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Schweizerische Bundesversammlung.

Am S. April widmete Herr Nationalratspräsident C. Decoppet dem verstorbenen alt Bundesrat B. Hammer folgenden Nachruf: Meine Herren Nationalräte !

Letzten Samstag ist in Solothurn, nach langer Krankheit, Herr alt Bundesrat B. Hammer im Alter von 85 Jahren gestorben.

Die administrative, militärische und politische Laufbahn dieses hervorragenden Magistraten ist Ihnen so bekannt, dass ich wohl darauf verzichten darf, Ihnen die ebenso zahlreichen als glänzenden Etappen derselben aufzuzählen.

Herr Hammer war zuerst in seinem Heimatkanton und später auf eidgenössischem Gebiete nacheinander Advokat und Gerichtspräsident, Oberinstruktor der Artillerie, ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister beim Norddeutschen Bunde und nach 1870 beim Deutschen Reich ; während 15 Jahren Bundesrat, zweimal Bundespräsident und von 1890 bis 1896 Mitglied unseres Rates und hat stets und überall das leuchtende Beispiel eines ganz der Arbeit und dem Vaterlande gewidmeten würdevollen Lebens geboten.

Welches auch die Verdienste sein mögen, die er sich in allen diesen, dank seinen Fähigkeiten und seinen sonstigen persönlichen Eigenschaften, errungenen Stellungen erworben hat, so wird er doch hauptsächlich als Vorsteher des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes in der Erinnerung seiner dankbaren Mitbürger fortleben.

Als solcher hat er die Reorganisation der eidgenössischen Finanzen und die Organisation des Alkoholmonopols mit Erfolg durchgeführt.

990 Meine Herren, lassen Sie uns dem Andenken dieses Mannes, dessen Name in der Geschichte unseres kleinen Landes als derjenige eines seiner treuesten Söhne genannt werden wird, eine letzte Huldigung zollen und der Familie unser Beileid bezeugen, indem wir uns von unseren Sitzen erheben.

Im Ständerat gedachte Herr Präsident Wirz des Dahingeschiedenen mit folgenden Worten : Meine Herren Ständerfite !

Nachdem der Sprechende schon bei Beginn der deriiuiligeu Session der eidgenössischen Räte eine lange Totenklage anzustimmen hatte über den seit unserer Dazembertagung erfolgten Hinschied von nicht weniger als vier Kollegen aus der Bundesversammlung, hat er heute wieder die schmerzliche Pflicht, eines auf der Totenbahre liegenden Mannes zu gedenken, der während beinahe einein halben Jahrhundert im öffentlichen Leben tätig war und der Jahrzehnte hindurch in hervorragender Stellung und in edler Hingebung dem Vaterlande die wertvollsten Dienste leistete.

Alt Buiidesrat Oberst B e r n h a r d H a m in e r ist Samstag den 6. April in Solothurn seinen schweren Leiden erlegen. Der Tod hat ihn nicht mitten aus einer weitverzweigten öffentlichen Tätigkeit herausgerissen. Er stand im 86. Jahre seines Alters, und es war ihm das seltene Glück beschieden, umgeben von der allseitigen Hochachtung seiner Mitbürger während einem Dezennium ein otium cum dignitate zu geniesaeri und eines ruhigen, infolge iingeschwächter Geistesfrische sonneiibestrahlten Lebensabendes sich zu freuen. War er dadurch auch der jetzt lebenden Generation einigermassen entrückt, so gedenkt doch das Vaterland dankbar der Verdienste, die der heimgegangeue Staatsmann in verschiedenen Stellungen und in reichstem Masse sich gesammelt hat.

