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Bundesblatt

76. Jahrgang.

Bern, den 4. Juni 1924.

Band II.

Erscheint wöchentlich, Preis »O Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Fetitzeile oder deren Baum. -- Inserate franto an die Buchdruckerei Stämpfli & Cle. in Bern.

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1S59

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Sicherung der Getreideversorgung des Landes.

(Vom 27. Mai 1924.)

Hierdurch beehren wir uns, Ihnen über die Sicherung der Getreideversorgung des Landes Bericht und Antrag zu unterbreiten.

Wir geben zunächst eine kurze Darstellung über die Verhältnisse des Getreidebaues und der Getreideversorgung vor dem Kriege, während des Krieges und in der Nachkriegszeit, besprechen dann die Vorstudien für eine Neuordnung, um schliesslich zur Erörterung der künftigen Eegelung überzugehen. Zum Schlüsse beantragen wir einen neuen Verfassungsartikel mit Richtlinien für die Sicherung der Getreideversorgung des Landes.

A. Getreidebau und Getreideversorgung Tor dem Kriege.

I.

Die alten, schmucken Getreidespeicher und die zahlreichen, teilweise stillstehenden Landmühlen sind Zeugen eines einst blühenden Getreidebaues, der im schweizerischen Flachlande und in Gebirgstälern bis hoch an die Berglehnen hinauf heimisch war. Der Getreidebauer pflegte sich von einer Ernte zur andern mit eigenem Getreide zu versorgen und nur den Überschuss in Verkehr zu bringen. Aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind amtliche Vorschriften bekannt, nach welchen die landesherrliche Obrigkeit den Anbau und die Verwertung des Getreides, den Getreidehandel, die Ein- und Ausfuhr von Getreide, Bundesblatt.

76. Jahrg.

Bd. II.

.

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402 die Müllerei und die Getreidepreise zu regeln suchte. Das Ziel solcher Massnahmen war die Bekämpfung von Teuerung und Wucher und die Sicherung der Brotversorgung des Volkes. In Zeiten guter Landesernten und billiger Getreidepreise füllte die besorgte Obrigkeit ihre Kornhäuser und öffnete sie in Perioden von Misswachs und Teuerung.

Dadurch-wirkte sie für Produzent und Konsument fürsorglich und preisregulierend zugleich.

Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der grösste Teil des Brotbedarfes der schweizerischen Bevölkerung durch die inländische Getreideproduktion gedeckt. Im 19. Jahrhundert ging aber der einheimische Getreidebau zugun-ten des Futterbaues und der Viehhaltung allmählich zurück. Dagegen hatte namentlich die industrielle Entwicklung gleichzeitig eine bedeutende Zunahme der Bevölkerung unseres Landes zur Folge. Daher musste ein immer grösserer Anteil des inländischen Getreidobedarfes vom Au&lande beschafft werden. Die fehlenden Getreidemengen wurden früher im schwerfälligen Fuhrwerkverkehr aus benachbarten Produktionsgebieton eingeführt. Die Verkehrsentwicklung, dio um die Mitte des 19, Jahrhunderts einsetzte, erschloßt jedoch allmählich die Kornkammern aller Länder dem Weltmarkte. Der Getreidestrom floss schliesslich aus europaischen und überseeischen Produktionsgebieten auch in unser Land so reichlich und regelmässig, dass man in weitesten Kreisen glauben durfte, auf einen eigenen Getreidebau und die Anlage von Getreidevorräton verzichten zu dürfen. Die Getreidepreise sanken nach und nach so tief, dass der einheimische Getreidebau, durch Bodenund Klimaverhältnisse weiter Gebiete ohnehin nicht begünstigt, keine Bendite mehr abzuwerfen vermochte und imine mehr eingeschränkt wurde. Während die Getreidepreise zurückgingen und der einheimische» Getreidebau weder Schlitz gegen fremde Konkurrenz noch Anregung gonoss, wurden die Bestrebungen zur Hebung des von dur Natur begünstigten Futteibaues, der Viehzucht und der Milchwirtschaft wirksam unterstützt durch die Preissteigerung für Vieh und tierische Produkte und ihre Ausfuhr in Iremde Länder.

Nach Schätzungen hat die inländische Getreideproduktion ausgereicht, um den Brotbedarf der schweizerischen Bevölkeiung zu.

decken: um die Mitte des 19. Jahrhundert; für 290--295 Tage, in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts für 157 Tage,
im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts für 60--70 Tage im Jahr.

Unter Annahme eines Jahresverbrauchs auf den Kopf der Bevölkerung von 170 kg Brotgetreide, berechnete da« schweizerische Bauemsekrrtariat iin Jahre 1908 folgenden Anteil des inländischen Getreidebaues an der Brotversorgung:

40S

·

JahreverbrauehimïLTMn' '^Import

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Inlandsproduktion

"/·

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%

1876--1885 4,814,000 2,684,000 55,75 2,130,000 44,25 1886--1895 5,059,000 3,355,000 66,3 1,704,000 33,7 1896--1905 5,626,000 4,220,000 75,,, 1,406,000 25,0 1906--1907 5,964,000 5,000,000 83,g 964,000 16,2 Nach der eidgenössischen Betriebszahlung von 1905 war dem Getreidebau, Hafer und Gerste inbegriffen, damals noch eine Anbaufläche von rund 184,000 ha eingeräumt. Während den folgenden Jahren ist sie weiter zurückgegangen und dürfte unmittelbar vor Kriegsausbruch noch etwa 100,000 ha betragen haben, mit einem Jahresertrag von rund 200,000 Tonnen Körner und 500,000 Tonnen Stroh.

Müller und Getreidehändler verloren allmählich jedes Interesse am inländischen Getreidebau und die kleinen Landmühlen wurden durch die leistungsiähigeren Handelsmühlen mehr und mehr verdrängt.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ausbruche des Weltkrieges im Jahre 1914 wurde ein fortwährend steigender Prozentsatz der inlandischen Brotfrucht für die Viehfutterung verwendet. Während des letzten Jahrzehnts _vor Kriegsausbruch erfuhr der Getreidebau unter dem Drucke dieser ungünstigen Verhältnisse einen weitern Eückgang, so dass die dem menschlichen Konsum zugeführte Inlandsfrucht schliesslich nur noch etwa 1/8 des schweizerischen Brotbedarfes betrug.

II.

Mochte unsere Getreideversorgung für normale Zeiten gesichert sein, so konnte der auffallende Eüokgang des einheimischen Getreidebaues im Hinblick auf allfällige Störungen der Getreideznfuhr doch zu Besorgnissen Anlass geben. Man fragte sich, was geschehen müsste, wenn einmal die Zufuhren während längerer Zeit unter den Tagesbedarf zurückgehen oder gar vollständig ausbleiben sollten, sei es als Folge einer Ausfuhrsperre der Produktionsländer oder des Versagens der Bahn- und Schiffstransporte. Brotmangel, Teuemng und Beunruhigung der Bevölkerung müssten die Folgen solcher Ereignisse sein. Es fehlte namentlich gegen Ende des letzten Jahrhunderts nicht an Stimmen, die immer wieder auf die Gefahren der bestehenden Unsicherheit unserer Brotversorgung hinwiesen. Die Frage wurde in der Tagespresse, in besondern Schriften, in Volksversammlungen und in den eidgenössischen Baten wiederholt erörtert. Dabei war man einig, dass von Staates wegen Massnahmen getroffen werden sollten.

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um insbesondere für den Fall von kriegerischen Ereignissen unser Volk vor Brotmangel, Teuerung und Not zu schützen. Über 'die anzuwendenden Mittel gingen die Meinungen jedoch auseinander.

Auch die landwirtschaftliche Krisis in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts rief Bestrebungen zur Förderung des einheimischen Getreidebaues. Man erblickte darin ein Mittel gegen die Notlage der Landwirtschaft. Verhandlungen im Bundesrat und in der Bundesversammlung führten von 1896 an zum Ankauf von Inlandgetreide durch die eidgenössische Militärverwaltung. Dieso Einkäufe erreichten jedoch nur 10 bis 80 Wagenladungen jährlich und waren daher für die Förderung des Getreidebaues und die Sicherung unserer Brotversorgung ohne Einfluss. Auch die Bestrebungen, durch eine Erhöhung des Getreidezolles dem inländischen Getreide einen bescheidenen Schutz zu gewähren, waren erfolglos. Der Einfuhrzoll auf Getreide betrug seit Jahrzehnten 30 Eappen für 100 kg. Aus fiskalischen Erwägungen wurde er durch den seit 1. Juli 1921 geltenden Gebrauchstarif auf 60 Eappen erhöht.

Die zunehmende Abhängigkeit der Brotversorgung unseres Landes von fremden Produktionsgebieten mahnte immer wieder von neuem zum Aufsehen, sobald sich die internationalen politischen Verhältnisse irgendwie trübten und kriegerische Verwicklungen unserer Nachbarländer im Bereiche der Möglichkeit erscheinen Hessen. Im Nationalrat veranlassten die Motionen der Nationalräte Scherrer-Füllemann und Bahner eingehende Aussprachen über die wichtige Frage unserer Brotversorgung.

Am 19. Juni 1908 wurde eine Mo t i on von Nationalrat ScherrerFüllemann in folgender Fassung erheblich erklärt: «Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber beförderlich Bericht und Antrag einzubringen, ob nicht Art. 31 der Bundesverfassung im Sinne der Einführung eines Bundesmonopols für den Handel mit Getreide und Mehl zu revidieren sei.» Ausgangspunkte für die Begründung der Motion waren einerseits der starke Eückgang des inländischen Getreidebaues, die entsprechend anwachsende Getreideeinfuhr, die Verteuerung des Brotes durch vermeintlich übersetzte Gewinne des Getreidehandels und der grossen Handelsmühlen und anderseits die Wünschbarkeit einer Sicherung der Brotversorgung durch Anlage grösserer Getreidevorräte. Begründung und Behandlung der Motion standen unter dem
Einflüsse des damaligen Mehlzollkonfliktes zwiscnen Deutschland und der Schweiz, da die von Deutschland durch eine Art Exportprämie begünstigte Mehlausfuhr die schweizerische Mullerei empfindlich kunkuirenzierte und zu gefährden vermochte.

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Die Motion von Nationakat Balmer vom 19. Juni 1912 wurde vom Nationalrat im Dezember 1912 behandelt und mit folgendem Wortlaut erheblich erklärt: «Der Bundesrat wird eingeladen, beförderlichst Bericht und Antrag zu bringen, welche Massnahmen zu ergreifen sind für eine vermehrte Getreideversorgung der Schweiz.» Auch bei diesen Verhandlungen wurde im Nationakat das Bedürfnis nach Massnahmen zur Sicherung der Brotversorgung neuerdings anerkannt. Hierfür wurden namentlich die Förderung des inländischen Getreidebaues und die Unterhaltung von Getreidevorräten, die den inländischen Brotbedarf für mindestens 2 bis S Monate zu decken vermöchten, befürwortet. Als weitere Mittel wurden Frachtermässigungen für Getreide auf unsern südliehen Transportwegen, Verbilligung der Getreidelagerung in der Schweiz und die Einführung eines massigen Getreidezolles erwähnt. Neben der Getreidelagerung durch den Bund, bzw. einem staatlichen Getreidemonopol wurde die Konzessionierung des Getreidehandelfl und der Müllerei, unter Auferlegung der Verpflichtung zur Unterhaltung entsprechender Getreidevorräte, erörtert.

In Würdigung dieser Verhandlungen entschied sich der Bundesrat zunächst für eine Vermehrung der durch das eidgenössische Militärdepartement unterhaltenen Getreidevorräte, die in der Folge 8000 Wagenladungen zu 10 Tonnen betragen haben.

Im Anschlüsse an die Motion von Nationakat Scherrer-Füllemann wurde Dr. E. W. Milliet, Direktor der eidgenössischen AlkoholVerwaltung, im Jahre 1908 vom Bundesrat mit dem Studium der Frage eines eidgenössischen Getreidemonopols beauftragt. Dr. Milliet erstattete seinen Bericht in der Form des Entwurfes eines neuen Verfassungsartikels und eines Ausführungsgesetzes.

Dieses legte er in zwei Varianten vor, von denen die erste ein reines Handelsmonopol, die zweite überdies ein Fabrikationsmonopol vorsah. Der Entwurf wurde einer Expertenkommission unterbreitet^ die ihn in ihren Beratungen vom 5. bis 12. März 1909 behandelte und als technisch durchführbar erklärte. Das Ergebnis der Beratungen wurde von Dr. Milliet in einem neuen mit Motiven versehenen Entwurf e vom 26. Juni 1909 niedergelegt. Dieser Entwurf sohliesst sich der ersten Variante ohne Fabrikationsmonopol an. Darnach würde sich das Monopol auf Weizen, Spelzweizen und Eoggen, sowie auf Mahlerzeugnisse aus Weizen, Spelzweizen
und Eoggen beschränken. Die für eine rationelle Brotversorgung geeigneten Getreidesorten wären vom Bunde zu beschaffen und davon angemessene Lagervorräte anzulegen, die in der Eegel mindestens dem dritten Teil der jahresdurchschnittliehen Weizenabgabe entsprechen sollen. Die Monopol-

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Verwaltung hätte inländischen Weizen und Spelzweizen, die ihr durch staatlich ermächtigte Mühlen oder Lagergenossenschaften in backfähiger Qualität angeboten werden, zu übernehmen. Der Übernahmepreia für Ware einwandfreier Qualität müsste dem Durchschnitte der gleichzeitig geltenden Abgabepreise der Monopolverwaltung für ausländische Weizen entsprechen. Der Monopolverwaltung würde das Bccht eingeräumt, Staatsmühlen in Betrieb zu setzen, bei deren Errichtung sie vorzugsweise auf den Antauf von bei Einführung des Monopols schon bestehenden Privatmühlen Bedacht zu nehmen hätte.

Diese Vorschläge führten vor dem Kriege zu keinem praktischen Ergebnis.

B. Die Getreideversorgung während des Krieges und in der Nachkriegszeit.

III.

1. Noch bevor die Untersuchungen über die mannigfachen und schwierigen Fragen betreffend die Sicherung unserer Brotversorgung zum Abschlüsse gekommen waren, brach Ende Juli 1914 der W e l t k r i e g a u s . Seine praktische Belehrung war eindringlicher und überzeugender, als alle vorausgegangenen theoretischen Erwägungen und Vorschläge. Er traf zwar unsere Brotversorgung nicht ganz unvorbereitet. Die eidgenössische Armeeverwaltung verfügte in diesem Zeitpunkte über einen eigenen, im Lande befindlichen Vorrat von 2500 Wagen*) Weizen. Ferner hatte der Bundesrat kurz vorher von Frankreich und Deutschland die Zusicherung freier Getreidedurchfuhr auch für den Kriegsfall erhalten. Eine genaue Statistik über die weitern im Lande vorhandenen Getreide- und Mehlvorräte besteht nicht. Schätzungsweise befanden sich für Private etwa 2500 Wagen Getreide in Öffentlichen Lagerhäusern.

Dazu kamen die ordentlichen Betriebsvorräte an Getreide und Mehl bei Müllern und Bäckern, die auf rund 4200 Wagen geschätzt wurden.

Bei der starken Nachfrage der Bevölkerung wären diese Vorräte jedoch bald ganz unzureichend gewesen.

Ausserdem befanden sich für schweizerische Empfänger rund 2600 Wagen Brotgetreide rheinschwimmend, rollend oder eingelagert in Deutschland. Diese wurden von der deutschen Eegierung für die Ausfuhr unter der Bedingung freigegeben, dass sie von der schweizerischen Regierung für den Konsum im eigenen Lande übernommen werden. Auch Frankreich knüpfte diese Bedingung an die Bewilligung der Aus- und Durchfuhr des Getreides durch sein Gebiet.

*) Wo von Wagen die Eede ist, sind immer Wagen zu 10 Tonnen gemeint.

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2. Mit dem Kriegsausbruch wurde der internationale Verkehr und der Weltmarkt in einem Masse erschüttert, dass Mittel und Kräfte des privaten Getreidehandels für unsere Landesversorgung versagen mussten. Durch die Verhältnisse dazu gedrängt und zur Beruhigung der Bevölkerung musste daher der Bund notgedrungen die Getreideversorgung ohne Verzug an die Hand nehmen. Zu diesem Zwecke errichtete der Bundesrat schon gleich nach Kriegsausbruch beim Militärdepartement als Staatsbetrieb das eidgenössische Bureau für Getreideversorgung. Dieses hatte zunächst das für schweizerische Rechnung in Deutschland liegende Getreide zu übernehmen und die Getreideversorgung des Landes zu organisieren. Unterdessen konnten die Getreidebezüge auch über den Ozean und durch die Länder der Entente in die Wege geleitet werden. Die private Getreideeinfuhr erwies sich, wie vorauszusehen war, tatsächlich als aussichtslos, sodass sich aus den Verhältnissen heraus ein Einfuhrmonopol entwickelte. Durch den sich auf die ausserordentliehen Vollmachten stützenden Bundesratsbeschluss vom 9. Januar 1915 betreffend die Einfuhr von Getreide, Mehl und Futtermitteln durch den Bund wurde das tatsächlich bestehende Einfuhrmonopol auch formell bestätigt.

Die Monopolverwaltung hat die Getreideversorgung während des Krieges und der Nachkriegszeit mit vollem Erfolg durchgeführt.

Durch rechtzeitige Einkäufe und Ausnützung aller Transportmittel konnten die Vorräte für die kritische Zeit allmählich erhöht und dadurch auch die Härten der spätem Preissteigerungen für Getreide gemildert werden.

Die folgende Zusammenstellung gibt Auskunft über die Einfuhr von Brotgetreide und Backmehl durch die eidgenössische Getreideverwaltung: jahr ' Weizen Roggen Mehl Tonnen - Tonnen Tonnen 1914 . . . . 846,809 -- .

--

1915 . . . .

1916 1917' 1918 . . . .

1919 . . . .

1920 . . . .

1921 . . . .

1922 . . . .

1923 . . . .

380,547 577,998 201,219 54,934 888,331 417,096 421,602 871,860 455,341

660 1,439 10,647 15,446 87,714 -- 1,000 164

,.

-- -- , -- 102.333 17,090 8,061 -- 8,466*) 150

*) Mehlbezug- aus Rumänien auf Grund eines rumänisch-schweiz.

Wirtschaftsabkommens.

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Bis Mitte 1917 konnte die Monopolverwaltung ihren Getreidebedarf auf dem freien Markte eindecken. Die Lieferungen erfolgten fast ausschliesslich aus Kanada und den Vereinigten Staaten, später auch aus Argentinien. Im Juli 1917 wurden die amerikanischen Getreidebörsen geschlossen. Die amerikanische Regierung nahm fortan die Eationierung und den Export von Getreide für die Alliierten und Neutralen gelbst in die Hand. Die Zuteilung geschah durch das Wheat Executive Committee in London. Auch die eidgenössische Monopolverwaltung musste von jetzt an bis Kriegsende annehmen, was ihr zugewiesen wurde, neben Getreide oft auch Mehl. Auf Anfang 1920 konnte sie das Getreide wieder auf dem freien Markt eindecken. Sie verzichtete fortan auf die Mehleinfuhr und konnte einen bescheidenen, aber allmählich wachsenden Prozentsatz ihres Getreides wieder aus europäischen Produktionsgebieten beziehen.

Die jährlichen Getreidelieferungen der Monopolverwaltung für die Inlandsversorgung und ihre Getreidevorräte je auf Ende des Jahres gestalteten sich wie folgt: Jahr

Jan

1914 1915

Jährliche Getreidelieferung*)

Getreidevorrat ) Je aul 31.Dezember

Wagen à 10 Tonnen Wagen à 10 Tonnen 9,217 2,496 89,884 8,660

1916

48,516

19,781

1917

40,176

6,542

1918

25,827

6,793

1919 46,194 12,404 1920 41,202 9,800 1921 45,873 18,407 1922 48,086 13,978 1923 48,482 21,216 Zur Streckung der Getreidevorräte mussten m der Zeit vom 21. Januar bis 81. August 1918 dem Backmehl 20--80% Maisund Reismehl zugesetzt werden. Zu diesem Zwecke wurden von der Monopolverwaltung im Jahr 1918 in Wagenladungen à 10 Tonnen geliefert: 2088 Mais, 1438 Beis und 100 Reismehl.

8. Durch Fütterungsverbote für Brotgetreide und Mehl und weitere Verbrauchseinschränkungen, durch Mahlvorschriften, die eine Mehlausbeute bis zu 92% festsetzten, das *) In diesen Zahlen ist das durch die Monopolverwaltung vermittelte Inlandgetreide inbegriffen. Das Mehl ist in Getreide umgerechnet im Verhältnis 100 kg Getreide = 70 kg Mehl.

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Verbot der Herstellung von Weissmehl und Weissbrot, die zeitweise obligatorische Beimengung von Hais- und Beismehl zum Backmehl und ähnliche Massnahmen konnte der Verbrauch an Brotgetreide bedeutend herabgesetzt werden. Als aber die Kriegführung sich mehr und mehr verschärfte, mussten auch die schweizerischen Behörden zur zwangsweisen Ausdehnung des inländischen Getreideund Kartoffelbaues und zur individuellen Brotrationierung übergehen. Durch die eidgenössische Brotkarte wurde die tägliche Normalration vom 1. Oktober 1917 an auf 250 gr Brot festgesetzt, musste aber später vorübergehend auf 225 gr. Brot vermindert werden. Dazu kam die Berechtigung zum Bezüge von 500 bzw.

