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Bunde sblatt

76. Jahrgang.

Bern, den 16. April 1924.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Salbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- »ni Postbestellungsgebühr"..

Einrückungsgebühr; 60 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an die Bachdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern.

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Bericht des

schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung über seineGeschäftsführungg im Jahre 1928.

(Vom 26. Februar 1924.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen gemäss Art. 47 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege über unsere Amtstätigkeit im Jahre 1923 folgenden Bericht zu erstatten :

A. Allgemeines.

Personelles.

Am 30. November starb der Präsident des Bundesgerichte, Herr Dr. Franz Schmid. An seine Stelle wählte die Bundesversammlung am 13. Dezember als Bundesrichter Dr. J. Engeler, Kantonsrichter in St. Gallen, zum Präsidenten des Gerichts bis Ende 1924 den bisherigen Vizepräsidenten Herrn A. Affolter und zum Vizepräsidenten Herrn A. Stooss. Herr Engeler ist vom Gericht der I. Zivilabteilung zugeteilt worden.

Am 15. Juni trat Bundesgerichtsschreiber Dr. Weiss von seinem Amte zurück, um sich dem Anwaltsberufe zu widmen.

Das Gerieht wählte an seine Stelle am 25. Juni Herrn Dr. J.

Gassmann, bisher Appellationsgerichtsschreiber von Baselstadt, Von den Angestellten ist der Registratur Herr Fritz Moser ausgetreten und der Kanzlist I. Klasse Herr Henri Gilliard am 16. September gestorben.

Geschäftslast und -Verteilung.

Die Zahl der bei der staatsrechtlichen Abteilung eingereichten Rekurse hat gegenüber dem Vorjahre kaum merkbar abgenommen (767 gegenüber 773 im Jahre 1922). Das Gericht wird sich im laufenden Jahre mit der Frage zu befassen haben, ob der Überlastung der Abteilung durch organisatorische Massnahmen, Bundesblatt. 76. Jahrg. Bd. I.

48

662 insbesondere durch die Zuweisung gewisser staatsrechtlicher Beschwerden an die Zivilabteilungen zur Beurteilung abgeholfen werden könnte und ob dies ohne Revision des Art. 16 des 06möglich sei. Sollte sich eine solche Revision als nötig erweisen, so wäre ferner wohl zu prüfen, ob nicht gleichzeitig die Vorschrift des Art.. 19 OG geändert werden sollte, wonach der Vorsitz in der staatsrechtlichen Abteilung von dem durch die Bundesversammlung gewählten Präsidenten oder Vizepräsidenten geführt werden muss, da sie unter Umständen ein Hindernis für eine den sachlichen Bedurfnissen entsprechende Zuteilung bilden kann.

Vorderhand sucht die staatsrechtliche Abteilung, wie schon seit einiger Zeit, der Überzahl der Rekurse durch eine einfachere Art der Geschäftsbehandlung Jund der Urteilsabfassung Herr zu werden.

In den Zivilabteilungen ist die Zahl der Berufungen etwas zurückgegangen (j>36 gegenüber 598 im Jahre 1922 und 758 im Jahre 1921). Diese Erscheinung hat wohl dèh nämlichen Grund wie die in den Kantonen bemerkte Abnahme der Zivilprozesse. Ob hier wirtschaftliche Vorgänge oder die in allen Kantonen einsetzende Erhöhung der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren die massgebende Rolle spielen, können wir nicht entscheiden. Nach unseren Beobachtungen will es uns scheinen, dass man in der Eidgenossenschaft und in einzelnen Kantonen in der Verteuerung der Ziviljustiz an die Grenze des Zulässigen, wenn nicht darüber hinaus gegangen ist und dass das allgemeine Interesse des Rechtsschutzes darunter leiden muss.

Verschiedenes.

Die Gesamtzahl der Sitzungen beläuft sich im Berichtsjahre auf 262 (gegenüber 267 im Jahre 1922}.

Diese Sitzungen verteilen sich wie folgt: Plenum 3 I. Zivilabteilung 78 II. Zivilabteilung 72 Staatsrechtliche Abteilung 79 Abteilung für Schuldbetreibung und Konkurs .

22 Kassationshof 7 Bundesstrafgericht l Total ~262 Dabei ist zu bemerken, dass 285 Geschäfte der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer auf dem Zirkularwege erledigt worden sind.

Statistik über die Erledigungen von 1919 bis 1923.

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I, Zivilsachen: 1. Erst- u. letztinstänzüchzu beurteilende Zivilsachen 2. Berufungen gegen Urteile -kantonaler Gerichte . .

3. Zivilrechtl. Beschwerden 4. Andere Zivilsachen . .

5. Rekurse in Expropriationssachen I I . Strafsachen, . . . .

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten IV. a) Beschwerdenbetr.das SehitldbetreibungsVMS, Kon&urswesen · b) Zwa^sliqwidations-

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Katar der Streitsachen

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663

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Gesuche Km Einleitung des Nachlassverfahrens vonsolehen ' --. -- -- 7 3 10 Freiwllige Gerichts4 barkeit .9 3 8 1 5 Tota! 280 1629 1455 354 1731 1682

664

B. Spezieller Teil.

I. Zivilrechtspflege.

Natur der Streitsache *

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Eine Übersicht über die Zivilsachen, mit denen sich das Bundesgericht im Jahre 1923 zu befassen hatte, gibt folgende Tabelle: cd

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1. Vom Bundesgericht als einziger Zivilgerichtsinstanz zu beurteilende Streitsachen (Art. 48-52 OG} 27 53 80 9,0 60 2. Berufungen (Art. 56 f. OGJ . .

