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Schweizerisches Bundesblatt.

59. Jahrgang. HL

Nr. 19.

1.Mai 1907.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 5 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile oder deren Bannt 15 Rp -- Inserate franko an die Expedition.

Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Verweigerung der Konzession einer Drahtseilbahn von Lauterbrunnen nach Wengen.

(Vom 19. April 1907.)

Tit.

I.

Herr Richard Zschokke, Ingenieur in Wengen, unterbreitete unterm 13. Februar 1904 im Auftrage des K u r v e r e i n s Wengen «dem Eisenbahndepartement zu Händen der Bundesbehörden ein Konzessionsgesuch für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn von L a u t e r b r u n n e n nach W e n g e n .

Der allgemeine Bericht geht davon aus, Wengen entwickle sich immer mehr als Winterkurort. Man habe sich schon lange mit dem Gedanken getragen, Wengen eine bessere Verbindung für den Winter zu geben, da der bestehende Fussweg im Winter schwierig zu begehen sei. Es sei die Erstellung einer Fahrstrasse von Lauterbrunnen oder Zweilütschinen in Erwägung gezogen worden. Mit einer Strasse wäre aber der Gemeinde Wengen als Winterkurort nicht gedient. Es wäre für Wintergäste immerhin ein fragliches Vergnügen, bei stürmischem Winterwetter zu FUSS oder per Schlitten von Lauterbrunnen oder Zweilütschinen nach Wengen zu kommen. Das nächstliegende sei nun gewesen, die Wengernalpbahn für den Winterbetrieb zu interessieren. Die Direktion der Wengernalpbahn habe durch eine Kommission die Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. III.

12

Beilage zu Nr. 18 des Bundesblattes, Jahrgang 1907.

Zusammenstellung der im Monat Februar 1907 auf den wichtigem schweizerischen Normalspurbahnen beförderten Züge und deren Verspätungen.

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1 15 1 16 II 17 1 1S 1 19 An den Endpunkten der Fahrt trafen ein:

Total der beförderten, |

Bezeichnung der Eisenbahnen

Durchschnittliche Länge der Davon im Betrieb i doppelBefindliche!] i spurig Linien

Total der zurückgelegten

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Fakultativ- und Extra-

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Auf die regelmäßigen Personenzttge und Güterz (Ige mit Personenbeförderung entfallen :

Von den mit 10 Achskilometern kommen auf 1 Kilometer Bahnlänge Anzahl

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der gemäß Kolonnen Anzahl Bezeichnung im 23 and 24 der gleichen der Total verspäteten versäumten Monat Zuge im im Anschlüsse Eisenbahnen des gleichen Verhältnis Vorjahres zur Monat Gesamtzahl des Vorjahres der Züge

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Totale und Durchschnittszahlen Im Monat Februar 1SOK

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N.C.

178 Frage untersuchen lassen, ob die Erwerbung einer Konzession für eine Drahtseilbahn von Lauterbrunnen nach Wengen und deren Erstellung im Interesse der Wengernalpbahn liege. Die Kommission sei zum Schlüsse gekommen, dies sei nicht der Fall, habe aber zugegeben, dass eine Drahtseilbahn für den Lokalverkehr sehr günstig wäre. Sie habe die Anlage eines Doppelgeleises oder die Erstellung einer Neuanlage mit 18% (statt 25°/o) Steigung als im Interesse der Wengernalpbahn liegend empfohlen. Diese zwei Verbesserungen würden sich aber für den Winterbetrieb nicht ohne weiteres eignen, es müssten noch Schutzbauten angebracht werden. Das Gutachten datiere vom 20. Mai 1902; es sei aber bis jetzt weder das eine noch das andere Projekt ausgeführt worden, trotzdem der Verkehr stetig wachse, wie folgende Zahlen beweisen : Verkehr der Wengernalpbahn pro 1902 91,278 Personen, ,, ,, ,, ,, 1903 108,115 ,, Auch der Regierungsrat, des Kantons Bern habe die Einführung des Winterbetriebes für nötig erachtet.

Die Wengernalpbahn fand es jedoch nicht in ihrem Interesse Liegend, den Winterbetrieb einzurichten. Der Personenverkehr sei letztes Jahr am 31. Oktober, der Güterverkehr Mitte November eingestellt worden.

Es habe deshalb der Kurverein W engen beschlossen, selbst die Initiative zu ergreifen, um der Gemeinde Wengen zu einer Drahtseilbahn und zum langersehnten Winterbetriebe zu verhelfen.

