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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Schmalspurbahn von Lenk nach Adelboden.

(Vom 22. März 1907.)

Tit.

Ein I n i t i a t i v k o m i t e e , vertreten durch die Herren Z e h n d e r - S p ö r r y , Direktor der Montreux-Berner OberlandBahn, K r ä h e n b ü h l , Direktionsadjunkt dieser Bahn, in Montreux, und W a l t i, Grossrat in Zweisimmen, unterbreitete uns zu Ihren Händen unterm 6. August 1906 das Gesuch, es möchte ihm die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von L e n k nach A d e l b o d e n erteilt werden.

Der allgemeine Bericht geht davon aus, das Zustandekommen der Lötschbergbahn und der Zweisimmen-Lenk-Bahn lasse ganz natürlich erscheinen, dass die beiden Punkte Lenk, der aufstrebende Badeort, und Frutigen, die Station der grossen Zufahrtslinie zum Simplon, durch eine Bahn über den heute schon so wichtigen Kurort Adelboden miteinander verbunden werden.

Der rasch sich entwickelnde Verkehr der kürzlich eröffneten Touristenbahn Montreux-Zweisimmen werde das Seine ebenfalls dazu beitragen, um diese neue Linie zu alimentieren, die schon infolge der prächtigen Aussicht auf die Gletschermassive eine» grossen Teiles der Berner Alpen sicherlich gut besucht werde.

Sie biete für die Touristen Gelegenheit zu einer Fahrt, die, durch die Lieblichkeit der Voralpenregion verbunden mit dem Grossartigen der Hochgebirgswelt, ein Bild von seltener Harmonie und Schönheit darstelle. Die Fahrzeuge der Montreux-Berner OberlandBahn könnten von Montreux direkt bis Adelboden durchlaufen,

358 ohne dass für den Reisenden ein Wagenvvechael notwendig würde, und als Güterwagen könnten ebenfalls diejenigen der M. 0. B.

benützt werden. Eine Konzession sei bereits erteilt für eine Bahn von Frutigen nach Adelboden, so dass noch das Teilstück LenkAdelboden fehlen würde.

Gemäss dem technischen Berichte hat die projektierte Bahn ihren Ausgangspunkt im Bahnhof Lenk der M. 0. B. auf 1080 m.

über Meer. Die Linie läuft von hier in gleicher Richtung wie die Zweisimmen-Lenk-Bahn, d. h. in südöstlicher Richtung, indem sie sich sofort nach Verlassen des Dorfes Lenk, stets mit 6 °/o ansteigend, den Bergabhang hinaufzieht. Bei km. 1,7 tritt sie zur Vermeidung des Rutsehgebietes des Metschwaldgrabens in einen Kehrtunnel ein, den sie bei km. 2,ioo verlässt, um, parallel dem «rsten Teilstück zurücklaufend, bei km. 8,575 die Ausweich- und Haltestelle Brand (1280 m. ü. M.) zu erreichen, nachdem sie den Weg nach dem Hahnenmoospass überschritten hat. Immer in gleicher Richtung ansteigend, erreicht die Linie (km. 5) einen neuen 250 m. langen Kehrtunnel, überschreitet bei km. 6,3 eine kleine Talmulde und kehrt zurück gegen Brandegg, wo die Passstrasse wieder überschritten wird. Das Terrain benötigt kurz vor der bei km. 8,925 auf 1653 m. über Meer gelegenen Station Bühlberg, einen dritten Kehrtunnel von einer Länge von 550 m. Bei km. 10 wird der Passweg wieder gekreuzt. Unter zahlreichen Kurven schlängelt sich die Linie zur Passhöhe hinauf, wozu noch zwei Tunnels von km. 11,4--11,76 und km. 13,70--14,io nötig ·werd n.

Auf dem Kulminationspunkt (1935m. ü.M.) liegt bei km.15,075 die Station Hahnenmoos. Von hier fällt die Linie in nordöstlicher Richtung ab, biegt bei km. 19 nach Westen um, überschreitet bei km. 20 5, 20,70 und 20,a die Hauptzufliisse des Altenbaches, wendet sich wieder in östlicher Richtung, um bei km. 22,876 die Station Stiegeischwand zu bedienen (1475 m. ü. M.). Das Tracé erreicht endlich nach Passierung einer Galerie gegen Steinschlag bei den Geröllhalden bei km. 23,5oo--23,700 oberhalb dem Geilsbach die Endstation Adelboden (km. 25; 1354 m. ü.M.). Die Bahn befindet sich auf ihrer ganzen Länge auf Gebiet des Kantons Bern.

