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Schweizerisches Bundesblatt.

59. Jahrgang. IV.

Nr. 24.

5. Juni 1907.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 6 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile oder deren Baum 15 Rp. -- Inserate franko an die Expedition.

Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung einer Bundessubvention von 5 Millionen Franken an den Kanton Bern für die doppelspurige Anlage des Lötschbergtunnels.

(Vom

28. Mai 1907.)

Tit.

I.

Im Verfolge eines Beschlusses des ,,Grossen Rates" vom 27. Juni 1906 hat der Regierungsrat des Kantons Bern mittelst Eingabe vom 31. Dezember gleichen Jahres, gestützt auf Artikel 23 der Bundesverfassung, an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung das G e s u c h gerichtet, "die Eidgenossenschaft möchte sich an der Berner Alpenbahn (Bern-Lötschberg-Simplon) finanziell beteiligen zu dem Zwecke, die doppelspurige Ausführung des grossen Lötschbergtunnels bei der ersten Anlage möglich zu machend ,,Diese Beteiligung möchte auf mindestens fünf Millionen Franken bestimmt werden und in Aktien gleichen Ranges wie die Staatsbeteiligung des Kantons Bern (Stammaktien) erfolgen.a Indem wir uns erlauben, bezüglich aller Details auf das im Anhang beigedruekte Subventionsgesuch zu verweisen, beschränBundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

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ken wir uns darauf, in gedrängter Kürze die Hauptpunkte desselben hervorzuheben :

L Eatstehung der Lötschbergbalm.

Der Regierungsrat weist darauf hin, dass schon in den Fünfzigerjahren Bestrebungen sich geltend machten für eine Eisenbahnverbindung durch die Berner Alpen.

Als die Bundesversammlung am 23. Dezember 1891 die Konzession für eine Eisenbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach Visp, Lötschbergbahn. (E. A. S. XI, 535) erteilt habe, sei der Lötschbergdurchstich als das höchste Ziel der bernischen Eisenbahnpolitik betrachtet worden. Einen mächtigen Faktor zur Verwirklichung dieses Projektes bildete sodann das vom Berner Volk am 4. Mai 1902 angenommene Gesetz über die Beteiligung des Staates am Bau und Betrieb von Eisenbahnen, durch welches für den Lötschbergdurchstich eine Subvention von 17,5 Millionen Franken festgelegt wurde.

Der Regierungsrat beauftragte nach Einholung einer Expertise der Herren Dr. Ed. von Fellenberg, Dr. Kissling in Bern und Prof. Schardt in Montreux, welche die geologischen Verhältnisse für den Lötschberg als günstig bezeichneten, die Ingenieure Hittmann und Greulich, ein definitives Projekt nebst Kostenberechnung für die Lötschbergbahn auszuarbeiten und damit auch vergleichende Studien über eine Wildstrubellinie zu verbinden. Die Genannten empfahlen von 8 Varianten eine Lütschberglinie mit 27,6 °/oo Maximalsteigung und einem Tunnel von 13,5 km Länge; ihre Studien ergaben in technischer und finanzieller Hinsicht die Überlegenheit einer Lötschbergbahn gegenüber einer Wildstrubelbahn nach Projekt von Stockalper und Moser.

Nach Einholung eines weitern Gutachtens der Herren Prof.

Colombo in Mailand, Generaldirektor Garnir in Brüssel und Zivilingenieur Pontzen in Paris und Überprüfung sämtlicher eingereichter Projekte durch Herrn Oberingenieur Dr. Zollinger empfahl der Regierungsrat dem Grossen Rate ein Projekt für eine Lötschbergbahn mit 27 °/oo Maximalsteigung und Einführung des elektrischen Betriebes.

Diese Anträge wurden am 27. Juni 1906 vom Grossen Rate mit 174 gegen 14 Stimmen genehmigt, worauf am 27. Juli gleichen Jahres die Konstituierung der Berner Alpenbahngesells.cjj^ft. erfolgte.

II. Die finanziellen Grundlagen des Unternehmens.

Das Anlagekapital beträgt 89 Millionen, nämlich: 42,000 Stammaktien zu Fr. 500 . . . -- 21 Millionen 48,000 Prioritätsaktien zu Fr. 500 . . = 24 ,, 58,000 Obligationen I.Hypothek zu Fr. 500 = 2 9 ,, 30,000 Obligationen II. Hypothek . . . = 15 . ,, Diese letztern sind noch nicht emittiert, deren Ausgabe ist jedoch gesichert.

Von diesem Anlagekapital sind 6 Millionen Franken als Betriebsfonds, für Emmissionskosten und Kursverluste vorgesehen ; es verbleiben somit für die betriebsfertige Ausführung der Lötschbergbahn mit Inbegriff des Rollmaterials und der elektrischen Ausrüstungen 83 Millionen.

III. Das Projekt und die Baukosten. Betriebsyerhältnisse.

Die nachstehenden Angaben über das Bauprojekt beziehen sich auf das Vorprojekt, da die endgültigen Bauprojekte der beidseitigen Zufahrtsrampen erst im Laufe des Jahres 1907 erstellt werden.

Die Lötschbergbahn hat ihren Anfangspunkt in Frutigen im Anschlüsse an die Station der Spiez-Frutigen-Bahn. Die Linie überschreitet kurz nachher den Engstligenbach, bei Kanderbrück die Ränder und verbleibt bis zum Plateau von Kandersteg auf der rechten Talseite. Von der Station Frutigen (Quote 782) bis zur Station Kandersteg (Quote 1179) liegt das Tracé in der maximalen Steigung von 27 %o, welche nur durch die Stationshorizontalen der Haltestellen Kandergrund, Mittholz und Felsenfeurg unterbrochen wird.

Der Haupttunnel mit einer Länge von 13,735 m beginnt auf der Nordseite auf Quote 1200 m ; der Kulminationspunkt liegt bei Quote 1245,2? m und der Südausgang bei Quote 1218,25 m. Die Steigung auf der Nordseite beträgt 7 °/oo, auf der Südseite 4 %o.

Direkt am südlichen Tunnelausgang liegt die Station Goppenstein.

Die Distanz zwischen den Stationen Kandersteg und Goppenstein beträgt 16,o5 km. Im Tunnel ist · eine Kreuzungsstation vorgesehen, die in einer Horizontalen von 500 m Länge liegt.

Unmittelbar nach Goppenstein setzt die Bahn über die Lonza, führt auf derem linken Ufer meistens in Tunneln und erreicht zirka 440 m über der Talsohle den Nordabhang des Rhonetales, von wo'sie in einem Gefalle von 27 %o nach Brig hinunter steigt ; zwischen Goppenstein und Brig sind die Stationen Giesch, St. German, Lalden und Brigerbad eingeschaltet.

In Kandersteg und Goppenstein sind grössere Stationsanlagen mit je 5 durchgehenden Geleisen vorgesehen. Die Kreuzungsstationen Mittholz, Giesch und Lalden erhalten je 3 Geleise, die übrigen je 2 Geleise.

Die Normen für den Unter- und Oberbau entsprechen denjenigen für Hauptbahnen.

Die Baukosten stützen sich auf den mit dem Unternehmerkonsortium, bestehend aus den Herren F. Allard, L. Chagnaud, L. Coiseau, A. Couvreux, J. Dollfus, A. Duparchy und L. Wiriot in Verbindung mit dem Bankhause J. Loste & Cie. in Paris abgeschlossenen Vorvertrag, welchem das generelle Vorprojekt von 27 %o Maximalsteigung samt Kostenvoranschlag vom 30. April 1906 zugrunde liegt.

Die Unternehmergruppe übernimmt den Bau des grossen Lötschbergtunnels samt allen Installationen, fix und fertig, mit einer 500 m langen Ausweiche in der Tunnelmitte, um die Forfaitsumme von 37 Millionen Franken -- abzüglich Fr. 2,000,000 für Lieferung der zum Tunnelbau nötigen elektrischen Energie durch die Bahngesellschaft -- ferner die Erstellung des Unter-, Ober- und Hochbaues, der Telegraph- und Signaleinrichtungen und die Lieferung des Mobiliars und der Gerätschaften für die ganze Linie Frutigen-Brig um weitere 37 Millionen Franken; allfällige Kostenersparnisse auf den Arbeiten für die Zufahrtsrampen werden zwischen Bahngesellschaft und Unternehmung im Verhältnis von 3/4 = V* verteilt.

Der Voranschlag für die gesamten Baukosten ist wie folgt aufgestellt worden: I. Bahnanlage und feste Einrichtungen: A. Organisations- und Verwaltungskosten, technische Bauleitung Fr. 1,432,000 B. Verzinsung des Baukapitals . . . .

,, 2,881,200 C. Expropriation ,, 1,261,800 Übertrag

Fr.

5,575,000

Übertrag D. .Bahnbau: 1 . Unterbau . . . .

2. Oberbau . . . .

3. Hochbau und mechanische Einrichtungen .

4. Telegraph, Signale etc.

5. Verschiedenes . . .

Fr.

5,575,000

,,

71,760,700

F r . 66,491,280 ,, 3,189,250 ,, ,, ,,

604,500 515,120 960,600 Fr. 77,335,700

II. Rollmaterial und elektrische Einrichtungen: 1. Rollmaterial ohne Lokomotiven Fr. 1,900,000 2. Elektrische Anlagen mit Lokomotiven . . . ,, 3,625,000 ,, ,,

III. Mobiliar und Gerätschaften Total

5,525,000 239,300

Fr. 83,100,000

oder abgerundet 83 Millionen Franken. Die Baukosten per Bahnkilometer stellen sich auf rund Fr. 1,406,800.

A u f d e n A iisbau d e r L i n i e i n D o p p e l s p u r soll b e i der Wahl des Normalprofils für die offene Strecke Rücksicht g e n o m m e n und dementsprechend auch die E x p r o p r i a t i o n durchgeführt werden.

· Das zum Baubetrieb des grossen Tunnels erforderliche Terrain ist der Unternehmung durch die Bahngesellschaf't zur Verfügung gestellt worden; die Bohrung hat bereits begonnen.

Für die übernommenen Verpflichtungen haften die Unternehmer solidarisch ; sie haben eine Kaution bis auf fünf Millionen Franken zu stellen, welche der Unternehmung nach Vollendung des grossen Tunnels bis auf Fr. 1,500,000 zurückbezahlt werden.

Diese Summe bleibt noch für eine Garantiezeit von zwei Jahren, nach definitiver Übernahme der Bauarbeiten, stehen.

Zur Wahl der e l e k t r i s c h e n Betriebsart hätten hauptsächlich drei Gründe geführt: erstens die gegenüber dem üblichen Dampfbetrieb grössere Leistungsfähigkeit der Bahnanlage

infolge grösserer Fahrgeschwindigkeit (speziell auch für die Güterzüge), zweitens die geringeren Betriebsausgaben, sobald der Verkehr eine gewisse Ausdehnung erhalten hat, und drittens das volkswirtschaftliche Moment der Ausnützung der heimischen Betriebskraft.

IT. Die wirtschaftliche Bedeutung der Lötschbergbahn.

Der Lötschbergbahn komme eine grosse i n t e r n a t i o n a l e , wie auch n a t i o n a l e Bedeutung zu.

Bei Festsetzung der Verkehrszone der Lötschbergbain sei man von der Ansicht ausgegangen, dass dieselbe ihre Tarifdistanz naturgemäss so konstruieren müsse, dass sie für die ausserordentlich wichtigen Knotenpunkte Basel und Mailand gleiche Distanzen erhalte, wie die Gotthardbahn. .

Hierbei wird für Spiez-Brig eine Tarifdistanz von 87 Kilometer angenommen, während die effektive Distanz 70 Kilometer beträgt.

Bezüglich der Ausdehnung der Verkehrszonen erlauben wir uns, auf die im Gesuche enthaltene Zonentabelle im Verkehr mit Turin, Genua und Mailand hinzuweisen.

Ferner machen wir aufmerksam auf die im Gesuche ebenfalls enthaltene Zusammenstellung der kürzesten Tarifdistanzen.

Die Abkürzungen seien ganz erheblich.

So werden sich beispielsweise ab Brig je nach der Benützung von Personen-, Schnell- oder Expresszügen Zeitersparnisse von 4, 5 und 7 Stunden im Verkehr mit dem Berner Oberland, von 3, 4 und 5 Stunden im Verkehr mit dem Emmental und dem Entlebuch, von 2, 3 und 4 Stunden im Verkehr mit Bern, dem Berner Mittelland und den nördlich und östlich anschliessenden Gebieten, Oberaargau, Solothurn, Baselland, Baselstadt etc. und von l, l1/« und l3/* Stunden selbst noch im Verkehr mit dem Kanton Neuenburg und Teilen des Kantons Freiburg ergeben.

Aehnlich verhalte es sich mit den Fahrgeld- und Frachtersparnissen.

Wir verweisen wiederum auf die bezüglichen Tabellen des Subventionsgesuches.

Nach Ansicht des Regierungsrates ist die Lötschbergbahn befähigt, bedeutende Transitverkehre zu entwickeln. Sie habe ihre Verkehrszone namentlich in Frankreich. Mit Eröffnung der Lötschbergbahn werde neuer Verkehr von der Mont-Cenis-Route auf die schweizerischen Bundesbahnen übergehen. Die schweizerische Transitdistanz werde auch an Länge gewinnen durch Übergang von Verkehr von der Route Vallorbe-Simplon an die Route Delle-Lötschberg-Simplon.

Die Lötschbergbahn sei berufen, neben internationalen, insbesondere auch allgemein schweizerische Verkehrsinteressen zu befriedigen und dürfe somit darauf Anspruch machen, als schweizerisch-nationales Werk aufgefasst und behandelt zu werden.

Eine n a t i o n a l e Bedeutung komme der Lötschbergbahn insbesondere auch zu durch die Annäherung des Kantons Wallis ·fast an die ganze Schweiz (ausgenommen hiervon seien nur das Gebiet der Kantone Genf, Waadt und Tessin). Diese Annäherung hringe dem bisher von der Schweiz ziemlich abgeschnittenen Kanton grosse Vorteile.

Y. Die eisenbahnpolitische und militärische Bedeutung der Lötschbergbahn.

Die eisenbahnpolitische Bedeutung der Lötschbergbahn bestehe darin, dass dem Simplon, welcher bisher hauptsächlich nur aus Mittelfrankreich über Vallorbe-Lausanne alimentiert werde, durch Erstellung einer zentralen Zufahrtslinie durch die Berner Alpen neuer Verkehr zugeführt werde.

Durch die Lötschbergbahn werden die wichtigen Einbruchspunkte Delle und Basel unter den Einfluss des Simplon gebracht, ohne dass der Gotthardlinie tarifpolitisch zu nahe getreten werde.

Von militärischer Bedeutung sei die Lötschbergbahn, weil dieselbe ein äusserst wichtiges und direktes Bindeglied zwischen den bedeutenden militärischen Anstalten und Vorratsmagazinen von Thun und Bern und dem mittleren Wallis bilden werde, und den beiden Befestigungsgebieten des St. Gotthard und von St. Maurice dienstbar gemacht werden könne.

Vom militärischen Standpunkte aus müsse die Forderung eines doppelspurigen Ausbaues des Lötschbergtunnels befürwortet werden.

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TI. EiHSpurige oder doppelspurige Anlage des Tunnels.

Sobald der Verkehr einen gewissen Umfang erreicht habe, werde sich ohne weiteres die Notwendigkeit einer doppelspurigen Anlage einstellen, und dies in erster Linie auf der Tunnelstrecke Kandersteg-Goppenstein, welche die grösste Stationsdistanz aufweise.

Aus technischen Gründen werde beim Lötschbergtunnel von der Ausführung eines Parallelstollens Umgang genommen.

Die Erstellungskosten für einen zweigeleisigen Tunnel belaufen sich gemäss Vertrag mit der Generalunternehmung auf 50 Millionen, d. h. sie betragen nur 13 Millionen mehr als die Kosten eines einspurigen Tunnels. Für die spätere Erstellung eines zweiten Tunnels werde unter der Annahme, dass Arbeitslöhne und Materialgebühr inzwischen nicht steigen, eine Kostensumme von mindestens 26 Millionen Franken berechnet oder das Doppelte, was die gegenwärtige Erstellung der Doppelspur mehr erfordern würde.

Bei Annahme einer 4 °/oigen Verkehrssteigung könne in 5 bis 6 Jahren die Mehrauslage von 13 Millionen Franken verzinst werden, während die Zinsen der Anlagekosten eines zweiten eingeleisigen Tunnels erst nach der doppelten Zeit herausgeschlagen würden.

n.

Allgemeines.

Ohne alle die in der Denkschrift der Berner Regierung enthaltenen, manchmal etwas optimistischen Erwägungen, Berechnungen und Zahlen, welche zu gunsten des Begehrens angeführt werden, gutheissen zu wollen, können wir dennoch die aufgestellte ,,Behauptung, dass die Lötschbergbahn eine wichtige Zufahrtslinie zum Simplon bilde und ein nationales Werk von hervorragender Bedeutung sei, in guten Treuen als richtig anerkennen.

Sie kann als eine wichtige Zufahrtslinie zum Simplon bezeichnet werden, die für einen grossen Teil des internationalen Verkehrs von Grossbritannieß, Nord- und Osttrankreich nach Italien Vorteile bietet.

Die Lötschbergbahn wird in der Tat England, den Norden und Osten von Frankreich dem Simplon und damit Italien noch näher bringen. Da sich der internationale Verkehr nach dem Grundsatze der kürzesten Route verteilt, zumal wenn sie durch eine erhebliche Reduktion von Kilometern zum Ausdrucke gelangt, so kann angenommen werden, dass ein Teil des Verkehrs aus den industriellen und kommerziellen Gegenden des nördlichen und östlichen Frankreichs und Belgiens nach Genua, Turin und Mailand über den Lötschberg und Simplon gehen wird. Dieser Übergang des Verkehrs wird noch durch die Abkürzungen und Verbesserungen, welche die französische Ostbalm an ihrem Netz vorzunehmen gedenkt, gefördert werden.

Das nämliche kann von dem so beträchtlichen Transitverkehr aus England über Calais, dem bedeutendsten Ausschiffungshaien aus England, gesagt werden.

Die Lötschberg-Simplonlinie kann den Anspruch erheben, für diejenigen Gegenden, welche sich innerhalb eines Dreiecks befinden, dessen Basis sich von Calais nach der belgischen Grenze und bis nach Ostende und Antwerpen erstreckt und dessen Spitze in Delle und Basel ausläuft, die kürzeste Verbindung mit Mailand, Genua und Turin herzustellen. Alle diese Gebiete gehören unmittelbar zu der Zone, deren Verkehr unter dem Einfluss der Lötschberg-Simplonlinie stehen wird. Aber es darf angenommen werden, dass der Lötschberg ausserdem einen Teil des Verkehrs aus denjenigen Gebieten an sich ziehen wird, welche an seine direkte Einflusszone angrenzen. Das gleiche wird namentlich der Fall sein für französische Gebiete, die nördlich einer Linie liegen, die von Morteau über Besançon, Gray, Château-Thierry, Amiens nach Dieppe gezogen wird.

In der Schweiz wird die bernische Alpenbahn den Verkehr des Kantons Bern, sowie einen Teil desjenigen der Kantone Freiburg und Neuenburg an sich ziehen. Solothurn, Baselland und Baselstadt werden ihm ebenfalls, allerdings in geringerem Masse, etwelche Verkehrselemente bringen.

Die Lötschbergbahn wird auch den Kanton Wallis der Zentralschweiz, von welcher er sonst immer ziemlich entfernt bleiben würde, näher bringen und ihm Verkehrserleichterungen gewähren ; dieser Kanton wird aus seiner bisherigen Isolierung heraustreten, und seine Industrie, namentlich aber der Fremdenverkehr und der Absatz seiner Weine werden in bedeutendem Masse zunehmen.

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Die Eröffnung des Lötschbergs wird auch einen Teil des gegenwärtig über den Gotthard gehenden Verkehrs ablenken. Es ist dies nicht zu vermeiden. Es soll uns das aber in keiner Weise beunruhigen, denn bei dem stets zunehmenden Güteraustausch zwischen dem Norden und dem Süden Europas, und bei dem fortwährend sich entwickelnden Verkehr ist vorauszusehen, dass sowohl die Gotthardbahn als die Simplon- und Lötschberglinien genügend in Anspruch genommen sein werden. Es ist aber auch notwendig, dass die Simplonbahn vervollständigt und verbessert werde durch Zufahrtslinien wie der Lötschberg, welche ihr erst ihren vollen Wert verleihen.

Was aber vor allem der Lötschberg zu seinem Nutzen und demjenigen der Schweiz an sich ziehen wird, das ist ein Teil des internationalen Verkehrs, welcher bis jetzt dem Gotthard entgangen ist und der vom Norden und Osten Frankreichs her auf andern Linien den Weg nach Italien nahm.

Ohne in einen allzu grossen Optimismus zu verfallen, glauben wir daher, dass der Lötschbergbahn eine genügende Wirkungs- uid Lebensfähigkeit gesichert ist.

Man kann auch der Lötschbergbahn den Charakter eines national-schweizerischen Werkes nicht abstreiten.

Es liegt nicht in unserer Aufgabe, hier die Geschichte der Entstehung a der Lötschbergbahn zu wiederholen ; wir verweisen diesbezüglich auf die Denkschrift der bernischen Regierung. Wir beschränken uns darauf hervorzuheben, dass der Gedanke eines Durchstichs der Berner Alpen seit langem die bernischen Behörden und Staatsmänner beschäftigt, dass schon im Jahre 1866 Jakob Stampili eine Verbindung mit dem Simplon anstrebte, sobald dieser erstellt sein würde, und dass dieser Gedanke im Jahre 1889 eine bestimmte Gestalt annahm, als Herr alt Regierungsrat Teuscher das Projekt einer Bahn durch den Lötschberg aufstellte. Die endlich stattgefundene Durchbohrung des Simplon rief sofort im bernischen Volke eine mächtige Bewegung zu gunsten eines Anschlusses durch den Lötschberg hervor. Damit stand auch im Zusammenhang die Erstellung der direkten Linie zwischen Bern und Neuenburg zum Zwecke der kürzern Verbindung mit der Linie Pontarlier-Dijon. Aber in unzweideutiger Weise machte sich der beinahe einstimmige Wille des Berner Volkes, eine Lötsch-

11 bergbahn zu erstellen, in der Abstimmung vom 4. Mai 1902 geltend, in der für die Durchbohrung der Berner Alpen eine Subvention .von 17% Millionen Franken bewilligt wurde.