850 Gramm Mehl je Person und Monat, 4. Bei Kriegsausbruch standen di e Getreidekulturen unseres Landes vielversprechend. Die ergiebige Getreideernte konnte bei schönem Wetter eingeheimst werden. Wirksam unterstützt durch die kantonalen und kommunalen Behörden, die landwirtschaftlichen Organisationen, die landwirtschaftlichen Versuchs- und Lehranstalten, entfaltete das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement eine nachhaltige und erfolgreiche Tätigkeit für die freiwillige Ausdehnung des Getreide-, Kartoffel- und Gemüsebaues und die Steigerung ihrer Erträge. Die Landwirtschaft stellte sich willig in den Dienst der Landesversorgung. Auch ein grosser Teil der übrigen Bevölkerung legte Hand an Hacke und Spaten, um dem vaterländischen Boden seine Früchte abzuringen. Hand in Hand mit diesen Bestrebungen gingen die eidgenössischen Massnahmen zur Beschaffung der für die Förderung der Lebensmittelproduktion benötigten Hilfsmittel, wie Saatgut, Kunstdünger und Kraftfutter.

So angeregt und wirksam gefördert durch die inzwischen eingetretenen Preissteigerungen, wurde auf dem Wege der Freiwilligkeit eine namhafte Vermehrung des Getreidebaues und der gesamten Lebensmittelproduktion erreicht. Auch die eidgenössischen Vorschriften über die zwangsweise Ausdehnung des Getreide- und Kartoffelbaues fanden die Unterstützung der Landwirtschaft.

Durch Bundesratsbeschluss vom 8. September 1917 wurde eine Vermehrung der vorjährigen Anbaufläche für Getreide um 50,000 ha angeordnet. Diese Ausdehnung konnte nicht vollständig erreicht werden; erfreulicherweise betrug aber der Mehranbau doch 81,875 ha Wintergetreide und 7000 ha Sommergetreide, Die schweizerische
Anbaufläche wurde für 1918 wie folgt festgestellt: Winterweizen 66,864, Dinkel (Korn, Spelz) 27,004, Winterroggen 19,500, Mischelfrueht 6,074, Einkorn und Emmer 255, Sommer-Brotgetreide und Mais 8,468, Wintergerste 989, Hafer und Sommergerste 31,611,

410 zusammen 150,265 ha mit einem berechneten Körnerertrag von 217,898 Tonnen, ohne Einbezug des Saatgutes.

An Inlandgetreide wurden an die eidgenössische Getreideverwaltung abgeliefert: P , Brotgetreide Hafer, Gerste, Mais Total Tonnen Tonnen Tonnen 1917 85,790 1,540 37,330 1918 88,328 2,684 91,012 Überdies versorgte sich ein grosser Teil der Produzenten mit Brot aus selbstgobautem Getreide. Die Zahl der Selbstversorger betrug 1917/1918 : 658,472 Personen, wovon 285,345 für das ganze Jahr, 1918/1919 :907,813 » » 400,894 » » » » Aus dem Gesagten geht hervor, dass ausser den Sparmassnahmen für Brotgetreide insbesondere zwei Mittel die Brotversorgung unseres Landes auch während der schwierigsten Periode des Weltkrieges zu sichern vermochten: Die Anlage von G e t r e i d e v o r r ä t e n durch Ausnutzung aller Einfuhrmöglichkeiten durch den Bund und die Vermehrung der Inlandsproduktion an Getreide, sowie an E r s a t z s t o f f e n , wie K a r t o f f e l n und Gemüse. Wenn man das eine oder andere dieser Mittel nicht zur Anwendung gebracht hätte, so wäre unsere Brotversorgung ganz ungenügend geworden.

IV.

Die Diskussion über Fragen der Sicherung der Brotversorgung unseres Landes in den eidgenössischen Bäten kam begreiflicherweise auch während des Weltkrieges nicht zur Buhe. So führten im Nationalrat die im Dezember 1914 von den Nationalräten Bahner und MoserSchär eingereichten Motionen im April 1915 zu einer erneuten Aussprache. Die Motion von Nationalrat Balmer: «Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und Bericht zu erstatten, welche Massnahmen zu ergreifen sind für die Förderung des inländischen Getreidebaues», und die Motion von Nationalrat Moser-Schär: «Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Räten darüber Bericht zu erstatten, durch welche Massnahmen er den inländischen Getreide- und Kartoffelbau zu fördern gedenkt», wurden zusammen behandelt und mit der Ausdehnung auf die Frage der Förderung des Gemüsebaues vom Bäte erheblich erklärt.

Die Diskussion im Nationalrat ging über den Inhalt der beiden Motionen hinaus und erstreckte sich über weitere Fragen der Getreide- und Lebensmittelversorgung, Die vom Bundesrate bereits getroffenen und weiterhin geplanten Massnahmen zur Förderung der Lebensmittelproduktion fanden Zustimmung und Unterstützung.

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Aus der Mitte des Eates wurde neuerdings festgestellt, dass Hand in Hand mit dem Getreidebau seit Jahrzehnten auch der inländische Kartoffel- und Gemüsebau stark zurückgegangen, ja, dass der Anbau dieser Feldfrüchte in grossen Bezirken fast vollständig verschwunden sei. Damit habe die Landwirtschaft dieser Gebiete ihre vornehmste Aufgabe, für die Ernährung der einheimischen Bevölkerung tätig zu sein, teilweise verlassen und sich zur Exportlandwirtschaft entwickelt. Diese schon für normale Zeiten unerwünschte Entwicklung hätte für die Kriegsdauer geradezu verhängnisvoll werden können.

Neben den früher genannten Hilfsmitteln zur Sicherung unserer Brotversorgung wurden besonders die gleichzeitige Förderung des Kartoffel- und des Gemüsebaues, sowie die Unterstützung von Lagerhaus- und Mühlengenossenschaften für die Verwertung des Inlandgetreideg hervorgehoben. Es wurde anerkannt, dass nach den bisherigen Kriegserfahrungen das Getreidemonopol, im Gegensatz zu frühem Annahmen und Projekten, zweckmässig als einfaches Einfuhrmonopol gehandhabt werde und seine Durchführung auf dieser Grundlage keinen grossen Verwaltungsapparat erheische.

Der Vertreter des Bundesrates konnte feststellen, dass die wahren Interessen der Allgemeinheit und die der Landwirtschaft sich auf der ganzen Linie decken und dass der Ackerbau, besonders die Anpflanzung von Getreide, Kartoffeln und Gemüse, gefördert werden müsse. Er anerkannte die Notwendigkeit und die Nützlichkeit der zur Hebung des inländischen Getreidebaues vorgeschlagenen sogenannten kleinen Mittel -- Belehrung, Förderung der Technik, Getreideselektion und Saatgutbeschaffung, Organisation des Absatzes, der Lagerung und der Verwertung des Getreides -- aber er glaubt, dass diese Mittel allein nicht genügen und nicht wirken werden. Sie können die Betriebsweise der Landwirtschaft nur dann nachhaltig beeinflussen, wenn der wahre Grund des Rückganges des Getreidebaues beseitigt werde: der ungenügende Getreidepreis.

Der Yorkriegszeitliohe Getreidepreis vermochte die Produktionskosten der Landwirtschaft nicht zu decken. Die Hebung des inländischen Getreidebaues bilde einen wichtigen Teil des Programmes zur Sicherung, der Brotversorgung des Landes: wenn das Inland mehr Getreide produziere, so sei die Gefahr von Schwierigkeiten, die der Brotversorgung des Landes erwachsen
könnten, wesentlich gemildert.

V.

Die Unsicherheit der politischen und wirtschaftlichen Lage liess aach nach Beendigung du» Weltkrieges eine Förderung der Getreideproduktion im eigenen Lande als geboten erscheinen. Auch

412

die Opfer, die unserer Landwirtschaft durch den Zwangsanbau von Getreide und Kartoffeln und die damit notwendig gewordenen Betriebsumstellungen auferlegt worden waren, forderten gewisse Rücksichten. Von solchen Erwägungen ausgehend, wurden in der Nachkriegszeit für Brotgetreide, kürzere Zeit auch für Kartoffeln, Abnahme und Preise durch den Bund gesichert. Durch den Bundesbeschluss vom 1. Juli 1922 b e t r e f f e n d die Förderung des inländischen Getreidebaues wurden diese Verhältnisse für die Getreideernten von 1922 bis 1924 geordnet.

1. Die gegenwärtige Organisation und Tätigkeit der Getreideversorgung hat sich in allmählicher Anpassung an die veränderten Verhältnisse aus den kriegswirtschaftlichen Einrichtungen heraus entwickelt. Fütterungsverbote, Mühlenkontingentierung und amtliche Mahlvorschriften sind längst aufgehoben. Der Handel mit Getreide und Mehl, sowie deren Verwendung sind im Inlande frei, mit der einzigen Einschränkung, dass von der Monopolverwaltung für Fabrikationszwecke geliefertes Getreide in den betreffenden Betrieben zu vermählen, bzw. zu verwenden ist und nur mit ihrer Bewilligung unverarbeitet wiederverkauft werden darf. Die Einfuhr von Weizen, Eoggen und Köm (Dinkel, SpeLs) und von Mahlerzeugnissen aus Weizen, Eoggen und Korn ist ausschliesslich Sache der Monopolverwaltung.

Die Aufgaben der Brotversorgung gingen 1918 vom Militärdepartement an das als kriegswirtschaftliche Institution neu errichtete eidgenössische Ernährungsamt über. Als dieses Ende 1922 aufgehoben wurde, übertrug der Bundesrat die Geschäfte der Brotversorgung einer unter dem Namen Eidgenössische Getreideverwaltung dem Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für Landwirtschaft, angegliederten Verwaltungsabteilung mit eigener Bechnungsführung.

Seit der Freigabe des internationalen Getreidehandels kauft die Getreideverwaltung das zu importierende Getreide nach kaufmännischen Erwägungen und unter Berücksichtigung der in unserem Lande gewünschten Qualitäten teils direkt, teils durch Vermittlung von Getreideagenten, die leistungsfähige Lieferfirmen vertreten. Der Import des Getreides erfolgt über verschiedene Transportwege, die für die schweizerischen Bestimmungsorte, Verkehrs- und Lagerungseinrichtungen geeignet sind. Bei sonst gleichwertigen Angeboten deckt die Getreideverwaltung ihren Bedarf naturgemäss
dort ein, wo gleichzeitig andere nationale Interessen unseres Landes eine Förderung erfahren können, wie insbesondere der Export von industriellen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

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Da die Landesversorgung durch Vorräte und Käufe gesichert ist, kann die Getreideverwaltung in Perioden höherer Preise ihre Abschlüsse einschränken oder ganz einstellen, am günstigere Marktverhältnisse entsprechend auszunützen.

Ihre durchschnittlichen Einkaufspreise stehen daher unter den mittlern Tagespreisen, die sich aus den täglichen Preisnotierungen ergeben.

Die Getreidevorräte werden in den Mühlen, den Lagerhäusern der Bundesbahnen, in Silos und Magazinen der Armeeverwaltung, sowie in eigenen, während der Kriegszeit erstellten Getreideschuppen gelagert. Vereinzelt belegt die Getreideverwaltung auch private Lagerhäuser, soweit diese frachttechnisch günstig gelegen sind, wenn vorübergehend grosse Getreidezufuhren erfolgen. Im Inlande sind in der Eegel 10,000 bis 15,000 Wagen Brotgetreide eingelagert, wovon sich normalerweise bis 5000 Wagen in den Mühlen befinden. Auf den Zeitpunkt, in dem die Inlandsernte greifbar wird, gehen die übrigen im Lande befindlichen Vorräte gelegentlich und vorübergehend bis auf etwa 7000 Wagen zurück.

Die Einrichtungen für die Getreidelagerung dürften in der Hauptsache noch auf Jahrzehnte hinaus genügen. Die Getreideverwaltung macht von den Lagermöglichkeiten in den Mühlen, wo Getreide vermählen wird, ausgiebig Gebrauch. Nur die Überschüsse werden anderwärts gelagert, wo sie in der Hegel längere Zeit liegen bleiben.

Dabei wird im weitern darauf Eücksicht genommen, dass keine Bücktransporte erfolgen müssen und auch andere Umwegfrachten vermieden werden.

Die Abnahme des Inlandgetreides bei den Produzenten erfolgt zu den im Bundesbesohluss vomì. Juli 1922 festgesetzten Bedingungen. An die Stelle der zwangsweisen Ablieferung durch Vermittlung der Gemeinden ist seit 1920 die freiwillige Abgabe au die landwirtschaftlichen Genossenschaften und Genossenschaftsverbände getreten, die das Getreide auf Eechnung des Bundes übernehmen. Für jede Genossenschaft finden in der Zeit vom Oktober bis Ende März in der Eegel mindestens zwei zeitlich getrennte Abnahmen statt, wobei jeder Produzent Gelegenheit hat, sein Getreide abzuliefern. Als Vergütung für Lagerungskosten und Zinsverluste werden für Abliefe. rungen nach Neujahr angemessene Preiszuschläge gewährt, wogegen für frühere Ablieferungen bescheidene Abzüge für höheren Feuchtigkeitsgehalt gemacht werden. Übernahme und Taxierung
geschehen in der Eegel durch einen fachkundigen Vertrauensmann des betreffenden Genossenschaftsverbandes, soweit als möglich unter Mitwirkung eines Müllers, dem ein Teil oder die ganze Partie dieses Getreides zugeteilt wird. Für einen allfalligen Minderwert der Ware werden

414 zu Lasten des Lieferanten entsprechende Preisabzüge gemacht und die betreffenden Beträge dem Abnehmer gutgeschrieben. Durch Instruktionskurse für die Experten und gelegentliche Mitwirkung eines fachkundigen Delegierten der Getreideverwaltung wird auf eine möglichst einheitliche Beurteilungspraxis hingearbeitet. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Experten der Genossenschaftsverbände und dein Müller, der das Getreide zu übernehmen hat, die indessen verhältnismässig selten sind, werden durch die Getreideverwaltung geschlichtet. Das von der Getreideverwaltung übernommene Inlandgetreide wird nach Möglichkeit direkt den Mühlen zugeführt, die es zu vermählen haben. Um Bahnfrachten zu sparen, erhalten die in Produktionsgebieten liegenden Mühlen Zuweisungen an Inlandgetreide, die bis 40 % der gesamten Zuteilung betragen.

Das Inlandgetreide einer Ernte kommt jeweilen bis zum folgenden Frühjahr, spätestens aber im Vorsommer zur Vermahlung. Bis zu diesem Zeitpunkte lässt sich gut geerntete Ware ohne besondere Schwierigkeiten und ohne kostspielige Trocknung aufbewahren.

An Inlandgetreide wurden vom Bunde zu den jeweils geltenden Bedingungen übernommen aus den Ernten:

1917

1918

1919

1920

1921

1922

1923

Tonnen Tonnen Tonnen Tonnen Tonnen Tonnen Tonnen Weizen . . . 13,830 39,502 29,230 9,593 49,660 21,200 48,860 Roggen . . . 12,170 22,936 15,870 12,325 21,110 20,300 22,836

Köm . . . . 8,690 19,343 9,244 3,836 14,660 5,230 10,594 Mi schelf nicht. 1,130 6,374 3,910 2,065 7,830 3,430 8,056 Einkorn und -- -- -- Einmer . .

30 172 5 10 Gerste, Hafer und Mais . 1,480 2,680 91 -- -- -- -- Total 37,330 91,012 58,350 27,829 93,260 50,160 90,346 Aus den Ernten 1914 bis 1916 wurden dem Bunde keine nennenswerten Mengen Inlandgetreide angeboten.

Die eidgenössische Getreideverwaltung l i e f e r t I n l a n d - und A u s l a n d g e t r e i d e an schweizerische Mühlen auf Bestellung in der Regel gegen V o r a u s z a h l u n g und nach Bedarf..

Die Verkaufspreise sind nach der Getreidequalität abgestuft und für allo Mühlen einheitlich franko Empfangsstation festgesetzt. Die Frankolieferung ist für die im Innern des Landes gelegenen Gebieto und für abgelegene Gebirgsgegenden von Vorteil. Die Getreideverwaltung liefert das Getreide den Mühlenbesitzern, in deren Betrieben sie Getreide eingelagert hat, von dioiori Lagern. Die Lager werden nach Massgabe neuer Zufuhren wieder ergänzt. Eine auf

415 Grund ihrer durchschnittlichen Bezüge festgesetzte, einem dreiwöchigen Bedarf entsprechende Menge Getreide wird von den Mühlen kostenfrei gelagert. Dieser Anteil macht zurzeit rund 2600 Wagen, aus. Für die Überschüsse werden entsprechende Lagervergütungen entrichtet. Die Getreidelagerung in den Mühlen erspart Frachten und Umlagerungskosten. Für den lagerhaltenden Müller hat sie den Vorteil, dass die von ihm gewünschten Getreidelieferungen durch Überweisungen von diesen Lagern innert kürzester Frist ausgeführt werden können. Ausser an Müller und Fabrikanten kommen Getreidelieferungen durch die Verwaltung als Geflügelfutter in Frage, wofür Weizenprovenienzen abgegeben werden, die sich auch in kleinen Beimengungen ohne besondere Schwierigkeiten von Inlandgetreide unterscheiden lassen. Dadurch wird einer allfälligen missbräuchlichen Vermischung ohne kostspielige Kontrolle vorgebeugt. Jedes Frühjahr liefert die Getreide Verwaltung an Genossenschaften und Samenhandlungen Sommerweizen zur Saat, wofür geeignete Qualitäten reserviert werden.

Baokmehl, Weissmehl und Griess worden von der Getreideverwaltung grundsätzlich nicht eingeführt. Die gesamte Getreidevermahlung wird daher der inländischen Müllerei gesichert. Grund zur Preisgabe dieser Praxis wäre vorhanden, wenn die inländische Müllerei unrationell arbeiten und ihre Mahlerzeugnisse zu übersetzten Preisen liefern würde. Im Winter ist der inländische Bedarf an Müllereiabfällen (Futtermehl und Kleie) in der Begel grösser als die Produktion der einheimischen Müllerei, wogegen das Verhältnis während der Dauer der Grünfütterung im Sommer umgekehrt ist. Den sich hieraus ergebenden Bedürfnissen wird dadurch Bechnung getragen, dass die Getreideverwaltung im Spätherbst und Winter nach Bedürfnis Einfuhrbewilligungen für Futtermehl und Kleie erteilt,, wogegen in der übrigen Zeit, solange die Inlandproduktion zu angemessenen Preisen abgegeben wird und den schweizerischen Bedarf zu decken vermag, die Einfuhr gesperrt ist.

Die Getreideverwaltung beschäftigt zurzeit 65 Beamte und Angestellte in Bern, sowie 2 Angestellte und 13 Arbeiter in den Lagerhäusern in Luzem, den einzigen, die mit eigenem Personal betrieben werden. Die Arbeiten in den Getreidelagerhäusern in Altdorf uiid Ostermundigen werden gegen Bezahlung vom eidgenössischen Oberkriegskommissariat
besorgt. In Aarau aind sie der Verwaltung der Lagerhäuser der Zentralschweiz übertragen. Die Benützung der Lagerhäuser der schweizerischen Bundesbahnen erfolgt zu den Bedingungen der Keglemente dieser Unternehmung, und bei Beanspruchung anderer Lagerhausuntemehinungen werden von Fall zu Fall Verträge abgeschlossen.

416

2. Bei der gegenwärtigen Regelung der Dinge geniesst der Bauer, der sein Getreide dem Bund zum Verkauf anbietet, den Vorteil eines Vorzugspreises. Wer aber das Getreide seiner natürlichsten Bestimmung, der Deckung des Eigenbedarfes zuführt, geht leer aus, und es erfährt also der Getreidebau für die Selbstversorgung, wie man sich auszudrücken pflegt, keine Forderung. In der Kriegszeit und in den ersten Nachkriegsjahren war die Lage eine andere. Damals bot der Anbau von Getreide zur Selbstversorgung gewisse Vorteile.

Die Getreideproduzenten hatten während der Periode der Brotrationierung die Wahl zwischen der Selbstversorgung, wobeiihnen nonnalerweise der Ertrag einer Anbaufläche von 9 Aren je erwachsene Person und Jahr überlassen wurde, und der Ablieferung des eigengebauten Getreides gegen Zuerkennung der normalen Brotration.

Durch rationelle Kultur konnte sich der Selbstversorger bei ordentlichen Getreideernten in der Begel eine grössere Brotration sichern, als sie ihm mittels der Brotkarte zugekommen wäre. Die Produzenten haben daher vom Becht der Selbstversorgung ausgiebig Gebrauch gemacht.

Seit Kriegsausbruch bis 1920 bezahlte die Monopolverwaltung für das übernommene Inlandgetreide in der Begel den gleichen Preis, zu dem das eingeführte Getreide für die Brotversorgung abgegeben wurde. Im Interesse der Brotverbilligung verkaufte sie das importierte Getreide unter den eigenen Gestehungskosten. Seither hat sich dieses Verhältnis umgekehrt, so dass die Monopolverwaltung seit 1921 für Inlandgetreide Vorzugspreise gewährt, die um 10 bis 15 Franken höher sind als ihre durchschnittlichen Verkaufspreise.

