42l Ablauf der Referendumsfrist

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26. September 1951

Bundesbeschluss über

Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie (Vom 22. Juni 1951)

Die Bundesversammlung d e r schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf die Artikel 31bis,31quinquies,,34ter,^ Absatz l, lit. a, 64bis64Ms der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. Oktober" 1950*), beschliesst: I. Begriffsbestimmungen Art. l 1

Zur Uhrenindustrie im Sinne dieses Beschlusses gehören: a. die Herstellung und das Zusammensetzen von Uhren, Uhrwerken und Hemmungsträgern ; b. die Herstellung von Bollwerken, Uhrbestandteilen (Fournitures) und . Uhrgehäusen sowie von Teilfabrikaten, mit Einschluss aller zu dieser Fabrikation gehörenden Hilfsarbeiten ; c. die Herstellung von Stanzwerkzeugen und Spezialwerkzeugen jeder Art zur Fabrikation von Rohwerken, Uhrgehäusen, Uhrbestandteilen oder Teilfabrikaten von solchen für die Uhrenindustrie, ebenso die Herstellung von Apparaten, die dem Zusammensetzen und Fertigmachen der Eohwerke,' Uhrgehäuse, Uhrbestandteile und Teilfabrikate von solchen dienen.

2 Als Uhren oder Uhrwerke im Sinne dieses Beschlusses gelten Zeitmessinstrumente, deren Werk in der Breite, Höhe oder im Durchmesser 60 Millimeter oder in der Dicke 80 Millimeter, gemessen am Boden und an der Brücke, nicht überschreitet. Es werden nur die technisch erforderlichen Masse in Betracht gezogen.

*) BEI 1950, III, 58.

Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. II.

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422 u. Ausfuhr Art. 2 1 Der Verkauf zum Zwecke der Ausfuhr, der Verkauf an einen im Ausland niedergelassenen Kunden und die Ausfuhr von Bollwerken, Schablonen und Bestandteilen jeder Art von Gross-, Taschen- und Armbanduhren, gleichgültig ob in losem oder zusammengesetztem Zustande, sind der Bewilligungspflicht unterstellt. Es betrifft dies die Positionen 688 a, 925, 926, ex 928 a (in Form von Schablonen), ex 929 (in Form von Schablonen), 930 a, b, c und 934 a und c des schweizerischen Gebrauchszolltarifs vom 8. Juni 1921.

2 Die Ausfuhr von Taschen- und Armbanduhren sowie von anderen Uhren mit Taschenuhrwerk, von Stand-, Wand- und Weckeruhren sowie von fertigen Uhrwerken und Uhrgehäusen ist nicht bewilligungspflichtig.

Es betrifft dies die Positionen ex 926 (Gehäuse für Stand-, Wand- und Weckeruhren), 928 a, 929 (in Form von fertigen Uhrwerken), 981, 982-- 988 c, 934 b, 935 a--986 i des schweizerischen Gebrauchszolltarifs vom 8. Juni 1921, Zur Verhinderung von Missbräuchen unterzieht die Zollverwaltung solche Exporte einer Kontrolle.

3 Ferner sind bewilligungspflichtig der Verkauf zum Zwecke der Ausfuhr, der Verkauf an einen im Ausland niedergelassenen Kunden und die Ausfuhr: a. von Stanzwerkzeugen und Spezialwerkzeugen jeder Art, gleichviel ob neu oder gebraucht, zur Herstellung von Eohwerken, Uhrgehäusen, Uhrbestandteilen oder Teilfabrikaten; b. von Plänen für die Kaliberkonstruktion und von Werkzeugzeichnungen für die Uhren fabrikation; c. von Apparaten, die dem Zusammensetzen und dem Vollenden der Bollwerke, Uhrgehäuse, Uhrbestandteile und Teilfabrikate dienen.

4 Der Bundesrat kann ferner den Verkauf zum Zwecke der Ausfuhr, den Verkauf an einen im Ausland niedergelassenen Kunden und die Ausfuhr von ausgesprochenen Uhrenmasohinen der Bewilligungspflicht unterstellen.

