherheit (Ernteausfall) in den Ländern des Südens ausgebaut werden. Im Rahmen der EFTAFreihandelsabkommen mit Ägypten, Tunesien, Peru und Kolumbien wurden ver-

568

schiedene Projekte zur Verbesserung der Exportkapazitäten sowie zur Einführung umweltfreundlicher Produktionsweisen in der Industrie lanciert.

7.1.1.3

Investitionsförderung

Die Aktivitäten der Schweiz im Rahmen der Investitionsförderung sind auf die Verbesserung des Geschäftsumfelds und die KMU-Förderung in den Partnerländern ausgerichtet.

Im Berichtsjahr wurde das Programm im Bereich der Investitionsförderung in den sieben Schwerpunktländern auf- und ausgebaut. In Ägypten engagiert sich die Schweiz im Bereich der Wirtschaftsmediation, d.h. der aussergerichtlichen Bewältigung von Konflikten zwischen Unternehmen. In Kolumbien hat ein Projekt zur Optimierung der behördlichen Inspektionen von Unternehmen begonnen, und in Indonesien sind Massnahmen geplant, welche die Registrierung von KMU vereinfachen sowie die Unternehmensführung in der Privatwirtschaft verbessern sollen.

Diese von der Schweiz finanzierten Projekte werden über die Internationalen Finanzgesellschaft (IFC) umgesetzt.

Als Antwort auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Schweiz ihr Engagement in der Handelsfinanzierung verstärkt. Dazu gehört die Beteiligung bzw. die Gewährung von Garantien an zwei nachhaltigkeitsorientierte Fonds; zum einen dem Triodos Sustainable Trade Fund, welcher Finanzierungen für den Export biologisch produzierter Landwirtschaftserzeugnisse bereitstellt und zum anderen dem responsAbility Development Investments Fonds mit Sitz in Zürich, welcher innovative KMU, u.a. in den Bereichen Bioprodukte und erneuerbare Energien, mitfinanziert.

Zusätzlich wird in den Schwerpunktländern im Süden eine Initiative der Weltbank unterstützt, welche lokalen Banken mittels technischer Assistenz und Ausbildung im Auf- bzw. Ausbau ihres Handelsfinanzierungsgeschäfts hilft.

Die Umsetzung zur Etablierung der SIFEM AG (Swiss Investment Fund for Emerging Markets) als eine durch den Bund kontrollierte und kapitalisierte schweizerische Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft sollte in der ersten Jahreshälfte 2010 abgeschlossen werden.

7.1.1.4

Infrastrukturfinanzierung

Die Verbesserung der Basisinfrastruktur in Entwicklungsländern wird auf drei Hauptachsen verfolgt. Eine wichtige Bedeutung hat die Finanzierung und Einführung moderner Umwelttechnologien und -verfahren, welche in den Partnerländern noch nicht eingesetzt werden und welche eine Effizienzsteigerung sowie eine Reduktion von Emissionen bzw. einen schonenderen Umgang mit Ressourcen ermöglichen. In anderen Projekten wird der Fokus auf die Verbesserung der Finanzkraft und Kreditwürdigkeit von Versorgungsbetrieben gelegt. Zudem beteiligt sich die Schweiz an der Verbesserung der sektoralen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, welche für eine nachhaltige Entwicklung und Versorgung der Wirtschaft und Bevölkerung mit Basisinfrastruktur notwendig sind.

In Vietnam wurde ein mit der Weltbank finanziertes Projekt zur Förderung erneuerbarer Energien lanciert. Das Ziel ist die Ausarbeitung der gesetzlichen, regulatori569

schen und finanzpolitischen Grundlagen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sowie die Vorbereitung erster Projektvorschläge. In Peru wurden Vorarbeiten für ein mögliches Wasserprojekt mit Beteiligung des Privatsektors in Zusammenarbeit mit anderen Gebern geleistet. Damit soll die peruanische Regierung in ihrer Strategie der sektoralen Aufgabenteilung (Versorgung, Regulierung und Planung) und der betrieblichen Stärkung der Wasserversorgungsgesellschaften unterstützt werden. Im Bereich der Umwelttechnologie konnte die Vorbereitung eines umfangreichen Projekts zur Abwasserentsorgung in drei verschiedenen Regionen Ägyptens abgeschlossen werden. Im Rahmen dieses Projekts sollen die Wassergesellschaften im Aufbau und im Management eines sicheren und effizienten Abwassersystems in weniger gut erschlossenen Gebieten mit finanziellen Mitteln und Beratung unterstützt werden.

7.1.2

Unterstützungsmassnahmen zugunsten von Ländern Osteuropas und der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS)

7.1.2.1

Infrastrukturfinanzierung

Das umfassendste Programm in Osteuropa und der GUS stellt die Infrastrukturfinanzierung dar. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf die Sektoren Energie und Wasser sowie auf einzelne Projekte im Bereich öffentlicher Verkehr. Eine besondere Wichtigkeit wird dabei den Themen Energieeffizienz/erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und betriebliche Gouvernanz eingeräumt. Mit Investitionen in die Modernisierung und den Ausbau der Basisinfrastruktur und mit begleitenden technischen, institutionellen und sektorpolitischen Massnahmen wird ein Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und zur regionalen Integration dieser Länder geleistet.

Wichtige Fortschritte konnten sowohl im Energie- wie auch im Wasserprogramm erreicht werden. In beiden Bereichen verfügt die Schweiz über hochwertige Güter und Dienstleistungen sowie über langjährige Erfahrungen im Management der Infrastrukturanlagen. Ein wichtiges Sanierungsprojekt des Stromversorgungsnetzes in Tadschikistan, welches mit der Asiatischen Entwicklungsbank finanziert wurde, konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Die Sanierung von Unterstationen hat geholfen, die Versorgungssicherheit deutlich zu verbessern, die Stromverluste zu reduzieren und die Überwachung des Netzes zu optimieren. In Bosnien und Herzegowina konnte der letzte Liefervertrag für das grösste Wasserkraftwerk des Landes vergeben werden. Mit diesem Projekt konnten die Produktionseffizienz gesteigert und die finanzielle Lage des Kraftwerks nachhaltig verbessert werden. In Albanien wurde ein Projekt zum Aufbau eines Überwachungssystems für die wichtigste Staudammkaskade, welche fast die gesamte Stromversorgung des Landes gewährleistet, gutgeheissen. Mit Schweizer Technologie und Know-how soll Albanien im Aufbau und im Management des Monitoringnetzes unterstützt werden. Dieses soll den internationalen Standards entsprechen, Albaniens Stellung im regionalen Energieverbund stärken und das Risiko eines Staudammbruchs mindern.

Zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung werden sowohl Investitionen in die Netze und die Produktions- und Kläranlagen getätigt als auch Unterstützungsmassnahmen zur Verbesserung des Managements der Wassergesellschaften sowie zur Durchführung von Sektorreformen finanziert. Im Berichts570

jahr wurde ein neues Projekt zur Verbesserung der Wasserversorgung und der Stärkung der Wassergesellschaft in Bischkek (Kirgistan) vorbereitet. Die Zusammenarbeit mit der Europäischen Entwicklungsbank ermöglicht in Bischkek einen Hebeleffekt, welcher durch die Kombination eines Finanzierungszuschusses und eines kommerziellen Bankkredits erreicht wird. Ein ähnliches Projekt ist im Norden Tadschikistans in Vorbereitung. Dieses hat zum Ziel, die Dezentralisierung der Wasserversorgung in mittelgrossen Städten zu fördern und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Wasserbetriebe zu erreichen. Das Vorgehen basiert auf den positiven Erfahrungen aus dem Khudschand Wasserprojekt, dessen erste Phase im Vorjahr abgeschlossen wurde. Ergänzend zu getätigten Investitionen haben in Kosovo die Unterstützungsmassnahmen für die «Nationale Task Force Wasser» begonnen.

Diese wurde zur Vorbereitung und Umsetzung eines nationalen Reformprogramms für den Wassersektor, welches klare Ziele, Verantwortlichkeiten, Finanzierungsmechanismen und Besitzverhältnisse regeln soll, eingesetzt.

7.1.2.2

Makroökonomische Unterstützung

In Zentralasien und im Balkan wurden Aktivitäten lanciert, welche auf eine Verbesserung der Transparenz in der Verwaltung öffentlicher Mittel zielen. So wurden in Aserbaidschan und Tadschikistan Projekte zur institutionellen Stärkung der für die Finanzkontrolle zuständigen nationalen Behörden initiiert. Zur Stärkung der wirtschaftlichen Führung in Usbekistan und Kirgisistan sollen zwei Projekte zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung beitragen,. So soll auch der Fokus des Politikdialogs im Rahmen der zu Gunsten von Kosovo genehmigten Budgethilfe auf der Bekämpfung der Korruption und der Verbesserung der Gouvernanz liegen.

Die bestehende Fazilität mit dem IWF zur technischen Unterstützung der Länder in Zentralasien und Südosteuropa wurde neu gestaltet, um Nachhaltigkeits-, Effizienzund Effektivitätsaspekten besser Rechnung zu tragen. Auch auf regionaler Ebene hat sich die Schweiz an der PEM-PAL-Initiative (Public Expenditure Management Peer Assisted Learning) beteiligt, die den Austausch und gegenseitiges Lernen zwischen Budget- und Finanzspezialisten aus der Region fördert.

7.1.2.3

Investitionsförderung und handelsrelevante Zusammenarbeit

Die Ukraine ist eines der am stärksten von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise betroffenen Länder in Osteuropa. Im Rahmen der strategischen Partnerschaft mit der IFC wurden deshalb zwei Projekte initiiert, welche die lokalen Finanzintermediäre wie die KMU dabei unterstützen, die unmittelbaren Auswirkungen der Krise zu bewältigen. Dabei steht das Kreditwesen im Vordergrund. Vordringlich ist aber auch, das Land für die Zeit nach der Krise zu rüsten. In diesem Zusammenhang steht u.a. ein geplantes Projekt zur Finanzierung von Energieeffizienzmassnahmen im Gebäudebereich.

In Südosteuropa wurde ein in Bosnien und Herzegowina sowie Serbien laufendes Programm zum Abbau administrativer Hürden bei der Unternehmensgründung, das zur verstärkten Investitionstätigkeit beitragen soll, auf weitere Länder ausgeweitet.

571

Zugleich hat sich die Schweiz massgeblich an einer Initiative der Weltbank beteiligt, welche zum Ziel hat, den Markt für Gebäudeversicherungen im Fall von Naturkatastrophen zu entwickeln. Die projektausführende Rückversicherungsgesellschaft wird in der Schweiz domiziliert und reguliert sein.

Im Rahmen der handelsrelevanten Zusammenarbeit konnte in Serbien die dritte Phase des Programms zur Stärkung einer liberaleren Handelspolitik lanciert werden.

Im Vordergrund stehen dabei die Unterstützung von Serbien im Hinblick auf den Beitritt zur WTO, die Verbesserung des Schutzes des geistigen Eigentums und der Aufbau eines modernen Systems zur Definition von geografischen Herkunftsbezeichnungen. Ferner sollen das Verständnis und die Anwendung von internationalen Standards verbessert und die Exporte in die EU und die Schweiz über das Swiss Import Promotion Programm (SIPPO) gesteigert werden. In den zentralasiatischen Ländern Tadschikistan und Kirgisistan wurde in Zusammenarbeit mit dem internationalen Handelszentrum (ITC) in Genf ein Programm zur Modernisierung des Textilsektors und Steigerung seiner Exportfähigkeit gestartet.

7.1.3

Erweiterungsbeitrag

Mit dem Erweiterungsbeitrag beteiligt sich die Schweiz am Abbau der wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten innerhalb der erweiterten EU (vgl. Ziff. 3.1.3). Im Berichtsjahr wurden in allen Partnerländern Aufforderungen zur Einreichung von Projektvorschlägen («calls for proposals») veröffentlicht oder Projekte direkt von den Regierungen eingereicht. Das SECO und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die auf Schweizer Seite für die Umsetzung des Erweiterungsbeitrags zuständig sind, erhielten eine grosse Anzahl von offiziellen Projektfinanzierungsgesuchen für eine erste Prüfung. Bis Oktober 2009 haben das SECO und die DEZA Projekte im Gesamtbetrag von 438 Millionen Franken grundsätzlich oder definitiv genehmigt. 28 Projektabkommen im Umfang von 80,1 Millionen Franken konnten bereits unterzeichnet werden. Die Auszahlungen belaufen sich auf 63 Millionen Franken. An den Jahrestreffen mit den zehn Partnerstaaten wurde eine positive Zwischenbilanz gezogen. Aufgrund der mit den zehn Partnerländern vereinbarten Planung werden die Mittel des Erweiterungsbeitrags wie vorgesehen bis Mitte 2012 für prioritäre Projekte/Programme verpflichtet werden können.