Die Anzahl der Ausweichstellen beträgt vier ausser denjenigen ·der beiden Stationen Lenk und Adelboden. Die mittlere Distanz der Ausweichstationen beläuft sich auf 5 km.
Die Linie soll als Schmalspurbahn von l m. Spurweite ausgeführt werden. Diese Spurweite erlaubt die Anwendung von Minimalradien von 70 m. ohne Schwierigkeit, sowie die Anwendung von verhältnismässig grossen Steigungen ohne zu grosse

359 Einschränkung der Leistungsfähigkeit. In Anbetracht der Tatsache, dass hier nur Sommerbetrieb ist, und der verhältnismässig grossen Höhe, welche überwunden werden muss und welche der Linie den Charakter einer Vergnügungsbahn verleiht, werden Steigungen von im Maximum 6 °/o vorgesehen, und zwar mit reinem Adhäsionsbetrieb.

Als Rollmaterialtypen werden vorgesehen Automobilwagen mit Drehgestellea, 2- und 4achsige Personenanhängewagen, 2- und 4achsige Güterwagen ; sämtliche Fahrzeuge sind mit der kontinuierlichen und automatischen Hard y bremse versehen.

Die elektrische Kraft soll der Hochspannungsleitung der M. 0. B.

entnommen und in zwei Unterstationen umtransformiert werden.

Man wird wahrscheinlich gleiche Stromart und Spannung wie die der M. 0. B. wählen, vorausgesetzt, dass diese Gesellschaft die Linie betreiben wird.

Der Kostenvoranschlag weist folgende Hauptposten auf: I. Vorprojekt, Konzession und Verwaltungskosten Fr. 200,000 II. Kapitalzinsen und Geldbeschaffungskosten . ,, 230,000 III. E x p r o p r i a t i o n e n . . . : ,, 125,t)00 IV. Bahnanlage und feste Einrichtungen . . . fl 1,4350,00 V. Hochbauten ,, 480,000 VI. Oberbau ,, 570,000 VII. Kontakt- und Speiseleitung ,, 350,000 VIII. Rollmaterial ,, 500,000 IX. Mobiliar und Gerätschaften ,, 30,000 X. Unvorhergesehenes ,, 80,000 Total Fr. 4,000,OUO oder per km. ,, 160,000 Die jährlichen Betriebseinnahmen werden veranschlagt auf Fr. 342,000 die Betriebsausgaben auf ,, 160,000 Einnahmenüberschuss Fr. 182,000 Nach Abzug einer Einlage in den Erneuerungsfonds von ,, 12,000 verbleibt ein Aktivüberschuss von ^ 170,000 was einer Verzinsung des Baukapitals von 4,25 °/o entsprechen würde. Falls der Betrieb durch die M. 0. B. geführt werde, so würde sich dieses Resultat noch günstiger gestalten, indem dann die Betriebskosten noch mehr reduziert werden könnten.

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IQ seiner Vernehmlassnng vom 12. Januar 1907 befürwortete der Regierungsrat des Kantons Bern die Erteilung der Konzession.

Dabei empfiehlt er die Vermehrung der Haltestellen, sowie in Anbetracht der Gesteinverhältnisse etwelche Tracevarianten. Die Erledigung dieser Begehren wird im Plangenehmigungsverfahren staltfinden. Ein weiteres, auf Anregung des Gemeinderates Adelboden gestelltes Gesuch geht dahin, es möchten der einheimischen Bevölkerung in Bezug auf Personen- und Güterverkehr Fahrpreisermässigungen eingeräumt werden. Hierüber werden wir uns später noch aussprechen. Ein letztes, vom Regierungsrat unterstütztes Gesuch der Gemeinde Lenk geht dahin, es sollte diese Gemeinde berechtigt sein, die Konzession jederzeit zum Selbstkostenpreis zu übernehmen. Auf dieses Gesuch trat unser Eisenbahndepartement nicht ein, weil dasselbe der beständigen Praxis widerspricht. Die kantonale Regierung hielt das Gesuch dann auch nicht aufrecht.