Die Konzessionsbewerber erklären, dass durch die Erstellung einer Drahtseilbahn zwischen Lauterbrunnen und Wengen durchaus kein Konkurrenzunternehmen gegenüber der Wengernalpbahn geschaffen würde; es wäre dies auch gar nicht möglich. Im Gegenteil, sie hoffen, von der Wengernalpbahn darin unterstützt zu werden, da durch die Drahtseilbahn die ohnedies viel zu stark belastete Strecke Lauterbrunnen-Wengen wesentlich entlastet würde.

Der technische Bericht enthält folgende Angaben : Die ziemlich steile, gleichmässige Böschung von der Lütschine bis zum Dorfe Wengen ist für die Anlage einer Drahtseilbahn sehr günstig. Es wird deshalb eine elektrisch betriebene Drahtseilbahn in Aussicht genommen. Die Bahn beginnt auf dem linken Ufer der Lütschine, zwischen der Lütschine und dem Bahnhofe der Wengernalpbahn und der Berner Oberland-Bahnen in Lauter-

179 brunnen. Eine Unterführung, wie sie bei vielen grossen Bahnhofanlagen (Olten-Bern) bestehen, unter den Geleisen der Berner Oberland-Bahnen und Wengernalpbahn durch, verbindet den Bahnhof Lauterbrunnen mit der Station der Drahtseilbahn. Man wird dieselbe möglichst nahe an den Bahnhof Lauterbrunnen zu placieren suchen, was eventuell durch Anbringen eines Elektromotors auf den Wagen der Seilbahn ermöglicht werden könnte.

Es wird die Lösung dieser Aufgabe der Zweck eines speziellen Studiums sein. Auf einer zirka 14 m. langen eisernen Brücke setzt man über die Lütschine mit einer Anfangssteigung von 33 °/o auf zirka 196 m. Die Schlusssteigung beträgt 44 % auf 764 m. ; eine parabolische Ausrundungskurve von zirka 240 m. Länge vermittelt die zwei Steigungen. Die Bahn zieht sich in nordöstlicher Richtung an der Berglehne aufwärts und endigt mit einer .schwachen Kurve westlich des Bahnhot'es der Wengernalpbahn in Wengen; die Totallänge in horizontaler Richtung beträgt 1180m., die auf diese Länge überwundene Höhendifferenz 481 m. Bei km. 0,8 kreuzt sie die Wengernalpbahn unter einem Viadukt. Der Unterbau besteht aus einem durchgehenden Mauerkörper von1,50 m. Kronenbreite. Die Bahn ist meterspurig und eingeleisig, mit Ausnahme der automatischen Ausweichung. Die Bahn soll'' für Personen-, Gepäck- und Güterverkehr eingerichtet werden.

Es sind vorläufig zwei Personenwagen à 60 Plätze mit aufkippbaren Sitzplätzen vorgesehen.

Es wird eine Geschwindigkeit von 2 m. pro Sekunde angenommen, d. h. es würde die 1180 m. lange Strecke in 10 Minuten zurückgelegt werden. Rechnet man also als Fahrzeit 10 Minuten und zum Ein- und Aussteigen weitere 10 Minuten, so könnte alle 20 Minuten ein Zug abfahren, d. h. drei Züge pro Stunde in jeder Richtung; es könnten also bei 14stündigem Betriebe täglich 2900 Personen in einer Richtung befördert werden.

Zum Betriebe der Bahn sind 65 HP erforderlich.

Kapitalbeschaffung und Gründungskosten . . . Fr. 30,000 Landankauf, Expropriation ^ 40,000 Unterbau ,, 370,000 Oberbau ,, 35,000 Hochbauten, Signale ,, 30,000, Mechanische Einrichtungen ,, 32,000Rollmateria], Seil ,, 38,000Mobiliar und Gerätschaften ,, 5,000 Unvorhergesehenes ,, 20,000 Fr. 600,000'

180 II.

Mittelst Eingabe vom 19. April 1904 erhob der Verwaltungsrat der Wengernalpbahn-Gesellschaft Einsprache gegen das Projekt der Drahtseilbahn Lauterbrunnen-Wengen, mit dem Ersuchen, es möchte das betreffende Konzessionsbegehren ablehnend beschieden werden. Zur Begründung führte er folgendes an: Es unterliege keinem Zweifel, dass die Erstellung einer Seilbahn nicht nur nicht im Interesse der Wengernalpbahn liege, sondern sie direkt schädige. Die Seilbahn werde für die Wengernalpbahn unter allen Umständen ein Konkurrenzunternehmen bilden. Die Konzessionsbewerber rechnen, dass zirka ein Drittel der Reisenden die Seilbahn benützen werde. Die von den Konzessionsbewerbern ausgesproche Erwartung, von der Wengernalpbahn unterstützt zu werden, da durch die Drahtseilbahn die Strecke LauterbrunnenWengen entlastet würde, sei eine illusorische. Die Wengernalpbahn bedürfe einer solchen Entlastung nicht. Kürzlich sei eine Lokomotive nach einem neuen, stärkern Typus, welche auf "25 °/o Steigung zwei Wagen zu befördern vermöge, bestellt worden. Diese Lokomotive werde ausschliesslich auf der Strecke Lauterbrunnen-Wengen verwendet werden, es werde damit die Leistungsfähigkeit der Bahn speziell in bezug auf diese Strecke üjanz bedeutend erhöht.

