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Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend verschiedene Aenderungen auf dem Gebiete des Zivilstandswesen.

(Vom 21. September 1907.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

Wir beehren uns, Ihnen von folgenden Änderungen auf dem Gebiete des Zivilstandswesens Kenntnis zu geben.

I.

Zivilstandsaktenaustausch mit Bayern.

Am 31. August/18. September ds. Js. ist mit dem Königreiche Bayern das nachfolgende Übereinkommen getroffen worden : ,, Der S c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t und die ,, K ö n i g l i c h B a y e r i s c h e R e g i e r u n g sind i n A b ,,änderung der Übereinkunft vom 7. Dezember 1874 auf dem Korrespondenzwege übereingekommen, gehörig beglaubigte U r ,,kunden ü b e r d i e G e b u r t s - u n d T o d e s f ä l l e , ,, d i e E h e n u n d L e g i t i m , a , t i o n e n , welche Ange,,hörige des ändern Landes betreffen, einander kostenfrei und ,,auf diplomatischem Wege zuzustellen.

,,Seitens der S c h w e i z werden die an Bayern mitzutei,,lenden Zivilstandsakten durch Vermittlung des schweizerischen ,,Justiz- und Polizeidepartementes der Königlich Bayerischen ,,Gesandtschaft in der Schweiz zugestellt. Die Vormerkung der Bundesblatt. 59. Jahrg.

Bd. V.

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,,in der Schweiz verurkundeten Legitimationen bayerischer ..Staatsangehöriger in den bayerischen Standesregistern wird je,,weilen, wie bisher, besonders beantragt werden.

,,Seitens der B a y e r i s c h e n B e h ö r d e n werden die ,,in Bayern errichteten. Standesurkunden über schweizerische ..Staatsangehörige jeweilen der schweizerischen Gesandtschaft ,,beim Königreiche Bayern übermittelt werden.

,,Ausstellung und Annahme der so übermachten Urkunden ,,sollen die Frage der Staatsangehörigkeit der darin genannten ,,Personen nicht präjudizieren.1' Die gegenwärtige Übereinkunft tritt mit dem 1. Oktober 1907 in Kraft.

Es werden also von diesem Zeitpunkte hinweg auch die Geburts- und Todesscheine bayerischer Angehöriger nicht mehr direkt, sondern gleich wie alle übrigen für das Ausland bestimmten Zivilstandsurkunden, auf diplomatischem Wege an die Heimatbehörden versandt.

II.

Abänderungen im Verzeichnis der Behörden, die im Deutschen Reiche zuständig sind, Ehefähigkeitszeugnisse auszustellen.

Das auf Seite 152 ff. der Nachträge zum Handbuche für die schweizerischen Zivilstandsbeamten gebrachte Verzeichnis der Behörden, die in den einzelnen deutschen Bundesstaaten zuständig sind, Zeugnisse über das Nichtvorhandensein von Ehehindernissen auszustellen, hat seither Veränderungen erlitten ; die abgeänderten Bestimmungen betreffen folgende Staaten und lauten nunmehr : K ö n i g r e i c h P r e u s s e n : D i e Ortspolizeibehörde des Wohnortes oder des letzten Wohnortes des Verlobten, und wenn er in Preussen keinen Wohnsitz gehabt hat, die Ortspolizeibehörde des letzten Wohnortes seiner Eltern, oder wenn ein solcher nicht bekannt ist, des Geburtsortes seines Vaters.

K ö n i g r e i c h B a y e r n : Für Angehörige der rechtsrheinischen Gebietsteile die Distriktsverwaltungsbehörden der Heimatgemeinde, d. h. die Bezirksämter oder die Magistrate der unmittelbaren Städte ; für Angehörige der Pfalz der land-

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gerichtliche Staalsanwalt, der die Aufsicht über das Standesamt der Heimatgemeinde ausübt.

Für besondere Fälle, z. B. wenn die Heimat streitig ist oder der Staatsangehörige keine Heimat hat, wird die zuständige Behörde durch die Staatsministerien der Justiz und des Innern bestimmt.

K ö n i g r e i c h S a c h s e n : Die Polizeibehörde des Wohnortes oder des letzten Wohnortes des Verlobten und, wenn er in Sachsen keinen Wohnsitz gehabt hat, die Polizeibehörde seines Vaters, bei unehelich Geborenen der Mutter, oder, wenn ein solcher Wohnort nicht bekannt ist, des Geburtsortes des Vaters oder der Mutter. Als Polizeibehörde gilt im allgemeinen die Amtshauptmannschaft, in Städten mit der revidierten Städteordnung vom 24. April 1873 der Stadtrat.

K ö n i g r e i c h W ü r t t e m b e r g : D a s Amtsgericht des Wohnorts oder des letzten Wohnorts und in Ermangelung eines solchen des Geburtsortes des Verlobten. Falls der Geburtsort nicht in Württemberg liegt, das Amtsgericht des letzten Wohnortes der Eltern des Verlobten, oder wenn ein solcher Wohnort nicht bekannt ist, des Geburtsortes dos Vaters des Verlobten. Lässt sich hiernach ein zur Erteilung des Zeugnisses zuständiges Amtsgericht nicht ermitteln, so wird das Zeugnis von dem Justizministerium ausgestellt.

E l s a s s - L o t h r i n g e n : Wenn die Ausstellung des Zeugnisses zugleich mit dem Aufgebote beantragt wird, der Standesbeamte, andernfalls der erste Staatsanwalt bei dem Landgerichte, zu dessen Bezirk der Heimatort des Verlobten gehört.

Die übrieen Angaben der in -den Nachträgen zum HandO O O buch für die schweizerischen Zivilstandsbeamten, Seite 152 ff., gebrachten Verzeichnisse bleiben unverändert.

Bei dieser Gelegenheit wird den Zivilstandsbeamten und deren Aufsichtsbehörden zur Kenntnis gebracht, dass nach § 275, Ziffer 3, der b a d i s c h e n Dienstwoisung zur Erteilung von Ehefähigkeitszeugnissen derjenige badische Standesbeamte zuständig ist, in dessen Bezirk der badischo Verlobte den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, oder zuletzt gehabt hat ; in Ermangelung eines solchen der Standesbeamte des Geburtsortes und, wenn der Geburtsort nicht in Baden liegt, der Standesbeamte des badischen Ortes, in welchem ein Elternteil des Verlobten wohnt oder zuletzt gewohnt hat.

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Ist ein solcher Wohnort nicht bekannt, so ist der Standesbeamte des Geburtsortes des Vaters, bei unehelichen Kindern des Geburtsortes der Mutter, und wenn auch dieser Geburtsort nicht in Baden liegen oder bekannt sein sollte, der Standesbeamte in Karlsruhe zuständig.

III.

Grossbritannien.

Schwägerinnenehe.

Infolge eines im Jahre 1907 erlassenen Gesetzes x) ist in Zukunft die Ehe eines grossbritannischen Angehörigen mit der Schwester seiner verstorbenen Ehefrau gestattet.

Dieses bisher im englischen Rechte geltende Eheverbot ist somit dahingefallen, so dass von nun an dem Eheabschluss eines englischen Staatsangehörigen mit der Schwester seiner verstorbenen Ehefrau in der Schweiz nichts mehr entgegensteht.

Wir benutzen diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 21. September 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

*) (7 Edw. 7) Deceased Wife's Sister's Marriage Act 1907.

-5*0*3.-

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02.10.1907

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213-216

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