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Bundesblatt 108. Jahrgang

Bern, den 23. August 1951

Band II

Erscheint wöchentlich Preis 28 Franken im Jahr, 15 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Eappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (Vom 9.August 1951) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit unsern Entwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts zu unterbreiten.

Einleitung L Schweizerbürger hiess schon vor 1848 der Staatsangehörige eines eidgenössischen Standes. Schweizerbürgerrecht im Rechtssinne konnte es aber erst seit Schaffung des Bundesstaates geben.

Historische Entwicklung und staatsrechtlicher Aufbau der Eidgenossenschaft ergeben, dass das Schweizerbürgerrecht zwar staatsrechtlich und völkerrechtlich bedeutsam, aber nicht etwas Selbständiges, Unabhängiges ist. «Jeder Kantonsbürger ist Schweizerbürger», sagt Artikel 48 der Bundesverfassung.

Auch das Umgekehrte gilt: Jeder Schweizerbürger ist Bürger eines Kantons.

Er ist beides immer gemeinsam und gleichzeitig.

Er besitzt überdies stets und gleichzeitig auch noch ein Gemeindebürgerrecht (von Ausnahmen im Kanton Neuenburg abgesehen). Dass die Gemeinde nicht Staat ist, Gemeindebürgerrecht also nicht Staatsangehörigkeit sein kann, vermindert nicht die hervorragende Bedeutung des Gemeindebürgerrechts in der Schweiz für den Einzelnen und für das öffentliche Leben.

Die Bürgerrechtsgesetzgebung, wie wir das schweizerische Staatsangehörigkeitsrecht bezeichnen können, umfasst alle Normen, die für Erwerb und VerBundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

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lust, Bestand oder Nichtbestand dea Schweizerbürgerrechts massgebend sind.

Sie grenzt ab zwischen Schweizerbürgern und Ausländern. Aber das Schweizerbürgerrecht ist nicht bloss hohle Form. Sein materieller Inhalt sind alle die Bechte und Pflichten, die jemandem zukommtn, eben weil er Schweizerbürger ist. Mit dieser rechtlichen Stellung, der Folge des Bestandes des Schweizerbürgerrechts, befasst sich die Bürgerrechtsgesetzgebung nicht.

II.

Die erste Bundesverfassung (von 1848) sah davon ab, ein selbständiges Schweizerbürgerrecht einzuführen ; sie begnügte sich damit, die Kantonsbürger zu Schweizerbürgern zu erklären. Im übrigen war damals Hauptsorge des Verfassungsgebers, neue Heimatlosenfälle zu vermeiden und Konflikten mit fremden Staaten wegen der Verleihung des Schweizerbürgerrechts vorzubeugen.

Deshalb bestimmte Artikel 43: «Kein Kanton darf einen Bürger des Bürgerrechts verlustig erklären. Ausländern darf kein Kanton das Bürgerrecht erteilen, wenn sie nicht aus dem früheren Staatsverband entlassen werden.» In den folgenden Jahrzehnten begannen einzelne Gemeinden, das Schweizerbürgerrecht gewisserinassen zu verschachern. Um dem zu begegnen, war es nötig, dass der Bund bei der Verleihung des Bürgerrechts durch Kanton und Gemeinde mitsprechen konnte. Artikel 44 der Bundesverfassung von 1874 erhielt darum, die Fassung: «Die Bedingungen für die Erteilung des Bürgerrechts an Ausländer, sowie diejenigen, unter welchen ein Schweizer zum Zwecke der Erwerbung eines ausländischen Bürgerrechts auf sein Bürgerrecht verzichten kann, werden durch die Bundesgesetzgebung geordnet.» Auf Grund dieser Ermächtigung unterbreitete der Bundesrat den eidgenössischen Bäten am 2. Juni 1876 eine Botschaft mit dem Entwurf zu einem Bundesgesetz betreffend die Erteilung des Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe. Er führte darin aus, es genüge nicht mehr, dass die Bundesbehörden erst nach erfolgter Einbürgerung Konflikte mit fremden Staaten austrügen, der Bund müsse vor Erteilung des Bürgerrechts den Einzelfall prüfen und so Konflikten vorbeugen können. Die unerfreulichen Erscheinungen bei gewissen Einbürgerungen hätten sich bedenklich vermehrt; «Die Gesetzgebung mancher Staaten, welche z. B. die Ehescheidung aussohliessen oder die Scheidungsgründe beschränken oder erschwerende Formalitäten und lange Fristen aufstellen und dergleichen, veranlassen häufig genug ihre Angehörigen, sich zeitweilig zu expatriieren und anderswo sich einzubürgern, um im fremden Land ein Vorhaben ausführen zu können, dem sich das heimatliche Recht entgegenstellt. In noch höherem Masse ist die Militärpflicht die Quelle solcher Auswanderungen. Französische, und seit der Umgestaltung Deutschlands noch mehr deutsche Familien suchen für ihre dem Militärpflichtalter entgegenrückenden Söhne in der Schweiz das Bürgerrecht zu erwerben.

Es liegt auf der Hand, dass in all- diesen Fällen keineswegs die Absicht, Schwei-

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zer zu werden und unserem Land offen als Bürger anzugehören, zugrundeliegt, vielmehr ein bequemes Ausfluchtsmittel benützt wird, um sich einer staatlichen Verpflichtung in der Heimat zu entziehen, und dass in der Eegel solche neuen Bürger der Schweiz wieder den Bücken zukehren, sobald ihre Privatinteressen es erheischen und sie es obne Gefahr tun können.» Das Schweizerbürgerrecht sei dreifacher Natur, beziehe sich auf Gemeinde, Kanton und Bund, alle drei hätten bei der Begründung mitzuwirken. Schliesslich sei aus jener Botschaft noch eine Stelle wiedergegeben, die an Bedeutung nicht verloren hat: «Es hätte uns sehr wünschenswert geschienen, diese Materie erschöpfend behandeln und über alle Fälle des Verlustes des schweizerischen Bürgerrechts gewisse gültige Kegeln aufstellen zu können. Die Gesetzgebungen der meisten Staaten knüpfen an gewisse Tatsachen.., den Verlust der bisherigen Nationalität von Gesetzes wegen... Dieses Verfahren erspart den betreffenden Staaten die unangenehme Lage, sich in Momenten der Verlegenheit unter dem Titel früherer Staatsangehörigkeit und Abstammung um Schutz und Hülfe angesprochen zu sehen, während die gleichen Leute sich Generationen hindurch um ihre angebliche Heimat nicht im mindesten bekümmert haben.» Die Bundesverfassung habe aber absichtlich den Verlust des Schweizerbürgerrechts nur dort vorgesehen, wo ein Bürger eine ausländische Staatsangehörigkeit erwerben wolle. ·-- Das daraufhin beschlossene Bundesgesetz vom 8. Juli 1876 trägt diesen Überlegungen Eechnung. Es sah erstmals vor, dass der Einbürgerung des Ausländers im Kanton eine eidgenössische Einbürgerungsbe·willigung vorausgehen und der Bewerber festes Domizil in der Schweiz haben müsse.

Gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurde ein ausserordentlicb.es Ansteigen der Zahl der Ausländer in der Schweiz im Verhältnis zur Gesamtzahl der Einwohner festgestellt. Während noch im Jahre 1888 die Ausländer 7,9% der Gesamtbevölkerung ausgemacht hatten, waren es im Jahre 1900 bereits 11,8%. Besonders beunruhigend war die "Überfremdung in einzelnen Grenzkantonen und Grenzstädten: Basel-Stadt wies einen Anteil von 38,2% Ausländern auf die Kantonsbevölkerung auf, Genf sogar 40,3%. In einer vermehrten Einbürgerung wurde damals das entscheidende Mittel, der Überfremdung zu steuern, erblickt. Am 20. März 1901 unterbreitete
der Bundesrat den eidgenössischen Bäten Botschaft und Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe. Der Entwurf unterschied sich allerdings in den Grundzügen nicht stark vom Gesetz von 1876. Die von verschiedenen Seiten empfohlene Einführung des ius soli wurde, weil im Widerspruch mit dem damaligen Artikel 44 der Bundesverfassung, nicht in Aussicht genommen.

Das Bundesgesetz vom 25. Juni 1903 bestimmte denn auch, dass der Bundesrat vor Erteilung der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung «die Beziehungen des Bewerbers zu dem bisherigen Heimatstaat sowie dessen sonstige persönlichen und Familien Verhältnisse» zu prüfen habe; die Bewilligung könne verweigert werden, wenn der Eidgenossenschaft aus der Einbürgerung

672 Nachteile erwachsen würden; die Vorschrift des alten Gesetzes, dass nur eingebürgert -werden dürfe, wer aus dem früheren Staatsverband entlassen worden war, fiel weg. Die Kantone wurden ermächtigt, in einem bestimmten Umfang durch kantonales Eecht das ius soli einzuführen -- eine Ermächtigung, von der allerdings seither kein Kanton Gebrauch gemacht hat. Überdies wurden die Möglichkeiten zur Wiedereinbürgerung ausgedehnt.

Die Überfremdung nahm indessen weiter zu. Im Jahre 1910 machten die Ausländer 14,7% der schweizerischen Bevölkerung aus. Diese Tatsache, vor allem aber Erfahrungen, die während des ersten Weltkrieges gemacht worden waren, veranlassten den Bundesrat, den eidgenössischen Bäten am 28. Juni 1919 eine Botschaft mit dem Entwurf zu einer Teilrevision des Bundesgesetzes von 1903 zu unterbreiten. Er führte darin aus, dass wohl nur die sogenannte Zwangseinbürgerung eine entscheidende Besserung zu bringen vermöchte, dass eine solche Neuerung aber eine Teilrevision der Bundesverfassung voraussetze.

Dringend sei es, die Wohnsitzerfordernisse des Gesetzes von 1903 zu ändern, weil sie einerseits zu eng, anderseits ungenügend seien und nicht die nötige Gewähr dafür böten, dass nur Bewerber berücksichtigt werden, die innerlich hinreichend mit der Schweiz verbunden sind. -- Die Teilrevision des Gesetzes wurde am 26. Juni 1920 beschlossen. In dieser Fassung gilt das Gesetz von 1903 bis heute. Es sieht in Artikel 2 folgende Wohnsitzerfordernisse vor: Die Einbürgerungsbewilligung wird nur Bewerbern erteilt, die in den letzten 12 Jahren vor Einreichung des Gesuches während mindestens 6 Jahren in der Schweiz gewohnt haben ; in der Schweiz geborene Ausländer, die vor dem 20. Lebensjahr wenigstens 10 Jahre in der Schweiz zugebracht haben, können dagegen die Bewilligung erhalten, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Einreichung des Gesuches mindestens 3 Jahre tatsächlich in der Schweiz gewohnt haben. In jedem Falle muss der Bewerber die letzten 2 Jahre vor Einreichung des Gesuches in der Schweiz gewohnt haben.

Die Bemühungen, das ius soli als Abwehrmittel gegen die Überfremdungsgefahr in einem bestimmten Umfang einzuführen, wurden fortgesetzt. Am 20. Mai 1928 stimmte das Schweizervolk einer Teilrevision des Artikels 44 der Bundesverfassung zu. Dieser Artikel, wie er heute noch gilt, überlässt der
Bundesgesetzgebung allgemein, die Bedingungen für Erteilung und Verlust des Schweizerbürgerrechts festzulegen. Die Bundesgesetzgebung kann bestimmen, «dass das Kind ausländischer Eltern von Gehurt an Schweiüerbürger ist, wenn seine Mutter von Abstammung Schweizerbürgerin war .und die Eltern zur Zeit der Geburt in der Schweiz ihren Wohnsitz haben». Von dieser Ermächtigung hat der Gesetzgeber bisher nicht Gebrauch gemacht. Trotzdem aber ist die Überfremdung des Landes ganz erheblich zurückgegangen. Während im Jahre 1920 die Ausländer noch 10,4% der Bevölkerung ausmachten, waren es 1941 nur noch 5,2%. Das Ergebnis der Volkszählung vom 1. Dezember 1950 ist zurzeit noch nicht bekannt; schätzungsweise dürfte der Anteil der Ausländer an der gesamten Einwohnerzahl etwa. 6% betragen. Das beweist, dass das ius soli zur Abwendung der Überfremdungsgefahr nicht unerlässlich

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ist. Die Überfremdung wird besser und wirksamer bekämpft durch zweckentsprechende Organisation und Ausübung der Fremdenpolizei. Ob daneben das ins soli geeignet ist, unter gewissen Voraussetzungen diesem Zweck ebenfalls zu dienen, wird noch zu prüfen sein.

Nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges sah sich der Bundesrat gezwungen, im Wege des Vollmachtenrechts zusätzliche Vorschriften zum Bürgerrechtswesen zu erlassen. Ein erster Vohmachtenbeschluss vom 20. Dezember 1940 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts wurde am.11. November 1941 aufgehoben und durch einen neuen Vollmachtenbeschluss mit gleichem Titel ersetzt. Dieser steht heute noch in Kraft.

III.

Der Vollmachtenbeschluss aus dem Jahre 1941 wird Ende 1952 ausser Kraft treten. Soweit sein Inhalt ins ordentliche Béchi übernommen werden soll, ist dazu eine Gesetzesrevision nötig. Aus verschiedenen Gründen drängt sich aber eine Gesamtrevision der Bürgerrechtsgesetzgebung auf.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat nach Beendigung des zweiten Weltkrieges Vorarbeiten zu einer Gesamtrevision der Bürgerrechtsgesetzgebung aufgenommen. Am 1. Dezember 1949 wurde ein erster Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts bereinigt, der im Frühjahr 1950 den Kantonsregierungeri zur Prüfung und Stellungnahme unterbreitet und gleichzeitig der Presse zu Händen der Öffentlichkeit übergeben wurde. Ebenfalls im Frühjahr 1950 wurde eine Expertenkommission eingesetzt, die den Vorentwurf zu prüfen und zu begutachten hatte. Sie umfasste die folgenden Mitglieder: Bundesrichter Dr. F. Häberlin, Lausanne (Präsident) Ständerat Dr. P. Altwegg, Frauenfeld Dr. W. Baumann, Direktionssekretär, Aarau (als Vertreter der kantonalen Aufsichtsbehörden für das Zivilstandswesen) Prof. M. Bridel, Lausanne Frau Dr. H. Bürgin-Kreis, Advokat und Notar, Basel Nationalrat Dr. U. Dietschi, Eegierungsrat, Solothurn Prof. Dr. A. Egger, Zürich Nationalrat Prof. Dr. A. Favre, Sion Nationalrat Dr. M. Feldmann, Eegierungsrat, Bern Nationalrat Dr. E. Ereimüller, Gemeinderat, Bern , Dr. E. Götz, Zivilstandsbeamter, Eiehen bei Basel Nationalrat Dr. H. Huber, St. Gallen Prof. Dr. H. Huber, Muri bei Bern Prof. Ch. Knapp, Neuenburg Staatsrat G, Lepori, Bellinzona Frau Dr. T. Peter-Buetschi, Zürich

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Ständerat A. Picot, Genf Bundesrichter L. Python, Lausanne Frl. Dr. jur. A. Quinche, Fürsprecher, Lausanne Dr. P. Eeichlin, Kanzleidiroktor, Schwyz Nationalrat Dr. W. Biva, Bechtsanwalt, Lugano Dr. M. Euth, ehem. I.Adjunkt der Polizeiabteilung, Rapperswi]/SG Dr. G. Schüren, Zentralpräsident der NHG, Bern Frau B. Vischer-Frey, Fürsprecher, Bern Frau M. Willfratt-Düby, Eechtsanwalt, Zürich Dr. H. P, Zschokke, Präsident der Auslandschweizerkommission der NHG, Basel Diese Kommission hat in der Zeit vom 6. Juli 1950 bis 8. Januar 1951 in 11 Plenarsitzungen, einer Sitzung ihres Bechtsausschusses und drei Sitzungen der Bedaktionskommission die ihr gestellte Aufgabe bewältigt. Sie hat Ende Januar 1951 als Ergebnis ihrer Arbeiten dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement einen neuen Vorentwurf (mit Datum vom 8. Januar 1951) übermittelt. Dieser Vorentwurf der Expertenkommission wurde ebenfalls den Karitonsregierungen zur Stellungnahme zugesandt. Nach Eingang der Mehrzahl der kantonalen Vernehmlassungen fand am 18. April 1951 eine vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement einberufene Konferenz statt, an der die mit dem Bürgerrechtswesen betrauten Direktionen und Departements der Kantone vertreten waren. Die Konferenz nahm Stellung zu einigen wesentlichen Fragen, die sich für die Bereinigung der Gesetzes vorläge ergaben.

Der Entwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts, den wir Ihnen hiermit unterbreiten, stützt sich auf diese Vorarbeiten.

Allgemeiner Teil

IV.

Das Bundesgesetz von 1908 ordnet die Einbürgerung, die Wiëdereinbürgermig und die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht, also den Erwerb und Verlust durch behördliche Verfügung. An sich wichtiger sind die Normen über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen. Die Eegeln über den Erwerb von Gesetzes wegen finden sich im Schweizerischen Zivilgesetzbuch, obschon gerade dessen Artikel 22, Absatz 2, sagt, das Bürgerrecht sei Gegenstand des öffentlichen Bechts. Über den Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen bestehen im geschriebenen ordentlichen Becht keine Bestimmungen. Hier gilt Gewohnheitsrecht, teilweise ergänzt durch die Vorschriften des Vollmachtenbeschlusses von 1941. In welchem Verfahren in allgemein verbindlicher Weise zu entscheiden ist, wenn das Schweizerbürgerrecht einer Person in Zweifel »steht, wird vom ordentlichen Becht nicht gesagt; auch hier hat der Vollmachtenbeschluss von 1941 positive Normen gebracht. Schliesslich sind noch einzelne Bestimmungen des Bundes-

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gesetzes vom 8. Dezember 1850 betreffend die Heimatlosigkeit anwendbar, während der grossie Teil dieses Gesetzes längst obsolet geworden ist.

In Übereinstimmung mit nahezu allen Kantonsregierungen und mit der Expertenkommission sind wir der Ansicht, es sei eine Zusammenfassung dieser Bestimmungen in einem Gesetz wünschenswert. Das neue Gesetz soll alle Normen umfassen, die massgebend sind dafür, ob jemand von Gesetzes wegen oder durch behördliche Verfügung das Schweizerbürgerrecht erwirbt oder verliert. Die verfassungsmässige Grundlage findet sich im Artikel 44 der Bundesverfassung, in Verbindung mit den Artikeln 48, Absatz l, 54, Absatz 4, 64 und 68.

Zweck der Gesetzesvorlage ist die Zusammenfassung und -- wo Lücken im geschriebenen Eecht bestehen -- Ergänzung des geltenden Bechts, verbunden mit einer den heutigen Gegebenheiten angemessenen Erneuerung. Ziel ist eine umfassende, nach einheitlichen Grundgedanken gestaltete und auf die heutigen Verhältnisse abgestimmte Bürgerrechtsgesetzgebung. Ein so bereinigtes Gesetz wird einheitlicher und leichter als das bisherige Eecht anzuwenden und für den nicht besonders Bechtskundigen verständlicher sein.