Am 5. Juni hat der Bundesrat die Botschaft zum Rahmenkredit für einen Erweiterungsbeitrag zugunsten von Bulgarien und Rumänien an das Parlament überwiesen.

Der Nationalrat hat die Botschaft im September, der Ständerat im Dezember gutgeheissen. Nach dem Willen des Bundesrates soll sich der Beitrag zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zugunsten der zwei neuen EU-Mitgliedstaaten für eine Verpflichtungsperiode von fünf Jahren auf insgesamt 257 Millionen Franken (Bulgarien: 76 Mio.; Rumänien: 181 Mio.) belaufen.

572

7.2

Multilaterale Entwicklungsorganisationen

7.2.1

Weltbankgruppe

Die Weltbankgruppe war in der Lage, auf die Finanzkrise zu reagieren und eine antizyklische Rolle zu spielen. Dank einer soliden und vorsichtigen Verwaltung ihrer Ressourcen während der letzten Jahre konnte die Bank ihre Finanzhilfe für die von der Krise getroffenen Länder rasch und substanziell erhöhen und dabei trotzdem ihr AAA-Rating aufrecht erhalten. Während des Geschäftsjahres hat die Weltbankgruppe ihre Verpflichtungen um 54 % erhöht, womit sie den Rekordstand von 59 Milliarden US-Dollar erreichen. Diese Erhöhung zeigt sich hauptsächlich in der Verdreifachung der Verpflichtungen der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), die nun insgesamt 33 Milliarden US-Dollar ausmachen, und die Verpflichtungen der Internationalen Entwicklungsagentur (IDA) haben den noch nie dagewesenen Stand von 14 Milliarden US-Dollar erreicht. Die Weltbank hat ihre Verpflichtungen vorwiegend auf drei Bereiche konzentriert: Förderung der Entwicklung der Infrastrukturen, Hilfe für die ärmsten Bevölkerungsgruppen und massive Unterstützung des Privatsektors.

Kapitalerhöhung der IBRD und der IFC Laut eigenen Analysen wird die IBRD mittelfristig nicht um eine allgemeine Kapitalerhöhung herumkommen, wenn sie ihre zukünftigen Verpflichtungen nicht reduzieren will. Die Finanzergebnisse der IFC, die den Privatsektor in den Entwicklungsländern unterstützt, wurden durch die Finanzkrise stark beeinträchtigt. Die Kursrückgänge der letzten Zeit an den Börsen führen für das Geschäftsjahr zu Verlusten. So musste die IFC ihre Verpflichtungen im Vergleich zum Vorjahr reduzieren. Laut Finanzprognosen der IFC, die sich auf das aktuelle Wachstumsprogramm stützen, wird die Institution ohne eine Kapitalerhöhung nicht über die notwendigen Kapazitäten für die Weiterführung ihres Aktionsprogramms nach 2012 verfügen. Die Kapitalerhöhungen der IBRD und der IFC werden so im Jahr 2010 wohl zu intensiven Diskussionen Anlass geben.

Vertretung der Mitgliedsländer in den Leitungsorganen Nachdem im Oktober 2008 die erste Phase der Reform der Stimmen und der Beteiligung der Entwicklungs- und Transitionsländer in der Leitung der Institution gutgeheissen wurde, hat die Weltbank 2009 die zweite Reformphase begonnen. Diese Phase konzentriert sich auf die Stärkung der Anteile der Entwicklungs- und Transitionsländer in der IBRD und der
IFC. Sie sollte bis zur Frühjahresversammlung im April 2010 fertig ausgearbeitet sein. Diese Massnahmen sollten keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Vertretung der Schweiz im Verwaltungsrat der Weltbank haben; die Schweiz dürfte dort ihren ständigen Sitz behalten.

7.2.2

Regionale Entwicklungsbanken

7.2.2.1

Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB)

Auch die AfDB und der Afrikanische Entwicklungsfonds (ADF) haben im Zuge der global abgestimmten Massnahmen zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise ihre Ausleihtätigkeit zugunsten der afrikanischen Länder intensiviert. Angesichts dringender und erhöhter Bedürfnisse durch das Versiegen traditioneller 573

Finanz- und Einnahmequellen in vielen Entwicklungsländern wurden Bank- und Fondsmittel beschleunigt verpflichtet. Damit wird auch die AfDB schon bald an die Grenzen ihrer statutarisch festgelegten Ausleihkapazität stossen; Diskussionen unter den Mitgliedsländern über eine mögliche sechste allgemeine Kapitalerhöhung wurden eröffnet. Dabei wird, wie im Fall der anderen Entwicklungsbanken, zu klären sein, ob eine ausreichende Begründung für eine Kapitalerhöhung vorliegt und die Verbindung insbesondere zwischen strategischer Ausrichtung der Bank, Bedarf, Absorptions- und Implementierungskapazität zufriedenstellend ausfällt. Ein Grundsatzentscheid wird für den Frühling 2010 erwartet. Anlässlich der mid-term review des ADF-11 wurde die kontinuierliche Umsetzung der institutionellen Reformen der Bankgruppe, u.a. hinsichtlich einer weiteren Verbesserung der Wirksamkeit und der institutionellen Kapazitäten, überprüft. Die Gebergemeinschaft gelangte zu einer positiven Bewertung der in den letzten zwei Jahren geleisteten Arbeit. Damit konnte eine wichtige Grundlage für die laufenden Kapitalerhöhungsverhandlungen gelegt werden. Gleichzeitig fanden erste Konsultationen über die für 2010 geplanten Wiederauffüllungsverhandlungen des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF-12) statt.

7.2.2.2

Asiatische Entwicklungsbank (AsDB)

Die Diskussionen über eine fünfte allgemeine Kapitalerhöhung bei der AsDB wurden bereits im Frühling 2008 vor dem Hintergrund der Langfriststrategie 2020 lanciert. Die Strategie 2020 sieht ein höheres Ausleihvolumen zugunsten der weiter fortgeschrittenen Entwicklungsländer Asiens vor. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde die Begründung für eine Kapitalerhöhung zusätzlich gestärkt. Im April stimmte die Schweiz, zusammen mit den anderen Mitgliedsländern, der Erhöhung der Kapitalbasis grundsätzlich zu; sie geht damit jedoch keine automatische Verpflichtung ein, ihren Anteil an neuen Aktien in der Folge auch einzulösen. Die AsDB kann somit ihr Kapital um 200 % oder rund 86 Milliarden US-Dollar erhöhen. Kapitalerhöhungen erlauben es, mit relativ geringem Mitteleinsatz ­ in diesem Fall sind nur 4 % der Erhöhung von den Anteilseignern einzuzahlen ­ eine grosse Hebelwirkung zu erzielen. Für die Schweiz, die einen Anteil von 0,58 % am Aktienkapital der AsDB hält, bedeutet das, dass sie 498 Millionen US-Dollar zeichnen kann, wovon jedoch nur 20 Millionen über fünf Jahre einzuzahlen sind. Die Subskriptionsperiode läuft bis bis Ende 2010.

Als Massnahme zur Bekämpfung der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise stellte die AsDB mehr als 10 Milliarden US-Dollar zusätzliche Mittel bereit.

Das gesamte Ausleihvolumen für die Zweijahresperiode 2009­10 steigt damit auf 32 Milliarden US-Dollar. Das Handelsfinanzierungsprogramm wurde intensiviert, Kofinanzierungen stärker gefördert sowie eine spezielle «Anti-zyklische Unterstützungsfazilität» für kurzfristige Liquiditätsprobleme von Entwicklungsländern geschaffen. Parallel zur Ausweitung des Finanzvolumens wurden institutionelle Reformen schrittweise weiter umgesetzt.

574

7.2.2.3

Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB)

Die Finanz- und Wirtschaftskrise führte zu einer erhöhten Nachfrage nach Krediten.

Im Besonderen hat die IDB zusätzlich zu den angestammten Instrumenten eine spezielle Liquiditätsfazilität für nachhaltiges Wachstum im Umfang von 6 Milliarden US-Dollar beschlossen. Infolge dieser erhöhten Verpflichtungen haben auch die Diskussionen über die angemessene Kapitalausstattung der IDB konkrete Formen angenommen. An der 50. Jahresversammlung erteilten die Mitgliedsländer der IDB das Mandat, eine umfassende Analyse über den Bedarf einer Kapitalerhöhung und die Wiederauffüllung des konzessionellen Fensters (Fund for Special Operations, FSO) zu lancieren. Erste Szenarien sehen eine Verdoppelung der Kapitalbasis von 100 Milliarden US-Dollar auf 200 Milliarden vor. Ein definitiver Entscheid über eine Kapitalerhöhung und die Wiederauffüllung des FSO wird voraussichtlich an der nächsten Jahrestagung der IDB im März 2010 gefällt.

China ist seit Herbst 2008 Mitglied der IDB und gehört seit Februar zur gleichen Stimmrechtgruppe wie die Schweiz, Belgien, Deutschland, Israel, Italien und die Niederlande.

7.2.2.4

Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)

Neben Auswirkungen auf die Finanzrechnung der EBRD führte die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise dazu, dass neue Unterstützungsmassnahmen für die Volkswirtschaften der Transitionsländer ergriffen wurden, die von der Krise besonders stark betroffen sind. Damit soll ihnen geholfen werden, den Schwierigkeiten bei der Refinanzierung der Finanzinstitute sowie dem praktisch vollständigen Wegfall privater Investoren bei den Industrie- und Infrastrukturprojekten zu begegnen. So hat die Bank 2009 mit rund 8 Milliarden Euro ein Tätigkeitsvolumen von historischer Höhe realisiert. Ausserdem wurde die Weiterverfolgung der Idee der «Graduierung» der neuen EU-Mitgliedstaaten verschoben.

Die OECD-Standards für die Zusammenarbeit in Steuerfragen waren Gegenstand von Diskussionen, in denen die Schweiz sich stark eingesetzt hat, um die Einführung einer diskriminierenden Politik zu vermeiden. Eine Politik zu diesem Thema innerhalb der Institution muss 2010 noch festgelegt werden. Die Vorbereitungsarbeiten für den mittelfristigen Strategieplan (2011­2015) intensivieren sich im Laufe des zweiten Halbjahrs 2009 im Hinblick auf einen Entscheid der Bankgouverneure im Frühjahr 2010. Dabei wird auch die Hypothese einer Kapitalerhöhung thematisiert.

7.2.2.5

Entwicklungsbank des Europarates (CEB)

Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise und deren grossen Auswirkungen in den osteuropäischen Kernzielländern der CEB, hatte die CEB eine starke Erhöhung der Nachfrage nach ihren Krediten zu verzeichnen. Während die Teilhaber der Sicherung der finanziellen Solidität der CEB (AAA-Rating) besondere Bedeutung beigemessen haben, wurde besonders in der zweiten Jahreshälfte die Fortsetzung der Anstrengungen zur Reformierung der Gouvernanz der Bank

575

priorisiert. Die entsprechenden Reformen werden bei der Umsetzung des neuen strategischen Fünfjahresplans, welcher anfangs 2010 verabschiedet wird, einfliessen.

8

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen Auch die bilateralen Schweizer Wirtschaftsbeziehungen wurden im Berichtsjahr stark von den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftkrise beeinflusst. So wurde insbesondere unsere Exportwirtschaft hart von der Rezession in den wichtigsten Absatzmärkten ­ Europa und Nordamerika ­ getroffen.

Obwohl sich die These der «Entkoppelung» der Volkswirtschaften wichtiger Entwicklungs- und Schwellenländer vom Wirtschaftsverlauf in den Industriestaaten nicht völlig bestätigte, setzte in vielen Staaten des Ostens und Südens die Krise später und die Erholung früher ein. Entsprechend wurde die Umsetzung der in den vergangen drei Jahren vom Bundesrat verabschiedeten Aussenwirtschaftsstrategien gegenüber besonders zukunftsträchtigen Märkten ­ Brasilien, Russland, Indien und China (BRICs) sowie dem Golfkooperationsrat (GCC), Mexiko und Südafrika ­ im Berichtsjahr weiter vorangetrieben. Dabei standen vor allem die Aufnahme von Freihandelsgesprächen, Wirtschaftsmissionen sowie die Abhaltung zahlreicher Gemischter Kommissionssitzungen mit den Partnerländern im Vordergrund. Im Februar verabschiedete der Bundesrat ausserdem Aussenwirtschaftsstrategien für Indonesien und die Türkei.