95 536 631 560 71 3. Zivilrechtliche Beschwerden 1 53 54 49 5 (Art. 86 und 87 OG) .

4. Revisions- und Erläuterungsbe1 2 12 14 13 gehren, Moderationsgesuche etc.

5, Rekurse in Expropriationssachen 115 109 224 152 72 Total 240 763 1003 794 209 Ad 1. Von den 80 direkten Prozessen betrafen : 1. Streitigkeiten zwischen Korporationen oder Privaten als Klägern und dem Bund als Beklagten . . . . . 12 2. Streitigkeiten zwischen Kantonen einerseits und Korporationen oder Privaten anderseits 18 3. Bürgerrechtsstreitigkeit zwischen Gemeinden verschiedener Kantone l 4. Streitigkeiten ans Art. 23 des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850 über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten 29 5. Streitigkeit aus Art. 30, Abs. 3, des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen . . .

l 6. Streitigkeit aus Art. 12, Abs. 6, des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes, vom 15. Oktober 1897 l 7. Streitigkeiten, in welchen das Bundesgericht als vereinbarter Gerichtsstand angerufen wurde. . .. . . 17 8. Klage gegen die schweizerische Unfallversicherungsanstalt l ~8Ö

665

Von diesen 80 direkten Prozessen wurden erledigt: Durch Vergleich bzw. Rückzug der Klage oder Anerkennung des Klagebegehrens 11 Durch Nichteintreten 3 Durch Urteil .

6 Übertragen auf 1924 60 ~8Ö 5 Prozesse wurden von der I. Zivilabteilung, 9 von der II. Zivilabteilung und 6 von der staatsrechtlichen Abteilung erledigt.

Ad 2. Von den 560 erledigten Berufungen, von denen 79 im schriftlichen Verfahren behandelt wurden, betrafen: 1. Das Zivilgesetzbuch (neues Recht) . . . . . . 158 und zwar: Personenrecht 4 Familienrecht (Ehescheidung 57, Vaterschaft 26, andere Materien 27) 110 Erbrecht 14 Sachenrecht (Eigentum 11, Rückkaufsrecht l, Nachbarrecht 2, Dienstbarkeit l, Grundpfand 4, Schuldbrief l, Pfandrecht 9) 30 Î58 2. Obligationenrecht 325 und zwar im wesentlichen: Allgemeine Bestimmungen (Schadenersatz aus Vertrag und unerlaubter Handlung 23) . . 66 Kaufvertrag 113 Miete und Pacht 14 Dienstvertrag 18 Werkvertrag 19 Bürgschaft 16 Gesellschaftsrecht 19 3. Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Anfechtungsklagen 11) 20 4. Eisenbahnhaftpflicht 5 5. Urheberrecht und gewerblicher Rechtsschutz . . .

8 6. Versicherungsrecht 13 7. Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr 4 8. Berufungen, auf die wegen Anwendung kantonalen bzw. fremden Rechte nicht eingetreten wurde . .

27 "560

666

Aargau . . .

Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh.

Baselland . .

Baselstadt . .

Freiburg .

Genf Glarus Graubunden Luzern Neuenburg .

Nidwaiden .

Obwalden .

Schaffhausen Schwyz Solothurn .

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Tessin Thurgau Uri . .

Waadt . .

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Zürich

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RUckweisung an die kantonal« In stani

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Kantone

Rückzug oder Vergleich

Nichteintreten

Von den 560 Berufungen wurden 292 von der I., 268 von der II. Zivilabteilung (davon 51 aus dem reglementarischen Geschaftskreis der I. Zivilabteilung) erledigt.

Von den auf 1924 übertragenen 71 Geschäften sind 3 im Jahre 1922, 4 in der ersten und die übrigen in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres eingegangen.

Über die Art der Erledigung und die Herkunft der 631 Berufungen gibt die nachstehende Tabelle Auskunft :

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71

631

667

Von den 76 Nichteintretensfällen war in 28 Fällen kantonales bzw. fremdes Recht anwendbar; in 23 Fällen fehlte der Streitwert oder ein Haupturteil, und in 25 Fällen waren die gesetzlichen Formvorschriften nicht gewahrt, oder es war die Berufung verspätet.

Ad 3. Von den 49 zivilrechtlichen Beschwerden waren l, Kraftloserklärung von Namenspapieren betreffend, von der L, die übrigen von der II. Zivilabteilung zu behandeln ; dieae letztern betrafen: 10 Elternrechte (Art. 862 OG), 26 Vormundschaft (Art. 86S), 9 die Anwendung kantonalen oder fremden statt eidgenössischen Rechts oder die Verletzung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1891 (Art. 87), l Ehefähigkeit, l Handlungsfähigkeit und l Unterstützungspflicht. 17 Beschwerden wurden abgewiesen, 4 gutgeheissen, auf 23 wurde nicht eingetreten und 4 wurden zurückgezogen; l Geschäft wurde an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Ad 5. Von den 152 Expropriationsstreitigkeiten entfielen 86 auf die Bundesbahnen, 5 auf Nebenbahnen, 58 auf Kraftwerke, 2 auf die eidgenössische Telephon- und Telegraphenverwaltung, l auf eine Schiessplatzanlage. Es wurden erledigt: 30 durch Rückzug bzw. Vergleich, 118 durch Annahme des Vorentscheides, 4 durch Urteil. Von den 72 übertragenen Geschäften ist l im Jahre 1920, 8 sind im Jahre 1922, die Übrigen im Berichtsjahre eingegangen.

