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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Ankauf des Hotel National in Bern.

(Vom 21. September 1907.)

Tit.

Das Hotel National an der Ecke Speichergasse-äusseres Bollwerk in Bern ist verkäuflich. Im Hinblick auf die stete Ausdehnung der eidgenössischen Verwaltung und das fortwährende Bedürfnis an Bureau- und Magazinräumlichkeiten fui diese, schien es uns geboten, der Frage, ob es angezeigt sei, dieses Gebäude für den Bund zu erwerben, näher zu treten, denn sowohl die Lage des Gebäudes in der Nähe des Bahnhofes als die innere Einteilung desselben schien uns von vornherein eine Verwendung für die eidgenössische Verwaltung zuzulassen.

Infolge Verkaufs des obern Teiles des Terrains am Bundesplatz an die Nationalbank behufs Erstellung eines Bankgebäudes daselbst, wird das sogenannte Bürkihaus an der Amthausgasse im nächsten Frühjahr abgebrochen, und es müssen auf diesen Zeitpunkt für die in diesem Gebäude untergebrachten Verwaltungsabteilungen, nämlich für die Abteilung Hydrometrie des Oberbauinspektorates und das Oberforstinspektorat passende Lokalitäten gesucht werden.

Durch das Inkrafttreten des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen wird

202 eine Reorganisation, resp. Erweiterung des Gesundheitsamtes notwendig, wodurch der Raumbedarf dieser Abteilung ganz erheblich grösser wird. Auch diese Verwaltung bedarf deshalb in kürzester Zeit einer grössern Anzahl neuer Lokale, mit deren Beschaffung nicht zugewartet werden kann, bis dass das später an der Inselgasse-Amthausgasse zu erstellende neue Verwaltungsgebäude, in welchem in den vier vorgesehenen Stockwerken etwa 2500 m2 nutzbare Fläche geschaffen werden können, errichtet sein wird. Zudem dürfte es sich kaum empfehlen, zunächst der Bundeshäuser und des Nationalbankgebäudes chemische Laboratorien, wie sie für diese Verwaltung notwendig werden, zu errichten.

Aus diesen Gründen haben wir die Frage des Ankaufes des Hotel National, welches von der gegenwärtigen Eigentümerin, der Schweiz. Hypothekenbank in Solothurn, mit Schreiben vom 10. August 1907 um die Summe von Fr. 640,000 zum Kaufe angeboten wurde, näher untersuchen lassen. Es gelang bei den bezüglichen Unterhandlungen, eine Herabsetzung des geforderten Kaufpreises auf Fr. 600,000 zu erzielen.

Vom bautechnischen Standpunkte aus ist folgendes zu erwähnen : Das Gebäude besteht 1. aus einem 2.90 m. hohen Kellergeschoss, in welchem gegen die Strassen die Vorratsräume und gegen den Hof die Küche und die Automobilgarage untergebracht sind ; 2. einem 5,40 m. hohen Erdgeschoss, das gegen den Hof vor die obern Stockwerke vorgebaut und dort mit einem Holzzementdach versehen ist ; 3. einem 1. Stock von 3,40 m. Höhe ; 4. einem 2. Stock von 3,30 m. Höhe ; 5. einem 3. Stock von 3,20 m. Höhe ; 6. einem ausgebauten Mansardendachstock von 3,10 m. Höhe ; 7. einem Kehlbalkenboden, in welchem Dienstenzimmer, Waschküche, Glättezimmer u. s. w. untergebracht sind.

Die unter 3--6 erwähnten Stockwerke sind ganz zur Unterbringung der Hotelgäste eingerichtet.

Die gegen die Speichergasse und das äussere Bollwerk gerichteten Fassaden des Gebäudes haben einen Sockel aus St. Triphon-Stein. Darüber erhebt sich das Erdgeschoss massiv in Berner Sandstein. In den obern Stockwerken bestehen die

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Architektur der Fenster und Erker, sowie die Gurlungen und das Hauptgesims ebenfalls aus Berner Sandstein zwischen verputzten Backsteinpfeilern. Gegen den Hof ist die Architektur auf das absolut Notwendige beschränkt. Das Dach ist mit Schiefern eingedeckt. Sowohl die Haupttreppe als die Diensttreppen, bestehen aus Hartstein, die Bodenkonstruktion über dem Keller aus Beton zwischen Eisenbalken, diejenige der obern Stockwerke in der Hauptsache aus Holz. Ein elektrischer Personenaufzug geht vom Erdgeschoss bis in den 4. Stock.

Im ganzen Hause ist elektrische Beleuchtung und teilweise auch Gasbeleuchtung eingerichtet.

Was den Verkaufspreis von Fr. 600,000 anbetrifftì, so können wir hierüber die nachstehenden Mitteilungen machen : Das Terrain, auf welchem das Hotel National steht, geliörte zu dem ehemaligen Zuchthausareal. Es hat einen Flächeninhalt von 950 m 2 . Laut Kaufvertrag vom 19. Februar 1903 wurde damals das Terrain zum Preise von Fr. 383 per m 2 von Bauunternehmer Angelo Nottaris erworben. Zur Beurteilung dieses Preises kann angeführt werden, dass der Bund im Jahre 1897 für das Terrain, auf welchem nun das neue Postgebäude steht, und welches günstiger gelegen ist als der Platz des Hotel National, nur Fr. 165 per m2 überbauter Fläche bezahlt hat. Das um das Amthaus herum gelegene Bauterrain ist Gegenstand reger Spekulation gewesen und in kurzer Zeit ·durch mehrere Hände gegangen, welche schliesslich den Preis auf eine Höhe getrieben haben, der dem reellen Wert bei weitem nicht mehr entspricht. Wird der Quadratmeter des Terrains des Hotel National auf Fr. 180 angeschlagen, so ergibt sich für die 950 m2 eine Summe von Fr. 171,000, welche dem wirklichen heutigen Wert des Terrains ungefähr entsprechen dürfte.