Auch die Wirtschaftsbeziehungen mit unseren traditionellen Handelspartnern waren durch rege Kontakte auf höchstem Niveau gekennzeichnet. Einen Höhepunkt bildete dabei die im Februar erfolgte Unterzeichnung des bilateralen Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und Japan, welches bereits ein halbes Jahr darauf in Kraft trat. Zur Promotion dieses Abkommens reiste die Vorsteherin des EVD, Bundesrätin Doris Leuthard, im Oktober erneut nach Japan. Neben zahlreichen bilateralen Besuchen innerhalb Europas begab sie sich im Juli zudem auf Wirtschaftsmission in die USA.

8.1

Westeuropa und Südosteuropa

Aufgrund der auf dem europäischen Kontinent besonders ausgeprägten internationalen Wirtschaftskrise verringerte sich der Anteil Europas am gesamtschweizerischen Aussenhandel im Berichtsjahr auf 71 % (Vorjahr 73 %). Die EU, auf die 69 % des schweizerischen Aussenhandels entfielen, blieb der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Der Handelsverkehr mit den 27 Mitgliedsländern der EU nahm in den ersten drei Quartalen um 18 % ab. Im Gegensatz zum Vorjahr verringerte sich die Bedeutung der zentraleuropäischen Länder als Absatzmärkte für schweizerische Exporte, da diese insgesamt um 27 % zurückgingen. Auch der Aussenhandel mit der Türkei erfuhr in den ersten neun Monaten des Berichtsjahrs einen empfindlichen Rückgang von 30 %.

576

Die Intensivierung der bilateralen Kontakte mit den EU-Mitgliedsstaaten ist im Berichtsjahr fortgesetzt worden. Im Januar empfing die Vorsteherin des EVD, Bundesrätin Doris Leuthard, die spanische Ministerin für Wissenschaft und Innovation, Cristina Garmendia. Im März besuchte sie Polen, wo sie Gespräche mit dem Vizepremierminister und Wirtschaftsminister Waldemar Pawlak, der Ministerin für Regionalentwicklung Elzbieta Bienkowska und Landwirtschaftsminister Marek Sawicki führte. Im Juni traf sich die Bundesrätin in Zürich mit dem italienischen Minister für Wirtschaftsentwicklung Claudio Scajola im Rahmen der Feierlichkeiten zum hundertsten Jahrestag der Gründung der Italienischen Handelskammer für die Schweiz. Im gleichen Monat weilte sie zu einem offiziellen Besuch in den Niederlanden, wo Gespräche mit Premierminister Jan Pieter Balkenende, Wirtschaftsministerin Maria Van der Hoeven, Landwirtschaftsministerin Gerda Verburg sowie Wissenschafts- und Bildungsminister Ronald Plasterk stattfanden. Ende Juni wurde in Luzern das alljährliche Dreiertreffen der Wirtschaftsminister Deutschlands, Österreichs und der Schweiz durchgeführt. Dabei wurde die erfolgreiche Tätigkeit der am letztjährigen Treffen eingesetzten trilateralen Arbeitsgruppe, die sich mit Fragen der Umsetzung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU bzw. der flankierenden Massnahmen beschäftigte, gewürdigt und deren Auflösung beschlossen. Im September reiste die Vorsteherin des EVD zu einem offiziellen Arbeitsbesuch nach Paris, wo sie mit Wirtschaftsministerin Christine Lagarde zusammentraf. Ende Oktober begab sie sich mit einer grossen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technologiemission nach Stockholm, anlässlich welcher ein zusammen mit Handelsministerin Ewa Björling organisiertes Forum über Umwelt- und «Cleantech»Technologien stattfand. Im November traf sie sich in Rom erneut mit dem italienischen Wirtschaftsminister Claudio Scajola. Der Staatssekretär für Wirtschaft, JeanDaniel Gerber, hielt sich seinerseits zu offiziellen Besuchen in Berlin und Frankfurt (März) sowie in London (April) auf. Sämtliche Besuche haben einmal mehr gezeigt, wie wichtig die enge bilaterale Kontaktpflege mit den einzelnen EU-Mitgliedstaaten für die Beziehungen der Schweiz mit der Europäischen Kommission ist.

In den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen
mit Südosteuropa ist der Abschluss je eines Freihandelsabkommens zwischen der EFTA und Albanien bzw. Serbien hervorzuheben (vgl. Ziff. 11.2.1 und 11.2.2). Im Mai wurde die zweite Tagung der bilateralen Gemischten Wirtschaftskommission in Belgrad durchgeführt. Ferner reiste der Staatssekretär für Wirtschaft mit einer Wirtschaftsdelegation im Oktober nach Belgrad. Während seines Aufenthaltes unterzeichnete er ein Ergänzungsprotokoll zum Umschuldungsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Jugoslawien von 2002, das die neue Aufteilung der Schulden zwischen Serbien und Montenegro regelt, sowie ein Abkommen über technische Hilfe im Zusammenhang mit dem von Serbien angestrebten WTOBeitritt. Im Februar verabschiedete der Bundesrat eine aussenwirtschaftspolitische Strategie für die Türkei. Diese hat die Förderung des Wirtschaftsaustausches mit diesem Land zum Ziel und stellt eine sektorielle Anwendung der aussenpolitischen Strategien dar.

577

8.2

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS)

Die GUS-Länder, deren Exporte im Wesentlichen von den Rohstoffpreisen (Erdöl, Gas und Metalle) abhängen, erfuhren wegen der internationalen Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden kräftig gesunkenen Nachfrage nach Rohstoffen eine starke Verminderung der Wirtschaftsaktivitäten. Davon waren auch die schweizerischen Exporte in diese Länder betroffen, die sich in den ersten neun Monaten des Berichtsjahres um knapp 30 % zurückbildeten. Besonders ausgeprägt war der Rückgang des bilateralen Handels mit Russland (­39 %) und der Ukraine (­51 %). Der Anteil der GUS-Länder am gesamtschweizerischen Aussenhandel verminderte sich in der Folge von 1,6 % auf 1,4 %.

Die Umsetzung der aussenwirtschaftpolitischen Strategie des EVD für Russland wurde u.a. durch die Verwirklichung der wichtigsten Massnahmen des im Juli 2008 in Moskau unterzeichneten «Aktionsplans» fortgesetzt. Zu diesen Massnahmen gehören jährliche Treffen auf Ministerebene, die Prüfung der Machbarkeit eines Freihandelsabkommens (vgl. Ziff. 4.1) sowie die Verbesserung des Schutzes des geistigen Eigentums und der Zollabfertigungsverfahren. Im Rahmen des Staatsbesuches des russischen Präsidenten Dmitri Medvedev im September fand ein bilaterales Treffen zwischen Bundesrätin Doris Leuthard und der russischen Wirtschaftsministerin Elvira Nabioulina statt. Die Kontakte mit Russland wurden ferner auch mit der vom Staatssekretär für Wirtschaft angeführten Wirtschaftsmission nach Moskau und Kaluga im Juni und der im Oktober in Zürich abgehaltenen Tagung der Gemischten Wirtschaftskommission verstärkt.

Im Mai traf die Vorsteherin des EVD zudem den ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko anlässlich seines offiziellen Besuches in Bern. Der Staatssekretär für Wirtschaft hielt sich im April in Aserbaidschan zu einem offiziellen Besuch auf und empfing im Juni den kirgisischen Premierminister. Die seit 1998 unterbrochenen Verhandlungen für ein Wirtschafts- und Handelsabkommen mit Turkmenistan konnten im Juni wieder aufgenommen werden. Die Tagungen der bilateralen Gemischten Wirtschaftskommissionen mit der Ukraine in Kiew im Oktober und mit Kasachstan in Zürich im Dezember bezweckten, die allgemeinen Rahmenbedingungen für schweizerische Unternehmen in diesen Ländern zu verbessern.

8.3

Nordamerika

Am 20. Januar wurde Barack H. Obama zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt. Sein erstes Amtsjahr stand im Zeichen der 2008 ausgelösten Wirtschaftskrise: Die Arbeitslosigkeit stieg auf über 10 %, der US-Kongress verabschiedete ein weiteres Stimulierungspaket, diesmal im Umfang von 787 Milliarden US-Dollar, über 100 US-Banken brachen zusammen und die Neuverschuldung des US-Haushalts beträgt 2009 voraussichtlich 13 % des Bruttoinlandprodukts. Daneben prägten Debatten zur Gesundheits- und Finanzdienstleistungsreform, zum Klimawandel sowie zum Troubled Asset Relief Program (TARP) das Jahr 2009.

Auch wenn der bilaterale Warenhandel mit den USA in den ersten neun Monaten aufgrund der Wirtschaftskrise um 12 % zurückgegangen ist, bleiben die USA mit rund 10 % am gesamten Schweizer Exportvolumen nach der EU unser zweitbedeutendster Handelspartner.

578

In Bezug auf die Beziehungen Schweiz­USA wurden in der Öffentlichkeit insbesondere zwei Themen aufmerksam verfolgt: Einerseits das am 19. August in Kraft getretene bilaterale Abkommen im Fall UBS und andererseits das am 23. September unterzeichnete Protokoll zur Änderung des bilateralen Doppelbesteuerungsabkommens auf dem Gebiet der Einkommensteuern (vgl. Ziff. 6.4.2).

Im Juli reiste Bundesrätin Doris Leuthard für einen Arbeitsbesuch nach Washington und New York sowie anschliessend in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation in den Bundesstaat Kalifornien. Während in Washington offizielle Kontakte mit der neuen US-Administration (u.a. Handelsbeauftragter Ron Kirk, Arbeitsministerin Hilda Solis, Vorsitzende des Rates von Wirtschaftsberatern Christina Romer) im Mittelpunkt standen, war der Finanzdienstleistungssektor Fokus des New York Besuchs.

Der Aufenthalt im Bundesstaat Kalifornien war den Themen Umwelttechnologien und Risikokapital gewidmet.

Das Kooperationsforum Schweiz­USA für Handel und Investitionen (Forum) hat im Berichtsjahr seine Arbeiten fortgesetzt, u.a. mit folgenden Schwerpunkten: Datenschutz, Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, Handel und Sicherheit, Schweizer Fleischexporte in die USA und Elektronischer Handel. Ergänzend wurden von Seiten der Schweizer Wirtschaft neue spezifische Anliegen eingebracht. Im Juni fand das jährliche Arbeitstreffen des Forums in Bern statt. Zudem trat am 16. Februar das im Rahmen des Forums erarbeitete bilaterale Datenschutzrahmenwerk in Kraft, welchem bereits über 300 in den USA niedergelassene Firmen beigetreten sind. Schweizer Firmen profitieren dadurch neu von einer einfacheren Übermittlung personenbezogener Daten an diese Unternehmen.

Die Zusammenarbeit zwischen den USA und der Schweiz wird institutionell weiter ausgebaut. Am 1. April wurde ein bilaterales Abkommen zur vertieften wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit unterzeichnet. Daneben wurden Verhandlungen über ein neues bilaterales Flugsicherheitsabkommen (Bilateral Aviation Safety Agreement) sowie ein Amtshilfeabkommen im Zollbereich geführt.

Seit 12. Januar müssen Schweizerinnen und Schweizer, gleich wie Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten, die mit den USA ein Visa-Befreiungsabkommen abgeschlossen haben, für Transit und Kurzaufenthalte bis zu 90 Tagen vorgängig zur
Abreise ein internetbasiertes Informationsformular ausfüllen (Electronic System for Travel Authorization, ESTA). Dadurch bleibt die Visa-freie Einreise in die USA weiterhin gewährleistet.

Am 1. Juli trat das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kanada in Kraft (vgl. Ziff. 4.2). Um Klein- und Mittelbetrieben das Freihandelsabkommen näher zu bringen, wurden Promotionsseminare in Kanada und der Schweiz veranstaltet.