II. Strafrechtspflege, a. Anklagekammer.

Das Protokoll der Anklagekammer verzeichnet für das Berichtsjahr keine Vorgänge.

b. Bundesstrafgericht.

Beim Bundesstrafgericht waren 2 Fälle anhängig. Der eine Fall, der vom Vorjahr übernommen worden war, betraf eine Zuwiderhandlung gegen Art. 55 a und ff des Zollgesetaes vom 28. Juni 1893, in Verbindung mit . Art. 4 des Bundesbeschlusses vom 24. Juni 1921 über die Erhöhung der Tabakzölle und Art. 10 des bezüglichen Bundesratsbeschlusses vom 25. Juni 1921 ; er endigte mit der Verurteilung des Angeklagten zur Bezahlung einer Geldbusse von Fr. 32,975. 36, solidarisch mit 5 Mitbeteiligten, die sich der vom eidgenössischen Zolldepartement in diesem Betrage verhängten Busse ohne Urteil unterzogen hatten. Der andere

668

Fall, der am Vorabend des Berichtsjahres anhängig gemacht worden ist, betrifft eine Anklage wegen Zuwiderhandlung gegen Art. 24, Abs. l, lit. a und rö, des Alkoholgesetzes vom 29. Juni 1900.

c. Kassationshof.

Die Geschäftslast ist, im Vergleich zum Vorjahr, ungefähr gleichgeblieben. Zu den 6 unerledigt gebliebenen Geschäften sind im Berichtsjahr 25 neue hinzugekommen (gleich wie im Jahre 1922), so dass die Gesamtzahl der anhängigen Geschäfte sich auf 31 belief. Von diesen wurden erledigt 27 und zwar : durch Gutheissung der Beschwerde 6 ,, Abweisung ,, ,, IS ,, Nichteintreten auf die Beschwerde . . .

4 Rückzug oder Gegenstandslosigkeit der BeB schwerde 3 Ein weiterer Fall betraf ein auf Grund von Art. 145, Ziff. 3 und 4, OG, und Art. 175 ff. BStrR gestelltes Rehabilitationsgesuch, auf das erstmals -- weil die dreijährige Frist des Art. 177 BStrR bei seiner Stellung noch nicht vollständig abgelaufen war -- nicht eingetreten, bei der spätem Wiederaufnahme dann aber die nachgesuchte Rehabilitation ausgesprochen wurde l -- 27 Unerledigt blieben 4 Beschwerden.

~jü Total Geschafte Von den 6 Beschwerden, die als begründet erklärt wurden, richteten sich 3 gegen Urteile, die eine Strafe ausgesprochen hatten, 2 gegen freisprechende Urteile und eine gegen den Beschluss eines kantonalen Gerichts, durch den das Verfahren eingestellt wurde, weil der Angeklagte flüchtig war.

Von diesen 6 als begründet bzw. zum Teil als begründet erklärten Beschwerden betrafen: das Bundesgesetz über das Zollwesen vom 28, Juni 1893, Art. 55, a und g l das Bundesgesetz über den Schutz der gewerblichen Muster und Modelle vom 30. März 1900 _1 Übertrag 2

669

Übertrag das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 24. Juni 1904 .

das Bundesgesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchgegenständen vom 8. Dezember 1905 . . .

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Von den 20 übrigen erledigten Beschwerden bezogen sich auf: das Bundesgesetz über Handhabung der Bahnpolizei vom 18. Februar 1878 l das Bundesgesetz über die Fischerei vom 26. Dezember 1888 l das Bundesgesetz über das Zollwesen vom 28. Juni 1893 l" das Bundesgesetz über Mase und Gewicht vom 24. Juni 1909 l das Bundesgesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegepständen vom 8. Dezember 1905 . . . 9 die Verordnung des Bundesrates über die Fleischschau und den Fleisehverkauf vom 29. Juni 1909 2 die Verordnungen des Bundesrates vom 18. April/13. Junil916 über den Ankauf von Lebensmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsartikeln (sog. Kriegswucherverordnung") . . 4 den Bundesratsbeschluss vom 3. März 1922 betreffend die Arbeitslosenunterstützung l

1

22 Die 27 erledigten Geschäfte verteilen sich auf die Kantone wie folgt: Appenzell A.-Kh -, . . 2 Baselstadt 3 Bern 5 Freiburg l Graubünden .

2 Luzern l Neuenburg 8 Schaffhausen l Tessin l Thurgau 2 Zürich l -- III. Staatsrechtspflege.

Die im Jahre 1923 beim Bundesgerichte anhängig gewesenen staatsrechtlichen Streitigkeiten verteilen sich ihrer N a t u r nach wie folgt:

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Natur der Streitsachen

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1. Kompetenzkonflikte zwisch, Bundesbehörden einerseits und Kantonalbehörden anderseits (Art.

4 4 4 1751 OG) . . . . . . .

2. Streitigkeiten zwischen Kanto1 nen (Art. 175 a OG} . . . .

6 7 3 4 3. Beschwerden von Privaten und Korporationen (Art. 175 3 00) 138 7£7 865 721 144 4. Steuerstreitigkeiten zwischen Bund und Kantonen (Art. 179 1 1 2 2 OG) . . . . . . . . .