Die reglementarische Konferenz fand am 7. Februar 1907 in Bern statt. Der. Konzessionsentwurf, welcher mitfolgt, fand die allgemeine Zustimmung bis auf folgende Punkte: ^ 1 . Art. 15. Einschaltung der Klausel von Fahrpreisermässigungen für die einheimische Bevölkerung. Nach Anhörung der Ausführungen der Vertreter des Eisenbahndepartements liess der Vertreter der Kantonsregierung diese Klausel für den Güterverkehr fallen, er hielt sie aber aufrecht für den Personenverkehr. Die Konzessionsbewerber verhielten sich neutral und erklärten, den Entscheid der Bundesbehörde annehmen zu wollen. Mit unserem Eisenbahridepartement halten wir dafür, die Taxbegünstigungsklausel sollte nicht aufgenommen werden. In 3 Fällen hat zwur die Bundesversammlung ,in der Herbst- und Wintersaison 1906 die betreffende Klausel beigefügt, nämlich bei Stalden-Saas-Fee, Martigny-Orsières und Siders-Zinal-Zermatt (E. A. S. XXII, 332, 441 und 416).

Diese Fälle können aber immer noch als Ausnahmen von der bestehenden Praxis gelten, die auch dem Art. 35, Ziffer 3, des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 entspricht. Diese Ziffer schreibt vor, dass die Taxen überall und für jedermann gleichmassig berechnet werden sollen. Die Bundesversammlung hat auch dieser Vorschrift Nachachtung verschafft in den Konzessionen Vouvry-Ie Oormat (E. A. S. XVIII, 189) Linthal-Braunwald (E. A. S. XXI, 62), Gunten-Sigriswil
(E. A. S. XXI, 171), Grindelwald Dorf-untere Station der Drahtseilbahn zum Eismeer (E. A. S.

XXI, 200), Matt-Bürgenberg (E. A. S. XXII, 225), wo von seilen der Interessierten auf diese Fahrpreisermässigung für die einheimische Bevölkerung gedrungen wurde.

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Aber auch abgesehen von der Rechtsfrage, ist die Aufnahme der Begünstigungsklausel ganz inopportun. Diese Fahrpreisermässigungen, wo sie bestehen, sind in der Tat gar nicht unbemerkt geblieben. Die ausländische Presse, besonders diejenige, die ein Interesse hat, die Reisenden von der Schweiz abzulenken, hat diese Begünstigung der einheimischen Bevölkerung stark kritisiert, und die Schweiz wiederholt als Fremdenausbeutungsland bezeichnet.

Die Tatsache, dass die Ermässigung nur der Lokalbevölkerung und nicht der gesamten Landesbevölkerung zu gute kommt, wurde natürlich verschwiegen.

Aus diesen Gründen möchten wir Ihnen des dringendsten empfehlen, anlässlich dieses Falles prinzipiell festzustellen, dass die Klausel der Fahrpreisermässigung für die einheimische Bevölkerung in die Eisenbahnkonzessionen nicht mehr aufgenommen werden solle. Vielmehr ist darauf hinzuwirken, dass die Taxen im allgemeinen etwas niedrig gehalten werden, damit sie auch von den Einheimischen ohne Mühe bezahlt werden können.

2. Art. 17 (Gepäcktaxen), Art. 18 (Gütertaxen) und Art. 22 (Taxen für lebende Tiere).

Über diese Taxen entspann sich in der Konferenz eine lebhafte Diskussion, indem die Konzessionsbewerber sich absolut nicht mit den Taxen des Konzessionsentwurfes begnügen wollten.

In der untenstehenden Tabelle geben wir zuerst zwischen Klammern die im Konzessionsgesuche verlangten Taxen, dann ohne Klammern die Taxen des Entwurfes des Eisenbahndepartements, welchen wir zu unserem machen, zuletzt zwischen Klammern die Taxen, welche die Konzessionsbewerber als letztes Zugeständnis in der Konferenz anerboten haben.

Gepäcktaxe (25) 15 f20).

Für die Für die höchste Klasse niedrigste Klasse Gütertaxen (20) 7 (9) (10) 4,5 (5,s) Taxen für lebende Tiere .