Der Entwurf übernimmt im Sinne dieser Kodifikation einzelne Bestimmungen des Zivilgesetzbuches. Dies geschieht ohne sachliche Änderung, von einer Ausnahme abgesehen. Die entsprechenden Regeln des Zivilgesetzbuches auch der Form nach, also wörtlich in den neuen Gesetzestext aufzunehmen, ist leider aus Gründen der Gesetzestechnik nicht möglich.

Diese Bestimmungen des Zivilgesetzbuches können aber durch das neue Gesetz auch nicht ausser Kraft gesetzt werden. Denn sie bleiben nach wie vor anwendbar für das innerschweizeriscbe Recht, also dort, wo nur der Erwerb oder Verlust des Kantons- oder Gemeindebürgerrechts, nicht aber gleichzeitig auch des Schweizorbürgerrechts in Frage steht. Allerdings hätte es die Entwicklung einer einheitlichen Rechtsauffassung gefördert, wenn die Segeln des neuen Gesetzes auch für das interne Eecht anwendbar erklärt worden wären. Da sich aber die grosse Mehrheit der Kantonsregierungen und auch die Expertenkommission gegen eine solche Ordnung ausgesprochen haben, verzichten wir auf einen entsprechenden Vorschlag.

V.

Bechtlich ist die Staatsangehörigkeit als Merkmal zur Unterscheidung zwischen eigenen Bürgern und Ausländern seit der Gründung des Bundesstaateä unverändert geblieben. Der materielle Inhalt des Bürgerrechts aber, die Summe der Eechte und Pflichten, die ihm folgen, hat sich im Laufe der letzten hundert Jahre tiefgreifend gewandelt. Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch hatte die Staatsangehörigkeit -- von den politischen Eechten abgesehen, die in den verschiedenen Staaten ungleich entwickelt waren -- vor allem die Bedeutung zu bestimmen, wo der einzelne Mann allenfalls der Militärpflicht unterworfen sein könnte und von wem der

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Einzelne im Falle der Bedürftigkeit unterstützt und aufgenommen werden müsste. Im übrigen aber war es in weiten Teilen der Welt einfach, Grenzen zu überschreiten, sich weitgehend nach freiem Belieben niederzulassen und beruflich zu betätigen, wo es einem zusagte. Die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ganz besonders aber zwei Weltkriege mit ihren unermesslichen Erschütterungen und ihren Auswirkungen auf alle Zweige des internationalen und des nationalen, des öffentlichen und des privaten Lebens haben dazu geführt, der Staatsangehörigkeit eine viel nachhaltigere Bedeutung 'sowohl für den Staat als auch für den Einzelnen zu verschaffen.

Die Landesgrenzen wurden gegenüber früher viel bewusster empfunden. Die Staaten mussten sich zum Schutze ihrer Selbständigkeit und ihres Eigenlebens, zum Schutze ihrer Bevölkerung und deren Lebensbedingungen in erhöhtem Masse gegeneinander abschliessen. Und heute gibt es kaum mehr etwas im Tun und Lassen des einzelnen Menschen, von seinem höchstpersönlichen Privatleben abgesehen, bei dem er nicht gewollt oder ungewollt mit dem Staat und seinen Behörden in Berührung kommt und wobei viel davon abhängt, welche Staatsangehörigkeit er besitzt. Das kommt vor allem zum Ausdruck in der früher nicht annähernd so gekannten Bewertung des Passes oder Heimatscheins.

Diese bedeutsame Wandlung bewirkte in allen Staaten eine entsprechende Ausgestaltung und Verfeinerung des Staatsangehörigkeitsrechts. Dass dabei mancherorts doch auch Anzeichen zu einer wiederum etwas höheren Bewertung des Einzelmenschen zu erkennen sind, mag als erfreuliche und gesunde Gegenbewegung festgehalten werden. Zwar gilt nach wie vor, dass vom öffentlichen B-echt nach öffentlichen Interessen über die Staatsangehörigkeit des Einzelnen bestimmt wird. Der Einzelne soll aber nicht allein nur Objekt, nur Spielball sein; soweit.die öffentlichen Interessen nicht gebieterisch etwas anderes verlangen, soll auf den Einzelnen und seinen Willen bei der Bestimmung der Staatsangehörigkeit Bücksicht genommen werden. Diese Bücksichtnähme gehört wegen der Wechselbeziehungen zwischen Staat und Einzelnem gleichsam zur wohlverstandenen Beurteilung der Interessen der Gemeinschaft.

VI.

Ein klassischer Satz der Bechtslehre sagt, dass jeder Mensch eine Staatsangehörigkeit besitzen solle, aber nur eine
Staatsangehörigkeit. Staatenlosigkeit und Doppelbürgerrecht sollten demnach nicht bestehen. Dass die Wirklichkeit von diesem Lehrsatz abweicht, ist.allgemein bekannt.

Seit der Gründung des Bundesstaates hat sich das schweizerische Becht bemüht, Staatenlosigkeit als Folge des schweizerischen Bechts zu vermeiden.

Artikel 68 der Bundesverfassung beauftragt den Gesetzgeber, das Entstehen .

neuer Heimatlosenfälle zu verhindern.

Der Entwurf hält sich an diese herkömmliche Auffassung. Keine seiner Bestimmungen soll Staatenlosigkeit zur- Folge haben.

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Das schweizerische Recht kann indessen nicht verhindern, dass Personen, die früher einmal Schweizerbürger waren, nachträglich infolge ausländischen Rechts staatenlos werden. Der Entwurf enthält aber, als Neuerung gegenüber dem geltenden Recht, Bestimmungen, die in solchen Fällen die Wiedereinbürgerung gestatten; unter Umständen kann sich dieser Erwerb des Schweizerbürgerrechts auf staatenlose Kinder erstrecken, die nie Schweizerbürger waren. Dies ist ein bescheidener Beitrag zur Behebung der Staatenlosigkeit im allgemeinen.

Die Expertenkommission glaubte, noch einen Schritt weitergehen zu sollen. Ihr Entwurf knüpft in verschiedenen Bestimmungen Rechtswirkungen nicht bloss an die rechtliche Staatenlosigkeit, sondern auch an die «tatsächliche Staatenlosigkeit». Obschon die humanen Überlegungen, die diesem Vorschlag zugrundeliegen, alle Beachtung verdienen, glauben wir nicht, ihn in den Entwurf übernehmen zu können. Was unter tatsächlicher Staatenlosigkeit verstanden werden sollte, wäre wohl kaum je eindeutig zu umschreiben. Übereinstimmung besteht darüber, dass nicht jede Schriftenlosigkeit der tatsächlichen Staatenlosigkeit gleichgesetzt werden könnte. Übereinstimmung besteht auch darüber, dass nicht auf jede beliebige Willensäusserung eines Ausländers über seine Staatsangehörigkeit Rücksicht genommen werden könne.

Es müsste aber wohl zwangsläufig zu Entscheiden der Gerichts- und der Verwaltungsbehörden führen, die der Willkür nahe kämen, wenn im Einzelfall und nur je nach seinen ganz besondern Umständen Rechtswirkungen z. B. an die Verweigerung des heimatlichen diplomatischen Schutzes geknüpft werden wollten. Die Peststellung der Staatsangehörigkeit ist eine Rechtsfrage und muss notwendigerweise dem Ermessen entzogen bleiben. Das hat unseres Erachtens nicht notwendigerweise zu bedeuten, dass im Einzelfall nach rein formaljuristischen Erwägungen entschieden werden müsse. Man denke beispielsweise daran, dass in der Jüngern Vergangenheit einzelne Staaten bestimmte Personen, die formell die Staatsangehörigkeit noch besassen, zwar in jeder Hinsicht nicht mehr als eigene Staatsangehörige behandelten, ihnen aber trotüdem nicht die in solchen Fällen oft als Wohltat empfundene Erklärung über den Entzug der Staatsangehörigkeit abgaben. Bundesgericht und Bundesrat werden in solchen Fällen jemanden als
staatenlos im Sinne der Bestimmungen des Entwurfs betrachten dürfen. Dies schiene uns einer vertretbaren, vernünftigen Rechtsanwendung zu entsprechen und würde gleichzeitig gestatten, besonders stossende Einzelfälle angemessen zu ordnen.

Das Entstehen von Doppelbürgerrecht liesse sich nur vermeiden, wenn sämtliche Staaten der Welt ihr Staatsangehörigkeitsrecht in gleichmässiger Weise ausgestalten und aufeinander abstimmen würden. Dieses Ziel ist nicht erreichbar, weil jeder Staat souverän sein Staatsangehörigkeitsrecht festsetzt und dabei seinen eigenen Gegebenheiten Rechnung tragen muss.

Der schweizerische Gesetzgeber kann durch die von ihm aufgestellten Regeln dazu beitragen, die Doppelbürgerfälle zu vermindern oder zu vermehren. Wir können uns der Ansicht nicht anschliessen, dass Doppelbürger

678 im allgemeinen besonders geeignet seien, Brücken zu schlagen von Land zu Land, dass also gegen das Doppelbürgerrecht grundsätzlich nichts einzuwenden sei. Doppelbürgerrecht schliesst in sich doch den Keim zu zwischenstaatlichen Konflikten oder wenigstens zu Konflikten zwischen dem Doppelbürger und dem einen oder andern seiner Heimatstaaten. Denn der Einzelne kann nicht gleichzeitig zwei Staaten gegenüber uneingeschränkt Hechte geltend machen und Pflichten erfüllen. Aber das Doppelbürgerrecht ist nicht eine Erscheinung, die unter allen Umständen vermieden werden muss. Es kann vom schweizerischen Eecht auch nicht immer vermieden werden, wenn nicht wesentliche schweizerische Interessen beeinträchtigt werden sollen!

Zu jeder Zeit sind Schweizerbürger in bedeutender Zahl in andere Länder ausgewandert. Leben sie in Staaten, die das ius soli kennen, so erwerben ihre dort zur Welt kommenden Kinder von Gesetzes wegen die Staatsangehörigkeit des Wohnstaates. Würde das schweizerische Eecht bestimmen, dass die Kinder in diesem Falle nicht durch Abstammung auch Schweizerbürger werden, so würde unser Land auf diesen Nachwuchs unserer Schweizerkolonien im Ausland von vorneherein verzichten. Dies wäre untragbar.

Das schweizerische Eecht könnte bestimmen, dass Ausländer nur eingebürgert werden dürfen, wenn sie zuvor aus dem bisherigen Staatsverband ausgeschieden sind. Diese Eegel galt von 1848 an, musste dann aber aufgegeben werden. Nicht alle Staaten lassen den Verzicht auf die Staatsangehörigkeit in einfachem Verfahren und ohne hohe Gebühren zu. Die Schweiz kann sich aber in der Einbürgerung von dazu besonders geeigneten Ausländern nicht durch fremdes Eecht behindern lassen.

Einfach wäre es, zu bestimmen, dass der Schweizerbürger, der auf Gesuch eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, von Gesetzes wegen das Schweizerbürgerrecht verliert. Das hätte wohl eine gewisse Berechtigung bei Einbürgerungen in europäischen Staaten, wäre aber nicht zu verantworten bei Einbürgerungen von Schweizerbürgern in Übersee. Besonders in überseeischen Staaten erlangt der Ausgewanderte oft nach verhältnismässig kurzer Zeit schon die dortige Staatsangehörigkeit, ohne dass deswegen seine Verbundenheit mit der Schweiz als Heimat aufhören musste. Die Äusserungen der Schweizerkolonien vor allem in überseeischen Staaten sind in dieser
Hinsicht eindeutig. Jene Schweizerkolonien sind politisch, kulturell und wirtschaftlich zu bedeutsam, als dass ohne zwingende Gründe eine tiefgreifende Änderung eingeführt werden darf.

Der Entwurf sucht deshalb durch verschiedene Bestimmungen die Zahl der Doppelbürgerfälle zu vermindern, ohne unnötig Landsleute im Ausland als Schweizerbürger verloren zu geben, die innerlich mit der schweizerischen Heimat verbunden geblieben sind. Dagegen soll Doppelbürgern das Schweizerbürgerrecht entzogen werden können, wenn ihr Verhalten den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig ist. Und Ausländer, die hier eingebürgert werden, Sollen zum mindesten nichts vorkehren zur Beibehaltung der angestammten Staatsangehörigkeit,

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VII.

Die Bürgerrecbtsgesetzgebung muss dein Staatsvolk einen dauerhaften Kern verschaffen. Dem dient das Abstammungsprinzip, wonach Schweizerbürgerrecht von Geburt an erworben wird durch Abstammung von einem schweizerischen Vater. Dass diese herkömmliche und wichtigste Kegel über den Erwerb des Schweizerbürgerrechts auch in Zukunft gelten muss und deshalb in den Entwurf übernommen worden ist, bedarf kaum weiterer Begründung.

Die Schweiz kann es sich wegen ihrer Lage und ihrer engen Grenzen mit der dauernd starken Zu- und Wegwanderung nicht leisten, der Bürgerrechtggesetzgebung das Territorialprinzip zugrundezulegen. Sonst würde innert kurzer Zeit die Zusammensetzung des Schweizervolkes empfindlich verändert.

Das Eecht soll nicht am Leben vorbeigehen. Bürgerrecht -- richtig verstanden -- ist äussere und innere Bindung an den Heimatstaat. Fehlt die innere Bindung, ist also das Bürgerrocht bloss noch äusserer Schein, dann soll das Staatsangehörigkeitsrecbt korrigierend eingreifen. Das ist auch nötig bei der Durchführung des Abstammungsprinzips.

Seit 1848 gilt der Grundsatz der sogenannten Unverlierbarkoit des Schweizerbürgerrechts: Dieses wird in ununterbrochener Keihenfolge der Generationen vom Vater auf die Kinder übertragen. Wenn nun aber eine Familie während Generationen im Ausland lebt, wird sie notwendigerweise der angestammten Heimat mehr und mehr entfremdet; dies namentlich dann, wenn die Nachkommen neben dem Schweizerbürgerrocht noch die Staatsangehörigkeit des Wohnstaates erwerben. Diese natürliche Entfremdung geht selbstverständlich in jedem einzelnen Fall verschieden rasch und stark vor sich. Wo aber alle Bindungen zu unserem Land abgebrochen sind, ist das Schwoizerbürgerrecht nur noch Schein; es fortbestehen zu lassen, widerspricht einer vernünftigen Ordnung.

In allen Teilen der Welt gibt es Familien, die nur noch dem Namen nach Schweizer sind. Vielleicht erinnern sie sich dann, wenn es ihnen in kritischer Zeit einmal nützen könnte, des Bürgerrechts ihrer Vorfahren. Das hat man vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg recht oft erlebt. Unsere wirklich heimatverbundenen Landsleute im Ausland waren über solche Erscheinungen besonders erbost. Und die Fürsorgebehörden der Kantone und Gemeinden müssen unter Umständen solche völlig entfremdet gewesene Familien unterstützen.

Der Bundesrat
hat, wie oben erwähnt, bereits in seiner Botschaft an die eidgenössischen Bäte vom 2. Juni 1876 auf das Unerfreuliche dieser Eechtslage hingewiesen, damals aber feststellen müssen, dass die Bundesverfassung es nicht gestatte, durch Gesetz eine Änderung herbeizuführen. Die Teilrevision der Verfassung von 1928 erlaubt dies heute. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass das Schweizerbürgerrecht bei Aufenthalt mehrerer Generationen im Ausland unter bestimmten Umständen abbrechen kann. Voraussetzung dazu ist stets, dass keine tatsächliche Bindung an die Schweiz mehr fortbesteht.

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Vili.

Das Staatsangehörigkeitsrecht muss aber auch dort korrigierend eingreifen, wo die innere Bindung eines hier lebenden Ausländers an Land und Volk so stark ge-worden ist, dass das Fehlen des Bürgerrechts als unnatürlich empfunden wird. Dazu dient die Einbürgerung, die Verleihung des Bürgerrechts auf Gesuch hin durch behördliche Verfügung.

Eingebürgert soll nur der Ausländer werden, der dazu geeignet und würdig ist. Er muss in entscheidendein Masse in die schweizerischen Verhältnisse eingelebt, in sie hineingewachsen sein. Seine Art, sein Charakter, seine ganze Persönlichkeit müssen zur Annahme berechtigen, er werde ein guter, zuverlässiger Schweizerbürger. Einbürgerung ist Auswahl nach Eignung, nach Tauglichkeit zum Bürger.

Der Staat kommt indessen mit der Einbürgerung nicht bloss einem Wunsch des Ausländers entgegen, sondern er wahrt gleichzeitig seine eigenen Interessen.

Das Bürgerrecht bringt eine Summe nicht nur von Bechten, sondern auch von Pflichten gegenüber der staatlichen Gemeinschaft. Wer mit ihr verwachsen ist, soll in diese Bechte und Pflichten eintreten.

Die Bestimmungen des Entwurfs über die Einbürgerung sind nach diesen Überlegungen verfasst. Die ordentliche Einbürgerung hält sich im wesentlichen an das, was heute schon gilt und sich bewährt hat. Die Voraussetzungen, namentlich die Wohnsitzerfordernisse, sind allerdings gegenüber dem geltenden Becht verschärft. Die Mindestfristen nehmen Eücksicht darauf, dass der Ausländer, der erst in reiferem Alter, mit abgeschlossener charakterlicher Bildung in unser Land kommt, sich hier weniger leicht assimiliert als seine Kinder, die hier aufwachsen, zur Schule gehen und ihre berufliche Ausbildung gemessen. Eine vernünftige, zielbewusste Einbürgerungspolitik muss darauf gerichtet sein, vor allem die Nachkommen der in die Schweiz eingewanderten Ausländer zu Bürgern zu machen.

Das ordentliche Einbürgerungsverfahren vermag nun aber nach alter Erfahrung nicht das wünschbare Ergebnis zu bringen. Zu oft verhindern formelle Voraussetzungen, vor allem aber hohe Gebühren die Einbürgerung selbst da, wo sie von einem höhern Gesichtspunkt aus betrachtet geboten wäre. Soll deshalb das Gesetz Kindern ausländischer Eltern unter gewissen Voraussetzungen von Geburt an das Schweizerbürgerrecht zuerkennen, wie es Artikel 44, Absatz 8, der Bundesverfassung
gestatten würde?