8.4

Lateinamerika

Im letzten Quartal 2008 wurde auch Lateinamerika vom Sog der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise erfasst. Wechselkurseinbrüche, abnehmende Investitionen aus dem Ausland, fallende Exportvolumina und tiefere Rohstoffpreise, rückläufige Geldüberweisungen lateinamerikanischer Gastarbeiter im Ausland sowie tiefere Tourismuseinnahmen waren einige der unmittelbaren Konsequenzen. Im Gegensatz zu früheren Krisen waren verschiedene Regierungen jedoch in der Lage, 579

sowohl mit geld- als auch mit fiskalpolitischen Massanahmen antizyklisch auf diesen externen Schock zu reagieren. Nichtsdestotrotz schrumpfte die Wirtschaftsleistung Lateinamerikas 2009 gemäss IWF um über 2 %. Entsprechend verzeichneten auch die Schweizer Exporte nach Lateinamerika in den ersten neun Monaten des Berichtsjahres einen Rückgang von knapp 15 % gegenüber derselben Vorjahresperiode; unsere Importe aus der Region nahmen gar um 25 % ab.

Die Umsetzung der Schweizer Aussenwirtschaftsstrategien gegenüber unseren beiden wichtigsten regionalen Wirtschaftspartnern Brasilien und Mexiko wurde 2009 weiter vorangetrieben. Mit beiden Ländern fanden Tagungen der jeweiligen gemischten Wirtschaftskommissionen unter Teilnahme schweizerischer Branchenund Firmenvertreter statt. In deren Rahmen konnten die jüngsten Entwicklungen bezüglich verschiedener bilateraler Abkommen gemeinsam diskutiert und konkrete Probleme der Schweizer Firmen in den Bereichen Zollverfahren, Schutz des geistigen Eigentums oder horizontale Themen wie Steuern, Rechtsicherheit und Bürokratie erörtert werden. Hervorzuheben sind ausserdem die Unterzeichnung eines Wissenschafts- und Technologieabkommens mit Brasilien sowie die Revision des Doppelbesteuerungsabkommens mit Mexiko.

Im Juli begab sich Bundesrätin Doris Leuthard an der Spitze einer Wirtschaftsdelegation nach Kolumbien, wo sie mit Präsident Álvaro Uribe, Handelsminister Luis Guillermo Plata sowie verschiedenen weiteren Ministern Gespräche führte. Einen Schwerpunkt bildeten dabei die Diskussionen bezüglich der Ratifikation verschiedener Abkommen zur Stärkung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Dies führte im Oktober zum Inkrafttreten des 2006 abgeschlossenen bilateralen Investitionsschutzabkommens. Schliesslich fand im März in Caracas die erste Sitzung der gemischten Wirtschaftkommission mit Venezuela statt, welche mehreren Schweizer Unternehmen vor Ort die Gelegenheit zur Besprechung spezifischer Probleme und zukünftiger Projekte im Land bot.

8.5

Asien und Ozeanien

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat im Jahr 2009 auch den asiatisch-ozeanischen Raum in Mitleidenschaft gezogen, wenngleich insgesamt weniger stark als andere Regionen. Dies kann unter anderem auf den generell stabileren Bankensektor zurückgeführt werden. Zudem haben sich die Exporte und die inländische Nachfrage im Laufe des Jahres schneller erholt als ursprünglich erwartet. Die Auswirkungen der Krise auf das Wirtschaftswachstum in Asien und Ozeanien waren indes unterschiedlich. Während insbesondere Japan, aber auch Hongkong, Singapur, Südkorea, Thailand oder Taiwan einen mehr oder minder starken Wachstumsrückgang verzeichneten, konnten China und Indien mit im Vergleich zu früheren Jahren zwar tieferen, aber immer noch deutlich positiven Wachstumsraten weiter zulegen und ihre Rolle als Wachstumsmotoren bestätigen. Positives Wachstum war auch in Australien, Indonesien und Vietnam zu vermerken.

Der Schweizer Handel mit den wichtigsten asiatisch-ozeanischen Partnern ist in den ersten neun Monaten des Jahres im Vergleich zur selben Periode im Vorjahr relativ stark eingebrochen, wobei insbesondere die steigenden Exporte nach Japan (+4,7 %) eine Ausnahme bildeten.

580

Der Schweizer Kapitalbestand ist insbesondere in Australien, Japan und Singapur bedeutend, aber auch Länder wie China, Hongkong, Indien, Indonesien oder Südkorea werden in dieser Hinsicht zunehmend wichtiger. In der Schweiz sind Investoren aus dem asiatisch-ozeanischen Raum demgegenüber bisher nur begrenzt in Erscheinung getreten. In naher Zukunft dürften sich jedoch zahlreiche Firmen aus China, Indien, Südkorea, Taiwan und anderen asiatischen Ländern verstärkt internationalisieren, was zu einer vermehrten Ansiedelung dieser Unternehmen in der Schweiz führen könnte.

Bei den Bemühungen um eine weitere Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen mit Asien und Ozeanien stand 2009 die Umsetzung der Aussenwirtschaftsstrategien für China und Indien sowie der vom Bundesrat im Februar verabschiedeten Aussenwirtschaftsstrategie für Indonesien im Vordergrund. Besonders erwähnenswert sind dabei die Prüfung eines Freihandelsabkommens der Schweiz mit China (vgl.

Ziff. 4.3.2) und die Vorbereitung der Verhandlungen zwischen der EFTA und Hongkong sowie die Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und Indien (vgl. Ziff. 4.2). Zudem wurde eine Gemischte Wirtschaftskommission mit Indonesien neu konstituiert.

Die Industrien in China, Indien und Indonesien ­ drei der vier bevölkerungsreichsten Länder der Welt ­ erfahren gegenwärtig ein enormes Wirtschaftswachstum. Das bedeutet auch, dass sich diese Länder zusehends mit umwelt- und klimapolitischen Herausforderungen konfrontiert sehen, die den effizienten Einsatz von Ressourcen und die Anwendung moderner Umwelttechnologien erfordern. Der industrielle Ausbau- und Erneuerungsbedarf in diesen Ländern ist deshalb dringend und gross.

Vor diesem Hintergrund hat die Schweiz die bilaterale Zusammenarbeit im Umweltbereich im Februar mit China und im November mit Indonesien intensiviert und institutionalisiert. Gleichzeitig hat die Schweiz die Verhandlungen mit Indien über eine verstärkte Umweltkooperation weitergeführt. Ziele dieser Initiativen sind die Vertiefung des umweltpolitischen Dialogs, der Erfahrungsaustausch im Umweltbereich sowie die Förderung von Umwelttechnologietransfer auf Unternehmensebene. Die Initiativen sind damit nicht nur im Interesse des schweizerischen Engagements in der internationalen Umweltpolitik. Sie dürften zugleich
den Zugang der Schweizer Umwelttechnologiebranche zu bedeutenden asiatischen Märkten erleichtern (vgl. Ziff. 1.4.3).

Im Januar empfing der Bundesrat den chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in der Schweiz. Dabei wurde unter anderem eine Einigung über die Ausarbeitung einer gemeinsamen Machbarkeitsstudie für ein Freihandelsabkommen erzielt. Im Februar traf Bundesrätin Doris Leuthard ebenfalls in der Schweiz mit dem chinesischen Handelsminister Chen Deming zusammen. Im selben Monat reiste die Vorsteherin des EVD nach Hongkong und Japan. In Hongkong führte sie bilateralen Gespräche mit Rita Lau Ng Wai-lan, Ministerin für Handel und wirtschaftliche Entwicklung. Auch hier war das Hauptthema ein künftiges Freihandelsabkommen.

In Japan unterzeichnete Bundesrätin Doris Leuthard zusammen mit dem japanischen Aussenminister Hirofumi Nakasone das bilaterale Freihandels- und Wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen (FHWPA) zwischen der Schweiz und Japan. Im Oktober reiste die Vorsteherin des EVD erneut nach Japan. Zur Promotion des am 1. September in Kraft getretenen FHWPA trat sie in Tokio am Swiss+Symposium auf. Zudem fanden Gespräche mit dem neuen japanischen Wirtschaftsminister Masayuki Naoshima und dem neuen Landwirtschaftsminister Hirotaka Akamatsu statt. Anlässlich des anschliessenden offiziellen Besuchs in Südkorea traf Bundes581

rätin Doris Leuthard mit Premierminister Chung Un-Chan und Handelsminister Kim Jong-hoon zusammen.

Auch die Kontakte mit Vietnam wurden im Berichtsjahr intensiviert. Im Januar traf die Vorsteherin des EVD den vietnamesischen Vize-Premierminister Nguyen Thien Nhan, im Mai stattete ihr der vietnamesische Planungs- und Investitionsminister Vo Hong Phuc einen offiziellen Besuch ab. Zudem führte Staatssekretär Jean-Daniel Gerber im Juli eine Wirtschaftsdelegation nach Vietnam und Kambodscha.

Schliesslich fanden im November in Jakarta die erste Tagung der Gemischten Wirtschaftskommission Schweiz-Indonesien und im Dezember 2009 in Peking die 19. Tagung der Gemischten Wirtschaftskommission Schweiz-China statt.

8.6

Mittlerer Osten und Afrika

Die Länder des Mittleren Ostens31 und Afrikas waren im Berichtsjahr allesamt von der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen. Zwar waren sie aufgrund ihrer mehrheitlich geringen Integration in die internationalen Finanzmärkte in einer ersten Phase weniger von deren Zusammenbruch tangiert, wurden dann aber von den realwirtschaftlichen Folgen im Zuge der globalen Rezession hart getroffen. So wurde das Wirtschaftswachstum durch sinkende ausländische Direktinvestitionen und Rücküberweisungen von Migrantinnen und Migranten in ihre Herkunftsländer (remittances) stark geschwächt. Die Länder mit einem gut ausgebauten Tourismussektor litten ausserdem an stark gesunkenen Besucherzahlen. Des Weiteren bekamen die Staaten, welche auf internationale Unterstützung angewiesen sind, die aufgrund der Rezession in den Geberländern verminderten Entwicklungshilfebudgets zu spüren. Die erdölexportierenden Länder32 litten in der ersten Jahreshälfte unter dem stark gefallenen Ölpreis. Das durchschnittliche BIP-Wachstum im Mittleren Osten betrug 2009 rund 2 %, wobei die erdölimportierenden Länder der Region ein Wachstum von durchschnittlich 4,5 % aufwiesen.

In Afrika geht der IWF von einer Verlangsamung des BIP-Wachstums von durchschnittlich rund 6 % in den Jahren 2004­2008 auf knapp unter 2 % in der Berichtsperiode aus. Südafrika rutschte mit einem BIP-Wachstum von ­2,2 % zum ersten Mal seit 1992 gar in die Rezession ab. Bemerkenswerterweise verfügten im Gegensatz zur Vergangenheit viele Länder der Region über genügend Spielraum, um mit einer expansiven Fiskalpolitik auf die Krise zu reagieren. Anderseits zeitigte dies negative Konsequenzen für die Fiskalbilanz der ganzen Region.

Die Region Afrika/Mittlerer Osten macht rund 4,4 % des gesamten Schweizer Aussenhandelsvolumens aus. Die Schweizer Exporte in die beiden Regionen gingen in den ersten drei Quartalen des Berichtjahres im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode um durchschnittlich 9 % auf 8,3 Milliarden Franken und die Importe aus diesen Regionen um mehr als 35 % auf 3,3 Milliarden Franken zurück, wobei mit einigen Ländern durchaus sehr positive Export- und Importentwicklungen festzustellen sind.

31

32

582

Mittlerer Osten: Die Länder des Golfkooperationsrates (GCC) Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate (VAE), sowie Libanon, Irak, Iran, Israel, Jemen, Jordanien und Syrien.

Algerien, Angola, Kuwait, Iran, Libyen, Nigeria, Saudi Arabien und Vereinigte Arabische Emirate.

Die Umsetzung der Aussenwirtschaftsstrategie für die Länder des Golfkooperationsrates (GCC)33, welche im Oktober 2007 vom Bundesrat verabschiedet wurde, ist im Berichtsjahr weiterhin gut vorangekommen. So wurde insbesondere das Freihandelsabkommens der EFTA-Staaten mit den Ländern des GCC im Juni unterzeichnet (vgl. Ziff. 4.2) und die Gemischte Wirtschaftskommission Schweiz-Saudi-Arabien mit einem Treffen am 11. Februar reaktiviert. Mit dem Ausbau des bilateralen Rahmenvertragswerks konnten weitere Schritte zur Förderung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des GCC unternommen werden. Zu erwähnen sind hier das Inkrafttreten des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) betreffend Einkommen aus dem internationalen Luftverkehr zwischen der Schweiz und Katar am 9. April, die Unterzeichnung eines umfassenden DBA mit Katar am 24. September und das Inkrafttreten eines DBA im Bereich der internationalen Luftfahrt mit Oman am 1. Juni (vgl. Ziff. 6.4.2).

