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Schweizerisches Bundesblatt.

XIX. Jahrgang. 1l.

Nr. 40.

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14. September 1867.

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ständeräthlichen Commission über die Botschaft de..... Bundesrathes und den Beschluß des Nationalrathes , betreffend die diplo.matische Vertretung der Schweiz im Anlande.

(Vom 17. Juli 1867.)

Tit!

Bei der im Dezember v. J. stattgefundenen Berathung des Büd-

gets sür das Jahr 1867 hat die Bundesversammlung dem Bundesrathe Austrag gegeben, einen die diplomatische Vertretuug der Schweiz im Auslande im Allgemeinen besehlageudeu Bericht so bald thunlieh porzulegeu.

Mit Botschaft vom 28. Juni 1867 hat der Bundesrath diesen Berieht eingebracht und aus dem Jnhalte desselben den Schluss gezogen , ,,es sei unter waltenden Umständen die Zahl der schweizerischen Gesandtschaffen im Auslande aus vier festzusezen uämlieh je eine in jedem der großen Länder , welche die Grenze der Schweiz berühren , unter dem Vorbehalte , aus die Anzahl der erforderlichen Gesandtschaften jeweileu bei Berathuug des jährliehen Voranschlages wieder einzutreten."

Zugleich suchte der Buudesrath um Bewilligung eines Raehtragskredil.es zur Deckung de.. Kosteu nach, welche die Gesaudtsehast in Deutschlaud im lauseudeu Jahre zur Folge haben wird , und die aunähernd auf Fr. 15,000 angeschlagen werden.

Bundesblatt. Jahrg.XIX.Bd.II.

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646 Der Nationalrath hat unterm 11. d. Mts. den Beschluß gefaxt: ,,1. Der Bericht des Bundesrathes wird seinem wesentlichen Jnhalte nach genehmigt.

,.2. Es wird für das laufende Jahr ein Rachtragskredit von

Fr. 15,000 für die Gesandtschast in Deutschland genehmigt.^ Obschon die Frage durch die einlassliche Botschaft des Bundesxathes und die zweitägige Diskussion des Nationalrathes, in welcher

sie pon allen Seiten beleuchtet worden ist , eine ziemlieh vollständige Abklärung gefunden hat und Jhre kommission in der .Lage ist, Jhnen die Genehmigung der nationalräthlichen Schlussnahme zu empfehlen, dürsten, zur Begründung dieses Antrages, doch noch ein.ge Bemerkengen am Platze sein, um zur Beseitigung der sehr verbreiteten Vorur-

theile gegen das schweizerische Gesandtschaftswesen wo möglich Einiges beizutragen.

Jn der That lässt sich nicht leugnen , dass die sogenannte Diplon.atie, und was damit zusammenhängt, in der Schweiz nicht populär ist , und Manche glauben mögen , der letztern einen grossen Dienst zu leisten , wenn sie dieselbe wenigstens vor dem Uebel eigener diplomatischer Vertreter bewahren. Mogen bei den Einen noch die Belästigungen in Erinnerung sein, denen die Schweiz bis gegen Ende der Vierzigeriahre zeitweise von beinahe allen Staaten ausgesetzt war, welche diplomatische Vertreter in derselben hielten, Belästigungen, sür die man so gerne in erster .Linie die Organe statt der Regierungen , denen sie dienten , verantwortlich machte , so mag bei Andern die Voraussetzung entscheiden, dass die diplomatische Vertretung in gegenwärtiger Zeit an Bedeutung überhaupt verloren habe , dass ihre .Leistungen mit den auszuwendenden Kosten in keinem Verhältnisse stehen , dass sie ein monarchisches Jnstitnt sei , vor dessen Nachahmung

sich die Schweiz hüten sollte, dass sie sich im Widerspruch siude mit der

von der Schweiz beobachteten Neutralitätspolitik und dass zur Wahrung der schweizerischen Jnteressen im Auslande Konsulate oder Generalkonsulate genügen.

Es ist nun vor Allem eine bemerkenswerthe Thatsache, dass die .Freunde und die Gegner der diplomatischen Vertretung darüber einig sind , dass die schweizerischen Jnteressen im Auslande nicht schlechthin ohne alle besondere Vertretung bleiben dürfen , daher sieh di.^ Fragen eigentlich nur dar.^n dreht, ob hiefür einfache Konsulate genügen, oder ob, an einzelnen Orten wenigstens, statt derselben diplomatische Posten geschassen resp. erhalten werden sollen.

