Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS vom 30. Juni 2010

1

Zielsetzungen

Die Rüstungspolitik ist ein Element der Sicherheitspolitik der Schweiz. Sie verfolgt einen doppelten Zweck: Im Sinne der langfristigen Vorsorge legt sie erstens fest, wie minimale Bedürfnisse der staatlichen Sicherheit auch in einem sich stetig wandelnden sicherheitspolitischen Umfeld befriedigt werden und dadurch Handlungsfreiheit geschaffen wird. Neben materiellen Aspekten zählen dazu auch die Möglichkeiten, unter erschwerten Bedingungen Zugang zu kritischem Wissen zu erhalten.

Zweitens legt die Rüstungspolitik einen Weg fest im Spannungsfeld zwischen Ansprüchen nach autonomer Erfüllung hoheitlicher Aufgaben des Bundes einerseits und dem wirtschaftlichen Umgang mit Ressourcen andererseits. Dazu gibt sie Richtlinien für das Verhältnis des Bundes mit dem privaten Sektor vor. Letzterem kommt im Rüstungsbereich eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Forschung, die Entwicklung, die Beschaffung und den Unterhalt von Gütern und Dienstleistungen zu.

Die Umsetzung der beiden Zwecke verlangt von der Rüstungspolitik Kontinuität, gleichzeitig aber auch Flexibilität, um auf Entwicklungen in einem ausgesprochen dynamischen Umfeld angemessen reagieren zu können. Ziel der Rüstungspolitik ist eine an wirtschaftlichen Prinzipien orientierte, rechtzeitige, verlässliche und transparente Erfüllung der Schlüsselbedürfnisse der Armee und weiterer Institutionen nach Fachwissen, technologisch komplexen Systemen und Gütern, Bauten und Dienstleistungen von der Vorhabenplanung bis zur Ausserdienststellung.

2

Rahmenbedingungen

Die Ausrichtung der Armee auf wahrscheinliche Einsätze ­ unter Beibehaltung von Fähigkeiten zur Abwehr eines militärischen Angriffs ­ ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Der technologische Wandel spielt dabei neben der sicherheitspolitischen Lage und den finanziellen Perspektiven eine entscheidende Rolle. Der Trend zu raschen rüstungstechnologischen Entwicklungen wird wohl auch in Zukunft anhalten oder sich sogar beschleunigen. Angesichts stagnierender oder schrumpfender Verteidigungsbudgets westlicher Staaten dürften die Unternehmen der Sicherheits- und Rüstungsindustrie sich weiterhin laufend neu formieren und zu multinationalen Konzernen verdichten. Für den Bund wird es deshalb mit Blick auf die Bedürfnisse der Armee und als Eigentümer der RUAG in doppelter Hinsicht anspruchsvoller, Entwicklungen im Technologie- und Industriebereich zu verfolgen und zu kontrollieren.

2010-1021

5027

Alle komplexen Rüstungsgüter enthalten Komponenten, die aus dem Ausland stammen. Der internationale Rüstungsmarkt ist kein offener Markt, sondern häufig durch nationale Spielregeln abgeschottet. Benötigte Komponenten werden teilweise nur mit Zustimmung ausländischer Regierungen freigegeben. Die technologische Abhängigkeit der Armee vom Ausland bei Schlüsselkomponenten, deren Verfügbarkeit staatlichen Bewilligungen und Kontrollen unterworfen ist, wird sich folglich noch weiter ausprägen. Rüstungs- und verteidigungspolitische Autarkie in normalen wie in ausserordentlichen Lagen ist undenkbar geworden. Auch in Bereichen, in denen die Schweiz bereits über entwickelte Produktionskapazitäten verfügt, wäre der Versuch, im Notfall ohne Kooperationen mit andern Regierungen oder ausländischen Unternehmen auskommen zu wollen, weder technologisch noch wirtschaftlich möglich. Um die Autonomie der Armee unter diesen Voraussetzungen zu fördern, muss die Schweiz folglich eine Strategie intensiverer internationaler Rüstungskooperationen verfolgen, welche die Versorgung mit Schlüsselkomponenten auch in ausserordentlichen Lagen erleichtert und somit die Versorgungssicherheit der Schweiz in diesem Bereich erhöht. Nur Kooperationen können den Ansprüchen der Rüstungspolitik und den Bedürfnissen der Armee gerecht werden.

Im Rahmen der Rüstungspolitik wird festgelegt, wie mit den multinationalen Abhängigkeiten umgegangen wird. Im Vordergrund steht, vermehrt Trends in Wissenschaft, Technologie und Märkten systematisch zu erfassen und zu begleiten.

