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Schweizerisches Bundesblatt.

59. Jahrgang. V.

Nr. 47.

# S T #

6. November 1907.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Voranschlag der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908.

(Vom 1. November 1907.)

Tit.

Der Verwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen hat uns unterm 30. September dieses Jahres seinen Bericht und Antrag betreffend das Budget für das Jahr 1908 unterbreitet. Das Budget umfasst: 1. das Betriebsbudget mit 17 Beilagen, enthaltend die Voranschläge der Hülfs- und Nebengeschäfte; 2. das Budget der Gewinn- und Verlustrechnung ; 3. das Baubudget; 4. das Budget der Kapitalrechnung.

Zu diesen Vorlagen bemerken wir folgendes:

1. Betriebsbudget.

Die gesamten B e t r i e b s e i n n a h m e n werden zu Fr. 143,743,015 veranschlagt. Es bedeutet dies gegenüber der Rechnung für 1906 und dem Voranschlag für 1907 eine Steigerung von rund 11 Millionen Franken. Die gesamten B e t r i e b s Bundesblatt. 69. Jahrg. Bd. V.

30

418

a u s g a b e n , einschliesslich der vom Erneuerungsfonds zu vergütenden Posten, sollen Fr. 98,050,705 betragen.

Es ergeben diese Zahlen einen mutmasslichen B e t r i e b s k o e f f i z i e n t e n von 68,21% 5 während derselbe nach der Rechnung von 1906 ohne Einbezug der Teuerungszulagen von zirka Fr. 2,280,000 an das Personal 65,so% uncl nacn Budget 1907 67,62 % betrug. Es zeigt sich also eine stetige Verschiebung des Verhältnisses zwischen Betriebsausgaben und Einnahmen im Sinne eines raschern Anwachsens der erstem gegenüber den letztern, Die Betriebsausgaben stellen sich mit Fr. 98,050,705 um Fr. 10,642,799 höher als die Rechnung 1906 auswies und um Fr. 8,411,165 höher als der Voranschlag von 1907 ergab. Davon fallen Fr. 50,197,005 (Fr. 5,669,927 mehr als Rechnung 1906 und Fr. 3,074,745 mehr als Budget 1907) auf Personalauslagen und Fr. 20,726,200 (Fr. 1,380,841 mehr als Rechnung 1906 und Fr. 1,577,500 mehr als Budget 1907) auf die sachlichen Kosten des Unterhalts und der Erneuerung der Bahnanlagen und des Rollmaterials.

Die Erneuerung des O b e r b a u e s soll sich im Jahre 1908 auf 127 km. Geleise und 271 Weichen (Budget 1907 145 km.

Geleise und 226 Weichen) erstrecken.

Die F a h r l e i s t u n g e n weisen eine weitere Steigerung auf.

Es sind 38,600,000 Lokomotivkilometer vorgesehen, das beisst 3,815,702 km. oder 10,97% mehr als die Rechnung 1906 und 2,600,000 km. oder 7,2a % mehr als der Voranschlag von 1907 enthielt.

An altem R o l l m a t e r i a l werden ausrangiert : Lokomotiven Personenwagen

Nach Rechnung 1906 . . .

,, Budget 1907 . . . .

,, Budget 1908 . . . .

19 16 18

53 50 67

Guterwagen

118 97 81

Der herrschende Mangel an Güterwagen ist offenbar einem etwas rascheren Vorgehen in der Ausserdienstsetzung des alten Materials hinderlich.

2. Gewinn- und Verlustrechnung.

Dieselbe schliesst mit einem Defizit von Fr. 73,790 ab, wobei die Gewährung einer Teuerungszulage nicht vorgesehen ist. Beim

419 Einbezug einer solchen würde das Defizit auf ungefähr Fr. 2,500,000 anwachsen. Bei der starken Entwicklung des Verkehrs darf man jedoch hoffen, dass eine Störung des Gleichgewichts der Rechnung nicht eintreten werde.

3. Baubudget.

Bei den Verhandlungen über das Budget der S. B. B. pro 1907 sprach die nationalrätliche Kommission den Wunsch aus, dass geprüft werde : 1. ob nicht eine schärfere Ausscheidung zwischen den eigentlichen Budgetposten und dem Bauprogramm im Baubudget zum Ausdruck gelangen sollte; und 2. ob sich nicht der Versuch einer Ausscheidung der Kompetenzen der Bundesversammlung und der Bahnverwaltung auf dem Wege eines 'vom Eisenbahndepartement, resp. Bundesrat, zu entwerfenden Regulativs empfehle.

