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Schweizerisches Bundesblatt

59, Jahrgang. VI.

Nr. 53.

18. Dezember 1907.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & Cie, in Bern.

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d e s

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Herzogenbuchsee über Wangen nach Wiedlisbach.

(Vom

7. Dezember 1907).

Tit.

Ein Initiativkomitee, bestehend aus den Herren P. K a ss er, Gerichtspräsident, Aarwangen, G. S o l l b e r g e r , Amtsschreiber, Wangen, Notar A n d e r egg, Gemeinderatspräsident, Wangen, G. K u p f e r , Grossrat, Herzogenbuchsee, Dr. H. D ü r r e n m a t t , Fürsprecher, Herzogenbuchsee, Ed. L an z, Gemeinderatspräsident, Wiedlisbach, und A. R o t h , Fabrikant, Wiedlisbach, hat unterm 23. Januar 1906 ein Konzessionsgesuch für eine elektrische Strassenbahn H e r z o g e n b u c h s e e - W a n g e n - W i e d l i s b a c h «ingereicht.

Der allgemeine Bericht geht davon aus, die beiden Eisenbahnlinien, welche den Verkehr zwischen Osten und Westen verbinden, nämlich die Linien Olten-Herzogenbuchsee-Bern und Olten-Wangen-Biel, hätten den Verkehr in den von ihnen durchzogenen Gegenden auf eine bei ihrer Erstellung ungeahnte Höhe gebracht. Mit der Zeit seien diese Hauptverkehrsadern durch mehrfache Querverbindungen der gesamten Bevölkerung zwischen Ölten und Lausanne besser zugänglich gemacht worden. Es seien als solche erwähnt die Lokalbahnen Freiburg-Payerne-Yverdon, Freiburg-Murten-Ins, Bern-Neuenburg, Bern-Biel, Emmentalbahn, Herzogenbuchsee-Solothurn.

Bundesblatt.

59. Jahrg. Bd. VI.

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294 In jüngster Zeit sei nun noch die schmalspurige Verbindung Langental-Aarwangen-Önsingen dazu gekommen. Es fehle daher nur noch das Stück Herzogenbuchsee-Wangen-Wiedlisbach.

Das Amt Wangen, ein in gerader Linie 22 Kilometer langer und 9 Kilometer breiter Gebietsteil des Kantons Bern, erstrecke sich von den Höhen des Juragebirgskammes über das Aare- und Önztal hin bis auf die Lindenbergkette der Emmentaler Vorberge und habe bedeutende Höhendifferenzen.

Eine intensiv betriebene Landwirtschaft und Viehzucht nebst einer rasch aufblühenden Industrie und lukrativem Gewerbe haben dem Landesteil neues Leben, Entwicklung und Aufschwung gebracht, besonders dem wohlhabenden Bezirkshauptort Wangen a/A.

und dem Dorfe Herzogenbuchsee, das dank seiner zentralen Lage von jeher ein nicht unwichtiges Geschäftszentrum für den engern Oberaargau bildete, nebst den grössern Ortschaften Niederbipp, Oberbipp, Wiedlisbach, Attiswil, Thörigen, Ochlenberg, Seeberg und einer Mehrzahl solcher von unter 500 Einwohnern, wie Wangenried, Inkwil, Röthenbach, Wanzwil, Heimenhausen, Oberund Niederönz u. a., und es habe sich die Bevölkerung des Amtes auf rund 20,000 Seelen vermehrt.

Die Bezirksverwaltung befinde sich in Wangen a/A., der nördlichen Hälfte des Amtes, und dieser Bezirkshauptort sei für den ganzen grössern südlichen Amtsteil nur über einen längs der Aare sich hinziehenden Bergrücken mit schlechten, sehr mangelhaften Verkehrswegen mühsam und nur mit Aufwand von 1 --3 bezw. 2 -- 6 Stunden Wegzeit und entsprechenden Kosten zu erreichen. Dieser Bergrücken scheide eigentlich die beiden Orte Wangen a/A. und Herzogenbuchsee mit den beiderseitigen stark bevölkerten Hinterlandschaften von einander, biete der Staats- und Poststrasse eine Höhenüberwindung von 75 Meter auf kurze Entfernung entgegen, infolgedessen die täglich 4mal verkehrende Post für diese 7,s Kilometer messende Route von Wangen a/A. bis Herzogenbuchsee '65 Minuten Fahrzeit brauche.