Im Berichtsjahr konnten auch die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Ägypten weiter vertieft werden. Die Vorsteherin des EVD reiste im Februar zusammen mit einer gemischten Wirtschaftsdelegation nach Ägypten. Dort führte sie unter anderem Gespräche mit dem Handels- und Industrieminister Ägyptens, Rachid Mohamed Rachid. In diesem Zusammenhang lud sie ihn zu einem Gegenbesuch in die Schweiz ein, welcher am 19. Oktober stattfand. Minister Rachid ­ begleitet von einer grossen Delegation von Wirtschafts- und Regierungsvertretern ­ eröffnete zusammen mit der Vorsteherin des EVD und in Anwesenheit von über 140 Teilnehmern einen Workshop über den Schutz des geistigen Eigentums. Gleichentags fand ein Wirtschaftsforum mit dem Titel «Doing Business with Egypt» statt, in welchem Wirtschaftsvertreter beider Länder ihr Kontaktenetz ausbauen konnten.

Am 17. Februar empfing der Staatssekretär für Wirtschaft die Staatssekretärin des tunesischen Aussenministeriums zu einem Arbeitsgespräch. Dieser Besuch fand im Rahmen der bilateralen Konsultationen Schweiz-Tunesien am 16./17. Februar statt.

Bei dieser Gelegenheit wurden die positiven Auswirkungen des im Jahre 2005 in Kraft getretenen Freihandelsabkommens EFTA-Tunesien, die Wichtigkeit der Schweizer Direktinvestitionen in Tunesien und die Möglichkeit einer bilateralen Zusammenarbeit in Bereichen wie Zertifizierung, Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sowie Entwicklung umweltfreundlicher Energiequellen angesprochen.

9

Exportkontroll- und Embargomassnahmen Die Entwicklungen rund um das iranische Nuklearprogramm standen weiterhin im Fokus der schweizerischen Sanktions- und Exportkontrollpolitik. So meldete der Iran im Herbst den Bau einer bislang unbekannten zweiten Urananreicherungsanlage. Das Misstrauen und der damit verbundene Druck der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem angeblich rein zivilen iranischen Nuklearprogramm dauert somit an.

Die aktive Rolle der Schweiz in den vier Exportkontrollregimen dient neben der Stärkung der Nonproliferationsbestrebungen auch dazu, die legitimen Interessen

33

Bahrein, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate.

583

der Schweizer Wirtschaft zu schützen. Insbesondere gilt es darauf zu achten, dass nicht gewisse Staaten unter dem Vorwand der Nonproliferation versuchen, Industriepolitik zum Schutz ihrer spezifischen wirtschaftlichen Interessen zu betreiben. So hat sich die Schweiz zusammen mit Spanien im Rahmen der Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG) erfolgreich gegen ein diskriminierendes Regime in Bezug auf die Weitergabe von Anreicherungstechnologie gewehrt.

Im Bereich der Embargopolitik beschloss der Bundesrat neue Zwangsmassnahmen gegenüber Somalia und Guinea, wohingegen die Sanktionsverordnung gegenüber Usbekistan aufgehoben wurde. Die übrigen Embargomassnahmen wurden weitergeführt und wo nötig an internationale Beschlüsse angepasst.

Auch die Kontrolle des internationalen Handels mit Rohdiamanten wurde fortgeführt.

9.1

Massnahmen zur Nichtweiterverbreitung von Gütern zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägersystemen sowie von konventionellen Waffen

9.1.1

Politische Entwicklungen international und national

Auf internationaler Ebene bestehen vier Exportkontrollregime34, welche politisch verbindliche Massnahmen erarbeiten, die den Export von Gütern und Technologien zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen oder zur Verbreitung konventioneller Waffen betreffen. Die international abgestimmten Kontrollen tragen dazu bei, eine möglichst effiziente und wirksame Exportkontrollpolitik zu gewährleisten. Da die Schweiz weltweit zu den wichtigsten Exporteuren von kontrollierten doppelt verwendbaren Gütern (sog. Dual-Use-Güter) gehört, hat sie ein reges Interesse daran, aktiv an Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Regime mitzuwirken.

Dabei ist es nicht immer einfach, die Schweizer Interessen gegen diejenigen der übrigen Mitglieder der Regime durchzusetzen, obwohl dank dem Konsensprinzip faktisch jeder Staat über ein Vetorecht verfügt. Abgesehen vom oben erwähnten Beispiel der Anreicherungstechnologie hat die Schweiz ebenfalls im Rahmen der NSG einen eigenen Vorschlag für ein neues Kapitel der Güterliste betreffend der Trennung von stabilen Isotopen eingebracht. Verschiedene Staaten zeigten sich jedoch skeptisch gegenüber diesem Vorschlag, da sie weiterreichende Kontrollen durchsetzen möchten. Die Verhandlungen zu diesem Thema sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

Die Schweiz wird 2010 den Vorsitz des Plenums der Vereinbarung von Wassenaar (WA) übernehmen, dem internationalen Exportkontrollregime für konventionelle Rüstungsgüter und zu deren Herstellung verwendbare Dual-Use-Güter. Eine Arbeitsgruppe unter Schweizer Vorsitz hat mit der Prüfung der Aufnahmegesuche Serbiens und Islands begonnen. Zusammen mit der Suche nach einem neuen Leiter des Sekretariats sowie der Pflege der Kontakte zu Staaten ausserhalb des WA (der 34

584

Australiengruppe (AG), Gruppe der Nuklearlieferländer (NSG), Raketentechnologie Kontrollregime (MTCR), Vereinbarung von Wassenaar (WA) mit je rund vierzig Teilnehmerstaaten, darunter auch die Schweiz.

sog. Outreach) werden diese Themen die Schwerpunkte im Vorsitzjahr bilden. Die Schweiz wird ausserdem für ein weiteres Jahr den Vorsitz jener Untergruppe innehaben, welche dem Informationsaustausch von Bewilligungs- und Zollbehörden dient.

Die Volksinitiative «Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten», welche unter anderem ein Verbot der Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, besonderen militärischen Gütern und damit zusammenhängenden Immaterialgütern forderte, wurde am 29. November vom Volk klar abgelehnt.

Die im letztjährigen Aussenwirtschaftsbericht angekündigte Revision des Güterkontrollgesetzes vom 13. Dezember 1996 (GKG, SR 946.202), welche eine Anpassung der Ablehnungskriterien vorsieht, ist noch zur Beratung in den eidgenössischen Räten hängig.

9.1.2

Kontrolle bewilligungs- oder meldepflichtiger Güter

Die bewilligungspflichtigen Güter werden von der Güterkontrollverordnung vom 25. Juni 1997 (GKV, SR 946.202.1) sowie der Chemikalienkontrollverordnung vom 17. Oktober 2007 (ChKV, SR 946.202.21) erfasst. Die im Rahmen der Exportkontrollregime beschlossenen Nachführungen werden regelmässig in die Anhänge der GKV übernommen.

Die Eckdaten zu den Ausfuhren im Rahmen des GKG sind in der Tabelle unter Ziffer 9.1.3 zusammengefasst. Der Gesamtwert aller Güter, die mit einer Bewilligung exportiert wurden, liegt allerdings um ein Vielfaches über dem angegebenen Betrag von 901,3 Millionen Franken, denn in dieser Summe sind Güter, die mit einer Generalausfuhrbewilligung exportiert wurden, nicht enthalten. Generalausfuhrbewilligungen dienen der erleichterten Abwicklung bewilligungspflichtiger Exporte an nicht kritische Endempfänger, insbesondere an solche mit Sitz in einem Staat, welcher allen vier Exportkontrollregimen angehört. Dieses Instrument erlaubt es dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) einerseits, seine Ressourcen gezielt für die Überwachung kritischer Ausfuhren einzusetzen und anderseits den administrativen Aufwand für die Industrie auf einem minimalen Niveau zu halten. Die gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen dem SECO und der Industrie trug auch im Berichtsjahr wesentlich zur effizienten Bearbeitung von Ausfuhrgesuchen bei.

Gemäss GKV ist ein Exporteur u.a. verpflichtet, die geplante Ausfuhr von nicht der Bewilligungspflicht unterstehenden Gütern dem SECO zu melden, wenn er weiss, dass diese für die Entwicklung, die Herstellung oder den Einsatz von Massenvernichtungswaffen oder deren Trägersystemen bestimmt sind oder bestimmt sein könnten. Diese Meldepflicht nach Artikel 4 GKV, auch «Catch-all»-Klausel genannt, greift auch dann, wenn das SECO den Exporteur darauf hinweist, dass die Güter für die genannten Zwecke verwendet werden könnten. In der Berichtsperiode lehnte das SECO insgesamt 19 Ausfuhren ab, darunter 17 «Catch-all»-Meldungen.

Es handelt sich dabei um Ausfuhranträge, welche vom SECO geprüft und gestützt auf die Kriterien für die Verweigerungen von Bewilligungen abgelehnt wurden.

In derselben Periode zeigte das SECO sieben Unternehmen bzw. Privatpersonen wegen Widerhandlung gegen das GKG bei der Bundesanwaltschaft an. Es handelt sich dabei um Fälle von Exporten ohne entsprechende Bewilligung, die entweder

585

aufgrund von Nachkontrollen durch das SECO aufgedeckt oder direkt anlässlich von Zollkontrollen an der Grenze gestoppt wurden.

Im Oktober hob das Bundesgericht ein Urteil gegen einen Exporteur auf, den das Bundesstrafgericht wegen Widerhandlung gegen das GKG verurteilt hatte35. Der Verurteilte hatte die Meldepflicht gemäss Artikel 4 GKV verletzt. Ob es sich dabei allenfalls um eine Ordnungswidrigkeit handelt, wurde nicht geprüft, da hierfür keine Bundesstrafgerichtsbarkeit gegeben ist.

9.1.3

Eckdaten zu Ausfuhren im Rahmen des Güterkontrollgesetzes

Vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2009 wurden gestützt auf GKV und ChKV die nachfolgend aufgeführten Ausfuhrgesuche oder der Meldepflicht unterstellten Ausfuhren bewilligt bzw. abgelehnt: Einzelbewilligungen1 ­ Nuklearbereich (NSG): ­ eigentliche Nukleargüter ­ doppelt verwendbare Güter ­ doppelt verwendbare Güter im Chemie- und Biologiewaffenbereich (AG) ­ doppelt verwendbare Güter im Raketenbereich (MTCR) ­ Bereich konventionelle Waffen (WA) ­ doppelt verwendbare Güter ­ besondere militärische Güter (ohne Kriegsmaterial) ­ Waffen (nach Anhang 5 GKV)2 ­ Sprengstoff (nach Anhang 5

GKV)3

­ bewilligte Güter nach ChKV Total Abgelehnte Ausfuhren ­ ­ ­ ­ ­

im Rahmen der NSG im Rahmen der AG im Rahmen des MTCR im Rahmen des WA im Rahmen der «Catch all»-Regelung

Total 35

586

Urteil vom 16.10.2009, 6B_400/2009.

Anzahl

Wert in Mio. CHF

141 301

18,1 208,1

228

31,7

65

20,8

482 180

356,7 260,2

68

1,3

22

4,1

16

0,3

1 503

901,3

Anzahl

Wert in CHF

1 ­ 1 ­ 17

16 800 ­ 3 000 000 ­ 1 023 457

19

4 040 257

Meldungen nach Art. 4 GKV («Catch all»)

47

­

Anzahl Generalausfuhrbewilligungen4 ­ Ordentliche Generalausfuhrbewilligungen (OGB nach GKV)

189

­ Ausserordentliche Generalausfuhrbewilligungen (AGB nach GKV)

24

­ Generalausfuhrbewilligungen (nach ChKV)

12

Total

225

Einfuhrzertifikate

618

1 2 3 4

Gewisse Bewilligungen können doppelt aufgeführt sein, da sie von zwei Exportkontrollregimen erfasst werden.

Waffen, deren Ausfuhr nur national (Waffengesetz vom 20. Juni 1997, SR 514.54), aber nicht international kontrolliert ist.

Sprengstoff, dessen Ausfuhr nur national (Sprengstoffgesetz vom 25. März 1977, SR 941.41), aber nicht international kontrolliert ist.

Es handelt sich um sämtliche gültigen Generalausfuhrbewilligungen. Diese haben eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren.

