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Landwirtschaftliches.

Mit Zirkular vom 1.. Rovember v. J. erliess das schweizerische Handels- und Zolldepartement an die landwirtschaftlichen Vereine der Schweiz , unter Hinblik auf die hohe Bedeutung der Frage für nnsern Handel und Verkehr, die Einladung , aus dem Gebiete der landwirthfchaftlichen Produktion des Berichtjahres Erhebungen vorzunehmen und das gewonnene Material, behuss Verwerthung für den Geschäftsbericht des Bundesrathes pro 1866 , dem Departement zur Verfügung zu stellen.

Der Bundesrath hat unterm 31. Dezember 1866 beschlossen, werthpolle und umfangreiche Arbeiten dieser Art , für deren allseitige

Berücksichtigung der Raum des Jahresberichts ein zu beschränkter ist ,

dureh das. Bundesblatt in ebenso zu perossentlichen. ) Jn Vollziehung dieses Beschlusses erscheint in Rummer zunächst der #ST#

unserer heutigen

Bericht des

Herrn J

Froté. Präsident der . landwirtschaftlichen Gesellschaft der .Ajoie in Pruntrut.

(Vom 30. November 1866.)

Tit.

Jndem ich die Ehre habe, das Schreiben zu beantworten , welehes Sie unterm 10. dies an die landwirtschaftliche Gesellschast der Ajoie gerichtet, beeile ich mich, Jhnen über die Betriebsergebnisse , welche in dem Wirkungskreise dieser Gesellschaft , nämlich tm Bezirke der Ajoie oder im Amte Pruntrut , zu Tage getreten sind , nachstehenden Berieht zu erstatten.

Dle auf Seite 8 hievor stch findende Notiz über landwirtschaftliche Berichte ist nleh. ganz genau.

171 ^ Es würde .schwierig sein, genaue .^ergleichungen anzustellen zwischen den landwirthschastlichen Verhältnissen einer gewissen Reihe von Jahren und den.. gegewärtigen Stande dieses wesentlichen ^weiges der RationalÖkonomie. Jch w.^.rde mich daher daraus beschränken, Jhnen in gedrängter Kür..e die Resultate meiner personlichen Beobachtungen, sowie die aus die Einführung einiger Reformen und auf die Entwiklung des Sinns für die ..andwirthschastliche Wissenschaft gerichteten Bestrebungen mitzutheilen , deren Endzwek in der Erhohung der materiellen Ergebnisse des Landbaus und der Viehzucht besteht.

Der Amtsbezirk Bruntrut besteht vornehmlich aus dem Bassin der .^ole ^Elsgau, und enthält eine beinahe ausschliesslieh vom Landbau

lebende Bevolkernng von 22,000 Seelen.^ Sein Flächeninhalt beträgt 88,000 eidgenossische Jucharten, die aus 51 Millionen Franken geschäht

werden. Seine mittlere Hohe über dem Meer beträgt 450 Meter. Reich an Hochwäldern und an Riederhol^, an Kalksteinbrüchen, Wässermatten und Kulturboden , vermochte der Amtsbezirk Vrnntrut eine wohl um 30 Brozent stärkere Bevölkerung ^u ernähren. Aber wie alle seit Jahrhungerten von einem rein theokratischen Regiment beherrschten .Länder ist auch seine Bevolkernng von den Fortschritten der Gegenwart beinahe un-

berührt geblieben. Bis zum Jahre 1792 war das Land, als österxeichi-

sches Reichslehen, durch die Fürstbischose von Basel verwaltet, von da an bis 1816 gehorte es zum sranzostsehen Kaiserreich, in welch' le.^term Jahre es mit der Schweiz vereinigt wurde.

Sein Landbau blieb immer eben derselbe, wie er von den Romern den alten Galliern überliefert worden ist. Roch heute hat die landwirthgastliche Gesellschaft der ^joie g^gen die ans der Romerzeit stammende dreijährige Koppelwirthschast einen harten Kamps ^u bestehen. Mit einigen Ausnahmen, die allerdings immer häufiger werden, halten alle nusere Gemeinden hartnäkig an dieser verderblichen Koppelwirthsehast fest und plauzen., nach wie vor, zwei Drittel ihres Landes mit Getreide an.

