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Bundesblatt

78. Jahrgang,

Bern, den 30. Juni 1926.

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Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken Im Jahr, l» Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwürfe eines Bundesgesetzes über die Enteignung.

(Vom 2l. Juni 1926.)

I. Vorgeschichte des Entwurfes.

Das «Bundesgesetz über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten», wie der Titel des gegenwärtig noch in Kraft befindlichen sogenannten Expropriationsgesetzes vom 1. Mai 1850 lautet, trägt als eines der ersten Produkte der gesetzgeberischen Tätigkeit des neuen Bundes alle Merkmale der damaligen Bundesgesetze an sich: Es beschränkt sich auf eine knappe Regelung der notwendigsten Punkte, auf eine systematische Durcharbeitung des Stoffes verzichtend, gestaltet diesen aber in sehr fortschrittlichem Sinne und nicht ohne originelle Gedanken. Es hat denn auch, zumal es durch die Einsetzung des damals noch nicht ständigen Bundesgerichts als oberster Rekursbehörde für eine Anwendung und Weiterentwicklung semer Vorschriften nach einheitlichen Gesichtspunkten die Voraussetzungen schuf, seinen Zweck vollauf erfüllt, und während beinahe 50 Jahren sind keinerlei Wünsche auf Änderung des durch das Gesetz auf diesem Gebiete geschaffenen Rechtszustandes laut geworden. Auf Grund seiner Bestimmungen sind die Expropriationen sozusagen für das ganze schweizerische Eisenbahnnetz ziemlich reibungslos und in einer Art und Weise durchgeführt worden, die im grossen und ganzen alle beteiligten Interessen wahrte.

Allerdings hat schon im Jahre 1898 der Bundesrat eine Revision des Gesetzes ins Auge gefasst, namentlich um die blosse Eventualexpropriation zu ermöglichen; er liess indessen seine Absicht wieder fallen, nachdem das Bundesgericht sich in seinem Gutachten vom 31. Juli 1893 dagegen ausgesprochen und betont hatte, dass sich das Gesetz im allgemeinen bewährt habe und dass dessen Lücken durch die bundesgerichtliche Praxis ausgefüllt worden seien. Auch ein Anlauf der Geschäftsprüfungskommission der Bundesversammlung vom Jahre 1900, welche namentlich eine Beschleunigung des Verfahrens und eine vermehrte Bücksicht auf die Interessen der Enteigneten wünschte, verlief im Sande, da das Bundesgericht erklärte, mit einer Totalrevision sollte schon mit Bücksicht auf die im Gange befindlichen Arbeiten für ein einheitliches Zivilrecht Bundesblatt. 78. Jahrg. Bd. II.

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zugewartet werden. Erst als die Elektrizität ihren Siegeszug antrat und es sich zeigte, dass für die Erstellung der privaten Werke, namentlich ihrer Stromleitungen, ohne die Möglichkeit der zwangsweisen Inanspruchnahme des Privateigentums nicht auszukommen sei, und das Bundesgesetz vom 24. Juni 1902 über die Schwach- und Starkstromanlagen sich damit begnügt hatte, das alte Gesetz auf diese neuen Tatbestände ziemlich unverändert als anwendbar zu erklären, ergab sich immer deutlicher die Notwendigkeit einer Anpassung der Gesetzesvorschriften an die veränderten Verhältnisse, Im Jahre 1906 gab die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission diesem Gedanken Ausdruck, und er kristallisierte sich im Jahre 1907 zu dem positiven Postulat, der Bundesrat möchte mit tunlichster Beförderung die Bevision des Gesetzes anhand nehmen. Das Justizdepartement, damals vollauf in Anspruch genommen mit den Arbeiten für die Vereinheitlichung des Zivilrechts, konnte diesem Auftrage nicht sofort nachkommen, hielt es auch für zweckmässiger, zunächst das Inkrafttreten des ZGB abzuwarten, dessen Bestimmungen notwendigerweise auch auf die Expropriation und die Gestaltung des Verfahrens zurückwirken mussten. Inzwischen hatte sich auch der Schweiz. Juristenverein in seiner Jahresversammlung von 1908 mit dem Thema befasst und sich ebenfalls für eine baldige Bevision ausgesprochen.

Im Februar 1913, als die Arbeiten für die Einführung des ZGB abgeschlossen waren, erteilte das Justizdepartement Herrn Bundesrichter Dr. Jaeger den Auftrag, einen Entwurf für ein neues Expropriationsgesetz auszuarbeiten.

Dieser Entwurf ist, von einlässlichen Motiven begleitet, im März 1914 dem Departement vorgelegt worden. Er wurde den beteiligten Abteilungen der Bundesverwaltung, dem Bundesgericht, der Generaldirektion der Bundesbahnen und dem Verband schweizerischer Sekundärbahnen zur Vernehmlassung augestellt. Die eingegangenen Berichte unterbreitete das Departement im Februar 1916 dem Gesetzesredaktor, der hierauf seinen Entwurf einer nicht sehr weitgreifenden Umänderung unterzog und im Oktober 1916 die umgearbeitete Vorlage samt einem «ergänzenden Berichte» dem Departement einreichte.

Zur Begutachtung und Vorberatung dieses Gesetzesentwurfes berief da» Departement eine Expertenkommission von 22 Mitgliedern ein, bestehend aus den Herren:
1. Dr. K. Biedermann, Sekretär des Post- und Eisenbahndepartements,.

Bern.

2. Dr. F. Bühlmann, Nationalrat, Grosshöchstetten.

3. Prof. Dr. W. B u r c k h a r d t , Bern.

4. Eugène Colomb, Architekt, I. Mitglied der Eidgenössischen SchätzungsIvommission des XXX. Kreises, Neuenburg.

5. Ernest Correvon, Advokat, Lausanne.

6. Dr. Stefano Gabuzzi, Ständerat, Bellinzona.

7. J. Geel, Ständerat, St. Gallen.

8. Dr. Fritz Götzinger, Präsident des Appellationsgerichts, Basel.

9. Prof. Dr. Theo Guhl, Chef des eidgenössischen Grundbuchamtes, Bern.

10. Dr. H. Honegger, Bundesrichter, Lausanne.

·11. Prof. Dr. Eugen Huber, Bern.