Das ius soli an sich, besonders aber in der Ausgestaltung der Bundesverfassung, macht den Bürgerrechtserwerb weitgehend von Zufälligkeiten abhängig. Das Kind würde das Schwei/erbürgerrecht erhalten, wenn die Mutter von Abstammung Schweizerin war und die Eltern zur Zeit der Geburt des Kindes in der Schweiz Wohnsitz hätten. Unwesentlich wäre, ob die Geburt selber in der Schweiz oder im Ausland stattfindet. Unwesentlich wäre ferner, ob die Eltern erst kurz vor der Geburt des Kindes in die Schweiz gekommen waren und ob die Familie vielleicht schon bald nach der Geburt den Wohnsitz wieder

681 ins Ausland verlegen würde, so dass das Kind in einem fremden Land und in einer ausländischen Familie aufwachsen und erzogen würde. Vor allem aber blieben die Charakteranlagen, die Lebensgewohnheiten und Ansichten der Eltern, die für die Entwicklung des Kindes von entscheidendem Einfluss sein können, ohne Bedeutung für den Erwerb des Bürgerrechts. Welche Gefahren eine solche Regelung in sich bergen würde, lassen die Erfahrungen, die in der Zeit dos zweiten Weltkriegs mit Kindern ausländischer Eltern auch in unserem Land gemacht worden sind, erkennen.

Eine Lösung, die den automatischen Bürgerrechtserwerb vorsähe, müsste vom Glauben an die starke Assimilierkraft unseres Volkes und von der Überzeugung getragen sein, dass eine erhebliche Zahl unerfreulicher Neub urger in Kauf genommen werden könnte. Sie wäre gerechtfertigt, wenn es lediglich darauf ankäme, möglichst viele dieser Kinder ausländischer Eltern zu Schweizerbürgern zu machen. Das trifft aber nicht zu; die Überfremdung wird nicht durch vermehrte Einbürgerung, sondern durch zweckmässige Fremdenpolizei wirksam bekämpft. Die Zuerkennung des Schweizerbürgerrechts muss eine Sache der Qualität, nicht der Quantität sein. Sie wird den schweizerischen Verhältnissen nur gerecht, wenn sie auf Auswahl nach Eignung, nach Tauglichkeit beruht.

Aus diesen Erwägungen haben sich nahezu alle Kantonsregierungen und die Expertenkommission eindeutig dahin ausgesprochen, an eine Verwirklichung der gesetzgeberischen Lösung, wie sie durch Artikel 44, Absatz 3, der Bundesverfassung ermöglicht würde, sei heute nicht mehr zu denken. Wir pflichten dieser Auffassung bei.

Die Notwendigkeit, vermehrt die in der Schweiz aufwachsenden Kinder eines Ausländers und einer gebürtigen Schweizerin einzubürgern, ist jedoch nicht zu verkennen. Die Expertenkommission wollte daher Kindern, deren Mutter von Abstammung Schweizerbürgerin war und die wenigstens 10 Jahre in der Schweiz gelebt haben, einen Rechtsanspruch auf Verleihung des Schweizerbürgerrechts einräumen; dieser Anspruch hätte nur aufgehoben sein sollen, wenn das Kind schwere Vergehen begangen oder sich zum Nachteil der Schweiz staatsgefährlich betätigt hätte. Die Kantonsregierungen haben sich zum Teil für, zum Teil gegen die Gewährung eines Rechtsanspruches erklärt ; sie haben aber einhellig und nachdrücklich verlangt,
dass ein Rechtsanspruch unter allen Umständen auch dann nicht bestehen dürfte, wenn unerfreuliche Lebensführung und ungünstiger Leumund vorlägen. Damit würde aber letzten Endes der Entscheid der Behörde doch zu einem Ermessensentscheid.

Wir sehen deshalb keinen zwingenden Grund, mit der traditionellen schweizerischen Auffassung zu brechen, dass ein Ausländer nie Anspruch auf Einbürgerung habe. Der Entwurf lässt aber für Kinder einer gebürtigen Schweizerin, die wenigstens 10 Jahre in der Schweiz gelebt haben, eine erleichterte Einbürgerung zu. Sie unterscheidet sich von der ordentlichen Einbürgerung dadurch, dass das Verfahren einfacher und bedeutend billiger ist. Diese Lösung dürfte für den angestrebten Zweck genügen. Sie geht weniger weit als das

682 Artikel 44, Absatz 8, der Bundesverfassung gestatten würde. Daher ist sie, auch nach Ansicht der Expertenkommission, verfassungsgemäss.

Der Entwurf sieht daneben noch weitere, weniger bedeutende Tatbestände vor, bei denen eine erleichterte Einbürgerung möglich sein soll. Im übrigen enthält er, in Weiterentwicklung des geltenden Hechts, Bestimmungen über die Wiedereinbürgerung von Personen, die früher schon einmal das Schweizerbürgerrecht besessen haben. Für die Einzelheiten sei auf den besqndern Teil verwiesen.

IX.

Wer anderswo eine neue Heimat gefunden ha£, soll nicht gegen seinen Willen in der schweizerischen Volksgemeinschaft zurückbehalten werden. Hat die innere Bindung an die Schweiz als Heimat aufgehört und besteht der Wunsch, auch die äussere Bindung zu lösen, so bedeutet die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht für unser Land keinen Verlust, sondern bloss die Bereinigung der Rechtslage.

Der Entwurf ordnet, wie das geltende Recht, die Entlassung aus dem Sehweizerbürgerrecht. Sie ist nur zulässig bei Wohnsitz im Ausland. Damit nicht Staatenlosigkeit eintritt, darf sie nur ausgesprochen werden, wenn der zu Entlassende bereits eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt oder wenn ihm eine solche zugesichert ist. Liegen jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen vor, dann muss die Entlassung auf Begehren hin gewährt werden.

X.

Der Gesetzgeher muss sich entscheiden, ob er das Bürgerrecht als Individualrecht des einzelnen Menschen betrachten oder dem Grundsatz nach die Familie als Einheit behandeln will. Im einen Fall kann eine bürgerrechtlich relevante Tatsache oder ein Entscheid immer nur für eine bestimmte Person wirksam sein; folgerichtig können nur Gesuche von mündigen Personen berücksichtigt werden. Im andern Fall haben bestimmte Tatsachen, wie auch die Einbürgerung und die Entlassung aus dem Bürgerrecht Wirkung nicht nur für das Familienhaupt, sondern gleichzeitig auch für die Ehefrau und die minderjährigen Kinder.

Das schweizerische öffentliche Recht behandelt in all seinen Teilen die Familie grundsätzlich als Einheit. So beispielsweise das Niederlassungswesen, das Fremdenpolizeirecht, die Sozialgesetzgebung und die Fürsorge. Es ist lediglich Übertragung dieses grundlegenden Gedankens des schweizerischen Rechts auf die Bürgerrechtsgesetzgebung, wenn diese bestimmt, Mann und Frau und minderjährige Kinder sollten das gleiche bürgerrechtliche Schicksal haben.

Der Entwurf geht von dieser herkömmlichen Auffassung aus. Dem Sehweizerbürgerrecht die Natur eines reinen Individualrechts zuzuerkennen, würde nicht bloss einen vollständigen Bruch mit der Tradition darstellen,

sondern wohl in manohen-Teilen des Öffentlichen Eeohts zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Grund zu einer derartigen Neuerung besteht unseres Erachtens nicht.

Dagegen soll auch die Eegel von der einheitlichen bürgerrechtlichen Behandlung der Familie nicht starr und allenfalls unter Missachtung berechtigter öffentlicher und privater Interessen durchgesetzt werden. Wesentlich ist vom schweizerischen Standpunkt aus, dass die Einheit des Bürgerrechts in der Familie dann gewahrt wird, wenn es um eine schweizerische Familie geht. Ist der Ehemann und Vater Ausländer, hat. man es also nicht mit einer schweizerischen Familie zu tun, dann kommt es ohnehin nicht auf das schweizerische Eecbt an, ob die Staatsangehörigkeit in der Familie einheitlich ist. Hier stellt sich dann lediglich die Frage, ob einzelnen Familienangehörigen das Schweizerbürgerrecht gegeben oder belassen werden soll und ob die Vorteile einer solchen Eegelung allfällige Nachteile aufwiegen. Wir glauben, dass dies in gewissem Umfange zutrifft, und haben uns bei der Aufstellung des Entwurfs von dieser Ansicht leiten lassen.

Die erste Frage in diesem Zusammenhang geht dahin, ob und welche Wirkungen die Eheschliessung auf das Bürgerrecht der Frau haben soll, sei es bei der Heirat einer Ausländerin mit einem Schweizerbürger, sei es bei der Heirat einer Schweizerbürgerin mit einem Ausländer.

Artikel 54, Absatz 4, der Bundesverfassung bestimmt: «Durch den AbschlusB der Ehe erwirbt die Frau das Heimatrecht des Mannes.» Gleiches sagt Artikel 161, Absatz l, des Zivilgesetzbuches. Das geltende Eecht legt also eindeutig fest, dass die Ausländerin durch die Eheschliessung mit einem Schweizerbürger das Schweizerbürgerrecht erhält.

Vereinzelt ist die Anregung gemacht worden, diese Ordnung aufzugeben, also der Ausländerin bei der Heirat mit einem Schweizerbürger nicht mehr von Gesetzes wegen das Schweizerbürgerrecht zu verleihen. Diese Änderung könnte erst nach einer Eevision des Artikels 54, Absatz 4, der Bundesverfassung eingeführt werden. Abgesehen davon, dase dadurch die Schaffung eines neuen Bürgerrechtsgesetzes bedeutend verzögert würde, scheinen uns auch nicht hinreichende sachliche Gründe für sie vorzuliegen. Hier geht es um eine schweizerische Familie. Wir haben bereits dargelegt, dass wir in diesem Falle die Einheitlichkeit des Bürgerrechts
vorerst der Ehegatten, dann aber auch der Kinder nach wie vor für richtig und erwünscht halten.

Zwar hat sich da und dort einmal eine Frau des durch Heirat erlangten Schweizerbürgerrechts nicht würdig erwiesen. Es wäre aber gegenüber der grossen Mehrzahl dieser Frauen ungerecht, würde man durchwegs ihren Bürgerrechtserwerb für ungerechtfertigt erklären. Die meisten waren und sind ehrlich und erfolgreich bemüht, sich in die schweizerischen Verhältnisse einzuleben.

Vor allem aber darf die Bedeutung dieser Eegelung für die Kinder nicht verkannt werden. Die Kinder wachsen im Schosse der Familie auf und erhalten hier, von der Schule (bei Wohnsitz in der Schweiz) abgesehen, die hauptsächlichste Erziehung zu Schweizerbürgern. Würde der Ehefrau und Mutter das

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Schwoizerbürgerreoht nicht zuerkannt, so würde notwendigerweise ihre Assimilation gehemmt. Das musate sich auf die Entwicklung der Kinder und ihre Erziehung in schweizerischem Sinn una Geist nachteilig auswirken. Zu denken ist aber auch an die Folgen, wenn in Zeiten internationaler Spannungen die Ehefrau nicht das Schweizerbürgerrecht des Mannes besässe. Sie wäre Schwierigkeiten verschiedenster Art, unter Umständen einem politischen Druck seitens ihrer Heimat ausgesetzt. Alles das ist anders, wenn sie mit der Heirat Schweizerbürgerin wird, und zwar auch dann, wenn sie nach bisherigem Heimatrecht trotz der Ehe die angestammte Staatsangehörigkeit beibehält.

Allerdings kommen sogenannte Bürgerrechtsehen vor. Zweck und Ziel der Eheschliossung ist dabei nicht die Lebensgemeinschaft, sondern einzig und allein der Bürgerrechtserwerb. Wie solchem Missbrauch begegnet werden kann, sei im besondern Teil ausgeführt.

Besonders heikel und umstritten ist die Frage, ob der Eheschliessung zwischen einer Schweizerbürgerin und einem Ausländer bürgerrechtliche Wirkung für die Frau zukommen solle. Nach geltendem Eecht verliert die Frau grundsätzlich das Schweizerbürgerrecht bei der Heirat mit einem Ausländer.

Sie verlor es jedoch nach der bundesgerichtlichen Praxis, die bis zum Vollmachtenbeschluss von 1941 massgebend war, dann nicht, wenn sie nicht infolge der Heirat die Staatsangehörigkeit des Ehemannes erhielt oder diese bereits besass. Der Vollmachtenbeschluss des Bundesrates vom 11. November 1941 brachte eine Verschärfung dieser Eegeln und gleichzeitig erstmals Bestimmungen des geschriebenen Eechts über diese Frage: Die Schweizerbürgerin verliert danach bei der Heirat mit einem Ausländer immer dann das Schweizerbürgerrecht, wenn sie nicht andernfalls unvermeidlich staatenlos würde. Sie verliert es also, wenn sie nach der Eheschliessung die Staatsangehörigkeit des Ehemannes oder irgendeine andere ausländische Staatsangehörigkeit besitzt; sie verliert es selbst dann, wenn sie nach dem Heimatrecht des Ehemannes dessen Staatsangehörigkeit durch Gesuch hätte erwerben können, ein solches Gesuch aber unterlassen hat und deshalb staatenlos wird. Überdies verliert sie das bei der Heirat beibehaltene Schweizerbürgerrecht nachträglich, sobald sie irgendeine ausländische Staatsangehörigkeit erwirbt. Diese Ordnung ist oft
als hart empfunden worden.

Lässt Artikel 54, Absatz 4, der Bundesverfassung eine andere als die tradi tionelle Lösung, also den grundsätzlichen Verlust des Schweizerbürgerrechts, zu? In der Literatur sind hierüber verschiedene Auffassungen zu finden. Es sei nur beispielsweise verwiesen auf Burckhardt (Kommentar zur Bundesverfassung, S.Auflage, Seiten 502/503), der ausdrücklich erklärt, Artikel 54, Absatz 4, gelte auch für die Schweizerbürgerin, die einen Ausländer heiratet, die Frau verliere also das Sohweizerbürgerrecht ; .demgegenüber erklärt Fleiner (Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Seite 108), dass der Verlust des Schweizerbürgerrechts durch Heirat mit einem Ausländer nicht auf gesetztem Eecht beruhe, sondern allein auf Gewohnheitsrecht. Auch in der Expertenkommission gingen die Meinungen auseinander. Einig war man sich darüber, dass nach

685 altem Gewohnheitsrecht die Schweizerbürgerin grundsätzlich das Schweizerbürgerrecht verliert, wenn sie einen Ausländer heiratet und nicht staatenlos wird. Verschiedener Ansicht war man aber darüber, ob Artikel 54, Absatz; 4, dieses Gewohnheitsrecht bestätige und demnach für den Gesetzgeber verbindlich bestimme, er habe grundsätzlich den Verlust des Schweizerbürgerrechts vorzusehen, oder ob Artikel 54, Absatz 4, sich ausschliesslich auf den Erwerb des Schweizerbürgerrechts durch die Ausländerin bei Heirat mit einem Schweizerbürger beziehe, den Gesetzgeber also nicht hindere, die bürgerrechtlichen Folgen der Heirat einer Schweizerin mit einem Ausländer nach freiem Ermessen zu ordnen. Beide Auffassungen wurden in der Expertenkommission von Bundesrichtern und Lehrern der Kechto vertreten.

Bei dieser Lage wird dem Bundesrat nicht vorgehalten werden können, er setze sich leichthin über die Bundesverfassung hinweg, wenn er sich für den Entwurf an die Stellungnahme der Mehrheit der Expertenkommission hält, wonach Artikel 54, Absatz 4, der Bundesverfassung den Bundesgesetzgeber nicht daran hindert, die bürgerrechtliche Wirkung der Heirat einer Schweizerbürgerin mit einem Ausländer.unter Umständen abweichend vom herkömmlichen Eecht zu ordnen.

Welche andere Lösung käme in Frage und welche Gründe sprechen für sie oder für die bisherige Ordnung?

Der traditionellen Lösung wird der Vorschlag gegenübergestellt, die Ehescbliessung mit einem Ausländer solle grundsätzlich ohne Éinfluss auf das Schweizerbürgerrecht der Frau bleiben. Es müsste viel zu weit führen, wollte hier umfassend dargelegt werden, was für die eine und für die andere Lösung vorgebracht werden kann. Trotzdem sei eine kurze Zusammenfassung dieser Gründe gegeben, mit den Mängeln und Lücken, die ihr notwendigerweise anhaften müssen: Die Befürwortung der traditionellen Lösung knüpft an die Bedeutung an, die der Ehe im gesamten schweizerischen Eecht bisher zuerkannt wird. Die bürgerrechtliche Behandlung der Ehe müsse in das game Eechtssystem hineinpassen. Es gehe nicht darum, der Ehefrau ein Bestimmungsrecht zu gewähren oder zu verwehren, sondern darum, dass in der Gemeinschaft ein Wille massgebend sein müsse, dem sich die Angehörigen der Gemeinschaft ein- und unterzuordnen hätten. Obschon zahlreiche fremde Länder die sogenannte moderne Lösung
eingeführt hätten, gelte in den die Schweiz umgebenden Staaten die traditionelle Ordnung; auch Staaten mit der modernen Lösung gewährten der Ehefrau in der Kegel sehr leicht und bald nach der Eheschliessung die Staatsangehörigkeit. Die innere Anhänglichkeit der Ehefrau an die angestammte schweizerische Heimat könne bei jeder rechtlichen Ordnung unverändert fortbestehen ; sie ändere aber nicht daran, dass die Frau die Kinder, die die Staatsangehörigkeit des Vaters besitzen, im Sinne der heimatlichen Anschauungen des Ehemannes zu erziehen bestrebt sein müsse. Das Begehren nach Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts werde nicht bloss gestellt, weil es um eine Gefühlssache gehe; die Frau solle sich vielmehr in kritischer Zeit aaf das Bundesblatt. 108. Jahrg. Ed. II.

51

Schweizerbürgerrecht berufen können, womit sie sich eine gegenüber Ehemann und Kindern günstigere rechtliche Stellung sichern wolle. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre könne die Ehefrau schon aus rein politischen Gründen in recht heikle Lagen geraten, wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit besitze als ihr Ehemann; auf jeden Fall sichere die Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts sio nicht vor Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten im Ausland in ernster Zeit. Das zahlenmässige Übergewicht der Schweizerfrauen gegenüber den Männern würde empfindlich verstärkt, wenn die traditionelle Lösung aufgegeben werden sollte. Im internationalen Privatrecht, im Fürsörgewesen, ini Fremdenpolizeirecht würden sich Probleme stellen, deren Lösung wohl oft als Härten empfunden werden müssten. Unbefriedigend wäre es ferner, im internationalen Verhältnis grundlegend andere Begeln anzuwenden als im interkantonalen und innerkantonalen Verhältnis, wo es nach wie vor als selbstverständlich gelte, dass z. B. die Glarnerin duïch Heirat mit einem Solothurner ebenfalls Solothurnerin werde. Übrigens räume schon das geltende schweizerische Eecht der ehemaligen Schweizerbürgerin auch nach der Heirat mit einem Ausländer in manchen Gebieten eine Vorzugsstellung im Vergleich zu andern Ausländern ein; das könnte allenfalls noch verstärkt geschehen.