D.^r lez t e Drittel wird als Brache behandelt , und ein Theil davon mit Futterkräntern und Wurzelgewächsen bepflanzt. Es ist jedoch nicht zu verkennen , dass diesel herkommiiche Be.wirthschastungsweise - .^..ank .^en unablässigen Vorstellungen einiger Männer des Fortschritts , ihren Versuchen und ihrer Energie --- mehr und mehr einem vernünftiger^ ^stem ^u weichen beginnt. Gegenüber einer Gesammt^ahl vom 7000

^tük Grossvieh, welche dieser Amtsbezirk gegen das Jahr 1825 besass, wei.st die Statistik des lausenden Jahres 4400 Vserde und 7600 Stük Hornvieh aus , im Ganzen also 12,000 Stüke Grossvieh. Rebstdem ^ibt e.^ noch mehr als 10,000 Stüke Kleinvieh, so dass also ungefähr ein ^tük Vi.eh ans je einen Kops der Bevölkerung kommt.

Der ^oden besteht durchschnittlich aus Thou- und Kalkerde und eignet sich vorzugsweise für den Futterbau. Rur mit grosser Mühe vermogen die Fanatiker der dreijährigen Koppelwirthsehast die wild-

172 wachsenden Gräser auszubeuten , welche ihre Herbst- und Frühling^ saaten überwuchern und exstiken.

Unsere Landwirtschaft bedarf also noch vieler Reformen. Auch pon der Drainirung , welche den Gesundheitszustand und die Ertragsfähigkeit von zwei dritteln der ^jo.e zu erhohen ver.nochte. haben u..sere .Landleute. kaum je etwas gehort. - Ein anderes grosses Hindern^ für den Fortschritt im Landbau und für die Erhohung seiner Ertragsfähigkeit bildet die unverhältnissmassige Zerstüklung des kultursähigen Bodens. So befinden sich die 88,000 Jucharten, aus denen seine ge-

sammte Bodenfläche besteht , in 85,000 ..^ar^ellen abgetheilt , es gibt

..lso beinahe eine Bardelle ^ans jede Juchart.. , W e i d e l a n d und Wälder i n b e g r i s s e n . Die Wälder bedeken einen Flächenraum von 26,000 Jucharten ; 2000 Jucharten werden sür Gebäude, Strassen und Flüsse berechnet ; es bleiben demnach an eigentlichem kültnrsähigem

Boden noch ungefähr 60,000 Jucharten übrig, die sich in 70,000

V a r z e l l e n vertheilen.

Dieser kultursähige Boden besteht.

aus Härten und Baumgärten ^,

Akerland

.

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,,

Anpflanzungen

,,

Wässermatten

.

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,,

Brachland

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von künstlichen Fnttergräsern

und Wurzelgewächsen .

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,, Bergwiesen und Weideland

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2,000 Jncharten.

19,000

,,

6,500

,,

6,000

,,

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.

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4,500

,,

.

.

.

.

.

22,000

,,

Gleich oben 60,000 Jucharten.

Die industriellen .^.nlturen sind nur sehr unbedeutend. Jn jeder .Gemeinde gibt es einige Jucharten mit Oelpflanzen , ein wenig Hans und Flachs, sehr wenig Tabak, dagegen weder Wein- noch Hopsenban.

Die

Seidenzucht

ist

gänzlich

unbekannt.

Jn

einem

kleinen

Theile des Amtsbezirks sind die Frnchtbäume ziemlich allgemein, aber

der Betrieb dieses Zweiges , dem die Mehrzahl der Landlente nnr geringe Aufmerksamkeit schenkt , ist kein regelmässiger , auch die Brodnkte des Stalles werden nicht so benuzt , wie es sein sollte. Der Bauer, welcher einen relativ nur schwachen Viehstand besizt , verwendet

die Milch fast ausschliesslieh zur^ Butterbereitung , der Ueberrest dient

zum Unterhalt der Familie. Die Hauptnahrung der leztern besteht aus Gemuse, Milchspeisen und Kartoffeln . Fleisch, mit Ausnahme von gesaizenem und frischem Schweinefleisch, wird nur selten genosse... Roch vor wenigen Jahren waren .bei uns die Käsereien unbekannt, sie beginnen, freilich langsam, Boden zu gewinnen und, im Verhältniss zu den von

173 ihnen gelieferten Resultaten, steh mehr und mehr über das Land zu verbreiten. Landwirtschaftliche Brennereien ex^istiren nicht. dieser Umstand permag aber dem Branntweintrinken, das unglüklieherweise immer mehr um sich greift, keinen Eintrag zu thun.

Die Bserde^ucht des Amtsbezirks ist bedeutend , der Handel mit Vserden wird schwunghaft getrieben und trägt schonen gewinn ein.

Die Walder nehmen ein ^lreal von 26,000 Jucharten ein und liefern per Jnehart einen Ertrag von annähernd einem Blaster, so dass ^..s also aus jeden .^opf der Bevol.kerung 1^ Blaster trifft.