Forschung, Entwicklung und Produktion von Rüstungsmaterial in der Schweiz ist demgegenüber nur noch punktuell möglich und sinnvoll. In ausgewählten Bereichen sind jedoch relevante Kapazitäten zu fördern, die Beteiligungen an Beschaffungen und den Zugang zu Technologien und Märkten ermöglichen.

Die Grundlagen der Rüstungspolitik basieren insbesondere auf dem Bericht des Bundesrates über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 23. Juni 2010 sowie auf dem öffentlichen Beschaffungsrecht. Ausgangspunkt bilden die Bedürfnisse der Schweizer Armee. Die Stärkung der sicherheits- und rüstungspolitisch relevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz sowie der Wettbewerb und die Gleichbehandlung der Anbieter stellen weitere Leitlinien der Rüstungspolitik dar. Klare Beschaffungsregeln fördern die Transparenz, die Qualität und das Vertrauen in die Beschaffungsstelle.

3

Grundzüge der Beschaffung

Die steigenden Beschaffungs- und Betriebskosten moderner Waffensysteme zwingen zunehmend zur Wahl, ob eine angestrebte militärische Leistung mit wenigen, multifunktionalen, komplexen und damit teuren Systemen zu erbringen ist oder ob einfachere Systeme, deren Einsatzspektrum begrenzter ist, in erhöhter Stückzahl zu beschaffen sind. Ein differenziertes technologisches Ambitionsniveau, verteidigungspolitische Anforderungen und die Finanzierbarkeit auf Dauer müssen ein Gleichgewicht bilden.

Die Bedürfnisse der Armee und weiterer Institutionen sind frühzeitig sowie möglichst präzis zu identifizieren. Dabei ist das zu beschaffende Gut oder System über die gesamte Nutzungsdauer zu beurteilen. Zu diesem Zweck muss die Beschaffungsstelle über gute Marktkenntnisse verfügen und sowohl systematische Markt- wie auch regelmässige Lieferantenstrukturanalysen durchführen.

5028

Gestützt auf das öffentliche Beschaffungsrecht richtet sich die Beschaffung bzw.

Erstellung von Systemen, Gütern, Bauten und Dienstleistungen grundsätzlich nach dem Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsprinzip. Sie zeichnet sich durch ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis über die gesamte Nutzungsdauer aus; der vorgegebene Nutzen ist mit einem möglichst geringen Aufwand zu erreichen. Die Beschaffung bzw. Erstellung erfolgt zeitgerecht, innerhalb des gesetzten Kostenrahmens und mittels eines effizienten Prozesses.

Zur Kostenreduktion sowie zur Sicherstellung der Interoperabilität sind nach Möglichkeit internationale Standards anzuwenden und handelsübliches Material zu kaufen. Interoperables Material verbessert die strategische Handlungsfreiheit und fördert die Exportchancen der Unternehmen. Das Einkaufspotenzial wird durch die Konzentration auf eine zentrale Beschaffungsstelle im VBS, die Bündelung der Menge sowie den Aufbau langfristiger und verlässlicher Partnerschaften weiter optimiert.

Abweichungen vom Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsprinzip sind im Einzelfall zu begründen. Dabei stehen die Beschaffung sicherheitsrelevanter Güter und Dienstleistungen, die Erhaltung relevanter technologischer und industrieller Kernfähigkeiten in der Schweiz, die Integrationsfähigkeit der zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen in bestehende Systeme sowie die Unterscheidung zwischen Initial- und Folgebeschaffung im Vordergrund.

Bei Beschaffungen im Ausland sind die Möglichkeiten der direkten oder indirekten Industriebeteiligungen im Interesse der schweizerischen Technologie- und Industriebasis auszuschöpfen. Dazu gehört auch die Teilnahme an internationalen Entwicklungsgemeinschaften. Möglichen Monopolsituationen ist sowohl im In- wie auch im Ausland frühzeitig und konsequent entgegenzuwirken.

Die zweckmässige Wahl des Beschaffungsverfahrens kann mittels einer Typisierung der Beschaffungsgüter eingegrenzt werden. Angemessene Unterscheidungen beziehen sich beispielsweise auf zivile, militärische und Dual-use-Güter sowie auf das Merkmal Initial- oder Folgebeschaffung. Durch ein systematisches Controlling der Erfassung und Auswertung von Beschaffungen wird die Transparenz gefördert und der Vollzug erhält die nötige Stringenz.

Weitere Präzisierungen und Vollzugshilfen finden sich in der Beschaffungsstrategie des Bundesrates für das VBS.