Die Befürwortung der sogenannten modernen Lösung beginnt stets mit dem allgemeinen Hinweis auf die Stellung, die sich die Frau im Verlaufe der letzten Jahrzehnte im öffentlichen Leben, in Beruf und Wirtschaft und in der Landesverteidigung errungen habe. Damit sei unvereinbar, dass der Ehemann über das Bürgerrecht der Frau bestimme und die Frau nicht mitzusprechen habe. Die Staatsangehörigkeit habe schicksalshafte Bedeutung erlangt. Untragbar sei es, dass die Ausländerin durch Heirat das Schweizerbürgerrecht erwerbe, obschon sie oft keine innere Bindung an unser Land empfinde und manchmal die angestammte Staatsangehörigkeit beibehalte, während die Schweizerbürgerin zur Ausländerin gestempelt werde. Die traditionelle Lösung sei vom fremden Eecht abhängig, so dass je nach der Staatsangehörigkeit des Ehemannes und dessen Heimatrecht die Frau unser Bürgerrecht behalte oder verliere. Die rechtliche Einheit bedeute nicht schon wirkliche, innere Einheit der Ehe; Verschiedenheit der
Staatsangehörigkeit brauche die innere Einheit der Ehe nicht zu beeinträchtigen. Die ehemalige Schweizerin, die als Frau eines Ausländers in der Schweiz wohne, werde die Kinder in schweizerischem Sinne erziehen, von der Umgebung unterstützt. Im Ausland sollte sich die Frau auf Schweizerbürgerrecht berufen können, wenn der Ehemann sich z. B. im Kriegsdienst oder in politischer Haft befinde. Die gebürtige Schweizerin sollte in der Schweiz nicht als Ausländerin den fremdenpolizeilichen Bestimmungen unterworfen sein; sie sollte aber auch ihren Beruf weiter ausüben können, z. B. als Ärztin, Lehrerin, Beamtin usw. -- Schliesslich wird gesagt, während der Zeit des zweiten Weltkrieges hätten sich öfters ehemalige Schweizerbürgerinnen nicht in der Schweiz in Sicherheit bringen können. Dazu ist freilich festzuhalten, dass die eidgenössischen Behörden alles taten, damit ehemalige Schweizerinnen vorweg aufgenommen wurden, wenn sie sich als Flüchtlinge an unserer Grenze meldeten.

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Der Vorentwurf vom 1. Dezember 1949, den die Expertenkommission zu begutachten hatte, hielt sich grundsätzlich an die traditionelle Losung. Er sah aber vor, dass das Schweizerbürgerrecht nur untergehen sollte, «sobald die Frau die Staatsangehörigkeit des Ehemannes besitzt». Danach wäre die Frau -- im Gegensatz zum heute noch geltenden Vollmaehtenrecht --· nicht mehr gezwungen gewesen, jede Gelegenheit zum Erwerb der Staatsangehörigkeit des Ehemannes auszunützen. Es hätte auch kein Zweifel mehr bestehen können, dass die Frau nicht etwa verpflichtet ist zur Abgabe einer politischen Loyalitätserklärung, wie sie heute von gewissen fremden Staaten verlangt wird. Der Untergang des Schweizerbürgerrechts wäre einfach die Folge der gleichen ausländischen Staatsangehörigkeit der Ehegatten gewesen.

Die Expertenkommission entschied sich demgegenüber für eine Lösung, die im wesentlichen der sogenannten modernen Auffassung entspricht, Allerdings sah sie davon ab, vorzuschlagen, dass die Heirat ohne jeden Einfluss auf das Schweizerbürgerrecht der Frau bleiben solle. Sie befürwortete aber, der Frau zu gestatten, durch eine Willenserklärung das Schweizerbürgerrocht beizubehalten; ohne diese Willenserklärung solle das Schweizerbürgerrecht nach den bisherigen Begeln untergehen.

Die Kantonsregierungen haben sieh bei der ersten Umfrage, zum Vorentwurf vom I.Dezember 1949, mehrheitlich für dessen Lösung (damals Artikel 10) ausgesprochen. Bei der zweiten Umfrage, zum Vorentwurf der Expertenkommission, hat sich dann aber das Mehrheitsverhältnis zugunsten des Vorschlages der Expertenkommission (in ihrem Entwurf Artikel 8) verschoben.

Die traditionelle Ordnung scheint uns den schweizerischen Anschauungen und Verhältnissen zu entsprechen. Wir können uns aber der Erkenntnis nicht verschliessen, dass ihre Durchführung weitgehend vom ausländischen Eecht abhängt, so dass sie angesichts der internationalen Eechtsentwicklung steten Änderungen und Zufälligkeiten unterliegt. Deshalb und aus Bücksicht auf die unbestrittene Entwicklung der Stellung der Frau im Öffentlichen Leben haben wir den Vorschlag der Expertenkommission in den Entwurf übernommen.

Bestimmt wird aber die Verwirklichung einer Lösung, wie sie im Entwurf vorgesehen ist, erhebliche Schwierigkeiten verursachen. Vor allem ist zu erwarten, dass die Fürsorgebehörden
der Kantone und Gemeinden -- mit Becht ··-- in der Unterstützung der schweizerischen Ehefrau eines Ausländers zurückhaltend sein werden, weil ihnen nicht wohl zugemutet werden kann, die ganze vorwiegend ausländische Familie zu unterhalten, und weil doch in erster Linie der Ehemann und dessen Heimatbehörde für die Familie aufzukommen hätten.

Ebenso werden Härten bei fremdenpohzeilicben Entscheidungen gegen den ausländischen Ehemann als unvermeidlich in Kauf genommen werden müssen ; dem Ehemann wird auf jeden Fall keine bevorzugte fremdenpolizeilicho Behandlung zugesichert werden können, sonst käme eine neue Art von «Bürgerrechtsehen» auf.

Wir haben diesem Abschnitt die Auffassung vorangestellt, der Grundsatz der Einheitlichkeit des Bürgerrechts in der Familie solle allgemein wegleitend,

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dort aber massgebend sein, wo eine schweizerische Familie in Frage stehe.

Das gilt nicht bloss für die Wirkungen der Herrat auf das Bürgerrecht der Frau, sondern namentlich auch für die Wirkungen der Einbürgerung und der Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht.

Mit der Einbürgerung eines ausländischen Ehemannes und Vaters wird seine Familie zu einer schweizerischen Familie. Der Entwurf bezieht daher grundsätzlich Ehefrau und minderjährige Kinder in den Bürgerrechtserwerb ein. Zwar wird die Zustimmung der Frau zur Einbürgerung verlangt. Fehlt diese Zustimmung oder ergibt sich ini Verfahren, dass minderjährige Kinder, die bald mündig sind, nicht Schweizerbürger werden wollen, so wird in der Praxis die Einbürgerung in der Begel verweigert werden.

Die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht wirkt ebenfalls grundsätzlich für die ganze Familie. Aber auch hier ist nach Entwurf die Zustimmung der Ehefrau gesetzliches Erfordernis ; dazu kommt das Erfordernis der Zustimmung der Kinder über 16 Jahren, auf deren eigene Stellungnahme Bücksicht genommen werden soll, weil sie ein angestammtes Becht verlieren. Wenn die Zustimmung fehlt, sind die Behörden nicht verpflichtet, die Entlassung zu gewähren. Sie werden dann je nach den Umständen des Einzelfalles entscheiden und die Entlassung des Ehemannes und Vaters beispielsweise verweigern, wenn er sich lediglich seiner Familienpflichten entledigen möchte.

XI.

Verfahren und Zuständigkeit der Behörden müssen so geordnet werden, dass die Interessen der Kantone und der Gemeinden gewahrt sind.

Für den Erwerb oder Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen sind behördliche Entscheide nicht nötig. Verfahren und Zuständigkeit sind dagegen von entscheidender Bedeutung dort, wo der Erwerb oder Verlust des Schweizerbürgerrechts auf behördlicher Verfügung beruht. Sowohl für die ordentliche Einbürgerung und die Wiedereinbürgerung, als auch für die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht übernimmt der Entwurf die heute geltende, bewährte Ordnung: Der Einbürgerung muss eine von der eidgenössischen Behörde erteilte Bewilligung vorausgehen; über die Aufnahme ins Bürgerrecht entscheiden aber die Behörden von Kanton und Gemeinde. -- Die Wiedereinbürgerung wird von der eidgenössischen Behörde verfügt; diese verleiht somit unmittelbar Kantonsund Gemeindebürgerrecht und damit Schweizerbürgerrecht. Wenn aber der Kanton Ablehnung beantragt, so kann die Wiedereinbürgerung nicht vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement oder einer seiner Abteilungen, sondern höchstens vom Bundesrat verfügt werden (wie heute schon gemäss einem Bundesratsbeschluss vom 26. September 1926 in Zusammenhang mit der Auflösung der Innerpolitischen Abteilung). -- Die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht wird von der Behörde des Heimatkantons ausgesprochen.

689 Als wesentliche Neuerung bringt der Entwurf aber in einer Beihe von Tatbeständen, bei denen nach geltendem Becht nur die ordentliche Einbürgerung möglich wäre, die erleichterte Einbürgerung. Hier verleiht -- wie bei der Wiedereinbürgerung -- die eidgenössische Behörde unmittelbar das Kantons- und Gemeindebürgerrecht und damit das Schweizerbürgerrecht. In allen Anwendungsfällen ist aber die Einbürgerung geboten aus höheren Erwägungen, hinter denen unseres Erachtens Bedenken, wie namentlich solche annenpolizeilicher Art, zurücktreten müssen. Da die Zuständigkeit der eidgenössischen Behörde gleich geregelt ist wie bei der Wiedereinbürgerung, haben Kantone und Gemeinden alle Gewähr dafür, dass ihre allfälligen Einwendungen im Einzelfall sorgfältig beachtet und gewürdigt werden. Der wichtigste Anwendungsfall bezieht sich auf die hier aufwachsenden Kinder gebürtiger Schweizerinnen; das Verfahren nach dem Entwurf lässt auf jeden Fall eine bessere Wahrung der Interessen der Kantone und Gemeinden zu als die nach Verfassung zulässige Lösung mit Bürgerrechtserwerb von Gesetzes wegen, bei dem keine Behörde mitzusprechen hatte. Im ganzen gesehen halten wir dafür, dass die Ordnung nach Entwurf auch für die Kantone und Gemeinden wohl tragbar ist.

Bei der Bestimmung der Beschwerdeinstanzen hält sich der Entwurf an die Begel, dass Bechtsfragen letztlich vom Bundesgericht, Ermessensfragen aber vom Bundesrat oder vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zu entscheiden seien.

XII.

Bis 1940 gab es .kein Bechtsverfahren, in dem hauptfrageweise und für alle schweizerischen Behörden verbindlich entschieden werden konnte, wenn das Schweizerbürgerrecht einer bestimmten Person in Zweifel stand. Bloss auf einem Umweg konnte eine Abklärung erzielt werden: Wer Schweizerbürger zu sein behauptete, rnusste um Ausstellung eines Heimatscheins nachsuchen und konnte bei dessen Verweigerung staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht erheben wegen Verletzung des Artikels 45 der Bundesverfassung; das Bundesgericht hatte dann vorfrageweise zu prüfen und zu entscheiden, ob Schweizerbürgerrecht bestand. Diesem Verfahren hafteten erhebliche Mängel an.

.

Der Vollmachtenbeschluss vom 20. Dezember 1940 (ersetzt durch den Vollmachtenbeschluss vom 11. November 1941) führte ein selbständiges Feststellungsverfahren ein. Als erste Instanz entscheidet das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement, als Beschwerdeinstanz das Bundesgericht.

Das Feststellungsverfahren hat sich als nützlich und notwendig erwiesen.

Daher ist es auch im Entwurf vorgesehen, mit dem Bundesgericht als Oberinstanz. An Stelle des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements wird aber als erste Instanz eine kantonale Behörde bezeichnet. Das entspricht einem Begehren der Kantonsregierungen, die zu Becht die Auffassung vertreten, sie hätten in erster Linie über den Bestand des Kantonsbürgerrechts zu ent-

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scheiden. Allerdings mag die Einheitlichkeit der Praxis dadurch beeinträchtigt werden. Nach dem Entwurf ist aber das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement nicht bloss zum Antrag an die erste Instanz, sondern auch zur Weiterziehung ihres Entscheides an das Bundesgericht berechtigt. Es kann somit in einem gewissen Umfange Einfluss auf die Einheitlichkeit der Praxis nehmen. Im übrigen wird es nach wie vor den Kantonen auf Wunsch hin mit Bat zur Verfügung stehen, besonders dank seiner Kenntnisse des ausländischen Eechts, das oft von Bedeutung ist.

Der im Feststellungsverfahren ergehende Entscheid ist für sämtliche Behörden der Gemeinden, der Kantone und des Bundes verbindlich. Selbstverständlich aber braucht nicht jedesmal ein Feststellungsentscheid herbeigeführt zu werden, wenn eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht im eigenen Aufgabengebiet beurteilen muss, ob eine bestimmte Person das Schweizerbürgerrecht besitzt oder nicht. Diese Behörde wird bei einfacher Sachlage, wie das schon immer geschehen ist, selber zu dieser Frage Stellung nehmen.

Wenn sie es aber für nötig erachtet, kann sie das Feststellungsverfahren veranlassen und ihren eigenen Entscheid in der Hauptfrage aussetzen, wie auch die betroffene Person sich nicht mit dem Vorentscheid dieser Behörde ab' zufinden braucht, sondern einen Entscheid ini Feststellungsverfahren beantragen kann.

Besonderer Teil Im folgenden führen wir nur kurz aus, was zu Begründung und Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes noch nötig erscheint.

XIII.

Erwerb des Bürgerrechts von Gesetzes wegen (Art. 1-7) Dieser Abschnitt bestätigt im wesentlichen geltendes Eecht, Seinen Bestimmungen gemeinsam ist, dass der Erwerb des Schweizerbürgerrechts als gesetzliche Folge eines bestimmten Tatbestandes, ohne Hinzutun der Behörde, eintritt.

Artikel l nennt den wichtigsten Grund zum Erwerb des Schweizerbürgerrechts: die Abstammung. Lit. a entspricht Artikel 270 ZGB, lit. & Artikel 324, Absatz l ZGB. Entscheidend ist, dass der Vater oder die aussereheliche Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes das Schweizerbürgerreoht besitzt.

Artikel 2 stimmt in lit. a mit den Artikeln 258 und 260 ZGB, in lit. & und c mit Artikel 325, Absatz l ZGB überein. Wenn ältere Leute ebenfalls schon in reiferem Alter stehende Personen als aussereheliohe Kinder anerkennen, ist eine Nachprüfung des Sachverhaltes in der Eegel ausgeschlossen; dann können Zweifel aufkommen, ob die Anerkennung ehrlich gemeint ist oder bloss Schweizerbürgerreoht verschaffen soll. Nach dem Vorschlag der Experten-

691 kommission lässt deshalb der Entwurf den Bürgerrechtserwerb nur eintreten, wenn die Anerkennung stattfindet, solange das Kind noch unmündig ist. Das Schweizerbürgerrecht wird im Zeitpunkt der Standesänderung erworben; diese hat keine Kückwirkung.

Mit Artikel S wird Artikel 54, Absatz 4, der Bundesverfassung ausgeführt.

Absatz l entspricht dem Artikel 161 ZGB, Absatz 2 dem Artikel 134, Absatz l, ZGB, und Absatz 8 dem Artikel 183, Absatz l, in Verbindung mit Artikel 270 ZGB. Für die Frage der sogenannten Bürgerrechtsehen sei auf die Erläuterungen zu Artikel 54 des Entwurfes verwiesen.

Artikel 4 erwähnt «das Kantons- und Gemeindebürgerrecht». Selbstverständlich werden, wenn die Person, von der das Bürgerrecht abgeleitet wird, mehrere Kantons- oder Gemeindebürgerrechte besitzt, diese alle erworben. Es wäre überflüssig, den Text hier und an andern ähnlichen Stellen durch den Hinweis zu belasten, dass möglicherweise nicht nur ein Kantons- und ein Gemeindebürgerrecht, sondern mehrere Kantons- oder Gemeindebürgerrechte erworben oder verloren werden.

Artikel 5 übernimmt den Inhalt von Artikel 5, Absatz 3 und 4 des Vollmachtenbesehlusses vom 11. November 1941, aber mit nicht unwesentlichen Änderungen. Hier ist nicht die Abstammung von einer schweizerischen Mutter, sondern die Tatsache der Staatenlosigkeit des Kindes in erster Linie massgebend für den Erwerb des Schweizerbürgerrechts. Da es aber einer vernünftigen Ordnung entspricht, dass das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters erhält, sollen die Eltern dann, wenn das Heimatrecht des Vaters den Erwerb der Staatsangehörigkeit an Bedingungen knüpft, für deren Erfüllung sorgen.

So sollen sie z. B. das Kind bei der heimatlichen Behörde anmelden, wenn dies verlangt ist. Aus dem gleichen Grund bestimmt Absatz 2, dass das Schweizerbürgerrecht wieder untergeht, sobald das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters besitzt. Wenn es dagegen als Schweizerbürger mündig geworden ist, soll dieser Verlust nicht mehr von Gesetzes wegen eintreten. Sofern die Eltern in der Schweiz leben, erwirbt der Vater möglicherweise durch Einbürgerung selber das Schweizerbürgerrecht. Dann folgt ihm das Kind im Kantons- und Gemeindebürgerrecht. Mehrere Kantonsregierungen haben eine klare Eegelung für diesen Fall, der in der Praxis schon wiederholt eingetreten ist, gewünscht;
sie wird nicht als unzulässige Einmischung des Bundesrechts in kantonale Belange aufgefasst werden können.

Das Heimatlosengesetz von 1850 schreibt in seinem Artikel 23 die Einbürgerung von Findelkindern vor. Auch hier geht es um Vermeidung von Staatenlosigkeit im Bereiche des schweizerischen Bechts. Der Entwurf verleiht durch Artikel 6 dem Kinde von Gesetzes wegen das Bürgerrecht des Kantons, in dem es ausgesetzt wurde, und damit das Schweizerbürgerrecht; der Kanton bestimmt über das Gemeindebürgerrecht. Wird nachträglich die Abstammung des Kindes festgestellt, so führt das gegebenenfalls zu einer entsprechenden Änderung des^Bürgerreohts; doch darf auch dann das Kind nicht staatenlos werden.

692 Der Artikel 7 ist an sich nicht un erlässlich; denn der Kindesannahme kommt bürgerrechtliche Wirkung nicht zu, wenn das nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist. Da aber immer noch da und dort Unklarheit besteht über die Folgen der Adoption, erachten wir es -- mit der Expertenkommission -- für zweckmässig, im Gesetz davon zu sprechen. --- Der Kindesannahme -- im Gegensatz zum geltenden Eecht (vgl. Art. 268 ZGB) -- bürgerrechtliche Wirkung zu verleihen, wäre nicht geboten. Die Kindesannahme soll nicht dazu dienen, die Einbürgerungsvorschriften zu umgehen. Die Einbürgerungspraxis, in Verbindung mit einer Bevorzugung der Adoptivkinder bei den Wonnsitzerfordernissen, wird gestatten, dem ausländischen Adoptivkind schweizerischer Adoptiveltern das Schweizerbürgerrecht zu verleihen, wo dies nach den Umständen angezeigt ist.