Man kann sagen, dass durch diesen Beschluss die Verwirklichung des Lötschbergprojektes in die nächste Nähe gerückt wurde. Die Lötschbergbahn dient offenbar bernischen Interessen ; aber wie wir dargetan haben, wird sie auch von grossem Nutzen für die ökonomische Entwicklung anderer Landesteile sein ; sie wird im schweizerischen Eisenbahnnetze die Stelle einer Linie von grossem nationalem Interesse einnehmen und welche Bahnen auch fernerhin in unserm Lande noch erstellt werden mögen, so wird sie dennoch diesen Platz behaupten. Sie wird nie zu einer blossen Lokalbahn herabsinken, sondern immer eine internationale Linie bleiben, welche dazu berufen ist, Waren und Reisende zu befördern, die lange Strecken zurückzulegen haben und Zeit gewinnen müssen. Sie soll eine der Handelsstrassen der Schweiz sein und bleiben.

Wir glauben, dass man unter diesen Umständen der Lötschbergbahn den Charakter eines hervorragenden schweizerischen und nationalen Werkes und infolgedessen eine Unterstützung in Form eines Bundesbeitrags nach Massgabe von Artikel 23 der Bundesverfassung nicht verweigern kann.

Geographische und technische Terhältnisse des Lötschberges.

Die bernische Alpenbahngesellschaft hat sich für die Lötschberglinie mit Scheiteltunnel entschlossen und das viel teurere Projekt mit einem Basistunnel fallen gelassen. Sie hat ebenfalls auf das Wildstrubelprojekt, sowie das Stockhorn-Wildstrubelprojekt, welch letzteres die Erstellung einer neuen Linie von Bern über Kehrsatz nach dem Simmental und die Durchbohrung des Stockhornmassivs bedingt hätte, im Hinblick auf die grossen Kosten und technischen Schwierigkeiten verzichtet.

Das gewählte Tracé geht von Frutigen aus, wo es sich der Spiez-Frutigenbahn anschliesst und endigt bei der Station Brig ; es hat eine Betriebslänge von 59 km., wovon 24 km.

auf Tunnel fallen. Der grösste dieser Tunnels, der Scheiteltunnel, ist 13,755 m. lang mit einer Neigung von 7 °/00 auf der Nordseite und 4 °/00 auf der Südseite. Zwischen diesen beiden Neigungen befindet sich eine horizontale Strecke von

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500 in. Länge mit einer Kreuzungsstation. Der Kulminationspunkt liegt bei der Quote 1245,27- Die Maximalneigungen der Linie betragen 27 %0. Das Projekt sieht 11 Stationen vor, von denen diejenige von Kandersteg (1179 m.) auf der Nordseite und diejenige von Goppenstein (1218,20 m.) auf der Südseite die höchstgelegenen sind.

Es sind ferner eine Reihe weniger grosser Tunnels in Aussicht genommen ; unter diesen ist der Kehrtunnel bei Mittholz im Kandertal mit einer Länge von 1850 m. hervorzuheben.

Erwähnenswert ist auch die Erstellung einer Anzahl Brücken und Viadukte behufs Überschreitung der Engstligen bei Frutigen, der Kander, der Lonza, des Marchgrabens, der Schluchten des Jollibaches, des Bietschbaches, des Baltschiederbacb.es und endlich der Rhone bei Brig.

Der Minimalradius der Linie beträgt 300 m.

Die Denkschrift der Berner Regierung führt aus, dass wenn die Lötschbergbahn mit Scheiteltunnel dem Projekte mit Basistunnel vorgezogen wurde, dies deshalb geschah, weil das letztere Projekt einen viel höhern Kapitalaufwand erfordert hätte, weil dabei infolge des starken Druckes und der hohen Temperaturen erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden gewesen wären, weil dessen Ausführung eine viel längere Zeit in Anspruch genommen hätte, namentlich aher, weil die schliesslich in Aussicht genommene Anwendung der elektrischen Betriebskraft die Bedeutung starker Steigungen für den Betrieb merklich vermindere. Derselbe Standpunkt wird heute von durchaus kompetenten Fachmännern eingenommen. Bei den täglichen Verbesserungen des elektrischen Betriebs, welche ihn als den Betrieb der Zukunft erscheinen lassen, haben die Steilrampen nicht mehr die nämliche Bedeutung wie früher.

Dieser Punkt ist von ganz besonderer Wichtigkeit in einem Gebiet wie dasjenige des Lötschbergs, wo sowohl auf der Nord- als auf der Südseite grosse Wasserkräfte vorhanden sind. Dank diesen Wasserkräften, die man, da sie sich in unmittelbarer Nähe befinden, nicht von weitem wird herbeiführen müssen, wird der Bahn eine hinreichende Betriebskraft zur Verfügung stehen, so dass der elektrische Betrieb jederzeit gesichert ist, wodurch nicht nur eine Ersparnis an Betriebskosten, sondern auch eine grössere Schnelligkeit der Züge erzielt werden kann.

Wir können dem Entschluss der Gesellschaft, die Linie elektrisch betreiben zu wollen, nur zustimmen. Gewiss sind noch

13 nicht alle Schwierigkeiten, die sich der Verwendung der Elektrizität als Betriebskraft, zumal im Gebirge, entgegenstellen, beseitigt, aber sie werden überwunden werden können, wie es beim Simplontunnel der Fall gewesen ist. Es wäre gegen unsere ökonomischen Interessen, wenn man für den Betrieb unserer Bahnen nicht soweit möglich die natürlichen Kräfte verwenden würde, die uns zur Verfügung stehen.

Finanzielle Grundlage des Projektes.

Die Finanzierung des Projektes erheischt nach den Angaben der Berner Regierung die Bildung eines Gesamtkapitals von 89 Millionen Franken.

Vor allem ist eine Summe von 6 Millionen zur Deckung der Emissionskosten und Kursverluste auf den Anleihen bestimmt; der hierfür nicht aufgebrauchte Betrag soll als Betriebsfonds dienen.

Es verbleiben 83 Millionen, welche die Kosten der ersten Anlage darstellen und verwendet werden sollen für den Unterbau und Oberbau der Bahnlinie, für die Hochbauten, verschiedenen Einrichtungen, Bodenerwerbungen, das Rollmaterial, die Bauzinsen, Organisations- und Verwaltungskosten.

Laut dem von der Gesellschaft aufgestellten Voranschlag werden sich die Ausgaben für die erste Anlage folgendermassen zusammensetzen : I. Organisations- und Verwaltungskosten, technische Bauleitung Fr. 1,432,000 Bodenerwerbungen ,, 1,261,800 Verzinsung des Baukapitals ,, 2,881,200 II. Unterbau Fr. 66,491,230 Oberbau ,, 3,189,250 Hochbau und mechanische Einrichtungen ,, 604,500 Telegraph, Signale usw. ,, 515,120 Verschiedenes . . . ,, 960.600 ,, 71,760,700 III. Rollmaterial ohne Lokomotiven Fr. 1,900,000 Elektrische Anlagen mit Lokomotiven . . . . ,, 3,625,000 ,, 5,525,000 . IV. Mobiliar und Verschiedenes ,, 239,300 Total Ausgaben Fr. 83^00,000

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Infolge der vom Bankhaus J. Loste & Cie. gemachten Offerte für die technische und finanzielle Ausführung des Berner Alpendurchstiches hat die Gesellschaft mit einer Gruppe von Unternehmern, bestehend aus den Herren A l l a r d , C h a g n a u d , Coiseau, Couvreu, Dollfuss, Duparchy und Wiriot, einen Vertrag abgeschlossen, dessen wichtigste Bestimmungen wir hier wiedergeben.

Die genannte Unternehmergruppe verpflichtet sich: 1. zum Bau des grossen Lötschbergtunnels samt den notwendigen Einrichtungen und einer Ausweiche in der Mitte des Tunnels für eine Pauschalsumme von 37 Millionen Franken : 2. zur Erstellung des Unterbaues, des Oberbaues, der Zufahrtsrampen, der sämtlichen Hochbauten, des Telegraphs, der Signale und zur Beschaffung des Mobiliars nach Massgabe der genehmigten Pläne und der bei der Bundesbahnverwaltung gebräuchlichen Typen.

Für die Ausführung der Zufahrtsrampen sollen Serienpreise zur Anwendung gelangen, die an sich Pauschalsummen darstellen.

Für diese zweite Ausgabe ist ebenfalls eine Summe von 37 Millionen Franken in Aussicht genommen. 75 % der allfällig sich hier ergebenden Ersparnisse fallen der Gesellschaft und 25 % den Unternehmern zu. Wird die Summe von 37 Millionen überschritten, so ist die ganze Mehrausgabe von den Unternehmern zu tragen.

Die Kosten sämtlicher Arbeiten sind also auf den Betrag von 74 Millionen festgesetzt, der eine Pauschalsumme bildet und an den beide Parteien gebunden sind.

Die Gesellschaft verpflichtet sich ihrerseits, den Unternehmern die zur Ausführung der Arbeiten nötige elektrische Kraft zur Verfügung zu stellen ; als Gegenleistung gewähren die Unternehmer einen Abstrich von .2 Millionen Franken auf den Gesamtkosten der Arbeiten.

Der Unterbau der Rampen und des grossen Tunnels soll innert 4% Jahren nach dem Beginn der mechanischen Bohrung auf beiden Seiten des Tunnels vollendet sein. Sechs Monate nach der Fertigstellung der Rampen und des grossen Tunnels soll die Linie zum Betrieb bereit stehen.

Die Unternehmer haben eine Bürgschaft zu leisten, die bis auf 5 Millionen Franken gesteigert werden kann. Die erste Einzahlung auf die Kaution im Betrage von l Million soll beim Inkrafttreten des Vertrags stattfinden. Die übrigen Einzahlungen

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werden durch Abzüge im Betrage von 6 % auf den monatlichen Zahlungen geleistet. Nach Erstellung des grossen Tunnels wird die Kaution auf 1,500,000 Franken herabgesetzt.

Die Unternehmer haften während zwei Jahren von der endgültigen Abnahme der Arbeiten hinweg für deren gute Ausführung. Die zu diesem Zwecke verbleibende Kaution von Fr. 1,500,000 wird ihnen erst nach Ablauf dieser Frist aushingegeben werden.

Der Vertrag enthält endlich eine wichtige Zusatzbestimmung, wonach die Unternehmer sich verpflichten, den grossen zweispurigen Tunnel für die Pauschalsumme von 50 Millionen Franken auszuführen, wenn die Bahngesellschaft dies innerhalb Jahresfrist nach Beginn der Arbeiten verlangt.

Die Erstellung eines doppelspurigen Tunnels würde der Gesellschaft eine Mehrausgabe im Betrage von 13 Millionen verursachen.

Wir haben uns darauf beschränkt, die wesentlichsten Bestimmungen dieses Vertrags anzuführen. Wenn. auch, manche Bestimmungen desselben uns zu Bedenken Anlass geben, so sehen wir hier davon ab, auf eine Erörterung derselben einzutreten, weil die finanziellen Folgen des Unternehmens von der Gesellschaft und dem Kanton getragen werden müssen. Es ist überflüssig, bezüglich des Überwachungsrechts, das dem Bund und seinen Organen gemäss dem Gesetze zusteht, an dieser Stelle einen Vorbehalt zu machen, da dieses Recht in keiner Weise durch einen Vertrag gehindert oder eingeschränkt werden kann.

Die Lötschbergbahngesellschaft scheint zum sofortigen Bau einer doppelspurigen Linie entschlossen zu sein und nicht zuwarten zu wollen, bis sie später durch die Verkehrszunahme dazu gezwungen wird.

Unter Zugrundelegung der Verkehrssteigerung auf den Bundesbahnen, die bei der Gotthardbahn noch beträchtlicher ist, glaubt die Gesellschaft, dass ein zweites Geleise innert wenigen Jahren notwendig sein werde.

Sie ist deshalb der Meinung, dass es vorteilhafter und weniger kostspielig wäre, diese Ausgabe schon jetzt zu machen, statt einige Jahre später eine viel höhere Summe für den nämlichen Zweck auswerfen zu müssen, nachdem die Bahn einmal im Betrieb sein wird. Indem sie so die Leistungsfähigkeit der Linie und die Sicherheit des Betriebs erhöht und die Beförderung und Kreuzung der Züge erleichtert, wird sie die Kreuzungsstation in der Mitte des Tunnels, deren Bedienung

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eine kostspielige wäre, entbehren können. Zur Begründung des an die Bundesversammlung gerichteten Gesuchs um Bewilligung eines Bundesbeitrages von 5 Millionen Franken stützen sich die bernische Regierung und die Bahngesellschaft in der Hauptsache auf die Mehrausgabe, die die doppelgeleisige Anlage des Tunnels verursachen würde.

Es wäre höchst wünschbar gewesen, dass die Lötschbergbahngesellschaft von Anfang an durch die Legung einer zweiten Linie nicht nur im grossen Tunnel, sondern auf der ganzen Strecke von Spiez nach Brig sich die Vorteile eines doppelspurigen Betriebs gesichert hätte. Aber wir begreifen, dass sie vor den Mehrkosten, welche diese Erweiterung verursacht hätte, zurückschreckte. Immerhin muss jetzt schon darauf Bedacht genommen werden, dass die Doppelspur später ohne allzu grosse Schwierigkeiten und unverhältnismässig hohe Kosten durchgeführt werden kann.

Mit Beziehung auf diesen Punkt bemerken wir, dass es Sache des Bundesrates sein wird, bei Prüfung und Genehmigung des allgemeinen Bauprojektes darüber zu wachen, dass der Ausbau der beiden Zufahrtsrampen auf die zweite Spur rechtlich und technisch genügend vorbereitet wird. Der nötige Landerwerb muss gesichert sein ; in technischer Beziehung muss speziell verlangt werden, dass für die Tunnels die Erstellung zweigeleisiger Galotten vorgesehen wird.

Im weitern sollte zur Bedingung gemacht werden, dass dermalen die Doppelspur nicht nur im grossen Tunnel, sondern auch auf den anschliessenden offenen Strecken zwischen den Stationen Kandersteg und Goppenstein erstellt werde.

Der Gesellschaft stehen für die Erfüllung der von ihr zum Zwecke der Erstellung der Lötschberghahn und im Akkordvertrag mit dem Unternehmerkonsortium eingegangenen Verbindlichkeiten folgende Mittel zur Verfügung : a. Vollständig gezeichnetes Anleihen erster Hypothek im Betrage von Fr. 29,000,000 b. Anleihen zweiter Hypothek, dessen Übernahme vollständig gesichert ist, im Betrage von ,, 15,000.000 c. Gesellschaftskapital, eingeteilt in Aktien von je Fr. 500, wovon : Prioritätsaktien ,, 24,000,000 Stammaktien (Subventionsaktien) . . ,, 21,000,000 Betrag des Kapitals Fr. 89,000,000

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Zur Bestreitung der Ausgabe von 13 Millionen Franken für die Erstellung eines doppelgeleisigen Tunnels bedarì die Gesellschaft, unter der Voraussetzung eines Bundesbeitrags von 5 Millionen Franken, noch eines- weitern Kapitals von 8 Millionen Franken, das die Bank L o s t e & C i e. ihr zu liefern bereit ist.

Wie hoch ist der zukünftige Ertrag der Bahn zu bemessen ? Wird er genügen, um die Betriebskosten zu decken und die Kosten der ersten Anlage zu verzinsen und zu amortisieren ?

Nach den Berechnungen der Bahngesellschaft würde der Reinertrag der Linie Spiez-Brig (71 Kilometer) rund 2,500,000 Franken betragen. Die Linie Spiez-Frutigen soll bekanntìich der Lötschbergbahn einverleibt werden.

Die Gesellschaft nimmt an, dass das erste vollständige Betriebsjahr sich erst nach einer Periode von 8 Jahren einstellen wird, und dass man unter Berücksichtigung der bei der Gotthardbalin und den Bundesbahnen konstatierten Verkehrszunahme auf einen Personenverkehr von 426,580 Reisenden und einen Güterverkehr von 680,000 Tonnen zählen könne. Bei der Annahme einer mittleren Taxe von 5,3 Rappen für den Personenverkehr und 6,5 Rappen für den "Warenverkehr per Kilometer würde der mutmassliche Brutto-Ertrag der Linie Spiez-Brig bei einer Länge von' 71 km. 5,350,000 Franken betragen.

Die verschiedenen Faktoren dieser Brutto-Einnahmen werden folgendermassen bestimmt : Personen-Kilometer 30,287,180 X 5,s = · Fr. 1,605,220 Gepäck 10 °/o der Einnahme aus dem Reisendenverkehr ,, 160,522 Kilometertonnnen von Waren 48,280,000 X . 6,8 = ,, 3,138,200 Vieh, 6 °/o der Einnahme aus dem Güterverkehr = ,, 188,292 Verschiedenes, ungefähr 5 °/o des Gesamtverkehrs = ,, 257,766 Gesamt-Brutto-Ertrag

Fr. 5,350,000

Was die mutmasslichen Betriebsausgaben anbetrifft, so werden sie berechnet wie folgt.

Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

2

18

Der obige Verkehr würde ungefähr 963,820 Zugskilometern entsprechen; gestützt auf diese Zahl kann folgende Berechnung aufgestellt werden: 1. Allgemeine Verwaltung, 71 X 1200 . . Fr.

85,200 2. Unterhalt und Überwachung der Linie, 71 X 5000 ,, 355,000 3. Expeditions-und Zugsdienst, 963,820x0,76 ,, 722,865 4. Fahrdienst: Persoal 0,so Elektrische Betriebskraft 0,35 Fettmittel und Beleuchtung . . . 0,05 Unterhalt des Rollmaterials . . . . 0,22 Andere Ausgaben . 0,os 0,95 X 963,820 5. Verschiedenes, Fr. 60,000 für gemeinsame Benützung des Bahnhofs Brig, 71 X 3300 6. Einlagen in den Erneuerungsfonds, 71X2000 Zur Aufrundung Gesamtbetrag der Betriebsausgaben

,,

915,629

,, ,,

234,300 142,000 5,006

n

Fr. 2,460,000

Bei einer mutmasslichen Betriebseinnahme von Fr. 5,350,000 und einer mutmasslichen Betriebsausgabe von . ,, 2,460,000 würde sich ein Einnahmeüberschuss ergeben von Fr. 2,890,000 der vorsichthalber reduziert wird auf . . . . ,, 2,500,000 Nach Massgabe der Berechnungen der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen wäre der Reinertrag auf Fr. 1,350,000 bezw. auf Fr. 1,660,000 zu bemessen.

Wir begnügen uns mit der Mitteilung dieser Zahlen, ohne uns über deren Richtigkeit auszusprechen. Auch enthalten wir uns eines Urteils über die zu erwartende Rentabilität der Bahn, weil ein solches zurzeit nicht mit wünschbarer Sicherheit abgegeben werden kann und weil die Frage der Subventionierung nicht hiervon abhängt.

Bemerken wollen wir nur noch, dass mit dem Bau der Bahn bereits im Oktober vorigen Jahres begonnen worden ist.

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Die militärische Bedeutung der Bahn.

Eine längere Erörterung über die militärische Bedeutung der Lötschbergbahn scheint uns überflüssig zu sein. Diese Bedeufcng ist in die Augen springend. Im Interesse unserer Landesverteidigung ist es notwendig, dass unsere Streitkräfte mit Schnelligkeit auf die angegriffenen oder bedrohten Punkte geworfen werden können, um einen Angreifer aufzuhalten oder zurückzuwerfen. Die Lötschbergbahn bedeutet eine schätzbare Ergänzung der Verteidigungsmittel unseres Landes, indem sie die rasche Beförderung unserer Truppen, deren Konzentrierung an der Südgrenze und die Verproviantierung unserer Befestigungen ermöglicht.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.

Die Eidgenossenschaft hat aus volkswirtschaftlichen, politischen und Billigkeitsgründen und aus freundeidgenössischer Gesinnung eine Reihe öffentlicher und gemeinnütziger Unternehmungen und Werke von hervorragender Bedeutung, die grosse finanzielle Opfer erheischten, durch Ausrichtung von Beiträgen unterstützt und so den in Art. 23 der Bundesverfassung niedergelegten Grundsatz zur Anwendung gebracht.

Wir wollen hier diese Werke nicht aufzählen, da uns dies zu weit führen würde. Wir begnügen uns, daran zu erinnern, dass der Bund schon zu verschiedenen Malen den Bau von Eisenbahnen gefördert hat, indem er für den Gottharddurchstich, den Simplondurchstich und die Bündner Schmalspurbahnen Subventionen bewilligte.

Die nämlichen Gründe müssen uns dazu führen, dem Gesuche des Kantons Bern zu entsprechen und auch auf die Lötschbergbahn den Grundsatz des Art. 23 der Bundesverfassung anzuwenden.

Wir haben dargetan, dass -dieses Unternehmen den Charakter eines grossen gemeinnützigen Werkes beanspruchen kann, indem es dazu bestimmt ist, unserm Lande einen Teil des Transitverkehrs von Norden nach Süden und in umgekehrter Richtung zu sichern und zu erhalten.

Wir haben nachgewiesen, dass die Lötschbergbahn eine wichtige Zufahrtslinie zum Sirnplon bildet und mächtig dazu beitragen wird, diese grosse Verbindungsbahn zu ihrer vollen Bedeutung und Entwicklung zu bringen.