5. Beschwerden betr. die politische Stimmberechtigung und betr.

kantonale Wahlen und Ab1 15 16 15 stimmungen (Art. 180S OG) .

1 6. Einsprachen gegen Auslieferungsbegehren fremder Staaten 0, 1 1 2 (Art. 181 OG) 7. Revisions-, Erläuterungs-, Wiedererwägungs- und Moderationabegehren. . . . . . . .

11 11 11

140 767 907 756 151 Von den auf 1924 übertragenen Geschäften stammt eines aus dem Jahre 1920, 5 sind im Jahre 1922 und die übrigen 145 im Berichtsjahre eingegangen (davon 86 in den Monaten November und Dezember). Die Ursache der verzögerten Erledigung der seit 1920 und 1922 anhängigen Geschäfte liegt zum Teil in der vorgängigen Durchführung einer zeitraubenden Expertise, zum Teil in der Ergreifung eines kantonalen Rechtsmittels, dessen Erledigung abgewartet werden muss.

Zu den e r l e d i g t e n Fällen ist im speziellen folgendes zu berichten : Ad 1. Von den hier erwähnten 4 Fällen betrafen 2: Fälle von positiven Kompetenzkonflikten im Sinne von Art. 14 und 41

671

dèa Verantwortlichkeitsgesetzes (Anfechtung von Strafurteilen eines basellandschaftlichen und eines bündnerischen Gerichts gegenüber Bundesbeamten, ohne vorherige Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des Strafverfahrens); die beiden andern: zwei gleichartige Anstände aus dem Kanton Genf über die Auslegung von Art. 4 des Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921 betreffend die Einfuhrbeschränkungen.

Ad 2. Streitigkeiten zwischen Kantonen wurden entschieden : 1. zwischen den Regierungen der Kantone Bern und Solothurn, wegen Entzuges der Niederlassung einer im Kanton Solothurn ansässigen Bernerfamilie und der damit verbundenen Androhung der Heimschaffung; 2. zwischen dem Staatsrat von Tessin und dem Kleinen Rat von Graubünden, wegen Erhebung von Gebühren für die Ausstellung von Aufenthaltsbewilligungen an sog.

tessinische ,,Alpknechte" ; 3. zwischen dem Regierungsrat des Kantons Bern und dem Staatsrat des Kantons Waadt, wegen Ruckerstattung von verausgabten Armenunterstützungen für eine in der bernischen Gemeinde Heimberg wohnhaft gewesene Waadtländerfamilie aus Puidoux.

Ad 3. B e s c h w e r d e n v*on P r i v a t e n und K o r p o r a t i o n e n gegen kantonale Verfügungen und Erlasse. Nach der N a t u r der als verletzt behaupteten verfagsungsmässigen Rechte verteilen sich die 721 erledigten Beschwerden wie folgt: a. Verletzung der Bundesverfassung 654 b.

,, von Kantonsverfassungen . . . . .

18 c.

,, von Bundesgesetzen oder andern Erlassen des Bundes 17 d.

,, von Staatsverträgen und Konkordaten .

17 e. Nicht' näher bezeichnete Rechtsverletzungen . . .

15 ^721 Ad a. Die 654 Besehwerden wegen V e r l e t z u n g der B u n d e s v e r f a s s u n g hatten Bezug auf folgende Artikel: Art, 4 (Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze, RechtsverweigeruTig, Willkür) . . . . 3 8 4 Art. 5 (Referendumsrecht) 2 ,, 31/.32bi" (Handels- und Gewerbefreiheit) . . . .

35 ,, 44/45 (Recht der freien Niederlassung, Ausstellung von Ausweisschriften) 81 ,, 46 (Verbot der Doppelbesteuerung) . . . . 110 ,, 50 (Kultusfreiheit) 2 Übertrag 614

672

Übertrag 55 (Pressfreiheit) 58 (Verfassungsmässiger Richter) 59 (Gerichtsstand) 60 (Gleichhaltung aller Kantonsbürger) . . .

Übergangsbestimmungen : Art. 2 (Derogatorisehe Kraft des Bundesrechts) .

Art.

,, ,, ,,

614 -8 5 17 l 9 654

Ad b. Die 18 Beschwerden wegen V e r l e t z u n g k a n t o n a l e n V e r f a s s u n g a r e c h t s bezogen sich in der Hauptsache auf angebliche Missachtung oder unzulässige Beschränkung der Eigentumsgarantie, auf Verletzung dee Grundsatzes der Gewaltentrennung und des Rechts der Gemeinden auf Selbstverwaltung (Gemeindeautonomie).