Bevor wir hieraus näher eingehen, ist es nöthig, einer irrthümlichen Voraussetzung entgegenzutreten, nach welcher angenommen zu werden seheint, dass die Generalkonsuln nach den Bestimmungen und

647 .^

Uebungen des Volkerrechtes der Regierung gegenüber , von welcher sie das E^uatur erhalten haben , eine bevorzugtere Stellung einnehmen, als die blossen Eonsulu oder Vieekonsuln. Diess ist durchaus nicht der Fall. Der Generalkonsul besitzt nnr den ihm untergeordneten Eonsulu gegenüber gewisse Kompetenzen , befindet sich dagegen der fremden Regierung gegeuüber ganz in der gleichen Stellung wie die Konsuln.

So schreibt z. B. der Art. 1 unsers Eonsularreglementes vom 1. Mai 1851 vor, dass da, wo ein Geueralkonsulat vorhauden ist, die Eon^ sulu allsälligen Weisungen des erstern nachzukommen und ihm den jährlichen Geschäftsbericht zu Hauden des Bundesrathes einzusenden haben, während der Eonsularvertrag zwischen der Schweiz und Brasilien, der die Verhältnisse auf das Sorgsältigste ordnet , den Konsuln und Vieekonsuln ganz die gleichen Prärogativen einräumt, welche er den Generalkonsuln zugesteht. Es wird daher überall in der Folge nnr von den Eonsuln die Rede sein. Die gan^ eigentümliche Stellung der Eon^.

sulate im Orient, die hier nicht in ^rage liegt, lassen wir ganz unberührt.

Das Bedürfniss oder wenigstens die hohe Wüuschbarkei.. irgeud einer Vertretung der schweizerischen Jnteressen ist auch wirklich sehr ein.^ leuchtend sür jeden , der selbst längere Zeit im Auslande gelebt oder als Mitglied einer schweizerischen Regierung die Wahrnehmung zu machen Gelegenheit gehabt hat, wie ost die Jnanspruchnahme eines solchen Vertreters ersorderlich ist , um ^ahllose Jnteressen schweizerischer Angehöriger im ^luslaude ^u vermitteln. Erscheinen auch heutzutage in Folge der Freundschafts-, Handels- und Riederlassungsverträge, welche mehr und mehr zwischen den Rationen abgeschlossen werden, die Verhältnisse , unter denen Landesangehorige im Auslande wohnen, Handel und Gewerbe treiben und Grundbesi^ erwerben konnen, unendlich erleichtert, so hort damit das Bedürsniss einer besondern Wahrnehmung ihrer Jnteressen durch besondere Organe des Landes , dem sie heimatrechtlieh angehoreu, doeh nicht auf, ja es hat sieh für die Sehwei^ in demselben Masse vermehrt, in welchem die Auswanderung unserer Landsleute in sremde Länder zugenommen hat.

^s fragt si.h nun zunächst, ob einsaehe, unbezahlte Konsulate diesen Bedürfnissen überall genügen. Wir glauben diese ^rage entschieden verneinen zu solleu. An ^rten , an denen
sich eine grossere Masse schweizerischer Jnteressen eoneentrirt, war es je^t schon nothig, besondere Entsehädignngen auszusehen, um es den Eonsulen moglich zu machen, eigene Angestellte zu deren Bewältiguug ^u bezahlen.

Würde man vollends an ^en .^rten , an denen sehon bisher Gesandtschaften bestanden haben , wo neben den eigentlichen diplomatischen Geschäften besonders zahlreiche Brivatiuteressen zu besorgen sind , weil neben dem Gesandten nicht noch ein besonderer Eonsul ausgestellt wird und jener daher auch die allgemeinen , die kommerziellen nicht berührenden

648 Verrichtungen dieses letztern zu übernehmen hat, nur Konsulate errichten wollen, so müssten für bl.osse Kanzleikosten nicht unerhebliche ......^mmen verwendet werden , sofern sich allerdings nicht irgend ein Schweizer finden liesse, der aus purem Patriotismus nicht nur seine Zeit diesen Geschästen zu widmen, sondern auch alle damit in Verbindung stehenden Ausgaben aus seinem eigenen Beutel zu bestreiten geneigt wäre.

