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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Arnold Fritz Kammermann, Schreiner in Biel.

(Vom 15. März 1907.)

Tit.

Kammermann schuldete pro 1905 eine Militärtaxe von Fr. 26.80 und wurde nach den gesetzlich vorgeschriebenen Aufforderungen und Mahnungen im Oktober gleichen Jahres dem Strafrichter überwiesen. In einer ersten Audienz vom 20. November entschuldigte Kammermann seine Säumnis durch das Vorbringen, er sei Mitte Juli infolge Streiks in Bern arbeitslos geworden und seither ohne ständigen Verdienst. Der Richter gab ihm darauf Frist bis zum 4 Dezember, um die Schuld zu bezahlen, und als er bei diesem neuen Termin unentschuldigt ausblieb, verurteilte er ihn zu 4 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtschaftsverbot mit der Begründung, Kammermann habe unterlassen, für die Behauptung mangelnden Verdienstes irgendwelchen Ausweis beizubringen. Es dürfe daher angenommen werden, dass er bei gutem Willen die Verpflichtung innert nützlicher Frist hätte erfüllen können. Was die Höhe der Strafe anbetreffe, so sei nicht ein Minimum anzuwenden, weil bei mehreren Ersatzpflichtigen, die mit ihm zur Beurteilung gelangten, bereits wegen Nichtbezahlung der Taxen früherer Jahrgänge Bestrafung habe erfolgen müssen.

Am 5. Mai 1906 bezahlte Kammermann die in Frage kommende Militärsteuer, und mit Eingabe vom 10. Februar 1907 ersucht er um Erlass der Strafe auf dem Wege der Begnadigung.

190 Er wiederholt dabei die Behauptung, dass er ohne eigenes Verschulden wegen Verdienstlosigkeit die Schuld nicht rechtzeitig habe regulieren können. Er sei Familienvater und habe für 3 Kinder zu sorgen. Als ein bisher unbescholtener Mann, der früher seinen militärischen Dienstpflichten mit Eifer nachgekommen, empfinde er die Schande der Bestrafung tief und glaube, er sollte davon befreit werden, nachdem er die Zahlung nachträglich geleistet, sobald ihm dies durch Besserung der Verhältnisse möglich geworden.

Aus den Akten ist nicht ersichtlich, warum der Vollzug der Strafe sich in diesem Falle mehr als ein Jahr verzögert hat. Wohl aber zeigen die Einträge im Dienstbüchlein des Petenten, dass er in früheren Jahren seit der Einreihung unter die Ersatzpflichtigen jeweilen seine Steuern im Verfallsjahr bezahlt hat. Wenn daher auch gemäss der F'raxis die nachträgliche Zahlung nicht zur völligen Aufhebung der Strafe Anlass geben kann, so rechtfertigt sich doch deren Milderung auf das gesetzliche Mindestmass, weil der Grund, welcher den Richter veranlasste, darüber hinauszugehen, bei Kaminermann nicht zutraf.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den An tra g :

Es sei die Strafe des Arnold Friedrich Kammermann auf einen Tag Gefängnis zu ermässigen.

B e r n , den J 5., März 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Timgier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Arnold Fritz Kammermann, Schreiner in Biel. (Vom 15. März 1907.)

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Jahr

1907

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2

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13

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27.03.1907

Date Data Seite

189-190

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