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Wir haben auch betont, dass sie die Handelsbeziehungen eines grossen Teils der Innerschweiz, namentlich des Kantons Bern, erleichtern und fördern und auf diese Weise einen günstigen Binfluss auf das wirtschaftliche Leben mehrerer Kantone ausüben wird. Es hat somit ein b e t r ä c h t l i c h e r T e i l u n s e r e s L a n d e s ein Interesse an ihrem Zustandekommen.

Wir haben auch auf ihre Bedeutung in militärischer Beziehung hingewiesen.

Wir haben endlich hervorgehoben, dass ihre Ausführung die Aufbringung eines Kapitals von nicht weniger als 89 Millionen und mit Inbegriff der Erstellung eines doppelten Geleises im Tunnel sogar eine Summe von 103 Millionen erfordert, und dass der Kanton Bern dafür ein Opfer von 21 Millionen Franken bringt.

Die Lötschbergbahn erfüllt somit die Bedingungen, welche zur Bewilligung eines Bundesbeitrages erforderlich sind.

Der Kanton Bern hat seine Beiträge an den Durchstich des Gotthard und des Simplon geleistet.

Der Bund hat die vorhandenen Alpenübergänge mächtig gefördert. Die Eisenbahnverstaatlichung mit dem Erwerb der Toggenburgerbahn und dem Bau des Rickentunnels, sowie die Subvention an die Rhätische Bahn stellen grosse Opfer zu gunsten des ganzen Landes oder für einzelne Gegenden dar.

Der Kanton Bern darf erwarten, dass der Bund auch seinem Gesuch entspreche.

Es ist hier am Platze, daran zu erinnern, dass im Dezember 1902, als anlässlich des von der Jura-Simpkm-Bahn namens der französischen Mittelmeerbahn gestellten Konzessionsbegehrens für die Linie Vallorbe-Schweizergrenze (Mont d'Or) die Frage der Zufahrtslinien zum Simplon zum ersten Male vor die eidgenössischen Bäte gelangte, die bei andern Zufahrtsstrassen beteiligten Kantone ihre Stellungnahme zur Linie Frasne-Vallorbe von der Bedingung abhängig machten, dass den andern Projekten die nämlichen Vorteile gewährt werden und hierfür ein Versprechen abgegeben werde. Der Bundesrat nahm keinen Anstand, zuzugeben, dass er es als ein Gebot der Gerechtigkeit erachte, und dass er von dem festen Willen beseelt sei, alle Projekte für Zufahrtslinien zum Simplon durch-

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aus gleichmässig zu behandeln. Er gab denn auch am 9. Dezember 1902 auf eine Anfrage der beteiligten Kantone folgende Erklärung ab : ,,Ohne der Zukunft und denjenigen vorgreifen zu wollen, die dereinst. berufen sein werden, die Frage der Simplon-Zui'ahrtslinien zum Besten des Landes zu lösen, gibt der Bundesrat der Meinung Ausdruck, dass die Projekte für solche Zufahrtslinien, sobald sie sich auf technische Studien und ausreifehende finanzielle Studien stützen, bei den Bundesbehörden d^ gleiche Behandlung finden sollen, wie sie das Projekt einer Bahnverbindung Frasne und Vallorbe gefunden hat, immerhin mit dem Vorbehalte, dass jene Projekte alle wünschbaren Garantien für die Wahrung der schweizerischen Interessen bieten."

Nach Abgabe dieser Erklärung wurde der Paris-LyonMittelmeerbahn die Konzession für die Linie Vallorbe-Mont d'Or bewilligt.

Die Bundesversammlung ist allerdings durch diese Erklärung nicht gebunden. Es kann aus derselben nicht die Anerkennung und die Garantie eines Anspruchs hergeleitet werden, den man gegen den Bund geltend machen könnte ; aber sie bedeutet immerhin für den Bundesrat ein von ihm gegebenes Versprechen, das zu erfüllen er die Pflicht hat.

Wir sind der Meinung, dass der Bund die Opfer nicht bedauern soll, die er bringt, um die Bestrebungen derer zu unterstützen, welche unserm Land grosse internationale Durchgangslinien verschaffen wollen. Diese Opfer sind übrigens im Vergleich zu den von den Kantonen, Gemeinden und den privaten Initianten gebrachten geringe.

Gemäss dem Gesuche des Regierungsrates soll die Subvention gegen Subventionsaktien (Aktien II. Ranges) verabfolgt werden. Das scheint den Vorteil zu bieten, dass der Bund später an einem Ertrag der Subventionsaktien partizipiere. Obschon die Möglichkeit einer Verzinsung des Subventionsaktienkapitals nach einer gewissen Anzahl von Jahren nicht ausgeschlossen ist, ziehen wir es dennoch vor, auf diesen Vorteil zu verzichten.

Dagegen bedingt diese Form zwei unbestreitbare Nachteile. Einmal hätte der Bund bei einem spätem Rückkäufe der Lötschbergbahn die 5 Millionen nochmals zu bezahlen als Rückkaufspreis. Wir beziehen uns auf die schwierige Situation,

22

welche für den Rückkauf der Jura-Simplon-Bahn durch das Vorhandensein der Subventionsaktien geschaffen worden ist.

Sodann würde der Bund am Unternehmen der Lötschbergbahn direkt beteiligt ; wenn sich im Verlaufe der Bauperiode oder später beim Betrieb finanzielle Schwierigkeiten herausstellen sollten, könnte eine solche Beteiligung als Argument verwendet werden, um den Bund noch mehr zu belasten. Wir halten daher für richtiger, die Subvention als solche à fonds perdu ein für allemal hinzugeben. Damit ist dann auch die Belastung des Baukontos für einen allfälligen Rückkauf von vornherein ausgeschlossen.

Gestützt auf alle diese Gründe beantragen wir, es sei dem Kanton Bern für die Berner Alpenbahn Bern-Lötschherg-Simplon zum Zwecke der Anlage eines doppelgeleisigen Tunnels durch den Lötschberg ein Beitrag von 5 Millionen Franken zu bewilligen, und empfehlen Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 28. Mai 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

23 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Bewilligung einer Bundessubvention von 5 Millionen Franken an den Kanton Bern für die doppelspurige Anlage des Lötschbergtunnels.

t

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsieht

eines Gesuches des Regierungsrates des Kantons Bern vom 31. Dezember 1906 betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages von o Millionen Franken für die Erstellung eines zweigeleisigen Tunnels durch den Lötschberg; einer Botschaft des Bundesrates vom 28. Mai 1907 ; gestützt auf Art. 23 der Bundesverfassung, beschliesst: Art. 1. Die Eidgenossenschaft bewilligt dem Kanton Bern zu Händen der Berner Alpenbahn Bern-Lötschberg-Simplon eine einmalige Subvention à fonda perdu von 5 Millionen Franken für die Erstellung eines doppelspurigen Tunnels durch den Lötschberg.

Art. 2. An die Ausbezahlung dieser Subvention werden die Bedingungen geknüpft: a. Dass seitens der Bahngesellschaft bereits bei der Anlage der ersten Spur die nötigen Anordnungen getroffen werden, um

24 den Ausbau der beiden Zufahrtsrampen auf die zweite Spur schon jetzt so weit vorzubereiten, dass derselbe später ohne allzugrosse Schwierigkeiten und unverhältnismässig hohe Kosten durchgeführt werden kann; b. dass dermalen die Doppelspur nicht nur im grossen Tunnel, sondern auch auf den anschliessenden offenen Strecken zwischen den Stationen Kandersteg und Goppenstein erstellt werde.

Art. 3. Die Ausbezahlung dieser Subvention erfolgt nach Massgabe des Fortschreitens der Bauarbeiten bis zu einem Betrage von 4 Millionen Franken. Der Rest der Subvention wird erst nach Beendigung und Abnahme der Bauarbeiten ausgerichtet.

Art. 4. Die Geldmittel sind entweder durch ein Anleihen oder durch Einstellung von Annuitäten in das ordentliche Budget nach Massgabe einer späteren Schlussnahme der Bundesversammlung zu beschaffen.

Art. 5. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung des gegenwärtigen Bundesbeschlusses beauftragt.

Art. 6. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Beilage.

Der Regierungsrat des Kantons Bern an den

schweizerischen Bundesrat.

Herr Bundespräsident !

Herren Bundesräte !

Der Grosse Rat des Kantons Bern hat in seiner Sitzung vom 27. Juni 1906 den Regierungsrat beauftragt, ,,beim Bundesrat zu banden der Bundesversammlung um einen angemessenen Bundesbeitrag einzukommen zur Erstellung eines doppelspurigen Tunnels".

Indem wir diesem Auftrag nachkommen, beehren wir uns, Ihnen hiermit zu banden der Bundesversammlung das Gesuch zu unterbreiten, die Eidgenossenschaft möchte durch eine angemessene finanzielle Beteiligung an der Berner Alpenbälm (Bern-LötscübergSimplon) die Möglichkeit schaffen, den grossen Lötschbergtunnel in der ersten Anlage doppelspurig auszuführen. Zur Begründung dieses Gesuches legen wir Ihnen folgende Betrachtungen vor über die Entstehung und Entwicklung der Idee einer Berner Alpenbahn, über das zur Ausführung gelangende Projekt und über die volkswirtschaftliche, eisenbahnpolitische und militärische Bedeutung der Anlage.

I. Ursprung und Entwicklung der Berner Alpenbahnfrage.

Lange bevor in der Schweiz von Eisenbahnen die Rede war, ' hatten die bernischen Behörden die Bestrebungen kräftig unterstützt, die darauf gerichtet waren, eine den Kanton Bern durchziehende Handelsstrasse nach Italien über die Alpen zu

26

schaffen. Zu diesem Zwecke verständigte sich die Regierung von Bern im Jahre 1810 mit derjenigen von Uri über den Bau der Sustenstrasse als Verbindung nach dem Gotthard. Die über diese Pässe nach Süden führende Strasse sollte ihre Fortsetzung nach Norden auf dem Wasserwege durch die Aare und den Rhein, sowie nach Westen durch Ausbau der Strassen im Jura ·erhalten.

Die Grimselbahn.

Als später die schweizerischen Eisenbahnbestrebungen erwachten und die verschiedenen Alpenbahnprqjekte entstanden, fand sich unter den ersten Entwürfen dieser Art auch schon das Projekt einer Berner Alpenbahn, nämlich der Grimselbahn (1852).

Dieses Projekt nahm bald bestimmte Gestalt an und trat in ernste Konkurrenz mit den andern Alpenbahnprojekten, namentlich mit dem Gotthard. Gründliche Studien lagen dafür vor, und wenn die Kostenberechnungen sich höher stellten als für den Gotthard, so wiesen die Vertreter des Grimselprojektes darauf hin, dass dieses einer viel weitern Zone schweizerischer Interessen zu dienen geeignet sei. In der Tat war vorgesehen, dass sich an diese internationale Transitlinie eine über den Brünig von Luzern kommende Linie bei Brienzwyler und eine durch das Rhonetal aufsteigende Linie in Obervrald anscbliessen werde, um durch das Geerental nach dem Kanton Tessin weiter zu führen. (Beilage 1.)

In der Folge brachte es die Entwicklung der Alpenbahnfrage und die Tätigkeit der Gotthardvereinigung- dahin, dass der bernische Grosse Rat am 24. Januar 1866 für einmal den förmlichen Verzicht auf das Grimselprojekt aussprach, in der Meinung allerdings, es werde für absehbare Zeit nur eine einzige Alpenbahn durch die Schweiz möglich sein. Immerhin wurde in der Diskussion von alt Bundesrat Jakob Stämpfli ausdrücklich darauf hingewiesen, wenn später eine Simplonbahn gebaut werden würde, so könnte Bern dannzumal durch die Gemmi Ansehluss finden.

Damit war der Gedanke einer Berner Alpenbahn als eine Zukunftsaufgabe unseres Kantons bezeichnet, und er wurde vierzig Jahre hindurch unentwegt festgehalten von immer weitern Kreisen des Berner Volkes.

Bern in der

Gotthardvereinigung.

Hatte Bern mit dem Grossratsbeschlusse vom 24. Januar'1866 zwar noch keine Zusage für die finanzielle Unterstützung der Gotthardbahn gemacht, so bedeutete dieser Beschluss dennoch

27 «ine kräftige Förderung für die Bestrebungen der Gotthardvereinigung.

Einen Monat später traf im Bundeshause die diplomatische "Note ein, womit die definitive Entschliessung Italiens zu gunsten
Darin wurde zugleich der Vorschlag gemacht, die Gotthardbahn möchte als nationales Unternehmen vom Bunde selbst ausgeführt werden, und dafür ein entsprechendes Programm entwickelt.

Trotz Ablehnung dieses Vorschlages durch die andern Beteiligten, bewilligte das Berner Volk am 3. April 1870, nachdem inzwischen der Staatsvertrag mit Italien, dem norddeutschen Bunde und dem Grossherzogtum Baden vereinbart worden war, eine Subvention von einer Million Franken für die Gotthardbahn.

Ferner unternahm der Kanton Bern gemeinsam mit dem Kanton Luzern und den beteiligten Gemeinden den Bau der Zufahrtslinie zum Gotthard durch das Entlebuch, die er im Jahre 1877 aus der Zwangsliquidation zurückkaufte. Obschon der Kanton Bern hierfür grosse Opfer bringen musste, zögerte er nicht, im folgenden Jahre, als die Gotthardbahngesellschaft die Hülfe des Bundes anrief, weil die Kostenberechnung der internationalen Konferenz vom Jahre 1869 sich als ganz unzureichend erwiesen hatte und neue Mittel zur Vollendung des Werkes erforderlich waren, auch seinerseits eine Nachsubvention von 400,000 Franken zu gewähren. In der Bundesversammlung stand in den kritischen Augusttagen des Jahres 1878 die bernische Vertretung entschieden und geschlossen für die Vorlage des Bundesrates ein, und einzelne bernische Mitglieder legten mit ihren persönlichen Anträgen den Grund für den Kompromiss, der durch das Bundesgesetz vom 22. August 1878 über Subsidien für Alpenbahnen verurkundet worden ist.

Berns Beteiligung am Simplon.

Die freundeidgenössische Unterstützung, die der Kanton Bern der Gotthardvereinigung hatte angedeihen lassen, lieh er in der Folge eben so tatkräftig und bereitwillig auch den Bestrebungen der westschweizerischen Kantone für die Verwirklichung der Simplonbahn.

28

Den entscheidenden Schritt, durch den die Ausführung dieses Werkes nach vielen erfolglosen Versuchen endlich gesichert wurde, bildete die Fusion der S. 0. S.-Gesellschaft mit der bernischen Gesellschaft der J. B. L. Nicht ohne ernste Bedenken finanzieller und verkehrspolitischer Natur wurde diese Fusion anfänglich im Kanton Bern aufgenommen. Konnte sie in finanzieller Hinsicht auch Beruhigung gewähren, so erforderte sie doch den bedingungslosen Verzicht auf die bisherige Selbständigkeit in eisenbahnpolitischen Fragen, und die Erfahrungen gaben später diesen Bedenken recht.

Die Rücksichten anf die mit der Fusion verbundenen hohem allgemeinen Interessen waren aber auch hier wieder entscheidend für die endgültige Stellungnahme des Kantons Bern und für seine Mitwirkung an dem gemeinsamen Unternehmen. Die Bedeutung dieser Fusion und der Beteiligung des Kantons Bern daran wird in der Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1889 u. a. mit folgenden Worten gewürdigt: ,,Die Durchbohrung des Simplon ist heute zu einer der wichtigsten ökonomischen und politischen Fragen der Eidgenossenschaft geworden. Seit einer langen Reihe von Jahren arbeiten die Regierungen und Bevölkerungen der westlichen Kantone auf dieses Ziel hin und sind bereit, dafür bedeutende Opfer zu bringen. Nachdem sich durch den Abschluss des Fusionsvertrages auch der Kanton Bern von Staates wegen diesen Bestrebungen angeschlossen hat, darf sich der Bund der Verpflichtung nicht entziehen, in dieser Angelegenheit leitend aufzutreten, wenn er nicht Gefahr laufen will, seine Stellung im Eisenbahnwesen ganz aufzugeben und den heutigen Zustand, der in immer grösseren Kreisen als ein unhaltbarer erkannt wird, zum Schaden des Landes zu befestigen. Die Fusion hat ihre wirksame Triebfeder in der Einsicht und dem Gefühl, dass grosse Aufgaben im Eisenbahnwesen weder von den bestehenden Gesellschaften noch von einzelnen Kantonen übernommen und durchgeführt werden können, und wenn die S. 0. S. in der Verbindung mit der J. B. L.

zunächst nur materielle Kräftigung sieht, so kommt für die von der Westbahn durchzogenen Kantone bei dem Anschluss an den Kanton Bern die moralische und politische Unterstützung bei dem bevorstehenden Kampf um den westlichen Alpendurchstich in viel höherem Masse in Betracht. Bei der Stellung, welche der Staat Bern in Fortsetzung
seiner bisherigen Eisenbahnpolitik in der künftigen Gesellschaft einnehmen wird, liegt in der Fusion eine Art von Verstaatlichung, bei welcher der grüsste Kanton

29 der Eidgenossenschaft die Rolle übernimmt, zu welcher sachund rechtsgemäss der Bund berufen ist.a (Bundesblatt 1889.

Bd. IV. Seite 1212.)

Die Lötschbergbahn.

Die Fusionsverhandlungen waren noch nicht zum Abschluss gelangt, da veröffentlichte im Sommer 1889 alt Regierungsrat Teuscher das Ergebnis seiner vieljährigen Studien für die Berner Alpenbahn. Er hatte seit 1881 an Stelle der Gemmi den Lötsch berg, diesen in frühern Jahrhunderten wohlbekannten und vieltegangenen Pass zwischen Bern und Wallis, als den Punkt bezeichnet, durch den die bernische Zufahrtslinie zum Simplen führen müsse. Er wies die überwiegenden Vorteile, die eine Lötschbergbahn gegenüber einer Gemmibahn biete, in überzeugender Weise nach, stellte die Bedeutung dieser Berner Alpenbahn als interne und internationale Verkehrslinie aus bernischen und allgemein schweizerischen Gesichtspunkten dar und zeigte zugleich ihre Bedeutung für die Verwirklichung des Simplondurchstiches.

Zwei Jahre später erteilte die Bundesversammlung für dieses Projekt eine Konzession, und der Bundesrat hatte in seiner . Botschaft dazu ,,die unleugbar grossen Interessen, welche an eine Jjötschbergbahn, als Zufahrtslinie gum Simplon, sich knüpfen", ausdrücklich anerkannt.

Fortan galt der Lötschbergdurchstich als das höchste Ziel der bernischen Eisenbahnpolitik. Er musste das um so mehr sein, als die Erwartungen, die Bern auf den Gotthard gesetzt hatte, in keiner Weise sieh erfüllten. Auch die Fusion der J. B. L. mit der S. 0. S. brachte grosse Enttäuschungen, ja sogar direkte Schädigungen für die bernischen Interessen. Jedenfalls fand der Ausbau des lokalen Eisenbahnnetzes im Kanton Bern ·durch die fusionierte Gesellschaft keinerlei Förderung. Bern war ·wieder auf sich selbst angewiesen wie in frühern Zeiten. Dazu kamen die Vorbereitungen für den Eisenbahnrückkauf, zunächst das neue Rechnungsgesetz, das in seinen Wirkungen die Privattätigkeit für neue Linien, für die nicht zum voraus eine sichere Rendite nachgewiesen werden konnte, was bei den meisten bernischen Lokalbahnen der Fall war, zurückhielt. Ein neues .Subventionsdekret vom Jahre 1897 mit wesentlich erhöhten Leistungen des Staates sollte diese nachteiligen Einflüsse ausgleichen. In diesem Dekret wurde, nehen der Bestätigung und

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Erhöhung der früher schon beschlossenen Simplonsubvention,, auch die Lötschbergbahn mit einer Staatssubvention bedacht.

Der Eisenbahnrllckkauf.

Es kam die grosse Aktion der Eidgenossenschaft für den Eisenbahnrückkauf. Obschon in dem Rückkaufgesetz alle Garantien für den Simplondurchstich geboten wurden, machte ein Teil der Simplonfreunde dem eidgenössischen Werke alle erdenklichen Schwierigkeiten, die indessen durch die Intervention eines Syndikats von Kantonalbanken, an dessen Spitze die Kantonalbank von Bern stand, paralysiert werden konnten. Ohne für sich selbst irgendwelche Bedingung zu stellen, wozu Anlass vorhanden gewesen wäre, hat Bern hier neuerdings durch seine Haltung einen entscheidenden Einfluss zu gunsten der Verstaatlichung und zugleich zu gunsten des Simplondurchstiches ausgeübt..

Wenn die Haltung, die der Kanton Bern fernerhin- zu der Staatsbahnpolitik des Bundes einzunehmen gedachte, noch einer Erklärung bedurft hätte, so wurde sie in bestimmter und verbindlicher Weise gegeben durch das am 4. Mai 1902 vom Berner Volke angenommene Gesetz über die Beteiligung des Staates am Bau und Betrieb von Eisenbahnen. Neben der Subvention von 17,5 Millionen Franken für den Lötschbergdurchstich, neben den neuerdings erhöhten Leistungen für den Ausbau des lokalen Eisenbahnnetzes, wurde zum ersten Male der wichtige Grundsatz, festgelegt, dass der Kanton Bern seine Subventionen, unter den vom Grossen Rate zu bezeichnenden Bedingungen, auch dem Bunde zuwenden werde, sofern die eine oder andere der im Gesetze vorgesehenen Linien vom Bunde gebaut werden würde, Vorstudien für die Lötschbergbahn.

Als der Simplondurchstich begonnen war, drängte sich für Bern immer mehr die ernste Frage auf, welchen Einfluss der Simplonverkehr seinerseits auf die bernische Volkswirtschaft ausüben werde. Die Antwort lautete dahin, dass der Simplon o h n e die Zufahrt durch die Berner Alpen für den grössern Teil des Kantons Bern keinen Vorteil, sondern Schädigungen bringen würde. Ebenso fest stand jedoch die Ueberzeugung, dass der Simplon m i t der direkten Zufahrt durch die Berner Alpen nicht allein für den Kanton Bern, sondern für mindestens 3/a der ganzen Schweiz namhafte wirtschaftliche Vorteile bieten werde,,

31 dass der Simplon durch diese Zufahrt erst seine volle Bedeutung als ein nationales Werk erlangen könne.