12. Dr. C. Jaeger, Bundesrichter, Lausanne.

18. Dr. W. Kaiser, Chef der Justizabteilung, Bern, 14. Hermann Liechti, Nationalrat, Murten.

15. Dr. Maag, Eechtsanwalt, Zürich.

16. Dr. Hans Müller, Rechtskonsulent der Stadt Zürich, Zürich.

17. A. F. Niquille, Chef des Eeehtsbureaus der S. B. B., Bern.

18. Prof. Dr. Paul Eambert, Lausanne.

19. Adrien Schaetz, Ingenieur, Generalsekretär des Verbandes schweizerischer Sekundärbahnen, Bern.

20. Ed. von Tscharner, I. Mitglied der Eidgenössischen Schätzungskommission des XX. Kreises, Chur.

21. Ed. Waiser, Nationalrat, Chur.

22. Dr. J. Winkler, alt Bundesrichter, Bern.

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Diese Kommission hat. im Oktober 1917 die ersten 10 Artikel des Entwurfes beraten. Dann blieb die Sache aus den verschiedensten Gründen, nicht zuletzt auch wegen mehrfachen Wechsels des Vorstehers des Justizdepartements liegen, bis im Jahre 1922 im Nationalrat Herr Abt die Motion stellte: «Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Bäten beförderlich einen Bevisionsentwurf des Bundesgesetzes betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten vom 1. Mai 1850 zu unterbreiten.» Nachdem der Nationalrat in seiner Sitzung vom 2, Oktober 1928 die Motion angenommen hatte, berief das Departement noch im November gleichen Jahres die schon früher bestellte Bedaktionskommission ein. Ihr gehörten an die Herren: Dr. F. Bühlmann, alt Nationakat, in Grosshöchstetten, Prof. Dr. W. Burckhardt, in Bern, Prof. Dr. E. Götzinger, Präsident des Appellationsgerichts, in Basel, Dr. C. Jaeger, Bundesrichter, in Lausanne, Dr. W. Kaiser, Chef der Justizabteilung, in Bern, Dr. Rambert, Bundesrichter, in Lausanne.

Unter dem Vorsitz des Departementsvorstehers bereinigte die Bedaktionskommission am 19. und 20. November 1923 die von der Expertenkommission beratenen Artikel. In den Sitzungen vom 11.--16. Februar und 7.--11. Juli 1924 hat sodann die Expertenkommission den Entwurf zu Ende beraten.

Aus der Kommission waren ausgeschieden die Herren Prof. Dr. Eugen Huber, Dr. Winkler, Dr. Maag, E. Correvon und H. Liechti infolge Ablebens und Herr Dr. Hans Müller auf. eigenes Begehren. Herr Dr. Biedermann, der als Sekretär des Eisenbahndepartements zurückgetreten war, wurde ersetzt durch

Herrn F. Keller, Sekretär-Adjunkt des Eisenbahndepartements. Neu traten ein in die Kommission die Herren Nat'ionalräte Dr. König in Bragg und Stähli in Bern. Im Oktober 1924 hat die Bedaktionskommission auf Grund der Beschlüsse der Expertenkommission den Entwurf bereinigt.

II. Die Grundlinien des Entwurfes.

A.

1. Alle begutachtenden Stellen waren darüber einig, dass, wenn einmal die Bevision des Enteignungsrechtes an die Hand genommen werde, nur eine Totalrevision des Gesetzes in Präge kommen könne. Das ergab sich schon aus der beständigen Bücksichtnahme auf das inzwischen in Kraft getretene schweizerische Zivilgesetzbuch, Die Enteignung hat es mit dem Erwerb, dem Übergang und dem Untergang von dinglichen Bechten an Grundstücken zu tun, und- es ist Mär, dass auch das hierzu einzuschlagende Verfahren auf die besondere Art der Ausgestaltung dieser Bechte im ZGB Bücksicht zu nehmen hat. Nicht nur ergibt sich daraus die Notwendigkeit, über den Vollzug der Enteignung neue einheitliche eidgenössische Vorschriften aufzustellen, während das bisherige Gesetz ihn den Kantonen überlassen musste, sondern auch die Grundsätze über die Entschädigungspflicht, wie diejenigen über das Verfahren werden beeinfhisst von dem neuen materiellen Becht; es sei nur erinnert an die Berücksichtigung der vorgemerkten persönlichen Bechte, an das Verhältnis der Grundpfandrechte zu den Dienstbarkeiten, an die besondere Behandlung der Nutzniessungsrechte und der Grundlasten, an die Ausgestaltung der Stellung der Dienstbarkeitsberechtigten. Und selbstverständlich musste auch die vom Zivilgesetzbuch in die Wege geleitete Einführung des Grundbuches, wenn sie auch zurzeit erst in den Anfängen steckt, berücksichtigt werden.

2. Sodann war ohne weiteres gegeben, dass die Ergebnisse der bisherigen Bechtsprechung, soweit sie die vielen zutage getretenen Lücken ausgefüllt hat, im neuen Gesetz verarbeitet und in positive Bechtssätze kondensiert werden mussten. Dabei durfte namentlich im Kapitel über die Entschädigung, das in jedem Bechtsgebiet ungefähr die gleichen Probleme stellt, auch auf die ausländische Bechtsprechung und neuere Gesetzgebung abgestellt werden und konnten und mussten auch einheimische und ausländische wissenschaftliche Arbeiten Berücksichtigung finden.

3. In f o r m e l l e r Beziehung verlangt die heutige Gesetzgebungstechnik namentlich eine straffere systematische Gliederung des Stoffes und eine knappe Sprache, die sich aber auch mit der technischen Ausdrueksweise der neuern eidgenössischen Gesetzgebung decken musste. Damit ging Hand in Hand das weitere Bestreben,, die Verfahrens
Vorschriften so vollständig als möglich zu gestalten, damit auch der einfache Bürger ohne Bechtsberatung aus dem Gesetze die nötigen Aufklärungen über sein Verhalten in jedem Stadium schöpfen könne.

Gesetzeslücken in Prozessgesetzen können ja allerdings auch durch die Gerichts-

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praxis ausgefüllt werden. Aber der Zustand der Unsicherheit, der nicht nur besteht, bis sich eine solche Praxis gebildet hat, sondern auch nachher noch sich auswirkt, weil nicht jeder Interessent die Präjudizien im gegebenen Momente zur Verfügung hat, ist in dieser Materie, wo jeder Bürger auch ohne Eechtsbelehrung die Eichtschnur für sein Verhalten im Gesetze soll finden können, besonders unerwünscht; um ihn nach Möglichkeit zu vermeiden, darf der Gesetzgeber nicht davor zurückschrecken, eher etwas zu ausführlich als zu knapp zu sein.

B.

Handelte es sich bis dahin um die mehr formelle Seite de;.1 Eevision, so sucht der Entwurf nun den Fortschritt auf sachlichem Gebiete, den man von jedem neuen Gesetze erwarten darf, neben vielen, die Stellung der Enteigneten in untergeordneten Punkten verbessernden Bestimmungen, durch folgende hauptsächlichste Neuerungen zu erzielen: 1. Zunächst ist Wert darauf gelegt worden, dass im Eahmen des überhaupt Möglichen die Entschädigung, anstatt in Geld, in Zukunft auch in natura geleistet werden kann, wodurch in vielen Fällen sicherlich den Interessen des Enteigneten besser gedient ist, als wenn er mit einer Geldentschädigung abgefunden wird.

