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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristverlängerung für die elektrischen Strassenbahnen in Lugano und Umgebung.

(Vom 20. Juni 1907.)

Tit.

Mittelst Eingaben vom 29. Juni und 12. Juli 1906 unterbreitete die G e s e l l s c h a f t e l e k t r i s c h e r Strassenbalmen in L u g a n o dem Bundesrate das Gesuch um Verlängerung der im Artikel 5 der Konzession vom l. Juli 1905 (E. A. S. XXI, 184) festgesetzten Frist zur Einreichung der vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die neuen Linien Cassarate-Castagnola, Vignola-Gerra, Station der Salvatorebahn--Station der Gotthardbahn, Station der Gotthardbahn--Lugano (Dampfschiffstation) und Molino nuovo--Station der Gotthardbahn, sowie zur Einreichung der revidierten Gesellschaftsstatuten.

Mit Zuschrift vorn 16. Mai 1906 an den Bundesrat erhob die Gesellschaft der Strassenbahn Lugano-Tesserete zum voraus Einsprache gegen ein eventuelles Begehren um Fristverlängerung, soweit hierbei die Linie Lugano (Station der G. B.), LuganoDampfschiffländte in Betracht komme, indem sie folgende Begehren stellte: Wenn die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano bis zum I.Juli 1906 die im Art. 5 der Konzession vom I.Juli 1905 vorgesehenen technischen und finanziellen Vorlagen für die

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fragliche Linie nicht einreiche, so solle der Gesellschaft mit bezug auf diese Linie keine Fristverlängerung gewährt werden.

In diesem Falle ersuche die Gesellschaft Lugano-Tesserete auf das am 24. Oktober 1904 von Herrn Fürsprech Elvezio Battaglini gestellte Gesuch um Ausdehnung der Konzession LuganoTesserete auf die Linie Lugano-Bahnhof--Lugano-Stadt (Dampfschiffländte) zurückzukommen und der Bundesversammlung den Antrag auf Erteilung dieser Konzession an die Gesellschaft der Strassenbahn Lugano-Tesserete, als Rechtsnachfolgerin des Herrn Fürsprech Elvezio Battaglini, zu unterbreiten.

Falls die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano den Bestimmungen von Art 5 des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1905 nachkomme und genügende Sicherheit dafür biete, dass die Strecke Lugano-Station, Gotthardbahn---Lugano-Stadt (beziehungsweise üampfschiffländte) innerhalb der in der Konzession festgesetzten Frist ausgeführt werde, so sollte die Gesellschaft verpflichtet werden, sich mit der Gesellschaft der Strassenbahn Lugano-Tesserete über den Bau zu verständigen, damit die genannte Strecke auch von der letzteren Gesellschaft benützt werden könne. Sollte hierüber keine Verständigung erzielt werden können, so wäre das eidgenössische Eisenbahndepartement zu beauftragen, die nötigen Bestimmungen zu erlassen.

Die Gesellschaft der Strassenbahn Lugano-Tesserete bestätigte sodann ihr Schreiben vom 16. Mai 1906 in einer Eingabe, die sie am 23. Februar 1907 an das Eisenbahndepartement richtete, und in welcher dasselbe ersucht wurde, der Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano eine bestimmte Frist festzusetzen, binnen welcher der Bau der Linie Station Lugano-Dampfschiffstation in Angriff zu nehmen sei. Werde dieser Aufforderung keine Folge geleistet, so möchte das erwähnte Gesuch der Gesellschaft der Strassenbahn Lugano-Tesserete vom 16. Mai 1906 dem Bundesrate unterbreitet werden.

In seiner Sitzung vom 3. Mai 1907 beschloss der Bundesrat, die beiden erwähnten Zuschriften der Gesellschaft Lugano-Tesserete vom 16. April 1906 und 23. Februar 1907 durch die Bundeskanzlei wie folgt beantworten zu lassen : Die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano habe am 24. Januar 1906 dem Bundesrate das allgemeine Bauprojekt der neuen Linie Lugano-Station der Gotthardbahn--Lugano-Dampfschiffländte zur Genehmigung unterbreitet. Dieses Projekt sei bis jetzt noch nicht genehmigt worden, weil die Gotthardbahn

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gegen die Art der Einmündung der Linie auf dem Vorplatz der Station Lugano Einsprache erhoben habe. Die Gesellschaft der elektrischen Strassenbahnen in Lugano babe in einem an das Eisenbahndepartement gerichteten Schreiben vom 2. Februar 1907 erklärt, sie werde mit dem Bau der in. Frage stehenden Linie sofort nach erfolgter Erledigung sämtlicher Formalitäten beginnen.