Von diesem Gedanken geleitet, förderten wir die Vorarbeiten für die Verwirklichung der Berner Alpenbahn. Wir ordneten Terrainaufhahmen an, die der Ausarbeitung eines definitiven Projektes als zuverlässige Grundlagen dienen sollten und holten ein geologisches Gutachten ein, das die Frage .,,Lötschberg oder Wildstrubela abzuklären geeignet war. In diesem Gutachten,, das wir zu Anfang des Jahres 1900 veröffentlichten, sprachen sieh die Experten, die Herren Dr. Ed. v. Fellenberg und Dr. Kissling in Bern und Prof. Schardt in Montreux, ganz entschieden für den Lötschberg aus. Sie führten gegen den Wildstrubel namentlich den starken Gebirgsdruck und die zu erwartenden hohen Temperaturen an und wiesen nach, dass der Lötschberg in dieser Hinsicht wesentlich günstigere Verhältnisse darbiete,, insbesondere für den höherliegenden Tunnel. (Beilage 2.)

Wir beauftragten sodann die Ingenieure Hittmann und Greulich, ein definitives Projekt nebst Kostenberechnung für eineLötschbergbahn auszuarbeiten und damit vergleichende Studien über eine Wildstrubellinie zu verbinden. Diese Techniker empfahlen von 8 verschiedenen durch sie näher bearbeiteten Varianten eine Lötschberglinie mit 27,5 °/oo Maxirnalsteigung und einem Tunnel von 13,5 km Länge. Ihre umfassenden Studien und Berechnungen ergaben in technischer und finanzieller Hinsicht die entschiedene Ueberlegenheit einer Lötschbergbahn gegenüber einer Wildstrubelbahn nach den Projekten Stockalper und Moser. (Beilage 3.")

Die Arbeit der Herren Hittmann und Greulich wurde nunmehr als offizielles Projekt betrachtet und im neuen Eisenbahngesetz vom Jahre 1902 mit einer Staatsbeteiligung von 17,» Millionen Franken bedacht.

Bevor zu seiner Ausführung geschritten wurde, berief das Initiativkomitee für die Lötschbergbahn mit unserem Einverständnis eine internationale Expertise, bestehend aus Prof. Colombo in Mailand, Generaldirektor Garnir in Brüssel und Zivilingenieur Pontzen in Paris. Das Komitee hatte zuvor auch die Generaldirektion der 8. B. B. angefragt, ob sie einen Experten bezeichnen wolle, diese hatte aber abgelehnt.

Die Herren Experten sollten sich in erster Linie über die internationale Bedeutung und über die Lebensfähigkeit einer Berner Alpenbahn überhaupt
aussprechen und sodann die einzelneu Projekte begutachten. Zu dem offiziellen Projekte (Hittmann.

und Greulich) für die Lötschbergbahn waren noch zwei neue privaten Ursprungs hinzugetreten, nämlich das Projekt von Inge-

32 nieur Emch in Bern für eine Lötschbergbahn mit Basistunnel von 21 km Länge und das Projekt von Ingenieur Beyeler in Bern für eine Wildstrubelbahn mit Tunnel nach Projekt Stockalper, Fortführung der Linie bis Brig und Erstellung einer direkten Linie Bern-Zweisimmen mit Tunnel durch das Stockhorn.

In der Hauptfrage gaben die Experten einen sehr günstige Aussichten eröffnenden Befund ab. Auf Grund umfassender Erhebungen erklärten sie, dass eine Eisenbahn durch die Berner Alpen auf zuverlässige Verkehrselemente rechnen könne, die das Unternehmen zu einem unbedingt lebenskräftigen gestalten werden.

In technischer Hinsicht stellten sie die grundsätzliche Forderung .auf, dass eine internationale Transitlinie nicht mehr als 15 °/oo Steigung und nicht kleinere Bogenhalbm esser als 300 m aufweisen dürfe. Von diesen Grundsätzen ausgehend und unter der Annahme, die Bahn würde mit Dampflokomotiven betrieben ·werden, gaben die Experten dem Wildstrubel-frojekt Beyeler den Vorzug. Allerdings betonten sie dabei, dass die vorliegende Bearbeitung dieses Projektes zu einer endgültigen Beurteilung keineswegs ausreiche, sondern noch nähere Studien und genauere Kostenberechnungen erfordere. Die beiden andern Wildstrubelprojekte (Stockalper und Moser) wurden von den Experten als unzweckmässig abgelehnt. Im allgemeinen betonten die internationalen Experten mit besonderem Nachdruck den Einfluss starker Steigungen auf die Betriebskosten ; sie bemerkten jedoch, es dürfe dieser Frage eine geringere Bedeutung beigemessen werden, wenn es sich um elektrischen Betrieb handle; sie sei aber von entscheidender Bedeutung beim Dampfbetrieb. (Beilage 4.)

Bald nach dem Erscheinen des Gutachtens der internationalen Experten bildete sich ein aus schweizerischen und französischen Finanzmännern und Bauunternehmern bestehendes Konsortium, das mit dem Initiativkomitee und uns in Verbindung trat. Es kam eine Vereinbarung zustande, der zufolge dieses Konsortium auf seine Kosten zunächst die nötigen Ergänzungen der Vorstudien ausführen liess und darauf gestutzt bestimmte Vorlagen und Angebote für den Bau, sowie für die Finanzierung des Unternehmens einreichen sollte. Gegen Ende des Jahres 1905 unterbreitete dieses Konsortium das Ergebnis seiner Studien, umfassend 3 Projekte, nämlich : 2 für eine Lötschbergbahn und eines für eine
Windstrubelbahn. Die Baukosten stellten sich wie folgt: A. auf 86,5 Millionen Franken für das Lötschbergprojekt mit 33 %o Maximalsteigung und einem Tunnel von 13,s km ; B. auf 114,7 Millionen Franken für das Lötschbergprojekt mit 15 %o

33

Maximalsteigung und einem Tunnel von 21 km Länge; C. auf 130,7 Millionen Franken für die Wildstrubellinie Kehrsatz-Brig mit 15 °/oo Maximalsteigung und 2 Tunnels von 13,s und 8,2 km Länge. Bei letzterem Projekte waren die Strecke Bern-Kehrsatz und die Einführung "5 in den Bahnhof Bern nicht berechnet.

Die Tracéwahl.

Das Initiativkomitee beauftragte sodann in unserem Einverständnis Herrn Oberingenieur Zollinger mit der Prüfung der eingereichten Projekte. Gestützt auf das Gutachten des Herrn Zollinger vom April 1906 (Beilage 5) entschied sich das Initiativkomitee für eine Lötschbergbahn mit höchstens 27 %o Maximal Steigung und Annahme des elektrischen Betriebes.

Entscheidend für diese Wahl, die von 'uns bestätigt wurde, waren hauptsächlich folgende Erwägungen: Eine von Bern ausgehende direkte Linie durch Stockhorn und Wildstrubel erfordert einen viel zu hohen Kapitalaufwand um einen befriedigenden Ertrag liefern zu können. Sie würde ausserdem die Bundesbahnen und mehrere bernische Linien, sowie das Berner Oberland schwer schädigen. Die billigeren Projekte Stockalper und Moser für eine Wildstrubelbahn mit Benützung der bestehenden Simmentallinie fallen ausser Betracht, weil sie den Anforderungen an eine internationale Transitlinie nicht entsprechen und weil die geologischen Verhältnisse des Wildstrubelmassivs unberechenbare Schwierigkeiten bilden. Das Lötschbergprojekt mit Basistunnel von 21 km Länge würde gleichfalls ein viel zu grosses Anlagekapital erfordern, ohne in der Ersparnis an den Betriebskosten dafür auch' nur annähernd einen Ersatz zu liefern. Auch sprachen die lange Bauzeit, die dadurch herbeigeführte Vermehrung der Bauzinsen etc., die mannigfachen Risiken beim Bau eines 21 km langen Tunnels, gegen dieses Projekt.

Zu allem dem kam, dass der elektrische Betrieb die Bedeutung starker Steigungen, die beim Dampfbetrieb einen so grossen Einfluss ausüben, vermindert. Mit besonderer Sorgfalt und Gründlichkeit wurde daher die Frage des elektrischen Betriebes studiert, und die Ergebnisse, zu denen die erfahrensten Techniker, die wir konsultierten, gelangten, sprachen überzeugend für die Annahme dieses Betriebssystems.

Mit der getroffenen Wahl des Tracés und Anwendung des «lektrischen Betriebes war auch den grundsätzlichen Forderungen der internationalen Expertise Genüge geleistet. Dies ist von ßundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

3

34

einem dei' drei Experten, Herrn Garnir, Generaldirektor der belgischen Staatsbahnen in Brüssel, ausdrücklich bestätigt worden, indem er in einem Briefe an den Präsidenten des Initiativkomitees erklärte, das gewählte Projekt entspreche vollständig dem Ziele, das man mit der Berner Alpenbahn verfolge.

Das waren die leitenden Gesichtspunkte, aus denen wir dem Grosen Rate die Ausführung der Lötschbergbahn nach dem von Ingenieur Zollinger empfohlenen Projekte mit 27 °/oo Maximalsteigung und elektrischem Betrieb, auf Grund der mit dem französisch - schweizerischen Konsortium abgeschlossenen Vorverträge, empfahlen.

Wir stützten unsere Antragstellung überdies auf die Gutachten der von uns berufenen Experten, nämlich der Herren Prof. H e n n i n g s vom eidg. Polytechnikum, Ingenieur T b o r ra a n n in Bern und a. Nordostbahn-Direktor A r b e n z in Zürich, deren Ratschläge auch auf die Gestaltung der Verträge von massgebenden Einfluss waren.

Finanzielle Grundlagen des Unternehmens.

Nachdem am 27. Juni 1906 der Grosse Rat mit 174 gegen 14 Stimmen unsere Anträge genehmigt hatte, erfolgte am 27. Juli 1906 die Konstituierung der Berner Alpenbalm-Gesellschaft. Die Organisation sichert den Vertretern der schweizerischen Interessen einen dominierenden Einfluss. Die Gesellschaft verfügt über ein Gesellschaftskapital von 45 Millionen Franken, eingeteilt in 42,000 Stammaktien zu 500 Fr. (21 Millionen Fr.) und 48,000 Prioritätsaktien zu 500 Fr. (24 Millionen Fr.).

Die Stammaktien sind vom Kanton Bern, bernischen Gemeinden und Transportanstalten etc. übernommen worden und zurzeit mit 20 % einbezahlt. Infolge vertragsmässiger Ausführung der mit dem Bankhause J. Loste & Cie. getroffenen Abmachungen, sind gegenwärtig die Prioritätsaktien, sowie das Anleihen erster Hypothek, im Betrage von 29 Millionen Fr. verzinslich zu 4 °/o, vollständig emittiert und einbezahlt. Endlich ist die Ausgabe von 15 Millionen Franken in Obligationen zweiter Hypothek vorbehalten und gesichert. Damit erreicht das gesamte Anlagekapital den Betrag von 89 Millionen Fr.

Von dem gesamten Anlagekapital sind 6 Millionen Franken als Betriebsfonds und für die Emissionskosten und Kursverluste vorgesehen. Für die Baukosten mit Inbegriff der Landerwer-

35 bungen, des Rollmaterials und der elektrischen Ausrüstungen wurden 83 Millionen Franken bestimmt. Davon nimmt der Bahnbau (Unterbau, Oberbau, Hochbau, Telegraph und Signale etc.) nebst Mobiliar und Gerätschaften 74 Millionen B'ranken in Anspruch. Die eine Hälfte dieser Summe entspricht den Gesamtkosten des im Geaeralakkord auszuführenden grossen Tunnels; die andere Hälfte bildet das absolute Maximum für die nach Einheitspreisen auf Au'smass zu erstellenden Rampenstrecken.

Werden an den Arbeiten für die Rampen Ersparnisse gemacht, so fallen davon 3/* der Gesellschaft B. L. 8. und y* der Bauunternehmung zu. Wir verweisen im übrigen auf die Verträge und auf das Pflichtenheft für die Unternehmer. (Beilagen 6 und 7.)

Wir wollen nicht unterlassen, hier noch besonders hervorzuheben, dass die Bauunternehmung aus mehreren kapitalkräftigen Firmen ersten Ranges von europäischem Ruf besteht. Für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen haften die Teilhaber persönlich und solidarisch und bieten so die weitestgehenden Garantien.

Zu erwähnen bleibt noch, dass die Erwerbung der SpiezFrutigen-Bahn durch die Berner Alpenbahn-Gesellschaft vorgesehen und eingeleitet ist. Die Aktien der Sp.-F.-B. sollen in Stamm- und Prioritätsaktien der B.-L.-S. umgewandelt werden.

Stellung zum Bunde.

Es war stets unsere Absicht, vor einer endgültigen Schlussnahme mit Ihnen und mit den interessierten Nachbarkantonen in Verhandlungen über die Ausführung des Werkes einzutreten.

In diesem Sinne erfolgte auch unsere Mitteilung an Sie vom 9. April 1906. Allein die Frage wurde durch die uns gemachten Offerten unerwartet rasch zur Reife gebracht. Wir sahen uns vor die Wahl gestellt, das Jahre lang eifrig geförderte Unternehmen e n t w e d e r ohne Verzug, mit Hülfe der uns vorgelegten Angebote von Bau- und Finanzkonsortien, die bereit waren, selber an dem Risiko mitzutragen, zur Ausführung zu bringen o d e r aber seine Verwirklichung neuerdings auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

Unserer Verantwortlichkeit wohl bewusst und in der Erinnerung an die Lehren der schweizerischen Eisenbahngeschichte, die so manche versäumte Gelegenheit verzeichnet, entschieden wir uns zu einem entschlossenen Handeln.

36

Wir konnten uns nicht verhehlen, dass eine kostbare Zeit von mindestens zwei Jahren verloren gehen miisste, wenn wir die Frage des Baues der Lötsehbergbahn durch die Bundesbahnen zur Entscheidung bringen wollten. Wir mussten uns dahei ferner sagen, dass eine derartige Entscheidung wohl nicht für sich allein, sondern nur in Verbindung mit einer Reihe anderer Fragen erfolgen könnte, auch wenn diese andern Fragen noch nicht alle spruchreif wären. Daraus musste die Gefahr erwachsen, dass eine solche Häufung von Verpflichtungen der Bundesbahnen schliesslich zu einer Ablehnung des Baues durch den Bund führen könnte, dies namentlich angesichts der vielfachen und dringenden Begehren aus allen Teilen des Landes um Erstellung von Doppelgeleisen, Erweiterung der Bahnhofanagen etc.

Unsere Entschliessung wurde auch nicht wenig beeinflusst, durch die . damaligen Betrachtungen über die Gestaltung dei' Handelsbeziehungen mit Frankreich, die zur Zeit der Einreichuug der Offerten sich nicht übersehen Hess. Die Verhältnisse des Geldmarktes geboten ebenfalls, rasch entschlossen zuzugreifen.

Bei allen unsern Entschliessungen haben wir den grundsätzlichen Standpunkt, den die Generaldirektion der Bundesbahnen wiederholt geltend zu machen suchte, dass neue Hauptbahnen nur noch durch den Bund gebaut werden sollten, keineswegs unberücksichtigt gelassen. Ohne hier auf eine nähere Auseinandersetzung eintreten zu wollen, möchten wir betonen, dass es nicht angeht, j e d e , der Form nach als Privatgesellschaft auftretende, Unternehmung als im Widerspruch mit dem Gedanken der Eisenbahnverstaatlichung stehend und als Konkurrenz der Bundesbahnen zu erklären.

Die bernische Eisenbahnpolitik insbesondere war von jeher darauf gerichtet, die allgemeinen öffentlichen Interessen in erster Linie zu wahren. Der Kanton Bern hat für den Ausbau seines Eisenbahnnetzes grosse finanzielle Opfer eingesetzt, ohne Rücksichtnahme auf die direkte Rendite, sofern das Unternehmen durch die Wohlfahrt des Landes geboten war und einen volkswirtschaftlichen Nutzen versprach.

Die Berner Alpenbahnfrage wurde von uns von keinen andern Gesichtspunkten aus behandelt und entschieden. Unsero heutige Eisenbahnpolitik ist grundsätzlich nicht anders orientiert als in frühern Jahren. Was der Bundesrat in seiner (hiervor zitierten) Botschaft vom 9. Dezember 1899 von der eisenbahn-

37

politischen Stellung des Kantons Bern sagte, das dürfen wir auch heute im ganzen Umfange für uns in Anspruch nehmen. Wir haben mit der Verwirklichung der Berner Alpenbahn eine Aufgabe an die Hand genommen, zu deren Lösung ^sach- und rechtsgemässa der Bund berufen wäre.

II. Bauansführung und ihre vertraglichen Grundlagen.

Die endgültigen Bauprojekte der beidseitigen Zufahrtsrampen werden erst im Jahre 1907 aufgestellt sein. Die hier folgenden Angaben über die Anlage und Situation der Bahn sind demnach dem Vorprojekt entnommen, welches die Grundlage für den Abschluss des Bauvertrages bildete.

Allgemeine Situation.

Die neue Linie hat ihren Ausgangspunkt im Bahnhof Frutigen der Spiez-Frutigen-Bahn (Quote 782). Sie überschreitet gleich nachher den Engstligenbach, sowie bei Kanderbrücke die Kander, um bis zum Plateau von Kandersteg auf der rechten Talseite zu verbleiben. Die Maximalsteigung von 27 °/oo beginnt bereits mit dem ersten Kilometer vom Bahnhof Frutigen und wird konstant durchgeführt bis auf das Plateau von Kandersteg, unterbrochen nur durch die Stationsplana der Haltestellen Kandergrund, Mittholz und Felsenburg, die in der Horizontalen liegen. Die Talstufe am Bühl wird durch eine grosse Doppel-Schleife erstiegen, deren untere Kehre im Talkessel bei Mittholz liegt, während die obere durch einen Kehrtunnel bei der Felsenburg gebildet wird. Die Station Kandersteg ist projektiert auf dem linken Ufer der Kander beim Dorfe Kandersteg, auf Quote 1179.

Sie liegt zirka 2 km entfernt vom nördlichen Tunnelausgang, welcher sich am rechten Ufer der Kander bei der sogenannten Klus am Fusse des Fisistocks befindet.

Der H a u p t t u n n e l hat eine Länge von 13,735 Meter.

Das Nordportal liegt auf Quote 1200 m, der Kulminationspunkt auf 1245,27 m und das Südportal auf Quote 1218,25 m.

Die Neigung auf der Nordseite beträgt 7 °/oo, auf der Südseite 4 °/oo. Beide Rampen sind durch eine Horizontale von 500 m Länge verbunden, welche als Kreuzungsstation ausgebildet wird.

38

Direkt am Südausgang des Tunnels ist die Station Goppenstein gelegen, rechtsufrig der Lonza, auf Quote 1218,20- Sie .vird Stationsanlagen erhalten, soweit solche für den Fahrdienst notwendig sind. Unmittelbar nach Goppenstein setzt die Baiin über die Lonza, um auf deren linkem Ufer meistens in Tunnels die schwierige Berglehne zu durchfahren und zirka 440 m über der Talsohle den Nordabhang des Rhonetales zu erreichen, welchem folgend sie teils offen, teils in Tunnels und über Viadukte nach Brig hinuntersteigt. Das ganze Gefalle ist mit 27 %o ausgebildet, unterbrochen durch die Stationshorizontalen von Giesch, St. G-erman, Lalden und Brigerbad. Die Rhoneebene wird zirka 2 km vom neuen Bahnhof ßrig erreicht, worauf das Tracé dem rechten Rhoneufer folgt, um diesen Flus.s erst direkt vor der Einmündung in den Bahnhof Brig zu überschreiten.

Stationsanlagen.

Wie bereits erwähnt, sind auf der Nord- und der Südseite eine Anzahl Stationen vorgesehen, an denen die Zugskreuzungen stattfinden müssen, da die ganze Linie einspurig projektiert ist.

Aus diesem Grunde ist behufs der Unterteilung der 16,06 km langen Strecke zwischen Kandersteg und Goppenstein eine Kreuzungsstation im Tunnel eingerichtet, ähnlich wie dies gegenwärtig im Simplontunnel der Fall ist.

In Kandersteg und Goppenstein sind grössere Stationsanlagen mit je 5 durchgehenden Geleisen vorgesehen. Die Kreuzungsstationen Mittholz, Giesch und Lalden erhalten je 3 Geleise, die übrigen nur je 2 Geleise.

Über die Entfernung zwischen den einzelnen Stationen gibt folgende Tabelle Aufschluss: Höhe

ü.M.

Frutigen

782

Kandergrund

864

Mittholz

980

lUftraz «»öerenz

Bahn km -

4180

82

4,is 116

4740 8,93

108 Felsenburg

Distauz m

1088

4460 13,38

91

4520

39 Höhe ü. M.

Kandersteg

Höhendifferenz m.

Bahnkm.

1179

17,9

8770

66,27

Timnelstation

1245,27

Goppenstein

1218,20

Giesch

4078,50

26,67

7280

27,07 33,95

5665

* 139,70 39,615

4885

' 119

St. -German

959,50

Lalden

815,60

Brigerbad

724,40

Brig

681

Distanz m.

44,5

5780

133,90 50,2S

3820

91,20

54,1

4675

43,40 58,775

Steigungs- und Richtungsverhälfnisse.

Es werden betragen: Nordrampe Maximale Steigung °/oo 27 Mittlere Steigung oder Gefalle in einer Richtung %o 21 Summe derSteigung. m 418 Summe der Steigungen und Gefalle in einer Richtung m 418

Tunnel 7

45,27+(17,o2) 61,29

Südrampe 27 21,2 539,40

541,80

Ganze Strecke

17,,

1021,99

Der minimale Krümmungsradius ist zu 300 m angenommenWeichen Anteil die Kurvenstrecken an der Gesamtlänge aus.

inachen werden, lässt sich vor Vollendung des Bauprojektes nicht genau bestimmen.

