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1864

Botschaft dea

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Beitragsleistung an die Arbeitslosenversicherungskassen für das Jahr 1924.

(Vom 2. Juni 1934.)

I. Wie in den Botschaften des Bundegrates an die Bundesversammlung betreffend Beitragsleistung an die Arbeitslosen v ersicherungskassen für die Jahre 1922 und 1923 (vom 2. Juni 1922 und 18. Juni 1923)*) naher ausgeführt, sind den Arbeitslosenversicherungskasse schon seit einer Reihe von Jahren Bundesbeiträge ausgerichtet worden. Es wurde ihnen jeweilen ein bestimmter Teil -- anfänglich ein Viertel, später ein Drittel und letztes Jahr 30 % -- der von ihnen an unverschuldet Arbeitslose ani Ort ausbezahlten Unterstätzungen zurückvergütet. Dies geschah erstmals für die Jahre 19t5 und 1916 auf dem Wege von Nachtragskrediten. In den Jahren 1917 bis 1921 wurden die Beiträge des Bundes dem Fonds für Arbeitslosenfürsorge, entnommen und jährlich durch besondere Bundesratsbeschlüsse festgesetzt. Für die Jahre 1922 und 1923 bewilligte das Parlament die Subventionen aus allgemeinen Bundesmitteln (Bundesbeschlüsse vom 30. Juni 1922 und 3. Oktober 1923 **).

Inzwischen hat Ihnen der Bundesrat mit Botschaft vom 17. September 1923 den Entwurf zu einem Bundesgesetz Über die Förderung der Arbeitslosenversicherung***) unterbreitet. Da diese Vorlage noch nicht von beiden Räten durchberaten und angenommen worden ist, kann dieses Jähr die neue Ordnung noch nicht Platz greifen, und es besteht daher die Notwendigkeit, wenn nicht ein Unterbruch in der Subventionierung eintreten soll, die Bundesbeiträge nochmals auf der gleichen Grundlage und unter den gleichen Bedingungen zu gewähren wie für die Jahre 1922 und 1923. Diese Bedingungen lauten wie folgt '

*) Siehe Bundesblatt 1922, Bd. II, S. 469, und 1923, Bd. II. 8. 681.

**) Stehe Gesetzsammlung, Pd. XXXVIII, S. 435,und Bd.XXXIX,S.297..

***) Siehe Bundesblatt 1920, Bd. II, S. 825.

536 (Bundesratsbeschluss vom 28. August 1922, Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1923)*): ,,Die Arbeitslosenversicherungskassen, die Anspruch auf den Bundesbeitrag gemäss Art. l des Bundesbeschlusses vom 30. Juni 1922 betreffend Beitragsleistung an die Arbeitslosenversicherungskassen erheben, müssen folgende Bedingungen erfüllen : o. Die Kassen müssen jeden erwerbsmässigen oder der Arbeitslosenversicherung fremden Zweck ausschliessen.

6. Die Kassen müssen eine eigene Buch- und Kassaführung haben und für eine richtige Anlage und Verwaltung der Gelder Gewähr bieten.

In der Rechnung sollen namentlich ersichtlich sein die Buchung des Bundesbeitrages, die Beiträge anderer öffentlicher Verwaltungen, die Einzahlungen der Mitglieder, die Zahl der Unterstützten und der Unterstützungstage, sowie die Höhe der ausbezahlten Unterstützungsgelder.

c. Die Kassen müssen ferner genaue Vorschriften haben über die Leistungen der Mitglieder und die Gegenleistungen der Kasse, sowie über die Verwendung der Rechnungsüberschüsse und Fonds. Wo die Verhältnisse es gestatten, ist der Bundesbeitrag zur Schaffung oder Äufnung eines Reservefonds zu verwenden und sicher anzulegen.

d. Die Unterstützungen dürfen nur au unverschuldet Arbeitslose am Ort ausgerichtet werden.

e. Die Leistung der Kassen an die Arbeitslosen muss in einem für die Werktage auszurichtenden Taggeld bestehen.

f. Die statutarischen Leistungen der Mitglieder dürfen nicht zufolge des Bundesbeitrages vermindert werden.

g. Der Betrieb der Kassen ist fortzufuhren, solange nicht zwingende Gründe entgegenstehen ; der Weiterbestand der Kasse muss finanziell gesichert sein.

Der Bundesbeitrag kann Kassen, deren Weiterbestand nicht gesichert ist, verweigert werden.

Ä. Die Kassen müssen für die nötige Kontrolle und Verbindung mit dem Arbeitsnachweis, bei dem der Arbeitslose eingeschrieben ist, besorgt sein.

». Die Kassen sollen denjenigen Kantonen, die ihnen ebenfalls Subventionen gewähren, auf deren Verlangen mitteilen, *) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXVIII, S. 801, und Bd. XXXIX, S. 297.

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welcher Anteil am Bundesbeitrag auf die Gesamtheit der in den betreffenden Kantonen wohnenden Mitglieder entfallt» Je. Die Kassen haben dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement ihre Statuten, Réglemente und übrigen Vorschriften ' sowie jede Abänderung derselben in zwei Exemplar en einzusenden.

Ausnahmsweise, wenn besondere Verhältnisse dies rechtfertigen, können Abweichungen von einzelnen der im vorstehenden Artikel aufgezählten Bedingungen zugelassen werden.

Der Entscheid darüber liegt beim eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement.

Die Auszahlung des Bundesbeitrages geschieht nach Prüfung der Jahresrechnung der Kasse. Zu diesem Zwecke sind der zuständigen Amtsstelle der Jahresbericht und die Jahresrechnungen, auf Verlangen auch die Belege, einzureichen.