Die Verzögerung des Baues der fraglichen Linie könne nicht der Gesellschaft der elektrischen Strassenbahnen Lugano zur Last gelegt werdeo. Die Gesellschaft Lugano-Tesserete werde um Mitteilung ersucht, ob sie unter diesen Umständen ihre Einsprache gegen das Fristen verlängerungsgesuch der Gesellschaft für elektrische Strassenbahnen in Lugano, soweit es sich auf die Strecke Lugano-Station der Gotthardbahn--DampfschiiFländte beziehe, zurückziehe, oder ob sie das in ihrem Gesuche vom 23. Februar 1907 enthaltene Begehren, es sei eine bestimmte Frist festzusetzen, binnen welcher die Gesellschaft der elektrischen Strassenbahnen in Lugano mit den Bauarbeiten zu beginnen habe, bestätige. In letzterem Falle habe ihr Begehren die Bedeutung eines Gesuches um Änderung des Artikels 5, Absatz 2, der Konzession vom Ì. Juli 1905, im Sinne einer Herabsetzung der darin vorgesehenen Frist von 6 Monaten. Der Bundesrat habe aber n i c h t die K o m p e t e n z , diese durch die Bundesversammlung festgesetzte Frist abzuändern.

Da die Gesellschaft der Strassenbahn Lugano-Tesserete hierauf erklärte, ihre Zuschrift vom IG. Mai 1906 aufrecht halten zu müssen, so legen wir Ihnen diese Angelegenheit, deren Erledigung nicht in unserer Kompetenz liegt, zum Entscheide vor.

Was nun zunächst das Gesuch anbelangt, es möchte die Konzession der elektrischen Strassenbahn Lugano-Tesserete auf die Strecke Lugano-Station--Lugano-Stadt (Dampfschiffländte) ausgedehnt werden, da die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano für diese Linie die vorschriftsmässigen Vorlagen nicht bis zum 1. Juli 1906 eingereicht habe, so erlauben wir uns, darauf hinzuweisen, dass Dispositif II des ßundesbeschlusscs vom 1. Juli 1905 betreffend Konzession elektrischer Strassenbahnen in Lugano und Umgebung (E. A. S. XXI, 184) bestimmt, es sei auf das Konzessionsgesuch der Herren Veladini und Bellani betreffend eine elektrische Strassenbahn von der Dampfschiffländte in Lugano zum Bahnhof
der Gotthardbahn und auf das Gesuch des Herrn Elvezio Battaglini um Ausdehnung der Konzession einer Strassenbahn von Lugano (Gotthardbahnhof) nach Tesserete vom 15. Oktober 1897 auf die Strecke Lugano-Bahnhof--Dampf-

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schiffländte n i c h t einzutreten. Es wäre eventuell Veranlassung, auf diese Schlussnahme zurückzukommen, wenn die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen die Absicht aufgegeben hätte, die Linie Lugano-Bahnhof--Dampfschiffländte zu erstellen. Aus dem bisherigen Verhalten der Gesellschaft kann dies jedoch nicht gefolgert werden. Wir weisen darauf hin, dass diese Gesellschaft den Bestimmungen der ihr mit Bundesbeschluss vom 1. Juli 1905 erteilten Konzession znm Teil schon nachgekommen ist, indem sie die Linie Molino nuovo-Vignola erstellte, die am 1. November 1905 dem Betriebe übergeben werden konnte. Zudem hat sie schon am 24, J a n u a r 1 9 0 6 , mithin noch in nützlicher Frist, dem Bundesrate die detaillierten Pläne der Linie Lugano-Station-- Dampfschiffländte, gegen welche die Einsprache sich richtet, zur Genehmigung unterbreitet. Auch der Finanzausweis für diese Linie ist am 9. Oktober 1906 eingereicht worden und es sind «omit nur noch die revidierten Gesellschaftsstatuten ausstehend.

Hinsichtlich des im Schreiben der Gesellschaft Lugano-Tesserete vorn 23. Februar 1907 gestellten Begehrens, der Bundesrat möchte der Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano eine p e r e m p t o r i s c h e Frist zum Beginn der Bauarbeiten setzen, ist zu bemerken, dass die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano bis jetzt mit den Bauarbeiten nicht beginnen durfte, weil die Genehmigung des dem Bnndesrate unterbreiteten allgemeinen Bauprojektes, infolge der Einsprache der Gotthardbahn gegen die Einführung dieser Linie in den Vorplatz des Bahnhofes Lugano, noch nicht erfolgen konnte. Alle Schritte, die bis anhin bei der Gotthardbahn von der genannten Gesellschaft und vom Eisenbahndepartement unternommen wurden, um zu einer Einigung über diesen Punkt zu gelangen, sind erfolglos geblieben.