Unter- und Oberbau.

Die Normen, welche für die Erstellung des Unter- und Oberbaues festgestellt worden sind, entsprechen denjenigen, die bisher für Hauptbahnen als erforderlich angesehen worden sind.

Die Kronenbreite des Bahnplanums ist im Minimum zu 6,25 m

40

angenommen, die Stärke der Ballastschicht im Minimum zu 0,35 in auf Dämmen, bis zu 0,so m in Felseneinschnitten, bei 3,c m Breite auf Schwellenhöhe.

An Kunstbauten sind neben dem grossen Tunnel eine Reihe kürzerer Tunnels zu erwähnen, die insgesamt eine Länge von zirka 10,300 m haben und von denen die bedeutenderen folgende sein werden : Kehrtunnel bei Mittholz von zirka 1850 m Länge bei 300 m Radius.

Zwischen Goppenstein und Giesch eine Serie von Tunnels von zirka 6400 m Gesamtlänge.

Der lichte Querschnitt aller einspurigen Tunnels wird zirka 24,25 m 2 betragen und deren Ausmauerung je nach den Anforderungen des jeweiligen Gebirgsdruckes nach verschieden starken Typen erfolgen. Am Lötschbergtunnel wird somit ein grösseres Lichtraumprofil wie am Simplem zur Anwendung kommen, da bei letzterem die Lichtraumfläche nur 23,io m 2 beträgt.

Grössere Viadukte werden nötig werden über die Engstligen bei Frutigen, die Kander bei Kanderbrücke und unterhalb des Bühlbades, ferner über die Lonza bei Goppenstein, den Marehgraben im Lötschenthal, die Schluchten des Jollibaches, Bietsehbaches und Baltschiederbaches im Rhonetal und über die Rhone bei Brig. Diese Bauten sind in Mauerwerk projektiert, wo nicht Spannweiten, mangelnde Konstruktionshöhe oder andere technische Gründe die Verwendung von Eisenkonstruktion nicht umgehen lassen.

Für den Oberbau ist englischer Typ mit Stuhlschi en en vorgesehen von 42 kg Schienengewicht pro Laufmeter mit 16 Schwellen auf 12 m Länge in freien Strecken, resp. 18 in Tunnel. Die Frage, ob nicht für die Rampen das SBB Profil I und für den Haupttunnel Profil II zur Verwendung kommen soll, wird bei Genehmigung des endgültigen Projektes entschieden. Die Erstellungskosten sind annähernd die gleichen.

Baukosten.

Im August 1904 wurde mit dem Bankhause J. Loste & (Jie.

in Paris eine Vereinbarung getroffen, laut welcher dieses sich verpflichtete, in einer bestimmten Zeit dem Initiativkomite f'e.ste Vorschläge zu unterbreiten behufs der technischen wie der finanziellen Ausführung des Berner Alpendurchstiches. Zur Verwirk-

41

lichung dieses Programmes zog genanntes Bankhaus eine Gruppe von Unternehmern bei, bestehend aus den Herren F. Allard, L. Chagnaud, L. Coiseau, A. Couvreux, J. Dollfus, A. Duparchy und L. Wiriot.

Diese Gruppe machte, nach eingehenden Studien und damit verknüpften Verhandlungen, infolgedessen Angebote, welche in dem generellen Vorprojekt von 27 %o Maximalsteigung samt Kostenvoranschlag, datiert vom 30. April 1906, festgelegt und durch den Vorvertrag vom 26. Mai 1906 angenommen wurden.

Die Unternehmergruppe verpflichtet sich zum Bau des grossen einspurigen Lötschbergtunnels samt allen Installationen, fix und fertig erstellt, und mit einer 500 m langen Ausweiche in der Tunnelmitte, um den Forfaitpreis von 37 Millionen Franken, ferner zur Erstellung des Unterbaues, des Oberbaues, der Hochbauten, zur Errichtung von Telegraph und Signalen für die beiden Zufahrtsrampen, sowie zur Beschaffung des Mobiliars und der Gerätschaften für die ganze Linie Frutigen-Brig um weitere 37 Millionen Franken.

Der Kostenvoranschlag für die Zufahrtsrampen soll jeweilen erst gestützt auf das hierfür noch auszuarbeitende definitive Baupi'ojekt endgültig festgestellt ·werden.

Von der Totalsumme von 74 Millionen Franken für die verakkordierten Bauten kommen aber 2,000,000 Fr. für Lieferung der elektrischen Energie zum Tunnelbau, welche der Bahngesellschaft obliegt, in Wegfall, so dass der Voranschlag für die gesamten Baukosten der Berner Alpenbahn folgendermassen lautet : l. Bahnanlagen und feste Einrichtungen : A. Organisation, Verwaltungskosten und technische Bauleitung B. Verzinsung des Baukapitals '.

C. Expropriationen D. Bahnbau: 1. Unterbau Fr. 66,491,230 2. Oberbau ,, 3,189,250 3. Hochbau und mech. Einrichtungen ,, 604,500 4. Telegraph, Signale etc. . ., 516,120 5. Verschiedenes . . . . !,, 960,600

Fr. 1,432,000 ., 2,881,200 ,, 1,261,800

,, 71,760,700

Summa I, Bahnanlage und feste Einrichtungen . Fr. 77,335,700

42

Übertrag Fr. 77,335,700 2. Rollmatcrial und eleldr. ISinricIitunyen.

1. Rollmaterial ohne Lokomotiven Fi. 1,900,000 2. Elektrische Anlagen mit Lokomotiven . . " . . . . .

,, 3,625,000 ,, 5,525,000 3. Mobiliar u. Gerätschaften

239,300

T o t a l B a u k o s t e n Fr. 83,100,000 Diese Bausumme ist anlässlich der Finanzierung des Unternehmens schliesslich noch auf 83 M i l l i o n e n F r a n k e n abgerundet worden; der Preis per Bahnkilometer beträgt rund 1,406,800 Fr.

Bauvertrag.

Dem 1.

2.

3.

Bauvertrag liegen zu Grunde: die Konzession, das Vorprojekt vom 30. April 1906, das Bedingnisheft und die Preisliste für die Berechnung der monatlichen Abschlagszahlungen am Lütschbergtunnel.

4. die Preisliste für die Bauprojekte der Zufahrtsrampen.

Das definitive, allgemeine Bauprojekt der Zufahrtsrampeu im Massstab 1/1000 wird von der Unternehmung im Einvernehmen mit der Banngesellschaft und unter der Aufsicht der Direktion der Bauten und Eisenbahnen des Kantons Bern aufgestellt und spätestens auf den 1. Mai 1908 den kompetenten Behörden zur Genehmigung unterbreitet werden. Ferner hat die Bahngesellschaft sich das Recht vorbehalten, das von der Unternehmung gewählte englische Oberbausystem mit Stuhlschienen durch dasjenige der Bundesbahnen mit Schienenprofil I für die Rampen und Schienenprofil II für den grossen Tunnel zu ersetzen. Telegraph und Signale werden ebenfalls nach den bei den Bundesbahnen gebräuchlichen Typen erstellt. Die Wahl der Abtragsr, Auftrags- und Tunnelprofile, sowie des Baumaterials, ob Stein oder Eisen, für die Kunstbauten, die Anlage der Werkplätze, die Verwendung der im Aushub gefundenen, guten Baumaterialien, sowie des Systems für die mechanische Tunnelbohrung ist der Unternehmung innerhalb der durch die Normalprofile und die einschlägigen und kantonalen Vorschriften

43 gezogenen Grenzen überlassen. Für die elektrischen Installationen wird von der Unternehmung auf Grund eines Programms der Bahngesellschaft ein definitives Projekt mit Kostenvoranschlag ausgearbeitet.

Auf eine eventuelle doppelspurige Anlage der Zufahrtsrampen soll bei der Wahl des Normalprofils für die offene Strecke Rücksicht genommen werden. Dementsprechend wird auch die Expropriation durchgeführt.

Der Bau des grossen Tunnels dient als Massstab für die Ausführungstermine der ganzen Linie. Das zum Baubetrieb desselben erforderliche Terrain ist der Unternehmung zur Verfügung gestellt worden, und es hat dieselbe mit den Vorarbeiten auf beiden Seiten des Tunnels begonnen. Fünf Monate nach Übergabe des Terrains soll mit der mechanischen Bohrung begonnen werden.

Die Triangulationsarbeiten sind so weit gefördert, dass die Bohrung in bezug auf die Richtungsverhältnisse keinem Hindernis begegnen wird. 'Die Unterbauarbeiten der ganzen Linie (Tunnel und Rampen) sollen innert 4*/2 Jahren nach dem Beginn der mechanischen Bohrung vollendet sein und die Linie 6 Monate später dem Betrieb übergeben werden können.

Garantien.

Sämtliche Unternehmer haften solidarisch für die richtige Ausführung des Bauvertrages. Überdies leistet die Unternehmung eine Kaution bis auf 5,000,000 Franken, welche ihr nach Vollendung des grossen Tunnels bis auf 1,500,000 Franken zurückbezahlt werden soll. Im weitern verbleibt der Unterhalt der Linie bis zur definitiven Übernahme sämtlicher Bauarbeiten durch die Bahngesellschaft der Unternehmung. Sie haftet überdies für die Güte ihrer Arbeiten noch 2 Jahre nach der definitiven Übernahme, für welche Zeit auch der Rest der Kaution von 1,500,000 Franken stehen bleibt.

Der Unternehmung sind sodann durch das Bedingnisheft Vorschriften bezüglich der für die Tunnelbauten auf der Baustelle und ausserhalb des Tunnels zu treffenden sanitarischen Vorkehren sowie hinsichtlich des Arbeiterschutzes im allgemeinen überbunden worden.

·14

Allgemeine bauliche Verhältnisse der Anschiussbahnen.

Die neu zu erbauende Strecke Frutigen-Brig ist nur ein Teilstück einer internationalen Linie. Für deren Betrieb sind daher auch die baulichen Verhältnisse der Anschlusslinien von Wichtigkeit.

Auf der Nordseite ist die heute bestehende S p i e z - F r u t i g e n B a h n mit einem grössern Kostenaufwand bereits als erstes Teilstück der Lötsehbergbahn gebaut worden. Diese Linie hat eine Betriebslänge von 13,« km. eine Maximalsteigung von 15,s °/oo und einen Minimalradius von 300 m. Sie ist ebenfalls eingeleisig mit Stationen in Heustrich, Mülinen, Reichenbach und Frutigen. Die Stationsanlage Frutigen wird erweitert werden müssen und der Oberbau auf der ganzen Linie verstärkt, da das Schienengewicht nur 36 kg. pro Laufmeter beträgt. Die SpiezFrutigen-Linie hat ihren Ausgangspunkt im Bahnhof Spiez der Thunerseebahn und ist so angelegt, dass die Züge in Richtung von und nach Thun diese Station durchgehend ohne Richtungswechsel passieren können.

Auf der Südseite mündet die Lötschbergbahn in die S i m plonlinie der S.B.B, im Bahnhof Brig. Als Fortsetzung kann daher die Linie nach Domodossola gelten, die zwischen diesem Ort und Iselle eine kontinuierliche Steigung von 25 %o aufweist. Da die Maximalsteigung der Lötschbergbahn nur um 2 %o stärker ist als die Steigung dieser Zufahrtsstrecke, eine Differenz, die für die Zugsbildung kaum bemerkbar sein wird, so ist ersichtlich, dass ein direkter Übergang der Züge italienischer Provenienz an den baulichen Anlagen des Lötschberges kein Hindernis finden wird, vorausgesetzt, dass, wie in Aussicht genommen, auch die Einrichtungen des Fahrdienstes entsprechend leistungsfähig bemessen sind.

Vergleichung mit andern Alpenbahnen.

Von Binfluss auf die Betriebssicherheit der Bahn sind die klimatischen Verhältnisse der durchfahrenen Gegend, die ihrerseits zum Teil wieder von der Höhenlage abhängen. Eine Vergleichung mit den andern Alpenbahnen gibt zu erkennen, dass die Lötschbergbahn in dieser Hinsicht nicht ungünstiger gestellt ist als jene. Desgleichen zeigen sowohl die Länge der Zufahrtsrampen, als Maximalsteigung, Blinimalkurvenradius und Länge des Haupttunnels Verhältnisse, die denen der Vergi ei chsbahnen in keiner Weise nachstehen.

Hierüber kann folgende Tabelle Aufschluss geben:

45

ä A g^

Bahnstrecken

··§ ö Ja

.

0

r g)

ns:Bs =

S

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km

g

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*

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m

km

74 75 54 88

27 30 30,4 25

280 350 250 285

19 bl 43

970

-9,3 |W

Gotthardbahri

(Erstfeld-Biasca) 1154 Mont-Cenis 1295 Arlbergbahn 1311 Brenner 1367 Simplon (BrigDomodossola) 705 Tn,,r.Qr, f Setoai'ZaÉ-SWcit -looc Tauren | Spittal a. d. ta l-"5 Lötschberg 1245

fi-i

14,99 2 12,84 2 10,25 2 keiner vorhanden

25 300 19,728 27,S OKA 250 a 0,226 27 300 13,735

1 O

2

1

Die Lötsehbergbahn, als Fortsetzung des Simplons betrachtet, weist mit diesem zusammen kürzere Strecken mit Steilrampen auf als die G. B., auch wenn man bei letzterer, wie in vorstehender Tabelle, von der Monte Cenere-Zut'ahrt absieht. Daher wird man via Lötschberg-Simplon von der schweizerischen Hochebene leichter in die Poebene gelangen als via Grotthard.

III. Der elektrische Betrieb und seine Bedeutung.

Für den Betrieb der Lötschbergbahn ist von Anfang an elektrische Traktion in Aussicht genommen worden, da diese Traktionsart im Hinblick auf die baulichen Verhältnisse der Bahnanlage gegenüber dem Dampfbetrieb grosse Vorteile bietet, die zum Teil in der Betriebskostenrechnung zum Ausdruck kommen, zum Teil mehr allgemein volkswirtschaftlicher Natur sind. Dabei erlaubt elektrische Betriebsart zugleich, ebensogut wie der übliche Dampfbetrieb, allen Anforderungen gerecht zu werden, die vom Fahrdienst für den Transport von Reisenden und Gütern gestellt werden, Da die Lötschbergbahn bestimmt sein wird, ein nur kurzes Verbindungsglied im durchgehenden internationalen Verkehr zu bilden, so werden die Betriebseinrichtungen so gestaltet sein, dass die an den Anschlusspunkten anlangenden Züge ohne Zeit-

46

verlust in gleicher Komposition weiter geführt werden können.

Es führt diese Annahme zu Z u g s b e l a s t u n g e n ungefähr gleich denen der Gotthardbahn. Schnellzüge, die im allgemeinen heute nur mit Lokomotiven an der Spitze, ohne Schiebedienst geführt werden, werden unter gleichen Bedingungen mit Rücksicht auf die maximale Steigung und die zulässige Zughakenbelastung rund 300 Tonnen angehängtes Gewicht aufweisen können, Güterzüge mit Schiebedienst und entsprechend kleinerer Geschwindigkeit rund das Doppelte. Der Bau hinreichend leistungsfähiger elektrischer Lokomotiven bietet für solche Belastung keine Schwierigkeiten mehr, wie eine ganze Reihe von Ausführungen, u. a. die Simplonmaschinen zeigen.

Es gestattet die elektrische Traktion im Hinblick auf die Kapazität der Lokomotiven im Gegenteil noch, mit den F a h r g e s c h w i n d i g k e i t e n höher zu gehen, als dies mit den heutigen Dampfmaschinen möglich ist, so dass, entsprechend der Abkürzung der Fahrzeiten, die Linie an Leistungsfähigkeit gewinnt.

Allerdings steigt damit auch die Leistung, die von der Kraftstation an die ßahnleitung abzugeben ist, für so lange als der Zug auf der Kampe fährt. Die totale Energiemenge selbst, die für die Beförderung eines bestimmten Zuges über eine gegebene Rampe hin erforderlich ist, ist nur in ganz geringem Masse von der Geschwindigkeit abhängig, wenigstens bei den in Betracht fallenden Grossen. Es sind daher die Krafstationen für stark schwankende Belastungen einzurichten. In dieser Hinsicht sind bei der Lötsehbergbahn die Verhältnisse insofern günstig, als die Wasserkraftanlagen, welche den Energiebedarf der Bahn zu decken haben werden, auf der Kord- und auf der Südseite mit groKseu Gefallen arbeiten und infolgedessen Wasüerkammern oder Sammelweiher von einigen tausend Kubikmeter Inhalt für den Ausgleich der Kraftschwankung ausreichen werden. Ausserdem sind diese Wasserkraftanlagen in nächster Nähe der Bahn gelegen, so dass die grossen Effekte nicht auf weite Distanzen zu übertragen sind.

Auf der Nordseite werden die Vereinigten Kander- und Hagneckwerke die E n e r g i e l i e f e r u n g übernehmen und zu diesem Zweck ein neues Wasserwerk an der Kander bei Kandergrund errichten, für welches bei geeigneten Einrichtungen das Spiezer Werk als Reserve angesehen werden kann. Auf der Südseite hat
sich das Elektrizitätswerk an der Lonza um die Energieabgabe für den Betrieb der Bahn beworben, welches in seinen beiden am Ausgang des Lötschentales bei Gampel gelegenen Werken bereits eine Reserve bietet.

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Der F a h r p l a n wird ähnlich demjenigen anderer Hauptbahnen verschiedene Zugsgattungen aufweisen, die sich durch Zweck, Gewichte und Geschwindigkeiten unterscheiden, nämlich Schnellzüge für ausschliesslichen Personentransport und Belastungen bis zu 300 Tonnen, Personenzüge für den Lokalverkehr und eigentliche Güterzüge. Schnell- und Personenzüge werden jedenfalls mit Lokomotiven geführt werden; dagegen ist die Frage noch offen, ob für Personenzüge eventuell sog. Motorwagen sich eignen werden.

Ebenfalls noch offen ist zur Stunde die Präge, welches der e l e k t r i s c h e n in Betracht fallenden S y s t e m e zur Anwendung auf der Lötschbergbahn kommen soll, ob Gleichstrom, Drehstrom oder Einphasenwechselstrom. Der Umstand, dass die Strecke Brig-Iselle zurzeit mit Drehstrom von 3000 Volt und 16 Perioden betrieben wird, kann nicht als ausschlaggebend angesehen werden, indem an dieser Stelle dieses System einzig aus dem Grunde adoptiert wurde, weil das Vorhandensein der dazu passenden Lokomotiven der Veltlinerbahn es ermöglichte, die Einrichtungen in der damals knapp bemessenen Zeit überhaupt zu treffen. Da daher weder die technischen noch die wirtschaftlichen Vorteile es gewesen sind, welche zur Wahl des Drehstroms am Simploii geleitet haben, so wird der Festlegung des Systems für den Lötschberg noch eine eingehende Prüfung aller bezüglichen Verhältnisse vorangehen müssen. Es werden dabei die demnächst zu erwartenden Resultate der Erhebungen der schweizerischen Studienkommission für elektrischen Bahnbetrieb von Nutzen sein, welche die Systemfrage mit Rücksicht auf eventuellen elektrischen Betrieb des gesamten schweizerischen Bahnnetzes behandeln sollen.

Was die Frage der B e t r i e b s a u s g a b e n betrifft, so haben vergleichende Berechnungen zwischen der elektrischen Betriebskraft und der Traktion vermittelst Dampflokomotiven, die auf den Steigungen von 27 %o an und für sich keineswegs ausgeschlossen wären, ergeben, dass von einer bestimmten Verkehrsdichte an die Auslagen beim elektrischen Betrieb geringer sein werden als beim Dampfbetrieb, trotz der grössern Einlagen für Verzinsung und Amortisation der Anlagen für die Übertragung der elektrischen Energie. Diese Verkehrsdichtigkeit wird ungefähr derjenigen.

Transportmenge entsprechen, welche von den internationalen Experten Garnir,
Pontzen und Colombo für das Jahr 1902 ausgerechnet worden war und die die seither eingetretene Verkehrssteigerung nicht berücksichtigt. Es waren dies 277,000 Reisende und 500,000 Tonnen Güter pro Jahr über die ganze Bahn in

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einer Richtung. Da bereits bei dieser Verkehrsmenge die elektrische Traktion sich etwas billiger stellt als die Dampftraktion, rechtfertigt es sich, dieselbe von vorneherein zu adoptieren, auch wenn dadurch das Kapital für die erste Anlage etwas höher wird.

Diese vergleichenden Berechnungen sind ausserdem durchgeführt worden unter Annahme eines Kostenpreises für die elektrische Energie, der für die Elektrizitätswerke eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle bilden wird, und welche neben Verzinsung und Rücklagen für Erneuerung und Reservefond.s auch die Amortisation der dafür aufgewendeten Kapitalien gestatten dürfte, so dass Aussicht vorhanden ist, dass mit der Zeit die ßetriebskraft immer billiger wird, während beim Dampfbetrieb die gesamte Ausgabe für die Kohlenanschaffung unwiederbringlich ins Ausland wandert und mit den Jahren eher mit einer Steigerung der Preise zu rechnen sein wird als mit einer Ermässigung derselben. Da bei der Lötschbergbahn wenigstens auf der Nordseite die in Betracht kommenden Wasserwerke zum grössern Teil in staatlichem Besitz sind, so ist unverkennbar, dass es ein Fehler in volkswirtschaftlicher Hinsicht wäre, bedeutende Summen für Kohle ins Ausland auszugeben, während sie Instituten zugewiesen werden können, an deren Gedeihen das Land in seiner Gesamtheit direkt Interesse hat, und dies um so eher, als der Bahnbetrieb seinerseits dadurch weder verteuert noch verschlechtert wird.

