470 #ST#

B

e

r

i ch t

der

Kommission des Nationalrathes, in Betreff der Gewährleistung der revidirten Verfassung des Kantons Tessin (Vom 11. Juli 1855)

Tit.

Die Kommisfion, welche Sie niedergefetzt haben, um 'die Anträge des Bundesrathes, in -.Betreff der Gewährleiflung. der Verfassungsrevifion des Kantons Tesfin, vom 4. März letzthin, und der daselbst am 11. März getrofsenen Kantonal-Wahlen zu prüfen, erstattet Ihnen hie« mit ihren Bericht.

Eine Botschaft des Bundesrathes vom 29. Inni letztverflossen, gerichtet an die gefetzgebenden .Käthe, beleuchtet die beiden Gegenstände ausführlich. Da der Nationalrath von dieser Botschaft noch feine Kenntniß hat, so ist »or allem nßthig, daß die hohe Verfammlung durch Ablesung des Aktenstücks diese Kenntniß erhalte.

Nachdem dieses geschehen fein wird, ist die Kommisfion bloß im galle, die Botschaft zu ergänzen. Das in derselben bereits Gefagte zu wiederholen, wäre unnütz.

Seit der Bundesrath feine Botfchaft abgab, find noch mehrere Aktenstücke eingelangt.

Das erste ist eine Beschwerdeschrift der teffinischen Gemeinde M a g l i a s o , d. d. 29. Juni letztverflossen, unterzeichnet vom dafigen Gemeinderath. Die Schrift ist begleitet von einer Eingabe von 20 Unterschriften

471 ohne Ortsangabe und Datum. Die Unterschriften fcheic nen Einwohnern des Kreises von M a g lia f i n a anzugehören. Diefe Aktenstück e enthalten wesentlich die gleichen Beschwerden, wie die in der Botschaft des Bundesraths angeführten. Sie verlangen Ungültigkeits 5 Erklärung alles dessen, was in dem Kanton Teffin seit dem letzten Februar geschehen ist.

Sodann ist eingelangt eine Schrift des Kapitels oder der Synode der Geistlichkeit des Livenenthales, in wel# cher Beschwerde geführt wird gegen die neue Versassungsbcstimrnung, gemäß welcher die Geistlichen in Zukunfi nicht wählen, noch gewählt werden können.

Es ist zu bemerken, dag die der refcrirenben Kommiffion übermittelten Befchwerdefchriften ganz die gleichen find, welche neulich, als der Nationalrath die teffinifchen Wahlen in letztbenannte Behörde verhandelte, vorlagen.

Der Nationalrath hat bei jenem Anlasse die Beschwerden nach langer Diskussion mit großer Mehrheit abgewiefen, so daß eigentlich gar kein Stoff zu Debatten für die herwärtige Behörde mehr vorliegt, ausgenommen, man wolle die frühere Diskuffion reproduziren, wozu aber Ihre Komiffion keinen Anlaß geben will.

Was die revidirten Artikel der tesfinifchen Verfassung betrifft, so liegen gegen Dieselben selbst keine Reklamationen vor, ausgenommen gegen den Artikel, betreffend die Ausschließuna. der Geistlichen vom aktiven und passiven Wahlrechte. Auch ist nicht bestrittcn, daß die Revision nicht mit der angegebenen Stimmenzahl angenommen wurde., was übrigens Durch die vorliegenden Verbal-Prozesse erhärtet würde.

Die Befchwerden find gegen die Art und Weise, wie die Revision bewerkstelligt wurde, gerichtet, uno m Zu* BaabesHatt. Jahre. VII. Bd. II.

41

472

stand des Kantons Teffins in Folge des fogenanntetti Pronunziamento bildet die Bafis aller Beschwerden, Dieser Zustand ist mit Hinblick auf den Bericht des eidgenössischen Kommissärs im Kanton Tessi« über jenen Zustand im Schooße des Nationalraths am letzten Mon* tag weitläufig erörtert worden, und wenn dazumal die Beschwerden über jenen Zustand die Ungültigfeit der Nationalrathswahlen vom 11. März nicht herbeipführen vermochten, so werden fie auch nicht die Ungiiltigfeitserk.ärung der Verfassungsrevifion vom 4. März herbeizuführen vermögen.

Abgesehen aber hiervon theilt die Kommission die »on dem Bundesrathe in feiner Botschaft niedergelegten Ansichten. Nur ein Mitglied derfelben erklärte sich mit demselben nicht vollkommen einverstanden, ohne jedoch zu einem andern Schlüsse zu kommen. Dasselbe behielt sich vor, gutfincenden Falls feine abweichenden Ansichten besonders vorzutragen.

Ausser dem Zustande des Landes beruhen die gegen die tesfinifche Verfassungsrevifion aufgeführten Beschwerden besonders darin: 1. daß der Termin für Annahme oder Verwerfung der Verfassung zu kurz angefetzt wurde ;

2. daß die revidirte Verfassung in Wirksamfeit gefetzt wurde, bevor fie die eidgenöffifche Gewährleistung erhalten hatte.

Diese Beschwerden finden sich in der Botschaft des Bundesraths beantwortet. .Was die Kürze des ange" fetzten Termins betrifft, fo eristirt kein Gefetz, welches einen längern Termin vorschreibt, welches also verletzt wurde. Wenn ein stimmender Bürger den Inhalt der ·revidirien Artikel nicht kannte, so lag darin für ihn ein ·Grund, dieselben nicht anzunehmen.

47a Es bleibt uns nur übrig, hinfichtlich der Reklamation der Synode des Livinenthals unsere Anficht auszusprechen, indem darüber die Botschaft des Bundesrathsnichts enthält.