Ziffermässig berechnet stellt sich daher der Produzent gunstiger, wenn er auf die Selbstversorgung verzichtet, sein Getreide an die Monopolverwaltung verkauft und sich mit zugekauftem Mehl und Brot versorgt. Dieser Bewegung suchte der Bundesboschluss vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues durch die Bestimmung entgegenzutreten, welche die Getreideproduzenten berechtigt, zu dem festgesetzten Vorzugspreise nur selbstgebautes Getreide abzuliefern, das den normalen Bedarf des eigenen Haushaltes übersteigt. Bei der Lösung der damals bestandenen Aufgabe glaubte man auf eine Subvention zugunsten der Selbstversorgung verzichten zu können, weil die Produzenten während den
vorausgegangenen brotknappen Kriegsjahren auch deren Vorteile genossen hatten. Bei der gegenwärtig geltenden Begelung stand die Umwandlung bereits eingegangener Verpflichtungen betreffend die Abnahme des Inlandgetreides durch den Bund im Vordergrunde. Der für die Getreideernte 1922 zugesicherte Preis von Fr. 57 wurde auf Fr. 50 je 100kg Weizen herabgesetzt und die Preisgarantie auf 2 weitere Jahre

417 ausgedehnt. Aber schon bei der Behandlung des Beschlusses vom 1. Juli 1922 wurden vom Nationalrat zwei Postulate der Nationalräte Gabathuler und Caflisch gutgeheißsen, welche die Subventionierung des für die Selbstversorgung verwendeten ·Getreides und die besondere Berücksichtigung des Getreidebaues in Gebirgsgegenden bezwecken.

8. Bei Errichtung des eidgenössischen Bureaus für Getreideversorgung bestand die Absicht, die staatliche Getreideversorgung des Landes ohne Gewinn und ohne Verlust für die Bundeskasse durchzuführen-. Als aber später die Preise der Lebensmittel auf dem Weltmarkte fast ununterbrochen höher stiegen, machten sich im Volke und in der Bundesversammlung immer häufiger Begehren nach einer Verbilligung der Lebenshaltung geltend. Die Verkaufspreise des Bundes für Getreide folgten daher nur zögernd der Aufwärtsbewegung der Getreidepreise am Weltmarkte. Im Jahr 1917, als die Einstandspreise für Brotgetreide eine nie geahnte Höhe erreichten, entschloss man sich, von einer weitern Erhöhung der Verkaufspreise Umgang zu nehmen, um ein neues Ansteigen der Mehlund Brotpreise zu verhüten. Die Getreideverwaltung verkaufte daher den Weizen vom 8, Juli 1917 an während mehreren Jahren nicht teurer als zu Fr. 64 franko schweizerische Empfangsstationen der Käufer, trotzdem ihre eigenen Gestehungskosten lange Zeit 80 bis 90 Franken für 100 kg betrugen. Diese im Landesinteresse getroffene Massnahme forderte, wie vorauszusehen und bekannt war, in den Jahren 1918 bis 1920 grosse finanzielle Opfer des Bundes, welche die bis 1917 erzielten Betriebsüberschüsse der Getreideverwaltung innert kurzer Zeit aufzehrten und überdies zu grossen Mehrausgaben führten.

Dieser von uns und der Bundesversammlung gebilligten Preispolitik sind die Verluste der Getreideverwaltung einzig zuzuschreiben.

Man Hess einerseits den Konsumenten den Vorteil der niedrig gehaltenen Getreidepreise und der günstig eingekauften Vorräte zuiommen und anderseits übernahm der Bund* den Gestehungspreis über Fr. 64. Zudem hatte er bei eintretendem Preisabbau die Abschreibungen auf den Vorräten zu tragen.

Mehreinnahmen und Mehrausgaben der eidgenössischen Getreideverwaltung aus den Massnahmen für die Brotversorgung von 1914 bis 1921 betrugen:

Bundeablatt. 76. Jahrg. Bd. II.

416 Rechnungsjahre

Mehmnnahmen

Mehrausgaben

1914/16 1917 1918 1919 1920 1921

5,807,992.95 4,887,157.07 -- -- -- -- 10,695,150.02

--

Total

54,869,665.04 55,770,172.20 56,704,761.04 88,573,527.66 205,918,125. 84

In den reinen Mehrausgaben von Fr. 195,222,975. 82 sind Franken 18,805,576.10 für die spezielle Verbilh'gung des Brotes für Minderbemittelte (Notstandsaktion) Inbegriffen. Darin sind ferner die Abschreibungen auf den Getreidevorräten enthalten, die infolge de» ron 1921 an eingetretenen starken Rückganges der Getreidepreise auf dem Weltmarkt notwendig wurden.

Seit 1. Januar 1922 hat sich die Getreideverwaltung selbständig erhalten und auch die Kosten der Lagerhaltung, die Preiszuschläge für Inlandgetreide, die Verzinsung des Betriebskapitals und die Verwaltungskosten ohne Zuschüsse aus der Bundeskasse getragen. Das Rechnungswesen ist vom 1. Januar 1928 an im eidgenössischen Voranschlag und in der Staatsrechnung enthalten.

Eine in der Rechnung der Getreideverwaltung von 1928 ausgewiesene Mehreinnahme wurde dem folgenden Rechnungsjahr gutgeschrieben.

In den Mehrausgaben von Fr, 195,222,975. 82 ist neben allen Übrigen Unkosten auch der A u f w a n d für die Förderung des inländischen Getreidebaues enthalten. Bis 1920 hat die Getreideverwaltung für das Inlandgetreide in der Regel den gleichen Preis bezahlt, zu dem sie das Auslandgetreide für die einheimische Brotversorgung franko schweizerische Empfangsstation lieferte. Diese Verkaufspreise waren, wie wir gesehen haben, im Durchschnitt bedeutend niedriger als die Gestehungskosten des eingeführten Getreides. Das für die Selbstversorgung verwendete und das der Getreideverwaltung verkaufte Inlandgetreide brachte somit in dieser Periode eine finanzielle Entlastung des Bundes. Unter der Wirkung des auf dem Weltmarkte eingetretenen Preisrückganges und der Preisgarantie für Inlandgetreide hat sich dieses Verhältnisseit 1921 in der Weise geändert, dass die für das Inlandgetreide gewährten Preise seither bedeutend über den Gestehungskosten des importierten Getreides stehen. Die Gegenüberstellung der für das Inlandgetreide bezahlten Preise und der Gestehungskosten für da» importierte Getreide, in beiden Fällen die betreffenden Transport-

419 kosten und Spesen aller Art, franko schweizerische Empfangsstation der Abnehmer der Getreideverwaltung Inbegriffen, ergibt folgendes Bild: Inlandgetreide Austandgetreide Differenz Ernte- Abgelieferte Einstands- Einstandszu ungunsten zu gunsten jahr jahr des Inlandgetreides Menge preis preis Fr.

Fr.

Fr.

Fr, q 67.52 66.50 880,766 1917*) 878,800 66.50 -- 1918 75.69 910,120 8,364,008 --> 66.50 '-- 1919 78.16 8,886,110 583,500 69.50 73.92 1,280,042 1920 278,290 62.50 57.85 1921 4,886,590 932,600 -- -- 52.50 1922 -- 601,600 85.40 9,078,960**) -- 49.50 1923 16,766,683 908,461 32.27 13,860,921

80,182,188

Die Differenz im Betrage von Fr. 16.821,262 entspricht dem Gesamtaufwand für den inländischen Getreidebau. Würde auch das von den Produzenten für die Selbstversorgung verwendete und während den ersten Kriegsjahren auf den freien Markt gebrachte Inlandgetreide in Rechnung gesetzt, so würden sich die Ergebnisse verschieben, und die Aufwendungen für das Inlandgetreide wären entsprechend geringer.

Die Verkaufspreise der Getreideverwaltung betragen seit 1. Oktober 1928 franko schweizerische Empfangsstationen der Käufer Fr. 32 bis Fr. 85. 60 für 100 kg Weiaen, je nach Sorte und Qualität. Unter Hinweis auf die Weltmarktpreise werden die Verkaufspreise der Getreideverwaltung öfters als zu Hoch kritisiert. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass zu den Preisen auf den internationalen Getreidehandelsplätze für das im Inlande abzugebende Getreide folgende weitere Kosten einzubeziehen sind: die Transportkosten bis an die Landesgrenze, der schweizerische Eingangszoll, die Transportspesen im Inlande bis zur Empfangsstation des Müllers, die Lagerungskosten für die Getreidevorräte, die sämtlichen Verwaltungsspesen und die Mehrkosten für das In*) In den Jahren 1914 bis 1916 sind keine nennenswerten Mengen Inlandgetreide an "die Getreideverwaltung abgeliefert worden.

**) Seit 1922 sind die Verkaufspreise der Getreideverwaltung nach der Qualität des Getreides abgestuft. Daher stehen die mittleren Abgabepreise für Inlandgetreide in der Kegel etwas unter den durch-, schnittlichen Abgabepreisen für Auslandgetreide. Hieraus resultierten folgende Mindererlöse für Inlandgetreide: 1922 Fr. 501,600. -- und 1923 Fr. 1,200,000. --, die in den angegebenen Beträgen Inbegriffen sind.

420 landgetreide. Wie die Weltmarktpreise selbst, so sind auch einzelne dieser Posten zeitlich erheblichen Schwankungen unterworfen, Der freie Privathandel würde mit einem Teil dieser Aufwendungen nicht belastet. Während er normalerweiae nur die Vorräte unterhält, die ihm für einen rationellen und rentabeln Geschäftsbetrieb notwendig erscheinen, muss die Getreideverwaltung jederzeit über grössere Vorräte verfügen können, die den Landesbedarf während einigen Monaten zu decken vermögen. Der Privathandel kalkuliert seine Preise in der Regel franko Landesgrenze, wogegen die Getreideverwaltung alles Getreide franko schweizerische Empfangsstationen der Müller liefert. Die Inlandfrachten belasten das Getreide mit durchschnittlich etwa Fr. 2. 50 je 100 kg. Den grössten Aufwand erforderte während den letzten Jahren jedoch die Übernahme des Inlandgetreides durch den Bund, wofür der freie Privathandel gar keine Opfer zu bringen hätte.

Der Aufwand der Getreideverwaltung an Zinsen des Betriebskapitals und Verwaltungskosten betrugen für 100 kg des verkauften Getreides durchschnittlich: Jahr

1917 1918 1919 1920 1921 1922 1928

. .

. . . .

. . . .

. . . .

. . .

. . . .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Zinsen Fr.

1 84 2 24 2.06 2. 02 1 .27 0.56% 0.46%

1Verwaltungskosten 0 14 0 61 0.37 0.15 0.14

Zusammen Fr.

0. 11 1/4

1.48 2 85 2.43 2.17 1.41 0. 673/4

0. 14 1/2

0.61

In den Verwaltungskosten der Jahre 1918 und 1919 sind die Kosten der Brotrationierung (Brotkarten, Kontrolle) Inbegriffen.

Die Rechnung 1919 ist mit Fr. 576,541. 55 Erstellungs- und Vertriebskosten der Brotkarten und mit Fr. 222.695. 85 für die Kontrolle der Brotrationierung belastet. Bis 1922 sind verschiedene Nebeneinnahmen, wie Kanzleigebühren für Einfuhrbewilligungen, dem Konto Verwaltungskosten gutgeschrieben worden, die nun seit 1. Januar 1928 auf eine besondere Eubrik verbucht werden. Im Jahre 1923 betrugen diese Nebeneinnahmen Fr. 106,828. 20. Dieser Betrag ist etwas höher als die vorstehend ausgewiesene Zunahme der Verwaltungskosten für 1928. Für die Betriebsvorschüsse wird der Getreideverwaltung vom eidgenössischen Finanzdepartement ein Zins verrechnet, bis 30. Juli 1921 der jeweilige Diskontosatz plus 1/2 % und seither der Diskontosatz der Nationalbank,

421 Der Aufwand für Zinsen wurde besonders durch die Getreidepreise und in geringerem Masse durch die Menge der Getreidevorräte und den berechneten Zinsfuss beeinflusst.

Die Getreidelagerung erforderte in der Zeit vom l, Juli 1921 bis 81. Dezember 1928 einen Aufwand an Kosten für die Ein« und Auslagerung, die Lagerungsgebühr und die Feuerversicherung von durchschnittlich 48 Eappen je 100 kg des insgesamt verkauften Getreides. Weil die eigenen Getreideschuppen der Getreideverwaltung zum grössten Teil abgeschrieben sind, sind die Lagerungskosten entsprechend niedriger.

Die aus der Übernahme des Inlandgetreides resultierende Belastung des von der Getreideverwaltung verkauften Auslandgetreides belief sich im Jahre 1922 auf Fr. 2.75 und 1923 auf Fr. 8.90 je 100 kg.

1922 wurden aus einer geringen Ernte 5016 und 1928 hingegen aus einer sehr ergiebigen Ernte 9035 Wagen Inlandgetreide durch die Getreideverwaltung übernommen. Hieraus erklärt sich die stärkere Belastung im Jahre 1928, trotzdem die Getreidepreise um rund Fr. 8 je 100 kg niedriger waren als 1922. Die Preise für Inlandgetreide aus der Ernte 1924 werden neuerdings um etwa Fr. 5 niedriger sein, und in Zukunft wird eine weitere Annäherung an die Weltmarktpreise erwartet. Infolgedessen wird auch die hieraus resultierende Belastung der Verkaufspreise Getreideverwaltung entsprechend zurückgehen.

Schliesslich sei noch erwähnt, dass in Zukunft voraussichtlich auch grössere Abschreibungen auf den Getreidelagern unterbleiben können, weil die derzeitigen Vorräte auf die Weltmarktpreise abgeschrieben sind und diese einen Tiefstand erreicht haben, der auf die Dauer kaum wesentlich unterboten werden dürfte. Hieraus wird sich eine weitere Entlastung zugunsten der Kalkulation der Verkaufspreise der Getreideverwaltung ergeben. Diese hat ihre Vorräte auf 81. Dezember 1922 und 81. Dezember 1923 durchschnittlich um je Fr. 4 auf 100 kg Weizen abgeschrieben.

C. Vorstadien zur Neuregelung.

VI.

1. Am 26. Juni 1920 beauftragte der Bundesrat das eidgenössische Ernährungsamt, dem damals die Getreideversorgung oblag, die Frage der zukünftigen Sicherung der Brotversorgung zu studieren und darüber zu berichten. Im November 1920 erstattete das Er* nährungsamt seinen Bericht*) an den Bundesrat. Es kommt darin *) Massnahmen zur Sicherstellung der Brotversorgung. Bericht des eidgenössischen Ernährungsamtes. Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz, Jahrgang 1921,

422

zu dem Ergebnis, dassdas Einfuhrmonopol als das zur Sicherung der Getreideversorgung geeignetste Mittel erscheine.

Mit Hilfe des Einfuhrmonopols könnten die gestellten Aufgaben: Unterhaltung der erforderlichen Getreidevorräte, Förderung des inländischen Getreidebaues, Erhaltung der einheimischen Mühlenindustrie und Stabilisierung der Getreide- und Brotpreise, eine zweckmässige Lösung erfahren.

Die Behandlung des Berichtes des Ernährungsamtes, auf den hier verwiesen wird, zeitigte im Bundesrat folgende vorläufige Meinungsäusserung: a. dass gesetzliche Massnahmen zur dauernden Sicherung der Brot Versorgung geboten seien; 6. dass die Anlage von Getreidevorräten und die Förderung des inländischen Getreidebaues zweckmässige Mittel seien, um die Brotversorgung zu sichern und die Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln 'im allgemeinen vorteilhaft zu beeinflussen; c. dass die Beibehaltung eines Einfuhrmonopols für Brotgetreide und Mahlerzeugnisse als ein geeignetes, der nähern Prüfung zu unterstellendes Mittel erscheine, um diese Aufgaben einer zweckmässigen Lösung entgegenzuführen; d. dass die Anlage von Vorräten an Kraftfuttermitteln sich auf den für die Armee erforderlichen Hafer beschränken könne, da in den Brotgetreidevorräten auch entsprechende Beserven an Kraftfuttermitteln (Müllereiabfälle) enthalten seien und die Erhaltung des Getreidebaues, mit der auch die Förderung des übrigen Ackerbaues Hand in Hand gehe, naturgemäss weitere grosse und wertvolle Futtermittelreserven schaffe.

2. Das Ernährungsamt wurde sodann beauftragt, im Einvernehmen mit dem Volkswirtschaftsdepartement eineKommission aus Vertretern der verschiedenen Interessentengruppen (Produzenten, Konsumenten, Müller, Bäcker, Handel, Industrie) zu bestellen und ihr die Frage der Sicherung der Brotversorgung zu unterbreiten.

Ausser den Delegierten der genannten Gruppen wurden auch Mitglieder der Bundesversammlung, die sich mit der Brotversorgungsfrage schon befasst hatten, sowie frühere Mitarbeiter im eidgenössischen Brotamt, Vertreter des eidgenössischen Militär- und Volkswirtschaftsdepartementes und ferner die Mitglieder der eidg. Ernährungskommission zu den Beratungen der Kommission beigezogen. Die Kommission zählte gegen 70 Mitglieder und tagte vom 9. bis 11. Mai 1921 und am 10. und 11. April 1922. Es wird auf die

423

gedruckten Protokolle*) über die Kommissionsverhandlungen verwiesen.

Die Verhandlungen der Kommission führten zu dem Ergebnis, dass dauernde Massnahmen des Bundes zur Sicherung der Brotversorgong geboten seien. Man war in der Hauptsache-darüber einig: a. dass ständige Lagervorräte an Brotgetreide im Inlande unterhalten werden sollen, über die der Staat jederzeit verfügen kann; b. dass eine Unterstützung des inländischen Getreidebaue nötig oder mindestens wünschenswert sei, als Kittel zur Sicherung der Brotversorgung und zur Förderung des Ackerbaues; c. dass dem Lande eine leistungsfähige Müllerei erhalten werden müsse.

Über die zur Lösung dieser Auf gabenanzuwendenden Mittel gingen jedoch die Meinungen in der Kommission auseinander.

Während die einen Kreise gegen das vom Ernährungsamt vorgeschlage Einfuhrmonopol -grundsätzlich Stellung nahmen, fand der Vorschlag aus andern Kreisen ebenso entschiedene Befürworter.

Aber auch die zahlreichen Projekte, die der Kommission von Anhängern einer monopolfreien Lösung zugingen, vermochten nicht durchzudringen.

In der Annahme, dass die behandelten Vorschläge zur Lösung der Frage der Brotversorgung eine Ergänzung der Bundesverfassung erheischen werden, fasste die Kommission in ihrer Schlussitzung vom 11. April 1922 den Beschluss, es sei dem Bundesrat über die Tätigkeit der Kommission zu berichten und es sei dieser einzuladen, den eidgenössischen Bäten eine Vorlage zu unterbreite», um eine verfassungsrechtliche Grundlage für die Brotversorgung des Landes zu schaffen, Weitere Vorschläge wurden von der Kommission nicht gemacht, da eine Einigung nicht erzielt werden konnte.

3. in der gleichen Kommissionssitzung wurde ein Antrag ge» stellt, es möchte eine kleinere Subkommission beauftragt werden, die verschiedenen Projekte nochmals zu studieren und für den Fall, dass keines derselben für sich allein eine befriedigende Lösung bieten sollte, zu prüfen, ob die Lösung nicht durch eine Verbindung von *) S i c h e r u n g der B r o t v e r s o r g u n g . Protokoll über die Verhandlungen der vorberatenden ausserparlamentarischen Kommission vom 9. bis 11. Mai 1921 im Ständeratssaal in Bern. Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz 1921. Protokoll der zweiten Konferenz der vorberatenden außerparlamentarischen Kommission -vom 10. und 11. April 1922 im Ständeratssaale in Bern. Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz 1922.

424

vorliegenden Projekten gefunden werden könnte. [Dieser Antrag erzielte Stimmengleichheit und es wurde daher die Entscheidung der Frage dem Bundesrat anheim gestellt. In der Folge haben 15 Kommissionsmitglieder den Bundesrat noch schriftlich ersucht, eine kleinere Studienkommission einzusetzen. Der Bundesrat hat am 14. Juli 1922 die Kommission aus 9 Mitgliedern bestellt, mit dem Auftrag, eine Lösung ohne Einfuhrmonopol vorzuschlagen sei es in Anlehnung an die bereits vorhegenden Projekte oder durch neue Vorschläge und Kombinationen. In Würdigung der besondern Aufgabe wurde diese Studienkommission hauptsächlich aus solchen Mitgliedern der grossen Kommission bestellt, die Lösungen ohne Einfuhrmonopol schon in Vorschlag gebracht oder sich mit solchen näher befasst hatten. Die Kommission bat dem Bundesrat im März 1923 Berieht*) erstattet.

Die Kommission hat die von Nationalrat Steiner in Malters entwickelte Idee der Einfuhrscheine aufgenommen und eine Lösung auf folgenden Grundlagen vorgeschlagen: Der Bund hat für die Sicherung der Brotversorgung aufzukommen, indem er den einheimischen Getreidebau fördert, Brotgetreidevorräte anlegt und die Getreidemüllerei leistungsfähig erhält. Zur Deckung der hieraus entstehenden Kosten wird auf Brotgetreide ein Einfuhrzoll von Fr. 2 für 100 kg erhoben. Für die Förderung der Lagerung von Inlandgetreide wird überdies, soweit die Zollerträgnisse nicht genügen, ein besonderer jährlicher Kredit von Fr. 500,000 auf Eechnung der Bundeskasse bewilligt.

Wer für eigene oder fremde Eechnung inländisches Brotgetreide vermählt, hat in einem bestimmten Verhältnis Anspruch auf Einfuhrscheine, die zur zollfreien Einfuhr von Weizen berechtigen.