Die Erstellung einer Seilbahn würde die Durchführung der im Gutachten Fellmann, Bertschinger und Jaques erörterten Vorschläge zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Strecke Lauterbrunnen-Wengen (Traceumbau im Sinne einer Reduktion der Maximalsteigung von 25°/o auf 18°/o oder Erstellung einer zweiten Spur) wohl für alle Zeiten verunmögliehen ; denn nach Erstellung einer Seilbahn könnte von einer eigentlichen Rendite der für jene Bauten aufzuwendenden Summen kaum mehr die Rede sein.

III.

Der Regierungsi'at des Kantons Bern. äusserte sich über das Konzessionsgesuch und die Einsprache der Wengernalpbahn unterm 9. November 1904 folgendermassen : Der G-emeinderat von Lauterbrunnen habe schon wiederholt das Gesuch gestellt, es möchte die Wengernalpbahn verhalten werden, den Winterbetrieb einzuführen, und dabei geltend gemacht, dass das als Kurort bedeutende und speziell als Winterkurort so vorzüglich geeignete .Wengen mit seinen 2000 Fremdenbetten im Winter nicht einfach vom Verkehr mit dem Tal abgeschnitten werden dürfe, und dass

181 die in vielen Hotels dieser Ortschaft steckenden grossen Kapitalien im Winter nicht brach liegen sollten. Der Winterbetrieb müsse nach Massgabe von Art. 13 der Konzession der Wengernalpbahn vom 27. Juni 1890 dringend gefordert werden.

Da die Wengernalpbahn dieses Begehren abgelehnt habe, so werde die Drahtseilbahn sehr gut geeignet sein, die für die Ortschaft Wengen im Winter bestehenden Übelstände zu beseitigen.

Für Publikum und Bahneigentiimer dürften gewisse Vorteile daraus erwachsen, dass die Wengernalpbahn auch Eigentümerin der Drahtseilbahn würde. Der 'Regierungsrat empfehle daher die Erteilung der Konzession an die Wengernalpbahn, falls sich diese Gesellschaft zum sofortigen Bau der Drahtseilbahn verpflichte.

Andernfalls empfehle er das vorliegende Konzessionsgesuch zur Entsprechung.

IV.

Die vorn Departement inzwischen gernachten Erhebungen ergaben, dass die Einführung des Winterbetriebes auf der Strecke Lauterbrunnen-Wengen mit Rücksicht auf den sich immer mehrenden Zufluss von Reisenden, die sich dem Wintersport hingeben, sich als ein wirkliches Bedürfnis erweist. Das Eisenbahndepartement lud daher die Vertreter der Wengernalpbahn, des Kurvereins Wengen, der Regierung des Kantons Bern und des Gemeinderates Lauterbrunnen auf den 25. Februar 1905 zu einer Konferenz ein, zur Besprechung der Einführung des Winterbetriebes auf der genannten Strecke. Hierbei wurde auf Antrag des Eisenbahndepartements beschlossen, das Konzessionsgesuch für die Drahtseilbahn einstweilen zurückzulegen und der Wengernalpbahn zum Studium der technischen und finanziellen Fragen eine Frist bis Ende Juni 1905 zu gewähren, in der Meinung, dass das Konzessiousgesuch für die Drahtseilbahn in Behandlung genommen würde, wenn die Wengernalpbahn wider Erwarten eine ablehnende Antwort erteilen sollte.