Er wird eine solche Massnahme jedoch nur -nach Anhörung der Verbände der Uhren- und Maschinenindustrie ergreifen.

6 Der Bundesrat bezeichnet die zum Entscheid über Bewilligungsgesuche im Sinne dieses Artikels zuständigen Organe und umschreibt die Voraussetzungen solcher Begehren.

HL Fabrikation Art. 8 ^ Die Eröffnung neuer Unternehmungen der Uhrenindustrie, die Erhöhung der Arbeiterzahl sowie die Umgestaltung bestehender Betriebe sind bewilligungspflichtig. Der Bundesrat kann ferner die Wiedereröffnung von Betrieben, die ihre
industrielle Tätigkeit unterbrochen haben, der Bewilligungspflioht unterstellen. Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens der Uhrenindustrie mit Aktiven und Passiven ist nicht bewilligungspflichtig.

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Als Umgestaltung eines Betriebes gilt der Übergang zu einem anderen Fabrikationszweig oder zu einer anderen Betriebsform sowie die Angliederung eines Fabrikationszweiges an einen bereits bestehenden, nicht aber die Verlegung des Betriebes oder die Vergrösserung von Lokalitäten.

s Die Lehrlinge, welche im Genüsse eines im Sinne der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1930 über die berufliche Ausbildung abgeschlossenen und bei der kantonalen Behörde ordnungsgemäss eingetragenen Lehrvertrages sind, werden im Arbeiterbestand nicht mitgezählt.

Art. 4 Eine Bewilligung im Sinne von Artikel 8 wird erteilt, sofern dadurch nicht bedeutende Interessen der Uhrenindustrie oder einer Branche in ihrer Gesamtheit verletzt werden: a. dem Gesuchsteller, der ein Unternehmen eröffnen will, wenn er nachweist, dass er in der in Frage stehenden Branche eine ausreichende technische und kaufmännische Tätigkeit ausgeübt hat und die notwendigen Kenntnisse für die Leitung des zu eröffnenden Betriebes besitzt; b. dem Gesuchsteller, der ein Unternehmen eröffnen oder umgestalten will, um eine patentierte Erfindung, ein neues Fabrikationsverfahren oder eine technische Verbesserung auszuwerten, sofern sich hieraus für die Uhrenindustrie ein wesentlicher Fortschritt ergibt. Die zuständige Behörde trifft ihren Entscheid nach Anhören von unabhängigen Experten ; c. dem Gesuchsteller, der sein Unternehmen umgestalten will, wenn er nachweist, dass die Umgestaltung wegen eingetretener Änderungen im Fabrikationsverfahren oder auf dem Uhrenmarkt notwendig ist, um lebensfähig zu bleiben; d. dem Gesuchsteller, der die Zahl der Arbeiter erhöhen will, wenn er nachweist, dass er in der Lage ist, sie längere Zeit zu beschäftigen.

2 Abgesehen von den in Absatz l erwähnten Fällen kann eine Bewilligung im Sinne von Artikel 8 insbesondere erteilt werden, sofern der Erteilung nicht überwiegende Interessen der gesamten Uhrenindustrie entgegenstehen: a. dem Gesuchsteller, der ein Unternehmen eröffnen oder umgestalten will, wenn er sich über genügende technische oder kaufmännische Kenntnisse oder Erfahrungen ausweist; 6. dem Gesuchsteller, der in seinem Betriebe die Arbeiterzahl erhöhen will.

8 Der Bundesrat bestimmt den Eahmen, innerhalb welchem der Inhaber eines Uhrenbetriebes berechtigt ist, die Zahl der Arbeiter ohne Bewilligung zu erhöhen. Er trägt in dieser Hinsicht besonders den Interessen der Kleinbetriebe Eechnung.

4 Der Bundesrat bestimmt die für den Entscheid über Bewilligungsgesuche im Sinne des Artikels 8 zuständige Behörde.

6 Vor der Erledigung der Bewilligungsgesuche begrüsst die zuständige Behörde eine aus Vertretern der hauptsächlichsten Arbeitgeber- und Arbeit1

424 nehmerverbände der Uhrenindustrie zusammengesetzte beratende Kommission.

Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement bezeichnet, nach Anhörung der darin vertretenen Organisationen, die Mitglieder dieser Kommission. Über Gesuche um Erhöhung der Zahl der Arbeiter um nicht mehr als 6 Einheiten entscheidet die zuständige Behörde auf Grund einer kurzen Untersuchung und ohne Anhörung der boratenden Kommission.

6 Der Bundesrat trifft die erforderlichen Massnahmen, damit eine einmal erteilte Bewilligung im Sinne des Artikels 3 nicht durch einen oder mehrere Berufsverbände unwirksam gemacht wird.

7 Bewilligungen im Sinne von Artikel 3 können bei missbräuchlicher Anwendung zurückgezogen werden. Mit einer Bewilligung darf nicht Handel getrieben werden. Jedes Geschäft dieser Art ist nichtig,

IV. Heimarbeit Art. 5

In Anwendung von Artikel 10, Absatz 2, des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Heimarbeit wird der Bundesrat Massnahmen zur Ord> nung der nichtfabrikmässigen Arbeit ergreifen. Er wird dabei den besondern Gewohnheiten dieser Industrie Eechnung tragen. Der Heimarbeiter ist nach den gleichen Normen zu entlöhnen wie der im Atelier oder in der Fabrik beschäftigte Arbeiter.

V. Gesamtarbeitsverträge

Art. 6 Der Bundesrat kann Gesamtarbeitsverträge zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen der Uhrenindustrie nach den massgebenden gesetzlichen Bestimmungen allgemeinverbindlich erklären.

VI. Krisenionds Art. 7 Zur Erhaltung und Förderung der Uhrenindustrie in Krisenzeiten kann der Bundesrat die Bildung von Krisenfonds anordnen, die unter seiner Oberaufsicht stehen.

2 Diese Krisenfonds sollen verwendet werden, um die wissenschaftliche Forschung zu fördern sowie in Krisenzeiten Arbeiter und Angestellte der Uhrenindustrie, die sich infolge der Krise in einer besondern Notlage befinden, zu unterstützen.

3 Diese Krisenfonds sind ausschliesslich durch Beiträge der Arbeitgeber zu äufnen.

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Der Bundesrat erlässt nach Anhören der Verbände der Uhrenindustrie und unter Berücksichtigung der privaten Fonds, die den gleichen Zwecken dienen, wie sie in Absatz 2 umschrieben sind, die* notwendigen Ausführungsvorschriften über die einzelnen Massnahmen im Sinne von Absatz l und 2 dieses Artikels, insbesondere über die Höhe und den Bezug der Beiträge, die Mitwirkung der Arbeitnehmer, über die Verwendung, die Verwaltung, die Eechnungsfühmng und die Anlegung der Mittel der Krisenfonds.

s Die Ausführungsvorschriften unterstehen der Genehmigung der Bundesversammlung.

s Beim Dahinfallen des vorliegenden Bundesbeschlusses sind die Fondsmittel weiterhin gemäss den Ausführungsbestimmungen zu verwenden.

VII. Kontrolle der Konventionen und Entscheidungen von Verbänden der Uhrenindustrie Art. 8 Fühlt sich eine Gruppe der Uhrenindustrie infolge von Konventionen oder Entscheidungen eines Verbandes dieser Industrie ernsthaft in ihren Interessen verletzt oder in ihrer Existenz bedroht, so kann sie sich unter Vorbehalt des Entscheides des ordentlichen Richters an den Bundesrat wenden, der als Vermittler eingreifen wird. Auf Gesuch aller beteiligten Parteien wird er einen Schiedsspruch fällen.

vm. Vollzug Art. 9 Der Bundesrat kann das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ermächtigen, beim Vollzug der auf Grund dieses Beschlusses erlassenen Vorschriften die Mithilfe der kantonalen Behörden und der Schweizerischen Uhrenkammer in Anspruch zu nehmen.

2 Er kann ferner dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement die Befugnis erteilen, zu untersuchen oder abklären zu lassen, ob die erwähnten Vorschriften eingehalten werden.