Dieses Verhältnis wird im Gesetz erstmals auf eins zu drei festgesetzt, d. h. für 100 kg vermahlenes Inlandgetreide können 800 kg Auslandgetreide zollfrei eingeführt werden. Hieraus soll sich, wie die Projektverfasser annehmen, zugunsten des Inlandgetreides eine Art Mahlprämie in Form eines Vorzugspreises von Fr. 6 bzw. Fr. 8 ergeben. Das Verhältnis kann später vom Bundesrat nach Massgabe der verfügbaren Mittel abgeändert werden. Im weitem ist der inländische Getreidebau durch Unterstützung seiner Technik, insbesondere die Verbesserung des Saatgutes und durch-Beiträge an die Getreidelagerung zu fördern. Der Bund hält als Notlager ständige
Brotgetreidevorräte, die in der Eegel zur Deckung des mittleren Landesverbrauches während zwei bis drei Monaten aus*) S i c h e r u n g der B r o t v e r s o r ^ u n g der Schweiz. Bericht der vom Bundesrat ernannten Studienkommiesion.

425

reichen und nach Bedürfnis ausgewechselt werden sollen. Hinsichtlich der Müllerei wird bestimmt, dass der Bund die erforderlichen Vorkehren trifft für die Erhaltung einer leistungsfähigen Getreidemüllerei als lebenswichtiges Gewerbe des Landes.

Nach der Vorlage besteht für die Einfuhr von Getreide und für den Getreidehandel im Innern des Landes volle Freiheit, Um gewissen Schwierigkeiten für den Identitätsnachweis des privilegierten Inlandgetreides zu begegnen, sieht die Kommissionsverlage folgendes vor: Die Getreideproduzenten haben von der Gemeinde, in der das Getreide geerntet wurde, ein Ursprungszeugnis beizubringen, aus dem insbesondere der Name des Getreidebauefs und die Art und Menge des Getreides ersichtlich sind. Das Ursprungszeugnis begleitet das betreffende Getreide in die Mühle und der Müller hat es mit seiner unterschriftlichen Bescheinigung, dass er das Getreide zu Baokmehl vermählen habe, der eidgenössischen Getreideverwaltung einzusenden. Diese stellt gestützt auf Ursprungszeugnis und Mahlschein die Einfuhrscheine aus. Die Einfuhrscheine lauten auf den Namen des Müllers und können durch Indossierung frei übertragen werden. Auf Verlangen ist der Müller verpflichtet, die Einfuhrscheine dem betreffenden Getreidebauer oder Getreidelieferanten zu überlassen. Die Einfuhrscheine können innert Jahresfrist auf jedem schweizerischen Zollamte zur Verrechnung an Geldesstatt bei der Verzollung von ausländischem Brotgetreide verwertet oder nach Ablauf von drei Monaten seit ihrer Ausstellung auf Rechnung der Bundeskasse zu ihrem Nennwerte in bar eingelöst werden.

Zur Durchführung des Gesetzes wird eine dem Volkswirtschaftsdepartement unterstellte eidgenössische Getreideverwaltung errichtet. Diese besorgt nach den Weisungen des Bundesrates die Verwaltung der Getreidevorräte, die Kontrolle über die Ausstellung der Ursprungszeugnisse durch die Gemeinden und der Mahlscheine durch die Müller und überdies die Ausfertigung der Einfuhrscheine.

Sechs von neun Mitgliedern der Kommission haben diesem Projekt zugestimmt, zwei Mitglieder, Professor Dr. Laur und B. Jaggi, stimmten dagegen und ein drittes Mitglied hat sich der Stimmabgabe enthalten.

VII.

1. Das schweizerische Bauernsekretariat hat dem Projekte der kleinen Studienkommission einen neuen Gesetzes-Entwurf mit folgenden Grundsätzen gegenübergestellt: Behufs Sicherung der Brotversorgung wird der Bund insbesondere den inländischen Getreidebau fördern, Vorräte an Brotgetreide unterhalten, die

426

private Getreidelagerung anregen und für die Erhaltung einer leistungsfähigen Getreidemüllerei sorgen.

Der inländische Getreidebau soll wie folgt unterstützt werden: Aufnahme eines Betrages von jährlich mindestens Fr. 500,000 in den Voranschlag des Bundes für die Förderung der Technik des Getreidebaues, unter besonderer Berücksichtigung der Verbesserung dea Saatgutes und der genossenschaftlichen Lagerung von Inland.getreide; Übernahme des mahlfähigen Inlandgetreides durch den Bund mit einem Zuschlag von Fr. 10 für 100 kg zum Preise von gleichwertigem Auslandgetreide franko verzollt schweizerisches Lagerhaus; Verabfolgung einer Mahlprämie von Fr. 10 für 100 kg selbstgebautes Getreide, das für die Selbstversorgung mit Brot und Mehl im eigenen Haushalte verwendet wird. Für Getreide, das in Gebirgsgegenden produziert und für die Selbstversorgung verbraucht wird, kann die Mahlprämie erhöht werden. Für inländisches, feldbesichtigtes Saatgetreide wird eine durch Vermittlung der anerkannten Saatzucht verbände auszurichtende Prämie von Fr. 12 bis 15 auf 100 kg vorgeschlagen. Ährenaufleser sind den Selbstversorgern grundsätzlich gleichzustellen. Die Kontrolle soll durch die Mitarbeit der landwirtschaftlichen Genossenschaften vereinfacht werden.

Der Bund unterhält ein Lager von aus- und inländischem Brotgetreide, das für die Deckung eines mindestens dreimonatigen Landesbedarfes ausreicht. Findet der Bund für das übernommene Getreide nicht hinreichenden Absatz, so können vom Bundesrat Einfuhrbeschränkungen für Brotgetreide erlassen und Einfuhrbewilligungen im Verhältnis der Bezüge von inländischem Getreide erteilt werden.

Der Entwurf des Bauernverbandes stellt sodann den Grundsatz auf, dass der Bund für die Erhaltung einer leistungsfähigen G-etreidemüllerei die erforderlichen Massnahmen zu treffen habe.

Zu diesem Zwecke können nötigenfalls Einfuhrbeschränkungen für Backmehl erlassen werden.

Zur Kostendeckung sollen die Zolleinnahmen aus Getreide und Mahlprodukten herangezogen werden. Der Fehlbetrag, der jährlich 8--10 Millionen Franken betragen dürfte, wäre durch die Bundeskasse aufzubringen.

2. Für die Verhandlungen der grossen Expertenkommission hatte B. Jäggi als Organisation zur Losung der Getreidefrage eine Genossenschaft gemäss Obligationenrecht vorgeschlagen, unter der Firma: Schweizerische
Getreideversorgungsgenossenschaft.

Der Bund hätte mindestens 51 % des Anteilscheinkapitals zu übernehmen. Als weitere Mitglieder könnten Kantone, Gemeinden, Produzenten- und Konsumentenorganisationen und andere juristische

427

und physische Personen eintreten. Die Genossenschaft würde den Getreidehandel im freien Wettbewerb betreiben, sowie nach den Anordnungen des Bundesrates gegen entsprechende Kostenvergütung das Inlandgetreide zu einem Vorzugspreis übernehmen und die erforderlichen Getreidevorräte halten.

Nach Abschluss der Arbeiten der kleinen Studienkommission modifizierte Jäggi seinen Vorschlag wie folgt: Der Bund trifft die zur Sicherung der Getreide-, Mehl- und Brotversorgung .erforderlichen Massnahmen, ohne dass er das Recht eur Einfuhr von Brotgetreide ausschliesslich beansprucht. Die inländische Getreideproduktion wäre durch Anbauprämien zu fördern, die nach Massgabe der Anbaufläche unter Mitwirkung der Gemeinden und der Kantone verabfolgt werden. Der Bund kauft und verkauft inund ausländisches Brotgetreide im freien Wettbewerb und unterhält «inen ständigen Vorrat au Brotgetreide, der zur Deckung des mittleren Landesbedarfes für 2--8 Monate ausreicht.

Die Anbauprämien für Inlandgetreide und die Kosten der Getreidelagerung wären vom Bund zu tragen. .

3. Im April 1923 hat Nationalrat Balmer-im Nationalrat eine noch nicht behandelte Motion eingereicht, wonach der Bundesrat eingeladen wird, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob Art. 31 der Bundesverfassung nicht mit nachstehendem Zusätze zu ergänzen, sei: «Der Bund ist befugt, zur Sicherung der Brotversorgung und des inländischen Getreidebaues geeignete Massnahmen zu treffen.» Nach dem Gesetzesentwurfe, den Balmer im Anschlüsse an seine Motion veröffentlichte, hätte der Bund die Abnahme des backfähigen Inlandgetreides zu einem Preise zu garantieren, der unter heutigen Verhältnissen Fr. 8 bis 10 über dem Weltmarktpreise stehen würde.

Für selbstgebautes Getreide, das für die Lebensmittelversorgung im Haushalte der Produzenten verwendet wird, wäre eine Prämie in gleicher Höhe zu verabfolgen. Überpreis und Prämie wären den wechselnden Verhältnissen anzupassen. Die schweizerischen Brotgetreidemühlen wären zur Abnahme des vom Bunde übernommenen Inlandgetreides verpflichtet, und zwar zum Ankaufspreis mit einem Zuschlag für die Kostendeckung von l bis 2 Franken für 100 kg. Die Mühlen hätten Inlandgetreide im Verhältnis zur Getreidevermahlung während zwei vorausgegangenen Jahren zu übernehmen. Der Bund hält eine eiserne Res er ve von Brotgetreide, die für
eine Versorgung während wenigstens 8 Monaten genügen soll.

Die Lagerung dieser Getreidereserve und des Inlandgetreides erfolgt in eigenen, privaten und in- den Lagerhäusern der Bundesbahnen; letztere hätten die Lagerung kostenfrei zu besorgen. Die schweize-

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rische Müllerei könnte verhalten werden, auch dieses Lagergetreide, das von Zeit zu Zeit umgesetzt werden muss, zu den Selbstkosten des Bundes abzunehmen. Die Getreidemüllerei wäre lebensfähig zu erhalten und gegen ruinöse ausländische Konkurrenz zu schützen, wofür hauptsächlich Zölle und Einfuhrbeschränkungen für Mahlprodukte in Frage kämen.

Der Motionär ist der Meinung, dass die Kosten der zu treffenden Massnahmen auf die Brotkonsumenten zu überwälzen seien und eine besondere Beanspruchung der Bundesfinanzen nicht eintreten soll, Die praktische Durchführung des Projektes würde eine Art Kontingentierung und Konzessionierung der Getreidemüllerei erfordern.

Von einer Wiedergabe weiterer Projekte, welche der grossen Experten- und der kleinen Studienkommission vorgelegen, aber dort keine Unterstützung gefunden haben, wird abgesehen. Es kann auf die weiter oben genannten Protokolle über die Verhandlungen der grossen Expertenkommission und den Bericht der kleinen Studienkommission, wo jene Vorschläge behandelt sind, verwiesen werden.

Auf eine Beine von Anregungen und Vorschlägen werden wir in den folgenden Ausführungen zurückkommen.

D. Die künftige Regelang der Getreideversorgung.

VIII.

In unseren bisherigen Ausführungen haben wir gezeigt, in welcher Lage sich die Schweiz beim Ausbruch des Weltkrieges befand, wie sie ihre Getreideversorgung in der Kriegszeit gesichert hat, und welche Vorschläge für die zukünftige Begelung dieser wichtigen Frage gemacht worden sind. Es wird nun zu prüfen sein, ob der Bund ganz einfach zu den Verhältnissen der Vorkriegszeit zurückkehren, mit andern Worten* vorbehaltlich der Anlage bescheidener Getreidevorräte für die Armee, den Dingen den Lauf lassen darf oder ob daa Landesinteresse erfordert, dass Massnahmen zur Sicherung der Getreideversorgung getroffen werden.

Die grosse Kommission, die wir zum Studium der Frage einsetzten, hat sich, wie oben erwähnt, einmütig zu der Ansicht bekannt ; 1. dass ständige Lagervorräte an Brotgetreide im Inland unterhalten werden sollen, über die der Staat jederzeit verfügen kann; 2. dass eine Förderung des inländischen Getreidebaues nötig oder mindestens wünschenswert sei als Mittel zur Sicherung der Brotversorgung und der Förderung der Landwirtschaft im Ackerbau; 3. dass im Lande eine leistungsfähige Müllerei erhalten werden müsse.

429

Diese Schlüsse drängen sich, auch nach unserer Auffassung, angesichts des Verlaufes des Weltkrieges und der während dieser Zeit gesammelten Erfahrungen, jedem aufmerksamen Beobachter auf. Bei Ausbruch des Krieges war die Lage ernst. Immerhin stand damals die bescheidene Inlaudsernte zur Verfügung und etwa 26,000 Tonnen Getreide, welches Schweizern gehörte und im Ausland lag) "wurde ohne weiteres frei gegeben. Wäre die Kriegserklärung in einer andern Jahreszeit, z. B. im Frühjahr, erfolgt, so wäre unsere Lage noch kritischer gewesen, weil in jenem Zeitpunkte die Inlandsernte in der Hauptsache verbraucht ist. Überdies kann niemand wissen, ob in einem ähnlichen Falle der schweizerische Besitz wieder frei gegeben würde, wie dies im Jahre 1914 bei Beginn eines Krieges erfolgte, dem eine lange Periode des Friedens und der Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse vorausgegangen war. Ebenso könnten sich, je nach der Konstellation, für die Zufuhren, die uns während des letzten Krieges in anerkennenswertester Weise erleichtert worden sind, noch grössere Schwierigkeiten ergeben. Kurz, die Tatsache, dass wir durch den letzten Krieg hindurchgekommen sind, darf uns für die Zukunft nicht in eine Vertrauensseligkeit versetzen, die sich schwer rächen könnte. Nach unserer Überzeugung ist die Sorge für den nötigsten Lebensunterhalt von Armee und Volk ein Teil der Landesverteidigung, der an Notwendigkeit und Bedeutung hinter den militärischen Rüstungen nicht zurücksteht. EinLand, dessen Lebensmittelversorgung selbst für eine kurze Zeitspanne nicht gesichert ist, und dessen Volk in wenigen Wochen oder Monaten ausgehungert werden kann, bringt die nötige Energie für seine Verteidigung nicht auf und kann sich überhaupt nicht halten. Ist es in einen Krieg verwickelt, so muss es kapitulieren, ist es neutral und an den kriegerischen Ereignissen nicht direkt beteiligt, so ist mindestens seine politische Lage und seine Unabhängigkeit gefährdet, wenn nicht zufolge der ganzen Konstellation und des Ganges der Ereignisse die Versorgung selbst in diesem Falle unmöglich wird. Wer in verantwortlicher Stellung Jene kritische Zeit des Kriegsbeginns erlebt hat, wird nicht geneigt sein, mit verschränkten Armen zuzusehen und das Land auf gut Glück ähnlichen künftigen Schwierigkeiten auszusetzen. Der Bundesrat ist entschlossen,
an semer Stelle alles zu tun, was nach seiner Überzeugung angesichts der gemachten Erfahrungen notwendig ist. Er hält dafür, dass energische Massnahmen ergriffen werden müssen, um die Getreide- und Brotversorgung des Landes zu sichern, und er könnte die Verantwortung für ein anderes Verhalten nicht übernehmen.

Man wird vielleicht geltend machen, dass eine vollständige Sicherstellung der Getreideversorgung für längere Zeit nicht möglich

430

sei, indem durch die Entwicklung des Getreidebaues und die Anlage von Vorräten, selbst im besten Falle der Landesbedarf auf lange Zeit nicht gedeckt werden könnte. Solchen Einwendungen gegenüber ist festzustellen, dass schon die Landesproduktion einen ganz erheblichen Teil des Bedarfes liefern kann. Anderseits sind Vorräte geeignet, über eine Beihe von Monaten hinwegzuhelfen, und zwar speziell über die Zeiten, welche direkt am Beginn einer internationalen Verwicklung liegen und die erfahrungsgemäss besonders schwierig zu sein pflegen. Zieht man in Betracht, dass auf die Dauer die Einfuhr nicht vollständig abgeschnitten sein dürfte, so bieten Vorsichtsmassnahmen, die wir treffen können, gerade die Möglichkeit, einen Ausfall der Einfuhr zu decken und, in Verbindung mit der Einschränkung des Konsums, das Land auf eine erhebliche Zeit vor ernsten Ernährungssehwierigkeiten zu bewahren. Dabei muss allerdings darauf Rücksicht genommen werden, dass Massnahmen nicht nur getroffen werden für die Armee sondern auch für die Zivilbevölkerung. Die Erfahrung hat gezeigt, dass beispielsweise die Armeevorräte an Getreide, Hafer, Heu und Stroh, wie sie zu Beginn des Weltkrieges bestanden, naturgemäss auch für den zivilen Bedarf in Anspruch genommen werden mussten. Die Ausdehnung des Getreidebaues begünstigt aber den Ackerbau überhaupt und führt namentlich auch zu einer Entwicklung der Kartoffelproduktion, die so vermehrt werden kann, dass sie den gesamten Landesbedarf deckt. Die Kriegsjahre haben überdies bewiesen, dass die animalischen Lebensrnittel inländischer Provenienz, speziell Fleisch, Milch und Milchprodukte unseren Bedürfnissen genügen. In unseren Käsevorräten besitzen wir beispielsweise eine wertvolle Landesreserve. Unter solchen Umständen darf wohl gesagt werden, dass, wenn für die Getreideversorgung in energischer Weise etwas getan wird, dies nicht vergebens geschieht, sondern dass so unsere Lebensmittelversorgung auch in Zeiten grosser Schwierigkeiten eine geraume Zeit sichergestellt werden kann.

Die grosse Kommission hat mit Eecht darauf aufmerksam gemacht, dass dem Lande eine produktionsfähige Müllerei erhalten werden müsse. Eine solche hat jedoch bloss einen Zweck, wenn Getreide zur Verarbeitung zur Verfügung steht. Geht der inländische Getreidebau zurück, so werden vor allem die Mühlen, die für
die Verarbeitung des Inlandgetreides bestimmt sind, zum grossen Teile verschwinden. Diese Tatsache wird nicht ohne Bückwirkung bleiben auf die Getreideproduktion und dieser wiederum wegen der Schwierigkeiten des Vermahlens einen weitem Stoss versetzen. Ist das Land vollständig auf die Einfuhr angewiesen, und zwar so, dass es ohne Rücksicht auf die Sicherstellnng des Bedarfs von der Hand in den Mund lebt, so wird notwendigerweise die Mehleinfuhr nach und nach

431 die Getreideeinfuhr verdrängen, und dies besonders heute, in einer Zeit, in der valutaschwächere Länder naturgemäss den Vermahlungsprozess unter günstigeren Verhältnissen durchführen können als die schweizerische Müllerei. So würde diese ihre Existenzbedingungen einbüssen. Läset man den Dingen den Lauf, so wird der inländische Getreidebau untergehen; ihm wird die Müllerei folgen und die Schweiz wird ein Land werden, welches in einem der wichtigsten Gebiete der Lebensmittelversorgung dem Auslande ausgeliefert ist. Sie wird nicht nur über kein greifbares Getreide inländischer oder ausländischer Produktion verfügen, sondern nicht einmal mehr imstande sein, in kritischer Zeit den Müllereiprozess in rationeller Weise zu besorgen.

Der .Landesbedarf an Getreide beträgt gegenwärtig im Tag, die Selbstversorger nicht eingerechnet, ca. 1400 Tonnen. Auf dem Wege der Eationierung konnte er während der Kriegszeit auf 785*) Tonnen eingeschränkt werden. Die Selbstversorger Inbegriffen, dürfte heute der Tageskonsum etwa 1550 Tonnen betragen; auf dem Wege von Zwaugsvorschriften könnte er im Notfalle auf 950 Tonnen hinuntergesetzt werden. Zurzeit gehen wir davon aus, dass durch die Vermittlung der Getreideverwaltung Vorräte im Lande gelagert werden sollen, die sich nach Umständen und nach der Jahreszeit auf 100,000 bis 150,000 Tonnen belaufen. Die Ablieferung an Inlandgetreide betrug von der Ernte 1923 ca. 90,000 Tonnen; sie vollzog sich sukzessive in den Monaten Oktober bis Ende März, Wir sind also gegenwärtig in der Lage, an Ausland- und Inlandgetreide miteinander gerechnet, im Lande Vorräte zu besitzen, die sich auf 200,000--250,000 Tonnen belaufen, ohne dass der Staat deshalb seine eigene Lagerung auf mehr als höchstens 150,000 Tonnen bringen muss. So können wir den normalen Bedarf des Landes auf 6 Monate decken und im Notfalle, mit Hilfe von Rationierungen und Einschränkungen während einer Zeit von 9 Monaten durchkommen. Aueh bietet sich, sobald von Staates wegen auf irgend eine Art und Weise für die Anlage von Vorräten gesorgt wird, die Möglichkeit, in kritischen Zeiten die Vorräte unbemerkt zirverstarken.

Dabei muss allerdings betont werden, dass die blosse Anlage von Getreidevorräten im Lande eine halbe' Massregel bedeuten würde und unbefriedigend wäre. Vorräte werden verbraucht und erneuern sieh
nicht. Das Land aber ist in der Lage, jedes Jahr wieder neu Getreide za produzieren, und wenn die Betriebsrichtung der Landwirtschaft auf Getreidebau eingestellt ist, so ist es selbstverständlich viel leichter, im Falle des Bedürfnisses die inländische Produktion rasch weiter zu entwickeln und zu heben, während eine Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion von der Graswirtschaft auf den *) Durchschnittlicher Tagesverbrauch, ein'schliesslich Ersatzmittel, im Jahre 1918.