Nachdem die Wengernalpbahn zur Abgabe ihrer Erklärung vom Eisenbahndepartemente Fristverlängerung erhalten hatte, teilte der Verwaltungsrat unterm 25. August 1905 mit, dass er geneigt sei, den Winterbetrieb einzuführen, wenn folgende Leistungen seitens der Interessenten angeboten werden : «. Rückvergütung von 2/s des durch den Winterbetrieb in den 5 Monaten November-März entstehenden Betriebsdetizites ;

182

b. Rückvergütung von 50 °/o der Kosten der für Einrichtung des Winterbetriebs auf der jetzigen Linie erforderlichen Umund Schutzbauten, in der Meinung, dass es der Wengernalpbabn freigestellt bleiben soll, betreffende Beitragssumme gutfindendenfalls zu verwenden als Beitrag an eine zweite Spur oder an eine neue Linie Lauterbrunnen-Wengen, welche den Winterbetrieb ermöglicht; c. Befreiung von der Gemeindesteuer Lauterbrunnen. Sofern die Gemeinde Lauterbrunnen auch den Staat veranlassen kann, der Wengernalpbahn 'Steuerfreiheit zuzugestehen, würden die sub a, und b erwähnten Leistungen der Interessenten entsprechend reduziert.

Obgleich in der Folgezeit der Gemeinderat Lauterbrunuen und der Kurverein Wengen jegliche Beitragsleistung an die Einführung des Winterbetriebes verweigerten, so sprach sich dennoch die Generalversammlung der Aktionäre der Wengernalpbahn in ihrer Sitzung vom 15. März 1906 für die Einführung des Winterbetriebes aus, indem sie folgende Beschlüsse fasste : 1. Die Übernahme der Seilbahnkonzession, beziehungsweise Ausführung der Seilbahn Lauterbrunnen-Wengen durch die Wengernalpbahn wird abgelehnt.

2. Die Wengernalpbahn verpflichtet sich zur Einführung des Winterbetriebes zwischen Lauterbrunnen und Wengen unter der Voraussetzung, dass keine Konzession für eine Konkurrenz linie Lauterbrunnen-Wengen erteilt wird.

3. Behufs Durchführung des Winterbetriebes und zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Bahn im Sommer soll von zirka km. 0,? bis Station Wengen eine für den Winterbetrieb geeignete neue Linie mit 18 °/o Maximalsteigung erstellt werden, mit einer Ausweichstelle annähernd in der Mitte zwischen Lauterbrunnen und Wengen. Das Längenprofil der neuen Linie ist so zu gestalten, dass es die spätere Anlage von zwei weiteren Ausweichstellen ungefähr beim ersten und dritten Viertel der Strecke Lauterbrunnen-Wengen ohne Änderung des Längenprofils ermöglicht.

4. Die neue Linie von km. 0,? bis Wengen soll von Anfang an so erstellt werden, dass sie leicht und ohne dass die Anschaffung von neuem Oberbaumaterial nötig wird, auf l,o m.Spur umgebaut werden kann.

183

5. Vom Abbruch der bestehenden Linie, beziehungsweise Wiederverwendung ihres Oberbaues für die neue Linie soll Umgang genommen werden.

6. Die Bauarbeiten sollen derart in Angriff genommen und fortgeführt werden, dass die neue Linie, wenn möglich, für die "Wintersaison 1907/1908 dem Betriebe übergeben werden kann.

7. Da eine rationelle Einführung der neuen Linie in den Bahnhof W engen das Zurücksetzen des jetzigen Aufnahmsgebäudes bedingt, dessen Dimensionen dem stark gewachsenen Verkehr ohnehin nicht mehr genügen, soll gleichzeitig mit dem Bau der neuen Linie ein neues geräumiges Aufnahmsgebäude in Wengen erstellt werden.

8. Zur Durchführung der projektierten Neubauten wird dem Verwaltungsrat der erforderliche Kredit von zirka Fr. 850,000 zur Verfügung gestellt.

9. Entsprechend der zirka 1000 m. betragenden Mehrlänge der neuen Linie Lauterbrunnen-W engen mit 18 % Maximalsteigung gegenüber der Länge des bisherigen Tracés werden die Taxen für alle in Betracht fallenden Relationen um l Taxkilometer erhöht.

V.

Der unter Ziffer 9 erwähnte Beschluss hatte zur Folge, dass der Kurverein Wengen unterm 30. März 1906 erklärte, bei der beabsichtigten Taxerhöhung auf sein Konzessionsgesuch der Drahtseilbahn nicht verzichten zu können. Ferner stellte der Gemeinderat Lauterbrunnen das Begehren, es möchte die Bewilligung zum Umbau und Verlegung der Linie Lauterbrunnen-Wengen nur unter der Bedingung erteilt werden, dass der elektrische Betrieb eingeführt werde. Die Einführung des elektrischen Betriebes wird gegenwärtig von der Wengernalpbahn studiert. Pur eine der verschiedenen Varianten der vorliegenden Projekte für die Elektrifizierung beziffert sieh der Voranschlag auf über Fr. 1,900,000.