9.2

Embargomassnahmen

9.2.1

Embargomassnahmen der UNO

Mit der Verordnung vom 2. Oktober 2000 über Massnahmen gegenüber Personen und Organisationen mit Verbindungen zu Usama bin Laden, der Gruppierung «Al-Qaïda» oder den Taliban (SR 946.203) setzt die Schweiz die vom UNOSicherheitsrat mit Resolution 1267 (1999) und verschiedenen Folgeresolutionen beschlossenen Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung um. Anhang 2 der Verordnung enthält die Liste von Personen, Gruppen und Organisationen, welche den Sanktionsmassnahmen (Finanzsanktionen, Ein- und Durchreisesperre, Rüstungsgüterembargo) unterworfen sind. In Ausführung von Beschlüssen des zuständigen UNO-Sanktionskomitees wurde der Anhang 2 im Berichtsjahr elfmal angepasst (AS 2009 747 857 1283 1675 3059 3539 3707 3755 4271 5039 5439). Per Ende Jahr waren in der Schweiz Guthaben von rund 17 Millionen Franken gesperrt.

Im Zusammenhang mit diesen Sanktionsmassnahmen hatte ein ausländischer Staatsangehöriger beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) 2008 eine Beschwerde gegen die Schweiz eingereicht. Ein Entscheid in dieser Sache steht noch aus. Auf internationaler Ebene setzte sich die Schweiz weiterhin für eine Verbesserung der Listing- und De-Listing-Prozeduren ein.

Bei der Einziehung eingefrorener irakischer Gelder und deren Überweisung an den Development Fund for Iraq (Verordnung vom 18. Mai 2004, SR 946.206.1) konnten keine wesentlichen Fortschritte erzielt werden. In einem Fall hatten die Betroffenen die vom Bundesgericht bereits bestätigten Einziehungsverfügungen beim EGMR mittels Beschwerde angefochten. Der Bundesrat entschied daraufhin am 6. März, die 587

in Frage stehenden Vermögenswerte erst nach definitiver Klärung der Rechtslage in den Irak zu transferieren.

Somalia befindet sich seit dem Sturz des Diktators Siad Barre 1991 im Bürgerkrieg.

Bereits 1992 hatte der UNO-Sicherheitsrat mit Resolution 733 (1992) ein Lieferverbot für Waffen und militärisches Gerät ausgesprochen. Trotz mehrmaliger Bekräftigung und Konkretisierung des Waffenembargos gelang es nicht, den Konflikt in Somalia zu beenden. Am 20. November 2008 verhängte der Rat mit Resolution 1844 (2008) verschärfte Sanktionen. Um diese durchzusetzen, erliess der Bundesrat am 13. Mai die Verordnung über Massnahmen gegenüber Somalia (SR 946.231.169.4). Sie statuiert ein umfassendes Rüstungsembargo gegenüber Somalia sowie Finanzsanktionen und eine Ein- und Durchreisesperre gegenüber bestimmten Personen. Das UNO-Sanktionskomitee hat bisher jedoch noch keine Personen oder Einrichtungen bezeichnet, auf welche diese Sanktionen anwendbar wären.

Gegenüber Nordkorea verschärfte der Sicherheitsrat die Sanktionen dreimal, weil das Land am 5. April einen Raketentest und am 25. Mai gar einen Nukleartest durchführte. Das EVD passte die Anhänge 1 und 3 der Verordnung über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea (SR 946.231.127.6) am 15. Mai an (AS 2009 2461). Am 1. Juli dehnte der Bundesrat das bestehende Beschaffungs- und Lieferverbot für schweres Kriegsgerät auf sämtliche Rüstungsgüter aus (AS 2009 3179). Schliesslich erweiterte das EVD am 27. Juli die Anhänge 1, 3 und 4 (AS 2009 3857). Anhang 1 listet Güter für Massenvernichtungswaffen auf, die weder nach Nordkorea geliefert noch von dort beschafft werden dürfen. Die Gelder und Vermögenswerte der in Anhang 3 aufgeführten Personen, Unternehmen und Organisationen sind gesperrt. Die in Anhang 4 genannten Individuen unterstehen einer Ein- und Durchreisesperre.

Das EVD passte in Umsetzung von Beschlüssen des für Liberia zuständigen Sanktionskomitees die beiden Anhänge der Verordnung über Massnahmen gegenüber Liberia (SR 946.231.16) im Berichtsjahr dreimal an (AS 2009 25 1627 4805).

Anhang 1 listet die Personen und Unternehmen auf, die Finanzsanktionen unterworfen sind. Anhang 2 enthält die Namen der Personen, die mit einer Ein- und Durchreisesperre belegt sind. Das UN-Expertenpanel zu Liberia ersuchte die Schweiz in mehreren Fällen
um die Übermittlung von Informationen zu Finanztransaktionen und anderen Geschäftsbeziehungen. Sie beantwortete diese Anfragen gestützt auf die Amtshilfebestimmungen des Embargogesetzes. Auch den UN-Expertengruppen zu Côte d'Ivoire und zur Demokratischen Republik Kongo wurden auf diesem Weg Informationen zur Verfügung gestellt.

Die Verordnung über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Republik Kongo (SR 946.231.12) verbietet jegliche Unterstützung im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten in diesem Land. Am 22. Dezember 2008 beschloss der UNOSicherheitsrat mit Resolution 1857 (2008), dass Finanz- und Reisesanktionen auf Personen und Einrichtungen Anwendung finden sollen, «die durch den unerlaubten Handel mit natürlichen Ressourcen die illegalen bewaffneten Gruppen im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo unterstützen». Das SECO veröffentlichte daraufhin am 15. Januar auf seiner Internetseite Empfehlungen zur Vermeidung von Sanktionsverstössen beim Kauf, dem Handel mit oder der Verarbeitung von mineralischen Produkten aus der Demokratischen Republik Kongo. Raffinerien und Branchenverbände wurden direkt informiert. Der Anhang der Verordnung wurde im Berichtsjahr zweimal nachgeführt (AS 2009 459 1177).

588

Die Verordnung vom 14. Februar 2007 über Massnahmen gegenüber der Islamischen Republik Iran (SR 946.231.143.6) erfuhr keine Änderung. Die Umsetzung der Finanz- und Handelsrestriktionen gegenüber dem Land war jedoch auch in der Berichtsperiode von zentraler Bedeutung.

Die übrigen auf Beschlüssen des UNO-Sicherheitsrates beruhenden Sanktionsverordnungen wurden unverändert weitergeführt.

9.2.2

Embargomassnahmen der EU

Als Reaktion auf die blutige Niederschlagung einer Kundgebung der Opposition durch die Armee von Guinea verhängte die EU Ende Oktober Sanktionsmassnahmen gegenüber dem Land. Der Bundesrat beschloss am 16. Dezember mit der Verordnung über Massnahmen gegenüber Guinea (AS 2009 6863, SR 946.231.138.1) identische Massnahmen. Es handelt sich dabei um ein Rüstungsgüterembargo sowie ein Ein- und Durchreiseverbot für Führungsmitglieder der Putschregierung.

Das EVD brachte am 1. April die Anhänge der Verordnung vom 19. März 2002 über Massnahmen gegenüber Simbabwe (SR 946.209.2) auf den neusten Stand (AS 2009 1523). Anhang 1 listet Güter wie Wasserwerfer und Elektroschock-Geräte auf, die zur internen Repression verwendet und deshalb nicht ausgeführt werden können.

Anhang 2 enthält die Namen von Personen und Unternehmen, deren Gelder gesperrt sind und die mit einer Ein- und Durchreisesperre belegt sind. Anhang 2 wurde in Übereinstimmung mit der massgeblichen EU-Verordnung um 27 Personen und 36 Unternehmen erweitert.

Die Anhänge 2 und 3 der Verordnung vom 28. Juni 2006 über Massnahmen gegenüber Myanmar (SR 946.231.157.5) wurden vom EVD am 15. Dezember in Anlehnung an die EU-Sanktionsmassnahmen aktualisiert (AS 2009 6869). Die in Anhang 2 genannten Personen und Unternehmen sind Reise- und Finanzsanktionen unterworfen. Anhang 3 enthält die Namen von Firmen, mit denen unter anderem keine Joint Ventures eingegangen und an welche keine Kredite gewährt werden dürfen.

Die Verordnung vom 18. Januar 2006 über Massnahmen gegenüber Usbekistan (SR 946.231.17) wurde vom Bundesrat am 4. November aufgehoben (AS 2009 5441). Der EU-Aussenministerrat hatte im Oktober beschlossen, die Sanktionen gegenüber Usbekistan nicht mehr zu verlängern. Das Land soll damit zu weiteren Reformschritten ermutigt werden.

Die übrigen in Anlehnung an die EU erlassenen Sanktionsverordnungen wurden unverändert weitergeführt.

9.3

Massnahmen gegen Konfliktdiamanten

Die Massnahmen gemäss der Verordnung vom 29. November 2002 über den internationalen Handel mit Rohdiamanten (Diamantenverordnung, SR 946.231.11) wurden weitergeführt. Damit setzt die Schweiz das Zertifizierungssystem des

589

Kimberley-Prozesses36 um, das verhindern soll, dass Rohdiamanten aus Konfliktgebieten in den Verkauf gelangen. 75 Staaten (einschliesslich die Mitgliedstaaten der EU) nehmen am Kimberley-Prozess teil. Praktisch die gesamte weltweite Rohdiamantenproduktion bzw. der Rohdiamantenhandel wird so durch den Prozess kontrolliert.

Die Schweiz hat zwischen dem 1. Oktober 2008 und dem 30. September 2009 insgesamt 382 Zertifikate für Rohdiamanten ausgestellt. In derselben Periode wurden Rohdiamanten im Wert von 758,98 Millionen US-Dollar (5,32 Mio. Karat) importiert bzw. in Zolllager eingelagert und solche im Wert von 855,85 Millionen Dollar (5,67 Mio. Karat) exportiert bzw. aus Zolllagern ausgelagert. Über 99 % des Rohdiamantenhandels findet in der Schweiz über die Zollfreilager statt. Aufgrund der weltweiten Finanzkrise ist der Diamantenhandel im Berichtsjahr markant eingebrochen.

10

Exportförderung, Standortpromotion und Tourismus

10.1

Exportförderung

Die Tätigkeit der Exportförderorganisation «Osec Business Network Switzerland» (Osec) und der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (SERV) war 2009 durch die Herausforderung geprägt, auf krisenbedingte zusätzliche und veränderte Bedürfnisse der Unternehmen einzugehen. Der Einbezug von privaten Partnern der Osec sowie die rasche Lancierung neuer Dienstleistungen beider Organisationen im Rahmen auch der konjunkturellen Stabilisierungsmassnahmen trugen wesentlich dazu bei, dass der Exportwirtschaft weiterhin eine massgeschneiderte Beratung und ein erleichterter Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten angeboten werden konnte. Auf der internationalen Ebene brachte die Schweiz ihre Interessen im Rahmen der Exportkreditgruppe der OECD sowie im Pariser Klub37 ein.

10.1.1

Osec Business Network Switzerland (Osec)

Im Auftrag des EVD/SECO unterstützt Osec38 schweizerische und liechtensteinische Unternehmen, insbesondere KMU, bei ihrer Exporttätigkeit. Osec bietet einerseits Dienstleistungen gemeinwirtschaftlicher Natur an, die in Ergänzung zum privaten Angebot erbracht werden. Dazu gehören insbesondere Erstinformation und Basisberatung, wobei Osec Informationen zur Verfügung stellt und kostenlose Ersteinschätzungen von Exportprojekten vornimmt. Andererseits bietet Osec in enger Zusammenarbeit mit privaten Experten und Beratern kommerzielle Dienstleistungen an. Für diese Beratungsdienstleistungen stützt sich Osec auf 16 Business 36 37 38

590

Konsultationsgremium (benannt nach der südafrikanischen Minenstadt Kimberley) zur Verhinderung des Handels mit «Konfliktdiamanten» Vereinigung der weltweit führenden Gläubigerstaaten Die Osec ist ein privatrechtlicher Verein mit Sitz in Zürich.

Hubs sowie generell auf die Schweizer Auslandvertretungen und auf ein Netzwerk von über 400 privaten Beratern und Experten. Diese können auf der Website www.poolofexperts.ch auch direkt kontaktiert werden. Osec erhält im Rahmen einer Leistungsvereinbarung einen Bundesbeitrag, welcher 2009 unverändert bei 17 Millionen Franken lag.

Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise fragten die KMU zusätzliche Unterstützung nach und es konnte festgestellt werden, dass sich ihr Fokus wieder verstärkt auf die umliegenden, nahen Märkte richtete. Insbesondere dank ihrer Plattformstrategie, welche auf dem Einbezug von privaten Beratern und Experten beruht, konnte Osec ihr Angebot rasch ausbauen und an die geänderten Bedürfnisse anpassen.

Im Rahmen der konjunkturstabilisierenden Massnahmen hat der Bundesrat zudem für 2009 und für 2010 jeweils fünf Millionen Franken für zusätzliche Massnahmen gesprochen. Damit wurden zahlreiche Informationsveranstaltungen und Länderberatungen für Schweizer KMUs durchgeführt. Gleichzeitig informierte Osec interessierte KMUs beispielsweise auch verstärkt über Geschäftsmöglichkeiten aufgrund von neu abgeschlossenen Freihandelsabkommen oder im Rahmen von Ausschreibungen der internationalen Finanzierungsinstitutionen. Weiter hat Osec damit begonnen, besonders stark von der Krise betroffene Branchen gezielt über neue Absatzmärkte zu informieren, das Potenzial der weltweit ergriffenen Stützmassnahmen für die Schweizer Industrie nutzbar zu machen und Nischen in aufstrebenden Märkten aufzuzeigen. In den Bereichen «Umwelttechnologie» und «Gesundheit» wurde mit dem Aufbau von Exportplattformen begonnen, welche das Angebot von KMU bündeln und unter einem gemeinsamen «Dach» ins Ausland tragen. Dieses Konzept soll im Rahmen der vom Parlament in der Herbstession des Berichtsjahres zusätzlich bewilligten Exportfördermassnahmen 2010 ausgeweitet werden.

Seit 2008 führt Osec unter dem Dach «Haus der Aussenwirtschaftsförderung» neben dem Exportfördermandat drei weitere Mandate. Nach der erfolgreichen Integration dieser Mandate, namentlich der Standortpromotion (vgl. Ziff. 10.2) sowie der Import- und der Investitionsförderung zugunsten von Entwicklungs- und Transitionsländern, stand das Jahr deshalb neben den Massnahmen zur Konjunkturstabilisierung primär im Zeichen der Konsolidierung.

Die Ergebnisse
zeigen, dass es Osec auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gelungen ist, die Bedürfnisse der KMU abzudecken: Im Bereich der Exportberatung konnte Osec im Berichtsjahr über 2600 Anfragen beantworten und über 150 Aufträge an private Experten weiter geben. Daneben ermöglichte Osec z.B. auch zahlreichen KMU die Teilnahme an insgesamt zwanzig internationalen Messen.

10.1.2

Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV)

Die Auswirkungen der Finanzkrise haben ebenfalls die Geschäfte der SERV geprägt. Mit einem Neuengagement von 2,394 Milliarden Franken und einem Unternehmenserfolg von 95,2 Millionen Franken konnte der Bundesrat ein insgesamt erfolgreiches Geschäftsjahr 2008 zur Kenntnis nehmen. Nachdem die Bundesversammlung im Rahmen der Phase II der konjunkturstabilisierenden Massnahmen die gemäss Exportrisikoversicherungsgesetz (SERVG, SR 946.11) vorgesehenen Leistungen vorübergehend ausgeweitet hatte, führte die SERV anfangs Mai vier neue Produkte ein, um den Exporteuren den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten 591

zu erleichtern und Liquiditätsengpässen vorzubeugen. Zu diesen neuen Produkten, welche die SERV bis Ende 2011 anbieten kann, gehört eine Fabrikationskreditversicherung, eine Bondgarantie, eine Refinanzierungsgarantie und eine Akkreditivbestätigungsversicherung.39 Die Produkte stiessen in Markt auf ein gutes Echo.

Trotz des Rückgangs des Schweizer Exportvolumens blieben die Anzahl und das Volumen der ausgestellten Versicherungspolicen der SERV umgegenüber dem Vorjahr ungefähr konstant. Gross war die Wachstumsrate bei den grundsätzlichen Versicherungszusagen, derenAnzahl sich um ungefähr 60 % erhöhte, während Volumenpraktisch konstant blieb. Diese Entwicklung ist eine Folge der Finanzkrise.

Die Exportwirtschaft agierte insgesamtrisikoaverser als im Vorjahr, weshalb der Bedarf nach Absicherung stieg. Zusätzlich waren einige Exporteure gezwungen, neue Märkte zu erschliessen, wo Absicherungen besonders gefragt sind. Weiter war es für Exporteure schwierig, ohne Absicherungen Finanzierungen für ihre Geschäfte zu erhalten. So versicherte die SERV im Geschäftsjahr 2009 z.B. vermehrt Projektfinanzierungen, zum Teil auch in Kernländern der OECD wie Österreich, Griechenland, Deutschland, Spanien oder die USA.

Im Berichtsjahr kam es bei einigen Exporteuren zu Zahlungsverzögerungen. Trotzdem mussten bis anhin nur geringfügige Entschädigungen ausbezahlt werden. Erfahrungsgemäss kann die SERV diese ausbezahlten Schäden, in der Regel auf der Grundlage von Umschuldungsabkommen mit den betroffenen Staaten, teilweise wieder einbringen. In Abstimmung mit Deutschland und Österreich wurden die Exportrisikoversicherungen für das Ilisu-Staudammprojekt in der Türkei beendet (vgl. Ziff. 1.4.3). Die an diese Versicherungen geknüpften Auflagen bezüglich Nachhaltigkeit in den Bereichen Umwelt, Kulturgüter und Umsiedlung wurden, trotz teilweise erheblicher Verbesserungen, innerhalb der vertraglich festgelegten Frist nicht erfüllt.

10.1.3

Exportfinanzierung (OECD)

Zumindest in der ersten Jahreshälfte stand auch im Bereich der Exportfinanzierung die Bewältigung der Finanzkrise im Vordergrund. Diese führte vor allem in den Schwellenländern zu einem dramatischen Einbruch der verfügbaren Handelsfinanzierung sowie zu höheren Preisen, u.a. aufgrund zunehmender Refinanzierungskosten. Die OECD Exportkreditgruppe veröffentlichte deshalb im Anschluss an das Treffen der G20 vom 2. April in London eine Erklärung.40 Darin stimmen ihre Mitglieder sowie weitere, die Exportfinanzierung öffentlich unterstützende Staaten und internationale Organisationen darin überein, dass die Überwindung der weltweiten Wirtschaftskrise die Wiederbelebung der Handelsströme voraussetzt. Sie nahmen deshalb zustimmend von Massnahmen der G20Regierungen im Exportkreditbereich Kenntnis und verpflichten sich, ihre eigenen Massnahmen solange weiterzuführen, bis sich die Märkte erholt haben. Sie stimmen weiter darin überein, dass solche Massnahmen koordiniert und nur im Rahmen ihrer jeweiligen internationalen Verpflichtungen durchgeführt werden sollen.

39 40

592

Vgl. dazu http://www.serv-ch.com/de/produkte/neue-produkte-im-rahmen-derstabilisierungsmassnahmen-ii-des-bundes/ (06.09.09).

Vgl. dazu http://www.oecd.org/document/19/0,3343,en_2649_34169_ 42396243_1_1_1_37431,00.html (06.09.09)

10.1.4

Umschuldungen (Pariser Klub)

Einerseits hat sich die finanzielle Situation für zahlreiche Schuldnerstaaten mit tiefem und mittlerem Einkommen stark verschlechtert. Anderseits initiierten der IWF und die Weltbank Reformen im Bereich der Kreditvergabe, die den Pariser Klub tangieren. Aus Gläubigerperspektive von Interesse waren insbesondere Diskussionen zur Frage, inwieweit der erleichterte Zugang zu internationalen Krediten für diese Länder längerfristig die Gefahr einer substanziellen Neuverschuldung mit sich bringt.

Mit Togo, der Republik Kongo, der Côte d'Ivoire sowie der Zentralafrikanischen Republik wurden innerhalb des Pariser Klubs Entschuldungsvereinbarungen ausgehandelt. Die Schweiz hat daraufhin im Mai und im Juni zwei bilaterale Umschuldungsabkommen abgeschlossen. Im Fall von Togo wurden 171 Millionen Franken, bei Kongo 5,5 Millionen Franken Schulden erlassen. Unter der Bedingung einer erfolgreichen Beendigung des «Heavily Indebted Poor Countries» (HIPC-Prozesses) soll den beiden Ländern die Restschulden beim Erreichen des HIPC-Completion Point erlassen werden. Die bilateralen Umschuldungsvereinbarungen mit den beiden anderen Ländern wurden vorbereitet. Die zum vollumfänglichen Erlass vorgesehenen Restbeträge belaufen sich auf 12,7 Millionen Franken für die Côte d'Ivoire und auf 20,6 Millionen Franken für die Zentralafrikanische Republik.

Zur Umsetzung einer Vereinbarung des Pariser Klubs hat die Schweiz mit Serbien ein Zusatzabkommen zum bestehenden Umschuldungsabkommen abgeschlossen. Es regelt die Aufteilung der Schulden zwischen Montenegro und Serbien als Folge der Auflösung der Staatenunion. Das entsprechende Abkommen mit Montenegro war bereits 2008 abgeschlossen worden. Des Weiteren wurde Kroatien aus dem Schuldendienst entlassen.

10.2

Standortpromotion

Ziel der nationalen Standortpromotion des Bundes ist es, die Schweiz als Unternehmensstandort im Ausland besser bekannt zu machen. Die Osec ist im Auftrag des Bundes für den Vollzug der Massnahmen zuständig. Der internationale Standortwettbewerb hat sich weiter verschärft, weshalb einem klaren und einheitlichen Auftritt der Schweiz im Ausland ein besonderes Gewicht zukommt.

Im Rahmen der Standortpromotion fördert der Bund die Ansiedlung ausländischer Unternehmen in der Schweiz. Potenzielle Investoren werden mittels Publikationen, dem Internet, den Medien, sowie an Veranstaltungen über die Schweiz als Unternehmensstandort informiert. Gesetzliche Grundlage ist das Bundesgesetz vom 5. Oktober 2007 zur Förderung der Informationen über den Unternehmensstandort Schweiz (SR 194.2). Der Vollzug der Massnahmen ist über eine Leistungsvereinbarung an die Osec übertragen.

593

Gemäss Bundesgesetz sind die Massnahmen des Bundes und der Kantone aufeinander abzustimmen. In der Leistungsvereinbarung mit Osec machte das EVD daher entsprechende Auflagen. Nach intensiven Vorbereitungsarbeiten von Osec und der Kantone stimmte die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz (VDK) Mitte 2008 der Unterzeichnung einer komplementären Leistungsvereinbarung mit Osec für die Jahre 2009 bis 2011 zu, welche die Koordination der Promotionsaktivitäten in ausgewählten Märkten zum Ziel hat. Im Rahmen dieser Vereinbarung leisten die Kantone einen jährlichen Beitrag an Osec von 1,3 Millionen Franken. Der erfolgreiche Abschluss dieser Kooperationsvereinbarung bewog den Bundesrat dazu, dem Parlament mit dem Voranschlag 2010 eine äquivalente Erhöhung des jährlichen Bundesbeitrags an Osec von 3,4 Millionen Franken auf neu 4,7 Millionen Franken zu beantragen. Damit verfügt Osec nun bis 2011 im Bereich der Standortpromotion über ein Budget von insgesamt sechs Millionen Franken.

Der Standort Schweiz kam in Folge der Steuerdiskussion international unter einen gewissen Druck, was sich auch auf die Aktivitäten im Rahmen der Standortpromotion auswirkte. Das Programm wurde teilweise etwas angepasst und gleichzeitig die Koordination mit anderen Akteuren in der Schweiz verstärkt. Die nationale Standortpromotion war mit Anlässen in Europa (Deutschland, Frankreich und Russland), Amerika, Japan, China und Indien präsent. Italien wurde mit Broschüren beliefert und Anfragen über eine Hotlinebeantwortet. Neben Investorenseminaren sowie diversen Messe- und Konferenzbeteiligungen führten wiederum Medienreisen für Journalisten und Informationsreisen für ausländische Unternehmer zu wertvollen neuen Investorenkontakten.

Gemäss einer von der VDK durchgeführten Erhebung haben die gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Kantonen zur Promotion des Unternehmensstandorts Schweiz im Jahr 2008 insgesamt zu 498 Neuansiedlungen von Firmen geführt, wobei 1 851 neue Stellen geschaffen wurden.