Die Bevölkerung des ganzen Wangen-Amtes verlange energisch nach Verbesserung der Verkehrsgelegenheiten zwischen den Ortschaften unter sich und mit dem Amtssitz in allererster Linie.

Es sei dabei auch darauf hinzuweisen, dass das Bipperamt, d. h.

die industriereichen und gewerblich bedeutenden Ortschaften der Kirchgemeinden Wangen, Oberbipp und Niederbipp mit einer Seelenzahl von rund 9000 Einwohnern bislang vom übrigen Kantonsgebiet sozusagen abgeschnitten wären und insbesondere

295 der Verkehr mit der Kantonshauptstadt zurzeit äusserst mühsam, zeitraubend und kostspielig sei. Mit der Eröffnung der Gäubahn sei denn auch der Verkehr notwendigerweise der Richtung dieser Linie gefolgt, so dass jener nicht zu unterschätzende bernische Gebietsteil vom übrigen Kantonsgebiet in gewisser Hinsicht isoliert wurde. Die Herstellung einer rationellen Verbindungslinie mit der Hauptlinie Olten-Herzogenbuchsee-Bern werde den längst als Bedürfnis empfundenen besseren Anschluss an den übrigen Kantonsteil, speziell an den engern Oberaargau, das Emmental und die Hauptstadt Bern bringen. Eine solche den Bndürfnissen entsprechende Verbindung lasse sich nun ohne allzu grosse Kosten erstellen, nämlich eine elektrische Strassenbahn HerzogenbuchseeWangen-Wiedlisbach. Die Kraft werde zu günstigen Bedingungen von einem der Elektrizitätswerke "Wangen oder Wynau erhältlich sein. Der Abgabepreis an die Langenthal-Jurabahn sei sehr niedrig und da die zu konzessionierende Linie ähnliche Verhältnisse aufweise wie jene, so werde auch der von den Elektrizitätswerken zu fordernde Preis sich im gleichen Rahmen halten wie dort. Beide Linien werden, weit entfernt, einander zu konkurrenzieren, sich gegenseitig ergänzen und den Verkehr zum Wohle beider Strecken und zum Gedeihen der ganzen Landschaft fördern.

Dem technischen Bericht entnehmen wir folgende Hauptangaben : Länge der Bahn: 10 km.

Spurweite : l m.

Maximalsteigung : 50 °/oo.

Höhenquoten: Herzogenbuchsee 467,7 m. Kulminationspunkt 496 rn. Wangen 420, Wiedlisbach 465 m.

Minimalradius: 50 m.

Zwischenstationen und Haltestellen: 7.

Betriebssystem: Elektrizität (Gleichstrom von 550 bis 600 Volt).

Der Kostenvoranschlag sieht vor : 1. Organisation und Verwaltungskosten . . . Fr. 20,000 2. Expropriation ., 20,000 3. Unterbau '.n 100,000 4. Oberbau '.n 248,000 5. Hochbau ,, 44,000 6. Telegraph, Signale, Verschiedenes . . . . ,, 8,000 Übertrag

Fr. 440,000

296 Übertrag

Fr. 440,000 , 155,000 105 000 ,, 10,000 40,000

Total

Fr. 750,000

7. Elektrische Einrichtungen .

8. Rollmaterial 9. Mobiliar und Gerätschaften 1 0 . Unvorhergesehenes . . . .

Nach der Betriebsrechnung nahmen auf veranschlagt; die Ausgaben auf

werden die jährlichen EinFr. 66,500 ,, 45,000

Einnahmen-Überschuss Fr. 21,500 die zur Speisung des Erneuerungsfonds und zur Verzinsung eines Obligationenkapitals von Fr. 250,000 hinreichen dürften.