Weitere Versuche, eine gütige Verständigung betreffend den Rückzug des Drahtseilbahnkonzessjonsgesuches zu erzielen, blieben erfolglos, und das Eisenbahndepartement forderte den Kurverein Wengen auf, seine Ausführungen zur Begründung seines Standpunktes bezüglich das Aufrechthalten seines Konzessionsgesuches für eine Drahtseilbahn Lauterbrunnen-Wengen mitzuteilen.

184 Mittelst Eingabe vom 21. Oktober 1906 führte der Kurverein Wengen aus, eine Erhöhung der Taxen auf der Strecke Lauterbrunnen-Wengen für den Personen- sowie für den Güterverkehr wäre für die Ortschaft Wengen eine schwere Schädigung. Den Einheimischen würde die Benützung der Bahn fast verunmöglicht, und auch für die Fremden wäre diese Taxerhöhung sehr fühlbar, so dass es mehr als wahrscheinlich sei, dass viele Leute nicht mehr Wengen als längern Aufenthaltsort wählen würden, weil ihnen die Fahrpreise für die Fahrten von Wengen nach Lauterbrunnen und umgekehrt zu teuer zu stehen kommen würden. Was aber speziell für die Einheimischen fast noch drückender würde als die erhöhten Personentaxen, wären die erhöhten Taxen für den Güterverkehr. Jetzt schon verteuern die hohen Frachten die Lebensmittel und überhaupt alles, was von auswärts bezogen werden muss, so sehr, dass Wengen nur mit Mühe die Konkurrenz anderer Orte ertragen kann, ohne die Preise zu erhöhen, was wiederum schädlich wäre. Sollte wirklich noch eine Frachterhöhung eintreten, so müssten dann die Preise in Wengen steigen, was aber selbstverständlich sehr nachteilig auf die Frequenz in Wengen und, nebenbei bemerkt, auch auf die der Bahn wirken würde.

Die Erhöhung der Fahrtaxen zwischen Lauterbrunnen-Wengen sowohl für den Personen- als für den Güterverkehr im Falle der Einführung des Winterbetriebes auf dieser Bahnstrecke und der angeblich dadurch notwendig werdenden Verlängerung der BahnKnie würde eine solche Schädigung der Ortschaft Wengen bilden, dass der Kurverein Wengen im Interesse der Zukunft Wengens sein Konzessionsgesuch für eine Drahtseilbahn unter allen Umständen aufrecht erhalten müsse, solange er nicht von der Wengernalpbahn die ausdrückliche Zusicherung habe, dass bei Einführung des Winterbetriebes auf der Strecke LauterbrunnenWengen keine Taxerhöhung eintreten werde, weder für Personen noch für die Güter.

Ein weiterer Grund, der den Kurverein Wengen veranlasst diese Stellung einzunehmen, sei folgender : Der Kurverein Wengen habe in Erfahrung gebracht, dass die Wengernalpbahngesellschaft auf dem Plateau des Wengwaldes bedeutende Stücke Land erworben hat, die nicht etwa zum Zwecke des Bahnbaues notwendig würden, sondern die zweifellos nur als Bauplätze dienlich sein könnten, da sie etwas abseits vom eigentlichen Bahntracé liegen. Es müsse infolgedessen

185' zweifellos angenommen werden, dass die Bahngesellschaft beabsichtige, wenn ihr erst die Konzession für die Verlegung der Bahn im projektierten Sinne erteilt sei, auf den von ihr erworbenen Terrains entweder selbst Hotelbauten zu errichten oder diese Terrains zu solchen Zwecken weiter zu veräussern, und dann eine Station beim Wengwald einzurichten. Die Einrichtung einer Station in Wengwald, und die Erstellung von Hotels daselbst würden nun den Ruin einer ganzen Reihe von Hotels in Wengen bedeuten, welche die vermehrte Konkurrenz nicht aushärten könnten, und auch diejenigen Hotels, die nicht gerade zugrunde gerichtet würden, hätten durch die neue Konkurrenz schwer zu leiden. Die Station Wengwald hätte nämlich, trotzdem sie nicht viel tiefer liege als Wengen selbst und sie ungefähr die gleiche Aussicht habe, den grossen Vorteil der viel niedrigeren Fahrtaxen und Frachten, so dass einerseits die Fremden wegen der niedrigen Taxen eher dorthin gehen würden, anderseits die Geschäftsleute und Hoteliers alles billiger geben könnten, als diejenigen in Wengen, wegen der niedrigeren Frachten, dadurch würde für Wengen eine fast nicht aushaltbare Konkurrenz entstehen. Diese Neugründung Wengwald wäre aber faktisch auch nichts anderes als ein Konkurrenzunternehmen der Bahngesellschaft gegen Wengen, indem ja dieser Ort den Fremden nichts neues und nichts anderes als Wengen bieten könnte und durchaus keinem Bedürfnisse entgegenkomme, indem die zurzeit in Wengen bestehenden Hotels und Pensionen durchaus genügen, um die Fremden, die sich infolge der Eröffnung der Station Wengwald nicht um einen vermehren würden, aufzunehmen. Auch die Gemeinde Lauterbrunnen, auf deren Boden sowohl Wengen als Wengwald liegen, sähe es lieber, wenn nur eine Ortschaft in ihrem Gebiete sich in richtiger Weise entwickle und gedeihe, als wenn noch eine Neugründung entstehe, und infolgedessen sowohl die ältere als die neue Ortschaft nicht richtig bestehen könnten. Für "Wengen seien diese Fragen von solch eminenter Bedeutung, dass der Kurverein sein Gesuch um Erteilung der Konzession für den Bau einer Drahtseilbahn Lauterbrunnen-Wengen in allen Teilen aufrecht halten müsse.