Zu l bemerken wir, dass nach den Erklärungen des Verwaltungsrates auf Seite 49 des Berichtes keinem der Budgetansätze bloss programmatischer Charakter zukommt. Die Aufnahme ins Budget erfolge vielmehr immer in der bestimmten Absicht, die Arbeiten im Budgetjahre in Angriff zu nehmen oder fortzusetzen.

Während seit 1905 eine Gruppierung der Budgetposten in der Weise stattfand, dass die Bauten kreisweise in ,,Bauten in Ausführung" und .,,Noch nicht begonnene Bauten" ausgeschieden wurden, ist im Budget pro 1908 die Neuerung eingetreten, dass in die erste Abteilung ,,Die Bauten in Ausführung, sowie Überträge noch nicht begonnener Bauten aus dem letztjährigen Budget" und in die zweite Abteilung ,,Neue Bauten" eingestellt wurden.

Unseres Erachtens könnte eine Verbesserung in der Gruppierung der Budgetposten dadurch erzielt werden, dass dieselben ausgeschieden würden in a. Bauten in Ausführung, b. Bauprojekte aus frühern Jahren und c. Neue Bauprojekte.

Zur Vereinfachung des Budgets dürfte es sich eventuell empfehlen, einmal bewilligte, aber im Budgetjahr unbenutzt gebliebene Kredite nicht fallen zu lassen, sondern für den Bedarfsfall aufrecht zu erhalten und neben der Kolonne der Jahresbeträge vorzumerken. Bei einem solchen Verfahren hätte man z. B. den für den Bahnhof Thun (Posten Nr. 124) gutgeheissenen ersten

420

Kredit von Fr. 900,000 aus dem Budget 1903 in den folgenden Budgets einfach vorgetragen, und die alljährlichen neuen Begehren hätten unterbleiben können. Über eine eventuelle Abänderung des künftigen Budgets in dem angedeuteten Sinne wird sich das Eisenbahndepartement mit der Generaldirektion ins Einvernehmen setzen.

Über die unter 2 aufgeworfene Frage hat sich die Generaldirektion mit Schreiben vom 20. September 1907 geäussert. Wir gehen mit ihr darin einig, dass die Ausarbeitung eines besondern Regulativs über die Ausscheidung der Kompetenzen der Bundesversammlung einerseits und der Bundesbahnverwaltung anderseits nicht erforderlich ist, weil die beiderseitigen Kompetenzen durch die bestehende Gesetzgebung (Rückkaufsgesetz vom 15. Oktober 1897, Art. 11 und 17, Ziffer 10, und Eisenbahugesetz vom 23. Dezember 1872, Art. 14) klar ausgeschieden sind. Im einzelnen erlauben wir uns, auf das erwähnte Schreiben der Generaldirektion vom 20. September 1907 zu verweisen, das wir dem Dossier beigefügt haben.

Aus dem Baubudget pro 1908 ergibt sich, dass eine ganz bedeutende Entwicklung der Bautätigkeit auf dem ganzen Netz der Bundesbahnen zu erwarten ist.

Wir geben im nachstehenden einige vergleichende Hauptzahlen : Kapitel

Rechnung 1906

Fr.

Budget 1907

Fr.

Budget 1908

Fr.

I. Bahnanlage und feste Einrichtungen . . 20,672,296.52 29,220,100 33,831,200 H. Rollmaterial . . . 12,726,894.02 16,082,200 18.757,000 III. Mobiliar und Gerätschaften . . . .

943,277.52 969,000 1,376,000 IV. Verwendungen auf Nebengeschäfte (Bodenseedampfschiffahrt) 118,210.38 2,750 3,000 Total

34,460,678.45 46,274,050 53,967,200

Auf dem Kapitel B a h n a n l a g e und f e s t e E i n r i c h t u n g e n sind gegenüber dem Vorjahre Mehrausgaben im Betrage von Fr. 4,611,100 vorgesehen. Diese Vermehrung beschlägt alle 4 Kreise, sowie den Simplon, und zwar am fühlbarsten die Kreise l und III.