Erscheint es aber einmal mit der Würde der Schweiz kaum vereinbar,

zahlreiche wichtige Angelegenheiten , welche der amtlichen Vermittlung bedürfen , aus Kosten eines Brivaten betreiben zu lassen , und liegt es doch gewiss auch nicht in ihrer Stellung , sich in Bezng auf die Auswahl ihrer Organe lediglich von dem guten Willen einzelner Bersonen und von dem Zusalle, ob solche gerade an dem Orte, wo eine besondere Vertretung nothig ist , vorhanden sind , abhängig zu machen , so ist einleuchtend, dass wenigstens eine ausreichende Kanzleientschadignng nicht umgangen werden könnte. Wollte man endlich dem Eonsnl sür die zahlreichen Bemühungen , die er den amtliehen Geschäften persönlich zu widmen und seinen eigenen zu entziehen hätte, noch eine besondere Entschädigung verabreichen, was am Ende doch nur billig wäre, so könnte der Unterschied zwischen den Gehalten, welche jetzt die Gesandten beziehen , und solchen Vergütungen vollends nicht mehr sehr erheblich werden.

Damit, d. h. mit Konsulaten, auch wenn denselben gegebenen Ortes eigens besoldete Kanzleien an die Seite gegeben und besondere Entschädigungen vergütet werden, würden aber die Vortheile, die durch eine Repräsentation überhaupt erzielt werden können, erst zum geringsten Theile erreicht. Rach dem Reglement sür die schweizerischen Eonsuln vom 1. Mai 1851 liegt den Eonsuln im ..lllgemeinen die .^flieht ob, ,,die Jnteressen der .^ehweizerbürger, wo sie darnm angegangen werden oder die Verhältnisse es sonst ersordern , nach Kräften zu wahren und zu schüfen, in so weit dieses nach den Landesbesten ihres EonsularBezirkes geschehen kann. .^ie werden daher ihren Mitbürgern mit gntem Rath zur ^eite stehen, sich ihnen nützlich zu maeheu suchen, ihren Bersonen und ihrem Eigenthum den ^ehutz des ....Staates verschafsen und gerechte Reklamationen unterstützen.^ Daneben sind sie angewiesen, Mittheilnngen über den Eivilstand .der in ihrem Bezirke wohnenden .^eh.^eizer zu maehen , vorkommenden Falles provisorische vormundschastliehe .^lnorduuugen zu trefseu , Hinterlassenschasten zu .inventarisiren , Depositen entgegen zu nehmen, Legalisationen zu besorgen und Bässe auszustellen.

Endlich liegen ihnen noch im speziellen ^ache des .Handels Bflichten ob, die wir hier nicht besonders hervorheben. Die Wirksamkeit der Eonsnln hängt nun aber neben dem Eiser, den sie in die Erfüllung ihrer Bflichten legen und durch den sieh so viele unter ihnen auszeichnen, grossen Theils von den Gesetzen oder Gewohnheiten des Landes ab, in welchem sie wohnen,

649 oder von den Verträgen, die zwischen diesem und ihrem Heimatland abgeschlössen worden sind, oder in einzelneu Fällen auch von dem personlichen Ansehen, dessen sich ein Eousul an einem gegebenen Orte erfreut.

^a demnach ein allseitig gleichmäßiger Vollzug des augesührten Regle-

meuts uieht vorausgesetzt werden kann, so sieht dasselbe mit Recht den Fal.l vor, dass die Konsuln an der Erfüllung der ihnen obliegenden pflichten gehindert sein konueu. Sie werden daher angewiesen, sich vorkommenden Balles an die Konsulate oder die Gesandtschas..en anderer Länder zu weuden. ^ie geregeltste Stellung besinn unsere Konsuln unstreitig in Brasilien, wo ihnen in ^olge des Vertrages vom 31. Januar 1862 nicht nur gewisse personliche Privilegien ausdrücklieh ^nge^ standen , sondern auch sehr eingreifende Eompeteu^en in eivilreehtlieheu Verhältnissen der dort angesiedelten Schweizer und ,,bei Abgang eines diplomatischen Vertreters ihres Landes^ die direkten Verhandlungen mit der Landesregierung gestattet werden. Aehuliche Besngnisse werden, wenn auch nicht in ^olge Vertrages , sondern mehr nur mit Rücksicht aus die besondern Verhältnisse der Schweiz , z. B. auch den schwerexisehen E^usulu in Washiugtou , Loudou , St. Vetersburg und Madrid eingeräumt , und sollen auch jeuen in Turin und Neapel s. Z. ^ngestanden gewesen sein. ^abei ist indessen nicht ^u übersehen, dass mancherlei Geschäfte, welche vorteilhafter durch eigene Repräsentanten betrieben würden, diesen Konsuln doeh nicht übertragen werden konnen, sondern mit den bei uns aeereditirten Gesandten der betreffenden Staaten verhandelt werden müssen. .^ie Eonsulu in Frankreich., .^esterreich, Vreusseu, uud wie verlautet, jel^t auch in Jtalieu, werden dagegen nicht als Vertreter ihrer Regierung betrachtet, kouuen daher in keinen direkten Verkehr mit der Regierung treten, von .veleher sie sur ihre beschraukten Eonsularsunktioneu das l^e^uatur erhalten haben , werden ^u keinen Audienzen zugelassen und sind ge^wuugen , im ^all eine Verhandlung