Ad c. Von den 17 Beschwerden wegen V e r l e t z u n g von B u n d e s g e s e t z e n o d e r a n d e r n E r l a s s e n des B u n d e s betrafen : das Bundesgesetz über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1851 l das Bundesgesetz über die Auslieferung unter Kantonen vom 24. Juli 1852 3 das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 17. November 1889 (Gerichtsstand für Konkurserkenntnisse nach Art. 54) l das Bundesgesetz über den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 (Gerichtsstand gemäss Art. 50 und 52) und Art. 10, Abs. l, der bundesrätlichen Verordnung zu diesem Gesetz vom 29. Januar 1909 (Taxen für das Schlachten von Vieh und die Pleischschau) 2 das Bundesgesetz über das Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (Gerichtsstand für die Ehescheidungsklage, Art. 144 [2] ; Gerichtsstand für Begehren nach Art. 157 -- Abänderung des Scheidungsurteils -- [1] ; Gerichtsstand für die Entmündigungsklage [1]) 4 das Bundesgesetz über die Arbeit in den Fabriken vom 18. Juni 1914/27. Juni 1919 .

l Übertrag

12

673 Übertrag das Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 (Gerichtsstand nach Art. 71, Abs. 1) das Bundesgesetz über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1917

12 3

2 17

Ad d. Von den 17 Beschwerden wegen V e r l e t z u n g von S t a a t s v e r t r ä g e n und K o n k o r d a t e n betrafen: den Niederlassungsvertrag mit Italien vom 22. Juli 1868 2 den Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich vom 15. Juni 1869 11 die Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 17. Juli 1905 2 die Handelsübereinkunft mit Polen vom 26. Juni 1922 . 2 ~T7 Aus der nachfolgenden Tabelle ist die H e r k u n f t der Beschwerden von Privaten und Korporationen, nach K a n t o n e n geordnet, und die Art i h r e r E r l e d i g u n g ersichtlich:

674

Kantone

Aargau Appenzell A.-Rh. . .

Appenzell I.-Rh. . .

Baselland . . . .

Baselstadt . .

Bern , · . , Freiburg . . . .

Genf . · . .

Grlarua Graubünden Luzern Neuenburg . . . .

Nidwaiden . . . .

Obwalden . . . .

Schaffhausen . . .

Schwyz Solothura . . . .

S t . Gallen . . . .

Tessin Thurgau . . . .

Uri .

Waadt . . . . .

Wallis Zug Zürich . . . . .

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7 27 59 8 82

865

*) worunter 33 Fäl e voii Dop pelbesteuernng sog. tesa inischer Saisonarbeiter, in denen d ie Beschwerc le durch die beti·effend en Kantone, sei es direkt, Bei es infc)lge n achträglk hen Vers ichta auf den Steueranspruch, anerkannt worden ist.

675

In den 139 Fällen, in denen auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde,, waren die G - r ü n d e des N i c h t e i n t r e t e n s folgende : Inkompetenz 14 Unzulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde (Mangel eines rekursfähigen kantonalen Erlasses, Möglichkeit eines andern eidgenössischen Rechtsmittels) . . . . 12 Nichterschöpfung der kantonalen Instanzen 25 Nicht- oder ungenügende Substantiierung 26 Verspätung 29 Andere Mängel (Legitimation, Mangel eines rechtlichen Interesses, Beschwerde verfrüht, Verwirkung des Rekursrechtes, abgeurteilte Sache, Gegenstandslosigkeit, Unzurechnungsfähigkeit oder mangelnde Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers, Nichtbeachtung der gesetzlichen Formvorschriften) · . 33 T39 Nach der Natur der Streitsache bezogen sich die 134 b e g r ü n d e t (oder zum Teil begründet) e r k l ä r t e n B e s e h w e r den auf: Art. 4 der Bundesverfassung (Rechtsverweigerung, Willkür usw.) . . 30 ,, 31 ,, (Handels- und Ger werbefreiheit) . .

3 ,, 44/45 ,, ,, (Niederlassungsfreiheit) 18 46 ,, ,, (Doppelbesteuerung) 63 n ,, 50 ,, ,, (Kultusfreiheit) . , l ,,59 ,, n (Gerichtsstand) . .

5 ,, 60 ,, ,, (Gleichhaltung aller Kantonsbürger). .

l Art. 2 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung (derogatorische Kraft des Bundesrechts) 3 das Bundesgesetz über das Zivilgesetzbuch (Gerichtsstand f ü r d i e Ehescheidungsklage) . . . . . . . . .

l das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Art. 54 (Gerichtsstand für die Konkurseröffnung bei flüchtigen Schuldnern) l das Bundesgesetz Über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten d e r Eidgenossenschaft . . . .

l das Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte l Übertrag 128

676

Übertrag das Bundesgesetz; über die Stempelabgaben . . . .

den Geriohtsstandsvertrag mit Frankreich die Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht .

128 l 4 l 134

Ad 4. Der hier erwähnte Fall betraf eine Streitsache zwischen den schweizerischen Bundesbahnen und den Steuerbehörden von Baselstadt wegen Heranziehung der Bundesbahnen zur Entrichtung der sog. ,,Beleuchtungssteuera und der ,,Gebühr für Strassenreinigung und Kehrrichtabfuhr" für ihre auf dem Gebiete von Baselstadt befindlichen Gebäude (Steuerfreiheit der 8. B. B.

nach Art. 10 des Rückkaufsgesetzes).

Ad 5. Von den 15 Beschwerden betreffend die politische S t i m m b e r e c h t i g u n g und betreffend kantonale W a h l e n und A b s t i m m u n g e n wurden 3 als begründet erklärt, 9 wurden abgewiesen, auf eine Beschwerde wurde wegen Verspätung nicht eingetreten ' und 2 wurden als gegenstandslos abgeschrieben.

Ad 6. (Auslieferungen an das Ausland.) In 2 Fällen, in denen gegen die Auslieferung seitens der Verfolgten Einsprache erhoben worden war, hat das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die Akten dem Bundesgericht zum Entscheide vorgelegt. Die Auslieferung wurde nachgesucht: im ersten Falle von Italien (wegen Gehilfenschaft bei versuchten Totschlags); sie wurde verweigert, weil das dem Auszuliefernden zur Last gelegte Verbrechen vorwiegend politischen Charakter trug; im andern Falle von Baden (wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung); die Erledigung dieses Falles, in dem die Akten unmittelbar vor Jahresschluss eingegangen sind, fällt in die nächstfolgende Berichtsperiode.