Die Bewirthsehastung der Wälder kann im ganzen eine gute genaunt werden . um aber einen grossern Ertrag zu erzielen , mi.sste eine zentralisirtere Verwaltung ins Leben gerufen werden.

dieses ist kurz ...usammeugefasst die okonomische Lage des Amtsbezirks ^runtrnt, auf den unsere .Gesellschaft ihre Thätigkeit hauptsächlich kon^en-

trirt. Bereits im Eingange habe ieh bemerkt,^ dass die hiesige Landwirth-

schast , troz ^.s Widerstandes der Routine. zwar laugsam.., aber stät.ge Fortschritte mache, es ist nielt zu verkennen, dass diese Fortschritte sieh seit der Grüuduug der l...ndwirthschaftlich...n Gesellschaft der ..^oie nach allen Richtungen hin verbreitet haben.

Jch erlaube mir, als Beleg sur die geistige ^hätigkeit dieses Amtsbezirks in ...^aeheu der Laud.virthsehast anliegend eine Sammlung der von der Gesellschast der ^oie seit ihrer Gründung veröffentlichten Sehristen einzusenden.

Den gegenwärtigen Bericht , dessen Form vielleicht nicht ganz dem ^weke entspricht, zu dessen Erreichung er mitwirken soll, sehliesse ieh mit einigen statistischen Zahlen über die landwirthschastliche Produktion des Amtsbezirks Bruntrnt im .Berichtjahre.

Das Jahr 1866 begann unter milden Temperaturverhältuissen und hat sieh in jeder Beziehung als ein ganz anssergewohnliehes erwiesen.

.^eiu ^ehneefall ^- ausgeno^nmen während einiger Tage vor dem 10.

Mär^. Das ^rühjahr verhiess sür jede Art von Produkten eine reiche Ernte . plo^lich aber sal^ sich der Vflan^enwnchs durch die in. Mai eingetretenen kalten Rordwinde gehemmt und vermochte sieh später nicht mehr kräftig zu entwikeln. ^ntter gab es viel , sogar in Ueberfluss , dagegen lieferte das Getreide, welches in.^ März so prächtig stand, eine armselige Ernte. ^ach den Regengüssen von. 1. Juli war es uur mit grosser Mühe moglich, Getreide unt, Emd in die Scheunen zu briugeu.

Baumfrüchte^ gab e^ keine, weil die späten Nordwinde und die Rebel

sie zerstört hatten , Dagegen befriedigten die Frühlingssaaten.

Die gesammte iandwirtl.^sehastliche Produktion litt ausserordeutlich unter den anoru^.alen Witteruugsverhältuissen , und der Landwirth hat

in dieser Richtung allgemein Verluste gehabt. Die Viehpreise sind, Bunde...^..^. Jahrg. XlX. Bd. I.

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174 wegen des geringen Futtervorraths , den das Vorjahr geliefert hatte , ziemlich niedrig geblieben.

Unter solchen Umständen musste selbstverständlich der Ertrag der .Landwirtschaft ein schwacher sein, wie folgende Angaben beweisen.

A.

L e b e n s m i t t e l.

1) 13,000 Jucharten Getreide, von nur 30 Vierteln ^urchschnittsertrag (statt eines solchen von 45

Vierteln), zu Fr. 3 Rp. 50 per Viertel . . Fr. 1,365,000 2) 12,000 Jucharten Gerste und Haser, im .^urch.^

schnittsertrag von 40 Vierteln,^.. Fr. 1. 50 .

.3) 6000 Jucharten Kartoffeln , mit einen. Ertrage von 130 Vierteln per Juchart, zu Fr. 1 . .

4) Kohl und andere Gemüse, worin grosser Ueberfluss herrsehte, angeschlagen zu Franken 40 per

Haushaltung . . . . . . . . . .

,,

720,000

,^

780,000

,, 188,000 Fr. 3,0.^3,000

B. F u t t e r .

1) 7000 Jucharten Wässermatten , mit einem Er.^ trage von 17 Zentnern Heu per Juchart , zu Fr. 2. 60, und von 4^ Zentnern Emd, zu

^ ^50^

^) 14,000 Jucharten Vergwiesen, mit einem Dnrehschnittsertrag von 9 Zentnern Heu, zu Fr. 2. 60, 3^ 5000 Jucharten , mit Kunstgras bepflanzt , die Jucharte zu Fr. 20 angeschlagen.

Zusammen

.,

784,250

.^otal des ungefähren Werths der Bodenerzeugnisse Fr. 3,837,2.^0

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Bericht des Herrn J. Froté, Präsident der landwirtschaftlichen Gesellschaft der Ajoie in Pruntrut. (Vom 30. November 1866.)

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09.02.1867

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170-174

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