4

Internationale Kooperationen

Die Ausrüstung der Armee soll vermehrt internationalen Standards genügen: Auf Eigenentwicklungen und Helvetisierungen ist aus Wirtschaftlichkeitsgründen nach Möglichkeit zu verzichten. Dadurch wird auch die Interoperabilität im Rahmen der geltenden Sicherheits- und Neutralitätspolitik gefördert. Ausnahmen sind insbesondere möglich zur Sicherstellung der Integrationsfähigkeit in bestehende Systeme sowie bei Folgebeschaffungen.

Die Armee und die weiteren Institutionen definieren möglichst frühzeitig ihre Technologie- und Beschaffungsbedürfnisse. Je früher und präzisier diese Bedürfnisse bekannt sind, desto erfolgreicher können internationale Kooperationen bereits im Rahmen der mehrjährigen Forschung und Entwicklung angegangen werden.

5029

Neben dem projektbezogenen Anschluss an internationale Gremien stehen namentlich generelle Rüstungskooperationen im Rahmen zwischenstaatlicher Vereinbarungen im Vordergrund. Durch die Bündelung konkreter Beschaffungsvorhaben zwischen verschiedenen Staaten oder die gemeinsame Instandhaltung können weitere Kosten eingespart werden. Die Gründung und Pflege von Interessengemeinschaften der Nutzerstaaten fördert die gemeinsame Realisierung späterer Werterhaltungen oder Wertsteigerungen. Die Fähigkeit der Schweizer Armee zu einem weitgehend autonomen Einsatz soll dadurch möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Zum Zweck einer optimalen Koordination unter den politischen Partnern pflegt die Beschaffungsstelle einerseits eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit den zuständigen Instanzen der Aussen- sowie der Aussenwirtschaftpolitik der Schweiz.

Diese unterstützen die internationalen Kooperationen der Schweizer Behörden und der Schweizer Industrie, beispielsweise durch eine internationale Harmonisierung und Regulierung der Exportvorschriften für Kriegsmaterial. Andererseits finden regelmässige Kontakte mit ausländischen Beschaffungsstellen statt.

5

Schweizerische Technologie- und Industriebasis

Die zunehmende Komplexität der Rüstungsgüter, der immer rascher werdende Technologiewandel, die sich verschiebende Gewichtung der Aufgaben der Armee sowie die vermehrte Globalisierung der Rüstungsindustrie bedingen eine Identifikation der sicherheits- und rüstungspolitisch relevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz. Ziel muss sein, als wesentlich erachtete wissenschaftlichtechnische Kernkompetenzen im Rahmen der Beschaffung sowie der Kooperationen sicherzustellen.

Die Armee muss über eine ausgewogene Palette an Fähigkeiten verfügen, die dem gesamten Risiko- und Gefahrenspektrum entsprechen. Je nach Lage müssen diese flexibel und bedarfsgerecht miteinander kombinierbar sein. Das differenzierte Technologieniveau muss über klare Prioritäten verfügen, angemessen sowie finanziell wie auch personell ressourcier- und beherrschbar sein. Es sollen weder technologische Schritte verpasst noch in unreife Technologien investiert werden.

Einerseits geht es darum, mittels angewandter Forschung jene wissenschaftlichtechnischen Kompetenzen aufzubauen, die zur Unterstützung des gesamten Rüstungsablaufs benötigt werden. Dazu gehört auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die nötige Zukunftsorientierung und Flexibilität werden mittels einer mehrstufigen sowie rollenden Planung sichergestellt.

Die Bildung von Netzwerken mit Universitäten, Fachhochschulen, Instituten, der Industrie und der Verwaltung im In- und Ausland unterstützt diesen Prozess. Diese Zusammenarbeit setzt eigene Kompetenzen in ausgewählten Bereichen voraus. Ein eigenständiges Vorgehen mit klar abgegrenzten Eigenleistungen soll nur in sicherheitspolitisch motivierten Ausnahmesituationen erfolgen. Das VBS kann wissenschaftlich-technische Kernkompetenzen durch Kooperationen oder Dienstleistungsvereinbarungen erwerben. Deren Finanzierung wird im Rahmen des Budgets des VBS sichergestellt; in der Regel ist zumindest ein Teil der Finanzierung durch Private zu erbringen.

5030

Andererseits soll die Schweizer Industriebasis, zu der auch das Gewerbe gehört, in ausgewählten strategischen Technologiefeldern wesentliche Leistungen für die Armee erbringen können. Dabei geht es neben der möglichst autonomen Instandhaltung von Systemen auch um deren Werterhaltung und Wertsteigerung sowie um die Nachbeschaffung im Krisenfall von nicht flächendeckend eingeführten Systemen.