2. Den Klagen, das Verfahren ziehe sich zu lange hin, ist dadurch Eechnung getragen worden, dass der Entwurf vom Partei- zum O f f i z i a l betrieb übergegangen ist. Bisher hatte der Enteigner es in der Hand, ob und in welchem Zeitpunkte er die Schätzungskommission einberufen wolle.

Nun musa das Verfahren, nachdem es einmal eingeleitet ist, von den zuständigen Stellen von Amtes wegen weiter- und zu Ende geführt werden.

8. Dem gleichen Zweck der Abkürzung des Verfahrens dient das neu vorgeschlagene Einigungsverfahren, das sich vor einer sachkundigen, neutralen Persönlichkeit abspielen und die aussergerichtliche Verständigung der Parteien fördern soll.

4. Durch eine weitherzige Ausgestaltung der Vorschriften über die Anmeldung der Entschädigungsforderungen und die Zulassung auch erst nachträglicher Anmeldungen soll nach Möglichkeit vermieden werden, dass irgendein Beteiligter seine ihm gehörende Entschädigung nicht erhalte.

5. Um die Garantien zu vermehren, die der Staat dem Enteigneten für eine richtige und im ganzen Lande gleichmässige Schätzung des Schadens schuldet, wurde in den Vorschriften über das S c h ä t z u n g
s v e r f a h r e n die Zahl der Schätzungskommissionen reduziert. Dadurch wird nicht nur eine bessere Auswahl ihrer Mitglieder möglich werden, sondern ihre vermehrte Tätigkeit wird überdies dazu führen, dass sie mit gründlicherer Erfahrung und Sachkenntnis ihr Amt ausüben können.

6. Den gleichen Zwecken werden auch die Vorschriften dienen, wonach der Schätzungskommission eine ganze Eeihe von Entscheiden über

streitige Fragen übertragen wird, die sich im Verlaufe des Enteignungsverfahrens ergeben und die bisher von den gewöhnlichen Zivilgerichten oder vom Bundesgericht im ordentlichen Zivilprozessverfahren erledigt werden mussten.

Diese neue Jurisdiktion wird auch dem schon so oft geltend gemachten Wunsche nach einer rascheren und billigeren Rechtsprechung in diesen Fragen gerecht werden.

7. Das Schätzungsverfahren in zweiter Instanz, das im Interesse einer einheitlichen Bechtsprechung auch auf diesem Gebiete nicht entbehrt werden kann, ist einerseits durch weitern Ausbau der bisherigen Praxis vereinfacht, anderseits ist es so gestaltet worden, dass es für eine richtigere und auch bessere Schätzung als diejenige in erster Instanz vermehrte Garantien bietet, indem auch für die zweite Instanz ein ständiges, nicht ausschliesslich vom Bundesgericht gewähltes Sohätzungskollegium vorgesehen wird, das auch allgemein gültige Grundsätze und Wegleitungen für die Schätzungen in erster Instanz beraten und dem Bundesgericht vorschlagen kann. Das Bundesgericht selbst wird nur noch als Instanz für die Beurteilung von eigentlichen Rechtsfragen beibehalten.

8. Über den Vollzug der Enteignung enthält der Entwurf'ein besonderes neues Kapitel, das die Grundzüge des Verfahrens zur Wahrung der Bechte der GrundpfandgJäubiger aufstellt und, indem es den Kantonen möglichste Freiheit in der Bezeichnung der zuständigen Organe lässt, doch für eine einheitliche Anwendung und Weiterbildung der einschlägigen Vorschriften die nötigen Rechtsmittel und Instanzen schafft.

9. Den besondern Bedürfnissen der elektrischen Werke ist versucht worden, so weit als möglich durch Spezialbestimmungen entgegenzukommen, ohne doch diese Fälle der Enteignung vollständig ausserhalb des Bahmens der allgemein gültigen Normen zu stellen.

10. Das E ü c k f o r d e r u n g s r e c h t hat eine bessere Umschreibung in seinen Voraussetzungen, wie in seinen Wirkungen gefunden und ist so ausgestaltet worden, dass auch die bloss vorsorglichen Enteignungen, die in der Praxis nicht entbehrt werden können, nicht mehr ausgeschlossen sind.

11. Endlich bringt der Entwurf auch eine wesentliche Besserstellung des Enteigneten hinsichtlich der Kostenverteilung.

C.

Die Fragen, ob in den Gesetzesentwurf nicht auch nach dem Vorbilde einiger neuerer kantonaler
Enteignungsgesetze (Tessin, Baselstadt., Waadt, Zürich) Bestimmungen über die Zonenexpropriation und über die Verpflichtung der nicht enteigneten Beteiligten zu Mehrwerts beiträgen aufgenommen werden sollten, sind von der Expertenkommission einlässlich geprüft worden. Sie hat sich schliesslich einstimmig dagegen ausgesprochen,, und wir können ihr darin nur beistimmen.

1. Die Zonenexpropriation will es bekanntlich dem expropriierenden Gemeinwesen ermöglichen, die Expropriation nicht hur auf die zur Erstellung des Werkes unbedingt notwendigen Grundstücke zu beschränken, sondern auch auf eine gewisse Zone darüber hinaus auszudehnen, um mit dem so erworbenen Lande noch andere Zwecke zu verfolgen, sei es z. B. die Sanierung eines ganzen.

Quartiers, durch welches neue Strassen gezogen werden, sei es die Schaffung neuer und günstigerer Bauplätze, sei es einfach die Sicherung des infolge des -Werkes in seiner Nähe entstehenden Mehrwertes für das Gemeinwesen selbst.

Es liegt auf der Hand, dass das eidgenössische Enteignungsrecht, das sich innerhalb der Grenzen der Bestimmungen des Art, 28 der Bundesverfassung bewegen muss, zu bloss fiskalischen Zwecken nicht benutzt werden darf.

Nur wo das ö f f e n t l i c h e Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grössern Teiles derselben in Frage steht, gestattet die Verfassung den zwangsweisen Entzug des Privateigentums. Und unter diesen Öffentlichen Interessen sind natürlich die rein fiskalischen nicht gemeint. Auch da, wo das Enteignungsrecht vom Bunde an Andere zur Ausübung übertragen wird, darf es nicht zu deren Bereicherung benutzt werden. Bereichern in diesem Sinne könnte sich z. B. eine Eisenbahnverwaltung, der gestattet würde, alles in einem gewissen Umkreis um einen zu errichtenden Bahnhof liegende Land zu erwerben, um die zu erwartende Wertsteigerung für sich allein zu reservieren und das Land dann nach Jahren mit hohem Gewinn wieder abzusetzen. Soweit aber der der Zonenexpropriation zugrunde liegende Nebenzweck durch Art. 23 BV gedeckt wird, kann dafür das Enteignungsrecht heute schon erteilt werden, ohne dass dafür neue Bestimmungen notwendig wären.