432 Ackerbau Jahre erfordert. Wir haben in den Kriegsjahren die Erfahrung gemacht, dass wir erst nach und nach, im Verlaufe der Jahre, die Ablieferungsmengen erheblich steigern konnten. Die Erträgnisse konnten nicht aus dem Boden gestampft werden, die Landwirtschaft rnusste die nötige Zeit haben, um sich umzustellen. Die elementarste Vorsicht gebietet, dass die gegenwärtige Eetriebsrichtung unserer Landwirtschaft nun so bleibe, und dass der Getreidebau nicht vernachlässigt wird. Mit dem Getreidebau*) geht die Erhaltung des gesamten Ackerbaues, einschliesslich des Kartoffel-und des Feldgemüsebaues, Hand in Hand. Die Ackerfrüchte wie Getreide, Kartoffeln und Gemüse, vermögen auf der gleichen Bodenfläche ungefähr die doppelte Menge au menschlichen Nährstoffen zu erzeugen, wie das einer einseitigen Futterproduktion dienende Grasland, dessen Ernten erst durch die Viehhaltung in menschliche Nahrungsmittel umzuwandeln sind**). Der Ackerbaubetrieb ruft aber auch einer grösseren Gespannviehhaltung (Pferde und Arbeitsochsen) und ist der Viehmast, besonders der Schweinehaltung förderlich. Erhaltung und Ausdehnung des Ackerbaues sind somit gleichbedeutend mit einer gesteigerten Lebensmittelproduktion und der dadurch erhöhten Sicherung der Lebensmittelversorgung des Landes überhaupt. Sehr wichtig sind auch die Nebenerzeugnisse des Getreidebaues: Stroh, Dresch- und Müllereiabfälle. Um ihre Bedeutung für die Sicherung der Landesversorgung zu ermessen, sei an die grossen Schwierigkeiten erinnert, die für die Beschaffung von Stroh und Futtermitteln für den Armee- und den Zivilbedarf während des letzten Weltkrieges bestanden haben. Stroh und Dreschabfälle finden eine vielseitige Verwendung und dienen besonders auch als Futterersatz für Pferde und andere Haustiere. Wirft sich die Landwirtschaft einseitig auf die Gras-, Vieh- und Milchwirtschaft, so entsteht ein erheblicher Ausfall in der^Produktion von Stroh und Lebensrnitteln. Das Land wird in doppelter Beziehung und noch in vermehrtem Masse abhängig vom Ausland und der Weltwirtschaft, als es sonst schon der Fall *) Vergi, hierüber Dr. A. Volkart: cDie Förderung des Getreidebaues in der Schweiz». Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz, Jahrgang 1915.

**) Aul Grund ernährungsphysiologischer Berechnungen hat man festgestellt, dass von einer Juchart Kulturland bei
mittlerer Fruchtbarkeit für die Ernährung des Menschen jährlich geliefert werden: 1. Als Wiese, deren Futterertrag zur Viehmast An stävkeelnheiten verwendet wird, in Form von Fleisch, . . .

zirka 30--50 2. Als Wiese, deren Ertrag an Milchvieh verfüttert wird, in Form von Milch > 280 3 Als Wnizen in Form von Körnern » 450 4, Als Kartoffeln 1500

433

ist. Es muss einerseits den Produktionsausfall an den Erzeugnissen des Ackerbaues einführen und anderseits den Überschuss an Produkten der Gras- und Viehwirtschaft ausführen.

Es sei noch auf eine andere Seite der Vermehrung des Getreidebaues hingewiesen. Eine einseitige, auf Gras- und Milchwirtschaft eingestellte Landwirtschaft beschäftigt erheblich weniger Arbeitskräfte als eine solche, die auch den Ackerbau betreibt. Für die gleiche Gutsfläche braucht es viel mehr Arbeitskräfte, wenn Getreide und infolgedessen auch Kartoffeln und Hackfrüchte angebaut werden.

Mit Ackerbau vermag auch ein kleineres Bauerngut eine Familie zu beschäftigen und zu ernähren. Auf der gleichen Fläche finden daher bei dieser Betriebsart zahlreichere selbständige Bauernbetriebe und zahlreichere bäuerliche Haushaltungen Arbeit und Auskommen.

Man berechnet für leichten Boden folgenden Arbeitsaufwand für l Hektar*): Handarbeitstage

Pferdearbeitstage

beim Kartoffelbau 108 80 .

beim Getreidebau (ohne Dreschen) . . 52 22 beim Wiesenbau (Klee und Kleegras) . 8 0 15 Nach Dr. Volkart**) ergibt sich aus der eidgenössischen Betriebszählung 1905, dass die Zahl der landwirtschaftlich tätigen Bewohner mit dem Anteil des Ackerlandes zunimmt. Ordnet man nämlich die Bezirke der Schweiz nach dem Anteil des Getreidelandes am Gesamtkulturland ohne Wald und berechnet man Massenweise die durchschnittliche Anzahl der landwirtschaftlich tätigen Bewohner auf 100ha Kulturland, so ergibt sich folgendes: Anteil des Getreidelandes am Gesamtkulturland ohne Wald

Anzahl der Bezirke

Auf 100 ha Kulturland landwirtschaftlich tatige Personen

0-5, 0 % 85 42,0 5,1-10,0% 28 48,4 10.1-15.0* % 26 58,9 15.1 -20,0% 28 59,4 20.1 -25.0% 21 . ei,, über 25,!% 88 68,4 Nach der gleichen Quelle lasst sich auch nachweisen, dass die Kleinbetriebe in der Regel mehr Ackerbau treiben, als die grösseren.

Es entfielen 1905 in Prozenten des gesamten Kulturlandes auf den Ackerbau: *) Dr. W, Pauli, Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz, Jahrgang 1922.

**) Dr. A. Volkart, Zürich, Die Förderung- des Getreidebaues in der Schweiz. Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz, Jahrgang 1915.

Bundesblatt. 76. Jahrg. Bd. II.

30

434 881 d e n

v o n n 0,5-- 8 ha 3^--10 » 10,x--15 » 15,!--30 » 80,!--70 »

Schweiz 18,s 17,6 17,6 16,0 9,0

3 ZürichhSchaffhausenn Aargau 12,4 875Î 28,3 lo,» 40-1 27,4 18,e 40,3 23,g 9,9 35,4 19,3 54 31,8 18,4

3 Thurgau 10,8 18« 19,!

17,0 11,.

Im. fernem ist der Ackerbau einer regelmässigen und gesunden Arbeit der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung förderlich, während die einseitige Graswirtschaft namentlich in gewissen Jahreszeiten keine volle Beschäftigung bietet. Das Interesse unseres Landes am Ackerbau ist daher verknüpft mit der Bücksicht auf die Erhaltung einer zahlreichen landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung und eines gesunden Kleinbauernstandes. Durch die Begünstigung des Ackerbaues kann der Entvölkerung des Landes und der Zuwanderung in die Städte entgegengewirkt werden.

· Zusammenfassend ist also zu sagen, dass die Anlage erheblicher Getreidevorräte im Lande für unsere Versorgung notwendig und nützlich ist, dass aber diese Massregel ergänzt werden muss durch die Entwicklung des inländischen Getreidebaues. Dieser bietet eine wichtige Reserve für die Ernährung unserer Bevölkerung, indem eine mittlere Ernte schon unter den gegenwärtigen Verhältnissen, die Mengen für den Selbstverbrauch Inbegriffen, auf ca. 150,000 Tonnen geschätzt werden kann. Die Aufrechterhaltung der Getreidekultur fördert den Ackerbau überhaupt, durch den dem Boden, wie erwähnt, erheblich grössere Mengen menschlicher Nahrungsmittel abgerungen werden, als dies durch eine einseitige Gras- und Viehwirtschaft geschieht. Unsere Lebensmittelversorgung wird somit durch die Ausdehnung des Getreidebaues auch noch indirekt gefördert, und ganz speziell gilt dies für den Kartoffelbau. Schliesslich bietet, wie wir zeigten, die schweizerische Landwirtschaft, wenn sie Ackerbau treibt, einer erheblich grösseren Bevölkerungszahl eine gesunde und auskömmliche Beschäftigung. Dies gilt besonders auch für die kleinbäuerlichen Betriebe.

Man wende nicht ein, dass es sich um eine einseitige Unterstützung .der Landwirtschaf t handle. Die Versorgung unseres Landes mit Lebensmitteln ist eine Aufgabe, an deren Erfüllung das ganze Volk wirtschaftlich und politisch interessiert ist, zumal heute, wo die Lage der Exportindustrien infolge der mangelnden Kaufkraft des Auslandes und der grossen Konkurrenz valutaschwacher Staaten schwierig geworden ist. Endlich besteht für jeden Staat ein grosses nationales Interesse, dass möglichst viele Personen wirtschaftlich selbständig sind und in eigenen, wenn auch kleinen und bescheidenen Betrieben

43ö

ihre Tätigkeit ausüben. Geht der Getreidebau zurück, so entwickeln sich in unserer Landwirtschaft eher die grösseren Betriebe und das Schicksal der Bauern ist einzig abhängig vom Vieh- und Milchpreis.

Tritt einmal, beispielsweise zufolge Futtermangels, ein erheblicher Rückschlag der Viehpreiee ein, so drohen dadurch Verluste zu entstehen, die oft die Existenz des selbständigen Bauern gefährden.

Betreibt er aber auch Ackerbau, so vermag in trockenen Jahren die Getreide- und Kartoffelernte den Ausfall, der im Stalle infolge von Futtermangel, Preisrückschlägen, Krankheiten und Seuchen entsteht, auszugleichen.

Wir gelangen somit zum Schlüsse, dass aus Gründen der Landesversorgung wie aus nationalen und politischen Erwägungen der Bund Massregeln treffen muss, um die Getreideversorgung des Landes sicherzustellen, und dass er zu diesem Zwecke einerseits für den Unterhalt von Getreidevorräten im Lande sorgen, anderseits aber den inländischen Getreidebau, der sich in den letzten Jahren unter dem Einfluss der getroffenen Massnahmen erfreulich entwickelt hat, aufrechterhalten und, wo es Klima und Lage rechtfertigen, sogar noch weiter ausdehen soll. Dabei haben wir nur Vorräte an Brotgetreide im Auge -- Mehl ist nicht lange haltbar -- und wir möchten auch den Getreidebau speziell in der Eichtung des Anbaues von Brotgetreide fördern.

IX.

Es fehlt nicht an Stimmen, die glauben, dass besondere tiefgreifendere Massnahmen für die Anlage von Getreidevorräten im Lande -- in Betracht fällt fast ausschliesslich Weizen -- nicht notwendig seien. Der private Handel sei in der Lage, ohne weiteres dafür zu sorgen, der Staat solle sich nicht in diese Dinge mischen und diese Aufgabe der privaten Betätigung überlassen.

Die Verhältnisse bei Ausbruch des Weltkrieges zeigen uns deutlich, wie es sich mit diesen Hoffnungen verhält. Als kleines Binnenland hatten wir vor dem Kriege keinen bedeutend m Getreidegrosshandel. Soweit schweizerische Interessenten Gt^reide kauften, waren die Mengen bescheiden, und die Lagerung erfolgte aus allen möglichen Erwägungen, insbesondere wegen der leichteren Dispositionsmöglichkeit, in der Eegel im 'Auslande. Es ist nicht zu erwarten, dass die Dinge sich in Zukunft anders entwickeln würden.

Wie früher, werden schweizerische Getreidehändler und Müller Getreide oder gar Mehl nach Massgabe des
laufenden Bedürfnisses im Ausland« kaufen und die Lagerung aus Gründon der Ersparnis an Kosten und Zinsen tunlichst abzukürzen versuchen. Es kann auch keiner sich anders verhalten als die andern und mit dem guten Bei-

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spiel der Lagerung vorangehen, denn er würde dadurch den Einstandspreis seiner Ware so verteuern, dass er konkurrenzunfähig würde und sogar mit Verlust arbeiten müsste. Überdies würde die Getreidelagerung gewaltige Kapitalien erfordern, naturgemäss neben Kosten und Zinsausfall auch noch erhebliche Eisiken bieten, die vielleicht in der Zukunft wegen der stärkeren Preisschwankungen noch höher anzuschlagen wären als in der Vergangenheit. Ohne Intervention und Hilfe des Staates ist somit an eine umfangreiche Getreidelagerung im Lande nicht zu denken.

Andere Stimmen wiederum glauben, dass mit verhältnismässig kleinen Mitteln die Lagerung von Getreide im Lande begünstigt und herbeigeführt werden könne. Sie verweisen dabei auf die Verbesserung der Transportverhältnisse, auf die Möglichkeit der billigen Einlagerung und eventuell auf die Belehnung von Getreidevorräten durch den Bund odor schweizerische Banken.

1. Die Verbesserung der Transportverhältnisse ist selbstverständlich sowohl unter dem Gesichtspunkte der Getreidelagerung wie der Getreidezufuhr überhaupt lebhaft zu begrüssen. Vor dem Kriege wurde der grossie Teil der für unser Land erforderlichen Brotfrucht über die Rheinroute zugeführt. Erhebliche Mengen dieses Getreides wurden in Mannheim, Kehl und Strassbujg eingelagert, von wo es nach Massgabe der fälligen Lieferungen und des Vermahlungsbedürfnisses nach der Schweiz abgeführt wurde. Infolge der vorteilhafteren Prachtverhältnisse auf der Eheinlinie konnte Getreide billiger auf dem Umwege über Eotterdam und Antwerpen als auf anderen näheren Wegen nach der Schweiz transportiert werden. Dass es ferner zu einem Teil in Strassburg, Kehl und Mannheim eingelagert wurde und so in kritischen Zeiten der Brotversorgung unseres Landes möglicherweise nicht dienstbar gemacht werden konnte, war namentlich auf die günstigen Lagerungs- und Umschlagsverhältnisse, die Sicherung der billigsten Frachtsätze und die vielseitigere Absatzmöglichkeit zurückzuführen. Kur Abhilfe sind gelegentlich verschiedene Vorschläge gemacht worden: Hebung der Eheinschiffahrt bis Basel ; Schaffung vorteilhafter Transport- und Lagerungsverhältnisse für Getreide in Basel mit dem Zugeständnis voller Eeexpeditionsfähigkeit; Überleitung der nördlichen Zufuhr auf die südlichen Transportwege durch Ermässigung der Frachtsätze. Soweit mit
solchen Mitteln geholfen werden kann, ist es wohl geschehen.

2. Für die Einlagerung von Getreide führten die Bundesbahnen seinerzeit als Erleichterung die unentgeltliche Lagerung während S Monaten ein, die später auf 5 Monate erhöht wurde. Überdies wurden die Zollmederlagshäuser bei Basel erweitert und im Anschlüsse an die Förderung der Rheinschiffahrt Einrichtungen im Rheinhafen

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geschaffen. Es wäre wohl denkbar, in Beziehung auf die unentgeltliche Lagerung von Getreide noch weiter zu gehen, wenn dies geeignet wäre, den gewünschten Effekt herbeizuführen. Verschiedentlich ist sodann die staatliche Unterstützung der privaten Lagerung beim Getreidehandel, bei den Müllern und den Getreideproduzenten zur Diskussion gebracht worden. Eine freiwillige Übernahme solcher Verpflichtungen könnte nur in Frage kommen, wenn die betreffenden Geschäftsinhaber entsprechend entschädigt würden. Die Kosten der Getreidelagerung bestehen aus der Lagermiete, den Zinsverluaten, den Versicherungsprämien, der Gewichtsabnahme und den mit der Anlage von Vorräten verbundenen Preisrisiken, Es dürfte schwierig sein, über die Einschätzung dieser zum Teil wechselnden Faktoren Eegeln für die Ausrichtung von Entschädigungen aufzustellen und diese letzteren so zu gestalten, dass wirklich die Getreidelagerung eine erhebliche Anregung erführe.

8. Die Belehnung von im Lande gelagerten Getreidevorräten durch den Bund könnte offenbar nur für Mengen in Betracht kommen, die sich in öffentlichen Lagerhäusern befinden. Sie würde wohl, was den Zinsfues anbetrifft, gewisse Erleichterungen bringen, während die Belehnung von eingelagertem Getreide an und für sich durch Banken bereits ermöglicht ist. Die Belehnung durch den Bund allein, und ohne dass sie in ein ganzes System von Massnahmen eingegliedert würde, könnte wohl im einzelnen Fall einem Müller oder Getreidehändler, der in Ausnützung einer günstigen Konjunktur erhebliche Ankäufe machen möchte, dienen. Sie wäre aber kaum geeignet, die regelmässige Unterhaltung von Getreidevorräten im Lande herbeizuführen.

So kommen wir denn in bezug auf diese, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, kleinen Mittel zum Schluss, dass sie zum Teil schon angewendet wurden, zum Teil in Verbindung mit andern Vorschriften eine Bedeutung haben könnten, dass sie aber allein und auaschliessh'ch auf dem Wege der Freiwilligkeit nicht geeignet wären, die Risiken, die die Getreidelagerung bietet, regelmässig auszugleichen und die Privatinitiative zu veranlassen, ständige Einlagerungen von Getreide vorzunehmen.

4. Der Bund muss also, wenn er die Garantie des Vorhandenseins gewisser Getreidemengen im Lande haben will, weitergehen. Es bieten sich ihm zwei Wege: entweder er übernimmt die Lagerung selbst
oder er verpflichtet im Interesse des Landes Getreideimporteure und Müller zum Unterhalt gewisser Lager, die, was ihre Bedeutung betrifft, beispielsweise in Eelation gesetzt werden müssen zur Menge des eingeführten oder vermahlenen Getreides. Hinsichtlich der ersten Eventualität verfügen wir über Erfahrungen. Wir wissen auf wie

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lange Zeit Getreide, je nach seiner Qualität, gelagert werden kann.

Diese Zeit belauft sich auf l bis 3, ausnahmsweise sogar auf 4 Jahre.

Der Bund verfügt heute schon über Einlagerungsmöglichkeiten, und er könnte, selbstverständlich ohne zu grosse Opfer, in dieser Beziehung noch ein weiteres tun. Wir kennen die Spesen, die durch die Lagerung entstehen, und können die Erfahrungen, welche die Getreideverwaltung während fast eines Jahrzehntes gemacht hat, zunutze ziehen. Heute schon wird die Lagerung zum Teil durch Verträge mit den Müllern in die Mühlen selbst verlegt, um ein doppeltes Einund Ausladen und unnütze Transportkosten zu vermeiden.

Anderseits erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass der Unterhalt von Getreidevorräten dem privaten Handel und den Mühlen überlassen wird oder dass neben dem eigenen Bestände des Bundes durch Verträge mit Händlern und namentlich Müllern private Lager unterhalten werden. Bei der Durchführung dieser Massnahmen könnten neben andern Vorkehren einige der Mittel in Betracht kommen, dis soeben zur Förderung der Getreidelagerung erwähnt worden sind.

Wir möchten die Frage, wie die Unterhaltung von Getreidelagern zu erreichen sei, heute nicht endgültig entscheiden, sondern allen Kombinationen und Möglichkeiten, die zu einer praktischen Lösung führen können, die Tore offen lassen. Nur darüber muss man sich klar sein, dass, wenn der Weg der privaten Lagerung beBchritten werden soll, einheitliche Vorschriften aufgestellt werden müssen, die unsern Getreideimporteuren und Müllern bestimmte Pflichten auferlegen würden. Lediglich auf dem Boden der Freiwilligkeit kann nach unserer Ansicht die Lösung nicht gesucht werden, während anderseits die freiwillige als Ergänzung einer staatlichen Einlagerung in Betracht fallen kann.

Was die Mengen des einzulagernden Getreides betrifft, so können auch darüber heute endgültige Festsetzungen nicht erfolgen. Die Lagermenge kann und darf je nach den Verhältnissen und sogar nach der Jahreszeit, beispielsweise im Hinblick auf die Inlandsernte, variieren. Wir sind der Ansicht, dass von einer zu weitgehenden Lagerung abgesehen werden soll, dass aber der Landesbedarf- auf ca. 3 Monate gedeckt sein sollte. Selbstverständlich kann man über dieses Mass auch anderer Meinung sein und noch bescheidenere oder auch höhere Einlagerungen postulieren. Wir
möchten, wenn wir approximativ diese Zahl nannten, nur zum Ausdruck bringen, dass wir keine übermässigen Vorräte zu empfehlen gedenken.

Die Getreidevorräte werden in der Eegel in ausländischem Getreide bestehen, weil dieses trockener und haltbarer als das schweize-

439 rieche ist. Sollte es in der Zukunft, was nicht ausgeschlossen ist, gelingen, durch die Anlage von Getreidesilos mit Durchlüftung auch Getreide schweizerischer Provenienz zur Einlagerung zu verwenden, so wäre dies sehr zu begrüssen und würde, wie jetzt schon beiläufig erwähnt werden soll, eine Vereinfachung unserer Aufgabe herbeiführen.

'X.

Was den inländischen Getreidebau betrifft, so wäre es natürlich das beste und für das Land vorteilhafteste, wenn er von sich aus und ohne staatliche Hilfe gedeihen könnte. Das ist aber nicht der Fall, Die Schweiz steht in dieser Beziehung nicht allein. Unsere vier Nachbarländer waren, obwohl ihre Produktionsverhältnisse fast durchgängig besser sind als die unsrigen, vor dem Kriege schon gezwungen, ihren Getreidebau zu schützen. Sie taten es durch Zölle für Weizen und Backmehl. In Frankreich betrug der Zoll 1913 wie heute für 100 kg Fr. 7, in Italien vor dem Kriege L. 7. 50.

Der deutsehe Zoll für Weizen betrug 1918 Mark 5. 50 und in Österreich Kronen 6. 30. Die Zölle für Backmehl sind durchschnittlich in den gleichen Ländern 4 bis 9 Einheiten höher als diejenigen für Weizen.