Am 3. Juni 1907 ersuchte das Eisenbahndepartement die {rotthardbahn neuerdings um Bericht über den Stand der Angelegenheit und um möglichst beförderliche Einsendung des Projektes betreffend die Einführung der Strassenbahn in den Vorplatz des Bahnhofes Lugano, unter Ansetzung einer Frist von e i n e m Monate.

Damit besteht nun Aussicht, dass die Genehmigung des allgemeinen Bauprojektes Lugano-Station--Dampfschiffländte in Bälde erfolgen kann, wodurch dann die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano
in die Lage versetzt wird, mit den Bauarbeiten beginnen zu können. Zum sofortigen Baubeginn nach der Plangenehmigung kann zwar die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano nicht verhalten werden, da Art. 5, Absatz 2,

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der Konzession vom 1. Juli 1905 bestimmt-, dass i n n e r t 6 M o n a t e n nach der Plangenehmigung der Anfang mit den.

Erdarbeiten für die Erstellung der neuen Linien zu machen ist.

Es könnte sich fragen, ob diese Frist, soweit es sich um die Linie Lugano-Bahnhof--üampfschiffländte handelt, nicht verkürzt werden sollte. Wir sehen ab, Ihnen einen darauf hinzielenden Antrag zu stellen, weil die Frist von 6 Monaten sich in allen neuern Konzessionen vorfindet, und ein zwingender Grund, nicht besteht, im vorliegenden Fall eine Ausnahme zu machen, und weil im übrigen die Gesellschaft selbst erklärt hat, sie werde nach der Plangenehmigung mit dem Bau beginnen. Aus dieser Erklärung ergibt sich für die Gesellschaft zum mindesten eine moralische Verpflichtung, den Baubeginn möglichst zu beschleunigen.

Was endlich das Begehren anbelangt, es sei die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen zu verpflichten, sich mit der Gesellschaft Lugano-Tesserete über den Bau der Linie Lugano-Bahnhof-- Dampfschiffländte zu verständigen, damit die genannte Linie auch von der Strassenbahn Lugano-Tesserete benutzt werden könne, so ist diesem Gesuch im Prinzip bereits entsprochen durch Art. 32 der Konzession vom 1. Juli 1905 (E. A. S. XXI, 184), wonach der Bundesrat verlangen kann, dass die Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano auch anderen Strassenbahnen die Mitbenützung ihrer Linien einräume; die Entschädigung hierfür ist im Streitfalle vom Bundesgericht festzusetzen. Das Eisenbahndepartement wird die nötigen Anordnungen treffen, damit dieLinie Lugano-Station--Dampfschiffländte so erstellt wird, dass sie von der Lugano-Tesserete-Bahn mitbenutzt werden kann.

In seinen Vernehmlassungen vom 14. Juli und 17. November 1906 empfahl der Staatsrat des Kantons Tessin, dem Fristverlängerungsgesuch zu entsprechen.

Unter Bezugnahme auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen das Fristverlängerungsgesuch zur Berücksichtigung und beantragen, die im Art. 5 der Konzession vom 1. Juli 1905 festgesetzte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen für s ä m t l i c h e in diesem Artikel angeführten Linien, sowie zur Einreichung der revidierten Statuten entsprechend zu verlängern, und zwar scheint uns in Würdigung aller Verhältnisse angemessen, eine neue Frist bis zum 31. Dezember 1907 zu gewähren.

451 Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf zur Annahme, und benützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 20. Juni 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: îlingier.

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(Entwurf.)

JBuiìdesìbeschluss betreffend

Fristverlängerung für die elektrischen Strassenbahnen in Lugano und Umgebung.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. dreier Eingaben der Gesellschaft elektrischer Strassenbahnen in Lugano, vom 29. Juni, 12. Juli 1906 und 2. Februar 1907; 2. dreier Eingaben der elektrischen Strassenbahn LuganoTesserete vom 16. Mai 1906, 23. Februar und 19. Mai 1907 ; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 20. Juni 1907, bescliliesst: I. Die in Art. J5 der Konzession einer elektrischen Stassenbahn in Lugano und Umgebung, vom 1. Juli 1905 (E. A. S., XXI, 184) angesetzte Frist zur Einreichung der vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die neuen Linien Cassarate-Castagnola, Vignola-Gerra, Station der Salvatorebahn-- Station der Gotthardbahn-Lugano (Dampfschiffstation) und Molino nuovo--Station der Gotthardbahn, nebst den revidierten Statuten der Gesellschaft, wird bis zum 31. Dezember 1907 verlängert.

II. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1907 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Fristverlängerung für die elektrischen Strassenbahnen in Lugano und Umgebung. (Vom 20. Juni 1907.)

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26.06.1907

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