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Bin Rückzug des Konzessionsgesuches wäre nur denkbar :

1. wenn die Wengernalpbahn sich ausdrücklich verpflichten würde, keine Taxerhöhung, weder für Personen noch für Güter für die Strecke Lauterbrunnen-W engen eintreten zu lassen, trotz.

Verlegung und Verlängerung der Bahnstrecke und

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2. wenn die Wengernalpbahngesellschaft sich verpflichten würde, keine Zwischenstation zwischen Lauterbrunnen und Wengen ·einzurichten.

3. eventuell, wenn die Wengernalpbahngesellschaft selbst wieder ihr Projekt einer Drahtseilbahn Lauterbrunnen-Wengen ohne Taxerhöhung; aufnehmen würde.

Dagegen würde der Kurverein nichts einwenden, wenn es mit der Einführung des Winterbetriebes noch l--2 Jahre ginge, um im übrigen der Wengernalpbahn Gelegenheit zu geben, die Frage gründlich zu untersuchen, was besser sei, Traceverlegung ohne Taxerhöhung und ohne Bau einer Zwischenstation, oder Drahtseilbahn.

VI.

Der Verwaltungsrat der Wengernalpbahn erklärte jedoch mit Schreiben vom 3. Dezember 1906, dass er auf diese Bedingungen nicht eintreten könne. Das neue Projekt LauterbrunnenWengen mit 18 °/o Maximalsteigung erfordere eine Ausgabe von ea. Fr. 850,000, und da die Interessenten rundweg jeden Beitrag an die Winterbetriebsdefizite ablehnen, so könne die Wengernalpbahn auf Mehreinnahmen, welche einen Teil ihrer Ausgaben (Verzinsung des Baukapitals, Winterbetriebsdefizit) kompensieren, und welche durch Art. 15 der Konzession vom 27. Juni 1890 (E. A. S. XI, 52) garantiert seien, nicht Verzicht leisten. Übrigens habe er, um dem Lokalpersonenverkehr Lauterbrunnen-W engen entgegenzukommen, die Ausgabe von auf den Namen lautenden Abonnementen zu ermässigten Taxen in Aussicht genommen, und zwar nicht nur für die einheimische Bevölkerung, sondern auch für die Fremden. Da in den nächsten Jahren keine nennenswerte Bautätigkeit in Wengen zu gewärtigen sei, so werde die Taxerhöhung für Güter hauptsächlich nur Lebensmittel und Brennmaterial treffen.

Nun betrage die Erhöhung 20 Cts. per 100 kg., ein Betrag, der für das Brennmaterial nur ganz wenig, und für die Lebensrnittel überhaupt gar nicht in Betracht falle.

Die Wengernalpbahn müsse sich die Möglichkeit wahren, bei dem neuen Projekt Lauterbrunnen-Wengen mit 18°/o Maximalsteigung 3 Ausweichstellen sukzessive, sobald es der Verkehr erfordere, zu erstellen. Ob mit der Zeit die dritte Ausweichstelle als Haltstelle ausgebaut werden solle, hange von den Verhältnissen ab. Entwickle sich Wengen noch mehr als bisanhin, so sei es durchaus nicht ausgeschlossen, dass eine Haltstelle unterhalb Wengwald als ein Bedürfnis empfunden und dass deren Erstellung

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von einem Teil von Wengen selbst geradezu verlangt werde.

Die Wengernalpbahn, die wisse, was die Anlage und der Betrieb einer Station koste, werde sich hüten, eine solche anzulegen, so lange nicht ein wirkliches Bedürfnis vorhanden sei.