Ad 7. ( R e v i s i o n s - , B r l ä u t e r u n g s - und W i e d e r e r w ä g u n g s b e g e h r e n . ) 5 Revisions-, 3 Erläuterungs- und l "Wiedererwägungsbegehren wurden abgewiesen, auf ein Revisionsgesuch wurde nicht eingetreten, weil keine gesetzlichen Revisionsgründe geltend gemacht worden waren, und ein"Wiedererwägungsgesuch wurde, weil gegenstandslos, als erledigt abgeschrieben.

In 377 Fällen, in denen entweder die Anhebung oder Veranlassung des Streites, die Art der Beschwerdeführung oder die rechtliche Natur der Streitsache es rechtfertigten (Art. 221, Abs. 2

677

«und 5, 00), wurde eine G e r i c h t s g e b ü h r erhoben; in 6 Fällen wurde wegen mutwilliger Beschwerdeführung, Verletzung des durch die gute Sitte gebotenen Auslandes oder wegen Störung des ordnungsmäßigen Geschäftsganges (Art. 39, Abs. \ und 2, OG) -ein V e r w e i s erteilt und in 9 andern Fällen mit Ordnungsb u s s e eingeschritten.

Vom Präsidenten der staatsrechtlichen Abteilung waren 165 Begehren um Erlass von p r o v i s o r i s c h e n Verfügungen zu behandeln (Art. 185 OG).

4 Fälle gaben Anlass zu einem M e i n u n g s a u s t a u s c h mit dem Bundesrat hinsichtlich der Kompetenzfrage (Art. 194 OG).

IT. Schuldbetreibung und Konkurs.

Am 17. Januar erliess das Plenum auf Antrag der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer (s. letztjährigen Bericht) eine Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen. Der Bundesrat fugte am 28. März dem Gebührentarif eine durch die neue Verordnung veranlasste Ergänzung bei.

Ein im Berichtsjahr zu entscheidender Rekurs zeigte die Notwendigkeit, in die Verordnung über die Zwangsverwertung -von Grundstücken vom 23. April 1920 Vorschriften darüber aufzunehmen, wie- es in der Betreibung auf Grundpfandverwertung zu halten sei, wenn der Miet- oder Pachtzins nicht ausschliesslich für die Überlassung des betreffenden Grundstückes geschuldet ·wird. Infolgedessen beschloss das Plenum auf.Antrag der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer am 19. Dezember dio Ergänzung -der Art. 92 und 93 VZG.

Kreisschreiben brauchten im Berichtsjahre nicht erlassen zu werden.

Veranlagst durch eine Petition empfahl die Kammer dem -eidgenössischen Justizdepartement angelegentlich, es sei bei Andass der in Diskussion stehenden Teilrevision des SchKG die Rechtsstellung der Gläubiger in dem der Entscheidung über die -Gewährung der Nachlasstundung vorangehenden Verfahren zu verbessern. Ferner erstattete die Kammer dem Justizdepartement «in Gutachten über die Hauptpunkte des Verständigungsentwurfes der niederländischen Regierung betreffend das internationale Konrkursrecht (Programm für die V. Haager Konferenz).

Wie in früheren Jahren erteilte die Kammer mehrfach Weisungen und Wegleitungen. Dabei wurde u, a, die Herausgabe Bundesblatt. 76. Jahrg. Bd. I.

49

678

von Konkursakten aus den letzten 10 Jahren an Dritte, sei e» auch zu wissenschaftlichen Zwecken, als unzulässig erklärt; auch ältere Akten dürfen Dritten nur zeitweilig überlassen, Akten aus den letzten 10 Jahren nur auf dem Amt selbst zur Einsicht vorgelegt werden.

Die Zabi der Eisenbahnsanierungsverfahren hat im Berichtsjahr erheblich abgenommen. Spezielle Erwähnung verdient, dassdas Nachlassverfahren über die Berner Alpenbahngesellschaft..

Bern-Lötschberg-Simplon, zum glücklichen Abschluss gelangt ist.

während das über die Furkabahngesellschaft eröffnete Nachlassverfahren leider auch diesmal nicht zum Ziel führte und die Zwangsliquidation nicht abzuwenden vermochte. Ebenso ist eine erhebliche Abnahme von Schätzungen im Pfandnachlassverfahren über Hotelunternehmungen zu verzeichnen. Dagegen waren die im Pfandnachlasiverfahren über Stickereibetriebe anzuordnenden; Schätzungen äusserst zahlreich, da auch Einzelsticker dieses Verfahren in Anspruch nehmen können und in einzelnen Fällen, wie uns scheinen will, von den kantonalen Nachlasabehörden wohi etwas allzu leichthin bewilligt wurden.

Wegen sonstiger Inanspruchnahme der Mitglieder der Kammer musste von der Inspektion von Betreibungs- und Konkursämtern auch in diesem Berichtsjahr, wiederum gänzlich abgesehen werden.

·. Die Gesamtzahl der im Berichtsjahre anhängigen Rekurse betrug 314 (d. h. 22 weniger als im Vorjahr) ; davon waren aus dem Vorjahr übernommen 3, im Laufe des Jahres eingegangen 311. Erledigt wurden 303, so dass auf das Jahr 1924: übertragen wurden 11 Fälle.