Diese Industriebasis leitet sich ab aus den verteidigungspolitischen Erfordernissen, der technologischen und marktwirtschaftlichen Umfeldanalyse sowie den eigenen wissenschaftlichen und industriellen Stärken. Um die Abhängigkeit vom Ausland zu beschränken, stehen beispielsweise folgende Schlüsseltechnologien im Vordergrund des Interesses, diese in der Schweiz zu behalten: Sensor-, Kommunikations- und Werkstofftechnologie sowie die Waffentechnik. Die konkrete Ausgestaltung hängt ­ neben den Bedürfnissen der Armee ­ namentlich von den nationalen oder internationalen Möglichkeiten zur Sicherstellung eines ausreichenden Marktes ab.

Weitere Präzisierungen und Vollzugshilfen finden sich in der Analyse der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz (STIB) sowie in der Kooperationsstrategie des VBS.

6

Industriebeteiligungen

Werden aufgrund von sicherheits- und rüstungspolitischen Überlegungen sowie von rechtlichen, wirtschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen Rüstungsgüter im Ausland beschafft, so soll der ausländische Lieferant den Kaufpreis bei grösseren Geschäften in der Regel zu 100 Prozent in der Schweiz kompensieren.

Mit diesen direkten oder indirekten Offsetgeschäften soll die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie gestärkt werden. Industriebeteiligungen sichern den Zugang zu Spitzentechnologien, ermöglichen den Erwerb von zusätzlichem Know-how, generieren weiteres Exportvolumen, öffnen den Zutritt zu ausländischen Märkten und stärken die Stellung der Schweizer Industrie auf den internationalen Märkten.

Da sich Industriebeteiligungsgeschäfte über längere Zeiträume erstrecken, sind sie gegenüber der heutigen Praxis nachhaltiger und substanzieller.

Erfolgreiche Industriebeteiligungsgeschäfte bedingen eine frühzeitige Information der Industrie sowie eine enge Zusammenarbeit mit den entsprechenden Branchenorganisationen und Interessengruppen. Vorausgesetzt wird ferner, dass die involvierte Industrie wettbewerbsfähig ist; über die Industriebeteiligungsgeschäfte soll keine Strukturerhaltungspolitik betrieben werden.

Es ist ein Kompetenzzentrum für Industriebeteiligungsgeschäfte innerhalb des VBS zu betreiben. Die künftige Industriebeteiligungsstrategie soll sich wegen des kleinen einheimischen Rüstungsmarkts nicht nur auf den militärischen Bereich konzentrieren, sondern wie bis anhin auch Anbieter von zivilen Systemen einbeziehen. Der anzurechnende Wert eines Industriebeteiligungsgeschäfts kann aufgrund der Art des zu beschaffenden Systems sowie der Kompensationsleistung differenziert werden.

Aus Effizienzgründen sind neben den Beschaffungs- auch Auftragsschwellenwerte zu definieren.

5031

Zur Finanzierung und Abwicklung des zusätzlich benötigten Supports im Rahmen der Umsetzung der Industriebeteiligungsstrategie, der Offset-Policy und des OffsetControllings erarbeitet das VBS in Zusammenarbeit mit den involvierten Branchenorganisationen und Interessengruppen, der Schweizer Industrie sowie der internationalen Industrie die notwendigen Grundlagen bzw. Vereinbarungen. Von den begünstigten Schweizer Auftragnehmern können entsprechende Beiträge eingefordert werden.

Mit der Schaffung von optimierten Steuerungs- und Controllinginstrumenten sind die Wirksamkeit und die Transparenz bei Offsetgeschäften zu verbessern. Durch ein Benchmarking mit andern Ländern soll ferner die Messbarkeit für die Qualitätssicherung in enger Zusammenarbeit mit den Branchenorganisationen und Interessengruppen weiter gesteigert werden.

Weitere Präzisierungen und Vollzugshilfen finden sich in der Industriebeteiligungsstrategie des Bundesrates für das VBS.

7

Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft

Der Bund pflegt schon heute eine vielfältige und intensive Zusammenarbeit mit privaten Leistungserbringern, bislang meist in der Form kurzfristiger Verträge.

Dabei achtet er während der Evaluation, Beschaffung, Einführung und Instandhaltung auf langfristig ausgerichtete, transparent gestaltete und nachhaltige Geschäftsbeziehungen. Diese Politik soll künftig nach sorgfältiger Prüfung mit dem Auftraggeber noch vermehrt mittels langfristiger privatrechtlicher Verträge konsolidiert werden.