Sollte also der theoretisch ja denkbare, wenn auch praktisch kaum je sich verwirklichende Fall einmal eintreten, dass z. B. mit einem Eisenbahnbau auch eine im öffentlichen Interesse der Eidgenossenschaft liegende Sanierung der daran anstossenden Gegend vorgenommen werden wollte, so könnte dafür das Enteignungsrecht nach den Bestimmungen des Entwurfes durch einfachen Bundesbeschluss erteilt werden, der dann auch den Umfang des Werkes und die Grenzen der Enteignung zu bestimmen hätte.

2. Gleiche verfassungsmässige Bedenken stehen auch der Verwirklichung des Gedankens
der M e h r w e r t s b e i t r a g e in einem eidgenössischen Bnteignungsgesetz entgegen. Es geht verfassungsrechtlich nicht wohl an, im Enteignungsverfahren die Anstösser des Werkes im Verhältnis des durch dieses für ihre Grundstücke geschaffenen Mehrwertes beitragspflichtig zu erklären. Denn darin liegt eine Art Besteuerung der Betroffenen für einen bestimmten öffentlichen Zweck, während die Verfassung mit der Ermächtigung an den Bund, die nähern Bestimmungen über die Geltendmachung des Rechts der Expropriation zu erlassen, doch wohl nur die Vorschriften über die zu bezahlende Enteignungsentschädigung und das dabei einzuschlagende Verfahren im Auge hat.

Tritt man dem Gedanken näher, so zeigt sich, abgesehen von dem schon Gesagten, dass er überhaupt nicht in einem Gesetze verwirklicht werden kann, das sich auf a l l e nach eidgenössischem "Rechte möglichen Enteignungsfälle beziehen muss, sondern dass in jedem einzelnen Falle der Errichtung eines öffentlichen Werkes geprüft werden müsste, ob und in welchem Umfange sich eine solche Heranziehung der Beteiligten rechtfertigen würde.

Dass z. B. die Anstösser an eine vom Bunde zu erstellende Festungsbaute, für die die Enteignung" in Anspruch genommen wird, einen- Beitrag daran zu bezahlen hätten, ist nach unseren heutigen Anschauungen zum vornherein ausgeschlossen, selbst- wenn das anstossende Land ausnahmsweise dadurch einen Mehrwert erhalten sollte, weil es nun Bauland auch für andere Zwecke wird. Plausibler würde es schon erscheinen, dass die Anstösser an einen neuen Bahnhof einen Teil des dadurch geschaffenen Mehrwertes an die Eisenbahn zu bezahlen hätten. Indessen könnte davon doch wohl wieder nur dann die Eede sein, wenn die Eidgenossenschaft selbst diesen Bahnhof bauen, nicht aber dann, wenn eine Aktiengesellschaft, die Mehrwertbeiträge beanspruchen würde. Wieder anders dürfte die Sache liegen, wenn ein Elektrizitätswerk Beiträge beanspruchen wollte, mit der Begründung, sämtliche von ihm mit Licht und Kraft bedienten Grundstücke "hätten durch die Elektrizitätsversorgung einen Mehrwert erhalten. Heutzutage würde wohl niemand daran denken, eine solche Verpflichtung für begründet zu erachten, selbst wenn das Begehren von einem Werke der Eidgenossenschaft ausginge. Diese Ausführungen sollen nur zeigen, dass allgemeine Vorschriften über die Verpflichtung zu Mehrwertsbeiträgen, losgelöst von dem spezifischen öffentlichen Werke, das sie durch seine Enteignung veranlagst, nicht denkbar sind.

Einstweilen hat sich der Gedanke der Besteuerung speziell an solchen Werken Interessierter in unserem Eechtsleben nur in Verbindung mit den von den kantonalen Gemeinwesen erstellten öffentlichen Strassen eingelebt..

Ein schwacher Ansatz zu Mehrwertsbeiträgen auf eidgenössischem Boden ist auch in der Bestimmung des Art. 33 des BG über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 und in Art. 703 ZGB zu erblicken. Es mag sein, dass der Gedanke mit der Zeit auch auf die modernen Verkehrsstrassen, die
Eisenbahnen, ausgedehnt wird; diese Frage kann indessen nur durch ein Spezialgesetz gelöst werden. Das Gesetz, welches die Art der Durchführung der Enteignung und die Grundsätze über die Entschädigung zu bestimmen hat, ist nicht die Arena dafür.

Schliesslich sei noch, was die Form des Entwurfes anbelangt, bemerkt, dass wir den bisherigen, unserer Bechtssprache geläufig gewordenen Ausdruck «Expropriation» im deutschen Text durch den in den modernen Gesetzen allgemein üblichen (Enteignung» ersetzt haben, nicht aus Sprachpurismus,sondern weil auch das Zivilgesetzbuch nur diesen Ausdruck gebraucht und eine Übereinstimmung der beiden Gesetze in dieser Beziehung als notwendig erschien.

Zufolge dessen werden auch die Parteien, die sich bei der Enteignung gegenüberstehen, auf der aktiven Seite mit « Enteigner », auf der passiven Seite als - «Enteigneter» bezeichnet.

Auch der Ausdruck «Abtretung von Bechten» ist überall ausgemerzt worden. Die moderne Wissenschaft erblickt in dem Eechtserwerb infolge Enteignung nicht einen abgeleiteten, sondern einen originären Erwerb. Das hat nicht nur theoretische, sondern in manchen Beziehungen praktische Polgen.

Dass auch andere als Privatrechte Gegenstand der Enteignung sein können, hat die bisherige Praxis schon angenommen; der Titel des gegenwärtigen Gesetzes, der nur von der Abtretung von « Privatrechten » spricht, war also bisher schon zu enge.

III. Die Bestimmungen des Entwurfs ini einzelnen.

Die nachfolgenden Bemerkungen beschränken sich auf eine summarische) Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes vom praktischen Standpunkte aus, unter Vermeidung von rein theoretischen Exkursen. Wer solche sucht, den verweisen wir auf die vom Verfasser des Entwurfes ausgearbeiteten, gedruckten Motive, die den Zusammenhang der vorgeschlagenen Bestimmungen mit der Doktrin und der Rechtsprechung nachweisen.

