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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Änderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Aarau nach Schöftland.

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(Vom 3. Dezember.1926.)

Mit Eingabe vom 18. Februar '.1.926 ersucht die Direktion der elektrischen Strassenbahn von Aarau nach Schöftland um Änderung ihrer Konzession vom 4. April 1.914 (E. A. G. XXX. 64) im Sinne der Erhöhung des bisherigen Entfernungszuschlages für den Gepäck-, Güter- und Viehverkehr von 100 % auf einen solchen von 200 %.

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Der Unternehmung, die seinerzeit für den Gepäck-, Güter- und Tierverkehr die Tarife der Bundeshahnen angenommen hat, ist durch die Konzession vom 4. April. 1914, Art. 22, gestattet worden, diese Tarife auf Grund eine» Zuschlages von höchstens 100 % zu den wirklichen Entfernungen anzuwenden.

Inzwischen sind die Bundesbahnen zum Staffeltarifsystem übergegangen, bei dem die. Grundtaxen nach Entfernungsstufen derart gestaffelt sind, dass der kilometrische Einheitssatz mit jeder Entfernungsstufe sinkt. Die kilometrischen Frachtanteile der einzelnen an einer Beförderung beteiligten Eisenbahnen werden dabei um so niedriger, je mehr Entfernungsstufen die gesamte Beförderungsstrecke umfasst.

Die Aarau-Schöftland-Bahn macht nun geltend, dass sie aus dem direkten Verkehr bei Anwendung des Staffeltarifes auf Grund eines Entfernungszuschlages von 100 % nicht hinreichende Einnahmen erziele, besonders seit die Ansätze des Staffeltarifes für längere Entfernungen eine Ermässigung erfahren hätten. Sie. sei daher angesichts der finanziellen Lage der Unternehmung genötigt, darauf Bedacht zu nehmen, dass allzu grosse Einnahmenausfälle, namentlich auch bei einer weitern Herabsetzung der Sätze des Staffeltarifes, vermieden würden.

Da für den Fall der "Erhöhung des Entfernungszuschlages verschiedene Änderungen des Wortlautes der gegenwärtigen Konzession angezeigt erscheinen, nahm das Eisenbahndepartement Anlass, die Angelegenheit mit der Bahnverwaltung zu erörtern, wobei es darauf aufmerksam machte, dass der vorgeschlagene Zuschlag sehr hoch bemessen wäre und voraussichtlich zu einer Verschärfung der Kraftwagenkonkurrenz führen würde. Die Bahnverwaltung

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erklärte jedoch, au ihrem Gesuche festzuhalten. Sie beabsichtige einstweilen keineswegs, den neuen "Zuschlag voll auszunützen, wünsche aber doch, dass er in der vorgeschlagenen Höhe angesetzt werde damit die Möglichkeit bestehe, die Tarii'e ohne nochmalige Konzessionsänderung den Verhältnissen anzupassen, sofern sich diese weiter verschlimmern sollten.

Wir halten eine Erhöhung des Zuschlages grundsätzlich für geboten und sehen im Hinblick auf die Erklärung der Bahnverwaltung auch davon ab, gegen das vorgeschlagene Mass der Erhöhung Stellung au nehmen, zumal sich die Regierung des Kantons Aargau damit einverstanden erklärt hat.

Da die heutigen Tarife der Bundesbahnen auf dem Bundesbeschluss vom 25. Juni 1920 betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen, beruhen, nach dessen Art. 2 der Bundesrat befugt ist, bei einer wesentlichen Besserung der Verkehrsverhältnisse eine angemessene Herabsetzung der. Höchsttaxen anzuordnen, ist ein entsprechender Vorbehalt auch in die neuen Konzessionsbestimmungen aufgenommen worden.

Die Art. 16 bis 26 und -- zur Herstellung der Übereinstimmung mit dem Wortlaut der neuern Konzessionen -- auch die Art. 27 und 28 sind daher durch die im nachfolgenden Beschlussesentwürfe vorgesehenen Bestimmungen ersetzt worden.

Wir beehren uns, Ihnen somit die Annahme des nachfolgenden Beschlussesentwurfes zu empfehlen und benutzen den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 8. Dezember 1928.

Im tarnen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Häberlin, Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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Bundesfoeschluss betreffend

Änderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Aarau nach Schottland.

. Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der elektrischen Strassenbahn Aarau-.

Schottland vom 18. Februar 1926; 2. einer Botschaft des Bimdesrates vom 8. Dezember 1926, beschliesst: 1. Die durch Bundesbeschhiss vom 4. April 1914 (E. A. S. XXX, 64) erteilte Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Aarau nach Schottland -wird wie folgt abgeändert: Die Artikel 16 bis 28 "werden durch die nachstehenden Bestimmungen ersetzt : · Art..16. Für die Beförderung von Gepäck, Traglasten, Gütern und lebenden Tieren gelten die derzeitigen allgemeinen Tarife der schweizerischen Bundesbahnen unter Vorbehalt allfälliger Taxermässigungen, die vom Bundesrat' im Sinne von Art. 2 des Bundesbeschlusses vorn 25. Juni 1920 betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen angeordnet werden.

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. " Die Gesellschaft ist verpfhebtet, die für Handel, Industrie, Land- und Forstwirtschaft nötigen Ausnahmetarife einzuführen.

Art. 17. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für Getreide, Mehl, Hülsenfzüchte, Kartoffeln, Heu, Stroh usw. zeitweise niedrigere Beförderungspreise einzuführen, die vom Bundesrate festgesetzt werden.

Art. 18. Die Gesellschaft ist ermächtigt, die in Art. 16 vorgesehenen Taxen und Tarife auf Grund eines Zuschlages zu den wirklichen Entfernungen anzuwenden, der 200 % nicht übersteigen soll.

Dabei sich ergebende Bruchteile eines Kilometers dürfen, sofern sie mindestens einen Meter betragen, für einen ganzen Kilometer gerechnet werden.

787 Art. 19. Die vorstehenden Taxbestimmungen beziehen sich bloss auf die Beförderung von Station zu Station. Die "Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladeplätze aufzuliefern und vom Empfänger auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf Stationen, wo das Bedürfeiis besteht, sind jedoch Einrichtungen für das Abholen oder die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers oder des Empfängers zu treffen (Bollfuhrdienst).

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf in der Eegel keine besondere Taxe dafür erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und für Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 20. Der nach Art. 18 zulässige Entt'ernungsziischlag ist Verhältnismassig herabzusetzen, wenn der auf das Aktienkapital entfallende Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 % übersteigt, sofern nicht die Bahngesellschaft den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Eechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 % des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf angemessene Erhöhung des in Art. 18 festgesetzten Entfernungszuschlages. Über das Mass der Erhöhung entscheidet die Bundesversammlung.

Art. 21. Die Gesellschaft ist verpflichtet: a. einen Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen, sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, anzulegen durch jährliche Bücklage von mindestens 5 % des Jahresgewinnes, bis 10 % des Aktienkapitals erreicht sind; b. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten, oder es bei einerKrankenkasse zu versichern; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 % des Aktienkapitals übersteigt; d. die Beisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle
zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

Die Art. 29, 30 und 81 der Konzession erhalten die Nummern 22, 23 und 24.

In Art. 30 (neu 23) wird die Verweisung auf Art. 29 in Art. 22 abgeändert.

II, Der Bundesrat wird mit dem Vollzuge dieses Beschlusses, der sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Änderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Aarau nach Schöftland. (Vom 3.

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