mit der Regierung selbst noi.hig ist. in Ermanglung eines diplomatischen

Vertreters ihres Landes , sich der Vermittlung desseuigeu eines andern Staates zu bedienen. Jm Jahr 18^0 hob sogar die osterreichische Regieruug, veranlagt durch die damaligen politischen Verhältnisse, alle Eon.^ sulate in Mailand aus , duldete uur uoch Handelsagenten , welche auf deu engsten .^reis von Tätigkeit beschränkt waren, und deueu uamentlich die Besugniss endogen wurde , Vässe zu visiren und .^egalisationen zu ertheilen , die sür ^esterreich bestimmt waren. ^as gleiche Recht steht begreiflich auch andern Rationeu ^u, während die Verweigerung der Aunahme pou Gesandten, die Beschränkung der dieseu volkerrechtlich ^ustehenden Befngnisse ^wischen Staaten, die nnter sich im frieden leben, nicht vorausgesel^t werden dars. Es kann ^aher nicht geleugnet werden, dass schon die Vertretung der schweizerischen Jnteressen, in so weit sie den Eousuln zugeschiedeu ist , und namentlich in so weit sie , um wirksam ^u sein, einer direkten Verhandlung mit der Regieruug bedarf,

650 in manchen Fällen ungenügend ist. Da nun nicht angenommen werden kann , dass gerade diejenigen europäischen Staaten , die an die Schweiz grenzen und in denen vorzugsweise schweizerische Jnteressen zu vertreten sind, geneigt sein würden, d...n schweizerischen Konsuln Befugnisse zuzugestehen, welche mit den allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsäi^en nicht im Einklang.. sind, und da auch kein rechtes Motiv für die Schweiz vorhanden ist , in dieser Hinsicht eine Ausnahme von einer Regel für sich in Anspruch zu nehmen, der sich andere kleine Staaten und die zahlreichen amerikanischen Republiken gerade so gnt unterordnen, als die Monarchien Europas , so ist nicht einzusehen , dass eine Anshebung der bisherigen Gesandtschaften und eine Erse^ung derselben durch Eonsnlate mit irgend erheblichen Vortheil.... sür die Schweiz verbunden sein konnte.

Wesentlich besser gestaltet sich die Sache vielmehr, wenn sich die Schweiz einfach den einmal bestehenden volkerrechtlichen Grnndsä^en unterzieht und eine diplomatische Vertretung wenigstens da hält , wo

es das zunächst liegende Bedürsuiss erfordert. Die Unverle^lichkeit der

^erson eines Gesandten und seines Eigenthums , die Exterritorialität, die Befreiung von allen direkten und indirekten Abgaben, andere .^rivilegien und vor Allem der freie Zutritt, den ein Gesandter seder Zeit bei der Regierung, bei welcher er aeereditirt ist, findet, verschaffen ihm von vorneh^rein einen grosseren Eiufluss und se^en ihn zunächst schon in Bezug ans die Vertretung der bisher berührten Jnteressen schweizerischer Angehöriger in die Lage, dieselben mit grosserm Erfolge betreiben zu können. Allerdings find die Vorzüge einer solchen Stellung von weniger Gewicht , wenn dem Jnhaber .derselben die personlichen Eigenschaften oder der nöthige Eifer abgeht , sie vollständig geltend zu machen, und es kann ein Eonsnl, der im Besi^e solcher ^nalitäteu ist und überdiess Zutritt bei den Ministerien findet, viel erspriessliehere Dienste leisten.

Da es sieh aber hier um Feststellung einer Regel handelt und vorausgesellt werden mnss , dass der Bundesrath bei Bese^....g von Gesandtschast...st..llen jeder Zeit auch die rechten Versonen zu wählen wissen werde, so können dergleichen Eventualitäten in keinen Betracht fallen, ansser etwa da , wo durch befriedigende thatsächliehe Verhältnisse die ^rage im ...^iuue der Verwendung von Eousnln bereits gelöst erseheint.