Der Stoff ist in der Weise gegliedert worden, dass in einem ersten Abschnitt das Enteignungsrecht nach Subjekt und Objekt umschrieben wird, was zweifellos auch zu den «nähern Bestimmungen» über das Enteignungsrecht gehört, welche die Bundesverfassung der Bundesgesetzgebung vorbehält, in einem zweiten die für die Entschädigung massgebenden Grundsätze aufgestellt sind und hernach die verschiedenen Stadien des Verfahrens geregelt werden, zunächst die Planauflage, dann das neue Einigungsverfahren und schliesslich das Schätzungsverfahren, mit den Unterabschnitten der Scbätzungskommission und der Weiterziehung. Daran schliesst sich das Kapitel über die Vollziehung der Enteignung und ein besonderes über das Eückforderungsrecht an, und in dem letzten Kapitel endlich werden einige allgemeine, für das ganze Verfahren massgebende Grundsätze über die Zustellungen, Fristen, Form der Eingaben und die Grundsätze über die Kostentragung und die Strafbestimmungen aufgestellt.

A. Ausübung, Umfang und Gegenstand des Enteignungsrechtes.

Art. 1--8.

Die Bundesverfassung spricht in ihrem Art. 28 nur davon, dass der Bund das Enteignungsrecht «geltend machen» könne, um «im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles derselben» öffentliche Werke zu errichten oder deren Errichtung zu unterstützen. Daraus könnte man schliessen, dass der Bund allein Subjekt des Enteignungsrechts sein könne.

Schon das Gesetz von 1850 hat jedoch in Art. l die Möglichkeit vorgesehen,

10 dass «die Anwendung des Bundesgesetzes auch auf andere öffentliche Werke beschlossen werden könne», und damit auch für das Gebiet des Bundesrechts den in Wissenschaft und Praxis allgemein anerkannten Satz als geltend bezeichnet, dass der Staat das ihm zustehende Eecht auch an andere «verleihen» (so Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 589), oder, \vie der Entwurf sich nun ausdruckt, zur Ausübung übertragen könne. Und in der Tat ist in der Praxis des Enteignungsrechts ohne diesen Grundsatz nicht auszukommen.

Die Eechtslage -war aber nach dem geltenden Gesetze insofern nicht ganz abgeklärt, als einmal nicht bestimmt war, welche Instanz zuständig sei, zu bestimmen, ob ein Fall der Ausübung des Entoignungsrechts durch den Bund selbst vorliege, und anderseits die «andern öffentlichen Werke», für welche die Bundesversammlung die Anwendung des Gesetzes zu beschliessen kompetent war, nicht näher umschrieben waren. Der Entwurf versucht in den Art. l--3 diese Verhältnisse klarzustellen, indem er an die Spitze das allgemeine Prinzip setzt, dass neben der Ausübung durch den Bund selbst auch die Übertragung der Ausübung an Dritte möglich ist, und hernach die formellen Voraussetzungen für das eine wie für das andere umschreibt. Es dient dem Schutze des Enteigneten, wenn nicht jede beliebige Amtsstelle des Bundes, sondern nur der Bundesrat grundsätzlich als berechtigt erklärt wird, die Anwendung des Enteignungsrechts für ein vom Bunde zu erstellendes Werk anzuordnen; die gesetzliche Delegation musste natürlich vorbehalten werden (Art. 2). Es wird nicht ausgeschlossen sein, solche Entscheide, die den ersten Schritt zur Einleitung des Enteignungsprozesses darstellen, seinerzeit der Überprüfung des Verwaltungsgerichts zu unterstellen, um dem Bürger die Möglichkeit zu geben, auch die Frage gerichtlich entscheiden zu lassen, ob der Bund das Enteignungsrecht berechtigterweise für ein eigenes Werk in Anspruch nehme, für das die Verfassung es ihm geben wollte. In Art. 8 sodann wird, entsprechend der Vorschrift des Art. 23 der Bundesverfassung, die Möglichkeit der «Verleihung» des Enteignungsrechts an andere durch blossen, unter Umständen auch dem Eeferenduro enteiehbaren Bundesbeschluss von der Voraussetzung abhängig gemacht, dass das von diesen andern zu erstellende Werk wirklich im öffentlichen Interesse der Eidgenossenschaft
oder eines grossen Teiles derselben liege, und es wird, wieder zum Schutze des einzelnen gegen mögliche Übergriffe des Staates, die Übertragung für. a n d e r e öffentliche Zwecke, die also nicht im Interesse eines grossen Teiles der Eidgenossenschaft liegen, nur auf dem Wege der Bundesgesetzgebung als möglich erklärt. Dabei hat es die Meinung, dass ein solches Gesetz die Ermächtigung sowohl allgemein für bestimmte Kategorien von Fällen wie für einen einzelnen konkreten Fall erteilen kann. Als Beispiel für die zuletzt angeführten Fälle kann man den in Art. 46 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vorgesehenen Fall nennen, wonach dem Beliehenen das Enteignungsrecht für den Bau, die Umänderung oder auch bloss eine Erweiterung - des Wasserwerkes gewährt werden soll. In sehr vielen Fällen wird man nicht sagen können, dass ein solches Wasserwerk im öffentlichen

11 Interesse eines grossen Teiles der Eidgenossenschaft erbaut werde. Man hat es also hier mit einer Erweiterung des Anwendungsgebietes des Enteignungsrechts zu tun. Auch in Art. 42 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1902 über die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen wird als Voraussetzung für die Erteilung des Enteignungsrechts an die privaten Eigentümer von Schwachstromanlagen lediglich verlangt, dass diese «öffentlichen Zwecken dienen», und bei der in Art. 43 des gleichen Gesetzes vorgesehenen Einräumung des Enteignungsrechts an die Eigentümer von Starkstromanlagen und Bezüger von elektrischer Energie wird sogar auch von dieser Bestimmung vollständig abstrahiert, indem der Gesetzgeber von der Annahme ausgeht, jede solche Anlage liege im öffentlichen Interesse. Auch darin, dass jeder, selbst der kleinsten Bergbahn durch das Eisenbahngesetz das Enteignungsrecht eingeräumt wird, liegt eine Ausdehnung des Eechts über den Buchstaben der Verfassung hinaus. Dieser Entwicklung des Enteignungsrechts will Art. 8 nicht in den Weg treten; er will nur verhindern, dass zukünftig Fälle durch blossen, dem Eeferendum entzogenen Bundesbeschluss geschaffen werden; denn, obschon dies bisher noch nicht versucht worden ist, könnte eine solche Möglichkeit nach dem "Wortlaut des geltenden Art. l nicht schlechthin als ausgeschlossen erscheinen (die Bundesbeschlüsse vom 28. Januar 1882 und 22. April 1898 betreffend die Anwendung des Enteignungsgesetzes zur Erwerbung und Erweiterung von eidgenössischen Waffenplätzen und Schiessplätzen hatten beide zweifellos im Interesse der Eidgenossenschaft liegende Werke im Auge). Ebensowenig wird durch lit. a des Art. 3 ausgeschlossen, dass für solche Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles derselben liegen, generell in Bundesgesetzen die Möglichkeit der Einräumung des Enteignungsrechts ausgesprochen wird, wie dies z. B. geschehen ist durch Art. 8 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 über die Wasserbaupolizei im Hochgebirge, zum Teil auch durch Art. 12 des Bundesgesetzes vom 28. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, soweit nämlich diese Eisenbahnen wirklich nicht nur lokale Bedeutung haben.