421

An g r o s s e r n A r b e i t e n , die im J a h r e 1908 in der H a u p t s a c h e z u r V o l l e n d u n g k o m m e n s o l l e n , sind zu erwähnen (wobei zu bemerken ist, dass die Vollendung der mit einem Stern versehenen schon pro 1907 in Aussicht genommen war) : * Stationserweiterung Gampel.

*Stationserweiterung Visp.

* Provisorische Bahnhoferweiterung Vallorbe.

Stationserweiterung Colombier.

Kreis I Neues Aufnahmsgebäude Chexbres-Puidoux.

Strassenunterführung bei Bümpliz.

*II. Geleise Villeneuve-Aigle.

*II. Geleise Daillens-Bofflens.

*II. Geleise Croy-Vallorbe.

Stationserweiterung Lausen.

Umbau der Gepäckexpedition im Bahnhof Bern.

Erweiterung der Güterdienstanlagen Zwingen.

* Stationserweiterung Laufen.

Kreis li Neues Dienst- und Postgebäude Delsberg.

Umbau Kesselschmiede Werkstätte Biel.

*StationserweiterungO Emmenmatt.

Geleiseerweiterung Rangierbahnhof Ölten.

* Stationserweiterung Oerlikon.

* Verbindungsgeleise Oerlikon-Seebach.

* Stationserweiterung Cham.

Neues Aufnahmsgebäude Mühlehorn.

Kreis III < Verstärkung Glattbrücke bei Zweidien.

Bahnhoferweiterung Brugg.

Station Sulz (früher Haltestelle;.

Elektrische Zentrale Bahnhof Zürich.

j Vergrösserung Versandt- und Zollschuppen St. Gallen, l * Lokomotivremise Sargans.

Geleiseerweiterung Sargans.

Kreis IV *Neue Station Attikon.

*Neue Station Oberaach.

*Neue Wagenwerkstätte Romanshorn.

* Stationserweiterung Arbon.

Von den zum ersten Mal im Baubudget enthalt e n e n B a u t e n sind folgende zu erwähnen, d e r e n G e s a m t k r e d i t F r . 100,000 u n d m e h r b e t r ä g t .

422 Gesamtkredit Budgetansatz pro 1908

Ersatz eines Niveauüberganges Fr.

in Versoix 158,000 Neue Getreidelagerhäuser Renens 223,500 Ersatz Niveauübergang bei Crin (Montreux) 350,000 Kreis I Stationserweiterung Martigny . 900,000 Stationserweiterung Cossonay . 490,000 II. Geleise Martigny-Riddes . . 1,400,000 ,, Neuenburg-St. Biaise 880,000 ,, Vauderens-Siviriez . 715,000 Stationserweiterung Pratteln . . 1,158,000 Geleiseerweiterung Rangierbahnhof Ölten 100,000 Erweiterung Aufnahmsgebäude Luzern, I. Rate 100,000 Kreis II Ersatz Niveauübergänge bei Herzogenbuchsee 270,000 Stationserweiterung Derendingen 172,000 Stationserweiterung Courtelary . 120,000 Ersatz Niveauübergänge Schupfen 273,000 Stationserweiterung Konolfingen. 265,000 Stationserweiterung Schlieren . 1,800,000 Stationserweiterung Wettingen . 480,000 Bahnhoferweiterung Brugg . . 200,000 Vergrösserung A ufnahmsgebäude Aarau 265,000 Stationserweiterung Leuzburg . 350,000 II. Geleise Thalwil-Richterswil, Projektierungsarbeiten u. Landerwerb 100,000 Stationserweiterung Pfäffikon Kreis III (Schwyz) 250,000 Stationserweiterung Dübendorf . 100,000 Stationserweiterung Kemptal. . 190,000 Stationserweiterung Töss . . . 135,000 Station Sulz (früher Haltstelle) . 118,000 Elektr. Zentrale Bahnhof Zürich 250,000 Verstärkung obere Limmatbrücke Wettingen 400,000 Landerwerb Erweiterung Bahnhof Schaffhausen 200,000

Fr.