Es sind demnach hauptsächlich drei Gründe, die zur Wahl der elektrischen Betriebsart geführt haben, nämlich erstens die gegenüber den» üblichen Dampfbetrieb grössere Leistungsfähigkeit der Bahnanlage infolge grösserer Fahrgeschwindigkeit (speziell auch für Güterzüge), zweitens die geringeren Betriebsausgaben, sobald der Verkehr eine gewisse Ausdehnung erhalten hat, und drittens das volkswirtschaftliche Moment der Ausnützung der heimischen Betriebskraft. Hinzuzufügen ist noch die Annehmlichkeit des Wegfalles der Rauchbelästigung, die hauptsächlich im Haupttunnel und in den in starker Steigung befindlichen kleinem Tunnels der beiden Rampen empfunden würde, ein Umstand, dessen Vorteil allerdings nicht zahlenmassig festgelegt werden kann, wenn er auch nicht ohne Binfluss auf die Frequenz der Reisenden bleiben wird. Ein weiterer Vorzug des elektrischen Betriebes liegt in der Betriebsbereitschaft der elektrischen Fahrzeuge gegenüber Dampfmaschinen, die im Bedarfsfalle erst angeheizt werden müssen.

49

IY* Einspurige oder doppelspurige Anlage des Tunnels.

Eine doppelspurige Linie wird mehr als doppelt so leistungsfähig als eine einspurige, auch wenn die Zugsdistanz gleich der Stationsdistanz bleibt und nicht weiter durch Blockstationen reduziert wird. Es hat dies seinen Grund darin, dass die Doppelspur die Festsetzung der Fahrzeiten in einer Richtung von denjenigen in der andern Richtung unabhängig macht, infolgedessen die Rückwirkungen, verursacht in der F a h r p l a n b i l d u n g durch ungleiche Stationsintervalle, ungleiche Fahrgeschwindigkeiten der einzelnen Zugskategorien und Verspätungen einzelner Züge, sich nicht nach beiden Seiten fühlbar machen. Diese Einflüsse machen sich bei einer einspurigen Linie in um so unangenehmerer Weise geltend, je ungleichmässiger die Verhältnisse der Bahnanlage in ihren Einzelheiten sind. Nun lässt sich die Ungleichheit der Verhältnisse bei der Linie Prutigen-Brig nicht wegschaffen, da sie im Wesen der Bahn selbst begründet ist, die eine Alpenkette zu überschreiten hat. An der Grundlage kann nichts geändert werden, dass ein hochgelegener, ungefähr horizontal liegender Tunnel beid' seitig durch Zufahrtsrampen von verschiedener Länge erreicht werden muss und dass weder auf der Tunnelstrecke noch auf den Rampen Kreuzungsstationen immer an den Stellen eingerichtet werden können, wo sie die Fahrplanbildung haben möchte.

Es muss infolgedessen damit gerechnet werden, dass, sobald der Verkehr einige Ausdehnung erlangt haben wird, die Notwendigkeit der Anlage der Doppelspur sich fühlbar machen wird, und zwar in erster Linie auf der Tunnelstrecke KanderstegGoppenstein, weil diese die grössten Stationsdistanzen aufweist.

Allerdings ist die ganze Entfernung, die von Kandersteg bisQoppenstein 16,os km. beträgt, durch eine Kreuzungsstation im Tunnelscheitel in zwei Strecken von 8770 m. und 7280 m. geteilt. Es sind dieselben aber immer noch bedeutend grösser als ·die nächstlängste Stationsdistanz von St. German-Lalden, die 5780 m.

beträgt. Auch ist die Tunnelstation an und für sich ein Notbehelf, der nicht als vollwertige Kreuzungsstelle gelten kann. So wird es kaum angehen, Schnellzüge, selbst nicht Personenzüge, an derselben fahrplanmässig kreuzen zu lassen, um nicht für den Fall einer Verspätung von der einen oder andern Seite unangenehme längere Aufenthalte im
Tunnel zu riskieren. Die Ausnützung dieser Station wird daher im allgemeinen auf Güterzüge beschränkt werden müssen.

Die Einflüsse der Tunnelstrecke auf die Fahrplanbildung sind daher ausschlaggebend für die ganze Linie, d. h. es hat sich der UundesMatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

4

50 Zugsverkehr auf den beiden Rampen nach der Möglichkeit des Passierens des Haupttunnels zu richten. Man ersieht daraus, dass es der Bahnverwaltung daran gelegen sein muss, auch bei Einspurigkeit der Rampen, doch die Tunnelstrecke doppelspurig zu erstellen, um den Fahrplan auf ersteren von den einengenden Einflüssen des letzteren frei zu machen, indem der doppelspurige Tunnel auch ohne ßlockstation in der Mitte dem einspurigen in dieser Hinsicht weit überlegen ist.

Wie hoch dieser Vorteil zahlenmässig zu veranschlagen ist, lässt sich schwierig berechnen, da die Linie nicht als eine Einheit für sich allein betrachtet werden kann und daher ihre Transportfähigkeit nicht allein abhängig ist von der Anzahl der Geleise und Kreuzungsstellen, sondern auch von der Forderung, bestimmte Anschlusszeiten an den Bndstationen einhalten zu können. Es können daher wohl die Mehrkosten für die Doppelspur des Tunnels berechnet werden und denselben gegenübergestellt werden die Ersparnisse, erzielt durch den Wegfall der Tunnelstation, nicht aber die eventuellen Mehreinnahmen, welche infolge der günstigeren Verkehrsbedingungen der Doppelspur aufgetreten sind, da dieselben sich nicht schätzen lassen.

Es war bisher von der Bedeutung des doppelspurigen Tunnels die Rede für den Fall, als die auf den Rampen einspurige Linie die in Aussicht genommene Verkehrsmenge überhaupt zu befördern vermag. Sobald der Verkehr eine solche Ausdehnung erhalten hat, dass sie dies nicht mehr kann, so wird für den grossen Tunnel Doppelspur unbedingtes Erfordernis sein. Denselben von Anfang an auf Doppelspur zu bauen, erfordert unter allen Umständen geringere Baukosten, als wenn später währeud des Betriebes ein zweiter Tunnel zu erstellen ist oder der einspurige erweitert werden sollte.

Aus technischen Gründen wird beim Lötschbergtunnel von der Ausführung eines P a r a l l e l s t o l l e n s , wie es beim Simplon der Fall war, U m g a n g g e n o m m e n . Die Anlage eines solchen erfordert einen kostspieligen Unterhalt, wenn derselbe nicht durchwegs verkleidet ausgeführt wird. Diese Verkleidung ist aber beim Ausbau des Parallelstollens zum zweiten eingeleisigen Tunnel grösstenteils nicht mehr zu gebrauchen, was eine durchgehende Verkleidung des Parallelstollens als unrentabel erscheinen lässt.

Aber auch abgesehen von der Tatsache, dass
ein Parallelstollen durch Unterhalt oder Ausmauerung sich erheblich kostspieliger darstellt als ein zweigeleisiger Tunnel, belaufen sich die Anlagekosten für zwei einspurige Tunnels bedeutend höher als für einen

51 einzigen Tunnel mit zwei Geleisen. Das Ausbruchsproß für 2 eingeleisige Tunnels beträgt zusammen 70 mi, währenddem es bei einem doppelspurigen lunnel bloss eine Fläche von 58 m? erreicht ; ferner müssen bei einer Kostenvergleichung die höhern Diagrammpreise bei zwei eingeleisigen Tunnels in Berechnung gezogen werden.

Finanzielle Vorteile der sofortigen doppelspurigen Anlage.

Die E r s t e l l u n g s k o s t e n eines zweigeleisigen Lötschbergtunnels belaufen sich laut Vertrag mit der Generalunternehmung (Annexe II) auf 50 Millionen, d. h. 13 Millionen höher als diejenigen des einspurigen Tunnels. Eine bedeutend höhere Summe wird aber die Anlage eines zweiten eingeleisigen Tunnels nach Vollendung des ersten in Anspruch nehmen.

Von der Annahme ausgehend, dass für das amortisierte Transportmaterial nichts mehr in Rechnung gebracht werden muss, dass sich der Transport des Ausbruchs um 40 Fr. und die Arbeitslöhne sich uni 142 Fr. billiger stellen, somit eine Totalpreisreduktion von 284 Fr. pro Meter für den zweiten der beiden eingeleisigen Tunnels eintritt, wird die Anlage beider eingeleisiger Tunnels einen Aufwand von 63 Millionen Franken erfordern. Wenn wir uns somit heute zu einer Mehrausgabe von 13 Millonen entschliessen, die uns ermöglicht, einen doppelspurigen Tunnel anzulegen, so werden wir der Notwendigkeit enthoben sein, später, um denselben Zweck zu erreichen, 26 Millionen aufzuwenden. Wir erzielen folglich eine Kapitalersparnis von 13 Millionen Franken.

Die Rentabilitätsberechnung von Herrn Oberingenieur Zollinger nimmt als Betriebsüberschuss eine Summe von rund Fr. 2,500,000 an. Wird nun der zweigeleisige Tunnel sofort ausgeführt, so sind die 13 Millionen Mehrkosten zu 4 % zu verzinsen, was eine jährliche Mehrausgabe von 520,000 Fr. ausmacht. Die jährliche Steigerung des Verkehrs darf mit 4 °/o in Rechnung gebracht werden, somit wird sich die Mehrauslage von 13 Millionen in 5 bis 6 Jahren verzinsen, währenddem man bei zwei eingeleisigen dasselbe Resultat erst in 11 Jahren erreicht. Wir gelangen daher bei der Ausführung eines zweigeleisigen Tunnels 5 his 6 Jahre früher dazu, die Anlagekosten zu verzinsen als bei zwei eingeleisigen Tunnels, die bis zu ihrer Verzinsung die doppelte Zeit erfordern.

Als weiteren finanziellen Vorteil eines zweigeleisigen Tunnels erwähnen wir, dass hier die Ausweiche in der Tunnelmitte entbehrt werden kann, welche eine kostspielige Anlage erfordert und

52 vermehrtes Bedienungspersonal nötig macht. Diese Betriebskosten berechnen wir jährlich auf 20,000 Fr., welche Summe kapitalisiert einen Mehrbetrag von 500,000 Fr. ausmacht; dadurch wird das Verhältnis zwischen zwei eingeleisigen Tunnels zu einem Tunnel mit doppelter Spur noch mehr zu ungunsten der ersten verschoben.

Es führt noch eine andere Überlegung zur Schlussfolgerung, dass die sofortige doppelspurige Anlage wirtschaftlicher ist, als der successive Ausbau.

Wie eben erwähnt, betragen die jährlichen Auslagen für die Verzinsung des grössern Anlagekapitals der Doppelspur 520,000 Franken oder, wenn daran die Betriebskosten der Tunnelstation mit 20,000 Fr. in Abzug gebracht werden, noch rund 500,000 Fr.

Geht man nun von der Annahme aus, dass diese jährliche Auslage von einer halben Million vom ersten Jahre an an Zinseszins gelegt würde, bis das angehäufte Kapital die Differenzsutnme der 13 Millionen Mehrkosten erreicht hat, so vergehen hierfür, bei einem Zinsfuss von 4 % gerechnet, 18 Jahre. Ist die zweite Spur vorher erforderlich, so stellt sich somit die Doppelspur von Anfang an als die billigere Lösung dar, wird sie dagegen erst nach 18 Jahren notwendig, so ist es vorteilhafter, die Erweiterungnachträglich vorzunehmen.

Über die Frage, ob die Doppelspur innerhalb von 18 Jahren erforderlich sein wird, kann die Berechnung der Verkehrszunahme Aui'schluss geben. Die jährliche Steigerung des Personenverkehrs soll zu 4 %, für den Güterverkehr zu 3 %, analog der Berechnung der S. B. B. angenommen werden. Gehen wir von den bereits erwähnten Annahmen der Experten Colombo, Garnir und Pontzen aus, so müsste nach 20 Jahren ein Verkehr bewältigt werden von 277,000 + 199,000 = 476,000 Reisenden 500,000 -}- 270,000 -- 770,000 Tonnen Güter.

Die Gr. B. transportierte 1904 über die ganze Bahn 550,000 Reisende und 610,000 Tonnen Güter. Da letztere schon seit langen Jahren beinahe durchgehends doppelspurig betrieben wird, lässt sich aus dem Vergleich mit diesen Zahlen der Schluss ziehen, dass es voraussichtlich v o r Ablauf der 18 Jahre im Interesse einer ungehinderten Bewältigung des Verkehrs erforderlich sein wird, die Tunnelstrecke am Lötschberg doppelspurig einzurichten und man sich infolgedessen auch finanziell vorteilhafter stellt, wenn die Doppelspur von Anfang an gebaut wird.

53 Würde man jetzt auf die doppelspurige Anlage des grossen Tunnels verzichten, so würde damit nicht einfach die Zahlung von 13 Millionen Franken auf einen spätem Zeitpunkt verschoben, sondern es müssten für die Ausführung der Doppelspur dann mindestens 26 Millionen Franken aufgewendet werden -- vorausgesetzt immerhin, dass Arbeitslöhne und Materialpreise inzwischen nicht weiter gestiegen sein werden. Diese Tatsache erfordert besondere Beachtung.

Es bleibt zum Schlüsse noch übrig, auf einen weitern Vorteil der Doppelspurigkeit des Haupttunnels aufmerksam zu machen.

Es ist dies die erhöhte Betriebssicherheit gegenüber der einspurigen Anlage, indem, wenn auch das eine Geleise aus irgend einem Grunde gesperrt sein sollte, immer noch die Aussicht vorhanden ist, dass das andere fahrbar bleibt. Dieser FaH kann z. B. bei Reparaturarbeiten an den Gewölben oder Widerlagern auftreten und darf bei Tunnels, die mit einem hohen Gebirgsdruck zu rechnen haben, nicht ausser Acht gelassen werden. In solchen Fällen gibt die doppelspurige Anlage die Möglichkeit, die Gerüste nach Bedarf aufzustellen, während der Fahrverkehr an der Arbeitsstelle auf eine Spur reduziert werden kann. Auch die allgemeine Aufsicht und Kontrolle des Baues in seinen verschiedenen Teilen, sowie der regelmässige Greleiseunterhalt sind bei der Doppelspur bedeutend erleichtert und infolgedessen auch betriebssicherer durchzuführen.

Y. Die wirtschaftliche Bedeutung der Lötschbergbahn.

1. Einleitung.

Über die Wirkungen einer Vervollkommnung der Transportmittel -- als eine solche ist die Lötschbergbahn im zentraleuropäischen Eisenbahnnetze aufzufassen -- sagt die Wissenschaft, dass sie weit hinausreichen über die Befruchtung des wirtschaftlichen Lebens als solchem. Freilich steht diese im Vordergrund und wird daher stets zuerst, und vielfach allein genannt. Aber über diese wirtschaftlichen Wirkungen im engern Sinne hinaus beeinflusst ein neues, leistungsfähiges Transportmittel in hohem Grade das ganze in dessen Bereich fallende Volksleben nach verschiedenen Richtungen. Wir nennen beispielsweise die Wirkungen für das soziale, geistige, politische und sittliche Leben, die Wirkungen für die internationalen Beziehungen und für die Rechtsentwicklung eines Volkes. Denn man wird mit uns einig

54 gehen, dass d a s ' w i r t s c h a f t l i c h e Leben im engen Zusammenhang mit dem g e s a m t e n Volksleben steht und von diesem nicht getrennt werden kann.

Die günstigen Wirkungen eines neuen Transportmittels beginnen dort sich geltend zu machen, wo der Nachrichtenverkehr (Briefpost) an Schnelligkeit und Sicherheit gewinnt, wo die Ortsveränderung von Personen und Gütern rascher, billiger und sicherer wird. Als Massstab hierfür dient im allgemeinen die Abkürzung der Entfernung, die das neue Transportmittel gegenüber den bestehenden g l e i c h a r t i g e n Transportmitteln hervorzubringen vermag. Alle Punkte, die in der Zone dieser Abkürzung liegen, treten somit in den Genuss des neuen Transportmittels. Bei Feststellung der mutmasslichen Wirkungen eines solchen* handelt es sich daher zunächst stets darum, jene Zone, die wir künftig Verkehrszone nennen wollen, festzustellen.

2. Die Fixierung der Tarifdistanz der Lötschbergbahn etc.

Um die Verkehrszone der Lötschbergbahn entwickeln zu können, ist vor allem nötig, die Distanz zu kennen, welche diese Bahn seinerzeit ihrem Tarife zugrunde legen wird. In dem uns seitens der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen freundlichst zur Verfügung gestellten Material der bezüglichen Berechnungen über die Lötschbergbahn ist von einer Seite die Ansicht vertreten, dass die Lötschberglinie ihre Tarifdistanz naturgemäss so konstruieren müsse, dass sie für die ausserordentlich wichtigen Knotenpunkte Basel und Mailand gleiche Distanzen erhalte wie die Gotthardlinie. Wenn auch die Generaldirektion in ihrer Vernehmlassung an unser Initiativkomitee dies als eine sehr günstige Annahme bezeichnete, so werden wir unsere Berechnungen, ohne zu weit zu gehen, doch auf dieser Grundlage erstellen dürfen; denn die Berner Alpenbahngesellschaft hat innerhalb der konzessionsmässigen Grenzen für die Bildung ihrer Tarife vollkommen freie Hand, und eine G l e i c h s t e l l u n g der Tarifdistanz Basel-Mailand kann nicht als unzulässige Konkurrenzierung der Gotthardlinie aufgefasst werden.

In jenem Material ist nun die Tarifdistanz der Lötschbergbahn als Variante II folgendermassen berechnet:

55 Tarifkilometer: B a s e l S.B. B.-Mailand via Gotthard nach der Verstaatlichung der Gotthardbahn Hiervon a b :

Basel S. B. B.-Scherzligen Scherzligen-Spiez Brig-Iselle Iselle-Mailand

411

kiSer: 127 10 44 143

324 bleibt für: Spiez-Brig Die effektive Distanz beträgt

87 70

Der Tarifzuschlag für den Transitverkehr somit . . .

17

Für den Personentransit käme unter Umständen nun allerdings eine etwas andere als die genannte Tarifdistanz in Frage.

Um die Einheitlichkeit und Uebersichtlichkeit der Beweisführung nicht zu stören, legen wir dieser letztern jedoch a l l g e m e i n die Tarifdistanz von 87 Km. zugrunde, was durchaus ohne Beeinträchtigung des Gesamtbildes der wirtschaftlichen und eisenbahnpolitischen Bedeutung der Lötscbbergbahn geschehen kann.

Was die bestehenden Eisenbahnlinien anbelangt, die bei den Berechnungen mit in Berücksichtigung fallen, so können für sie überall die offiziell veröffentlichten Tarifdistanzen in Anschlag gebracht werden, mit Ausnahme jedoch der Bern-Neuenburgund der Neuenburger Jura-Bahn sowie der Strecke ScherzligenSpiez der Thunerseebahn, die auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Lötschbergbahn wohl die Beseitigung ihrer Distanzzuschläge vornehmen werden, ein Umstand, dem auch in den Berechnungen der Bundesbahnen Rechnung getragen wurde.

Die Einwirkung der im Bau begriffenen Münster-SolothurnBahn ist berücksichtigt worden.

Von neuen Eisenbahnprojekten, die in den Bereich der Lötschbergbahn fallen, berücksichtigen wir einzig Frasne-Vallorbe.

Dazu ist aber ausdrücklich zu bemerken, dass dabei die Darstellung der wirtschaftlichen und eisenbahnpolitischen Seite der Lötschbergbahn zu ungunsten dieser ziemlich leidet; denn es ist eine Erfahrungssache, dass die Eröffnung wichtiger Eisenbahnen auf den ihnen zunächst liegenden Gebieten neue Projekte zeitigt und Verbesserungen bestehender Linien nach sich zieht, die

wieder von günstigen Rückwirkungen auf die Bedeutung derjenigen Linien sind, die sie hervorgerufen hat.

3. Die Verkehrszone der Lötschbergbahn.

Diese ist auf wallisisehem und italienischem Gebiet etc.

naturgemäss bei S p i e z , dem nördlichen Endpunkt der Linie, am grössten ; sie reicht westlich bis nach St. Maurice im Wallis, ·f südlich über ganz Italien einschliesslich seiner Seehäfen, sodann über Italien hinaus nach Frankreich, sowie im Osten nach Sudösterreich-Ungarn. Die m a x i m a l e Verkehrszone der Lötschbergbahn im Süden ist somit eine ausserordentlich grosse.

Nordseits der Alpen fällt das grösste Gebiet unter den Einfluss der Lötschbergbahn bei ihrem südlichen Endpunkte B r ig; dasselbe wird begrenzt: im Westen durch Chenens, Cheyres, Vaumarcus, Pontarlier - Besançon - Gray - Troyes - Château - ThierryAmiens. Was östlich und nördlich dieser Linie liegt, fällt a l l e s unter den Einfluss der Lötschbergbahn ; ihre m a x i m a l e Zone nördlich des Tunnels umfasst somit ebenfalls ein sehr grosses Gebiet, und wir gewinnen schon hieraus ein erfreuliches Bild über die Ausdehnung des Wirkungsgebietes der Lötschbergbabn.

Von Spiez nord-, ost- und westwärts und von Brig Süd- und westwärts nehmen die Zonen in dem Masse ab, als der Verkehr unter den vermehrten Einfluss der bestehenden Linien über Lausanne-St. Maurice und des Mont-Cenis einerseits und jener des Gotthard anderseits fällt. Sie sind aber für viele wichtige Funkte nördlich der Alpen auf italienischem Gebiet noch bedeutend, ebenso umgekehrt von italienischen Plätzen aus in der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Belgien.

Einen ungefähren Ueberblick über diese Verhältnisse ge.jvinnt man aus der folgenden dem Studienmaterial der Bundesbahnen entnommenen Darstellung:

Im Verkehr mit: Genna

inrin

1*nB*?n

Mailand

und Hinterland

und Hinterland (Dieses letztere umfasst das Gebiet westlich voll Santhia, Brneasco, Pessione, Bra und Bastia.)