In seiner Vernehmlassung vorn 2. März 1907 spricht sieh der Regierungsrat des Kantons Bern zu gunsten des Konzessionsbegehrens aus, und teilt mit. dass er die Bewilligung zur Strassenbenützung durch Erlass vom 2. März 1907 erteilt hat. Er erwähnt auch gleichzeitig, dass ein früheres Koiikurrenzprojekt der Einwohnergemeinde Wangen für eine Normalspurbahn als gegenstandslos zu betrachten sei, indem diese Gemeinde seither dem Schmalspurbahnprojekt ihre Zustimmung gegeben habe.

Die konferenziellen Verhandlungen vom 12. Oktober 1907 führten zu einer vollständigen Einigung und zur Annahme des nachstehenden Konzessionsentwurfes.

Wir empfehlen denselben Ihrer Genehmigung und benutzen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 7. Dezember 1907. · Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bittgier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Herzogenbuchsee über Wangen nach Wiedlisbach.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe eines Initiativkomitees für eine elektrische Strassenbahn von Herzogenbuchsee über Wangen nach Wiedlisbach, vom 23. Januar 1906; 2. einer Botschaft des Bundesrates, vom 7. Dezember 1907, b e s c h l i e s s t: Einem Initiativkomitee, vertreten durch die Herren P. Kasser, Gerichtspräsident, in Aarwangen; G. Sollberger, Amtsschreiber; Notar Anderegg, Gemeinderatspräsident, in Wangen; G. Kupfer, Grossrat; Dr. H. Dürrenmatt, Fürsprecher, in Herzogenbuchsee; Ed. Lanz, Gemeindspräsident; A. Roth, Fabrikant, in Wiedlisbach; wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer e l e k t r i s c h e n S t r a s s e n b a h n von H e r z o g e n b u c h s e e über W a n g e n nach W i e d l i s b a c h unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

298 Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Wangen.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Art. 6. Binnen 12 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu ^erlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften der vom Regierungsrat des Kantons Bern unterm 2. März 1907 erteilten ,,Bewilligung betreffend die Benützung der Staatsstrasse für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn Herzogen-

299 buchsee-Wangen-Wìecllisbachu, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteineluûgen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von alleo Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, das« Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass, Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft ist zum Transport von Personen, Gepäck und Stückgütern verpflichtet. Über die Einführung eines Güterverkehrs in Wagenladungen, sowie der Beförderung lebender Tiere entscheidet der Bundesrat.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens 4mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

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Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung: Wagen mit einer Klasse aufstellen, deren Typus der Genehmigung des Bundesrates unterliegt.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich,, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 16. Für die Beförderung von Personen kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge erhoben werden.

Für'Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens20 % niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat ist berechtigt, diese Altersgrenze von zehn Jahren zu erweitern.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 17. Für die Beförderung von Armen, welche sich alssolche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren. Der Bnndesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reise» gepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 19. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen ,yom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und

301 Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 5 Rappen und deren niedrigste nicht über 2^2 Rappen per 100 kg. und per Kilometer betragen soll.

Bei Beförderung von Waren in Eilfracbt kann die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Im Falle der Einführung des Wagenladungsverkehrs setzt der Bundesrat die Bedingungen und Taxen fest.

Art. 20. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 höchstens 2^2 Rappen per Kilometer zu erheben.

Art. 21. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkzeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren io gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 22. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 23. Im Falle der Einführung der Beförderung lebender Tiere setzt der Bundesrat die Bedingungen und Taxen fest.

Art. 24. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck- und für Gütersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 25. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladeplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

302 Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates für Gegenstände zulässig, deren Verladung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 26. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg.

für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Kest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 27. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 28. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zar Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 30. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder ·dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustel-

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lenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des ßundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 31. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20faehen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; --- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche

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auf Abschreibuogsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 32. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 31 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kantoo hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 33. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Januar 1908 in Kraft tritt, beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Herzogenbuchsee über Wangen nach Wiedlisbach. (Vom 7.

Dezember 1907).

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Jahr

1907

Année Anno Band

6

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53

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.12.1907

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293-304

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