50,000 30,000 60,000 50,000 100,000 100,000 100,000 200,000 100,000 100,000 100,000 100,000 28,000 80,000 60,000 100,000 200,000 50,000 200,000 150,000 100,000 100,000 50,000 30,000 50,000 50,000 118,000 250,000 200,000 200,000

423

Gesamtkredit

Budgetansatz pro 1908

Fr.

Fr.

Vergrösserung Versandt- u. Zollschuppen St. G a l l e n . . . . 170,000 170,000 Erweiterung Rangiergeleise Winterthur 1,800,000 500,000 Unterführung Zürcherstrasse WinKreis IV { terthur 1,050,000 80,000 Stationserweiterung Gossau .. . 1,800,000 100,000 Vergrösserung Montierungshalle Werkstätte Chur 100,000 100,000 Gemeinschaftsstation Lichtensteig (Anteil S. B. B.)

190,000 20,000 Auch diesmal scheinen uns einige Ansätze für eine Anzahl von Bauten in Anbetracht ihrer Dringlichkeit etwas zu schwach bemessen. Dabei haben wir insbesondere eine Anzahl von Bahnhoferweiterungen, Beseitigungen von Niveauübergängen und II. Geleise im Auge.

Für einige Arbeiten, deren baldige Ausführung besonders wünschbar erscheint, vermissen wir irgendwelche Ansätze.

Mit Rücksicht auf den Charakter des Budgets und die Befugnisse des Bundesrates als Aufsichtsbehörde, wonach derselbe in dringlichen Fällen die Ausführung auch von solchen Bahnanlagen verlangen kann, für welche keine Budgetansätze vorgesehen sind, verzichten wir auf Abänderungsanträge.

Wir fügen noch bei, dass das Eisenbahndepartement bezüglich der Erstellung zweiter Geleise in Vollziehung des Postulats Nr. 674 vom 21. Dezember 1906 mit der Generaldirektion in Unterhandlung steht.

Von ganz b e s o n d e r e r W i c h t i g k e i t ist der Antrag betr. d i e s o f o r t i g e A n h a n d n a h m e d e s A u s b a u e s d e s zweiten Simplontunnels.

Für das Budgetjahr ist ein Posten von Fr. 1,000,000 eingesetzt.

Hinsichtlich der prinzipiellen Frage, ob der zweite Tunnel ausgeführt werden solle, bemerken wir folgendes: Die Baugesellschaft für den Si mplontunnelBrandt,Brandau&Cie.

unterbreitete unterm 18. April 1907 dem Bundesrat das Gesuch, es möchten die von ihr eingegangenen Verpflichtungen aus dem Vertrage für den Bau des Simplontunnels und den zugehörigen Nachträgen als erfüllt betrachtet und alle weitern Anforderungen

424 an die Baugesellschaft, insbesondere die Auflage zur Erstellung des zweiten Tunnels fallen gelassen werden.

Zur Begründung wies die Baugesellschaft darauf hin, dass der Gewinn aus der Erstellung des Tunnels I ein zu kleiner sei, um den noch bestehenden Risiken, nämlich der Garantie für die bisherigen Arbeiten und der Verpflichtung zum Ausbau des , Tunnels II zu begegnen. Die Sicherung des Parallelstollens in dem Umfange, wie sie durch die Experten der S. B. B. festgestellt worden sei, würde den Gewinn mehr als aufzehren. Die Kosten für den Ausbau des Tunnels II könnten die Summe erheblich übersteigen, um welche die Gesellschaft sich bei Abschluss des zweiten Nachtragsvertrages zur Ausführung der Arbeit verpflichtet hatte. Sie berufe sich hierbei auf die beruhigenden Zusicherungen, die ihr dazumal von den bundesrätlichen Delegierten gegeben worden seien. Die leitenden Organe seien erschöpft und könnten die Ausführung des Tunnels II nicht mehr durchführen.

In ihrer Vernehmlassung vom 27. August ds. Js. bemerkt die Generaldirektion der S. B. B., dass der Bund als Rechtsnachfolger der Jura - Simplon - Bahngesellschaft im Vertrage mit der Simplontunnelunternehmung gemäss Rückkaufsgesetz von der ßundesbahnverwaltung vertreten werde, und es falle deshalb in deren Kompetenz zu entscheiden, ob die Enthebung der Unternehmung von ihren Verpflichtungen aus diesem Vertrage stattfinden könne oder nicht.