XIV.

Verlust des Bürgerrechts von Gesetzes wegen (Art. 8-11) Mit diesen Bestimmungen wird formell und materiell neues Eecht geschaffen. Das-ordentliche Eecht enthält keine geschriebenen Eegeln über den Verlust von Gesetzes wegen. Der Entwurf weicht aber auch von dem ab, was gewohnheitsrechtlich oder nach dem Vollmachtenbeschluss von 1941 gilt.

Die Wirkungen der Standesänderung können in Artikel 8, wo es um den Verlust des Schweizerbürgerrechts geht, nicht einfach sinngemäss gleich geregelt werden wie in Artikel 2, wo Schweizerbürgerrecht erworben wird. Nach eingehender Prüfung hat die Expertenkommission die Fassung vorgeschlagen, die in den Entwurf übernommen ist : Die Anerkennung mit Standesfolge durch den ausländischen Vater soll das Schweizerbürgerrecht des Kindes nicht von Gesetzes wegen untergehen lassen ; denn der Vater lässt sich vielleicht nicht vom Bestreben leiten, die wirklichen Interessen des Kindes zu wahren. Die gerichtliche Zusprechung des Kindes an den Vater mit Standesfolge darf ebenfalls nicht den Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen nach sich ziehen; sonst unterbleibt die Vaterschaftsklage oft auch da, wo sie zur Wahrung der Interessen von Mutter und Kind angehoben werden niüsste.

Die Lösung nach Entwurf kann allerdings zu Doppelbürgerrecht führen. Dieser Nachteil wiegt aber nicht besonders schwer. Zudem bleibt dem Doppelbürger unbenommen, auf das Schweizerbürgerrecht zu verzichten, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind. Der nachträglichen Eheschliessung der Eltern kann dagegen ohne Bedenken bürgerrechtliche Wirkung für das Kind verliehen werden.

.

Artikel 9. Die bedeutsame Neuerung, die der Entwurf für die Wirkung der Heirat einer Schweizerbürgerin mit einem Ausländer auf ihr Bürgerrecht vorsieht, ist im allgemeinen Teil dieser Botschaft (X) umfassend erläutert worden. Bei künftigen Eheschliessungen in der Schweiz dürfte danach die Beir behaltung des Schweizerbürgerrechts die Eegel sein. Dagegen wird bei Ehe-

693 Schliessungen im Ausland, namentlich wenn die Frau ohnehin nur noch lose Bindungen an die schweizerische Heimat empfindet, die Beibehaltungserklärung öfters unterbleiben und das Schweizerbürgerrecht untergehen. -- Auch wenn die Trauung in der Schweiz stattgefunden hat, kann die Beibehaltungserklärung bei dauerndem oder bloss vorübergehendem Aufenthalt im Ausland gegenüber einer schweizerischen Gesandtschaft oder einem Konsulat abgegeben werden, Dio weittragende Neuerung in Artikel 10 des Entwurfs ist ebenfalls im allgemeinen Teil (VII) erläutert worden. Der Verwirkung soll erstmals die dritte, d. h. die zweite im Ausland geborene Generation, und dann jede folgende, ausgesetzt sein, und bloss bei Doppelbürgerrecht. Sie soll aber nicht eintreten, wenn eine auch nur bescheidene tatsächliche Bindung fortbesteht, Dazu genügt, dass die Familie mit einer schweizerischen Vertretung im Ausland, allenfalls auch unmittelbar mit der Heimatbehörde, in Vorbindung steht, ihr die Geburt des Kindes anmeldet, schweizerische Ausweispapiere für das Kind fordert usw. Das Kind selber kann den Fortbestand des Schweizerbürgerrechts bewirken, indem es sich beim Konsulat immatrikulieren oder Ausweispapiere ausstellen lässt oder indem es schriftlich erklärt, Schweizerbürger bleiben zu wollen. Der Entwurf zählt in Artikel 10, Absatz 2, absichtlich nicht abschliessend auf, was als genügende Meldung anerkannt werden kann. Die Praxis soll weitherzig sein können in der Anerkennung von Zeichen der Verbundenheit mit der Schweiz, die den Untergang des Schweizerbürgerrechts verhindern. Im Zweifelsfall ist das Fortbestehen des Schweizerbürgerrechts anzunehmen. Dagegen genügt es nicht, wenn die Eltern die Geburt des Kindes bloss der ausländischen Ortsbehörde melden und diese von Amtes wegen den Zivilstandsbehörden in der Schweiz davon Kenntnis gibt.

Für Artikel 11 gelten die gleichen Bemerkungen wie für Artikel 4.

XV.

Ordentliche Einbürgerung (Art. 12-17) Was der Entwurf über Voraussetzungen und Wirkungen der Einbürgerung im ordentlichen Verfahren, über Zuständigkeit und Verfahren selbst bestimmt, halt sich weitgehend an geltendes Eecht und bisherige Praxis.

Artikel 12 bestätigt, dass die ordentliche Einbürgerung Sache der Kantone und Gemeinden ist ; sie entscheiden, ob und wann ein Ausländer das Schweizerbürgerrecht erhält. Die vorausgehende Einbürgerungsbewilligung der eidgenössischen Behörde gibt den Weg frei für das Verfahren im Kanton.

Jährlich werden etwa 2000 Gesuche um die Einbürgerungsbewilligung eingereicht. Deshalb gestattet Artikel 18 dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, die Befugnis zur Erteilung der Bewilligung an eine Abteilung zu übertragen. Seit der Auflösung der Innerpolitischen Abteilung, nämlich auf Grund eines Bundesratsbeschlusses vom 26. Februar 1926, ent-

694 scheidet in erster Instanz die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justizund Polizeidepartements. -- Weil selbstverständlich, ist nicht ausdrücklich gesagt, dass die Erteilung der eidgenössischen Bewilligung weder die Behörden von Kanton und Gemeinde verpflichtet, die Einbürgerung vorzunehmen, noch dem Ausländer einen Anspruch auf Einbürgerung gibt. -- Die eidgenössische Bewilligung wird auf einen bestimmten Kanton beschränkt. Das hängt zusammen mit der vorher durchzuführenden Untersuchung, und damit, dass die Behörden des Kantons, in dem die Einbürgerung stattfinden soll, zum Gesuch müssen Stellung nehmen können und sich auch darüber äussern sollen, ob der Bewerber überhaupt Aussichten hat, eingebürgert zu werden. Ira übrigen ist auch für die Beurteilung durch die eidgenössischen Behörden nicht unwesentlich, in welchem Kanton und in welchem Sprachgebiet die Einbürgerung angestrebt wird.

Der Ausländer soll wissen, dass-seine Eignung zur Einbürgerung gründlich geprüft wird, bevor er die eidgenössische Bewilligung erhält. Die Untersuchung, die in A r t i k e l 14 vorgeschrieben ist, wird von der eidgenössischen Behörde veranlasst, muss aber zur Hauptsache von den Behörden des Kantons und der Gemeinde durchgeführt werden, wo der Bewerber wohnt und wo er sioh einbürgern lassen möchte. Die Untersuchung soll verhindern, dass die eidgenössische Bewilligung an Ausländer erteilt wird, für die eine Einbürgerung ernsthaft gar nicht in Frage kommt. Durch die Erteilung der eidgenössischen Bewilligung werden Kanton und Gemeinde aber nicht etwa daran gehindert, vor dem eigenen Entscheid über die Einbürgerung noch weitere Erhebungen vorzunehmen.

' In Artikel 15 werden die Wohnsitzerfordernisse festgelegt. Die Dauer des Wohnsitzes eines Ausländers in der Schweiz lässt an sich nicht schon auf einen entsprechenden Grad der Assimilation schliessen. Zwar wird nur der.Ausländer mit den schweizerischen Verhältnissen und Anschauungen vertraut, der während Jahren hier wohnt. Wie lange er aber inmitten der schweizerischen Bevölkerung gelebt haben muss, bis sich die zur Einbürgerung genügende Assimilation vollzogen hat, hängt von seinen persönlichen Eigenschaften, seiner Lebensweise, den beruflichen Verhältnissen und allgemein seiner engeren Umgebung ab. Nicht jeder Ausländer, der viele Jahre hier verbracht hat,
hat dabei die erforderliche innere Bindung an unser Land und seine Bevölkerung gewonnen. Anderseits sind Ausländer, die eine sehr ausgeprägte Fähigkeit haben, sich rasch einer neuen Umgebung anzugleichen, nicht immer auch geeignet, zuverlässige Bürger zu werden. Dass die gesetzlichen Wohnsitzerfordernisse erfüllt seien, ist bloss eine der verschiedenen Voraussetzungen zur Einbürgerung; deren wichtigste bleibt stets die Eignung. Die Wohnsitzerfordernisse dienen übrigens auch dazu, den Behörden und der schweizerischen Umgebung des Ausländers Gelegenheit zu geben, diesen hinreichend kennen zu lernen. Der Gesetzgeber bringt durch sie zum Ausdruck, dass ein Ausländer vor Ablauf dieser Mindestfrist nicht in die Eechte und Pflichten eines Schweizerbürgers soll eintreten können, eine Einbürgerung also von vornherein nicht in Betracht

695 kommen dürfe. Im übrigen sind die bundesreohtlichen Wohnsitzerfordernisse Mindestbedingungen für die Erteilung der eidgenössischen Bewilligung; Kantone und Gemeinden können strengere Bedingungen für die Einbürgerung festsetzen.

Das Gesetz von 1903 (in der Fassung von 1920) verlangt 6 Jahre Wohnsitz in der Schweiz. Der Entwurf hält sich an den Vorschlag der Expertenkommission und setzt die Mindestfrist auf 12 Jahre fest, während zahlreiche Kantonsregierungen h'eber 15 oder sogar 20 Jahre festgelegt haben möchten.

Der Wohnsitz braucht nicht notwendigerweise ununterbrochen beständen zu haben. Die Fassung von Absatz l gestattet die Berücksichtigung vor allem auch von Bewerbern, die aus beruflichen Gründen öfters längere Zeit im Ausland weilen müssen.

Die schweizerische Umgebung wirkt naturgemäss besonders assimilierend und nachhaltig auf die hier aufwachsenden ausländischen Kinder. An deren Einbürgerung besteht im allgemeinen ein erhöhtes Interesse. Deshalb wird für sie -- nach Absatz 2 -- die Mindestwohnsitzfrist gekürzt. Schliesslich ist gerechtfertigt, den Adoptivkindern schweizerischer Adoptiveltern noch mehr entgegenzukommen (Abs. 8).

Artikel 16 handelt vom Ehrenbürgerrecht. Bundesrechtlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass Kanton und Gemeinde einem Ausländer, der die Voraussetzungen zur Einbürgerung erfüllt und deshalb die eidgenössische Bewilligung erhalten hat, das Bürgerrecht ehrenhalber erteilen, also in der Begel wohl in einem abgekürzten Verfahren und unter Verzicht auf Taxen. Einige Kantone und Gemeinden legen aber Wert darauf, prominenten Ausländern und ausländischen Gästen den Titel eines Ehrenbürgers verleihen zu können.

Dies ist Dekoration und soll nicht die Wirkung haben, dass der Ausländer und seine Nachkommen in die Eechte und Pflichten von Schweizerbürgern eintreten.

Die Frage des Doppelbürgerrechts ist im allgemeinen Teil eingehend besprochen worden. Artikel 17 schreibt dem Ausländer, der sich einbürgern lassen will, vor, dass er sich nicht um die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit bemühen dürfe; er soll auf sie verzichten, wenn das nach seinem bisherigen Heimatrecht in einfachem Verfahren und ohne übermassige Gebühren möglich ist. Wer durch Einbürgerung in die schweizerische Volksgemeinschaft eintreten will, soll dies vorbehaltlos tun.

Das gilt nicht
nur für die ordentliche Einbürgerung. Würden aber die Begeln von Artikel 17 schlechtweg auch für die Wiedereinbürgerung und die erleichterte Einbürgerung anwendbar erklärt, so würde damit manche unnötige Härte geschaffen. Man denke beispielsweise an die ziemlich häufigen Fälle von Witwen, die von einem fremden Staat eine Eente beziehen, sie aber verlieren, sobald sie jene Staatsangehörigkeit nicht mehr besitzen. Aus diesem Grund steht Artikel 17 nicht in den allgemeinen Bestimmungen.

696

XVI.

Wiedereinbürgerung (Art. 18-24) Wie nach geltendem Eecht, ist auch nach dem Entwurf die Wiederaufnahme ehemaliger Schweizerbürger ins Kantons- und Gemeindebürgerrecht und damit ins Schweizerbürgerrecht einfacher als die ordentliche Einbürgerung und zudem unentgeltlich.

Der Artikel 18 regelt den weitaus häufigsten und wichtigsten Fall von Wiedereinbürgerung: Die Frau, die -- nach den Eogeln des geltenden Eechts -- ohne Bücksicht auf ihren eigenen Willen, automatisch durch Heirat mit einem Ausländer oder Einbezug in die Entlassung des Ehemannes das Schweizerbürgerrecht verloren hat, soll es nach Auflösung der Ehe zurückerhalten können. Ebenso soll es die Frau zurückerhalten können, die -- trotz den Begeln des Entwurfs -- bei der Heirat nicht die Beibehaltung erklärt, sondern es für richtig erachtet hat, auch bürgerrechtlich das Schicksal des Ehemannes zu teilen.

Heute ist dio Wiedereinbürgerung nur möglich, wenn die Frau wieder dauernd in der Schweiz lebt und das Gesuch innert 10 Jahren seit Auflösung der Ehe stellt. Diese Bedingungen sind eng. Das zeigte sich deutlich in den vergangenen Kriegs- und Nachkriegsjähr en, wo Eeisen von Land zu Land zeitweilig kaum möglich waren und die Wohnsitzverlegung der Frau häufig sehr erhebliche Nachteile brachte. Aber auch ohne diese Erfahrungen wäre es angebracht, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Wiedereinbürgerung zu erleichtern. Denn die Frau hat das Schweizerbürgerrecht nicht verloren, weil sie seiner unwürdig gewesen wäre, sondern bloss deshalb, weil sie in eine ausländische Familie übergetreten ist und die gleiche Staatsangehörigkeit haben sollte wie der Ehemann. Folgerichtig kann das Gesetz die Wiedereinbürgerung als Korrektur der Eechtslage immer dann vorsehen, wenn die Ehe zu bestehen aufgehört hat. Es kann den vollziehenden Behörden überlassen -bleiben, im Einzelfall die Wiedereinbürgerung abzulehnen, wenn das begründet iät.

Der Entwurf lässt den Wohnsitz in der Schweiz als Voraussetzung zur Wiedereinbürgerung fallen. Das ist eine sehr bedeutende Neuerung. Für die Frau kann es besonders wichtig sein, im Ausland das Schweizerbürgerrecht zurückzugewinnen. Mit dem Schweizerpass kann sie in kritischer Zeit wahrscheinlich leichter in unser Land zurückkehren als mit einem fremden Pass.

Sie wird auch nicht gezwungen, eine berufliche Tätigkeit und
ihren Besitz im Ausland aufzugeben. Allerdings hat die Neuerung den Nachteil, dass die Behörden hier die Bewerberin unter Umständen nicht kennen, sondern für den Entscheid auf Berichte aus dem Ausland angewiesen sind. Dieser Nachteil kann um so eher in Kauf genommen werden, als keine Pflicht zur Wiedereinbürgerung besteht. In unklaren Fällen kann das Gesuch abgewiesen oder wenigstens zurückgestellt werden, bis die Frau persönlich in der Schweiz erscheint.

697

Die Expertenkommission wollte weiter gehen und der Frau einen Kechtsanspruch auf Wiedereinbürgerung gewähren, sofern sie nicht schwere Vergehen begangen oder sich zum Nachteil der Schweiz staatggefährlich betätigt hatte.

Die Kantonsregierungen verlangten übereinstimmend und nachdrücklich, die Wiedereinbürgerung müsse auch dann ausgeschlossen werden können, wenn die Frau nicht gut beleumdet oder ungenügend assimiliert sei. Es ist daher richtiger, keinen Bechtsanspruch vorzusehen, sondern der zuständigen Behörde den Entscheid über das Wiedereinbürgerungsgesuch grundsätzlich freizustellen.

Das allein gestattet, der Vielfalt der Lebenserscheinungen möglichst gerecht zu werden. Allerdings sollte die Wiedereinbürgerung einer ehemaligen Schweizerin nur abgelehnt werden, wenn, wirklich ernsthafte Gründe das gebieten.

Wer soll wiedereingebürgert werden können: nur die gebürtige Schweizerin, oder auch die seinerzeit Eingebürgerte, aber nicht auch die Frau, die unser Bürgerrecht durch (eine erste) Heirat erworben hatte? Wh- glauben, dass das Gesetz auf jede Einschränkung verzichten sollte; denn sie würde dem Leben wohl oft nicht gerecht. Die in der Schweiz aufgewachsene Frau, die durch eine erate Ehe Schweizerbürgerin geworden ist, oder die ehemalige Ausländerin, die mit dem (ersten) schweizerischen Ehemann während Jahren hier gelebt hat, kann mit Land und Volk enger verwachsen sein, als beispielsweise eine gebürtige Schweizerin, die im Ausland aufgewachsen ist und dort einen Ausländer geheiratet hat. Das Bürgerrecht stimmt eben trotz allem nicht immer überein mit einer entsprechenden inneren Bindung an die rechtmassige Heimat. Auch aus diesem Grunde erachten wir die Lösung nach Ent-.

wurf für richtig: Sie gibt keinen Bechtsanspruch auf Wiedereinbürgerung, sondern erlaubt den Behörden, den Einzelfall angemessen zu entscheiden. Sie lässt grundsätzlich die Wiedereinbürgerung immer dann zu, wenn das Schweizerbürgerrecht durch Heirat verloren worden ist; sie gestattet aber gleichzeitig, das Gesuch einer Frau abzulehnen, die innerlich unserem Lande fremd ist, habe sie seinerzeit das Schweizerbürgerrecht aus diesem oder jenem Grunde erworben.

Die lit. a von Artikel 18 sieht, wie das bisherige Eecht, die Wiedereinbürgerung vor nach Auflösung der Ehe, überdies aber auch dann, wenn die Ehegatten während wenigstens
drei Jahren tatsächlich getrennt leben. Da nach Entwurf die Frau bei der Heirat das Schweizerbürgerrecht beibehalten kann, besteht kein Grund, mit der Wiederorteilung dann, wenn sie es seinerzeit verloren hat, besonders zurückhaltend zu sein,. Die Frist von 10 Jahren zur Einreichung des Gesuches ist nicht mehr gesetzliche VerwirkUngsfrist ; wo es gilt, besondere Härten zu vermeiden, können auch verspätete Gesuche berücksichtigt werden.