Bestünden sür die Gesandten keine andern Aufgaben, als die Wal..rnng der Vrivatinteressen schweizerischer Augehöriger in der vollen Bedeutung der den Evusuln ertheilten Instruktion, so liasse sieh schon die Aufrecht^ haltnug der bereits bestehenden diplomatischen Dosten rechtfertigen, deren Werth gerade in der hier besprochenen Richtung namentlich iu Zeiten des Kriegs und innerer Unruhen sehou hinreichend erprobt worden ist.

Zu der Aufgabe , den Mitbürgern in ihren .^rivai.verhältnifsen nü^lieh zu sein, aus die wir allerdings zunächst einen grossen Wertl.. legen,

651 gesellen sich nun aber noeh weitere Aufgaben , die der Vertretung eine hohere Bedeutung verleihen, die aber in der Regel nur Versone.. übertragen werden kounen , welche ihre gan^e Zeit denselben zur Verfügung ^u stellen im ^.all.e sind , und sür welche schon dieses Grundes wegen Gesandte geeigneter erseheinen als blosse Konsuln. Wir rechnen in erster ^iuie dahin die besondern Aufträge , welche in offentlichem Jnteresse , sei es vom Bundesrathe . sei es von Kautonsregierungen , den Gesandten ertheil^ werden. Dahin gehoren Erkundigungen über die ^..ese^ebung, die Verwaltung und Rechtspflege des Staates, in dem der Gesandte aeereditirt ist, über osfentliche Anstalten aller Art , über Ver^ sonen , die sich um Anstellungen bewerben, über neue Errichtungen, die im Projekte liegen oder bereits eingeführt sind und irgend ein militärisches , kommerzielles , industrielles oder anderes allgemeines Jnteresse beschlagen. Handelt es sieh dabei bloss um Uebermittluug von bestehenden Gesezen, Verordnungen u. s. w . , die sich ans einen gegebeneu Gegenstand begehen und etwa zu gesetzgeberischen Arbeiten benüt^t werden , so ist die Aufgabe des Gesandten allerdings bald erfüllt.

Handelt es sich um Absenkung besonderer Experten , welche offentliehe Institute in Augenschein zu nehmen , wisseuschastliche Forschungen zu machen haben u. s. w. , so kaun ein Gesandter denselben von grossem Ru^eu sein , indem er ihnen den Weg , der zum .^iele führt, ebnet und sie bei den ^.ständigen Behorden uuterstü^t. Handelt es sich endlich um Gegenstände, die einer längern Beobachtung oder anhaltenden Verwendung und häufiger Berichterstattung bedürfen , so wird ein gesandter vollends im ^alle sein, erspriessliche Dienste leisten ^n konneu.

Roch wichtiger ist seine Aufgabe, wenn Staatsverträge abgeschlossen werden sollen. Richt nur hat er durch Besprechung aller Personen, welche dabei von Einfluss siud, die Sache vorzubereiteu und durch geeignete Mitteilungen an seine Mandanten die Abfassuug der Jnstruktionen zu erleichtern , sondern auch die Unterhandluugeu selbst allein oder in Verbiuduug mit den ihm an die Seite gegebenen besondern Abgeordneten oder Experten zu führen. Diese Verrichtungen sind zeitweise sehr umsaugreich und werden , wenn die Verhältnisse, wie so ost, .es mit sieh bringe^, dass sie nur mit Unterbrechungen ^um
Ziele gebraeht werden konneu , wohl ^weckmässiger einem ständigen als einem nur sür den einzelnen ^all bestimmten außerordentlichen Gesandten übertragen.

Es dars hier wohl gesagt werden, dass gerade in dieser Beziehung .einzelne der schweizerischen Gesandtschaften schon Wesentliches ^u leisten im ^.alle waren und durch die Keuntniss derVersonen, Geseze und Zustäude des Landes , in welchem sie aeereditirt sind , zum Gelingen der Unterhandlungen beigetragen haben.

Eine serner.. Aufgabe der Gesandten, a..f die man mit Recht ausmerksam gemacht hat, ist es, auf die Entwickelnug des Landes, bei.