Im ferneren konstatiert die Generaldirektion, dass die rechtliche Verpflichtung der Unternehmung zur Ausführung des Tunnels II vollständig ausser Frage stehe. Gegenüber dem Hinweis der Unternehmung auf ihr Risiko zitiert die Generaldirektion den Artikel l des Bedingnisbeftes zum Bauvertrage, aus dem deutlich ersichtlich ist, dass die Unternehmung zur Tragung des Risikos verpflichtet ist.

Die Generaldirektion hat über den Zustand des Parallelstollens und über die Frage, ob mit dem Ausbau desselben zum Tunnel II noch zugewartet werden könne, ein Gutachten erstellen lassen von den Herren Pberingenieur Dr. Moser in Zürich, Dr. C. Schmidt, Professor der Geologie an der Universität in Basel und Ingenieur Lusser, Bauunternehmer in Zug.

Die Experten kamen zu dem Schlüsse, dass der Parallelstollen nicht länger sich selbst überlassen werden dürfe, sondern sofort gesichert werden müsse, wenn grössere Schädigungen an demselben und mit der Zeit auch an dem im Betriebe befind-

425 liehen Tunnel I vermieden werden wollten. Es müsse daher entweder der Parallelstolleu auf weite Strecken, wo derselbe unverkleidet geblieben sei, beförderlich ausgemauert oder aber ehestens mit dem Ausbau desselben zum Tunnel U angefangen werden.

Die gehörige Sicherung des Stollens in den Partien, wo sich Ablösungen an den Wänden und der Decke, sowie Sohlenhebungen gezeigt haben, veranschlagen die Experten auf eine Summe von 2J/2 Millionen Franken. Mit Rücksicht auf diese hohe Ausgabe, die für Arbeiten zu machen wäre, welche beim Ausbau des Tunnels grösstenteils (mindestens zu */0 wieder demoliert werden müssten, sowie anderweitige Erwägungen, vor allem die für die Ausbauarbeiten in Aussicht zu nehmende lange Bauzeit empfehlen die Experten den sofortigen Ausbau des Tunnels II.

Die Tunnelunternehmung Brandt, Brandau & Cie. ist gemäss Vertrag vom 15. April 1898 und dem zweiten Nachtrag vom 9. Oktober 1903 verpflichtet, den zweiten Tunnel, ohne Beschotterung und Oberbau, für die Summe von Fr. 19,500,000 in gleicher Weise zu erstellen wie den ersten, wenn ihr innert zwei Jahren nach Vollendung der Arbeiten im ersten Tunnel hierfür Auftrag erteilt wird. Die Abnahme des Tunnels I hat den 22. Februar 1906 stattgefunden, so dass ein solcher Auftrag bis zum 22. Februar 1908 zu erteilen ist. Der vollständige Ausbau des zweiten Tunnels mit Oberbau, Telegraph, Signalen, Kraftbeschaffung und Unvorhergesehenem erfordert einen Kostenaufwand von Fr. 34,600,000.

Gestützt auf das oben erwähnte Gutachten der Experten Dr. Moser, Dr. Schmidt und Ingenieur Lusser hat der Verwaltungsrat der S. B. B. in seiner Sitzung vom 20. Juli dieses Jahres folgenden Beschluss gefasst: 1. Der Verwaltungsrat ermächtigt die Generaldirektion zum Ausbau des zweiten Simplontunnels und bewilligt hierfür, sowje zur Herstellung genügender hydraulischer Kraftanlagen für den elektrischen Betrieb beider Tunnel einen auf die Baujahre zu verteilenden Kredit von Fr. 34,600,000.

2. Die Generaldirektion wird beauftragt, die Baugesellschaft für den Simplontunnel Brandt, Brandau & Cie. zur Ausführung des Tunnels gemäss Nachtragsvertrag vom 9. Oktober 1903 anzuhalten.