Die. lit. b von Artikel 18 ist neu. Es kann vorkommen, dass eine ehemalige Schweizerbürgerin als Folge fremden Bechts staatenlos wird. Diese Staatenlosigkeit soll durch Wiedereinbürgerung behoben werden können, obschon die Ehe fortbesteht, und zwar jederzeit.

698 Wenn künftig die Frau, wie es der Entwurf vorsieht, tei der Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht beibehalten kann, wird der Artikel 18 vor allem Anwendung finden auf Frauen, die unter der Herrschaft des bisherigen Eechts das Schweizerbürgerrecht verloren haben. Diese Bedeutung wird noch dadurch verstärkt, dass in Härtefällen die Wiedereinbürgerung selbst dann stattfinden kann, wenn sie nach heutigem Eecht wegen Fristablaufs nicht mein- zulässig wäre. Und nach lit. b können auch Ehefrauen wiedereingebürgert werden, die vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes staatenlos geworden sind.

Nach Artikel 19 können -- wie schon heute -- unmündige Kinder in die Wiedereinbürgerung ihrer Mutter einbezogen werden. Sie haben das Schweizerbürgerrecht zwar früher nicht besessen, gehören aber nach allgemeinen Überlegungen in der Eegel zur Mutter und sollen deshalb auch ihr bürgerrechtliches Schicksal teilen können. Wenn allerdings das Kind im Ausland lebt und eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, ist der Einbezug ausgeschlossen. Er wäre sachlich unbegründet und müsste zu Konflikten mit fremden Staaten führen; die Schweiz dürfte wohl auch nicht hinnehmen, daas hier lebende Kinder, die immer nur Schweizerbürger waren, eines Tages von einem fremden Staat zu seinen Staatsangehörigen erklärt und als solche in Anspruch genommen würden. Bei staatenlosen Kindern fallen diese Bedenken weg. Deshalb gestattet der Entwurf ihren Einbezug in die Wiedereinbürgerung auch bei Wohnsitz im Ausland.

Die Verwirkung des Schweizerbürgerrechts nach Artikel 10 kann da oder dort einmal eintreten* wo es nach den besondern Umständen nicht eigentlich gerechtfertigt wäre. Der Artikel 20 will in diesem Fall die gebotene Korrektur durch Wiedereinbürgerung ermöglichen. Folgerichtig wird auf den Wohnsitz in der Schweiz verzichtet. Dagegen verdient keine Berücksichtigung mehr, wer sich auch während 10 Jahren nach eingetretener Verwirkung nicht um die schweizerische Heimat interessiert hat.

Auch Artikel 21 soll gestatten, die strenge Folge einer gesetzlichen Eegel zu beheben, wo sie als unbillig empfunden werden müsste: Wer als Minderjähriger mit dem Vater aus dem Schweizerbürgerrecht entlassen worden ist, soll es durch Wiedereinbürgerung zurückerhalten können, wenn er in der Schweiz wohnt und den eigenen Willen äussert,
Schweizerbürger zu sein.

Artikel 22 bestätigt heute schon geltendes Eecht. Die Praxis wird, wie bisher, dafür sorgen, dass nicht jeder Opportunist beliebig das Schweizerbürgerrecht aufgeben und später leicht wieder zurückerhalten kann. Jahr für Jahr zeigen sich aber Einzelfälle, in denen früher einmal die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht aus verständlichen Gründen nachgesucht worden war, wegen veränderter Verhältnisse die Wiedereinbürgerung aber geboten ist.

Artikel 23 bestimmt, dass durch die Wiedereinbürgerung das Kantonsund Gemeindebürgerrecht erworben wird, das bei Untergang des Schweizerbürgerrechts bestanden hatte. Die Frau, die in erster Ehe einen Bürger eines andern Kantons, in zweiter Ehe dann einen Ausländer geheiratet hat, erhält

699 somit nicht dasftngaafn.Tnnit.flKantons- und Gemeindebürgerrecht zurück, sondern das, welches sie bei Abschluss der zweiten Ehe besass. Die Wiedereinbürgerung ist gewissermassen Wiedereinsetzung in den früheren'Stand.

Die Wiedereinbürgerung wird von der eidgenössischen Behörde verfügt.

Diese verleiht unmittelbar auch Kantons- und Gemeindebürgerrecht. Darin besteht die Vereinfachung des Verfahrens im Vergleich zur ordentlichen Einbürgerung. Artikel 24 ordnet die Zuständigkeit zum Wiedereinbürgerungsentscheid gleich wie das geltende Becht (vgl. dazu den Bundesratsbeschluss vom 26. Februar 1926 im Musammenhang mit der Auflösung der Innerpolitischen Abteilung). Allerdings soll künftig auch dort, wo der Kanton der Wiedereinbürgerung zustimmt, nicht -- wie heute --- die Polizeiabteilung des Eidgenüssischen Justiz- und Polizeidepartements die Wiedereinbürgerung verfügen dürfen, sondern allein das Departement. Das entspricht einem Wunsch der Kantonsregierungen und dem Vorschlag der Expertenkommission, Kantonsund Gemeindebürgerrecht solle höchstens durch einen Beschluss des Bundesrates oder eines Departements verliehen werden können, nicht auch durch Verfügung einer Verwaltungsabteilung. Wir möchten uns einer solchen Ordnung nicht widersetzen. Immerhin sei darauf aufmerksam gemacht, dass jährlich über 1000 Wiedereinbürgerungsgesuche eingehen, wozu noch die Eekurse wegen Abweisung von Gesuchen kommen. Dom Departement als erster Instanz und dem Bundesrat als Eekursinstanz wird somit erhebliche Mehrarbeit überbunden, im Gegensatz zu den Bemühungen, den Bundesrat und seine Mitglieder eher zu entlasten.

xvn.

Erleichterte Einbürgerung (Art. 25-29) Die Bestimmungen dieses Abschnittes bringen neues Eecht. In allen Anwendungsfällen gebieten schweizerische öffentliche Interessen, die Einbürgerung zu erleichtern (vgl. Allgemeiner Teil XI). Die Erleichterung besteht darin, dass das Verfahren einfacher ist als bei der ordentlichen Einbürgerung, und überdies unentgeltlich.

Die wichtigste Art erleichterter Einbürgerung ist in Artikel 25 geregelt.

Sie ersetzt die Zuerkennung des Bürgerrechts von Gesetzes wegen bei der Geburt, die nach Artikel 44, Absatz 8, der Bundesverfassung zulässig wäre.

Es sei auf die Darlegungen im Allgemeinen Teil (VIII) verwiesen, Kinder einer gebürtigen Schweizerin sollen erleichtert eingebürgert werden können. Wesentlich ist, dass die Mutter selber von Geburt an Schweizerbürgerin war; unwesentlich ist dagegen, ob sie zur Zeit der Geburt des Kindes noch Schweizerbürgerin ist oder das Bürgerrecht verloren hat. Das Kind muss aber während Jahren hier gelebt haben. Die Mindestfrist beträgt 10 Jahre, während bei der ordentlichen Einbürgerung (nach Art. 15, Abs. 2) unter Umständen schon 6 Jahre genügen. Die eidgenössische Behörde soll nicht früher Kantons- und Gemeindebürgerrecht und damit Schweizerbürgerrecht zu-

700

erkennen dürfen, als dies Kanton und Gemeinde ini ordentlichen Verfahren tun könnten. Das Kind erwirbt das Kantons- und Gemeindebürgerrecht, das die Mutter besitzt oder zuletzt besass; denn alles kommt auf die schweizerische Abstammung der Mutter an. Auch dies ist ein Unterschied zum ordentlichen Verfahren, wo die Einbürgerung an einem beliebigen Ort, in der Regel am Wohnort, stattfinden kann.

Der Artikel 26 ist eine notwendige Folge davon, dass die Schweizerbürgerin bei der Heirat mit einem Ausländer oder der Entlassung des Ehemannes das Schweizerbürgerrecht beibehalten kann. Die ehemalige Schweizerbürgerin kann nach Auflösung der Ehe, oder wenn sie staatenlos geworden ist, wiedereingebürgert werden; in die Wiedereinbürgerung können ihre minderjährigen Kinder einbezogen .werden. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Kinder dann schlechter zu stellen, wenn die Mutter das Schweizerbürgerrecht beibehalten hat. In den Einzelheiten stimmt Artikel 26 überein mit Artikel 19, der den Einbezug von Kindern in die Wiedereinbürgerung der Mutter regelt.

Immer wieder, wenn auch verhältnismässig selten, kommt es vor, dass eine Person während Jahren im Irrtum lebte, Schweizerbürger zu sein, und von den schweizerischen Behörden als Bürger behandelt wurde. Hier drängt sich in der Regel eine Berichtigung der Rechtslage auf, was aber heute im Einzelfall oft Schwierigkeiten verursacht, wegen der formellen Voraussetzungen zur ordentlichen Einbürgerung und wegen der Dauer des Verfahrens. Artikel 27 sieht für solche Eälle die erleichterte Einbürgerung vor. Die Kantonsregierungen haben gegen diese Neuerung keine Einwendung erhoben; meist sind ja gerade sie an der einfachen Korrektur interessiert. Die Umstände sind erfahrungsgemäss von Fall zu Fall sehr verschieden. Deshalb kann auch das Gesetz diesen Tatbestand nicht eng umschreiben, wenn es in möglichst allen Einzelfällen die gebotene Bereinigung der bürgerrechtlichen Lage erlauben will. Wiederholt ist es vorgekommen, dass vermeintliche Schweizerbürger auf Aufgebot hin Militärdienst geleistet hatten, bevor der Irrtum aufgedeckt wurde. Damit nicht formelle Gründe die Bereinigung in solchen besonders stossenden Fällen erschweren, ist von jeder Mindestfrist abgesehen. Doch wird auch hier der Irrtum jeweilen schon während Jahren bestanden haben. Im übrigen sei betont, dass
die Behörden nicht zur Einbürgerung verpflichtet sind, sondern bloss die Möglichkeit haben, in einem kurzen, einfachen und billigen Verfahren das Bürgerrecht auch formell zuzuerkennen, wo das gerechtfertigt ist.

Der Artikel 28 wird bis auf weiteres nur Anwendung finden auf französische Staatsangehörige; denn nur der schweizerisch-französische Optionsvertrag vom 23. Juli 1879 sieht den Erwerb des Schweizerbürgerrechts durch Option vor. Nach diesem Vertrag werden minderjährige Kinder eines Franzosen, der .hier eingebürgert wird, nicht mit ihm zusammen Schweizerbürger, sondern erst, wenn sie im Laufe des 22. Lebensjahres für die Schweiz optieren.

Bis zur Option sind sie französische Staatsangehörige; sie bleiben es, wenn sie nicht optieren. Nun kommt es aber immer etwa vor, dass solche Kinder, beispielsweise wegen des frühen Todes der Eltern, die Rechtslage .nicht kennen

701 oder dass sie versehentlich als Schweizerbürger in die Begister eingetragen ·werden und dann, im Glauben Schweizerbürger zu sein, die Option unterlassen. Heute verfügt in solchen Fällen die eidgenössische Behörde, gestützt auf einen Bundesratsbeschluss vom 20. Februar 1925, das Kind werde in den Bürgerrechtserwerb des Vaters eingeschlossen. Der Entwurf sieht statt dessen, rechtlich einwandfrei, die erleichterte Einbürgerung vor. Der Optionsvertrag hindert die Schweiz nicht, mündige französische Staatsangehörige nach schweizerischem Becht einzubürgern, und zwar auch dann nicht, wenn sie hätten optieren können, es aber nicht getan haben. Allerdings behalten solche Personen dann gleichzeitig die französische Staatsangehörigkeit.

Die Zuständigkeit zum Entscheid bei der erleichterten Einbürgerung ist durch Artikel 29 gleich geregelt wie bei der Wiedereinbürgerung (vgl. Bemerkungen zu Art. 24).

XVIII.

Gemeinsame Bestimmungen (Art, 80-39) Diese Bestimmungen gelten sowohl für die ordentliche Einbürgerung als auch für die Wiedereinbürgerung und die erleichterte Einbürgerung.

Der Artikel 30 beruht auf dein Grundgedanken der Einheitlichkeit des Bürgerrechts in der Familie: Danach sollen die Ehegatten das gleiche bürgerrechtliche Schicksal haben. Die Ehefrau kann sich nicht allein, ohne den Ehemann, einbürgern lassen, es sei denn, die Ehegatten lebten dauernd getrennt. Die Einbürgerung des Ehemannes erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Ehefrau. Allerdings hat die Frau dabei mitzusprechen; ihre Zustimmung ist Voraussetzung. Wird sie verweigert, so bleibt die schweizerische Behörde frei, den Ehemann --- ohne die Frau ·-- einzubürgern oder abzuweisen.

In der Kegel wird die Einbürgerung abgelehnt werden, weil die schweizerische Familie auch bürgerrechtlich Einheit sein soll; besondere Gründe können aber im Einzelfall eine Ausnahme nahelegen.

Auch Artikel 31 folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Bürgerrechts in der Familie. Der Einbezug eines minderjährigen Kindes in die Einbürgerung der Eltern kann ausnahmsweise unmöglich sein: So beispielsweise bei der Wiedeieinbürgerung der Mutter, wenn das Kind nicht in der Schweiz wohnt. Oder er kann unerwünscht sein: So beispielsweise, wenn das bald volljährige Kind sich nicht erfreulich entwickelt oder aber erklärt, nicht Schweizerbürger werden zu
wollen. Hier ist dann zu entscheiden, ob die Einbürgerung auch der Eltern abgelehnt oder bis zur Volljährigkeit des Kindes aufgeschoben oder aber vorgenommen werden soll unter Ausschluss des Kindes.

Im Gegensatz zu Artikel 31 betrifft Artikel 32 die selbständige Einbürgerung unmündiger Personen. Diese ist nach schweizerischem Eecht schon immer möglich gewesen. Das ist namentlich bedeutsam für die erleichterte Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. II.

52

702

Einbürgerung nach Artikel 25. Die mehr als 16 Jahre alten Kinder sollen aber selber den Willen äussern, Schweizerbürger zu werden. Es wäre unklug, junge Ausländer gegen ihren Willen zu Schweizerbürgera zu machen. -- Die Expertenkommission hielt es nicht für nötig, neben der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters noch die der Vormundschaftsbehörde und der Aufsichtsbehörde zu verlangen (gemäss Art. 422, Ziff. 2 ZGB). Es gehe darum, dem Kind durch die Einbürgerung eine nach schweizerischer Auffassung bessere Bechtsstellung zu verleihen; im übrigen hätten ohnehin die verschiedensten Behörden der Gemeinde, des Kantons und des Bundes Stellung zu nehmen, so dass sich erübrige, auch noch die Vormundschaftsbehörde und die Aufsichtsbehörde einzuschalten.

Zum schweizerischen Eecht im Sinne von A r t i k e l 8 3 gehören auch die Regeln des schweizerischen Internationalen Privatrechts.

Alle Bewerber um das Schweizerbürgerrecht sind Ausländer, unterstehen also der Fremdenpolizeigesetzgebung. Deshalb stellt Artikel 34 für die Bestimmung des Wohnsitzes auf die fremdenpolizeiliohen Vorschriften ab. Das bringt Klarheit ohne neuen Wohnsitzbegriff.

Artikel 35 hält fest, dass der Bewerber nicht Anspruch auf Akteneinsicht habe (unter Vorbehalt von Art. 51). Die Behörden erhalten im allgemeinen bei Verwandten und Bekannten, Arbeitnehmern, Arbeitgebern usw.

des Bewerbers Informationen nur, wenn sie Gewähr dafür bieten, dass den Auskunftgebenden keine Unannehmlichkeiten oder Nachteile erwachsen. Sie sind jedoch auf solche Auskünfte angewiesen. Wer aber-böswillig falsche Auskunft gibt, erschwert den Behörden die Arbeit und verdient auch nicht besonderen Schutz. -- Die ablehnenden Entscheide müssen wenigstens kurz begründet sein, wenn der Abgewiesene von seinem Itekursrecht soll Gebrauch machen können.-- Die Begel in Absatz 4 will jede Unklarheit darüber vermeiden, welche bestimmten Personen in die Einbürgerungsbewilligung einbezogen oder durch die Einbürgerungsverfügung Schweizerbürger geworden sind.

Die eidgenössische Behörde erhebt nach Artikel 36 für ihre gutheissenden wie ablehnenden Entscheide bloss eine Kanzleigebühr, Diese ist nicht zu verwechseln mit den oft beträchtlichen Einbürgerungstaxen, die von den Kantonen und Gemeinden erhoben werden. Wichtig ist Absatz 2 : Die Wiedereinbürgerung und die erleichterte
Einbürgerung sind -- wie schon dargelegt wurde -- unentgeltlich, unter Vorbehalt eben der Kanzleigebühr.

Artikel 87 hält sich für Dauer und Umfang der finanziellen Beteiligung des Bundes an allfälligen Fürsorgeleistungen der Kantone und Gemeinden an die Eegel in Artikel 44, Absatz 5, der Bundesverfassung. Er dehnt die Kostengarantie des Bundes immerhin aus auf die wichtigsten Fälle der erleichterten Einbürgerung. Der Vóllmachtenbeschluss vom 11. November 1941 erlaubte zwar eine Bundesgarantie für die Hälfte der innerhalb von 15 Jahren nach der Einbürgerung erwachsenden Armenauslagen. Dadurch glaubte man, die Einbürgerung junger Ausländer erleichtern zu können; in der Praxis zeigte sich aber kein nennenswerter Erfolg.

703

A r t i k e l 88 entspricht dem ersten Satz von Artikel 44, Absatz 5, der Bundesverfassung.

Die Einbürgerung, die durch falsche Angaben oder Verheimlichung ·wichtiger Tatsachen erschlichen worden ist, die also bei ehrlichem Verhalten des Bewerbeis nicht erfolgt wäre, kann gemäss Artikel 89 nichtig erklärt werden.

Im Interesse der Rechtssicherheit darf das aber nur innerhalb von 5 Jahren geschehen. Die Nichtigerklärung hebt dem Grundsatz nach auch das Schweizerbürgerrecht der Personen auf, die es in der Folge erworben haben. Schon das geltende Bechi kannte diese Möglichkeit. Neu ist die Zustimmung der Kantonsregierung als Voraussetzung zur Nichtigerklärung. Nach den Erfahrungen des letzten Jahrzehnts konnte, man sich fragen, ob die Nichtigerklärung nicht, wie nach dem Vollmachtenbesohlußs von 1941, auch bei festgestellter eindeutig unschweizerischer Gesinnung des Eingebürgerten zulässig sein solle. Die Expertenkommission lehnte -- wohl zu Eecht -- eine solche Ausdehnung ab, einerseits, weil die Prüfung eines Einbürgerungsgesuches sorgfältig erfolgen müsse, anderseits, weil einmal erteiltes Bürgerrecht nicht ohne zwingenden Grund wieder vernichtet werden dürfe.

XIX.

Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht (Art. 40-15) Die Entlassung aus dem Sehweizerbürgerrecht wird nach Entwurf im wesentlichen gleich geordnet wie im bisherigen Eecht.

Artikel 40 umschreibt die Voraussetzungen, unter denen ein Schweizerbürger Anspruch darauf hat, aus dem Bürgerrecht entlassen zu werden. Der Verlust des Bürgerrechts tritt -- wie bisher -- nicht schon mit dem EntlassungsbeschluBS der kantonalen Behörde, sondern erst mit der Zustellung der Entlassungsurkunde ein. Diese Regelung ist unerlässlich, soll das Entstehen von Staatenlosigkeit als Folge der Entlassung in möglichst allen Fällen vermieden werden.

Artikel 41 regelt die Kollektivwirkung der Entlassung sinngemäss gleich wie Artikel 80 für die Einbürgerung. Ein Unterschied ergibt sich immerhin daraus, dass die Einbürgerung nie, die Entlassung aber immer dann auf einem Rechtsanspruch beruht, wenn die gesetzliehen Bedingungen dafür erfüllt sind.

Deshalb muss die gesetzliche Pflicht der Behörde, die Entlassung zu bewilligen, für den Fall ausdrücklich aufgehoben werden, wo die Ehefrau die Zustimmung verweigert.

Auch die Entlassung erstreckt sich ordentlicherweise auf die minderjährigen Kinder. Artikel 42 bestimmt aber, dass Kinder über 16 Jahren nur mit ihrer schriftlichen Zustimmung in die Entlassung einbezogen werden dürfen. Die Interessenlage ist hier anders ala bei der Einbürgerung: Das Kind verliert ein wichtiges, angestammtes Recht. Dies soll wenigstens dann nicht

704

gegen seinen Willen geschehen, wenn es nach seinem Alter schon einen eigenen Willen in der Sache haben kann.

Die Entlassungsurkuiide, von der Artikel 43 spricht, ist deshalb bedeutend, weil ihre Zustellung den Untergang des Schweizerbürgerrechts bewirkt.

In verschiedenen Staaten kann ein Schweizer erst eingebürgert werden, wenn zuvor sein Schweizerbürgerrecht erloschen ist. In diesem Falle muss die Entlassungsurkunde zugestellt werden, und damit wird der Entlassene bis zum Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit staatenlos; die Staatenlosigkeit dauert aber in der Hegel nur kurze Zeit und wird keine Nachteile bringen. Immerhin ist Absatz 3 so gefasst, dass das Verfahren den Verhältnissen im Wohnstaat des Entlassenen möglichist angeglichen werden kann. Neu ist, dass statt der persönlichen Zustellung der Urkunde nötigenfalls die Veröffentlichung der Entlassung stattfinden kann. Das ist zweckmässig, weil hin und wieder Personen, die um ihre Entlassung nachgesucht haben, später dann nicht mehr aufgefunden werden können.

Die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht bedeutet Bereinigung des Bürgerregisters. Sie soll deshalb nicht dadurch verhindert werden, dass eine erhebliche Gebühr gefordert wird. Es dürfte genügen, daran zu erinnern, dass mehrere Personen, die heute als Bückwanderer von Kanton und Gemeinde mit hohen Beträgen unterstützt werden müssen, seinerzeit einmal auf das Schweizerbürgerrecht verzichtet, es aber nicht verloren haben, weil sie sich weigerten, eine Gebühr von vielleicht 5 oder 10 Franken zu bezahlen, und daher die Urkunde nicht ausgehändigt erhielten. Der Artikel 44 darf deshalb nicht als Einmischung des Bundesrechts in kantonale Belange aufgefasst werden. Er will Kantone und Gemeinden vor solchen peinlichen Vorkommnissen künftig bewahren.

Auch bei sorgfältiger Behandlung der Gesuche kann unbekannt oder unbeachtet bleiben, dass der zu Entlassende Bürger mehrerer Kantone ist; der Einzelne weiss manchmal nicht, dass er das Bürgerrecht mehrerer Kantone und Gemeinden besitzt. Für diesen Fall stellt Artikel 45 neue Hegeln auf, die von den Kantonsregierungen begrüsst worden sind.

XX.

Entzug des Schweizerbürgerrechts

(Art. 46) Das Schweizerbürgerrecht darf dem nicht entzogen werden, der nur allein Schweizerbürger ist; er würde sonst staatenlos. Doppelbürgern darf aber ohne Bedenken das Schweizerbürgerrecht entzogen werden, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 46 vorliegen. Man hätte vielleicht die Möglichkeit des Entzuges des Schweizerbürgerrechts auch bei solchen Doppelbürgern vorsehen dürfen, deren Verhalten oder Tätigkeit klar darauf schliessen lässt, dass sie sich eindeutig für den andern Heimatstaat entschieden haben und für die

705 Schweiz als Bürger tatsächlich verloren sind. Da sich aher die Expertenkommission einstimmig gegen eine solche Ergänzung des Artikels 46 ausgesprochen hat, sehen wir davon ab, sie in den Entwurf aufzunehmen.

XXI.

Feststellungsverfafiren

(Art. 47) Die Bedeutung des Feststellungsverfahrens, das in Artikel 47 geordnet ist, wurde im Allgemeinen Teil (XII) erklärt. Künftig wird der grundsätzliche Entscheid über eine wichtige, aber umstrittene Kechtsfrage auch nicht mehr allein davon abhängen, ob ein davon betroffener Einzelner Beschwerde beim Bundesgericht führt; vielmehr kann das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement von Amtes wegen in einem Einzelfall den Entscheid der ersten, kantonalen Instanz herbeiführen und ihn gegebenenfalls an das Bundesgericht weiterziehen:

xxn.

Weiterziehung von Entscheiden (Art. 48-51) Der letzte Entscheid über Eechtsfragen, auch über die Aberkennung des Bürgerrechts, steht nach Artikel 48 dem Bundesgericht zu. Dabei wird der Beschwerdeentscheid im Feststellungsverfahren wohl am häufigsten vorkommen.

Bei Ermessensfragen räumt Artikel 49 den letzten Entscheid dem Bundesrat ein. Bloss über die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung entscheidet das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement endgültig. Allerdings sieht Absatz 3 auch hierzu noch eine Ausnahme vor: Wenn eine Kantonsregierung, also nicht irgendeine Behörde von Kanton oder Gemeinde, sich mit der Ablehnung der Einbürgeiungsbewilligung für einen bestimmten Ausländer nicht glaubt abfinden zu können, soll letztlich der Bundesrat entscheiden.

Nach Artikel 50 sind zur Beschwerde vor Bundesgericht und vor Bundesrat nicht bloss die betroffenen Personen, sondern auch die am Entscheid interessierten Behörden legitimiert.

Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren, in dem über den Bestand eines Rechts, über die behauptete Verletzung oder den Entzug eines Rechts zu entscheiden ist, soll nach der Auffassung der Expertenkommission, der wir uns anschliessen, dem Beschwerdeführer Einsicht in die Akten gewährt werden. Daher die Bestimmung in Artikel 51 des Entwurfs. Die Eücksicbtnahrne auf die Interessen des Einzelnen muss aber eine Grenze finden, wo es um die Wahrung der Sicherheit des Landes geht.

706

XXIII.

Schluss- und Übergangsbestimmungen (Art. 52-56) Der Bundesrat hat, nach Artikel 52, für den Vollzug des Gesetzes zu sorgen und nötigenfalls Ausführ ungsbestimmungen zu erlassen. Dazu gehören auch Begeln über die Ausstellung von Schweizerpässen und Heimatscheinen, wie sie schon in der Passverordnung des Bundesrates, vom 10. Dezember 1928, und im Bundesratsbeschluss betreffend die Formulare der Heimatscheine, vom 16. März 1885, enthalten sind. Im übrigen wird der Bundesrat darüber wachen müssen, dass das von den Zivilstandsämtern geführte Familienregister oder die von den Gemeinden geführten Bürgerregister eindeutig und möglichst zuverlässig Auskunft geben über das Bürgerrecht bestimmter Personen.

Der Artikel 54 befasst sich mit der sogenannten Bürgerrechtsehe. Sie kommt vor, weil die Ausländerin, die einen Schweizerbürger heiratet, von Gesetzes wegen Schweizerbürgerin wird. Die Eheschliessung soll hier aber nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern bloss der Ausländerin das Schweizerbürgerrecht vermitteln. Das Bundesgericht entschied schon vor Jahren, dass solche Ehen -- und damit auch ihre bürgerrechtliche Wirkung -- gestützt auf Artikel 2 ZGB ungültig erklärt werden dürfen. Die Gerichte beschritten aber nur selten und zögernd diesen Weg. Deshalb hat der Vollmachtenbeschluss vom 11. November 1941 eine tiefgreifende Neuerung eingeführt: Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann den Bürgerrechtserwerb nichtig erklären, wenn die Eheschliessung offenkundig die Umgehung der Einbürgerungsvorschriften bezweckt hat. Das Departement hat das seither auch in zahlreichen Einzelfällen getan. Dem Verfahren haften aber erhebliche Mängel an: Eine Verwaltungsbehörde muss auf Grund von Informationsberichten aus Kanton und Gemeinde -- und oft ohne die Ehegatten selber zu kennen -- deren inneren Willen bei Eingehung der Ehe beurteilen; sie kann unter Um. ständen auf die Auffassung eines Scheidungsgerichts abstellen, ist aber durch sie nicht gebunden. Der Aberkennungsentscheid beruht auf der Überzeugung, dass nicht eigentlich eine Ehe angestrebt worden sei, sondern bloss deren Nebenwirkung, der Bürgerrechtserwerb. Trotzdem besteht zivilrechtlich die Ehe fort und wird nur die Nebenwirkung aufgehoben. Vor allem aber ist zu beachten, dass Artikel 54, Absatz 4, der Bundesverfassung ohne Vorbehalt
dem Abschluss der Ehe den Erwerb des Bürgerrechts durch die Frau folgen lässt.

Gewiss will die Vorfassung nicht den Eechtsinissbrauch schützen. Wenn aber etwas zu Unrecht zustandegekommen ist und daher wieder aufgehoben werden muss, ist es die Ehe selber, nicht nur ihre bürgerrechtliche Nebenfolge.

Aus diesen Erwägungen sieht der Entwurf kein Verwaltungsverfahren zur Aberkennung des Schweizerbürgerrechts bei sogenannten Bürgerrechtsehen vor, obschon ein solches von den meisten Kantonsregierungen begrüsst würde.

Die Expertenkommission hat aber eine rechtlich einwandfreie Lösung vorgeschlagen, die in Artikel 54 des Entwurfs übernommen worden ist: Das

707

Zivilgesetzbuch wird durch einen neuen Ehenichtigkeitsgrund ergänzt. Dann soll das Zivilgericht nötigenfalls die Ehe nichtig erklären und dadurch gleichzeitig ihre bürgerrechtliche Wirkung aufheben. Die kantonale Behörde hat -- wo eine Bürgerrechtsehe vermutet werden muss -- von Amtes wegen die Nichtigkeitsklage zu erheben. Entscheidend ist, dass die Zivilgerichte sich künftig nicht mehr auf die Notregel in Artikel 2 ZGB berufen müssen, sondern einen klaren Nichtigkeitsgrund in Artikel 120 ZGB finden werden.

Ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz soll nicht rückwirkende Kraft haben.

Das erklärt Artikel 55 auch für den Entwurf. Eine bloss scheinbare, unechte Bückwirkung ist aber für die Anwendung des Artikels 10 (Verwirkung des Schweizerbürgerrechts) nötig, wenn diese Neuerung nicht erst 22 Jahre nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes wirksam zu werden beginnen soll. Im übrigen hängen Erwerb oder Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen ab vom Zeitpunkt der Geburt, der Standesänderung, der Eheschliessung usw.

Die Expertenkommission hat richtigerweise alle Anträge abgelehnt, die dabin zielten, dass -- unbeschränkt oder in einem gewissen Ausmass -- den Ehefrauen von Ausländern das nach bisherigem Eecht bei der Heirat verlorene Schweizerbürgerrecht von Gesetzes wegen oder auf Gesuch bin wieder erteilt werden müsste. Die rechtlichen und praktischen Folgen einer solchen Bückwirkung wären kaum zu überblicken. Allgemein kann nicht einfach das, was der Gesetzgeber früher für richtig gehalten und deshalb bestimmt hat, rückwirkend abgeändert werden.

Der Bedeutung des Bürgerrechtsgesetzes ist angemessen, dass die eidgenössischen Bäte den Tag des Inkrafttretens bestimmen, wie Artikel 56 vorsieht. Das Datum wird allerdings erst am Ende der parlamentarischen Beratungen eingesetzt werden können.

Wir haben die Ehre, Ihnen aus den hier dargelegten Erwägungen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts zur Annahme zu empfehlen.

Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 9. August 1951.

' ·

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Bundeskanzler: Leimgruber

708 (Entwurf)

Bundesgesetz über

Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Ausführung der Artikel 48, Absatz 1; 44; 54, Absatz 4; 64 und.

68 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 9, August 1951 beschliesst: I. Erwerb und Verlust von Gesetzes wegen A. Erwerb von Gesetzes wegen Durch Abstammung

Art. l Schweizerbürger ist von Geburt an: a. das eheliche Kind, wenn der Vater Schweizerbürger ist; b. das aussereheliche Kind, wenn die Mutter Schweizerbürgerin ist.

Art. 2

Durch Standesänderung

1

Das aussereheliche Kind einer ausländischen Mutter erwirbt das Schweizerbürgerrecht, wenn der Vater Schweizerbürger ist: a. durch Eheschliessung des Vaters mit der Mutter oder durch richterliche Ehelicherklärung ; b. durch richterliche Zusprechung mit Standesfolge; c. durch Anerkennung durch den Vater oder den väterlichen Grogsvater, wenn das Kind noch unmündig.ist.

2 Die Ehefrau des das Schweizerbürgerrecht Erwerbenden und die Kinder, die seinem Stande folgen, werden gleichzeitig Schweizerbürger.

709

Art. 3 1

Die ausländische Frau erwirbt durch Eheschliessung mit einem Schweizerbürger das Schweizerbürgerrecht.

2 Sie behält es bei, wenn die Ehe durch Urteil ungültig erklärt wird und sie sich bei der Trauung in gutem Glauben befunden hat.

3 Kinder aus der ungültig erklärten Ehe bleiben Schweizerbürger ohne Rücksicht auf den guten oder bösen Glauben ihrer Eltern.

Durch Heirat

Art. 4 Wer gemäss den Artikeln l bis 3 Schweizerbürger wird, erwirbt gleichzeitig das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Person, deren Stand er folgt, Art. 5 1

Das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter erwirbt von Geburt an das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Mutter und damit das Schweizerbürgerrecht, wenn es nicht von Geburt an eine andere Staatsangehörigkeit erwerben kann.

2 Es verliert das Schweizerbürgerrecht, wenn es vor der Mündigkeit die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters besitzt.

3 Es verliert das nach Absatz l erworbene Kantons- und Gemeindebürgerrecht und erwirbt dasjenige des Vaters, wenn dieser vor der Mündigkeit des Kindes Schweizerbürger wird.

Art. 6 Das in der Schweiz gefundene Kind unbekannter Abstammung wird Schweizerbürger und Bürger des Kantons, in welchem es ausgesetzt wurde.

2 Der Kanton bestimmt, welches Gemeindebürgerrecbt es erhält.

3 Die so erworbenen Bürgerrechte erlöschen, wenn die Abstammung des Kindes festgestellt wird, sofern es noch unmündig ist und nicht staatenlos wird.

- Art. 7 Kindesannahme (Adoption) bewirkt weder Erwerb noch Verlust des Schweizerbürgerrechts.

1

Kantons- und Gemeindebürgerrecht

Staatenloses Kind einet Schweizerbürgerin

Findelkind

Kindesannahme

B. Verliest von Gesetzes wegen

Art. 8 1

Das aussereheliche Kind einer schweizerischen Mutter und eines ausländischen Vaters, das noch unmündig ist, verliert das Schweizer-

Durch Standesänderuug

710 bürgerrecht durch Ehesohliessung des Vaters mit der Mutter, sofern es dadurch die Staatsangehörigkeit des Vaters erwirbt .oder diese bereits besitzt.

2 Hat eine Person, die nach Absatz l das Schweizerbürgerrecht verliert, ein ausserebeliches Kind, das ihrem Stande folgt, so verliert dieses mit ihr das Schweizerbürgerrecht, wenn es gleichzeitig ihre ausländische Staatsangehörigkeit erwirbt oder diese bereits besitzt.

Art. 9 Durch Heitat

Durch Verwirkung

1

Die Schweizerbürgerin verliert das Schweizerbürgerrecht durch Heirat mit einem Ausländer, wenn sie die Staatsangehörigkeit des Ehemannes bereits besitzt oder durch die Heirat erwirbt, sofern sie nicht im Verkündverfahren oder innert 6 Monaten nach der Trauung die Erklärung abgibt, das Schweizerbürgerrecht behalten zu wollen.

2 In der Schweiz muss die Erklärung dem Zivilstandsbeamten, der die Verkündung vorgenommen oder die Trauung vollzogen hat, im Ausland einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter der Schweiz schriftlich abgegeben werden.

Art. 10 Das im Ausland geborene Kind eines ebenfalls im Ausland geborenen Schweizerbürgers, das noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt, verliert das Schweizerbürgerrecht mit der Vollendung des 22. Lebensjahres, wenn es nicht bis dahin einer schweizerischen Behörde im Ausland oder Inland gemeldet worden ist oder sich selber gemeldet hat oder schriftlich erklärt, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen.

a Als Meldung im Sinne von Absatz l genügt namentlich jede Mitteilung von Eltern, Verwandten oder Bekannten im Hinblick auf die Eintragung in die heimatlichen Eegister, Immatrikulation oder Ausstellung von Ausweisschriften.

3 Sinngemäss das gleiche gilt, wenn das Kind bei der Geburt dem Schweizerbürgerrecht der Mutter gefolgt ist.

1

Art. 11 Kantons- und Gemeindebürgerrecht

Wer das Schweizerbürgerrecht von Gesetzes wegen verliert, verliert gleichzeitig das Kantons- und Gemeindebürgerrecht.

711

II: Erwerb und Verlust durch behördlichen Beschluss

A. Erwerb durch, Einbürgerung a. Ordentliche Einbürgerung Art. 12 1

Durch Einbürgerung im ordentlichen Verfahren wird das Schwei- Einbürgerungszerbürgerrecht erworben mit der Einbürgerung in einem Kanton und beschluss einer Gemeinde.

2 Die Einbürgerung ist nur gültig, wenn eine Einbürgerungsbewilligung der Bundesbehörde vorliegt.

Art. 18 1

Die Bewilligung wird vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement erteilt. Das Departement kann diese Befugnis an eine Abteilung übertragen.

