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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Jagdvergehen bestraften Emil Laternser, Schnitzler in Brienz, geb. 1886.

(Vom 12. März 1907.)

Tit.

Laternser wurde im Oktober 1906 mit drei ändern jungen Burschen aus Brienz der Strafbehörde verzeigt, weil sie auf einem Sonntagsspaziergang zwei Eichhörnchen durch Hetzen eines Hundes und Werfen von Steinen und Holzstücken jagten. Der Polizeirichter von Interlaken .verurteilte jeden der Fehlbaren wegen verbotener Sonntagsjagd und Jagen ohne Patent zu einer Geldbusse von Fr. 100. Dem Laternser wurden ausserdem Fr. 46. 40 Staatskosten auferlegt.

Der Bundesversammlung lag in der Dezembersitzung des Jahres 1906 ein Gesuch der drei Burschen, welche mit Laternser · bestraft wurden, vor, in welchem sie um Erlass der ihnen auferlegten Strafen baten. Zur Begründung beriefen sie sich darauf, dass sie nicht gewusst hätten, dass die Jagd auf Eichhörnchen verboten sei und dass ihnen und ihren Eltern wegen gänzlicher Mittellosigkeit die Bezahlung der Bussen unmöglich wäre, die Umwandlung in Gefängnis aber und die damit verbundene Schande für sie ein unerträglicher Gedanke sei.

Vom Bundesrat wurde befürwortet, dem Gesuche teilweise zu entsprechen, einmal mit Rücksicht darauf, dass die vom Richter vorgenommene Kumulation der in Art. 21, 4 a und 5 a

907 des Jagdgesetzes angedrohten Strafen nicht der Vorschrift des Gesetzes entsprochen habe, sodann auch deswegen, weil der Gegenstand des Frevels nur Eichhörnchen gewesen und endlich mit Rücksicht auf das jugendliche Alter und die Vermögens!osigkeit der Bestraften.

In der Sitzung der Bundesversammlung vom 13. Dezember 1906 wurden die den Petenten aufgelegten Bussen auf je Fr. 15 herabgesetzt, im Falle der Unerhältlichkeit umgewandelt in je drei Tage Gefängnis.

Gegenwärtig ersucht auch Laternser um Erlass der ihm auferlegten Strafe durch Begnadiguog, indem er wesentlich die nämlichen Gründe vorbringt wie seine Genossen. Der Gemeinderat von Brienz und eine grosse Anzahl von Einwohnern dieser Gemeinde bezeugen, dass er einen guten Leumund besitze und der Regierungsstatthalter von Interlaken befürwortet das gestellte Gesuch.

Die völlig gleichartigen faktischen und rechtlichen Verhältnisse rechtfertigen die Ermässigung der dem Emil Laternser auferlegten Busse im nämlichen Umfange wie diejenigen seiner Genossen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A n t i' a g :

Es sei die dem Emil Laternser auferlegte Busse auf Fr. 15 herabzusetzen, im Falle der Unerhältlichkeit umgewandelt in drei Tage Gefängnis.

B e r n , den 12. März 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Jagdvergehen bestraften Emil Laternser, Schnitzler in Brienz, geb. 1886. (Vom 12. März 1907.)

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Jahr

1907

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12

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20.03.1907

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906-907

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