426

In ihrer Vernehmlassung vom 27. August 1907 führt die Generaldirektion weiter aus, es könne auf die Mitwirkung der Firma Brandt, Brandau & Cie. beim Ausbau des Tunnels II hauptsächlich darum nicht verzichtet werden, weil sie am besten zur Ausführung dieser Arbeit qualifiziert sei. Beim weitern Ausbau des Tunnels II müsse mit Rücksicht auf den Tunnel I mit aller Sorgfalt vorgegangen werden und diese Sorgfalt werde von der Unternehmung Brandt, Brandau & Cie. am ehesten zu erwarten sein, und es werde ihr auch am ehesten möglich sein, die zweckdienlichen Mittel zur sorgfältigen Durchführung der Arbeit zu finden, da ihr die beim Bau des Tunnels l erworbenen reichen Erfahrungen zu Gebote stehen. Es wäre sehr zu bedauern, wenn diese sehr verdienten Herren sich bei dem zweiten Teile des Werkes nicht mehr so intensiv beteiligen könnten wie beim Bau des Tunnels I. Dem Werke werde es aber förderlicher sein, wenn sie sich überhaupt noch, wenn auch in reduziertem Masse, beteiligen, als wenn dasselbe ganz neuen Unternehmern in die Hände gelegt würde.

Wir halten den Standpunkt des Verwaltungsrates und der Generaldirektion in dieser Frage für richtig und empfehlen Ihnen, den Budgetposten für den Ausbau des zweiten Simplontunnels zu genehmigen. Erfolgt diese Genehmigung, so ist die Generaldirektion in der Lage, die Aufforderung zur Ausführung des Tunnels H an die Simplontunnelunternehmung innert nützlicher Frist ergehen zu lassen.*) *) Unterm 19. Oktober 1907 erneuerte die Gesellschaft Brandt, Brandau & Cie. das Gesuch, es möchten die von ihr eingegangenen Verpflichtungen als erfüllt betrachtet und sie von allem weitern entlastet werden, indem sie zur Begründung ihres Gesuches folgende Drucksache vorlegte : Antworten der Baugesellschaft für den Simplontunnel Brandt, Brandau & Cie.

1. auf das Gutachten der Herren Ingenieur Dr. R. Moser, Professor Schmidt und Ingenieur Lusser, vom 12. Dezember 1906, über den Zustand und den Ausbau des Simplontunnels; 2. auf den Bericht der Generaldirektion und der ständigen Kommission der Bundesbahnen an den Verwaltungsrat derselben betreifend den Ausbau des zweiten Simplontunnels, vom 25. Juni, resp. 2. Juli 1907, sowie ein Gutachten über den Zustand des Stollens II, von Herrn Bergmeister Müller, königl. preussischem Bergrevierbeamten.

Die Baugesellschaft kommt hierbei zu folgenden Schlüssen :

427 Bezüglich der Elektrifikation des Tunnels I erwähnen wir, dass die Firma Brown, Broveri & Cie. die für den elektrischen Betrieb der Strecke Brig-Iselle erforderlichen Installationen, sowie die dazu nötigen 4 elektrischen Lokomotiven auf eigene Rechnung und Gefahr geliefert hat. Die Generaldirektion beabsichtigt nun, diese Anlagen und Maschinen gemäss Vertrag auf 1. Juni 1908 von der genannten Firma zu übernehmen und stellt dafür vorläufig für die festen Einrichtungen Fr. 700,000 und für die 4 elektrischen Lokomotiven Fr. 680,000 ins Budget ein.

An dem 8604 m. langen R i c k e n t u n n e l , dessen Bau ursprünglich keine besondern Schwierigkeiten zu bieten schien und zu dessen Durchschlag nur noch 602 m. fehlen, haben auf beiden Seiten auftretende Gasausströmungen sehr unangenehme Überraschungen gebracht. Glücklicherweise sind diese Gaseinbrüche ohne Katastrophe für die Arbeiter abgelaufen, dagegen muss eine Verzögerung der Bauvollendung um mehr als ein Jahr und -- auch infolge vermehrter und verstärkter Ausmauerung -- eine erhebliche Überschreitung des Kostenvoranschlags befürchtet werden.

Für Anschaffung von R o l l m a t e r i a l sind Fr. 18,757,000, d. h. Fr. 2,674,800 mehr als im Voranschlag von 1907 vor1. Die Notwendigkeit des Ausbaues des zweiten Simplontunnels aus bautechnischen Gründen, wie sie die Experten der Bundesbahnen behaupten, liegt nicht vor.