(48) 35 (40) (12) 7,5 (10) Obgleich der Vertreter der Kantonsregierung jeweilen die Konzessionsbewerber unterstützt hat, mit dem Hinweis, dass die von ihnen verlangten Taxen nicht übertrieben hoch seien und das Zustandekommen der Bahn erleichtern würden, sind wir mit unserm Eisenbahndepartement der Ansicht, dass die Taxen des mitfolgenden Konzessionsentwurfes ganz angemessen sind, und der Finanzierung der Bahn nicht hinderlich sein werden. Die Tendenz der Konzessionsbewerbei-, beständig höhere Taxen für Bergbahnen zu verlangen, öiuss man entgegentreten, und es wäre nicht

362 gerechtfertigt, die Taxen eiuer ganz gleichartigen Bahn, der Grimselbahn, zu übersteigen, wie es der Fall wäre, wenn man dem Gesuche der Konzessionsbewerber entsprechen wollte.

3. Art. 28. Herabsetzung der Taxen im Falle der Erzielung einer Rendite von mehr als 6 °/o während drei aufeinanderfolgender Jahre.

Auf ihr Ansuchen wurde den Konzessionsbewerbern in der Konferenz erklärt, dass eine von der Bundesversammlung angenommene Erhöhung dieses Prozentsatzes für Drahtseilbahnen, wenn dieselbe später für Schmalspurbahnen überhaupt zugelassen würde, auch der gegenwärtigen Bahn zu gute kommen würde.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen. Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf zur Annahme, und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. MSra 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

363 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Lenk nach Adelboden.

der 1. einer bahn 2. einer

Die Bundesversammlung schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht Eingabe des Initiativkomitees für eine Schmalspurvon Lenk nach Ade,lboden vom 6. August 1906 ; Botschaft des Bundesrates vom 22. März 1907, beschliesst:

Einem I n i t i a t i v k o m i t e e , vertreten durch die Herren Z e h n d e r - S p ö r r y , Direktor der Montreux-Berner OberlandBahn, K r ä h e n b ü h l , Direktionsadjunkt dieser Bahn, in Montreux, und W a l t i , Grossrat in Zweisimmen, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer schmalspurigen elektrischen Eisenbahn von L e n k ( S t a t i o n der M o n t r e u x - O b e r l a n d Bahn) nach A d e l b o d e n ( S t a t i o n der F r u t i g e n - A d e l b o d e n - B a h n ) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

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Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Lenk.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 36 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Art. 6. Binnen 30 Monaten vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes o^ geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eiogeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. a. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes.-, obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfugung zu stellen.

\,

365 Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Der regelmässige Betrieb kann auf die Zeit vom 15. Mai bis zum 30. September beschränkt werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : in der zweiten Wagenklasse 40 Rappen, in der dritten Wagenklasse 25 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

· 4>. · Für Hin- und Rückfahrt ensind die Personentaxen mindestens 20'°/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Bandesblatt. 59. Jahrg. Bd. II.

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Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre ist in beiden Wagenklassen die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat ist berechtigt, diese Altersgrenze von zehn Jahren zu erweitern.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 15 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit eioer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht, und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 7 Rappen, und deren niedrigste nicht über 4,s Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksenduagen Anspruch auf Rabatt.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100% des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

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Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten, taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 4,B Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 2t. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lehens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Trans-, portmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 35 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 7,6 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

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Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg.

für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teibar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdieustes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehrnuog drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslieh die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhuug obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sieh ergeben.

369 Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Ruckkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den" 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wifd, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Kozession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung' getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch buodesgeriehtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

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f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dein Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Mai 1907 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Uebertragung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von Cassarate auf den Monte Brè.

(Vom 26. März 1907.)

Tit.

Durch Bundesbeschluss vom 19. Dezember 1905 (E. A. S.

XXI, 302) haben Sie die unterm 31. März (E. A. S. XXI, 81) den Herren Otto Birken, in Zürich, J. Wennips, in Lugano, und E. Strub, in Zarich, erteilte Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Drahtseilbahn von Cassarate auf den Monte Brè auf Herrn J. H. Brinkmann in Vallée di Castagnola bei Lugano Übertragen.

Mittelst Kollektiveingabe vom 31. Januar 1907 unterbreiteten Herr J. H. B r i n k m a n n und die S o c i e t à B a n c a r i a Ticinese in Lugano dem Bundesrate zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch, es möchte diese Konzession auf die [Società Bancaria Ticinese in Lugano übertragen werden.

Der Staatsrat des Kantons Tessin erklärte unterm 18. Februar 1907, dass er gegen die beabsichtigte Konzessionsübertragung keine Einwendungen erhebe.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Schmalspurbahn von Lenk nach Adelboden. (Vom 22. März 1907.)

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03.04.1907

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