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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Fischereigesetzes bestraften Ernst Lehmann, "Wagner in Schwarzenburg, Kanton Bern.

(Vom 5. März 1907.)

Tit.

Petent wurde durch Urteil des Richteramtes Schwarzenburg vom 3. Oktober 1906 der Übertretung des Art. 5, Ziffer 7 des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei schuldig erklärt und zu Fr. 50 Geldbusse und Tragung der Kosten von Fr. 26 verurteilt, weil er Anfang Juni 1906 den Dorfbach in Schwarzenburg bei der alten Stolzenmühle trocken gelegt hatte, ohne der Lokalbehörde und dem Fischereiberechtigten hiervon rechtzeitig Kenntnis zu geben.

Schon in der Untersuchung hatten Lehmann und diejenigen Personen, welche ihm bei der Trockenlegung des Baches behülflich waren, behauptet, es habe sich für sie nur darum gehandelt, durch ,,Ausschorren" des Bachbettes dem Wasserwerk des Lehmann mehr Kraft zu verschaffen, nicht aber verbotenen Fischfang zu treiben. Es ist auch unbestritten, dass Lehmann das Wasser des Dorfbaches für industrielle Zwecke gepachtet hat und nicht festgestellt, dass er oder seine Arbeiter sich aus dem trocken gelegten Bachbett Fische aneigneten.

Das Urteil des Amtsrichters von Schwarzenburg hat Rechtskraft erlangt, da Lehmann nicht Appellation gegen dasselbe ergriff.

Es soll dies nach seiner eigenen Darstellung deswegen geschehen sein, weil er die Kosten scheute. -- Jetzt ersucht er darum nach, dass ihm die Busse auf dem Wege der Begnadigung erlassen werde, indem er geltend macht: In Art. 5, Ziffer 7 und Art. 31, Ziffer 2 des Bundesgesetzes sei das Trockenlegen von fischhaltig Wasserläufen nur dann

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mit einer Minimalstrafe von Fr. 50 bedroht, wenn es zum /wecke des Fischfanges geschah und dies treffe im vorliegenden Falle nicht zu. Er hätte daher nur gemäss Art. 31, Ziffer l mit einer Busse von Fr. 5 im Minimum bestraft werden sollen, weil er zur Gewinnung vermehrter Wasserkraft das Bachbett trocken legte, ohne die vorgeschriebeneAnzeige an Lokalbehörde und Interessenten. Er glaubt, dass für ihn als armen Mann die Tragung der Kosten eine genügende Strafe bilde und verweist darauf, dass er sich mit dem Fischereiberechtigten gütlich abgefunden habe.

Der Gerichtspräsident von Schwarzenburg berichtet, Lehmann versteure kein Vermögen und an Einkommen I. Klasse Fr. 100.

Das Gesuch sollte nach Ansicht dieses Beamten teilweise Berücksichtigung finden, da der Bestrafte ein fleissiger, seriöser Mann sei und ihm geglaubt werden dürfe, dass er nicht beabsichtigt habe, den Fischereiberechtigten zu schädigen.

Die Bundesversammlung hat in Fällen von Übertretung des Fischereigesetzes bereits früher dann eine Ermässigung der Minimalstrafe des Art. 31, Ziffer 2 auf dem Wege der Begnadigung eintreten lassen, wein sich herausstellte, dass Wasserläufe nicht zum Zwecke des verbotenen Fischfanges, sondern zu industriellen Zwecken trocken gelegt wurden. (Vergi, den Beschluss vom 13. Dezember 1906 in Sachen Häfliger in Murten.) Die tatsächlichen Verhältnisse im vorliegenden Falle lassen den Petenten einer gleichen Behandlung würdig erscheinen, wenn auch gesagt werden muss, dass die seinem Gesuche günstigen Verhältnisse eigentlich den Richter hätte dazu bewegen sollen, eine angemessene Strafe auf Grund des Art. 31, Ziffer l des Gesetzes zu verhängen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A nt rag :

Es sei die dem Ernst Lehmann auferlegte Busse auf Fr. 10 zu ermässigen.

B e r n , den 5. Mär/, 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Fischereigesetzes bestraften Ernst Lehmann, Wagner in Schwarzenburg, Kanton Bern. (Vom 5. März 1907.)

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13.03.1907

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