Wir halten die Reklamation gedachter Synode nicht für begründet.

Was die passive Wahlfähigkeit, d. h. das Recht gewählt werden zu können, betrifft, so enthalten die meisten Verfassungen der katholischen Kantone die Bestimmung, daß Geistliche nicht zu weltlichen Aemtern gewählt werden können. Die Bundesverfassung selbst, Art. 64, sagt: ,,Wahlfähig als Mitglied des Nationalraths ist jeder stimmberechtigte Schweizerbürger w e l t l i c h e n Standes."

Belangend die aktive Wahlfähigkeit, d. h. das Recht zu wählen oder die Stimmberechtigung, fo räumen mehrere der bestehenden Verfassungen diefe Fähigkeit dett Geistlichen ein; mehrere aber fchliejjen sie auch hievon aus. Es handelt sich hier um die Zuläffigkeit eines folchen Ausschlusses.

Wir halten dafür, daß, wer, zu dem mehrern berech# tigt fich finde, fei es auch zu dem wenigern.

Unzweifelhaft ist die paffive Wahlfähigkeit etwas höheres als die aktive, oder das bloße Stimmrecht.

Wenn nun die eidgenöffifche Bundesverfassung den Ausfchluß der Geistlichen von der passiven Wahlfähigkeit zuläßt, so muß wohl auch der Ausschluß von der aktiven

Wahlfähigkeit zuläffig fein.

Es kommt hinzu, daß bereits folchen Verfassungen, welche die Ausschließung der Geistlichen von der Stimmberechtigung statuire«, die eidgenösfifche Gewährleistung, und zwar feit dem Iahr 1848, ertheilt wurde. Wir verweisen auf die Verfassung von Solothurn, Art. 21, welche Verfassung im Iahr 185I garantirt wurde.

474 Noch ist zu bemerken, dag auch nach der bisherige« Verfassung des Kantons ïesfin die Geistlichen keine Stellen der exekutiven und richterlichen ©ewalt bekleiden konnten.

Anlangend also die teffinische Versassuni-jsrevifion tragen wir einfach auf Annahme des Vorschlags des -..Bundesrathes an.

Betreffend die im Kanton Tefftn am 11. März 1855 vorgenommenen kantonalen Wahlen stimmen w.r dem Vorschlage des Bundesrathes ebenfalls bei, wünschen jedoch eine Modifikation in der Begründung. Es walten nämlich verschiedene Ansichten über die Frage, inwieweit man fich an die kantonalen Behörden wenden müsse, bevor man eine Beschwerde bei den -Sundesbehorden erheben könne. Wir möchten nun eine Erörterung dieîer Frage, als in dem vorliegenden Falle unnöthig, bei Seite lassen und schlagen daher vor : den Beschluß einfach damit zu motiviren, daß die Befchwerdeführer keine Ver» letzung von Rechten, die durch die Bundesverfassung gewährleistet find, nachgewiesen haben.

Wir bemerken noch, daß eine OriginaUAnsfertigung der revidirten Artikel der teffinifchen Verfassung nicht vorliegt, was doch sein sollte, um die Ertheilung der eidgenössischen Gewährleistung auf dem Aktenstücke nachtragen zu können und dasselbe sodann in dem eidgenös* fischen Archive aufzubewahren.

Genehmigen Sie, Tit., beinebens die Verficherung vollkommenster Hochachtung !

Bern, den 11. IuU 1855 Dr. Äustmir SPftffct, Präsident und Berichterstatter der Kommiffion.

475 Summarisch..: Uebersicht der Einfuhr von Sebensmitteln »om 16. Bis zum 31. August 1855.

i. apagebict.

Richtung. Richtung.

Deutsche Richtung.

Zentner.

Zentner.

Zentner.

1,552

15,959

18,458 16 74

Deutsche

Roggen Gerste Hafer . . . . . . .

Zon*

10

808

3,827

Mois BOhnen

2 1

. . . . . .

Mehl gleisch

Piemont.

Zentner.

Zentner.

Zentner.

Zentner.

25,581

104 313

2,842

817 626

20

165 516 936 15

65

611 17 4,030

631 2,135

524

1,569

1,261

13

54

19

1,270

55

8

5

53 5

36

Savoh.

Zentner.

297

111

1,169 3 3 7

65

210

Zentner.

Zentner.

Zentner.

334

2,079

67,746

23

34 17

7,229

2

Zuflthi ertasten.

43

619

Franz.

24

209

155

4 894

4

9

2

Zugth ertasten.

3»8thi »lasten.

3

1,851

120

36

849

Zugthierl.

Fxanz.

Sardin.

Zentner.

67

2

...tOtal.

Jtal.

Richtung. Richtung. Richtung. Richtung. Richtung.

2

Zugtbi Ertasten.

Kartoffeln . . . . .

11

VI. 3oUge»iet.

Richtung.

6

i,94o 1

V. 3oOgeïii«t.

87

224

jg-ot

iv. 3ollgebi«t.

gombaxd.

Richtung.

2 6 58

Erbsen

Reis .

Getjle, gexollteu.Gries

ZoOge^iet.

gebiet.

gtanj.

Korn

111.

11.

3 837 26 564 2

603 283 297 1

607 11 1,181

6,680

6,542 143 14 8,982

153 7,688

119 380

5,533

3

33 Zugthierl.

ZuSth ertasten.

31

1,193

23

138

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrathes, in Betreff der Gewährleistung der revidirten Verfassung des Kantons Tessin (Vom 11. Juli 1855)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1855

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.09.1855

Date Data Seite

470-476

Page Pagina Ref. No

10 001 738

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.