2 Die Bewilligung wird für einen bestimmten Kanton erteilt und auf 8 Jahre befristet.

3 Sie kann verlängert oder hinsichtlich des Einbezuges von Familiengliedern geändert werden.

4 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann die Bewilligung vor der Einbürgerung widerrufen, wenn ihm Tatsachen bekannt werden, bei deren Bekanntsein es sie nicht erteilt hätte.

Art. 14 Vor der Erteilung der Bewilligung ist die Eignung zur Einbürgerung zu prüfen.

2 Diese Untersuchung soll ein möglichst umfassendes Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers und seiner Angehörigen geben.

1

Einbürgerungsbewilligung

Untersuchung

Art. 15 1

Das Gesuch um Bewilligung kann nur der Ausländer stellen, der während insgesamt 12 Jahren in der Schwein gewohnt hat, wovon 8 in den letzten 5 Jahren vor Einreichung des Gesuches.

2 Für die Frist von 12 Jahren wird die Zeit, die der Bewerber zwischen seinem vollendeten 10. und seinem vollendeten 20. Lebensjahr in der Schweiz gewohnt hat, doppelt gerechnet.

3 Für Adoptivkinder schweizerischer Eltern wird auch die schon vor dem 10.Lebensjahr in der Schweiz verbrachte Zeit doppelt gerechnet.

Wohnsitzerfordernisse

712

Ehrentürgerreobt

Doppelbürgenecht

Art. 16 Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an einen Ausländer durch einen Kanton oder eine Gemeinde ohne eidgenössische Bewilligung hat nicht die Wirkungen einer Einbürgerung.

Art. 17 Wer sich einbürgern lassen will, hat alles zu unterlassen, was die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit bezweckt. Soweit es nach den Umständen zumutbar ist, soll auf die bisherige Staatsangehörigkeit verzichtet werden.

b. Wiedereinbürgerung Art. 18

Ehefrauen

Einbezug von Kindern

1

Die Frau, die durch Heirat oder Einbezug in die Entlassung des Ehemannes das Schweizerbürgerrecht verloren hat, kann wiedereingebürgert werden a. wenn der Ehemann gestorben oder die Ehe ungültig erklärt oder geschieden oder gerichtlich dauernd getrennt worden ist, oder wenn die Ehegatten seit 3 Jahren getrennt leben; b. wenn sie staatenlos geworden ist.

2 Gesuche gemäss lit. a sind innert 10 Jahren seit Erfüllung der Bedingung zu stellen. In Härtefällen können auch später eingereichte Gesuche berücksichtigt werden, selbst wenn die Frist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits abgelaufen ist.

Art. 19 In die Wiedereinbürgerung einer Frau nach Artikel 18, Absatz l, lit. a können ihre unmündigen Kinder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters einbezogen werden, wenn sie in der Schweiz wohnen.

1

2

Bei

In die Wiedereinbürgerung einer Frau nach Artikel 18, Absatz l, lit. b können ihre unmündigen Kinder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters einbezogen werden, wenn auch sie staatenlos sind.

Nachher gelten für solche Kinder die Bestimmungen von Artikel 5, Absatz 2 und 3.

Art. 20 Wer aus entschuldbaren Gründen die nach Artikel 10 erforderliehe Verwirkimg Meldung oder Erklärung unterlassen und dadurch das Schweizerbürgerrecht verwirkt hat, kann wiedereingebürgert werden. Das Gesuch ist innert 10 Jahren seit der Verwirkung zu stellen.

713 Art, 21 Kinder, die mit dem Inhaber der elterlichen Gewalt aus dem Schwei- Mit dem Inhaber der elterlichen zerbürgerrecht entlassen worden sind, können wiedereingebürgert werden, Gewalt wenn sie in der Schweiz wohnen. Das Gesuch ist innert 10 Jahren seit entlassene Kinder Bückkebr in die Schweiz, jedenfalls aber vor Vollendung des 80. Lebensjahres zu stellen.

Art. 22 Wer durch besondere Verhältnisse genötigt war, die Entlassung aus Entlassene dem Schweizerbürgerrecht au begehren, kann wiedereingebürgert wer- Schweizerbürger den, wenn er in der Schweiz wohnt. Das Gesuch ist innert 10 Jahren seit Bückkehr in die Schweiz zu stellen.

Art. 23 Durch die Wiedereinbürgerung wird das Kantons- und Genieindebürgerrecht, das der Gesuchsteller zuletzt besessen hat, und damit das Schweizerbürgerrecht erworben.

Art. 24 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement entscheidet über die Wiedereinbürgerungsgesuche. Es kann die Wiedereinbürgerung im Einvernehmen mit der kantonalen Behörde verfügen. Bei ablehnendem Antrag der kantonalen Behörde kann der Bundesrat.. die Wiedereinbürgerung verfügen.

Wirkung

Zuständigkeit

c. Erleichterte Einbürgerung

Art. 25 Kinder einer gebürtigen Schweizerin, die wenigstens 10 Jahre in der Schweiz gelebt haben, können im erleichterten Verfahren eingebürgert werden, wenn sie in der Schweiz wohnen und das Gesuch vor Vollendung des 22. Lebensjahres stellen.

2 Sie erwerben das Kantons- und Gemeindebürgerrecht, das die Mutter besitzt odei zuletzt besass, und damit das Schweizerbürgerrecht.

1

Eluder einer gebürtigen Schweizerin

Art. 26 1

Unmündige Kinder, deren Mutter bei der Heirat mit einem Ausländer oder bei der Entlassung des Ehemannes das Schweizerbürgerrecht beibehalten hat, können im erleichterten Verfahren eingebürgert werden :

Kinder einer Bchweizerburgerla

714

a. wenn sie in der Schweiz wohnen und der Vater gestorben odei die Ehe der Eltern ungültig erklärt, geschieden oder gerichtlich dauernd getrennt worden ist oder die Eltern seit 3 Jahren getrennt leben ; · b. wenn sie staatenlos geworden sind. Nachher gelten für solche Kinder die Bestimmungen von Artikel 5, Absatz 2 und 3.

2 Sie erwerben das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Mutter und damit das Schweizerbürgerrecht.

Irrtümlich angenommenes Schweizerbüigerrecht

Unterlassene Option

Verfahren

Art. 27 Der Ausländer, der während wenigstens 5 Jahren im guten Glauben gelebt hat, er sei Sohweizerbürger, und während dieser Zeit von kantonalen oder Gemeindebehörden tatsächlich als solcher behandelt worden ist, kann im erleichterten Verfahren eingebürgert werden.

2 Die Einbürgerung hat in der Eegel in dem für den Irrtum verantwortlichen Kanton zu erfolgen. Dieser bestimmt, welches Gemeindebürgerrecht gleichzeitig erworben wird.

3 Hat der Bewerber schon schweizerischen Militärdienst geleistet, so gilt keine Mindestfrist.

Art. 28 1 Der in der Schweiz wohnende Ausländer, der das Schweizerbürgerrecht auf Grund eines Staatsvertrages durch Option hätte erwerben können, dies jedoch aus entschuldbaren Gründen nicht trist- oder formgerecht getan hat, kann irn erleichterten Verfahren eingebürgert werden.

2 Er erwirbt das Kantons- und Gemeindebürgerrecht, das er durch die Option erlangt hätte, und damit das Schweizerbürgerrecht. 1

Art. 29 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement entscheidet über die Gesuche um erleichterte Einbürgerung. Es kann die Einbürgerung im Einvernehmen mit der kantonalen Behörde verfügen. Bei ablehnendem Antrag der kantonalen Behörde kann der Bundesrat die Einbürgerung verfügen.

d. Gemeinsame Bestimmungen

Ehe&au

Art. 80 Die Ehefrau kann nur mit dem Ehemann zusammen eingebürgert werden. Sie wird in seine Einbürgerung einbezogen, wenn sie schriftlich zustimmt.

a Absatz l gilt nicht, wenn die Ehe gerichtlich dauernd getrennt worden ist oder die Ehegatten seit 8 Jahren getrennt leben.

1

715 Art. 31 In die Einbürgerung werden in der Regel die unmündigen Kinder des Bewerbers einbezogen.

Art. 82 Unmündige können das Gesuch um Einbürgerung nur durch ihren gesetzlichen Vertreter einreichen. Wenn sie unter Vormundschaft stellen, ist die Zustimmung der vormundschaftlichen Behörden nicht erforderlich.

2 Über 16 Jahre alte Bewerber haben zudem ihren eigenen Willen auf Erwerb des Schweizerbürgerrechts schriftlich zu erklären.

1

Einbezug YOD. Kindern

Unmündige

Art. 38 Mündigkeit und Unmündigkeit im Sinne dieses Gesetzes richten sich, wo es nicht auf fremdes Recht verweist, nach schweizerischem Recht (Art. 14 ZGB).

Art. 34 1 Als Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes gilt für Ausländer Anwesenheit in der Schweiz in Übereinstimmung mit den fremdenpolizeilichen Vorschriften.

2 Kurzfristiger Aufenthalt im Ausland mit der Absicht auf Bückkehr unterbricht den Wohnsitz nicht.

3 Dagegen gilt der Wohnsitz als bei der Abreise ins Ausland aufgegeben, wenn der Ausländer sich polizeilich abmeldet oder während mehr als sechs Monaten tatsächlich im Ausland weilt.

Art. 35 Der Bewerber hat keinen Anspruch auf Akteneinsicht.

2 Die Auskünfte über den Bewerber und seine Angehörigen sind als vertraulich zu behandeln, sofern der Auskunftgeber nicht ausdrücklich hierauf verzichtet. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann Ausnahmen gestatten, wenn sich eine Auskunft als bewusst wahrheitswidrig oder böswillig übertrieben herausstellt.

3 Die eine Einbürgerung ablehnenden Entscheide der eidgenossischen Behörden sind kurz zu begründen.

4 In der Einbürgerungsbewilligung und der Einbürgerungsverfügung sind alle Personen, auf die sich die Einbürgerung erstreckt, aufzuführen.

1

Mündigkeit

Wohnsitz dea Ausländern

Verfahrensbestimmungen

Art. 36 1

Die eidgenössischen Behörden erheben für ihre Entscheide eine angemessene Kanzleigebühr. Mittellosen Bewerbern ist die Gebühr zu erlassen.

Gebühren

716 2

Die Wiedereinbürgerung und die erleichterte Einbürgerung sind im übrigen unentgeltlich.

Art. 87 Garantie für Untersttttzungskosten

Bei den Einbürgerungen nach den Artikeln 18 bis 26 übernimmt der Bund die Hälfte der den Kantonen und Gemeinden während der ersten 10 Jahre erwachsenden Unterstützungskosten.

Anspruch auf Bürger- oder Korporationsgüter

Die Einbürgerung nach den Artikeln 18 bis 28 verleiht alle Eechte eines Gemeindebürgers, jedoch keinen Anteil an den Bürger- oder Korporationsgütern, soweit nicht die kantonale Gesetzgebung anders bestimmt.

Art. 89

Nichtigerklärung

Die Einbürgerung kann vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons innert fünf Jahren nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. Die Nichtigkeit erstreckt sich auf alle Familienglieder, deren Schweizerbürgerrecht auf der nichtigerklärten Einbürgerung beruht, sofern nicht ausdrücklich anders verfügt wird.

Art. 88

B. Verlust durch behördlichen Beschluss a. Entlassung

Art. 40 Entloäaungsgeeuch und -besctüuss

Ehefrau

1

Ein Schweizerbürger wird auf Begehren aus dem Bürgerrecht entlassen, wenn er in der Schweiz keinen Wohnsitz hat, mindestens 20 Jahre alt ist und eine andere Staatsangehörigkeit besitzt oder ihm eine solche zugesichert ist.

a Die Entlassung wird von der Behörde des Heimatkantons ausgesprochen.

3 Der Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts und damit des Schweizerbürgerrechts tritt mit der Zustellung der Entlassungsurkunde ein.

Art. 41 1

Die Ehefrau kann nur mit dem Ehemann zusammen aus dem Schweizerbürgerrecht entlassen werden. Sie wird in seine Entlassung einbezogen, wenn sie schriftlich zustimmt.

2

Sie muss die Voraussetzungen nach Artikel 40, Absatz l, ebenfalls erfüllen. Fehlt eine jener Voraussetzungen oder die Zustimmung der

717 Frau nach Absatz l, so kann die Entlassung des Ehemannes aufgeschoben oder verweigert werden.

3 Absatz l gilt nicht, wenn die Ehe gerichtlich dauernd getrennt worden ist oder die Ehegatten seit 8 Jahren getrennt leben.

Art. 42 1

In die Entlassung werden die unmündigen, unter der elterlichen Gewalt des Entlassenen stehenden Kinder einbezogen; Kinder über 16 Jahren jedoch nur, wenn sie schriftlich zustimmen.

2 Sie dürfen ebenfalls in der Schweiz keinen Wohnsitz haben und müssen eine andere Staatsangehörigkeit besitzen oder es rnuss ihnen eine solche zugesichert sein.

Art. 43 1 Der Heimatkanton stellt eine Entlassungsurkunde aus, in der alle Personen, auf die sich die Entlassung erstreckt, aufgeführt sind.

2 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidopartement veranlagst die Zustellung der Entlassungsurkunde und unterrichtet den Kanton von der erfolgten Zustellung.

s Es schiebt die Zustellung auf, solange nicht damit gerechnet werden kann, dass der Entlassene die ihm zugesicherte ausländische Staatsangehörigkeit erhalten wird.

4 Ist der Aufenthaltsort des Entlassenen unbekannt, so kann die Entlassung im Bundesblatt veröffentlicht werden. Diese Veröffentlichung hat die gleichen Wirkungen wie die Zustellung der Entlassungsurkunde (Art. 40, Abs. 8; Art. 45, Abs. 8).

Elnbezug von Kindern

Entlassung^* Urkunde

Art. 44 1

Die Kantone sind berechtigt, für die Behandlung eines Entlassungsgesuches eine angemessene Kanzleigebühr zu beziehen.

2 Die Zustellung der Entlassungsurkunde darf aber nicht von der Entrichtung der Gebühr abhängig gemacht werden.

3 Die Bundesbehörden erheben für ihre Bemühungen im Entlassungsverfahren keine Gebühren.

Art. 45 x

Bei Bürgern mehrerer Kantone entscheidet jeder Heimatkanton über die Entlassung.

2 Die Entlassungsurkunden werden gemeinsam zugestellt.

8 Die Zustellung einer einzigen Entlassungsurkunde bewirkt den Verlust des Schweizerbürgerrechts und aller Kantons- und Gemeindebürgerrechte, selbst dann, wenn aus Unkenntnis oder Versehen ein anderer Heimatkanton nicht über die Entlassung entschieden hat, Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

53

Gebühren

Bürger mehrerer Kantone

718 b. Entzug Art. 46 Doppelbürger

Zweifel am Bestand des Schweizerbürgerrechts

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons einem Doppelbürger das Schweizer-, Kantons- und Gemeindebürgerrecht entziehen, wenn sein Verhalten den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig ist.

m. Feststellungsverfahren Art. 47 Wenn fraglich ist, ob eine Person das Schweizerbürgerrecht besitzt, so entscheidet, auf Antrag oder von Amtes wegen, die Behörde des Kantons, dessen Bürgerrecht mit in Präge steht.

2 Antragsberechtigt ist auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement.

1

IV, Weiterziehung von Entscheiden

Verwaltungsgerichtliche Beschwerde

Art. 48 Durch verwaltungsgerichtliche Beschwerde an das Bundesgericht sind weiterziehbar: 1. Entscheide des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements a, über Nichtigerklärung der Einbürgerung nach Artikel 89 ; fe. über Entzug des Schweizerbürgerrecht nach Artikel 46.

2. Entscheide der kantonalen Behörden a, über Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht nach den Artikeln 40 bis 42; 6. im Feststellungsverfahren nach Artikel 47.

2 Diese Entscheide sind dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement sofort und unentgeltlich mitzuteilen.

1

Art. 49 Verwaltungsbeschwerde

1

Alle anderen Entscheide des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes können an den Bundesrat weitergezogen werden.

2 Über die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung (Art. 18) entscheidet jedoch, unter Vorbehalt von Absatz 8, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement endgültig. Wenn es eine ihm untergeordnete Stelle zur Erteilung der Einbürgerungsbewilligung ermächtigt, entscheidet es auf Rekurs hin als letzte Instanz.

3 Die Eegierung des Kantons, in dem die Einbürgerung stattfinden sollte, kann den Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und

719 Polizeidepartements auf Verweigerung der an den Bundesrat weiterziehen.

Einbürgerungsbewilligung

Art. 50 Zur Erhebung der Beschwerde nach Artikeln 48 und 49 sind neben den durch den Entscheid Betroffenen berechtigt a. gegenüber dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement: die Behörden des Kantons und der Gemeinde, deren Bürgerrecht mit in Frage steht; b. gegenüber kantonalen Behörden: die Behörde der Gemeinde und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement.

Beschwerdelegitimation

Art. 51 Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren haben die Be- inAkteneinsicht verwaltungstroffenen das Recht auf Akteneinsicht, sofern dadurch die Wahrung gerichtlichen der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes nicht beeinträchtigt Beschwerdeverfahren wird.

V. Schluss- und Übergangsbestimmungen

Art. 52 1

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt.

Er ist befugt, Regeln über die Ausweispapiere der Schweizerbürger aufzustellen.

Art. 58 Alle diesem Gesetz widersprechenden Bestimmungen sind aufgehoben, namentlich: a. das Bundesgesetz vom 3. Dezember 1850/24. Juli 1867 betreffend die Heimatlosigkeit; b. das Bundesgesetz vom 25. Juni 1903/26. Juni 1920 betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe ; c. der Bundesratsbeschluss vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts.

2

Art. 54 Artikel 120 ZGB wird durch folgende Ziffer 4 ergänzt: «4. Wenn die Ehefrau nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Vorschriften über die Einbürgerung umgehen will.» 2 Artikel 121 ZGB erhält folgende Fassung:

1

Vollzug durch den Bundesrat

Aufhebung von Bestimmungen

Änderung von Bestimmungen des ZGB

720 Art. 121: Die Klage auf Nichtigerklärung ist von der zuständigen Behörde des Kantons von Amtes wegen zu erheben. · Überdies kann sie von jedermann, der ein Interesse hat, namentlich auch von der Heimatgemeinde, erhoben werden.

Art, 55 Übergangsbestimmungen

Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz hat keine rückwirkende Kraft, 2 Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen richten sich nach dem bei Eintritt des massgebenden Tatbestandes geltenden Recht.

3 Personen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes mehr als 22 Jahre alt sind oder innerhalb eines Jahres das 22. Lebensjahr vollenden und für die die Voraussetzungen von Artikel 10 erfüllt sind, verlieren das Schweizerbürgerrecht, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres die dort vorgesehene Meldung vornehmen oder Erklärung abgeben.

Das Gesetz tritt am 269

Art. 56 in Kraft.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (Vom 9.August 1951)

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1951

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

34

Cahier Numero Geschäftsnummer

6088

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.08.1951

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669-720

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10 037 554

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