652 welchem er beglaubigt ist, in Allem, was für das sittliche, geistige nnd materielle Wohl seines eigenen Volkes von Jnteresse ist, ausmerksam zu sein, und über seine .Beobachtungen geeignete Berichte zu erstatten. Allere dings wäre es sehr ungereimt, den schweizerischen Regierungen zuzumuthen, nur in so weit von derartigen Erscheinungen Kenntniss zu nehmen, als sie durch Gesandtsehastsberichte vermittelt werden, oder von den Gesandten zu verlangen, hierüber umfassende periodische Berichte einzusenden.

Die wichtigsten Quellen der Kenntniss der Zustände sremder Länder in so weit sie zur Anbahnung von Fortsehritten im eigenen Lande nützlich ist, wird in heutiger Zeit stets die Vresse vermitteln, und die einheimischen Regierungen können sich der Pflicht nicht entziehen , diese Ouelle selbst zu benü^en. Es wird aber einen. umsichtigen und thätigen gesandten tro^dem noch hinreichend Gelegenheit übrig bleiben , manche Verbesserungen anzuregen, welche ohne besondere Einweisung leicht übersehen oder erst spät berücksichtigt werden würden.

Die wichtigste Ausgabe eines Gesandten ist unstreitig die spezifisch

politische. Allerdings würde man zu weit gehen, wollte man die Ach-

tung vor den Rechten des Landes , das er repräsentirt , und die Bewahrung von allen Raehtheilen , denen dasselbe durch andere Staaten ansgese^t sein kann, lediglich der Wirksamkeit eines solchen beimessen.

Jeder Staat, und insbesondere ein kleiner und im Vergleich zu den übri-

gen Staaten Europas so eigenthümlich gestalteter wie die Schweiz, wird die Kraft seiner Fortex^istenz zunächst in sich selbst finden, in der naturgemässen und volkstümlichen Ausbildung seiner Institutionen, in seiner

Wehrsähigkeit und in dem aus Gerechtigkeit und Wohlwollen begrün-

deten Einvernehmen mit andern Staaten. Seine Repräsentation bei diesen wird aber zur Befestigung des hoehsten Zieles seiner Bestrebungen,

der Erhaltung seiner Unabhängigkeit, nicht nur nicht nachtheilig, sondern

sörderlich sein. ..^..chon die Absendung eines Gesandten und die Annahme eines solchen bei einem fremden Staate bildet einen Akt und begründet die Anerkennung der vollsten .^ouperänetät. Welchen Werth alle Staaten, ob Monarchien oder Republiken, ans dieses äussere Zeichen ihrer Selbststäudigkeit legen, zeigt nicht nur die Thatsache der so zahlreichen stehenden Gesandtschasten, welche die Länder diesseits und jenseits des Oee^ ans gegenseitig und ost auch da halten, wo es durch materielle Gründe tanni gerechtfertigt erscheint, sondern beweist auch der Umstand, dass Länder,

die nach Unabhängigkeit streben, sobald als moglieh durch die Absenkung von .Gesandtschaften ihre Souveränetät zu beurkunden suchen. Es mag noch manchen Mitgliedern der Bundesversammlung erinnerlieh sein, dass im Jahr 1.^4.^, als in mehrern Ländern Europas Revolutionen walteten, eigene Abgesandte von Sieiiien, Rom und Ungarn in der Bundesstadt eintrafen, um durch ihre Aeereditirung die Anerkennung jener .Länder als selbstständige Staaten durch die Eidgenossenschaft zu erlangen

653 ^u suchen. Die nordamerikanische Regierung, die damals geneigt schien, die ungarische Republik anzuerkennen, soll sogar zum Zeichen dieser Au^ exkennung bereit gewesen sein, einen diplomatischen Vertreter nach Vesth abzusenden, der nur deshalb nicht an seinen Bestimmungsort gelangte, weil vor seiner Ankunft Ungarn wieder der osterreiehischen Regierung unterworfen worden war. Jst nun auch die Unabhängigkeit der Schweiz von keiner Seite augesoehteu , und ist den s. Z. herumgeboteuen Ge-