Im bürgerlichen Leben hat Hammer schon in jungen Jahren in seiner solothurnischen Heimat eine Reihe von Beamtungen bekleidet. Seine militärische Laufbahn führte ihn relativ rasch zum Grade des Obersten und in die Stellung eines Oberinstruktors der Artillerie, wo er sich trefflich bewährte. Schien er auch vermöge seines uoncilianten Wesens weit mehr ein Marin des Friedens als des Krieges zu sein, so hat er doch seine mili-

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Noch glänzender als seine militärische, war seine diplomatische Laufbahn. Er vertrat die Schweiz in den Jahren 1867 bis 1876 als Gesandter und bevollmächtigter Minister und war in dieser Eigenschaft beim norddeutschen Bund und bei Preussen einerseits und bei den süddeutschen Staaten Baden, Württemberg, Bayern und Hessen anderseits und dann nach Gründung des deutschen Reiches hei diesem und bei Bayern akkreditiert. Hammer hat auf diesem verantwortungsvollen Posten unser Vaterland mit Würde vertreten und dessen Ansehen und Interessen in einer Weise gewahrt, welche ihm die hohe Anerkennung nicht nur der Behörde, welche ihm das Mandat übertragen hatte, sondern des ganzen Schweizervolkes erwarb. Dass es sich dabei um eine für unser Vaterland ausserordentlich bedeutungsvolle Aufgabe handelte, das steht gewiss ausser Zweifel für einen jeden, der sich an die weltgeschichtlichen Ereignisse und an die epochemachenden Umgestaltungen erinnert, deren Schauplatz Deutschland gerade in der Zeit gewesen ist, da Oberst Hammer seinen Gesandtschaftsposten dort eingenommen hat. Welch ungeteilte Verehrung und Sympathie brachten ihm die in Deutschland angesiedelten Schweizer entgegen !

Im Dezember 1875 berief das Vertrauen der eidgenössischen Räte den Minister Hammer in die Bundesexekutive, der er während 15 Jahren angehörte. Mit Ausnahme eines einzigen Jahres stand er ununterbrochen dem Finanz- und Zolldepartement vor. Die markantesten Tatsachen seiner departementalen Amtswaltung' bilden die Reorganisation des Finanz- und Zolldepartementes und die Einführung des Alkoholmoriopols. Zweimal -- in den Jahren 1879 und 1889 -- übertrug die Bundesversammlung dem hingeschiedenen Magistraten die höchste Würde, welche die Eidgenossenschaft zu vergeben hat. Bundespräsident Hammer hat das Zutrauen, das man in ihn setzte, in vollstem Umfange gerechtfertigt. Nach seinem Rücktritt aus dem Bundesrate sass er noch während zwei Legislaturperioden im Nationalrate.

Ein Mann von hingebungsvollstem Patriotismus, von einer allseitig anerkannten Staatsmann i sehen Begabung, von einem feinen diplomatischen Taktgefühl und einem wahrhaft vornehmen Charakter steigt mit alt Bundespräsident Hammer ins Grab. Mehr als durch bahnbrechende Ideen zeichnete er sich durch sein Verwaltungstalent
aus, das von einer mustergültigen Gewissenhaftigkeit getragen war. Er war ein Politiker von massvoller.Gesinnung. Alle Schroffheit war ihm antipathisch. Die Verhältnisse, wie sie sich

992 darboten, klug abwägend, die Gegensätze ausgleichend und versöhnend, alle Eidgenossen zu gemeinsamer Arbeit am Vaterlando zusammenführend und den Innern Frieden des Landes höher stellend als einen momentanen parteipolitischen Erfolg -- HO erscheint uns das Charakterbild des verewigten Staatsmannes.

Sein Name lebt fort im Land und Volk der Eidgenossen in Ehren und im Segen. Meine Herren Ständeräte ! Ich lade Sie ein, dieses Andenken dadurch zu ehren, dass Sie sich von Ihren Sitzen erheben.

Die zweite Abteilung der ordentlichen Wintersession ist am 13. April geschlossen worden. Die Übersicht der \ r erhandlungen wird in einigen Tagen dem Bundesblatte beigelegt werden.

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