Art. 4, Während die Art. 1--8 das Subjekt des Enteignungsrechts bezeichnen, umschreiben die Art, 4 und 5 seinen Inhalt, und zwar gibt zunächst Art. 4 eine Aufzählung der verschiedenen Zwecke, die nach der Meinung des Gesetzgebers noch innerhalb des Bahmens der Verwirklichung des öffentlichen Interesses liegen. Es kommt das also einer Legaldefinition aller derjenige'n Vorkehren gleich, die vom öffentlichen Zwecke eines Werkes gedeckt werden können, wie sie übrigens auch schon der bisherige Art. 2 enthielt. Das Neue im Entwurfe liegt zunächst darin, dass in lit. a neben der Erstellung auch die Veränderung des öffentlichen Werkes erwähnt wird, und sodann in der Gewährung des Enteignungsrechts auch für bloss «zukünftige» Erweiterungen eines solchen, während das gegenwärtig geltende Gesetz nur von Erweiterungen spricht und dadurch zu der Auslegung Veranlassung gegeben hat,

12 class eine bloss vorsorgliche Erwerbung von Land für erst in der Zukunft möglicherweise eintretende Erweiterungsbedürfnisse ausgeschlossen sei.

Die Praxis ist jedoch darüber hinweggeschritten und hat auch bisher schon Enteignungen für erst zukünftige Erweiterungen vereinzelt zugelassen. Die Schweizerischen Bundesbahnen haben denn auch erklärt, sie könnten ohne diese Möglichkeit nicht mehr gut auskommen und in vielen Fällen muss es als eine vorsichtige Finanzpolitik bezeichnet werden, wenn sie sich in dieser "Weise für die Zukunft zu sichern suchen und Land erwerben, bevor die Preise -- vielleicht durch ihre eigene Anlage -- ins Ungemessene gestiegen sind. Auf der andern Seite ist nicht zu verkennen, dass der so vorzeitig Enteignete um die Möglichkeit kommt, die natürlich eintretende Wertsteigerung seines Grundstückes für sich auszunützen und dass es unter Umständen schwer hält, zu kontrollieren, ob dann später das Grundstück auch wirklich zu einem öffentlichen oder nicht vielmehr zu einem Zwecke verwendet wird, für den das Enteignungsrecht überhaupt nicht hätte in Anspruch genommen werden können. Wir suchten diese entgegengesetzten Interessen dadurch auszugleichen, dass wir für die Ausführung des zukünftigen Werkes eine Maximalfrist ansetzten, nach deren unbenutztem Ablauf der Enteignete das Grundstück gegen Erstattung des seinerzeit dafür bezahlten Preises wieder zurückverlangen kann (Art. 98, lit. a) und den Enteigner überdies -- unter Androhung von Schadenersatzpflicht im Unterlassungsfalle -- verpflichteten, von jeder Veräusserung des Grundstückes oder Verwendung zu einem Zwecke, für den das Eiiteignungsrecht nicht beansprucht werden konnte, dem Enteigneten Anzeige zu machen (Art. 100).

Das geltende. Gesetz gewährt das Enteignungsrecht nur für die Herbeischaffung und die Ablagerung von B a u m a t e r i a l ; nach Art. 4, lit. b, des Entwurfs kann-es nun auch für dessen Bezug in Anspruch genommen werden.

Dabei hat es die Meinung, dass das Material nur dann auf dem Enteignungswege bezogen werden darf, wenn es sonst nicht oder nur zu ganz unverhältnismässig übersetzten Preisen erhältlich gemacht werden könnte, z. B. wenn Bauholz in einem benachbarten Walde geschlagen oder Steine aus einem, benachbarten Steinbruch bezogen werden könnten, sonst aber aus weiter Entfernung zu ganz exorbitanten
Preisen herbeigeschafft werden müssten. Darüber, ob diese Voraussetzung zutreffe, hat im Streitfalle, wie auch für die andern in diesem Artikel erwähnten Vorkehren, der Bundesrat zu entscheiden. Eine andere Garantie dafür, dass dieses Becht nicht missbraucht werde, ist nicht leicht zu geben, da die Verhältnisse ausserordentlich verschieden sind und nicht in eine allgemeine Formel gefasst werden können. Die lit. c dürfte einer besondern Erläuterung nicht bedürfen; denn wenn das Enteignungsrecht dem Enteigner bestimmte Naturalleistungen auferlegt (z. B. Ersetzung von Leitungen, Neuerstellung von Wegen, Sicherheitsmassnahmen für den öffentlichen Verkehr), so muss es ihm natürlich die Möglichkeit geben, diese auch gegen den Willen derjenigen Dritten, deren Bechte dafür notwendig in Anspruch genommen werden müssen, auszuführen.

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Art. 5 beschränkt, analog dem Art. l des gegenwärtigen Gesetzes, die Bechte, welche Gegenstand des Enteignungsrechts sind, auf dingliche Bechte an Grundstücken. Denn für eine Ausdehnung auf bewegliche Gegenstände (die Zugehörgegenstände zu Grundstücken ausgenommen) hat sich bis jetzt ein Bedürfnis nirgends herausgestellt. Unter den dinglichen Beeilten sind in erster Linie das Eigentum, sodann aber auch die bloss beschränkten dinglichen Bechte und, wie sich aus ihrer Erwähnung in den Art. 18, 21, 85 ergibt, auch die durch die Vormerkung im Grundbuch «verstärkten» persönlichen Eechte verstanden. Der «Entzug» dieser Bechte braucht nicht immer auch mit einem Übergang auf den Enteigner, mit einer «Abtretung», wie sich das frühere Gesetz ausdrückte, verbunden zu sein; der Enteigner wird z. B. eine ihm im Wege stehende Grunddienstbarkeit oder ein auf einer von ihm freihändig erworbeneu Liegenschaft lastendes Kaufsrecht einfach löschen lassen können. Was mit dem einem Enteigneten entzogenen Bechte geschieht, ist für diesen nebensächlich, das Wesentliche igt die Möglichkeit des Entzuges. Das dingliche Becht, das Gegenstand der Enteignung ist, kann aber, anstatt ganz, auch.nur teilweise enteignet werden. Das liegt in den Worten «können beschränkt werden». Der Entwurf versteht darunter z. B.