(Dieses letztere urofasst das Gebiet westlich vou Arona, Bavia, S. Stefano, Pistola, Firenze, Chiusi, Terni, Caianello, Cedola, Sicignauo, Catanzaro, Sala, soweit nicht unter Turin gehörend.)

/

und HinlerlanfL (Dieses letztere uinfcisst alles östlich von den bei Genua genannten Punkten gelegene Gebiet.)

reicht die Zone der Lötschbergbahn im Westen bis

Im Osten bis

im Westen bis

Fribourg Payerne Mouchard Besançon Vesoul Toul Sedan Brüssel Vlissingen

Brienz Wolhusen Aarau Säckiugen Hausach Mühlackev Würzbuvg Erfurt Magdeburg Stralsund

Romont Verrières Morteaux La Barre Langres Jessain Epernay Compiègne Amiens

im Osten bis

im Westen bis

im Osten bis

Brienz Wolhusen Aarau Säckingen Hausach Karlsruhe Gemünden Erfurt ' Magdeburg Stralsund

Fribourg Yverdon Morteau La Barre ïs-sur-Tille Chatillons S.

Troyes Mezy Creu Abancourt

Brienz Wolhusen Ölten Basel Karlsruhe Eberbach Gemünden Eisenach Halberstadt Lübeck Auf dem Gebiet zwischen dieser Linie ab Basel und der Linie Basel, Metz, Trier, Gladbach, Utrecht, besteht via Gotthard und Lötschberg Distanzgleichheit.

S

58

Damit ist der Nachweis erbracht, dass die Lötschbergbahn ihre befruchtende Wirkung auf sehr weite Gebiete erstrecken wird.

4. Die Abkürzungen der Lötschbergbahn.

Neben der A u s d e h n u n g der Verkehrszonen eines neuen Transportmittels ist von besonderer Wichtigkeit die I n t e n s i t ä t d e r i n n e r h a l b derselben h e r v o r g e b r a c h t e n Wirkung. Diese richtet sich nach dem Grade der Abkürzung, der durch das neue Transportmittel Platz greift'.

Die m a x i m a l e Abkürzung der Lötschbergbahn ergibt sich -- wenn von der Linie Spiez-Frutigen abgesehen wird -- zwischen Spiez und Brig; sie berechnet sich wie folgt: Tarifkilometer :

Spiez-Brig via Thun-St. Maurice ,, ,, ,, Lötschbergbahn

276 87

Abkürzung

189

Nord- und südseits dieser Punkte nehmen die Abkürzungen mit dem ' Fortschreiten gegen die Peripherie der Zonen langsam ab, bis sie sich auf der Aequilinie des neuen und des alten Weges auf null reduzieren.

Es ist von Interesse, diese Verhältnisse an der Hand von Distanztabellen kurz zu beleuchten.

59 Spiez * und Hinterland

Brig* und Hinterland

(Schweiz und weiter)

(ffallis, sowie Italien und weiter)

Kürzeste Tarifdistanz Nach und von

vor der nach der Eröff lung der Lötscti bergbahn

Abkürzung

vor der nach der Eröff lung der Lötscl bergbahn

Abkiing

Kilometer Brig loco u.transit * (Italien) Visp .

Sierre .

. . .

Sion Martigny . .

. .

St. Maurice Spiez .

. . .

Interlaken Thun Läugnau .

.

.

Luzern Bern · .

Burgdorf . . .

Neu-Solothurn Ölten Basel loco uud transit * (Deutschi. U.Niederlande) Zürich Hauptbahnhof . .

Winterthur . .

. . .

Schaff hausen loco u.transit* (Deutschland) . . . .

Romanshornloco u. transit* (Deutschland) . . . .

St. Gallen . .

Buchs (Reinthal) loco und transit (Ost err.- Ungarn) Chur Glarus . . .

. . .

Biel Delémont La Chaux-de-Fonds . . .

Neuchâtel . . .

Fribourg Delle transit* (Frankreich u n d Belgien) . . . .

276 267 238 223 197 182

87 96 125 141 167 184

189 171 113 82 30 276 302 261 268 325 230 253 258 293

87 114 99 131 189 129 140 161 185

189 188 162 137 136 101 113 97 108

332 353 373

224

245 265

108 108 108

382

274

108

429 430

321 322

108 108

460 470 421 244 295 259 220 199

330 340 291 162 197 202 172 160

130 130 130 82 98 57 48 39

335

237

98

* Soweit der bezügliche Verkehr sich über diesen I unkt be wagt.

Turin und Hinterland 1

Geiiua und Hinterland '

O5 O

Mailand und Hinterland 1

Kürzeste Tarifdistanz Nach und von

vor der nach der vor der nach der AbAbAbEröfl'iu ug der kürzung Eröffnu ng der kürzung Eröffnu ng der kürzung Lötschb ergbahn Lötschb ergbahn Lötschb ergbahn

vor der uach der

iilornetei Spicz Interlaken Thun Lauguau . . .

Bern Burgdorf Neu-Solothurn Ölten Basel loco und transit 2 (Deutschland und Niederlande) Biel Delenioiit Delle transit 2 (Frankreich und Belgien) - La Chaux-de-Fonds Neuchâtel : Fribour^ 1 s

501 527 486 466 412 456 478 483 457

313 340 325 357 415 355 366 387 411

188 187 161 109

497 469 520 560484 446 424

450 388 423 463 428 398 386

47 81 97 97 56 48 38

101 112 96 46

571 597 546 514 460 526 536 540 505

383 410 395 427 485 425 436 457 481

188 187 151 87

545 539 576 616 554 516 494 '

520 458 493 533 498 468 456"

Hierunter ist das in der Tabelle auf Seite 57 g snanutc Ge biet vcrstîinden Soweit der bezügliche Verkehr sich über diese n Punkt b cwegt.

101 100 83 24

429 455 413 381 325 417 403 406 371

274 301 286 318 376 316 327 348 372

25 81 83 83 56 48 38

411 430 442 482 445 407 385

411 349 384 424 389 359 447

155 154 127 63 101 76 58

81 58 58 56 48 !

38 ;

61

Zu der sehr grossen Ausdehnung der Verkehrszonen der Lötschbergbahn gesellen sich also erhebliche Abkürzungen, speziell im Kern der Zonen.

5. Zeit-, Fahrgeld- und Frachtersparnisse durch die Lötschbergbahn.

Die durch ein neues Transportmittel herbeigeführten Wegabkürzungen erhalten ihre wirtschaftliche Bedeutung durch die mit denselben verbundenen Ersparnisse an Zeit im Nachrichtenund Reiseverkehr, sowie an Fahrgeld- und Frachtersparnissen im Reise- und Güterverkehr. Sie wächst proportional zur Grosse ·der Abkürzungen. Schon die Distanztabellen unter Ziffer 4 hiervor geben uns daher ein ungefähres Bild über die volkswirtschaftlichen Nutzeffekte, welche die Lötschbergbahn realisieren wird.

Wir wollen diese Verhältnisse noch etwas näher beleuchten, und zwar tun wir dies auf Grund der im vorhergehenden Abschnitt 4 niedergelegten und begründeten Tarifdistanzen.

a. Die Zeitersparnisse.

Die durchschnittlichen Reisegeschwindigkeiten von Bahnen mit G-ebirgscharakter betragen für Expresszüge 45 km. pro Stunde Schnellzüge 35 fl ,, ,, Personenzüge . . . . 2a ,, ,, ,, Stellen wir auf dieser Grundlage in Verbindung mit den Distanztabellen auf Seite 55 hiervor eine approximative Rechnung auf 1 ) und basieren sie auf Brig, als den massgebenden Knotenpunkt für die durch den S i m p l o n gehenden Züge, so erhalten wir folgende Resultate : Durchschnittlicher Zeitgewinn je nach dem benützten Zuge: a. Für das Berner-Oherlaud (Thun, Spiez,Interlaken),durchschnittl.

Abkürzung 1 7 0 k m . . . . 4 , 5 u n d 7 Std.

b. Für das obere Emmental (Langnau, Entlebuch und weiter), durchschnittliche Abkürzung 130 km 3 , 4 ,, 5 ,, ') Sie ist insofern nicht ganz richtig, als ihr besondere Distanzberechnungen (virtuelle) zu Grunde gelegt werden müssten, die aber für den vorliegenden Zweck zu weit führten.

62 e. FürdasBerner-Mittelland(Bern) und die nördlich und östlich anschliessenden Gebiete (Oberaargau, Solothurn, Baselland, Baselstadt und weiter etc.), · durchschnittliche Abkürzung 100 km

2 , 3

d. Für das Seeland und den BernerJura, durchschnittliche Abkürzung 80 km

ls/4, 2 J /4

,,

31/*

,,

e. Für den Kanton Neuenburg und Teile vom Kt. Freiburg, durchschnittliche Abkürzung 45 km.

l

, \l/i

,,

l3/*

,,

und 4

Std.

Die gleichen Zeitgewinne resultieren, wenn man die Rechnung auf Mailand abstellt, soweit hier nicht die G o t t h a r d r o u t e einwirkt.

Sie kommen selbstverständlich nicht nur dem Reisendenverkehr, sondern auch dem durch den Simplon gehenden Nachriehtenverkehr zu gute.

In noch stärkerem Masse würde sich der vom und bis zum Simplontunnel beschleunigen.

Warenverkehr

b. Die Falirgeldersparnisse.

Die Fahrgelder auf Eisenbahnen wachsen mit der der Schiene nach gemessenen Entfernung und zwar meistens nach Kilometereinheiten, d. h. von Kilometer zu Kilometer, etwa auch von zehn zu zehn Kilometern. Werden die Entfernungen durch Einschaltung einer neuen Eisenbahn kleiner, so nehmen die Fahrgelder im gleichen Verhältnis ab. Daraus folgt, dass jeder Kilometer Abkürzung, den die Lötschbergbahn gegenüber den bestehenden Wegen über Lausanne-Simplon und Luzern-Gotthard bringen wird, gleiche Einheitspreise vorausgesetzt, in Geld den Betrag ausmacht, den dieser Kilonieter auf den genannten beiden.

Linien, bei Nichtvorhandensein der Lötschbergbahn, Fahrgeld bezahlte. Die hierbei in Betracht zu ziehenden Taxoinheitspreise (jene der schweizerischen Bundesbahnen und der Gotthardbahn, die sich in der Hauptsache decken und künftig ohne Zweifel auch von der Lötschbergbahn übernommen werden) sind folgende :

63

Hin- und Rückfahrt

Einfache Fahrt LEI.

H. Kl.

m. KI.

I. Kl.

II. Kl.

m. KI.

Stareckentaxen pro Person und 1 Kilometer in Centimes

10,4

7,3

5,2

15,6

10,0

6,5

Werden diese Einheitspreise mit den weiter oben ausgewiesenen Distanzabkürzungen multipliziert, so erhalten wir die Fahrgeldersparnisse, die mit der Eröffnung der Lötschbergbahn verbunden sein werden.

Sie betragen für Reisende, welche die' S i m p l o n r o u t e benützen im Durchschnitt für die einzelnen Landesgegenden:

Einfache Fahrt I. Klasse

II. Klas.-e III. Klasse

Hin. und Bückfahrt I. Klasse

II. Klasse III. Klasse

Franken pro Person: a. für das Berner Oberland (Thun, Spiez, Interlaken), durchschnittliche Abkürzung 170 Tarifkilometer b. für das obere Emmental (Langnau, Entlebuch und weiter), durchschnittliche Abkürzung 130 Tarifkilometer c. für das Berner Mittelland (Bern) und die nördlich und östlich anschliessenden Gebiete (Oberaargau, Solothurn, Baselland, Baselstadt und weiter etc.), durchschnittliche Abkürzung 100 Tarif kilo m eter .

d. für das Seeland und den Berner Jura, durchschnittliche Abkürzung 80 Tarifkilometer .

e. für den Kanton Neuenburg und Teile, vom Kanton Freiburg, durchschnittliche Abkürzung 45 Tarifkilometer

17.70 12.40

8.85 26.55

17.--

11. 05

13. 50

9. 50

6.75 20. 30 13. --

8. 45

10.40

7.30

5.20 15.60 10.--

6.50

8.30

5.85

4.15 11.50

8.--

5.20

4.70

3 30

2.35

4.50

2.95

7.05

** *

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a

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140

60

100

65

80

45

durchschnittliche Abkürzungen in Tarif kilometern 170

100

100

100

80

45

170

80

100

100

80

45

Franken pro Wagen à 10 Tonnen i

.

Aasfuhr aus der Schweiz.

Eisen und Stahlwaren aller Art, Maschinenteile Roh- und Alteisen Käse, fester Schnittholz, Holzstoff, Holzzellstoff . . . .

73.45 51.-- 125. 80 59.50

43.20 30.-- 74. -- 35.--

43.20 30.-- 74.-- 35.--

43.20 30.-- 74.-- 35.--

34.55 24.-- 59. 20 28.--

19.45 73.45 13.50 51.-- 33.30 125. 80 15.75 59.50

34.55 24.-- 59.20 28.--

43.20 30.-- 74 -- 35.--

43.20 30.-- 74. -- 35.--

e4. 55 24.-- 59. 20 iIB. -- '

19.45 60.50 13.50 42.-- 33.30 103 60 15.75 49.--

25.90 18.-- 44. 40 21.--

43. 20 30.-- 74. -- 35.--

28. 10 19.50 48.10 22.75

34.55 24.-- 59.20 28.-

19.45 13.50 33. 30 15.75

96.90 125.80 102.-- 76.50 73.10 105. 40 68.-- 56. 10

57. -- 74. -- 60.-- 45.-- 43.-- 62.-- 40. -- 33! --

57.-- 74.-- 60.-- 45.-- 43.-- 62.-- 40. -- 33.--

57.-- 74. -- 60. -- 45.-- 43.-- 62.-- 40. -- 33. --

45. 60 59.20 48.-- 36.-- 34.40 49.60 32.-- 26. 40

25.65 96.90 45.60 33.30 125. 80 59. 20 27. -- 102.-- 48.-- 20.25 76.50 36.-- 19.35 73.10 34.40 27.90 105. 40 49.60 18. -- 68.-- 32. -- 14.85 56 10 26 40

57.-- 74.-- 60. -- 45.-- 43.-- 62.-- 40.-- 33 --

57.-- 74. -- 60.-- 45.-- 43.-- 62.-- 40.-- 33. --

45.60 59. 20 |W.36.-- 34.40 49.60 32 -- 26 40

25.65 79.80 34. 20 33.30 103. 60 44.40 27.-- 84.-- 36.-- 20.25 63.-- 27. -- 19.35 60.20 25.80 27.90 86.80 37. 20 18.-- 56 -- 24. -- 14. 85 46 20 19 80

57. -- 74 -- 60.-- 45.-- 43.-- 62. -- 40 -- 33 --

37.05 48. 10 39.-- 29.25 27.95 40. 30 26. -- 21 45

45.60 59 20 48.-- 36.-- 34.40 49.60 32 -- 26 40

25.65 33.30 27.-- 20.25 19.35 27.90 18 -- 14 85

Einfahr in die Schweiz.

Aus Italien.

Wein Eier Kastanien Reis, Ölsaaten Ölkuchen u n d andere Futtermittel . . . .

Hanf Schwefel . .

Marmor .

.

.

.

lieber die Seehäfen.

Getreide Baumwolle, Petroleum Wein

--

--

--

--

a, Für das Berner Oberland (Thun, Spiez, Interlaken).

6 Für das obere Emmental (Langnau), Entlebuch und weiter.

c Für das Berner Mittelland (Bern) und näher anschliessende Gebiete.

--

--

76 50 36 -- 45 -- 45. -- J6. -- 20. 25 85.-- 40.-- 50. -- 50 -- 10.-- 22.50 96.90 45.60 57.-- 57. -- 15.60 25.65

63 -- 27 -- 45 -- 29.25 36 -- 20 25 70. -- 30. -- 50. -- 32. 50 40 -- 22. 50 79.80 34.20 57. -- 37.05 45.60 25.65

d Für das Oba aargau, Teile von Solothurn und Baselland.

e Für das See! nd und den Berner Jura.

f Für den Kan on Neuenburg und Teile vom Kanton Freiburg.

') Hierunter ist das in der Tabelle auf Seite 57 genannte Gebiet verstanden. Es wird hier nicht auf Brig, sondern auf die italienischen Platze selbst abgestellt,, weil im G terverkehr die Transportpreise zv. ischen den konkuriierenden Routen durchwegs gleich gestellt werden, also der via Simplon gehende Verkehr zu den Sätzen der Gotthdrdioute gefahren wird, wenn sie billiger sind.

65 Ähnliche Reduktionen werden sich für den Reisendenverkehr mit Spezialbilletten ergeben (Rundreiseverkehr, Gesellschaften und Schulen).

c. Die Fr achtersparnisse.

Die Berechnung der durch eine neue Eisenbahnlinie realisierbaren Frachtersparnisse richtet sich im allgemeinen nach den gleichen Grundsätzen wie die Berechnung der Fahrgeldersparnisse.

Dabei darf angenommen werden, dass die Lötschbergbahn für den Transitgüterverkehr aus und nach Italien keine andern Grundtaxen berechnen werde wie die Gotthardbahn, so dass auch hier die eintretenden Frachtersparnisse durch einfache Multiplikation der Taxeinheitspreise der Gotthardbahn mit den in der Tabelle auf Seite 60 ausgewiesenen kilometrischen Wegabkürzungen ersichtlich werden.

Diese Taxeinheitspreise sind für die wichtigsten Transportgüter in Wagenladungen von 10,000 kg an aus und nach Italien folgende : Pro Tonne u. 1 km.

A u s f u h r aus der S c h w e i z : in Centimes.

Eisen- und Stahlwaren aller Art, Maschinenteile 4,33 Roh- und Alteisen 3,o Käse, fester .

7,4 Schnittholz, Holzstoff, Holzzellstoff . . . .

8,5 E i n f u h r in die Schweiz.

Aus Italien: Wein Eier Kastanien, Öle, vegetabilische Reis, Ölsaaten Ölkuchen u n d andere Futtermittel Hanf Schwefel . . .

Marmor

. . . .

5,7 7,4 6,0 4,5 4,g 6,2 4,o 8,3

Über die Seehäfen : Getreide 4,s Baumwolle, Petroleum 5,o Wein 5,7 Hiernach ergeben sich auf Grund der oben (Seite 60) ausgewiesenen Distanzabkürzungen folgende Frachtersparnisse : Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

5

66

6. Gewinn an Transitverkehr durch die Lötschbergbahn.

Wichtig für wirtschaftliche und verkehrspolitische Interessen eines Landes ist unter anderem auch, dass es ihm gelinge, T r a n s i t · v e r k e h r e zu entwickeln und sie möglichst lange auf seinem Gebiete zu behalten. Als Massstab dafür, in welchem Grade eine neue Eisenbahnline nach dieser Richtung zu wirken vermag, dienen wieder die Ausdehnung und die Intensität der eintretenden Abkürzungen. Wie es diesfalls mit der Lötschberg-Simplonlinie bestellt ist, erhellt aus den Kapiteln 3 und 4 hiervor. Näher festzustellen bleibt aber noch, auf welche Streckenlängen die Lötschbergbahn der Schweiz Transitverkehr zuzuführen vermögen wird.

Die Lötschbergbahn hat ilire Verkehrszone vornehmlich in Frankreich. Vor Eröffnung des Sitnplon ging der Verkehr zwischen Frankreich und Italien sozusagen ganz über den Mont-Cenis und relativ nur ein sehr geringer Teil über den Gotthard.

Von der Eröffnung des Simplontunnels erhoffte man hierin eine Aenderung, die allerdings bis zur Stunde noch nicht erfüllt ist, aber sich erfüllen kann. Damit gewinnt die Schweiz neuen Transitverkehr auf der Strecke Vallorbe-Iselle. Mit der Eröffnung der Lötschbergbahn werden sich diese Verhältnisse nochmals ändern. Es wird weiterer neuer Verkehr von der Mont-Cenis Route an die Schweiz übergehen, dann wird die schweizerische.

Transitdistanz an Länge gewinnen durch Übergang von Verkehr von der Route Vallorbe-Simplon an die Route Delle-LütschbergSimplon.

Diese Distanzgewinne werden betragen : Tarifkilometer :

a. Für neuen der Route via Mont-Cenis abgenommenen Verkehr, Delle-Iselle ö. Für der Route via Vallorbe-Simplon abgenommenen Verkehr, Delle-Iselle = 281 Tarifkilometer Vollorbe-Iselle . . . 2 3 5 ., _.

281

46

Dem wird man gegenüberhalten, dass der Schweiz an Transitdistanz verloren gehe durch Übergang von Verkehr von der langen Route Basel-Gotthard an die Route Basel-LütschbergSimplon. Diese Verhältnisse sind folgende :

67

Basel-Gotthard, künftig Basel-Lötschberg-Iselle Differenz

Pino

Chiasso

319 268 51

359 268 91

Es ist also tatsächlich ein Verlust vorhanden, aber, da es sich hier hauptsächlich um Verkehr handeln wird, der auf der Gotthardroute via Pino geht, kein solcher, dass er nicht durch den Gewinn ausgeglichen würde, der sich allein aus dem Übergang von Verkehr von der Route Vallorbe-Simplon ergibt.

7. Schlussbetrachtungen.

Aus dea vorstehenden ziffermässigen Darlegungen geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass die Lötschbergbahn berufen sein wird, neben wichtigen internationalen insbesondere auch bedeutende allgemein schweizerische Verkehrsinteressen zu befriedigen und dass sie somit Anspruch hat, als s c h w e i z e r i s c h - n a t i o n a l e s W e r k aufgefasst und behandelt zu werden.