Die Zusammenarbeit richtet sich nach einem im Voraus definierten Geschäftsmodell mit klarer Zuteilung der Aufgaben, Zuständigkeiten, Abläufe und Verantwortlichkeiten. Quantitative und qualitative Ziele stehen gleichwertig nebeneinander. Zweck ist die Erreichung einer mittel- und langfristigen Wirtschaftlichkeit. Indem die militärischen Bedürfnisse wirtschaftlicher erfüllt werden, erfolgt ein Beitrag zur Lösung der Engpässe der Armee betreffend Fähigkeiten, Kapazitäten und Finanzen.

Private Finanzierungen sind zu prüfen, wenn sie dem Bund Vorteile bei der Sicherstellung der materiellen Bedürfnisse der Armee versprechen und wenn wirtschaftliche Nutzenvorteile nachgewiesen werden können. Massgebend ist eine auf die Nutzungsdauer der Systeme und Bauten ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Steigerungen bei der Effizienz und der Effektivität im Laufe der Nutzungsdauer sind dem Aufraggeber weiterzureichen und in der periodische Berichterstattung auszuweisen.

Angesichts der vermehrt langfristigen vertraglichen Bindung kommt der Gewährleistung einer genügenden Versorgungssicherheit auch in Krisensituationen ein hoher Stellenwert zu. Die privaten Leistungserbringer haben namentlich bei der Erbringung truppennaher Leistungen unter anderem die notwendigen personalrechtlichen Vorkehrungen zu treffen. Der Bund sichert sich bei Bedarf die Rechte an der Nutzung des geistigen Eigentums, an den Werkzeuge und an den Infrastrukturen.

Die Rechte am geistigen Eigentum können mit einer einmaligen, im Voraus bestimmten Abgeltung sichergestellt werden.

5032

Der Bund kann sich im Interesse der Landesverteidigung sowie zum Erhalt der relevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz an Unternehmen der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie beteiligen. Diese langfristigen Partnerschaften dienen der nachhaltigen Entwicklung in genau definierten Technologiebereichen.

Institute der Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen der Schweiz können in die Partnerschaften eingebunden und mittels strategischer Vereinbarungen in ihrer Forschungsarbeit unterstützt werden.

Unternehmen und Institute mit einer finanziellen und/oder stimmrechtsmässigen Beherrschung durch den Bund sind bei der Auftragsvergabe grundsätzlich gleich zu behandeln wie jeder andere Lieferant. Nach Möglichkeit sind echte Wettbewerbssituationen zu schaffen. Dies ist namentlich dann nicht der Fall, wenn ein Auftrag direkt vergeben oder wenn bloss eine einzige gültige Offerte eingereicht wurde.

Dann kann mittels Einsichtsrecht in die Kalkulationsgrundlagen Transparenz über die Preisgestaltung geschaffen werden. Im Interesse einer effizienten Kooperation finden regelmässige Treffen auf Geschäftsleitungsebene zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer statt.

Die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft richtet sich nach den geltenden finanzhaushaltrechtlichen Grundlagen. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) begleiten die Entwicklung der langfristigen vertraglichen Regelungen mit der Privatwirtschaft und erarbeiten bei Bedarf optimierte finanzhaushaltrechtliche Lösungen.

Weitere Präzisierungen und Vollzugshilfen finden sich in der Eignerstrategie des Bundesrates sowie in der Kooperationsstrategie des VBS.

8

Information

Die vorliegende Rüstungspolitik wird begleitet durch eine regelmässige, offene und transparenten Informationspolitik des VBS. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Branchenorganisationen, den Interessengruppen, der Industrie und der Verwaltung zu pflegen.

Die frühzeitigen Informationen sollen insbesondere über den aktuellen Stand der Planung, bevorstehende Beschaffungsvorhaben, geplante Kooperationsprojekte sowie die Möglichkeiten der direkten und indirekten Industriebeteilung Aufschluss geben. Das Controlling liefert ergänzende Informationen über die Abwicklung und die Hintergründe laufender bzw. abgeschlossener Beschaffungsvorhaben.

9

Umsetzung

Die Umsetzung der Rüstungspolitik ist Sache des VBS sowie seiner Departementsbereiche. Diese sorgen für die Integration in ihre intern geltenden Regelungen, den Erlass der notwendigen Ausführungsvorschriften sowie die Koordination nach innen und aussen.

5033

10

Schlussbestimmungen

Die vorliegenden Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS treten am 1. Juli 2010 in Kraft. Sie ersetzen die Grundsätze vom 29. November 2002.1

30. Juni 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

1

BBl 2003 414

5034