die Belastung des Eigentums mit einer Wegdienstbarkeit oder mit einem Bauverbot zugunsten des Enteigners. Es lassen sich natürlich andere Beschränkungen denken, die mit dem Zwecke des Enteignungsrechts kaum vereinbar wären, wie z. B. die Belastung eines Grundstückes mit einem Vorkaufs- oder einem Kaufsrecht zugunsten des Enteigners. Dieser könnte daran denken, sich dadurch f r ü h z e i t i g die Möglichkeit der billigen Erwerbung von Grundstücken für ein erst in der Zukunft liegendes, noch gar nicht beschlossenes öffentliches Werk zu sichern. Das wäre natürlich ausgeschlossen, weil eine solche Anwendung des Enteignungsrechts nicht mehr unter Art. 4 fallen würde. Aber auch für die Zwecke zukünftiger Erweiterungen würden wir eine solche Beschränkung des Eigentums nicht für zulässig halten. Doch scheint es nicht notwendig, die Fälle der zulässigen und der unzulässigen «Beschränkungen» im Gesetze näher festzulegen, da der Bundesrat als die Behörde, welche darüber zu entscheiden haben wird, ob ein Enteignungsrecht mit solchem
Inhalte zulässig sei, eine missbrauchliche Anwendung oder Ausdehnung des Grundsatzes vorhindern kann.

Eine notwendige Ergänzung findet die Vorschrift durch die in Art. 10, Abs. 2, enthaltene Bestimmung, wonach die Abnahme des ganzen Grundstückes verlangt werden kann, wenn dk Einräumung eines beschränkten dinglichen Bechts daran dem Enteigneten dessen Benutzung übermässig erschwert.

Nach Art. 5, Abs. 2, des Entwurfes können auch die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte Gegenstand des Enteignungsrechts sein. Diese Bestimmung berührt die Art. 684 und 685 ZGB, wonach schädliche Einwirkungen durch Bauch, Buss, Geräusch usw. auf das Eigentum

14 der Nachbarn von diesen nicht geduldet werden müssen. Der Gedanke ist indessen nicht neu; die Praxis hat nach und nach sich dahin entwickelt, dass auch diese mit dem Eigentumsrecht verbundenen Berechtigungen des Grundeigentümers ihm nicht das Becht geben, den Bau oder den Betrieb des öffentlichen Werkes zu verhindern. Er kann also zwangsweise auch um dieses Einspracherecht gebracht werden, das er gegenüber einem privaten Nachbarn hätte, selbstverständlich aber unter voller Entschädigung für die daraus entstehenden Nachteile. Um Unklarheiten zu beseitigen, die sich hin und wieder in der Praxis zeigen, und einer Anregung des Bundesgerichts gemäss, ist die Möglichkeit der Anwendung des Enteignungsrechtes in solchen Fällen ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen worden, obwohl es sich dabei, streng genommen, nur um eine Beschränkung des Eigentumsrechts handelt.

Absichtlich ist die in Art. l des geltenden Gesetzes enthaltene Voraussetzung der Geltendmachung des Enteignungsrechts, wonach «die öffentlichen Werke» die Abtretung der Hechte «erforderlich machen», lallen gelassen worden^ in der Meinung, es verstehe sich von selbst, dass eine Enteignung von der zuständigen Behörde im Einzelfalle nur dann bewilligt werde, wenn dafür eine Notwendigkeit vorliege. Es hält aber ausserordentlich schwer, diese Notwendigkeit näher zu umschreiben; die verschiedenen, in der Expertenkommission gemachten Anregungen haben nicht befriedigt, weil sie das eine Mal zu viel, das andere Mal zu wenig sagten und immer die Gefahr in sich schlössen, dass sie der Praxis unliebsame Fesseln anlegen würden.

Der Bundesrat hat daher nach dem Entwurfe von Fall zu Fall auch darüber zu entscheiden, ob an Stelle der Abtretung des vollen Eigentums, wie sie der Enteigner verlangt, die Einräumung eines bloss beschränkten Eechts zur Erreichung des öffentlichen Zwecks ausreiche und ob der Enteigner sich mit einer bloss vorübergehenden anstatt der von ihm verlangten dauernden Enteignung begnügen müsse. Kann der Enteignete den Nachweis erbringen, dass durch eine solche reduzierte Enteignung die Ausführung des öffentlichen Werkes nicht leidet, so wird er mit Erfolg Einsprache gegen die weitergehenden Begehren des Enteigners erheben können.

Art. 6--9.

Haben die Art. 4 und o den Inhalt des Enteignungsrechts sowohl nach seinem Umfange als nach seinem Gegenstand im allgemeinen definiert, so bringen die Art. 6--11 die Ausnahmen von diesen Grundsätzen, und zwar Art. 6--9 zunächst die B e s c h r ä n k u n g e n .

Obschon es im Gesetze nicht besonders hervorgehoben war, hat die'Praxis auch bisher schon eine vom Enteigner ausgehende Beschränkung der Wirkungen der Enteignung in zeitlicher Beziehung, also die bloss vorübergehende Inanspruchnahme fremder Hechte für öffentliche Zwecke, als zulässig erklärt. IQ den Fällen des Art. 4 fc wird sie die Eegel bilden, in denjenigen von Art. 4 o aber ebenfalls vorkommen und kann daher nicht entbehrt werden.

15

Es erscheint aber wünschbar, im Interesse des Enteigneten dieses Eecht des Enteigners mit gewissen Kautelen zu umgeben, und wir schlagen daher vor, zunächst nach dem Vorbild des Zürcherrechts und ausländischer Eechte, es auf eine bestimmte Anzahl von Jahren zu befristen, in der Meinung, dass die Frist sich jedenfalls nicht wesentlich über die Vollendung des Werkes hinaus erstrecken soll. Und ferner erscheint es notwendig, dem Enteigneten die Möglichkeit zu geben, die dauernde Enteignung zu verlangen, wenn die vorübergehende ihn so schädigt, dass das enteignete Eecht seinen Hauptwert für ihn verliert.

Vorzubehalten waren natürlich weitergehende gesetzliche Bestimmungen, wie z. B. diejenige des Art. 47 des Gesetzes über die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen,welche die Bestellung einer Servitut auch bloss«zeitweise», und zwar ohne Maximalgrenze, vorsieht; für diejenigen einzelnen Fälle, wo ausnahmsweise die fünfjährige Frist sich als zu kurz erweisen sollte und eine Verständigung über ihre Ausdehnung nicht erzielt werden kann, gibt der Entwurf dem Bundesrat die Möglichkeit, zu entscheiden, ob und für welche Zeit sie verlängert werden darf.