Die überbaute Grundfläche des Bauplatzes beträgt im Erdgeschoss 812 m2 und in den obern Stockwerken 625 m2. Das Ausmass des Kubikinhaltes des ganzen Gebäudes, vom Kellerboden bis und mit dem Dach gemessen, beträgt 16,635 m3.

Werden von dem geforderten Kaufpreis von Fr. 600,000 {ür das Terrain in Abzug gebracht ,, 171,000 so verbleiben für das Gebäude selbst . . . . Fr. 429,000 was einem Preis von Fr. ,25. 79 per m3 entspricht. Dieser Ansatz ist im Hinblick auf die im allgemeinen gute Bauart des Gebäudes ein sehr billiger.

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Die Brandassekuranzsumme beziffert sich auf Fr. 506,700.

Sowohl die konkursamtliche Schätzung, welche Fr. 690,000 betrug, als die Grundsteuerschatzung von Fr. 753,000 gehen denn auch bedeutend über den verlangten Preis von Fr. 600,000 hinaus. Dabei ist allerdings zu bemerken, dass verschiedene Anlagen, Einrichtungen und Dekorationen, die für ein Hotel unumgänglich sind, für unsere Zwecke wenig oder gar keinen Wert haben oder durch bauliche Umänderungen entfernt, verändert oder ersetzt werden müssen.

Die Untersuchung an Hand der Pläne und des vom Gesundheitsamt aufgestellten Lokaliöltenprogramms hat ergeben, dass sich die Räumlichkeiten im Erdgeschoss und 1. Stock für diese Verwaltung passend einrichten lassen. Es ist möglich, im Erdgeschoss die Laboratorien für die Lebensmitteluntersuchungen mit ihren Dependenzen, im Keller die Magazine und im 1. Stock die Bureaux des erweiterten Gesundheitsamtes unterzubringen. Letzteres hat denn auch die Erklärung abgegeben, dass seines Erachtens die vorgeschlagene Lösung seiner Unterbringung eine sehr glückliche wäre.

Auch seitens des hydrometrischen Bureaus liegt ein Verzeichnis der von demselben benötigten Räume vor. Nach diesem Verzeichnisse würden die Bureaux eines der drei obern Stockwerke des Hotel National in Anspruch nehmen. Die im Souterrain nach Abzug der Magazine für das Gesundheitsamt noch disponibelii Lokalitäten, der jetzigen Küche, der Automobilremise und verschiedener geräumiger Keller könnten ganz gut zur Unterbringung der Magazine für Apparate, Werkzeuge und Pegelplatten, Instrumentenzimmer, der Ausstellungsgegenstände von Mailand und der Drucksachen samt Archiv verwendet werden, da sie gegen den Hof zu fast ebenerdig sind und ziemlich gute Tagesbeleuchtung haben.

Es blieben dann noch zwei obere Stockwerke mit je 300 m2 nutzbarer Bodenfläche für Bureaux disponibel, in welche weitere Abteilungen der eidgenössischen Verwaltung, wie das Oberforstinspektorat und einige andere, jetzt in Mietwohnungen untergebrachte Bureaux definitiv oder vorübergehend placiert werden könnten.

Die Verwendung des Erdgeschosses für das Gesundheitsamt bedingt die Vornahme von baulichen Umänderungen, deren Kosten sich schätzungsweise auf etwa Fr. 70',000 beziffern werden. Da diese Umbaukosten, um ein richtiges Bild über

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die finanzielle Tragweite der Erwerbung des Bauobjektes zu erhalten, zu der Kaufsumme geschlagen werden müssen, so ergäbe sich als Gesamtausgabe für das Gebäude ohne Bauplatz ein Betrag von Fr. 499,000, was auf den Kubikmeter des Gebäudes Fr. 30 ausmachen würde, welcher Preis für das soviel wie neue Gebäude immerhin ein massiger genannt werden darf, indem für einen Neubau in der nämlichen Bauart heute ein Einheitspreis von Fr. 35 per Kubikmeter in Anschlag gebracht werden müsste. Im Kaufpreise soll der Personenaufzug und die ganze Beleuchtungseinrichtung inbegriffen sein.

Aus den vorstehenden Auseinandersetzungen geht hervor, dass bei einer Kaufsumme von Fr. 600,000, wozu Fr. 6400' für Handänderungs- und Stipulationsgebühren hinzugesohlagen werden müssen, das vorliegende Geschäft für den Bund als ein gutes bezeichnet werden darf, besonders auch im Hinblick darauf, dass sofort nach dem Übergang des Bauobjektes an diesen, mit den baulichen Veränderungen und der Einrichtung der Laboratorien für die Lebensmittelkontrolle begonnen und dadurch in kurzer Zeit dem bestehenden Raummangel abgeholfen werden könnte. Wir empfehlen Ihnen daher den nachstehenden Bundesbeschluss-Entwurf zur Genehmigung.

Wir benutzen denAnlass, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. September 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, . Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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{Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

den Ankauf des Hotel National in Bern.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 21. September 1907, beschliesst: Art. 1. Zur Erwerbung des Hotel National an der Ecke Speichergasse-äusseres Bollwerk in Bern wird ein Kredit von Fr. 606,400 bewilligt.

Art. 2. Dieser Beschluss, mit dessen Vollziehung der Bundesrat beauftragt wird, tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft."

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Ankauf des Hotel National in Bern. (Vom 21. September 1907.)

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02.10.1907

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