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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen fahrlässiger Eisenbahngefährdung bestraften Heinrich Krebser, Bahnwärter der S.B.B., wohnhaft in Zürich IV.

(Tom 7. Dezember 1907.)

Tit.

Am Vormittag des 22. Oktobers 1906 wurde auf der Bahnstrecke Örlikon-Zürich zwischen den Blockstationen II und I der durchfahrende Güterextrazug Nr. 8374 dadurch erheblich gefährdet, dass auf der genannten Strecke unter Aufsicht eines Vorarbeiters, Albert Ochsner, Schienen ausgewechselt wurden ohne Verständigung der Blockstationen und ohne vorschriftsmässige Deckung des Geleises. Es gelang zwar dem Führer der Lokomotive, durch Anwendung der Bremsmittel seinen Zug noch rechtzeitig zum Anhalten zu bringen, so dass keinerlei Schaden enstand.

Wegen Gefährdung wurde indessen sowohl der Vorarbeiter Ochsner als auch der Petent Krebser und ein anderer Bahnbeamter in Anklagezustand versetzt; Krebser als verantwortlicher Wärter der Blockstation II, weil er den Güterextrazug in das Blockfeld II hatte einfahren lassen, ohne sich pflichtgemäss davon überzeugt zu haben, dass die Strecke fahrbar sei.

Nach Durchführung der Voruntersuchung und insbesondere Anhörung eines höheren Betriebsbeamten der S. B. B. als Experten (vergl. das Protokoll Akt. 41 der Bezirksanwaltschaft Zürich) wurden alle drei oben genannte Bahnbedienstete sowohl vom Bezirksgerichte als von der Appellationskammer des Obergerichtes Zürich der fahrlässigen Eisenbahngefährdung schuldig erklärt.

Die erste Instanz bestrafte den Krebser mit 2 Tagen Gefängnis und Fr. 30 Geldbusse, das Obergericht aber ermässigte seine Strafe auf bloss Fr. 30 Busse.

381 Die Gerichte fanden übereinstimmend, dass Krebser in der Unterlassung der Beaiifsichtigung der ihm zugewiesenen Blockstrecke sich eine Fahrlässigkeit habe zu Schulden kommen lassen, die mit der Gefährdung in kausalem Zusammenhange stand. Was die Strafausmessung betrifft,' so stellte das Obergericht fest, dass es sich nur um einen leichteren Fall von Gefährdung handle, sowohl was den Grad der Fahrlässigkeit bei Krebser, als was den objektiven Tatbestand anbetreffe, es berücksichtigte auch die langjährige vorangegangene treue Pflichterfüllung des Fehlbaren.

Durch das eingereichte Begnadigungsgesuch erbittet Krebser Brlass der über ihn verhängten Strafe, indem er wesentlich behauptet, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, diejenige Bahnstrecke zu kontrollieren, auf welcher Vorarbeiter Ochsner die Schienenauswechslung vorgenommen habe. Diese Angabe steht aber im Widerspruch mit der vom Untersuchungsbeamten erhobenen Expertise und mit den Feststellungen der Gerichte. Sie kann deswegen nicht gehört, vielmehr muss angenommen werden, es falle dem Potenten das mehrerwähnte Verschulden zur Last, und unter dieser Voraussetzung liegt keine Veranlassung vor, die vom Richter in Würdigung aller für den Angeklagten günstigen Momente ausgesprochene Strafe durch Begnadigung zu ermässigen oder aufzuheben.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Heinrich Krebser abzuweisen.

B e r n , den 7. Dezember 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen fahrlässiger Eisenbahngefährdung bestraften Heinrich Krebser, Bahnwärter der S.B.B., wohnhaft in Zürich IV. (Vom 7. Dezember 1907.)

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1907

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18.12.1907

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