Auf die Selbsterstellung einer Drahtseilbahn LauterbrunnenWengen müsse die Wengernalpbahn verzichten, da das wiederholte Studium dieses Projektes ergeben habe, dass eine Seilbahn, _ auch in den Händen der Wengernalpbahn, nicht im allgemeinen Interesse liege.

Der Verwaltungsrat erachte es übrigens zur Abklärung der Sachlage richtiger, dass das Seilbahnkonzessionsgesuch nicht zurückgezogen würde ; denn selbst für den kaum denkbaren Fall, dass er sich mit dem Kurverein Wengen verständigen könnte, und dieser sein Konzessionsgesuch zurückziehen würde, so wäre es immer noch möglich, dass nach einigen Jahren, nachdem die Wengernalpbahn eine grosse Summe für Erstellung der Linie mit 18 °/o Maximalgefälle ausgegeben und den Winterbetrieb aufgenommen hätte, Dritte neuerdings wieder ein Konzessionsgesuch einreichen würden. Darum sei wohl richtiger, dass jetzt ein bezüglich er'Entscheid gefällt werde, weil vorausgesehen werden dürfe, es werden die eidgenössischen Behörden auf ein Seilbahnkonzessionsgesuch auch später nicht mehr eintreten, wenn sie jetzt die Konzession nicht erteilen würden.

VII.

Der Regierungsrat des Kantons Bern, dem der Kurverein seine Eingabe vom 21. Oktober 1906 durch Herrn Fürsprecher Hr. Franz Gerster am 4. Dezember 1906 hatte zustellen lassen, kam auf seine frühere Vernehmlassung vom 9. November 1904 zurück und teilte unterm 31. Dezember 1906 mit, dass er einem richtigen Umbau der Wengernalpbahn behufs Einführung des Winterbetriebes den Vorzug vor einer Drahtseilbahn gebe, insofern alsdann die Taxen der geringern Steigung der umgebauten Linie entsprechend ermässigt würden.

Mittelst Eingabe vom 26. Januar 1907 erklärte der Kurverein Wengen, dass er im Interesse einer gütlichen Verständigung gegen die beabsichtigte Taxerhöhung keine Einwendung mehr erhebe und dass er sich bezüglich der Frage der Erstellung einer Zwischenstation im sog. Wengwald zufrieden gebe, wenn die Wengernalpbahn die bestimmte Erklärung abgeben würde, dass sie von der Erstellung der genannten Zwischenstation für so lange

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absehen wolle, bis die Gemeinde Lauterbrunnen eine solche verlange, oder auf Anfrage hin entschieden habe, dass die Erstellung einer solchen einem wirklichen Bedürfnis entspreche.

Der Verwaltungsrat der Wengernalpbahn wollte sich jedoch auf eine gütliche Verständigung nicht einlassen, indem er seine Stellungnahme wie folgt begründete : Die Wengernalpbahn verpflichte sich zum Bau einer neuen Linie Lauterbrunn en-Wengen mit 18 % Maximalsteigung und zur .Einführung des Winterbetriebes auf dieser Strecke unter der Bedingung, dass keine Konzession für eine Konkurrenzlinie Lauterbrunnen-Wengen erteilt werde und dass die Taxen für alle in Betracht fallenden Relationen um einen Taxkilometer erhöht werden. Die Wengernalpbahn müsse es ablehnen, weitere Zugeständnisse zu machen, oder Verpflichtungen gegenüber dem Kurverein oder der Gemeinde Lauterbrunnen einzugehen. Dank der allgemeinen wirtschaftlichen Prosperität habe sich die WengernalpBahri allerdings in den letzten Jahren in erfreulicher Weise entwickelt. Sodann werde wahrscheinlich die Generalversammlung die Elektrifizierung der Wengernalpbahn beschliessen, wofür ein Kostenaufwand von ca. l '/a Millionen Franken erforderlich sei, welcher Betrag nach den aufgestellten Berechnungen kein Äquivalent durch entsprechende Betriebsersparnisse finde. Unter solchen Umständen erscheine es, nachdem Tfacé-Umbau und Elektrifizierung ca. 2 ]/2 Millionen Franken erfordere, und der Winterbetrieb Lauterbrunnen-Wengen ein. jährliches Defizit von ca. Fr. 68,000 bedinge, für die Wengernalpbahn geradezu als eine Pflicht der Selbsterhaltung, dass sie unter keinen Umständen auf die Mehreinnahme infolge Taxerhöhung verzichte, obschon erstere im Verhältnis zu den bevorstehenden Mehrausgaben klein sei.