rügten über Applikation des Ratioualitätenprinzips aus ihre Kosten bei einer ^Revision der Karte von Europa^ kein Gewicht beizulegen, so kann es doeh in gegenwärtiger Zeit, die so erschütternde Veränderungen her^ vorgebracht hat, uud trol^ der Sehnsucht der Volker nach dauerudeu sriedliehen ^..ständen noch keineswegs den Glauben an solche zu besestigen wusste, immer als ein Akt der Klugheit und Vorsicht angesehen werden, auch die seruer liegenden Mittel ^ur Befestiguug ihrer selbstständigen Stelluug nicht ^u vernachlässigen. Abgesehen von diesem mehr formellen Staudpunkte gibt es aber auch Gründe materieller Ratur . welche die Ausreehthaltnn^ der bestehenden Gesandtsehasten wünschbar erscheinen lassen. Die Schweiz hat ein entschiedenes Juteresse, zunächst mit den sie umgebenden Staaten im Wohlvernehmen ^u bleiben, nicht nur weil eine Masse von Beziehungen bestehen, von denen das Wohl so manches Einzelnen ihrer Angehörigen abhängt, sondern auch weil ihr die Freundsehast und Achtung ihrer Raehbarn bei grossern Verwickelungen , von denen auch sie berührt werden konnte, uur vorteilhaft seiu kann. Der Umstand , dass diese nächsten Rachbarn Monarchien sind , wird sie nicht abhalten, dieses Wohlvernehmen ^u pflegen, weil die engern Beziehungen der Staaten unter eiuauder nicht sowohl vou der Gleichartigkeit der Regieruugsformeu , als derjenigen der Jnteresseu abhäugt, wosür die schon lange bestehende innige Allianz der nordamerikanisehen ^reistaaten mit dem in konstitutioneller Hinsicht so wenig verwandten Russlaud ein sprechendes Beleg bildet. ^iegt es nun allerdings nicht in der Ausgabe der S.hwei^ , sich in ähnlicher Weise mit irgend einem andern Staate ^u alliiren, weil ihre historische und durch die Verhältnisse gebotene Volitik der Neutralität sie von einer Aktion in allen ausser der ledern liegenden Entwickelungen aussehliesst, so findet sie dagegen gerade ans dem Boden dieser Volitik aueh Berührungspunkte mit andern Staaten, indem diesen in gleichem Masse , wie ihr selbst, an der Ansrechth^ltung der Neutralität der ^ehwei^ gelegeu seiu kann. Dies ist ein ^tandpunkt, der von der Schweiz um so weniger vernachlässigt werden darf, je mehr die Verträge, ans denen die ..Anerkennung ihrer Rentralität bisher beruhte, au Krast und Bedeutung verloren haben. Aus die Erhaltung und Befestigung der Neutralität
uud damit aueh der Unabhängigkeit des Vaterlandes hinzuwirken und die Situationen jeweilen in diesen. ^inne ^zu benützen, wird eine stete Ausgabe der Bundesregierung bleiben, uud es werden ihr bei diesen Bestrebuugeu eigene Gesandte bei den beuach-

654 barten Regierungen von wesentlichem Ru^en sein konnen. Bei den mannigfaltigen Berührungspunkten, welche zwischen einer Regierung und einem bei ihr aeereditirten Gesandten bestehen, zeigt sich Gelegenheit genug, die Hauptziele der Mission des le^tern ^n verfolgen, den Jnftitutionen, Gesezen, Sitten und Gewohnheiten seines .Landes Achtung zu verschaffen, storende Missverständnisse zu beseitigen , den Werth gegenseitiger gnter Beziehungen hervorzuheben und überhaupt das selbstständige Streben seines Volkes nach den hohen Zielpunkten der Zivilisation, nach geistiger und materieller Entwicklung, nach Freiheit und Ordnnng, durch die es seine Stellung unter den übrigen Volkern legitimirt , auch in seiner beseheidenen Sphäre zu pertreten.

Es würde zu weit sühren, hierüber in nähere Details einzutreten, und wir beschränken uns daher darauf, noch aufmerksam zu machen, dass wenn wir die allseitige Vertretung der Schweiz durch blosse Eonsulate ungenügend erachten, vielmehr die Beibehaltung der bereits bestehenden Gesandtsehasten wünschen , wir keineswegs der Ansicht sind, die Ausgabe unserer Gesandten leicht zu nehmen, oder gar einen. müssigen , mit den unerlasslichen Unkosten in keinem Verhältnisse stehenden .Leben derselben Vorschub zu leisten. Soll die Schweiz den vollen Ruthen aus dem Jnstitnte eigener diplomatischer Repräsentanten ziehen, den sie erwarten dars, so ist es, wie schon die nationalräthliche Kommission aufmerksam. gemacht hat, nothwendig, nicht nur in der Wahl der Personen vorsichtig zu sein , sondern auch die rechten Beziehungen mit denselben zu unterhalten. Und in Rücksicht aus den le^tern Pnnkt

lässt sich nicht lengnen , dass die bisherigen Einrichtungen , in ^olge deren die Leitung ^er politischen .Angelegenheiten jährlich mit dem Prä-