Aus diesen Ziffern ergibt sich die interessante Tatsache, dass selbst unsere grossen Nachbarländer vor dem Kriege ihren Getreidebau schützen mussten und schützten, und wir wissen denn auch, dass er sich mächtig entwickelt hat. Man ging also auch dort von der Ansicht aus, dass es selbst das Opfer eines etwas höheren Getreide- und Brotpreises wert sei, die Getreidekultur und den Ackerbau aufrechtzuerhalten. Wir glauben nachgewiesen zu haben, dass auch in der Schweiz an der Aufrechterhaltung des Getreidebaues und damit des Ackerbaues ein Lebensinteresse nicht nur der Landwirtschaft sondern des ganzen Landes besteht. Deshalb haben wir nun zu prüfen, auf welche Art und Weise geholfen werden kann und welche Massnahmen der Bund zu ergreifen hat. Auch für uns wäre es technisch und praktisch am einfachsten, dem Beispiele unserer grossen Nachbarn zu folgen und einen kräftigen Schutzzoll einzuführen. Wir glauben indessen, es sei jedermann mit uns einig, dass dieser Weg für uns nicht gangbar ist. Er würde zu einer erheblichen Verteuerung des Brotes und damit der Lebenshaltung führen und einen Zustand schaffen, den wir nicht wünschen. Es müssen daher andere Wege gesucht werden.

Am naheliegendsten ist es, wenn es sich um die staatliche Unterstützung eines Produktionszweiges und ganz speziell eines solchen

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der Landwirtschaft handelt, einerseits an die Vorbildung der darin beschäftigten Kräfte und an eine technische Hilfe zu denken und anderseits den Bestrebungen der Produzenten selbst praktisches Interesse entgegenzubringen. Der Bund unterstützt das landwirtschaftliche Bildungswesen und jährlich treten aus unsern Fachschulen viele Hunderte von theoretisch und praktisch vorgebildeten jungen Landwirten aus, die sich das nötige Wissen auch in Fragen des Getreidebaues angeeignet haben. Tausende von älteren, praktischen Landwirten erhalten durch Teilnahme an Wanderlehrvorträgen und kurzfristigen Kursen Aufklärung über rationellen Getreidebau und richtige Bodenbearbeitung, über zweckmässige Düngung, Saat, Pflege und Ernte. Durch seine Versuchs- und Untersuchungsanstalten sammelt der Bund Erfahrungen, die er in gemein samer Arbeit mit den landwirtschaftlichen Schulen, Fachvereinen und Genossenschaften wiederum zur Verfügung der Interessenten stellt. Seit etwa zwei Jahrzehnten sind die Samenuntersuchungsund Versuchsanstalten in Lausanne und Örlikon-Zürich damit beschäftigt, durch Selektion die unsern Klima- und Bodenverhältnissen angepassten, einheimischen Getreidesorten zu verbessern, besonders ihre Standfestigkeit, ihren Ertrag, die Mehlausbeute und die Backfähigkeit zu heben. Hand in Hand mit den Saatzuchtgenossenschaften, zu denen sich in neuerer Zeit die Getreidezüchter in den verschiedenen Produktionsgebieten vereinigt haben, werden die Ergebnisse dieser Getreideselektion der grossen Praxis dienstbar gemacht. Es geschieht dies namentlich durch Beschaffung und Vermittlung von geeignetem Saatgut, das bei den von den Anstalten organisierten Feldbesichtigungen auf den Getreideäckern ausgewählt und hernach bis nach erfolgter Abgabe an den Käufer kontrolliert wird. Diese Institutionen haben namentlich seit Kriegsausbruch mit Erfolg an der Förderung des Getreidebaues mitgearbeitet. Ihre ganze Tätigkeit ist eino äusserst wichtige und nützliche. Sie muss vom Bunde auch fernerhin nachhaltig verfolgt und unterstützt werden. Dabei verdienen die Saatzuchtgenossenschaften besondere Beachtung. Die wirksame Förderung unseres Getreidebaues setzt voraus, dass wir durch sorgfältige Auswahl und Selektion der Sorten und Varietäten, durch gute Bestellung, richtige Düngung und Pflege, kurz durch eine auf ganzer Linie rationelle,
unsern Verhältnissen angepasste Kultur nach Möglichkeit das zu ersetzen suchen, was Klima und Boden uns versagen.

So wichtig diese technische Unterstützung des Getreidebaues ist, so kann sie allein unter unsern Verhältnissen doch einen durchschlagenden Erfolg nicht erzielen. Die Produktionsbedingungen unseres Landes sind nun einmal mit einigen Ausnahmen dem Getreide-

441 bau nicht besonders günstig, und es ist nicht abzusehen, dass sie sich wirksam verändern werden. Die Gestehungskosten des von der schweizerischen Landwirtschaft produzierten Getreides sind daher wesentlich höher als in den von der Natur begünstigten Ländern, die Getreide in grossen Mengen produzieren und solches auf den Weltmarkt bringen. Wie die Verhältnisse des Bodens, des Klimas und die Einrichtungen der vorwiegend kleinbäuerlichen Betriebe unseres Landes, so sind auch die Produktionskosten des Getreides örtlich und zeitlich erheblichen Schwankungen unterworfen. Im grossen Durchschnitt dürften sie aber um 5--10 Franken für 100 kg über den Gestehungskosten des importierten Getreides stehen, wenn wir normale Durchschnittsverhältnisse annehmen und ungünstigere Produktionsbedingungen nicht in Eechnung setzen.

Soll trotz dieser Schwierigkeiten bei uns in erheblichem MasseGetreide gebaut werden, so müssen wir entweder in der Lage sein, die Gestehungskosten des Getreides zu vermindern oder aber dessen Verwertung zu heben, denn auf die Länge wird kein Produktionszweig bestehen, der mit Verlust arbeitet. Es wird nun aber kaum möglich sein, abgesehen von der richtigen Anwendung der Mittel, die wir technische genannt haben, die Produktionskosten des inländischen Getreides erheblich zu vermindern. Wohl ist die Erkenntnis, dass die Bodenpreise häufig übersetzt und die Gutsbetriebe mit Gebäudekapital im allgemeinen zu stark belastet sind, auch in landwirtschaftlichen Kreisen weit verbreitet, aber diese Erkenntnis dürfte in absehbarer Zeit kaum eine nennenswerte Verminderung der landwirtschaftlichen Produktionskosten zeitigen. Ähnlich verhält es sich mit dem erheblichen Anteil an den Produktionskosten, der resultiert aus den von Gewerbe und Industrie bezogenen landwirtschaftlichen Betriebsmitteln, aus den Arbeitslöhnen, den Steuern und Abgaben. Der Getreideproduzent wird diesen Paktoren die grösste Aufmerksamkeit schenken und auch im Kleinsten auf eine Verminderung der Produktionskosten Bedacht zu nehmen haben. Einzelne entziehen sich aber seinem Einflüsse, und die anderen sind nicht wirksam genug, um Gestehungskosten und Marktpreis des Getreides in Einklang zu bringen.

Infolgedessen wird eine weitere, praktisch wirksamere Unterstützung bei der Verwertung des Getreides einsetzen müssen.

Dabei ist zu
beachten, dass die Verwertung des Brotgetreides eine doppelte ist. Einerseits wird dieses vom Bauer selbst für seine Familie und für die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen und solche, die die Kost bei ihm gemessen, verwendet.

Anderseits werden Überschüsse verkauft. Die natürlichste Verwendungsart für schweizerisches Getreide ist die im Haushalt des

442 Bauern. Hier erfolgt der Verbrauch ohne unnütze Transportspesen und andere Kosten des Güteraustausches an Ort und Stelle, und er vollzieht sich so am rationellsten. Es ist wünschenswert, dass der Brauch des Vermahlens des eigenen Getreides in den Kundenmühlen und des Selbstbackens in den Bauernfamilien wieder mehr aufkomme, oder dass auch dann, wenn das Brot beim Bäcker gekauft wird, dieser das Mehl aus dem inländischen, direkt zur Verfügung stehenden Getreide verwendet. Steht nun aber der Preis des ausländischen Getreides und Mehles so tief, dass der Bauer billiger Brot kauft, als selbst Getreide produziert, so wird er sich von dieser Kultur abwenden und wie der Städter Brot fremdländischer Herkunft verzehren. Anderseits ist es zweifellos am leichtesten, bei Selbstversorgung der Getreidebauern mit eigenem Brotgetreide eine bessere Verwertung für dieses zu erzielen und damit den Unterschied zwischen dessen Gestehungskosten und dem Preise des Auslandgetreides auszugleichen. Deshalb ist es aber für den Staat, der die Unterstützung des Getreidebaues in billiger Weise und mit bescheidenen Mitteln durchführen will, auch am richtigsten, hier anzusetzen und den Ausgleich der Kosten herbeizuführen. Dieses Vorgehen bietet zugleich den Vorteil, dass die Unterstützung auf diese Art nicht nur den grossen Landwirten zugute kommt, die Überschüsse an Getreide abzugeben haben, sondern auch den Kleinbauern, die geringere Flächen anbauen und geneigt sind, ihr Produkt für den eigenen Haushalt zu verwenden.

Damit kommen wir zu der Frage, wie der Getreidebau einerseits speziell für den Selbstversorger gefördert und unterstützt werden kann und wie anderseits eine entsprechende Verwertung der den Eigenbedarf übersteigenden Überschüsse zu annehmbaren Preisen zu sichern ist. Beiden Zwecken dienlich wäre eine A n b a u p r ä m i e , die schon vor dem Kriege verschiedentlich in Diskussion gesetzt worden ist. Dabei würde für die mit Brotgetreide (Weizen, Korn, Boggen) bestellten Felder jährlich eine nach der Mäche bemessene Prämie verabfolgt, die auf den Getreidebau einen anregenden und fördernden Einfluss auszuüben hätte. Die Verwertung des Getreides bliebe dem Produzenten überlassen. Als angemessene Anbauprämie wurden Beträge von 1--2 Franken für jede Ar mit Getreide angepflanzter Fläche genannt. Die vorberatenden
Kommissionen haben die Anbauprämie in Erwägung gezogen, aber wieder fallen lassen. Man sagte sich, die Ausrichtung einer Anbauprämie würde einer jährlich zu wiederholenden Feststellung der mit Getreide bepflanzten Anbauflächen jedes Produzenten rufen, ein Verfahren, das unter unsern kleinbäuerlichen Verhältnissen mit stark zerstückeltem Grundbesitz sehr zeitraubend und teuer wäre. Die Kataster-

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Vermessung würde nur soweit eine Vermessung der Getreideäcker entbehrlich machen, als sich diese mit den in die Katasterpläne eingetragenen Grundstücken decken, was jedoch häufig nicht der Fall ist.

Nach der amtlichen Anbaustatistik zählte die Schweiz im Jahre 1917: 182,291 und 1919: 219,309 Getreideproduzenten. Keine Brotgetreideproduzenten hatten damals nur 156 = 5 % von insgesamt 8140 politischen Gemeinden der Schweiz. Im Durchschnitt kamen im Jahre 1919 auf einen Produzenten der betreffenden Getreideart: 48.2 a Mischelfrucht, 43,0 a Winterweizen, S9,e a Winterkorn, 83,a a Hafer, 26,4 a Winterroggen, 18,9 a Sommerkorn, 9,,, a Sommerroggen. Auf einen Produzenten traf es durchschnittlich in den Kantonen, in Aren ausgedrückt, eine mit Getreide bebaute Fläche von : Genf 180,9, Waadt 127,6, Luzern 106,,, Freiburg 104,!, Schaffhausen 96,7, Bern 98,7, Neuenburg 90,4, Basel-Land 67,lf Zürich 66,a, Nidwaiden 63,y, Aargau 56,,, Zug 55,7, Glarus 24,0, Appenzell A.-Eh.

24,,,, Appenzell I.-Rh. 20,2, Graubünden 19,0, St. Gallen 17,3, Wallis 17,!, Obwalden 14,8, Schwyz 8,6, Tessin 8,3. Diese Anbauflächen setzen sich bei den meisten Produzenten aus einer grösseren Zahl Grundstücken zusammen.

Es wird ferner darauf hingewiesen, dass für die volkswirtschaftlic Bewertung des Getreidebaues weniger die Anbaufläche als vielmehr der für die Landesversorgung verfügbare Ernteertrag entscheidend ist. Bei einer nach der Fläche bemessenen Anbauprämie würde ein gleich grosses Opfer gebracht für den vernachlässigten, wenig abträglichen Getreideacker wie für ein gut gepflegtes Getreidefeld mit quantitativ und qualitativ besserem Ertrag. Auch die Verwertungsart des Getreides wäre ohne Einfluss auf die Höhe der Anbauprämie, obwohl wir naturgemäss seine Verwendung zur menschlichen Ernährung anstreben müssen. Das Getreide von bereits kontrollierten Flächen könnte aus wirtschaftlichen Erwägungen gelegentlieh auch vor der Reife geschnitten werden, um als Viehfutter oder für andere Zwecke Verwendung zu finden. Das Endziel, den inländischen Getreidebau qualitativ zu heben und möglichst viel Inlandgetreide der menschlichen Ernährung zuzuführen, könnte somit durch das Mittel der Anbauprämie vermutlich nicht in befriedigendem Masse erreicht werden.

Auf Grund solcher Erwägungen wurde die Anbauprämie durch die vorberatenden Kommissionen
mit Zustimmung der landwirtschaftlichen Vertreter wieder fallen gelassen. Der Umstand, dass bei der Durchführung auch die kleinen, für die Selbstversorgung der Produzenten bestimmten Flächen berücksichtigt und die Prämienansätze nach den Produktionsverhältnissen, beispielsweise zur Be-

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gmistigung der Gebirgsbevölkerung nach der Höhenlage, abgestuft werden könnten, vermochte die Bedenken nicht zu zerstreuen.

Fast noch ungünstiger liegen die Verhältnisse für die Druschprämie, wo die Subvention auf dem beim Drusch festgestellten Körnerertrag zu entrichten wäre. Auch hier bliebe die Verwertung des Getreides den Produzenten überlassen. Die beim Dreschen vorzunehmenden Feststellungen wären mit gewiesen Schwierigkeiten und mit erheblichen Kosten verbunden. Diese werden um so grösser, je Öfters das Dreschen im einzelnen Betriebe erfolgt, je länger es hinausgeschoben wird und je ungleicher Qualität und Beinheitsgrad des Getreides sind. Den Bestrebungen zur Förderung der Qualitätsproduktion würde auch dieses System nicht gerecht. Dagegen könnte es leicht zu Missbräuchen durch Unterschiebung von nicht prämienberechtigtem Getreide führen.

Neben der Getreidelagerung ist, wie wir ausgeführt haben, die Hebung der inländischen Getreideproduktion das wichtigste Mittel zur Sicherung der Getreideversorgung unseres Landes. Es wäre daher als ein Mangel zu betrachten, wenn Anbau- und Druschprämien ohne Büchsicht auf die Verwendungsart des subventionierten Getreides verabfolgt würden, denn die gestellte Aufgabe wird um so vollkommener gelöst, je mehr Inlandgetreide direkt der menschlichen Ernährung zugeführt wird.

Dieses Ziel verfolgt die Mahlprämie für Inlandgotreide, das zu Backmehl vermählen wird und so der menschlichen Ernährung dient.

Ein solcher Vorschlag ist zuerst von Nationalrat Steiner-Malters gemacht, von der kleinen Studienkommission aufgegriffen und, wie erwähnt, für das von ihr vorgeschlagene System verwertet und ausgebaut worden. Wie wir wissen, befürwortet die kleine Studienkommission zur Deckung der Kosten für die von ihr vorgeschlagenen Massnahmen einen bescheidenen Einfuhrzoll für Brotgetreide. Wer aber für eigene oder fremde Bechnung inländisches Brotgetreide ver-1 mahlt, hat Anspruch auf die zollfreie Einfuhr der drei- bis vierfachen Menge Weizen. Die Studienkommission möchte damit das für die Selbstversorgung verwendete, in der Begel in Kundenmühlen der Produktionsgebiete und das von den Produzenten verkaufte, in den Mühlen für den allgemeinen Markt vermahlene Inlandgetreide privilegieren. Mit der Zunahme der Selbstversorgung wäre nach diesem Vorschlag auch eine Förderung der
Kundenmüllerei zu erwarten, was besonders den Privat- und Genossenschaftsmühlen der Produktionsgebiete zum Nutzen gereichen könnte.

Auch das Projekt des schweizerischen Bauemsekretariates sieht als Mittel, den Anbau von Getreide für die Selbstversorgung zu heben, eine Mahlprämie vor.

445 Die Vorschläge der Studienkommission und des schweizerischen Bauernsekretariates stimmen also unter sich in dem Punkte überein und decken sich darin auch mit unserer Auffassung, dass die Mahlprämie als ein aussichtsreiches Mittel zur Förderung des inländischen Getreidebaues und zur Sicherung der Brotversorgung bezeichnet werden kann, das geeignet ist, gleichzeitig der Selbstversorgung und der Müllerei zu dienen. Die Frage über die zweckmässigste Form der Mahlprämie kann für einmal um so eher offen bleiben, als sie mit den übrigen Massnahmen in Einklang zu bringen und darnach zu gestalten ist. Insbesondere ist offen zu lassen, ob die Mahlprämie auch Anwendung finden kann für die Getreideüberschüsse, die über ·die Selbstversorgung hinausgehen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die landwirtschaftlichen Genossenschaften während den letzten Jahren an der Abnahme des Inlandgetreides für den Bund und teilweise auch an dessen Verwertung mit Erfolg mitgearbeitet haben und dass diese Institutionen weiterer Entwicklung fähig sind. Die Genossenschaften können nach unserer Meinung die Selbstversorgung in der Weise ausdehnen, dass sie einen Teil der von den Produzenten übernommenen Überschüsse zunächst an solche Produzenten überweisen, die für ihren eigenen Bedarf selbst nicht genug Getreide pflanzen. Einen weitern Teil werden sie in eigenen Mühlen und bei Müllern der nähern Umgebung, auch bei benachbarten Genossenschaften, zur Vermahlung bringen und in geeigneter "Weise verwerten. Für diese Überschüsse wäre eine Mahlprämie oder ein entsprechender Beitrag, den wir auch als Produktionsprämie bezeichnen könnten, zu verabfolgen.

Um die Selbstversorgung von einer Ernte zur andern zu fördern, könnten eventuell die Mahlprämien für die spätem Monate den Kosten der Getreidelagerung entsprechend periodisch erhöht werden.

Wir glauben, dass es möglich sein wird, durch die Ausrichtung einer Mahlprämie und speziell durch Zuhilfenahme der Genossenschaften dei Getreideproduzenten, den Getreidebau sehr wicksam zu fördern und, wie wir ausführten, besonders für die Selbstversorgung, zu entwickeln. Anderseits ist nicht zu verkennen, dass für die Überschüsse, die nicht im eigenen Betrieb verwendet oder in ähnlichen Verhältnissen für gleiche Zwecke, beispielsweise durch Vermittlung ·der Genossenschaften, in
Anspruch genommen werden, eine Absatzmöglichkeit geschaffen werden muss. Denn es darf nicht übersehen werden, dass speziell vom Standpunkt der Landesversorgung aus ein wesentliches Interesse daran besteht, dass die Landwirte nicht nur für sieh Getreide bauon, sondern auch Überschüsse erzielen, die den Konsumenten, die kein Getreide produzieren, zugeführt -werden können. Die Produktion von Qualitätsware wird -- und auch

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hieran besteht wiederum ein grosses Interesse -- wesentlich dadurch gehoben, dass für solche die Möglichkeit eines rationellen Verkaufes geschaffen wird. Heute übernimmt die eidgenössische Getreideverwaltung mahlfähiges, gutes Inlandgetreide auf Grund des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 mit einem Überpreis. Sie gibt dieses Getreide gleichzeitig mit demjenigen fremder Provenienz an die Mühlen ab. Wie soll die Präge in Zukunft geregelt werden?

Die Landwirtschaft legt grossen Wert darauf, dass ihr die Abgabe des Getreides zu einem bestimmten Preis ermöglicht werde, und sie sieht hierin eine der wirksamsten Formen der Förderung des Getreidebaues, Will man auf diese Idee, die im Grundsätze gerechtfertigt erscheint, eintreten, so ergeben sich für deren Verwirk-lichung verschiedene Möglichkeiten.

Gelingt es, was nicht ausgeschlossen ist, Getreidesilos mit geeigneter Lüftung zu schaffen, so wird es möglich sein, gutes Inlandgetreide für die Anlage der Vorräte zu benützen, von denen wir gesprochen haben. Diese Lösung wäre sicherlich die beste und die einfachste. Sie wird etwas erschwert durch den Umstand, dass das schweizerische Getreide nicht einen solchen Grad der Trockenheit erreicht wie ausländisches ; anderseits aber wird sie, wie wir hoffen, durch die erwähnte besondere Lagerung trotzdem ermöglicht werden.