2. Ebensowenig liegt die Notwendigkeit des Ausbaues aus betriebstechnischen Gründen, wie dies die Generaldirektion der Bundesbahnen behauptet, vor.

3. Mit dem eingeleisigen Simplontunnel wird man den Verkehr vor aussichtlich noch auf mindestens 20 Jahre hinaus bewältigen können.

4. Wenn der Verkehr einst die Zweigeleisigkeit erfordert, so sollen vorerst der viel geringeren Kosten wegen die Zufahrtslinien darauf ausgebaut werden.

5. Der vorzeitige Ausbau des zweiten Simplontunnels würde der Preisibe des für unser Land wertvollen und zugleich humanen Prinzips des weistollen-, resp. Zweitunnelsystems gleichkommen, wozu kein Grund und keine Veranlassung vorliegen.

Diese Akten sind der Generaldirektion zur Vernehmlassung zugestellt worden; wir werden dieselben nach Eingang der Vernehmlassung samt dieser letztern dem Dossier noch beifügen und, soweit erforderlich, einen ergänzenden Bericht nachfolgen lassen.

f

428 gesehen und Fr. 6,030, J 06 mehr als laut Rechnung vom Jahre 1906 ausgegeben, veranschlagt. Der Bedarf wurde auf Grund der bundesrätlichen Verordnung vom 8. Februar 1898 berechnet.

Es sollen demgemäss für die Periode 1908/9 werden : 112 434 70 1600

beschafft

Lokomotiven, wovon 4 elektrische für den Simplon, Personenwagen, Gepäckwagen, Güterwagen.

Der Umstand, dass der Berechnung des Bedarfs an Lokomotiven für die Periode 1907/9 die Bedarfszahlen des Jahres 1905 zu Grunde gelegt worden sind, hat zur Folge, dass der Lokomotivbestand in den Jahren 1908 und 1909 ein äusserst knapper sein wird.

Über diesen Punkt, sowie über einige Detailfragen bezüglich der Anzahl und der verschiedenen Arten der zu bestellenden Personen-, Gepäck- und Güterwagen wird sich das Eisenbahndepartement mit der Generaldirektion der S. B. B. ins Benehmen setzen.

Wir bestätigen hier nur unsere schon in der letztjährigen Budgetbotschaft ausgesprochene Ansicht, dass die Expresszüge ausschliesslich mit 4-achsigen Wagen ausgerüstet werden sollten und dass demgemäss eine Vermehrung dieses Materials anzustreben ist. Wir heben noch hervor, dass der Bau von 4 A 8/» CSchnellzugs-) Lokomotiven als Heissdampflokomotiven in Aussicht genommen ist und dass auf der Brünigbahn die Luftdruckbremse an Stelle der bisherigen Dampfbremse eingeführt wird.

Beim Wagenmaterial dieser Bahn, das bis jetzt mit Petrolbeleuchtung ausgestattet war, soll im Budgetjahre die elektrische Beleuchtung vollständig durchgeführt werden. Die in unserer letztjährigeu Botschaft erwähnten 4 Krankenwagen sind noch nicht angeschafft worden. Der betreffende Budgetposten ist im Budget von 1908 wiederum eingestellt.

4. Budget der Kapitalreclmung.

Dasselbe gibt uns zu keinen Bemerkungen Anlass.

429

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 1.November 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u nd e s p r ä s i d e n t :

Müller.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

Beilage : Bericht und Antrag des Verwaltungsrates vom 30. September 1907.

430

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

den Voranschlag der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Berichtes und Antrages des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen vom 30. September 1907 v 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 1. November 1907, beschliesst: Die nachfolgenden Budgets der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908 werden genehmigt : 1. Das Betriebsbudget der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908, abschliessend mit Fr. 143,743,015 Einnahmen und mit Fr. 98,050,705 Ausgaben.

2. Das Budget der Gewinn- und Verlustrechnung der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908, abschliessend mit Fr. 56,362,710 Einnahmen und mit Fr. 56,436,500 Ausgaben.

3. Das Baubudget der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908 im Betrage von Fr. 49,536,470.

4. Das Budget der Ausgaben der Kapitalrechnung der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908 im Betrage von Fr. 52,448,070.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Voranschlag der schweizerischen Bundesbahnen für das Jahr 1908. (Vom 1. November 1907.)

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