sidinm des Bundesrathes wechselt, mit Uebelständen verbunden sind, die in Znknnst vermieden werden sollten. Rieht nnr wird die Einheit und Folgerichtigkeit der Leitung dieser Angelegenheiten dnreh den zu häusigen Wechsel der Personen beeinträchtiget, sondern es geht auch zuweilen der ^ade.. angekunpfter Verhandlungen verloren und treten Stockungen in den Geschäften ein, welche vermieden werden konnten. Für den Ge-

sandten selbst ist es stets von hoh..r Wichtigkeit, in geeigneter Weise

in seiner ...^ätigl^eit aufgemuntert und unterstützt zu werden , und unr ein reger Verkehr zwischen ihm und seinen Mandanten über die Zwecke seiner Mission im Ganzen und im Einzelnen ist geeignet, Geist und Leben in die .^aehe zu bringen. Daneben wird immer empsehlenswerth bleiben, in den ökonomischen Punkten so viel moglich haushälterisch zu sein . hängt doch der Einfluß eines Gesandten keineswegs von seinem Auswande und der Stellung , die er dadurch in der Gesellschaft einznnehmen im Falle ist, sondern vielmehr von seiueu persönlichen Eigen..

schaften ab.

655 Roch müssen wir uns ein Wort über die Errichtung einer Gesandtsehast in Washington erlauben , nachdem Betitionen mit 4000 Unterschritten von uusern in den Vereinigten Staaten angesiedelten Mitbürgern eingelegt worden sind, welche eine solche befürworten, und da uns unsere Sympathien für die Schwester-Republik jenseits des Oeeaus auffordern, keine Gelegenheit ^u versäumen, die Bande mit derselben enger ^u knüpfen. Wenn nun aueh diese Gründe, so wie gerade die vielen Gesehäste, welche von. dem gegenwärtigen Generalkonsulate in Washington ^u grosser ^usriedenheit aller schweizerischen Regierungen , welche mit demselben in Verbindung stehen, besorgt werden, die Errichtung ...iner eigenen Gesandtschaft daselbst rechtfertigen würden , so muss anderseits anerkannt werden, dass Dank dem Eifer des gegenwärtigen Hrn. Generalkonsuls uud. der Stellung, die derselbe bei der Regierung der Vereinigten Staaten einnimmt , die Rachtheile des Mangels eiuer diplomatischen Vertretung bisher nicht hervorgetreten sind, und dass es ^. Z. wenigstens zweifelhaft erseheint, ob die Schweiz durch Errichtung eiuer Gesandtschaft daselbst grossere Vortheile für ihre politischen Jutereffen als unter den gegenwärtigeu Verhältuissen erlangen konnte. Die Kommission , welche überhaupt nicht geneigt ist, über die zunächst liegenden Bedürfnisse hinaus zur Schasfuug neuer Gesaudtschaftsposten Hand zu bieten, kauu sieh daher vollständig m.t den auch im Ratioualrath geäußerten Ansichten zufrieden geben, für einmal bei deu bisherigen Einrichtungen zu verbleiben und es im Uebrigen der Weisheit des Bundesrathes anheimzustellen, die Jnitiative für Aenderung derselben dann ^u ergreifen, wenn er den

Augenblick dasür geeignet hält.

Die Kommission schließt demnach mit dem .Antrage , dem Bes^.hlusse des Nationalrathes bei^ntreten.

Bern, den 17. Juli 1.^7.

^

.

Ramens der Kommission , Der Berichterstatter:

Aepli.

^...te. vergleiche den Bundesbeschluß .^m 18. Juli 18^ (IX, ^).

Kommissionen : Nationalrath (^rlorit..l).

.Herren ^ ^.... Alfred Ascher, in Zürich.

.^. ^. ^h. B..,nl..m..^ in Orbe.

^h. Camperlo, in ^enf.

Sam. Lehmann, ln Bern.

^h. A. von Segesfer, in ^uzern.

.^tii^er....th.

Herren .

A. O. Aepli, in St. Gallen.

Aua. Turre^ini, in Genf.

^ik. .^ermann, in Sachsen.

A. Demarchi, in Astano (Tesstn).

.^. Me^er. in Luzern.

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Bericht der ständeräthlichen Commission über die Botschaft des Bundesrathes und den Beschluß des Nationalrathes , betreffend die diplomatische Vertretung der Schweiz im Auslande. (Vom 17. Juli 1867.)

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