Abgesehen hiervon sind je nach der Methode, die für die Lösung des ganzen Problems gewählt wird, verschiedene Wege denkbar, um Getreideüberschüsse, die zum Verkauf angeboten werden, in den Konsum überzufuhren. Denkbar wäre grundsätzlich die Abnahme durch den Bund, der dann das Getreide, soweit er es nicht einlagert, in irgendeiner Form an die Mühlen und so in den Konsum weiter zu leiten hätte. Daneben eröffnet sich die Möglichkeit, in Anlehnung an die Vorschläge der kleinen Studienkommission vorzugehen, oder in irgendeiner Form die Müller zu verpflichten, Inlandgetreide im Verhältnis zu der von ihnen verarbeiteten Menge von Auslandgetreide zu bestin*mten Bedingungen zu übernehmen. Eine Variante der letztgenannten Lösung bestände darin, die Importeure von Getreide und Mehl zur Abnahme eines nach der Bedeutung ihrer Einfuhr bemessenen Quantums von Inlandgetreide zu verpflichten. Schliesslich ist in der Praxis auch denkbar, dass durch den Abschluss von Konventionen zwischen den Genossenschaften
der Getreideproduzenten und den Müllern die direkte Überführung des überschüssigen Inlandgetreides in den Konsum in die Wege geleitet wird. Die Lösung des Problems dürfte durch die Möglichkeit erleichtert werden, einen Teil der Überschüsse in den Geuossenschaftsmühlen der Getreideproduzenten zu vermählen. Auf alle Fälle muss im Interesse einer rationellen Lösung darauf geachtet werden, dass die Verarbeitung

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und Verwendung des Inlandgetreides tunlichst in den Produktionsgebieten erfolgt. Andernfalls entstehen unnütze Transportkosten und Spesen, die für den Mehl- und damit den Brotpreis ins Gewicht fallen.

Voraussetzung der ganzen Kombination ist selbstverständlich, dass der Produzent einen Preis erhält, der ihm ermöglicht, den Getreidebau aufrechtzuerhalten, Es muss also, wie wir bereits ausführten, für das Inlandgetreide ein höherer Preis angelegt werden als der "Weltmarktpreis. Auf welche Art und Weise und durch wen wird dieser entrichtet?

Würde man sich entschliessen, eine Abnahmepflicht der Importeure von Getreide und Mehl oder der Müller zu schaffen, so hätten wohl diese das Inlandgetreide zu einem vom Bundesrate auf Grund gesetzlicher Bestimmungen fixierten Preise zu übernehmen. Wir denken, dass im Gesetze ein Mindest- und ein Höchstzuschlag festgesetzt und der zu entrichtende Überpreis jeweilen vom Bundesrat bestimmt würde. In diesem Falle wurden Getreideimporteure und Müller den anzulegenden Mehrpreis bei der Berechnung der Einstandskosten für das Mehl in Betracht ziehen, oder der Bund müsste ihnen die Prämie zurückerstatten. Bin anderes System bestände darin, dass Getreideimporteure und Müller die Inlandware zum laufenden Preise übernehmen und dass der Bund den Getreideproduzenten eine Produktionsprämie entrichtet. Wünschenswert wäre auf alle Fälle eine direkte Überführung des Getreides vom Produzenten in die Mühle, wiederum im Interesse der Vermeidung von Speditionskosten und Spesen. Bei allen diesen Kombinationen hätten, wie es heute der Fall ist, die Genossenschaften der Getreideproduzenten mitzuarbeiten. Sie würden der Verwaltung einen erheblichen Teil ihrer Aufgabe abnehmen. Ob Kantone und Gemeinden herbeigezogen würden, bleibe dahingestellt. Es hängt dies unter anderem offenbar von der Entwicklung des Genossenschaftswesens ab. Würde der eine oder andere Weg gewählt, so ist auf jeden Fall dafür zu sorgen, dass der für das Inlandgetreide fixierte Überpreis tatsächlich dem Gßtreidebauer zufliesst und von ihm effektiv bezogen werden kann.

Wir enthalten uns, auf weitere Einzelheiten einzutreten, und betonen, dass wir bereit sind, alle Vorschläge, die uns unterbreitet werden, aufmerksam zu prüfen. Keine der in Betracht fallenden Möglichkeiten soll als abgelehnt oder anderseits als definitiv
angenommen gelten. Es lag uns nur daran, in dieser Botschaft zu zeigen, dass die Förderung des Getreidebaues durch eine Beeinflussung der VerwertungsmögUohkeit der Inlaiidprodukte am ehesten und auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann.

448 XI.

Die Unterhaltung von Getreidevorräten und die Entwicklung des inländischen Getreidebaues setzen naturgemäss, wie wir bereits oben dargelegt haben, den Bestand einer leistungsfähigen Müllerei voraus. Unser Land verfügt über eine grössere Zahl guteingerichteter Handelsmühlen, die in der Lage sind, den ganzen Landesbedarf an Mehl zu decken. Dagegen waren, wie vorstehend bereits erwähnt wurde, im Laufe der Jahre mit dem inländischen Getreidebau die sogenannten Land- und Kundenmühlen zurückgegangen und teilweise fast verschwunden. In neuerer Zeit erst und namentlich unter dem Einflüsse der vom Bund getroffenen Massnahmen über den Zwangsanbau von Getreide und die Brotrationierung haben sie sich wieder entwickelt. Speziell sind die landwirtschaftlichen Genossenschaftsmühlen, wie sie insbesondere in der Westschweiz existieren, hervorzuheben. Es ist wohl selbstverständlich, dass die Müllerei als ein lebenswichtiges Gewerbe des Landes betrachtet werden muss, an dessen Existenz die Allgemeinheit interessiert ist.

Die Vorgänge der letzten Jahrzehnte haben aber gezeigt, dass die Land- und Kundenmühlen, wenn auf dem Gebiete der Getreideversorgung seitens des Bundes nichts geschieht, zum Aussterben verurteilt sind und dass selbst die Handelsmühlen mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen haben würden. Die Massregeln, die wir für die Anlage von Vorräten und die Unterstützung des Getreidebaues vorsehen, sind ohne weiteres geeignet, auch das Müllereigewerbe in den beiden Formen, von denen wir gesprochen haben, zu erhalten.

Unsere Tendenz muss darauf ausgehen, dass unser Getreidebedarf inländischer und ausländischer Provenienz tunlich im Lande selbst vermählen wird. Die vorgesehenen Massnahmen sind somit geeignet, zugleich die Lebensfähigkeit der Müllerei zu fördern und sie vor ·einer ruinösen Konkurrenz eines Systems, das einzig auf dem Import von Mehl beruhen wurde, zu retten.

XII.

Nachdem wir dargelegt haben, welches die Ziele einer schweizerischen Getreidepolitik sein müssen und welche Mittel für die Anwendung in Betracht fallen, kommen wir zur weitern Frage der Methode. Heute besteht noch das während des Krieges geschaffene Einfuhrmonopol. Die eidgenössische Getreideverwaltung kauft im Auslande, unterhält Vorräte und übernimmt Inlandgetreide. Dagegen sind Massnahmen für die Unterstützung des Getreidebaues zum Zwecke der Selbstversorgung nicht gotroffon. Man muss schlüssig -werden, ob das Problem der Getreideversorgung durch das Mittel des Einfuhrmonopols oder ohne solches gelöst werden soll.

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Wir vertreten die Auffassung, dass ein Monopol keineswegs um seiner selbst willen geschaffen werden soll. Wir haben also nicht .die Tendenz, von vornherein die Aufgaben des Staates nach der .geschäftlich-kommerziellen Seite hin zu entwickeln und der privaten Betätigung Probleme aus der Hand zu nehmen, die sie bis jetzt gelöst hat. La Gegenteil kann ein Monopol für uns nur dann in Betracht kommen, wenn es zur Erreichung eines bestimmten Zweckes, mit dessen Eealisierung die Lebensinteressen des Landes ·verbunden sind, unumgänglich notwendig ist. Unter diesem Gesichtspunkte sei im folgenden die Frage untersucht.

Eine objektive Prüfung führt uns zum Schlüsse, dass das Monopol, sowohl in der Kriegs- wie in der Nachkriegszeit durchaus befriedigend funktioniert hat. Die Ankäufe erfolgten zu angemessenen Preisen, nicht etwa über dem durchschnittlichen Weltmarktpreis, sondern darunter, die Abgabe vollzog sich regehnässig, und die Verwaltungskosten sind bescheiden. Läge der Getreideverwaltung nicht die Abnahme des Inlandgetreides ob und wäre bloss das Einfuhrmonopol .zu handhaben, so könnte ihr Personalbestand noch weiter reduziert werden. Die Verwaltungskosten beteufen sich auf ca. 15 Eappen je 100 kg, was im Hinblick auf den Unterhalt der grossen Lager, die natürlich auch die Verwaltungsaufgabe komplizieren, als bescheiden bezeichnet werden darf. Der gegenwärtig über dem Weltmarktpreis stehende Abgabepreis ist nicht etwa auf unrichtige Operationen, sondern auf die Verrechnung der Prämie zurückzuführen, welche die Getreideverwaltung auf dem Inlandgetreide entrichtet und die auf die Gesamtabgabe verrechnet werden muss. Es kann auch kaum bestritten werden, dass die Frage des Unterhaltes der Vorräte und namentlich deren Auswechslung sich beim Getreidemonopol sehr ·einfach löst und dass für die Abnahme des Inlandgetreides in der Monopolverwaltung ein Instrument besteht, das die reibungslose und glatte Durchführung dieser Operation ermöglicht und gestattet.

Dazu kommt, dass selbst für die Mahlprämie an die Selbstversorger das Monopol eine Vereinfachung der Kontrolle des vermahlenen Getreides bietet. Das Monopol hat auch keineswegs einen bedeutenden und wichtigen Getreidegrosshandel verdrängt. Es sind, wenn überhaupt jemand durch die staatlichen Massnahmen und nicht durch ·die Entwicklung der Verhältnisse im
allgemeinen den Verdienst verloren hat, wenige Personen, die hierfür in Betracht kommen. Die Getreideverwaltung ist in der Lage, nach und nach ihren Preis weiter abzubauen und ihn ganz speziell dem Weltmarktpreis sehr stark zu nähern, wenn die Prämie auf dem Inlandgetreide, wie es als gegeben erscheint, erheblich reduziert wird. Die Frankolieferung zu einem ·einheitlichen Preise auf jede Bahnstation, die nur von einer MonoBundesblatt. 76. Jahrg Bd II.

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polverwaltung durchgeführt werden kann, erweckt wohl einerseits den irrtümlichen Eindruck teurerer Preise, enthält jedoch eine Berücksichtigung abgelegener Gegenden, die Vorteile bietet.

Anderseits ist zuzugeben, dass der Staat, wenn er neue und speziell geschäftliche Aufgaben übernimmt, den Kreis seiner Verantwortlichkeit erweitert. Er greift in die privaten Interessen Einzelner direkt ein und setzt sich gleichsam im kommerziellen und Erwerbsleben in einem Gebiete fest, das an und für sich nicht das seinige ist, und er tritt an die Lösung von Problemen, für die er eigentlich nicht geschaffen wurde. Kann man dem Staat einerseits nicht abstreiten, dass er in der Lage ist, eine Aufgabe konsequent zu verfolgen, so mangelt ihm anderseits naturgemäss eine Beweglichkeit, die inmitten der Geschäftswelt wünschenswert ist. Er begegnet auch, vielleicht ungerechtfertigt, einem gewissen Misstrauen in seine Fähigkeiten, und man wird wohl nie anerkennen, dass er so günstig wi& möglich eingekauft und so billig wie möglich abgegeben habe.

Weite Kreise des Volkes sind überzeugt, dass die Privatinitiative in der Lage wäre, rationeller und billiger zu arbeiten. Man fürchtet auch, dass der Staat nach und nach die Hand noch auf andere Gebiete des Geschäfts- und Erwerbslebens legen und so im Laufe der Zeit sein Tätigkeitsgebiet und auch seinen Einfluss gewaltig entwickeln werde. So käme der Bürger gegenüber dem Staate wirtschaftlich in eine gewisse Abhängigkeit, die zu vermeiden sei.

Es wird weiter geltend gemacht, es werde der Staat, da er mit dem Monopol konkurrenzlos sei, nicht mit der gleichen Findigkeit arbeiten wie in Konkurrenz stehende private Kaufleute. Vom Einfuhrmonopol für Getreide sei nur ein Schritt auch zur Verstaatlichung der Müllerei, in die der Staat sich auf alle Fälle einmischen müsse, und jedenfalls werde dieses ganze Gewerbe nicht mehr ein selbständiges Geschäft wie im früheren Sinne sein, weil der Unternehmer seine Bohstoff» in Qualität und Provenienz nicht beliebig auswählen könne, sondern einfach zu verarbeiten habe, was man ihm gebe.

Man kann die Berechtigung mancher Einwendungen nicht bestreiten. Auf jeden Fall ist zuzugeben, dass durch ein Einfuhrmonopol die private Tätigkeit zurückgedrängt und die staatliche erweitert wird.

Es ist auch sicher, d#ss in der privaten Initiative eine grosse
Kraft ruht und dass nach ihr und der geleisteten Arbeit sich eigentlich Entwicklung und Aufstieg eines Volkes bemessen. Zu alledem.

tritt nun die weitere Erwägung, dass die Einführung des Monopols einem leidenschaftlichen Kampfe Ungewissen Ausgangs rufen würdeund dass im Volke die Tendenz, die staatliche Tätigkeit und staatliche Betriebe auszudehnen, speziell zurzeit keinen Boden hat.

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Gegenüber den in der Kriegs- und Nachkriegszeit notwendig gewesenen staatlichen Eingriffen macht sich eine natürliche Reaktion geltend.

Was aber das Wichtigste zu seni acheint, ist, dass die Aufgabe, die wir uns stellen, ohne Einführung eines staatlichen Monopols für den Getreidehandel gelöst -werden kann. Es ist möglich, dass sogar der Bund selbst Getreidevorräte unterhält, ohne dass ihm ein Einfuhrmonopol übertragen wird. Daneben besteht noch die Möglichkeit anderer Lösungen oder der Kombination mit solchen.

Die Unterstützung des inländischen Getreidebaues kann, was die Hilfe an die Selbstversorgung betrifft, für die wir eine Mahl- oder Produktionsprämie in Aussicht nehmen, von vorneherein ohne ein Einfuhrmonopol des Bundes realisiert werden. Man wird aber auch für die Abnahme des überschüssigen Inlandgetreides eine Form finden, die erlaubt, auch diese Operation ohne ein staatliches Einfuhrmonopol durchzuführen. Wege hierzu haben wir bereits in einem vorausgehenden Abschnitte gezeigt.

Wir sind also der Ansicht, dass in Abwägung aller Verhältnisse und in Würdigung wirtschaftlicher Auffassungen und politischer Bücksichten die Getreideversorgung des Landes ohne die Beibehaltung oder Schaffung eines Einfuhrmonopols durchgeführt werden soll.

Wir glauben auch, dass dieser Entschluss zu seiner Eechtfertigung nicht vieler Worte bedürfe, weil neben praktischen Gründen auch gefühlsmässige Erwägungen mitspielen, ja vielleicht sogar in weitgehendem Masse den Ausschlag geben.

Auf die Erage, ob der Bund auch nach Abschaffung eines Einfuhrmonopols einen Getreidehandel aufrechtzuerhalten gedenke, ist folgendes zu antworten. Ein regelmässiger Getreideverkauf durch den Bund beruht auf dem Grundsatze der Gleichbehandlung aller und heute wenigstens auch auf dem Grundsätze gleicher Preise für alle Landesgegenden, so also, dass die eidgenössische Getreideverwaltung einen Mittelpreis berechnet und die Fracht bis zur Empfangsstation trägt. Wollte eine staatliche Getreidehandlung in Konkurrenz mit dem Privathandel treten, so müsste sie vorab auf den einheitlichen Preis für das ganze Land verzichten, weil ihr sonst bloss die Bestellungen für die Gebiete blieben, für welche grosse Frachtauslagen bestehen, während sie für günstiger gelegene Orte regelmässig unterboten würde. Sie müsste aber auch täglich und stündlich,
um der Konkurrenz die Spitze zu bieten, nach den Fluktuationen des Marktes verkaufen und dem einen Käufer eine Stunde später als einem andern einen höheren Preis verlangen oder einen tiefern zugestehen. Solehe Operationen sind für den Staat, von,welchem man die Gleichbehandlung Aller erwartet und dem man bei Differenzen gerne Be-

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günstigung des Einen oder des Andern vorwirft, nicht geeignet.

Zwei Punkte müssen ' allerdings zur Befriedigung geregelt werden, wenn der Bund am Getreidemarkte gar nicht als Verkäufer auftreten soll: die Abnahme der Vorräte, die periodisch ausgetauscht werden müssen, und die der Überschüsse des Inlandgetreides. Der erste Punkt wird unseres Erachtens verhältnismässig einfach geregelt werden können durch eine Übereinkunft mit der Müllerei.

Für den zweiten Punkt, die Abnahme des überschüssigen Inlandgetreides, wünschen wir, wie bereits oben erwähnt, eine Lösung zu finden, die das Dazwischentreten des Staates unnötig macht und es ermöglicht, dass das angebotene Inlandgetreide direkt, beispielsweise von der Müllerei oder dem Handel, übernommen wird. Können diese beiden Fragen, wie wir bestimmt hoffen, befriedigend geregelt werden, so braucht der Staat auf dem Getreidemarkt nicht aufzutreten, und seine Tätigkeit würde sich dann auf die Ausrichtung der-Mahlöder Produktionsprämien und die Vermittlung zwischen Produzentenorganisationen und Getreidekonsumenten zum Zwecke der Anbahnung der Getreideabnahme beschränken können.

XIII.

Die Sicherung der Getreideversorgung kann selbstverständlich nicht durchgeführt werden ohne gewisse Opfer. Ein Teil derselben wird in irgendeiner Form von der Bundeskasse zu tragen sein, während ein anderer Teil unter Umständen vom Konsum übernommen wird. Wir wollen im nachstehenden versuchen, die entstehenden Belastungen zu skizzieren : 1. Die technische Unterstützung des Getreidebaues (namentlich Beschaffung und Verbesserung von Saatgut, Hebung der Technik des Getreidebaues im allgemeinen) wird ein bescheidenes Opfer erfordern. Ein Teil der hierauf bezüglichen Arbeit wird von den Versuchsanstalten und den landwirtschaftlichen Organisationen geleistet, ein anderer wird der Abteilung für Landwirtschaft obliegen.

Wir schätzen die Gesamtausgabe auf eine Summe, die vielleicht am Anfang 100,000 Franken im Jahre betragen wird und nach und nach sich auf nicht mehr als 200,000 Franken heben dürfte. Heute schon ist im ordentlichen Voranschlag des Bundes ein Kredit von 80,000 Franken für die Hebung des Getreidebaues ausgesetzt. Wir gehen davon aus, dass auch die sich ergebende bescheidene Mehrausgabe ins ordentliche Budget eingestellt und aus den allgemeinen Mitteln des Bundes bestritten
wird. Von diesem Punkte ist also nicht weiter zu sprechen.

2. Die Einlagerung von Getreide erfordert Opfer an Zinsen und Lagerspesen, sei es, dass nun der Bund die Lagerung selbst

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vornimmt oder für eine solche sorgt und die bezüglichen Kosten vergütet. Eechnen wir mit einem durchschnittlichen Einstandspreis von 80 Franken, so erfordert der Zins, zu 5 % gerechnet, ein jährliches Opfer von eineinhalb Millionen Franken. Die Lagerungsspesen (Ein- und Auslagerung, Gewichts- und QualitätsverlustOj Lagermiete und Verwaltungskosten) können für den Wagen und daß Jahr auf durchschnittlich 100 Franken geschätzt werden. Der Unterhalt der Vorräte würde also etwa 2% Millionen im Jahr kosten.

8. Die Unterstützung des inländischen Getreidebaues vollzieht sich, wie wir oben auseinandergesetzt haben, wahrscheinlich in doppelter Weise. Einerseits wird mit einer Mahl- oder Produktionsprämie gerechnet werden müssen, anderseits ist ein Überpreis für abzunehmendes, gutes, mahlfähiges Getreide schweizerischer Provenienz zu decken.

Nach angestellten Berechnungen darf die Getreideproduktion der Schweiz, für welche die eine oder andere Art der Unterstützung in Betracht fällt, durchschnittlich jährlich auf 13,000 Wagen geschätzt werden. Die maximale Ablieferung an die Getreideverwaltung betrug bis jetzt in den besten Jahren 9000 Wagen. Die gleichzeitig produzierte und nicht abgelieferte Menge wurde auf 5000 Wagen geschätzt. In anderen Jahren war der Ertrag schwächer. Gelangt eine Mahlprämie für die Selbstversorgung zur Ausrichtung, so scheint uns ein Betrag von 4--5 Franken je 100 kg als angemessen.

Zieht man in Betracht, dass speziell im Jahre 1928, als der Unterschied zwischen dem Weltmarktpreis und dem für das Inlandgetreide aufgestellten Ansatz sehr erheblich war und ca. 15 Franken betrug, von der Gesamtproduktion rund */g abgeliefert worden sind, so darf wohl auch bei vorsichtiger Schätzung angenommen werden, dass, wenn durch eine Mahlprämie die in Frage stehenden Verwertunggmöglichkeiten, einerseits Selbstverbrauch, anderseits Verkauf, in ihren praktischen Auswirkungen sich bis auf etwa 3 Franken für 100 kg nähern, nicht mehr als etwa ein Drittel der in Betracht fallenden Gesamtmenge zur Ablieferung angeboten wird. Dies vorausgesetzt, würden also zwei Drittel von 13,000 Wagen oder rund 8500 Wagen die Mahlprämie beziehen, was, zu Fr. 5.-- gerechnet, eine jährliche Ausgabe von Franken 4,250,000 ausmachen würde.