10.3

Tourismus

Der Schweizer Tourismus durchlebt gegenwärtig einen markanten Nachfrageschwund. Im ersten Halbjahr mussten die Hotels und Kurbetriebe einen Rückgang der Logiernächte um 7,4 % gegenüber derselben Vorjahresperiode hinnehmen. Bei den ausländischen Gästen fiel der Rückgang mit 9,4 % überdurchschnittlich stark aus. Die Logiernächte der einheimischen Gäste nahmen um 4,6 % ab. Der Hauptgrund für diesen Rückgang ist die Wirtschaftskrise, die sich unweigerlich auf die konjunkturempfindliche Tourismusbranche niederschlägt. Gemäss dem Wirtschaftsforschungsinstitut BAKBASEL dürfte das kommende Jahr ebenfalls durch negative Vorzeichen geprägt sein, während 2011 mit einer Erholung zu rechnen ist.

Nachdem die Schweizer Hotellerie 2008 ihren Zenit erreicht hatte, hinterlässt der rasche und markante Konjunktureinbruch im Tourismus seine Spuren. Die Hotels und Kurbetriebe verzeichneten im ersten Halbjahr noch 17,06 Millionen Übernachtungen, das sind 7,4 % weniger als in derselben Zeitspanne des letzten Jahres. Die ausländischen Gäste buchten gut 1 Millionen Übernachtungen weniger als in der 594

gleichen Vorjahresperiode (­9,4 %). Der rückläufige Trend lässt sich quer durch die meisten Herkunftsländer feststellen, nur wenige Länder wie beispielsweise China (+9,4 %) bilden hier eine Ausnahme. Von Schweizern wurden knapp 350 000 weniger Übernachtungen registriert (­4,6 %).

Für das laufende Tourismusjahr (November 2008 bis Oktober 2009) erwartet BAKBASEL einen Rückgang der Übernachtungen von 5,7 %. Dieser massive Einbruch darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erwarteten rund 34,8 Millionen Logiernächte historisch betrachtet immer noch ein hohes Niveau darstellen.

Geprägt durch die anhaltende Wirtschaftskrise geht das Forschungsinstitut BAKBASEL auch für 2010 von einer rückläufigen Anzahl Logiernächten aus, wenn auch der Rückgang schwächer ausfallen dürfte als im laufenden Jahr (­2,6 %). Erst gegen Ende 2010 wird mit einer leichten Erholung gerechnet, sodass 2011 die Logiernächteentwicklung in der Schweizer Hotellerie wieder positive Wachstumsraten verzeichnen dürfte.

Um diesem Negativtrend entgegenzuwirken, hat der Bundesrat im Februar im Rahmen der zweiten Stufe der Massnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaftslage in der Schweiz beschlossen, für den Tourismus spezifische, vorwiegend auf das Angebotsmarketing fokussierte Stabilisierungsmassnahmen zu lancieren. Die Marketingoffensive von Schweiz Tourismus, der Tourismus-Marketing-Organisation der Schweiz, erstreckt sich auf das Sommerhalbjahr sowie das Winterhalbjahr 2009/10.

Insgesamt umfasst sie fünfzehn Millionen Franken zusätzliche Marketingmittel, wovon zwölf Millionen vom Bund finanziert wurden. Diese zusätzlichen MarketingAnstrengungen peilen vor allem die Zielmärkte Schweiz und deren Nachbarländer an. Dabei sollen die potenziellen Gäste nicht durch Preisnachlässe, sondern vielmehr durch Mehrwert der hiesigen Tourismusdienstleistungen überzeugt werden.

Das Tourismuskomitee der OECD hat in den Jahren 2008 und 2009 die Tourismuspolitik der Schweiz vorgestellt. Das Komitee würdigt das Tourismusprogramm 2008­2011 als wichtigen Beitrag zur Tourismusentwicklung. Nach Einschätzung der OECD wird es in erster Linie die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Tourismus stärken. Zudem sei es geeignet, einen Beitrag zur Verstetigung des Wachstums des internationalen Tourismus zu leisten. Die Experten analysierten insbesondere das Programm
zur Förderung von Innovation und Zusammenarbeit im Tourismus (Innotour). Sie bezeichnen es als «Flagship project of Switzerland», das im internationalen Umfeld eine Vorreiterrolle einnehme. Es sei beispielhaft, weil es sich vor allem auf die in einem schwierigen Umfeld operierenden KMU ausrichte. Mit der Verlängerung des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 1997 über die Förderung von Innovation und Zusammenarbeit im Tourismus (SR 935.22) könne die strukturelle und qualitative Verbesserung und die damit verbundene Internationalisierung des Angebotes weiter vorangetrieben werden. 2009 konnten verschiedene interessante und zukunftsgerichtete Projekte im Rahmen von Innotour erfolgreich unterstützt werden.

2008 hat die Schweiz in der UN-Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) aktiv mitgearbeitet. Sie wurde von der UNWTO in die Kommission für das Satellitenkonto Tourismus berufen. Die Kommission setzt sich dafür ein, dass alle Mitgliedsländer die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus nach den gleichen Regeln der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung darstellen. Ende 2008 hat die Schweiz als eines der ersten Länder ein Satellitenkonto Tourismus nach den Regeln der UNWTO publiziert. Im laufenden Jahr nahm die Schweiz an der Generalversammlung der Organisation in Kasachstan teil. Sie unterstützte die Wahl des neuen General595

sekretärs Taleb Rifai und gab die Zustimmung zum Arbeitsprogramm für die Jahre 2010 und 2011. Gleichzeitig gab die Schweiz ihr Einverständnis zum Verteilungsschlüssel für die Finanzierung und sicherte ihren Beitrag für die nächste Periode 2010­2011 zu.

596

11

Beilagen

11.1

Beilagen 11.1.1­11.1.2 Teil I:

Beilagen nach Artikel 10 Absatz 1 des Aussenwirtschaftsgesetzes (zur Kenntnisnahme)

597

11.1.1

Finanzielles Engagement der Schweiz 2009 gegenüber den multilateralen Entwicklungsbanken

Zahlungen der Schweiz an die Weltbank (in Mio. Fr.)

Institutionelle Verpflichtungen IBRD-Kapitalanteil IFC-Kapitalanteil MIGA-Kapitalanteil IDA-Beiträge IDA-MDRI Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments1 Gesamtzahlungen der Schweiz 1

2006

2007

2008

2009

159,0 0,0 0,0 0,0 159,0 0,0

177,6 0,0 0,0 0,0 166,0 11,6

189,4 0,0 0,0 0,0 174,0 15,4

206,3 0,0 0,0 0,0 192,2 14.1

2,8 2,8

1,6 1,6

1,2 1,2

0,7 0,7

161,8

179,2

190,6

207,0

Fonds werden von der Weltbank verwaltet (ab 2008 inkl. Young Professional Program)

Zahlungen der Schweiz an die Afrikanische Entwicklungsbank (in Mio. Fr.)

Institutionelle Verpflichtungen AfDB Kapitalanteil AfDF Beiträge AfDF-MDRI Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments Gesamtzahlungen der Schweiz

598

2006

2007

2008

2009

55,5 1,7 53,8 0,0

60,7 1,6 56,3 2,8

69,2 0,0 66.5 2,7

87,4 0,0 83,0 4,4

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

55,5

60,7

69,2

87,4

Zahlungen der Schweiz an die Asiatische Entwicklungsbank (in Mio. Fr.)

Institutionelle Verpflichtungen ADB Kapitalanteil ADF Beiträge Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments Gesamtzahlungen der Schweiz

2006

2007

2008

2009

15,4 0,0 15,4

15,0 0,0 15,0

13,5 0,0 13,5

14,2 0,0 14,2

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

0,0 0,0

15,4

15,0

13,5

14,2

Zahlungen der Schweiz an die Interamerikanische Entwicklungsbank (in Mio. Fr.)

2006

2007

2008

2009

Institutionelle Verpflichtungen IDB Kapitalanteil IIC Kapitalanteil FSO Beiträge

1,2 0,0 1,2 0,0

1,2 0,0 1,2 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0 0,0

Spezielle Initiativen Beiträge an den MIF Konsulentenfonds und Secondments

0,0 0,0 0,0

0,0 0,0 0,0

1,6 1,6 0,0

0,3 0,3 0,0

Gesamtzahlungen der Schweiz

1,2

1,2

1,6

0,3

Zahlungen der Schweiz an die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (in Mio. Fr.)

2006

2007

2008

2009

Institutionelle Verpflichtungen EBRD Kapitalanteil Spezielle Initiativen Konsulentenfonds und Secondments

4,8 4,8 0,8 0,8

3,6 3,6 0,8 0,8

2,5 2,5 1,2 1,2

1,2 1,2 0,3 0,3

Gesamtzahlungen der Schweiz

5,6

4,4

3,7

1,5

599

11.1.2

Bewilligungen für Versandkontrollen im Auftrag ausländischer Staaten

Die im Zusammenhang mit dem WTO-Übereinkommen über Kontrollen vor dem Versand (SR 0.632.20, Anhang 1A.10) erlassene Verordnung vom 17. Mai 1995 über die Durchführung von Versandkontrollen (SR 946.202.8) regelt die Zulassung, Durchführung und Überwachung solcher Kontrollen (v.a. Überprüfung der Qualität, der Menge und des Preises) im Auftrag ausländischer Staaten durch spezialisierte Versandkontrollgesellschaften in der Schweiz. Solche Gesellschaften benötigen pro Auftragsland eine Bewilligung des EVD.

Nach Artikel 15 der Verordnung ist jährlich eine Liste zu veröffentlichen, in welcher die Versandkontrollstellen, die über eine Bewilligung zur Vornahme von Versandkontrollen in der Schweiz verfügen, sowie die Länder, auf die sich die Bewilligung bezieht, aufgeführt sind.

Zurzeit verfügen vier Kontrollgesellschaften über solche Bewilligungen. Es sind die Société Générale de Surveillance S.A. in Genf (SGS), die Cotecna Inspection S.A. in Genf (Cotecna), das Bureau Véritas/BIVAC (Switzerland) AG in Weiningen (Véritas) sowie die Intertek Testing Services Switzerland Ltd in Monnaz (Intertek).

Die entsprechenden Bewilligungen beziehen sich auf 28 Staaten, von denen fünf nicht der WTO angehören. Nachfolgend sind die betreffenden Staaten und Versandkontrollstellen in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet41; das Stichdatum ist der 1. Dezember 200942.

Land und WTO-Status (*) = Nichtmitglied

Kontrollstelle(n)

Bewilligung gültig seit:

Angola

Veritas Cotecna SGS Cotecna Intertek Veritas Cotecna SGS Veritas SGS Veritas SGS SGS

28.02.2002 25.10.2006 31.10.2006 27.05.2008 07.06.2000 21.06.2000 10.08.2004 01.09.1996 15.03.2000 01.09.1996 30.05.2008 12.09.2003 09.04.2003

Äquatorialguinea (*) Bangladesch Benin Burkina Faso Burundi Côte d'Ivoire Ecuador Guinea Haiti Indonesien

41 42

600

Auf der Liste können auch Bewilligungen aufgeführt sein für Kontrollmandate, die sistiert, aber nicht beendet sind, und somit wieder operabel werden können.

Diese Liste findet sich auch auf Internetseite: http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00514/index.html?lang=de

Land und WTO-Status (*) = Nichtmitglied

Kontrollstelle(n)

Bewilligung gültig seit:

Iran (*)

SGS Veritas Intertek Cotecna SGS Cotecna Cotecna Veritas Veritas Veritas SGS Intertek Cotecna SGS Cotecna Intertek SGS Veritas Intertek SGS Veritas

01.03.2000 06.03.2001 02.12.2002 10.02.2009 01.09.1996 15.08.1996 22.08.2006 24.03.2006 08.12.1997 20.02.2007 01.09.1996 27.03.2001 08.12.1997 01.09.1999 22.08.2001 14.02.2007 01.04.1999 02.01.2004 07.06.2000 10.04.2001 02.01.2004

Kamerun Komoren (*) Kongo (Brazzaville) Kongo (Kinshasa) Liberia (*) Mali Mauretanien Mosambik Niger Nigeria Senegal Sierra Leone Tansania (nur Sansibar) Tschad Usbekistan (*) Zentralafrikanische Republik

601

11.2

Beilagen 11.2.1­11.2.3 Teil II:

602

Beilagen nach Artikel 10 Absätze 2 und 3 des Aussenwirtschaftsgesetzes (zur Genehmigung)