Von den erledigten Beschwerden betrafen : 17 Anwendung der organisatorischen Beetimmungen des SchKG(Art. 1--37), 11 Arten der Schuldbetreibung, 9 Ort der Betreibung, 2 Anhebung der Betreibung, 11 Aufhebung der Betreibung, 6 Zustellung der Betreibungsurkunden, 4 Zahlungsbefehl und Rechtsvorsch-lag, l Rechtseröffnung, , 103 Pfändung, 21 Verwertung von beweglichen Sachen und von Forderungen^ 19 Verwertung von Liegenschaften, 204 Übertrag

679

204 2 8 5 12 2 3 10 15 8 7 3 3 10 11

Übertrag Verwertung von Gemeinschaftsanteilen, Verteilung im Pfändungsverfahren, Betreibung auf Pfandverwertung, ordentliche Konkursbetreibung, Feststellung der Konkursmasse, Wirkungen des Konkurses auf das Vermögen des Schuldners, Kollokation der Gläubiger im Konkurse, Verwertung und Verteilung im Konkurse, Arrest, Retentionsrecht, Nachlassvertrag, Gebührentarif, Revision bzw. Wiedererwägung, Anwendung der HPfNV (Beschwerden gegen den Entscheid der Nachlassbeh.).

303

S c h ä t z u n g e n von H o t e l l i e g e n e c h a f t e n gemäss der Verordnung des Bundesrates vom 18. Dezember 1920 wurden 3 vom Vorjahre übernommen und 10 im Berichtsjahre verlangt, In allen Fällen konnte das Gutachten der Schätzungskommission akzeptiert werden. Gesuche rührten her aus den Kantonen Grarbünden 3, Luzern 3, Baselstadt l, Waadt 5 und Freiburg 1.

Schätzungen von Stiokereibetrieben: Eingegangene Gesuche . . . . . . . 2 8 Erledigte Gesuche 24 Auf 1924 übertragen . ; 4 Die erledigten Gesuche rührten her aus den Kantonen Thurgau 19, St. Gallen 3 und Schwyz 2.

Die Dauer der Erledigung, d, h. vom Eingange der Beschwerden bis zum Spruch, betrug: l bis 3 Tage in 137 Fällen 4 -,, 6 v ,, 49 ,, 7 ,, 14 ,, ,, 53 ,, « ,, 21 ,, ., 22 ,, 22 und mehr ,, ,, 42 ., Die kürzeste Dauer betrug l Tag; die langete 2 Monate 12 Tage; die Durchsehnittsdauer 10 Tage.

680

Über die Verteilung der Geschäfte nach Kantonen und über das Schicksal der Beschwerden nach Art, 19 SchKG gibt folgende Tabelle Auskunft: o j,

Kantone

j

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Aargau Appenzell A.-Kh. . .

Baselland . . . .

Basel Stadt . . . .

Bern Freiburg . .

Genf . . . . ' . .

Graubünden Luzern Neuenburg . . . .

Nidwaiden . . . .

O bwalden . . . .

Schaffhausen .

Schwyz Solothurn . . . .

8 t . Gallen . . . .

Teesin . .

Thurgau . . . .

Uri Waadt Wallis Zug Zürich Total

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10 -- 14 2 1 1 -- 2 1 5 12 1 2 4 3 1 7 89

6 2 3 9 21 8 32 2 17 3 -- -- 1 4 3 11 21 1 -- 12 3 --' 17 176

·° 3 1 3 »

"3 ^g &·

9 5 6 1 , 18 36 9 1 2 46 -- 3 3 47 -- 6 -- 1 1 -- 1 1 7 4 20 1 38 2 3 -- 2 -- -- 17 6 -- 1 -- 28 -- 11 314

Die Gründe, aus denen die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer in 33 Fällen auf die Beschwerde nicht eintrat, waren : in 9 Fällen Inkompetenz der Oberaufsichtsbehörde, in 3 Fällen Verspätung der Beschwerde, in 3 Fällen direkte Einreichung der Beschwerde beim Bundesgericht, in 14 Fällen Formmängel, in l Fall fehlende. Legitimation zur Beschwerde und in 3 Fällen Mangel eines Beschwerdegrundes.

681 G e s u c h e u m p r o v i s o r i s c h e V e r f ü g u n g e n wurden gestellt _48 davon bewilligt . . .

22 abgewiesen 11 -- 33 wegen sofortiger Erledigung der Sache keine Verfügung erlassen . . .

15 -- = 48 Auf dem Z i r k u l a t i o n s w e g e wurden 285 Urteile gefallt: von diesen waren 178 Präsidialanträge, in welcher Zahl 33 Niehteintretensentscheide Inbegriffen sind.

Auf dem K o r r e s p o n d e n z w e g e erledigte Geschäfte : (Vorjahr) Präsidium 32 (33) Kammer 43 (4«) Kanzlei 69 ( 49) Total 144 (128) Das Protokoll der Betreibungskammer Über die A d m i n i s t r a t i v g e s c h ä f t e verzeichnet 47 Nummern.