Der Überpreis, den die Monopolverwaltung in den letzten Jahren auf Grund des
Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 bezahlte, belief sich, wie erwähnt, für 100 kg.auf 15--16 Franken. Dieser Ansatz reduziert sich bereits für 1924 um weitere 5 Franken. Wir halten dafür, dass für die definitive Lösung ein Ansatz von 7 Franken im Mittel angemessen sei. Bei dieser Featöölssung fällt in Betracht, dass die Mittel für die Durchführung der ganzen Operation jeden-

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falls za einem wesentlichen Teile durch spezielle Grenzgebühren aufgebracht werden müssen, die in Verbindung mit dem geringen Zoll, einen kleinen, an sich ungenügenden Produktionsschutz von etwa 2 Franken je 100 kg bieten würden. Der Überpreis von 7 Franken, der auf dem Preis ausländischen Getreides franko verzollt Schweizergrenze zu berechnen wäre, erhöht sich daher in seiner Wirkung auf ca, 9 Pranken. Bei einem Angebot von 4500 Wagen und einem Ansatz von 7 Franken wäre somit ein Gesamtüberpreis von 8,150,000 Franken zu tragen.

4. Wir haben bereits betont, dass die kleinen Ausgaben für technische Unterstützung des Getreidebaues ganz einfach in das Budget des Volkswirtschaftsdepartementes eingestellt, wie alle andern Ausgaben zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion, von den allgemeinen Bundesmitteln getragen werden sollen. Wie verhält es sich nun mit den weitem Opfern?

Es ist einleuchtend, dass die Ausgaben von 2% Millionen Franken für Lagerungskosten und von 4,250,000 Franken für die Mahlprämie durch den Bund direkt bestritten werden müssen. Was den Überpreis auf dem zu übernehmenden Getreide anbetrifft, so sind zwei Kombinationen möglich: entweder der Bund trägt auch hier die Prämie und vergütet sie direkt dem Produzenten oder dem Käufer oder aber der letztere -- beispielsweise der Importeur von fremdem Getreide und Mehl oder der Müller -- der gesetzlich oder vertraglich zur Übernahme eines Kontingentes von Inlandgetreide verhalten wird, trägt den Überpreis selbst und verrechnet ihn daher in seinen Gestehungskosten für Mehl oder Getreide. In diesem Falle wird naturgemäss die Ausgabe direkt auf den Konsum überwälzt.

Wir möchten uns heute weder für das eine noch für das andere System endgültig aussprechen, sondern bloss konstatieren, dass im ersten Falle dem Bund eine Ausgabe erwachsen würde von etwa 6,750,000 Franken und im zweiten Falle eine solche von rund 10 Millionen Franken, nämlich dann, wenn der Bund auch die Prämie auf dem übernommenen Inlandgetreide in irgendeiner Art und Weise direkt bestreitet. Über die Art des Vorgehens im einen oder anderen Sinn wird anlässlich des Gesetzeserlasses zu reden sein.

Die Finanzlage der Eidgenossenschaft ist heute nicht so, dass man von vornherein eine solche Ausgabe ohne Deckung aus den allgemeinen Mitteln des Bundes bestreiten kann. Wir
wollen indessen kein endgültiges Urteil darüber fällen, ob seinerzeit durch das Gesetz ein Teil der entstehenden Kosten dem Bund ohne Deckung Überbunden werden kann. Für alle Fälle möchten wir prüfen, wie eventuell entsprechende Einnahmen geschaffen werden könnten.

455 Die Sicherung der Brotversorgung kommt dem ganzen Volke «ugute und wird in dessen Interesse durchgeführt. Es ist deshalb naheliegend, dass die hieraus sich ergebenden Ausgaben durch bescheidene und besonders Grenzgebühren auf Getreide und dessen Mahlprodukten gedeckt werden. Nach Berechnungen, die wir angestellt haben, ergäbe eine Grenzgebühr auf Weizen von l Pranken mit entsprechenden Gebühren auf den Mahlprodukten und anderen Getreidesorten, unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Einfuhr in den Jahren 1912, 1913, 1921 und 1922, eine Summe von ca.

-6% Millionen. Würde der Satz auf Fr. 1.50 erhöht, so ergäbe sich ·ein Ertrag von über 10% Millionen. Bei dieser Aufstellung haben ·wir Mehl, Krüsch, Futtermehle und Stroh ebenfalls in bescheidener Art belastet. Wir wollen gerne hoffen, die Finanzlage der Eidgenossenschaft werde gestatten, seinerzeit aus den ordentlichen Zöllen, die bei Erlass des Gebrauchstarifs von 1921 für Getreide und dessen Produkte etwas erhöht worden sind, einen Zuschuss an die Kosten der Sicherung der Brotversorgung zu machen. Trifft dies zu, so «rgabe sich eine gesamte Grenzbelastung für Weizen von Fr. 1. 60 bis Fr. 1. 60 für 100 kg Weizen. Andernfalls würden die sämtlichen Eingangsgebühren sich auf 2 Franken, in keinem Falle aber darüber belaufen. Davon wäre also ein Betrag von Fr. l bis 1.50, je nach der Kombination, die getroffen wird, die Prämie, die für die Sicherstellung der Getreideversorgung des Landes getragen wird, während der ordentliche Zoll bekanntlich 60 Kappen für 100 kg beträgt.

Wird ungefähr in der Weise, wie wir es hier darlegen, vorgegangen, so unterscheidet sich unser System wesentlich von dem Wege, den unsere vier grossen Nachbarstaaten vor dem Kriege zum Schutze ihres Getreidebaues eingeschlagen haben. Jene Länder führten einen Zoll ein, der an sich geeignet war, den Getreidebau zu schützen, und die bezügliche Einnahme floss in die Staatskasse. Wir begnügen uns nach unserem System mit dem Bezüge eines Viertels oder eines ·Fünftels jener Zölle, verwenden aber deren Ertrag für den Unterhalt von Getreidevorräten und die Unterstützung des Getreidebaues, mit einem Wort, für die Sicherstellung unserer Brotversorgung, so dass also bei uns die Versicherungsprämie, wenn dieser Ausdruck gebraucht werden darf, nur ein Viertel bis ein Fünftel dessen beträgt» was der Konsum der erwähnten Staaten tragen musste.

XIV.

Man kann sich fragen, ob ein Programm, wie wir es bisher für die Sicherstellung der Getreideversorgung des Landes in seinen Hauptzügen entwickelt haben, nicht auf der Grundlage der heutige^ Verfassung realisiert werden könnte. Würde dies versucht, so et-

456 gäben sich darüber jedenfalls Meinungsverschiedenheiten, die auf die sachliche Erledigung zurückwirken müssten. Sei die Frage so oder anders zu entscheiden, so halten wir dafür, es sei richtiger, die an und für sich doch^neue und in der Bundesverfassung nicht erwähnt» Präge der Getreideversorgung in einem besondern Artikel unseresGrundgesetzes zu behandeln. Unseres Erachtens wird der bezügliche Artikel am besten nach Artikel 28 eingeschaltet und erhielte also die Bezeichnung Artikel 23bis. Bei seiner Aufstellung haben wir uns vom Bestreben leiten lassen, sowohl in positiver wie in negativer Beziehung alles das zu regeln, was von grundsätzlicher Bedeutung ist. Im übrigen muss selbstverständlich ein Verfassungsartikel, der nicht nur für den Augenblick bestimmt ist, der Gesetzgebung eine gewisse Freiheit lassen. Das Volk hat ja Gelegenheit, sich über die Ausführung auszusprechen, so dass keineswegs die Gefahr entsteht, dass irgendeine Lösung gewählt werden könnte, die dem Volkswillen nicht entspricht.

Von diesen Erwägungen geleitet, haben wir denVerfassungsartiket redigiert, der dieser Botschaft beigedruckt ist.

In Alinea l wird der Grundsatz aufgestellt, dass der Bund Massnahmen treffen soll, um die Getreideversorgung des Landes sicherzustellen. Wir haben absichtlich diese Fassung gewählt, weil wir für den Bund nicht bloss eine Befugnis sondern direkt einen Auftrag schaffen wollten. Wir sprechen von « Getreideversorgung)), haben jedoch, wie aus den bisherigen Erörterungen hervorgeht, dabei di» Versorgung des Landes mit «Brotgetreide» im Auge. Für den Import wird es sich wohl aussohliesslich um Weizen handeln. Für die Produktion im Lande selbst wird daneben auch Korn (Dinkel, Spelz) und Eoggen in Betracht kommen. Wir denken aber nicht an Mais, welcher ja nach unserer Auffassung nicht unter den Begriff « Getreide» fällt. In der französischen Fassung haben wir absichtlich den engeren Begriff «blé» dem weitem «céréales» vorgezogen.

Im zweiten Absatz werden die zwei hauptsächlichsten Mittel für die Sicherstellung der Getreideversorgung ausdrücklich genannt: Die Anlage von Vorräten und die Förderung des inländischen Getreidebaues. Für Vorräte werden wiederum nur solche an Weizen in Be-' tracht kommen, es sei denn, dass man in ausserordentlichen Zeiten teilweise mit einer andern Getreideart, z. B. mit
Eoggen, vorlieb nehmen müsste. Wir fragten uns, ob es richtiger wäre, von Vorräten an «Brotgetreide» statt bloss «Getreide» zu sprechen, sind aber davon abgekommen, weil wir im ganzen Verfassungsartikel einheitlich von «Getreide» sprechen möchten. Im übrigen besteht ja keineswegs weder die Tendenz noch die Gefahr, dass auf weitere Getreidelagerungen als auf solche von Brotgetreide übergegangen

457 werde, unter Vorbehalt gewisser bescheidener Vorräte an Hafer, die für die Bedürfnisse der Armee wohl auch in Zukunft wie bisher bestehen sollen. Die Art und Weise, wie die Vorräte angelegt und unterhalten werden sollen, bleibt offen. Das Gesetz wird entscheiden, ob der Bund sie anlegt, ob er für deren Anlage durch Private sorgt oder ob ein kombiniertes System angewendet wird. Es wäre irrationell, den Gesetzgeber in dieser Beziehung fesseln zu wollen.

Ebenso kann der Verfassungsartikel über das Mass der Vorräte keine Vorschriften enthalten. Wie bereits ausgeführt, haben wir keineswegs die Absicht, zu weit zu gehen. Es wird Sache des Gesetzes sein, in dieser Beziehung Begeln aufzustellen.

In bezug auf den inländischen Getreidebau möchten wir zum Ausdrucke bringen, dass dieser an sich durch technische Mittel, sowie die Verwertung und Verarbeitung seiner Produkte erleichtert und gefördert werden soll. Diese Fassung lässt beispielsweise die Unterstützung des Getreidebaues für die Selbstversorgung durch das Mittel von Mahl- oder Produktionsprämien zu, wie sie anderseits auch erlaubt, Anordnungen und Massnahmen zu treffen, um den Absatz durch andere Mittel zu fördern und zu ermöglichen, so beispielsweise durch die Getreideabnahme, eine Vorkehr, die wir oben nach verschiedenen Eichtungen erörtert und besprochen haben.

Es ist nicht erforderlich, von der Müllerei zu sprechen. Sie ist auf alle Fälle notwendig zur Verarbeitung des Getreides und wird aus der Vermehrung des inländischen Getreidebaues und der Verarbeitung seiner Produkte eine Verbesserung ihrer Existenzbedingungen erzielen. Die Müllerei wird aber auch, soweit sie ausländisches Getreide verarbeitet, unterstützt, sonst hätte ja die Anlage von Getreidevorräten keinen Zweck.

Der dritte Absatz überlässt die Ausführung der aufgestellten Grundsätze, wie es für eine Verfassungsbestimmung am Platze ist, der Gesetzgebung, ohne sie in bezug auf die anzuwendenden Mittel zu binden. So soll es zum Beispiel möglich sein, eine Pflicht der Importeure von Getreide und Mehl zu statuieren, und überhaupt Massnahmen zu treffen, um diesen Absatz zu ermöglichen. Es muss die Möglichkeit bestehen, alle die heute schon erörterten und genannten Mittel auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen und je nach den Erfahrungen auch Abänderungen der Gesetzgebung vorzunehmen. Es
erscheint uns als ausgeschlossen, die Verfassungsbestimmungen mit Einzelheiten zu belasten. Die Aufnahme weiterer positiver Bestimmungen würde zweifellos der Erweiterung durch negative Vorschriften rufen, und so käme man sohliesslich an kein Ende. Die Verfassung ist kein Gesetz, und die Ausführung ist diesem zu überlassen.

458

Die Finanzierung braucht im Verfassungsartikel nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. Es liegt auf der Hand, dass die vorliegende Fassung der Gesetzgebung die Möglichkeit eröffnet, für die Kosten der Sicherung der Getreideversorgung Grenzgebühren zu beziehen. Dies folgt speziell aus Absatz 2, lit. b, anderseits aber auch aus der allgemeinen Vollmacht, die durch den ersten Satz von Absatz 8 der Gesetzgebung überlassen wurde. Endlich ist ja der Bezug von Zöllen auch durch andere Verfassungsbestimmungen dem Bunde übertragen. Auch in dieser Beziehung soll übrigens die Gesetzgebung freie Hand haben, insbesondere in dem Sinne, dass der Bund, wenn seine Finanzlage es erlaubt, wie wir oben schon andeuteten, auch aus andern Mitteln ein Opfer bringt.

Eine Frage wollten wir ausdrücklich lösen, nämlich die des Monopols. Man wird wohl einwenden, dass ein ausdrückliches Verbot desselben nicht notwendig gewesen wäre, weil die allgemeinen Bestimmungen der Verfassung es nicht zulassen. Wir sind aber überzeugt davon, dass im Falle der Weglassung eines Verbotes Einwendungen wie die, das Monopol könnte später auf Grund des neuen Verfassungsartikels doch eingeführt werden, nicht fehlen würden.

Diese Frage ist grundsätzlicher Natur, sie begegnet grossem Interesse, und wir müssen daher darauf halten, dass sie ausdrücklich gelöst werde, gerade so gut, wie wir empfehlen würden, die Zulässigkeit des Monopols ausdrücklich auszusprechen, wenn wir ein solches befürwortet hätten. Wir wünschen alle Garantien gegen die Einführung des Monopols zu geben, damit der Verfassungsartikel nicht mit dem Schlagworte, er schalte das Monopol nicht aus, bekämpft werden kann. Wir möchten dringend bitten, an dieser Bestimmung auf alle Fälle festzuhalten.

Im letzten Absatz wird die Aufhebung des gegenwärtig tatsächlich bestehenden Monopols ausdrücklich ausgesprochen. Auch hier werden Einwendungen nicht fehlen. Die einen werden sagen, die Bestimmung sei nicht nötig, und die andern, sie sei in der Verfassung unschön. Auch hier bitten wir sehr, an unserem Projekte nichts zu ändern. Würde die Bestimmung gestrichen, so käme nachher die Einwendung, es könne Jahre dauern bis ein Gesetz auf Grund des neuen Verfassungsartikels geschaffen sei. Inzwischen werde man das Monopol beibehalten, ja sogar vielleicht, um es beibehalten zu können, den Erlass des
Gesetzes verzögern. Auch solchen Interpretationen möchten wir die Spitze abbrechen und klipp und ,klar zum Ausdruck bringen, dass das Monopol nach bestimmter Frist automatisch fällt, gleichgültig, ob dann ein Ausführnngsgesetz zu Art. 28bli bereits erlassen sei oder nicht.

459 '

·

XV.

Am Schlüsse unserer Darlegungen angekommen, möchten wir nochmals dringend darauf hinweisen, dass die Sicherstellung der Getreideversorgung ein äusserst dringendes Postulat unserer Landesverteidigung und unserer Wirtschaftspolitik ist. Wir möchten davor ;warnen, in unserer Vorlage einfach eine Unterstützung der Landwirtschaft zu erblicken. Diese wird sich schliesslich, wenn der Getreidebau kein Erträgnis liefert, so verhalten, wie jeder andere Produktionszweig es auch tut, nämlich sich von einer Tätigkeit abwenden, die nur Arbeit und keinen Ertrag brächte und ihren Betrieb in andere Richtung einstellen. Gewiss bringt dies ja auch vielen Landwirten Nachteil. Der grösste Schaden aber entstünde für das ganze Land, weil dessen Produktionsfähigkeit für die menschliche Ernährung purückginge und weil die Landwirtschaft dann nicht mehr ein rationell arbeitender Zweig unserer ganzen Volkswirtschaft und ihre Betriebsart nicht den Landesinteressen förderlich wäre. Alle Bevölkerungskreise haben auch ein Interesse daran, dass, wie wir bereits ausführten, ein möglichst grosser Teil unserer Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist und im Ackerbau Beschäftigung findet. An der Sicherstellung unserer Getreideversorgung, so wie wir sie uns denken und wie wir sie in dieser Botschaft entwickelt haben, besteht somit ein grosses wirtschaftliches, für Krieg und Frieden in Betracht fallendes Interesse, zugleich aber fordern nationale und politische Eückgichten die Aufrechterhaltung unserer Landwirtschaft in der Bichtung des Ackerbaues. Das Opfer, welches unsere Wirtschaft bringt, ist im Verhältnis zum Zwecke, den wir erreichen, «in bescheidenes und erträgliches.

Wir wissen, dass weite Kreise, speziell auch der Landwirtschaft, der Beibehaltung des Monopols den Vorzug geben würden. Wir halten aber dafür, dass in dieser Beziehung den Auffassungen anderer Kreise, welche die Getreideversorgung des Landes der freien Tätigkeit überlassen wollen, Bechnung getragen werden soll, und wir glauben sagen zu dürfen, dass das zu erstrebende Ziel auch auf anderem Wege erreicht werden kann. Der Verfassungsartikel, wie wir ihn vorlegen, ist dem Wunsche entsprungen, die Basis einer Verständigung zu finden, und wir möchten dringend empfehlen, das, was er in positiver und negativer Beziehung enthält, anzunehmen. Über die Ausführung wird eine
Verständigung zweifellos möglich sein.

Wir haben auch erwogen, wie es mit den zurzeit bestehenden Vorschriften zu halten sei. Manche Stimmen verlangen deren sofortige Aufhebung. Wir können uns nicht enlsuüliesBen, in der heutigen, immer noch unsicheren Zeit das Bestehende zu beseitigen

460 und unsern Getreidebau, der eine erfreuliche Entwicklung genommen hat, wieder zusammenbrechen zu lassen, um nachher dessen Wiederaufrichtung unter grossen Schwierigkeiten und Opfern zu versuchen.

Wir sind vielmehr der Meinung, dass bis zum Entscheide über unsere Vorlage, und zwar für einmal für ein Jahr, d. h. für die Ernte 1925, analoge Vorschriften wie die bisherigen über die Abnahme des Inlandgetreides aufrechtzuerhalten seien. Mit dieser Vorlage, die wir Ihnen gleichzeitig einbringen, möchten wir den Versuch verbinden, die Unterstützung des Getreidebaues der Selbstversorger zu berücksichtigen. Gebietet dies einerseits die Billigkeit und speziell die Bücksicht auf die kleinen Betriebe, so wird es von grossem Interessa sein, festzustellen, wie eine solche Vorschrift auf die Menge des abzunehmenden Getreides wirkt und wie die Durchführung möglich ist.

Das Ganze, die definitive Verfassungsgrundlage und der provisorische Vorschlag für die Unterstützung des Getreidebaues, soll ein Werk der Verständigung sein, geschaffen im Interesse Aller und des Landes in seiner Gesamtheit. Es soll Stadt und Land aufs neue verbinden und dem Volke die Gemeinsamkeit seiner Interessen vor Augen führen. Es soll beweisen, dass wir die Lehren der Kriegszeit nicht vergessen haben und bereit sind, uns auch für schwere Tage zu rüsten. Wir wissen, dass Widerstände nicht ausbleiben werden.

Würden die einen es vorziehen, das Problem durch .das Mittel dea Monopols zu lösen, so werden andere die Lehre verkündigen, dassder Bund die Dinge gehen lassen und die Landwirtschaft und den Getreidebau ihrem Schicksal überlassen soll. Solche Theorien gefährden den wirtschaftlichen und politischen Frieden, und ihre Träger arbeiten, wenn auch unbewusst, gegen die Lebensinteressen unseres Landes.

Wir empfehlen Ihnen, auf die Beratung des beigedruckten Verfassungsartikels einzutreten und diesen zu genehmigen.

Bern, den 27. Mai 1924.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Ghuard.

Der Bundeskanzler: Steiger.

461

{Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Aufnahme eines neuen Artikels 23bis in die Bundesverfassung über die Sicherung der Getreideversorgung des Landes.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 27. Mai 1924, beschließet: Art. I. Über die Sicherung der Getreideversorgung des Landes wird der folgende Artikel 23bis neu in die Bundesverfassung aufgenommen: Art. 23bis. Der Bund trifft Massnahmen für die Sicherung der Getreideversorgung des Landes.

Er soll insbesondere: a. selbst Vorräte an Getreide unterhalten oder für solche in anderweitiger Weise Vorsorge treffen; b, den inländischen Getreidebau sowie die Verwertung und Verarbeitung der Produkte desselben durch hierzu geeignete Anordnungen und Massregeln erleichtern und fördern.

Die Ausführung vorstehender Grundsätze bleibt der Gesetzgebung überlassen. Dabei darf jedoch ein ausschliessliches Recht der Einfuhr von Getreide, vorbehaltlich einer Zwangslage in Kriegszeiten, weder für den Bund noch für eine private Organisation geschaffen werden.

Die gegenwärtig bestehenden Vorschriften Über die ausschliessliche Einfuhr von Getreide durch den Bund treten spätestens ein Jahr nach der Annahme dieses Verfassungsartikels ausser Kraft.

Art. II. Dieser Beschluss wird dem Volke und den Ständen zur Abstimmung unterbreitet.

Art. III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge beauftragt.

513--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Sicherung der Getreideversorgung des Landes. (Vom 27. Mai 1924.)

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