Gestützt auf vierteljährliche Ausweise können, vorbehaltlich der Genehmigung der gesamten Jahresrechnung, Vorschüsse gewährt werden.

Die zuständige Amtsstelle hat das Recht, jederzeit Einsicht in die Geschäftsführung einer. vom Bund subventionierten Kasse zu nehmen."

II. Die Gründe, die eine Beitragsleistung des Bundes an die Arbeitslosenversicherungskassen rechtfertigen, sind dieselben, die schon in den eingangs erwähnten Botschaften und besonders eingehend in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Förderung der Arbeitslosenversicherung vom 17. September 1923 auseinandergesetzt sind. Wir können uns deshalb auf die Ausführungen in jenen Botschaften berufen. Für dieses Jahr kommt noch hinzu, dass durch Bundesratsbeschluss vom 2. Juni 1924 auf den i. Juli nächsthin die Arbeitslosenunterstützung gemäss Bundesratsbeschluss vom 29. Oktober 1919 gänzlich aufgehoben wird und damit das Interesse des Landes am Weiterbestand leistungsfähiger Arbeitslosenversicherungskassen um so grösser ist. Wir verweisen diesbezüglich auf unseren Bericht über die Einstellung der Arbeitslosenfürsorge vom 2. Juni 1924.

III. Über die Zahl der subventionsberechtigten Arbeitslosenversicherungskassen in der Schweiz, ihre Stärke und ihre Leistungen im vergangenen Jahr geben -- vorbehaltlich des Ergebnisses der Revision -- folgende Zahlen Aufschluss:

538 Vergleichszahlen Jahr 1923 Jahr 1922 Jahr 1921 Zahl der Kassen 60 60 55 wovon öffentliche 18 19 16 ,, paritätische . . .

4 4 3 ,, Verbands .

.

.38 37 36 Mitgliederbestand.

. . . 160.177 184,835 ca. 200,000 Durchschnittl. Unterstützungsdauer pro Mitglied und Jahr 291/2 Tage 28 Tage 24 Tage Durchschnittl. Unterstützungsbetrag pro Tag . . . . Fr. 3.43 Fr. 3.10 Fr. 2.76 Durchschnitt!. Gesamtbezug eines Unterstützten pro Jahr Fr. 101.18 Fr. 87.50 Fr. 66.25 Total der ausbezahlten Unterstützungen . . . . Fr. 2,077,613.79 Fr. 8,484.967.47 Fr. 5,466,489.61

IV. Über die finanzielle Belastung, welche die Subventionierung der Arbeitslosenversicherungskassen für das Jahr 1924 dem Bunde bringen wird, können naturgemäss genaue Zahlen heute noch nicht gegeben werden. Bei einer durchschnittlichen Zahl von 67,000 gänzlich Arbeitslosen im Jahr 1922 betrug der Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherungskassen Fr. 1,012,300. 33, während er bei einer durchschnittlichen Zahl von 33,000 gänzlich Arbeitslosen im Jahr 1923 Fr. 583,612.08 ausmachte (vorbehaltlich Ergebnis der Revision).

Für das Jahr 1924 ist nach der mutmasslichen Zahl der Arbeitslosen und den bisherigen Erfahrungen damit zu rechnen, dass die Bundessubvention an die Arbeitslosenversicherungskassen nicht mehr als rund Fr. 350,000.-- beträgt. Und zwar ist anzunehmen, dass diese Summe auch dann nicht überschritten wird, wenn einzelne Kassen nach Aufhebung des Bundesratsbeschlusses betreffend Arbeitslosenunterstützung vom 29, Oktober 1919 ihre Taggelder erhöhen, oder im Hinblick auf die bundesgesetzliche Regelung über die dauernde Subventionierung der Kassen sich der Mitgliederbestand im Verlauf dieses Jahres erhöhen sollte. .

V. Da es sich bei dem Subventionsbeschluss um einen Erlass handelt, der nur für ein Jahr gilt, ist er nicht allgemein verbindlicher Natur und kann daher sofort in Kraft treten.

Der Vollzug ist Sache des Bundesrates.

Gestützt auf vorstehende Erwägungen unterbreiten wir Ihnen den beiliegenden Beschlussentwurf und empfehlen Ihnen dessen Annahme. Gleichzeitig ersuchen wir Sie mit Rücksicht darauf,

539 dass eine dauernde Subventionierung gemäss unserer Vorlage vom 17. September 1923 über die Förderung der Arbeitslosenversicherung für dieses Jahr noch nicht in Frage kommen kann, das Geschäft spätestens in Ihrer Herbstsession zu behandeln.

B e r n , den 2. Juni 1924.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Chuard.

Der Bundeskanzler: Steiger.

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Beitragsleistung an die Arbeitslosenversicherungskassen für das Jahr 1924.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 2, Juni 1924, beschliesst: Art. 1. Der Bund vergütet den Arbeitslosen versicherungskassen dreissig Prozent der von ihnen im Jahr 1924 au unverschuldet Arbeitslose am Ort ausbezahlten Unterstützungen zurück.

Die Bedingungen zur Ausrichtung des Bundesbeitrages sind die gleichen wie für das Jahr 1923.

Art. 2. Der Bundesrat ist mit der Durchführung dieses Beschlusses beauftragt.

> Art. 3, Dieser Beschluss tritt, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Beitragsleistung an die Arbeitslosenversicherungskassen für das Jahr 1924. (Vom 2. Juni 1924.)

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1864

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04.06.1924

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