Art. 10 Für die Erteilung der verschiedenen in diesem Erlass vorgesehenen Bewilligungen wird eine Gebühr verlangt, deren Höhe vom Bundesrat festgelegt wird.

Art. 11 1 Alle Entscheide über Bewilligungsgesuche im Sinne von Artikel 2, Absatz 4, und Artikel 8 oder über den Bückzug von Bewilligungen im Sinne von Artikel 4, Absatz 7, können auf dem Wege der Verwaltungsgerichts beschworde an das Bundesgericht weitergezogen werden.

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Zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind der Gesuchsteller, der Inhaber der zurückgezogenen Bewilligung und die Schweizerische Uhrenkammer berechtigt.

Art. 12 Der Bundesrat hat über die auf Grund dieses Bundesbeschlusses getroffenen Massnahmen der Bundesversammlung einmal im Jahr Bericht zu erstatten.

Die Bundesversammlung entscheidet, ob diese Massnahmen in Kraft bleiben, ergänzt oder abgeändert werden sollen.

IX. Strafbestimmnngen

Art. 18 1

Widerhandlungen gegen diesen Beschluss und die gestützt darauf erlassenen Vorschriften werden mit Busse bestraft. Bei Widerhandlungen gegen Artikel 2 verjährt die Strafverfolgung innert 5 Jahren. Im übrigen finden die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 Anwendung.

8 Die Verfolgung und die Beurteilung der Widerhandlungen liegt den Kantonen ob. Die Schweizerische Uhrenkammer ist befugt, als Zivilpartei aufzutreten und im Falle der Verurteilung zu verlangen, dass die Kosten einer gemäss Artikel 9, Absatz 2, angeordneten Untersuchung und ihre Parteikosten vergütet werden.

3 Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder Einzelfirma begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person, der Gesellschaft oder des Inhabers der Einzelfirma für Bussen und Kosten.

4 Die kantonalen Regierungen haben dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement sämtliche Strafentscheide oder Einstellungsbeschlüsse mitzuteilen.

X. Scüluss- und Übergangsbestimmungen Art. 14 1

Der vorliegende Bundesbeschluss tritt an die Stelle der Bundesratsbeschlüsse vom 28. Dezember 1948 zum Schutze der schweizerischen Uhrenindustrie und über die Ordnung der Arbeit in der nichtfabrikmässigen Uhrenindustrie.

2 Der Artikel 28, lit. a, des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Heimarbeit ist aufgehoben.

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Die Tatsachen, die während der Gültigkeit der aufgehobenen Bestimmungen eingetreten sind, werden nach diesen beurteilt. Dagegen werden die Widerbandlungen gegen die aufgehobenen Bestimmungen nach don Strafbestimmungen von Artikel 13, Absatz l, beurteilt.

Art. 15 Für den Fall einer Änderung der Positionen des Zolltarifs wird der Bundesrat durch eine Vollziehungsverordnung die Zollpositionen bezeichnen, welche denjenigen des Artikels 2 dieses Bundesbeschlusses entsprechen.

Art. 16 Dieser Bundesbeschluss tritt am 1. Januar 1952 in Kraft und gilt bis zum 81. Dezember 1961. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

Er erlässt die notwendigen Vorschriften.

a Der Bundesrat wird beauftragt, diesen Beschluss gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse bekanntzumachen.

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Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 22. Juni 1951.

Der Präsident: i.V. Hacfelin Der Protokollführer: Ch. Oser Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 22. Juni 1951.

Der Präsident: Aleardo Pini Der Protokollführer: Leimgruber Der Schweizerische Bundesrat beschliesst: Der vorstehende Bundesbeschluss ist gemäss Artikel 89, Absatz 2, der Bundesverfassung und Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 22. Juni 1951.

Im Auftrag des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundeskanzler: 9272 Leimgruber Datum der Veröffentlichung 28. Juni 1951.

Ablauf der Beferendumsfrist 26. September 1951.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesbeschluss über Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie (Vom 22. Juni 1951)

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28.06.1951

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