Als sonderbare Zumutung erscheine das Begehren des Kurvereins Wengen, es dürfe keine Zwischenstation zwischen Lauterbrunnen und Wengen erstellt werden, bis die Gemeinde Lauterbrunnen es verlange. Abgesehen vom Aufsichtsrecht der eidgenössischen Behörden stehe es jeder Bahn frei, Stationen an ihrer Linie zu erstellen, wann und wo sie es für gut finde, sofern sie die Anlage und Betriebskosten selbst bezahle. Anders verhalte sich die Sache, wenn die Gemeinden zu bezüglichen Beiträgen verhalten werden, was im vorliegenden Falle völlig ausgeschlossen erscheine.

Daraufhin erklärte der Kurverein Wengen, dass er sein Konzessionsgesuch für die Drahtseilbahn Lauterbrunnen-W engen in allen Teilen aufrecht halte.

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Vili.

Bei dieser Sachlage ist in erster Linie die prinzipielle Frage «u entscheiden, ob neben der bestehenden Wengernalpbahn noch ·eine Drahtseilbahn konzessioniert werden solle oder nicht. Wir verneinen diese Frage. Die Konzessioniernng der Drahtseilbahn würde sich nur dann rechtfertigen, wenn die Wengernalpbahn sich geweigert hätte, den Winterbetrieb einzuführen. Nachdem aber die Wengernalpbahn den Winterbetrieb einzuführen beschlossen hat, und zu diesem Zwecke auf der Strecke LauterbrunnenWengen ein neues Tracé mit 18 °/o Maximalsteigung erstellen wird, kann dieselbe auf Jahrzehnte hinaus allen Forderungen des Verkehrs in vollstem Masse gerecht werden. Die Erstellung einer Drahtseilbahn erscheint daher vollständig überflüssig.

Was nun die Erhöhung der Taxen anbelangt, so ist nichts dagegen einzuwenden, dass nach Erstellung der neuen Linie Lauterbrunnen-Wengen die Erhöhung der Taxen nach Massgabe der effektiven Verlängerung der Linie auf denjenigen Relationen, die von der Verlängerung betroffen werden, vorgenommen werde, weil gemäss Art. 15 der Konzession vom 27. Juni 1890 (E. A. S. XI, 52) die Taxen nicht für die Strecke LauterbrunnenWengen als solche, sondern vielmehr kilometrisch berechnet werden. Diese schon durch die Konzession und die. Natur der Sache eintretende Taxerhöhung kann um so weniger Anlass zu einer Kritik geben, weil weder die Gemeinde Lauterbrunnen noch der Kurverein Wengen irgendwelche Subvention für den Winterbetrieb, welcher der Wengernalpbahn sehr erhebliche Opfer verursachen wird, in Aussicht gestellt haben.

Allerdings dürfen die erhöhten Taxen nur dann zur Anwendung kommen, wenn die alte Linie nicht mehr, oder nur noch für Leertransporte verwendet wird, da es nicht angehen würde, verschiedene Taxen zu erheben, je nachdem auf der alten oder neuen Linie gefahren wird.

Wir kommen daher zu dem Schlüsse, es sei das Konzessionsgesuch für die Drahtseilbahn abzulehnen, wobei die Wengernalpbahn mit Rücksicht auf das immer mehr zu Tage tretende Bedürfnis einer Verbindung Lauterbrunnen-Wengen im Winter verhalten werden soll, den Winterbetrieb mit möglichster Beschleunigung einzuführen. Der nachstehende Beschlussentwurf ist in diesem Sinne abgefasst.

190

Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme und benutzen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 19. April 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hüller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

19Î (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Verweigerung der Konzession einer Drahtseilbahn von Lauterbrunnen nach Wengen.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. dreier Eingaben des Kurvereins Wengen, vom 13. Februar 1904, 21. Oktober 1906 und 26. Januar 1907; 2. dreier Eingaben des Verwaltungsrates der Wengernalpbahn vom 19. April 1904, 3. Dezember 1906 und 22. Februar 1907 ; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. April 1907, beschliesat: I. Auf das Konzessionsgesuch des Kurvereins Wengen vom 13. Februar 1904 für eine Drahtseilbahn von Lauterbrunnen nach Wengen wird nicht eingetreten.

II. Der Verwaltungsrat der Wengernalpbahn wird eingeladen, die zur Einführung des Winterbetriebes auf der Strecke Lauterbrunnen-Wengen erforderlichen Massnahmen mit möglichster Beförderung durchzuführen.

III. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1907 in Kraft tritt, beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Verweigerung der Konzession einer Drahtseilbahn von Lauterbrunnen nach Wengen. (Vom 19. April 1907.)

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1907

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19

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01.05.1907

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