Abgesehen von einer kleinen Zone schweizerischen Gebietes in der Westschweiz (Waadt und Genf) und etwa im Tessin, profitieren alle Gegenden der Schweiz von der Lötschbergbahn, teils durch bedeutende Annäherung an das Wallis, wie z. ß. die Zentral- und Ostschweiz, teils durch Annäherung an das Wallis und an Italien, wie die Kantone Bern, Solothurn, Basel, Neuenburg und Freiburg. Welche Vorteile mit dieser Annäherung und den durch sie bewirkten Ersparnissen an Zeit und Geld, durch Hebung der Gütererzeugung, Verbilligung des Güterverbrauchs, Erleichterung des Handels, Einwirkung auf das politische, geistige und gesellschaftliche Leben der betreffenden Gegenden verbunden sein werden, braucht hier nicht des nähern ausgeführt zu werden ; sie liegen auf der Hand.

Hervorgehoben zu werden verdienen indessen die Vorteile, deren sich der Kanton Wallis zu erfreuen haben wird. Bisher ziemlich abgeschnitten von dem grössern Teil der Schweiz, von der Bundesstadt und den wichtigen Eingangstoren Basel und Delle, vvie auch Romanshorn und Buchs im Osten, wird er durch die Lötschbergbahn mit einem Schlage eng an diese Gebiete angeschlossen. Dadurch wird nicht nur sein Fremdenverkehr neue lebhafte Impulse empfangen, sondern es wird auch der Grund gelegt zu seiner industriellen Entwicklung, zur Ausbeutung seiner mineralischen Bodenschätze und zum erleichterten Absätze

6S

seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse, wie vornehmlich der Trauben und des Weines.

Für die Qualifikation der Lütschbergbahn als schweizerischnationales Unternehmen fallen aber noch andere Erwägungen in Betracht : Die Schweiz hat, wie schon oben unter 6 hervorgehoben, ein hohes Interesse daran, den Verkehr, der sich zwischen den Ländern nordseits der Alpen, einerseits, und Italien und seinen Seehäfen, anderseits, abwickelt, durch ihr Gebiet zu leiten, ja nicht nur das, sie rnuss es geradezu als ein wirtschaftliches Gebot betrachten, diesen Verkehr durch Verbesserung ihrer Transportmittel weiter zu entwickeln und zu heben ; denn jede Person, jede Tonne Gut, die so die Schweiz betritt, wird ihr tributar.

Personen und Güter zum mindesten durch Entrichtung der Transportpreise, aber vielfach auch m ehi1 : Personen durcli ihren mit der Durchreise verbundenen Aufenthalt. Güter durch die Aliinentierung der Lagerhäuser etc. Daraus resultiert eine ergiebige Verdienstquelle in den verschiedensten Verzweigungen, die ihrerseits wieder einer Steigerung des Grund- und Liegenschaftenwertes, der Steuerkraft, kurz einer Hebung des Nationalwohlstandes ruft. Und je länger Personen und Güter auf schweizerischem Gebiet verbleiben, destomehr treten alle diese Vorteile in Erscheinung; sie wachsen mit der Länge des Weges, die der Verkehr unser Land berührt.

Dass nun aber die Lötschbergbahn berufen sein wird, nach diesen Richtungen eine intensive Wirksamkeit zu entfalten, ergibt sich aus den zahlenmassigen Darlegungen der frühereu "Kapitel. Wir haben gesehen, dass die Lötschbergbahn im stände sein wird, teils vollständig neuen Verkehr der Schweiz zuzuführen, teils für den bereits vorhandenen die nutzbare schweizerische Distanz zu verlängern, ohne anderseits -- beim Gotthai'd -- solche Schädigungen hervorzubringen, dass sie nicht allein schon durch den Übergang von Verkehr von der Route Vallorbe-Lausanne ihre volle Kompensation fänden. Es bleibt also der Schweiz immer noch der Gewinn, den die Lötschberg-Simplonlinie durch Acquisition von Verkehr von der Route via Mont-Cenis herbeiführen svird. Dabei handelt es sich bei der langen Distanz von 281 Kilometer und dem Umstände, dass Delle ein wichtiger Einbruchspunkt werden wird (vgl. auch die nachfolgenden Ausführungen unter VI) nicht um wenig, so dass der nationale Charakter der Lötschbergbahn auch nach dieser Richtung als nachgewiesen betrachtet werden kann.

69

VI. Die eisenbahnpolitische Bedeutung der Lötschbergtoahn.

Es steht wohl ausser Frage, dass der lange Simplontunnel mit seinen enormen Kosten bei den heutigen Verhältnissen seiner Zufahrtslinien nicht genügend alimentiert wird. Er hat sozusagen nur e i n e Hauptader, die ihm Verkehr zuführt und das ist diejenige aus Mittelfrankreich über Vallorhe-Lausanne. Aber auch bei dieser ist der nutzbare schweizerische Durchlauf relativ kurz.

Noch misslicher müssten sich unter Umständen die Verhältnisse gestalten, wenn der Faucilledurchstich oder gar eine Mont-BlancBahn zustande käme ; denn in beiden Fällen würde dem Hauptverkehr des Simplon, der Vallorbe-Route, stark Abbruch getan und es darf ohne Übertreibung gesagt werden, dass alsdann die eisenbahnpolitische Lage des Simplon eine sehr inferiore würde.

Gegen diese Eventualitäten schützt nur e i n Mittel und das ist eine zentrale Zufahrtslinie durch die Berneralpen. Wer einen Blick auf die Eisenbahnkarte wirft, dem fällt unschwer der fatale Umstand in die Augen, dass der Verkehr, der von Süden her durch den Simplontunnel kommt, in Brig den Weg nach Norden zurzeit versperrt findet; er ist genötigt, zunächst den langen, scharf nach Westen abbiegenden Weg durch das Wallis zu nehmen, um sich dann erst lange nach Austritt aus dem Tunnel, am Genfersee, nach Norden zu wenden. Diesem Übelstand wird die Lötschbergbahn gründlich abhelfen; sie wird dem durch den Simplon gehenden Verkehr eine direkte Fortsetzung · und eine direkte Zufahrt schaffen und damit die eise.nbahnpolitische Bedeutung des Simplontunnels bedeutend heben und ihm diejenige Stellung im Verkehrswesen Mitteleuropas anweisen, die ihm gebührt. Durch die Lötschbergbahn werden sodann die wichtigen Einbruchspunkte Delle und Basel unter den Einfluss des Simplon gebracht, ohne, wie wir weiter oben gesehen habeo, der G-otthardlinie tarifpolitisch nahe zu treten.

Dem mag noch beigefügt werden, dass nach den von den Bundesbahnen berechneten Karten die Verkehrszonen des Simplon durch die Lötschbergbahn bei M a i l a n d ) um , ,, ., TT- i i j Ji das Doppelte, undi Hinterland ^r ' bei G e n u a l um , _ .,, , L i i tJ das Dreifache,' undj nHinterland bei T u r i n l , ,, , , , j. i j Ji um das Zehnfache undj TTHinterland

70

vergrössert werden, womit ein sprechender Beweis für die eisenbahnpolitische Bedeutung der Lötschbergbahn gerade auch im Vergleich zum Simplon selbst gegeben ist.

Zum Schlüsse dieses Kapitels erübrigt uns noch, ein Wort über das Verhältnis der Lötschbergbahn zur Westschweiz anzubringen.

Auf den ersten Blick mochte man glauben, dass die letztere durch das neue Unternehmen stark in Mitleidenschaft gezogen werde. In Wirklichkeit ist dem aber nicht so. Wir sind der Ansicht, dass es nicht durchaus feststeht, dass die Lütschbergbahn westschweizerische Interessen tangieren müsse.

Welcher Verkehr wird nach Eröffnung der Lütschbergbahn von der Route über Lausanne an erstere übergehen? Zunächst ein gewisser Teil des sclnveizerisch-wallisischen und des schweizerisch-italienischen Verkehrs, von letzterem jener Teil, der von der Gotthard- an die Lausanne-Simplonroute übergegangen ist, nun aber von der Lötschbergroute, als der kürzeren und leistungsfähigeren, absorbiert wird. Was sodann vom internationalen Transitverkehr aus dem Besitzstand der Route Lausanne-Simplon an dio Lötschbergroute tibergehen wird, ist ebenfalls nicht sehr erheblich ; denn der Verkehr, den diese acquirieren wird, dürfte zum grössern Teil andern Routen z. B. der Mont-Cenis Route abgenommen werden.

Bei allem ist0 aber ins Auge za fassen, dass der Verkehr, den die Lütschbergbahn von da und dort ablenken wird, den Betroffenen durch von ihr geschaffene vermehrte Zirkulation ersetzt werden wird. Denn es ist eine bekannte Tatsache, dass neue wichtige Transportmittel nicht nur auf die enger anliegenden Gebiete einen günstigen Einfluss ausüben, sondern mittelbar weitere Gegenden befruchten. So wird in der Westsehweiz vom Verkehr der Lötschbergbahn nicht bloss das Wallis gewinnen, sondern dessen Wellen werden auch an die Ufer des Genfersees schlagen.

VII. Die militärische Bedeutung der Lötschbergbahn.

Die topographische Gestaltung unseres südlichen Grenzgebietes hat es notwendig erscheinen lassen, dort Befestigungen anzulegen, während alle anderen Grenzfronten unbefestigt sind.

Das hat seinen Grund lediglich darin, dass die wenigen Verbindungslinien durch das unwegsame und unwirtliche Gebirgsland der Südgrenze eine ungleich höhere Bedeutung haben als die zahlreichen der andern Fronten.

71 Es wäre wohl wünschenswert, dass wir alle Grenzfronten befestigten. Doch ist an der West-, Nord- und Ostfront das Bedürfnis dazu nicht so gross, weil dort durch zahlreiche Anmarschund Verschiebungslinien eine grosse Bewegungsfreiheit gesichert und die rückwärtige Verbindung ausgiebig und leicht ist. Denn die Stärke einer Grenzfront hängt in erster Linie von ihren Verbindungen mit dem Landesinnern ab. Erst nachher vom Gelände und von Befestigungen. Je besser die Verbindung ist, desto weniger dringlich sind Befestigungen.

Die Lötschbergbahn, als direkte Verbindung zwischen Thun und dem mittleren Wallis, wird demnach für die Südfront ein mächtiger Krafthebel sein. Sie wird, je nach der Kriegslage, und jedenfalls solange der Verkehr im Rhonetal nicht unterbrochen ist, den beiden Befestigungsgebieten, des St. Gotthard und von St. Maurice, in gleicher Weise dienstbar sein. Sie mündet in der Mitte zwischen beiden Gebieten ins Rhonetal. Dadurch entlastet sie die jetzigen Zufuhrlinien der Befestigungen, die Gotthardbahn und die Linie über Lausanne.

Hat sich die Kriegslage so gestaltet, dass die Bahnlinie über Lausanne nicht mehr betriebsfähig ist, so wäre ohne die Lötschbergbahn St. Maurice von dem Landesinnern sozusagen abgeschnitten.

Durch die Lötschbergbahn bleibt es mit ihm in sicherer Verbindung.

Wenn schweizerische Heeresteile aus dem Tessin ins Gotthardgebiet zurückgewichen sind, und da nicht mehr volle Verwendung finden, so können die dort überflüssigen Truppen teils über die Pässe zwischen dem Reuss- und dem Aaretale, teils über Luzern und den Briinig verschoben und durch die Lötschbergbabn in kurzer Zeit ins Wallis befördert werden. Wenn einst die Brünigbahn normalspurig, und die Brienzerseebahn gebaut ist, so wird, dank der Lötschbergbahn, die rückwärtige Verschiebungslinie zwischen dem Gotthard und dem Wallis nahezu vollkommen sein.

Aus diesen Gründen wird die Lötschbergbahn für die Landesverteidigung von grossem Werte sein.

Der Simplondurchstich hat eine neue Einmarschlinie durch unsere Südgrenze eröffnet. Durch ihn erhält ausserdem die Simplonstrasse als Einmarschlinie erhöhte Bedeutung. Die Rücksicht auf die Landesverteidigung auferlegt uns die Pflicht, Massnahmen zu treffen, den Tunnelausgang und die Simplonstrasse auf Schweizergebiet vom Anfange eines Krieges an zu beherrschen.

Das Naheliegendste wären Befestigungsanlagen. Würden solche

72

gemacht, so wäre die Lötschbergbahn ihre unumgängliche Verbindung mit dem Landesinnern. Der Gedanke an eine Simplonbefestigung ist jedoch zum voraus abgelehnt worden. Wir werden deshalb bei einem Kriegsausbruche genötigt sein, Truppen an den Simplon zu werfen, um die Strasse und den Tunnelausgang von Anfang an in unsere Gewalt zu bekommen. Diese Truppen werden sich dort festzusetzen und zum Kampfe bis aufs äussersto einzurichten haben. Von den Befestigungen des St. Gotthard und von St. Maurice dürfen sie in keiner Weise abhängen. Sie müssen selbständig sein. Das alles ist mit Hülfe der Lötschbergbahn durchführbar. Ohne sie nicht.

Aus diesen Gründen wird die Lötschbergbahn für die Landesverteidigung einem zwingenden Bedürfnisse entsprechen.

Die Aufgaben, die der Lötschbergbahn im Kriege zufallen können, werden die Linie, besonders in den kritischen Zeiten, beim Kriegsausbruche, bei einem Kampfe um den Simplonabschnitt, und wenn eine der anderen Verbindungslinien der Südfront nicht betriebsfähig sein wird, sehr stark in Anspruch nehmen. Die Lösung dieser Aufgaben hängt dann im wesentlichen davon ab, dass die Transporte für den Nachschub und den Rückschub rasch und glatt von statten gehen. Militärische Rücksichten fordern deshalb eine doppelspurige Anlage der Linie von vornherein. Aus anderen Gründen könnte vorderhand darauf vielleicht verzichtet werden. Ob diese andern Gründe jemals hinfällig werden, ist nicht zum voraus abzusehen. Aber die Zeit mag kommen, wo die Rücksichten auf die Landesverteidigung gebieterisch auftreten werden, wo gegen alle heutigen Einwände ein zweites Geleise wird gelegt werden müssen.

Darauf sollte beim Bau der Linie Bedacht genommen und wenigstens der Tunnel sofort doppelspurig erstellt werden.

Herr Bundespräsident, Herren Bundesräte, Durch vorstehende Ausführungen haben wir dargetan, dass die Lötschbergbahn als ein öffentliches Werk bezeichnet werden darf, dem für die ganze Schweiz eine überaus grosse Bedeutung zukommt. Die Bahnanlage bedeutet für grosse Teile unseres Landes einen entscheidenden wirtschaftlichen Fortschritt. Den starkbevölkerten Gegenden, die zwischen den Linien RomontYverdon-Les-Verrières und Brienz-Wohlhusen-Aarau-Hheinfelden

73

liegen, wird die neue Verkehrsader einen mächtigen Aufschwung von Handel und Industrie bringen, der indirekt unserem ganzen Lande zu gut kommt. Grosse Teile des Kantons Wallis rücken mit einem Schlage in nächste Nähe der zentralschweizerischen Verkehrszentren. Der Simplon e'rhält die ihm gebührende eisenbahnpolitische Bedeutung, die er jetzt aus Mangel an Zufahrtslinien nicht beanspruchen darf. Er wird gegen die schädigenden Folgen sichergestellt, die ein westlicher Alpendurchstich auf seine Verkehrsmenge ausüben kann. Mit der neuen Verkehrslinie England-Italien wird neuer Verkehr entstehen ; das Gesamtnetz; der schweizerischen Bahnen erfährt eine dauernde Stärkung.

Auch im Interesse der Landesverteidigung -- wie wir nachgewiesen haben -- sprechen wichtige Gründe für die sofortige Erstellung der Doppelspur des Tunnels.

Ist damit der Nachweis geleistet, dass die Berner Alpenbahn ein öffentliches Werk im Sinne von Art. 23 der Bundesverfassung darstellt, so steht unzweifelhaft fest, dass der Bund befugt ist, dieses Werk finanziell zu unterstützen.

Das Eisenbahngesetz vom 23. Dezember 1872 verpflichtet den Bund, ,,im allgemeinen die Eisenbahnverbindungen zu entwickeln und zu vermehren" und insbesondere den Bestrebungen, ,,die Verkehrsverbindungen der Schweiz mit Italien und dem mittelländischen Meere zu verbessern, möglichste Förderung angedeihen und dabei namentlich keine Ausschlussbestimmungen gegenüber der einen oder andern dieser Bestrebungen eintreten zu lassen"-. (Art. 3.)

Diese Verpflichtungen des Bundes haben durch den Eisenbahnrückkauf keine Einschränkungen erfahren ; sie sind im Gegenteil grundsätzlich anerkannt und bestätigt worden.

Durch den Eisenbahnrückkauf ist auch weder rechtlich noch tatsächlich ein Monopol der Bundesbahnen geschaffen worden.

Nach wie vor ist für die private Betätigung Raum zum Ausbau des schweizerischen Eisenbahnnetzes. Gegen die Privattätigkeit auf diesem Gebiete ist um so weniger einzuwenden, wenn sie mit den Bestrebungen von Kantonen und Gemeinden Hand in Hand geht.

Eine Beteiligung des Bundes an privaten Eisenbahnunternehmungen ist durch die Gesetzgebung des Bundes über das Eisenbahnwesen ebenfalls nicht ausgeschlossen. Unter der Geltung des Rückkaufsgesetzes wurde Aktienbeteiligung an den Rhätischen Bahnen beschlossen, wurde eine Verpflichtung des Bundes

74

zur finanziellen Unterstützung der Abkürzungslinie Frasne-Vallorbe eingegangen, die eine Kapitalbelastung von 6 Millionen Franken repräsentiert. Ausserdem liât der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. Juni 1903 über die Konzessionierung der Linie Münster-Grencheu die Aufnahme einer Bestimmung vorgeschlagen, die dem Bunde das Recht wahren sollte, die Hälfte des Aktienkapitals dieser Linie zu übernehmen. (Aus formellen Gründen unterblieb zwar die Aufnahme dieser Bestimmungen in die Konzession.)

IQ Erledigung eines Gesuches der Regierungen von Born, Baselland, Wallis und. Freiburg, vom November/Dezember 1902, in Sachen der Abkürzungslinie Frasne-Vallorbe hat der Bundesral; in der Sitzung des Nationalrates vom 9. Dezember 1902 folgende Erklärung abgegeben : ,,Ohne der Zukunft und denjenigen vorgreifen zu wollen, die dereinst berufen sein werden, die Frage der Simplon-ZufahrtsJinien zum Besten des Landes zu lösen, gibt der Bundesrat der Meinung Ausdruck, dass die Projekte für solche Zufahrtslinieu, sobald sie sich auf technische Studien und ausreichende finanzielle Zusicherungen stützen, bei den Bundesbehörden die gleiche Behandlung finden sollen, wie sie das Projekt einer Bahnverbindung Frasne und Vallorbe gefunden hat, immerhin mit dem Vorbehalt, dass jene Projekte alle wünschbaren Garantien für die Wahrung der schweizerischen Interessen bieten."

Der in dieser Erklärung des Bundesrates gemachte Vorbehalt ist durch die Statuten der Berner Alpenbahngesellsdiuft (B. L. S.) und die von ihr abgeschlossenen Verträge erfüllt.

Der Mehraufwand der doppelspurigen gegenüber der einspurigen Anlage beträgt 13 Millionen Franken. Das Bankhaus J. Loste & Cie., das die Beschaffung des Prioritätsaktienkapitals und der Obligationen erster Hypothek durchgeführt hat, sichert für die Ausführung des doppelspurigen Tunnels die Übernahme von 8 Millionen Franken, zuzüglich der Anleihenskosten, in gleich massiger Verteilung auf Prioritätsaktien und Obligationen ··/M. Subventioniert der Bund heute in dem ihm zugedachten Masse das Unternehmen, so ist damit die Kapitalbeschaffung für den Mehraufwand von 13 Millionen Franken der doppelspurigen gegenüber der einspurigen Anlage des Lötschbergtunnels vollständig. Wird die Doppelspur aber erst später erstellt, so erfordert dies einen Kapitalaufwand an Baukosten von 26 Millionen.

Die Mithülfe des Bundes für eine doppelspurige Erstellung des Lötschbergtunnels darf um so eher beansprucht und erwartet

75

werden, als die Berner Alpenbahngesellschaft schon die Landerwerbungen für die doppelspurige Anlage der offenen Strecken der ganzen Bahn durchgeführt und ihren Unterbau so erstellen lässt, dass die Ausführung des zweiten Geleises später ohne Schwierigkeiten und ohne unverhältnismässige Mehrkosten stattfinden kann.

In einem gegebenen Zeitpunkte wird die Berner Alpenbahn (B. L. S.) verstaatlicht werden. Die Verkehrsentwicklung der Bundesbahnen wird in absehbarer Zeit die Erstellung eines zweiten Geleises durch den Lötschberg erfordern. Wird der Lötschbergtunnel von Anfang an auf Doppelspur ausgebaut, so bedeutet das für die Bundesbahnen eine namhafte Kapitalersparnis.

Eine fürsorgliche Finanzpolitik erheischt also die sofortige Ausführung der Doppelspur für den Tunnel.

Gestützt auf unsere Ausführungen beehren wir uns, an Sie xu Händen der eidgenössischen Räte das Gesuch zu richten : Die Eidgenossenschaft möchte sich an der Berner Alpenbahn (Bern-Lötschberg-Simplon) finanziell beteiligen, zu dem Zwecke, die doppelspurige Ausführung des grossen Lötschbergtunnels bei der ersten Anlage möglich zu machen.

Diese Beteiligung möchte auf mindestens fünf Millionen Franken bestimmt werden und in Aktien gleichen Ranges wie die Staatsbeteiligung des Kantons Bern (Stammaktien) erfolgen.

Wir benutzen den Anlass, Sie, Herr Bundespräsident, Herren Bundesräte, unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 31. Dezember 1906.

Im Namen des Regierungsrates, Der P r ä s i d e n t : Kunz.

Der Staatsschreiber : Kistler.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung einer Bundessubvention von 5 Millionen Franken an den Kanton Bern für die doppelspurige Anlage des Lötschbergtunnels. (Vom 28. Mai 1907.)

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1907

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05.06.1907

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