Ferner waren im Berichtsjahre von Eisenbahngesellschaften 3 Zwangsliquidationsbegehren, 2 Gesuche um Einleitung des Nachlassverfahrens und 10 Gesuche um Einberufung der Gläubigerversammlung nach der GGV pondent, und zwar: Zwangsliquidationsbegehren gegen die 1. Porrentruy-Bonfol-Bahn, und neu gingen ein: 2. Gütschbahngesellschaft, 3. die Furkabahngesellsehaft reichte selbst ihre Insolvenzerklärung ein.

Davon ist Nr. 2 infolge Rückzugs als erledigt abgeschrieben worden, Nrn. l und 3 sind noch pendent (betreffend Nr. l ist inzwischen ein Gesuch um Einberufung der Gläubigerrersammlung nach der GGV eingereicht worden; s. unten).

Gesuche um Abschluss eines Nachlassvertrages waren hängend von der 1. Bemer Alpenbahngesellsohaft (BL8), 2. Furkabahngesellscfaaft.

Der Naehlassvertrag der Berner Alpenbahngesellsehaft wurde durch die II. Zivilabteilung im Laufe des Berichtsjahres bestätigt, derjenige der Furkabahngesellachaft verworfen.

682

Gesuche um Einberufung der Gläubigerversammlung nach der GGV waren hängend von der 1. Martigny-Chatelard-Bahn, 2. G lion-Rochers de Naye-Bahn, 3. Interlaken-Harder-Bahn, 4. TerriteMVIont-Fleuri-Bahn, 5. Erlenbach-Zweisimmen-Bahn, 6. Solothurn-Münster-Bahn, 7. Bernor Oberland-Bahnen, . 8 . Niesenbahngesellschaft .

und neu gingen ein die Gesuche der : 9. Porrentruy-Bonfol-Bahn, 10. Ramsei-Sumiswald-Huttwil-Bahn.

Den Gesuchen Nrn. l, 2 und 4--8 wurde entsprochen, und die Beschlüsse der Gläubigerversammlungen konnton im Laufe des Berichtsjahres durch die II. Zivilabteilung genehmigt werden.

Bei der Interlaken-Harder-Bahn hat die Gläubigerversammlung stattgefunden; die Genehmigung der Beschlüsse durch die II. Ziviläbteilung fällt in das Jahr 1924. Bezüglich der Porrentruy-BonfolBahn und der Ramsei-Surniswald-Huttwil-ßahn ist das Verfahren noch pendent.

T. Freiwillige Gerichtsbarkeit.

In einer zwischen der schweizerischen Oberpostdirektion und den PostpferdehaUern Brügger und Caduff in Schuls bestehenden Streitsache, wegen Entschädigung für vorzeitige Auflösung der bis 1926 abgeschlossenen Postführungsverträge, hatte der Präsident des Bundesgerichte den Obmann für das in den genannten Verträgen vorgesehene Schiedsgericht zu bezeichnen.

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Natnr dei* Streitsachen

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J. Zivilsachen: 1. Erst- und letztinstanzliche Prozesse . . ..

2 . Berufungen . . . .

3. Zivilrechtl. Beschwerden 4. Andere Zivilsacken . .

5. Expropriationen . . .

Dauer der Geschäfte o i rC£ J

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48

IV. Beschwerden betr. Schuldbetreibwngs- und Konkitrsweaen .

. . . . .

340

274

66

--

--

Total

1918

598

836

280 | 140 55

9

III. Staatsrechtliche keiten

Streitig-

i

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J3

28

II. Strafsachen

Mittlere Dauer

Grass te Dauer

?

3 «

Ili ìli

75

3 .1 4 --

3

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1

Jahre

20 560

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1

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Monate Tage

3 ti 7 10

Tage

Monate Tage

5

12 2 1 1 11

3 10 10*)

24 23 21 10

-- 10 11 24 14

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7

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2

10

2

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10

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35 31

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22

1

683

*) fietrifft einen Prozess, (1er wegen eines vor den kantonalen Gerichte!) h Ungiceli EigenUimsstreites sisütrt war.

Deutsche Schweiz

/. Zivilsachen: 1. Erst- und letztinstanssliche Prozesse . . .

2 . Berufungen . . . .

3, Zi vilrechtl. Beschwerden 4, Andere Zivilsachen . .

5. Expropriationen .

15 355 39 9 117

= 75% = 64% = 80% = 69 % = 77%

17 = 61 %

II. Strafsacken

Französische Schweiz

4 170 9 4 31

= 20% = 30% = 18% = 31% = 20%

10 = 36%

Slaaisrecltiliclie Streitigkeiten

411 = 55%

215 = 28%

IV. Beschwerden betr. Sclmldbetreibungs- u. Kontotrswesen

209 = 61%

92 .= 27%

1172 = 61 %

535 = 28%

III.

Total

Italienische Schweiz

1 = 5% 35 = 6 % 1 = 2% 4 = 3%

Total

20= 100% 560 = 100 % 49 = 100% 13 = 100% 152 = 100 % .

3%

28 -- 100%

130 = 1 7 %

756 = 100%

1 =

39 = 12 % 211 = 11%

340 = 100%

1918 = 100%

684

Nach den N a l i o n a l s p r a c h e n verteilen sich die e r l e d i g t e n Geschäfte wie folgt :

685

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

L a u s a n n e , den 26. Februar 1924.

Im Namen des Schweiz, Bundesgerichts, Der Präsident: A. Affolter.

Der Gerichtsschreiber: Nägeli.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1923. (Vom 26. Februar 1924.)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1924

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

16

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.04.1924

Date Data Seite

661-685

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10 029 018

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