Müsste die Enteignung vor denjenigen Grundstücken Halt machen, die bereits einem ö f f e n t l i c h e n Zwecke dienen, so wäre oft die Ausführung eines neuen öffentlichen Werkes kaum möglich. Grundsätzlich kann daher nicht anerkannt werden, dass Hechte an solchen Grundstücken nicht auch Gegenstand der Enteignung sein können, denn obschon das bisherige Gesetz nur von «Abtretung von Privatrechten» spricht, hat die Praxis sich genötigt gesehen, auch die Enteignung von Öffentlich-rechtlichem Eigentum zuzulassen. Allein mit der vorbehaltlosen Zulassung der Enteignung würde doch wieder weit über das Ziel hinausgeschossen ; denn zum vornherein kann ja nicht gesagt werden, dass das spätere öffentliche Werk immer vor dem früher erstellten den Vorzug habe und sich durchsetzen müsse, selbst dann, wenn durch die Enteignung das frühere vernichtet würde. Der hier an den Tag tretende Konflikt zwischen den verschiedenen öffentlichen Zwecken kann nicht auf dem Gebiete des Enteignungsrechts entschieden werden, sondern ist entweder im Spezialgesetz zu lösen, wie wir einen Ansatz dazu in Art. 46 des Stark- und Schwachstromgesetzes, der bekanntlich seinerzeit zu ausserordentlich
eingehenden und hartnäckigen Debatten Veranlassung gegeben hatte, und in Art. 14--16 des Eisenbahngesetzes bereits besitzen (vgl. auch Art. 48 des Gesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte), oder, wo solche Spezialnormen noch nicht bestehen, vor den zuständigen Ve.rwaltungsinstanzen auszutragen, die ja wohl unter Umständen einmal den spätem öffentlichen Zweck auch auf Kosten eines frühern Werkes durchzuführen Veranlassung nehmen mögen. Das Enteignungsrecht hat umso mehr die beiden öffentlichen Zwecke, den frühern und den spätem, als gleichberechtigt zu behandeln, als sich der Konflikt durch den Gegensatz zwischen kantonalem und eidgenössischem öffentlichem Eecht und öffentlichem Zwecke verschärft und dem eidgenössischen Enteignungsrecht nicht die Kraft zukommen kann, jeden entgegenstehenden kantonalen öffentlichen Zweck aus dem Felde zu schlagen. Ebensowenig wäre der Bundesrat die

16 zuständige Stelle, alle solchen Konflikte zu lösen, da auf manchem Gebiete des öffentlichen Eechts verfassungsmäßig das kantonale Recht dem eidgenössischen nicht unter-, sondern beigeordnet ist. Unter solchen Umständen muss das Enteignungsrecht sich darauf beschränken, sofern nicht ein bereits bestehendes Bundesgesetz; dem vom Enteigner verfolgten öffentlichen Zweck den Vorrang vor einem entgegenstehenden frühern gibt, beide als gleichberechtigt zu betrachten und die Enteignung nur" zuzulassen, sofern der Enteigner dafür sorgt, dass der frühere Zweck, wenn auch in anderer Form oder Ausführung, aufrechterhalten werden kann. Das wird in den meisten Fällen ja möglich sein, und es wird sehr oft. auch genügen, dass er die dafür notwendigen Geldbeträge bereitstellt und die notwendigen Umwandlungen den zuständigen Behörden überlässt; er kann sie jedoch auch selbst vornehmen, und der Entwurf gibt ihm in Art. 4, lit. o, die Möglichkeit, auch, für solche Ersatzvorkehren wieder das Enteignungsrecht zu beanspruchen. Die E n t s c h ä d i gung hat also hier auf alle Fälle denjenigen Betrag zu erreichen, der notwendig ist, um die Fortführung des gestörten öffentlichen Zweckes in gleicher Weise zu sichern, wie die enteigneten Grundstücke sie garantierten. Erweist sich das als unmöglich, so ist dann allerdings die Enteignimg zu verweigern; der Ent^ scheid fällt, weil es sich um eine Einsprache gegen die Enteignung handelt, in die Zuständigkeit des Bundesrates (Art. 47), Die Bestimmung des Art. 8 ist eine Anwendung dieser Grundsätze auf die Enteignung von Hechten an Brunnen und Quellen, die, wenn sie für Trinkwasserversorgungen und Hydrantenanlagen unentbehrlich sind, eminent öffentliche Zwecke verfolgen, welche unter keinen Umständen gestört werden dürfen, die aber, auch wenn das nicht der Fall ist, und sie nur für die Bewirtschaftung eines privaten Grundstückes unentbehrlich sind, schon durch Art. 707 ZGB einen besondern Schutz erhalten haben. Da man sich hier auf dem Boden des eidgenössischen Eechts bewegt, bestehen keine Bedenken, den im eidgenössischen. Privatrecht liegenden Gedanken noch weiter auszudehnen und diese Art und Weise der Benützung auch gegen Enteignung sicherzustellen dadurch, dass ihre Beanspruchung nur dann als möglich erklärt wird, wenn genügender Ersatz in natura dafür geleistet wird. Auch
hier bietet Art. 4, lit. e-, dem Enteigner die Handhabe dazu. Ist eine Ersatzleistung für ein privates Grundstück vollständig unmöglich, dann bleibt dem Enteigner immer noch der Ausweg der Enteignung des ganzen Grundstückes.

Über die Behandlung der Bestandteile und Z u g e h ö r g e g e n s t ä n d e enthielt das bisherige Recht keinerlei Bestimmungen, und auch eine einheitliche Praxis hat sich darüber nicht gebildet. Wenn auch meist, namentlich über zu schlagende Bäume und auf dem Halm stehende Früchte, eine gütliche Einigung der Parteien zustande kam, durch welche sie dem Enteigneten überlassen wurden, so sind doch auch andere Fälle denkbar, wo ein Konflikt der Interessen möglich ist. Eine Gesetzesrevision bietet Gelegenheit, solche Konflikte positiv zu lösen. Es kann der Enteignete z, B. wünschen, einen, in einem enteigneten Gebäude befindlichen alten, ein antiquarisches Interesse bie-

17 Senden Ofen, oder eine künstlerische Decke etc., die dem Enteigner für seinen Zweck nicht notwendig Bind, für sich zu behalten, um sie anderwärts zu verwenden. Es ergibt sich schon aus dem Prinzip, wonach nur enteignet werden soll, was zur Erreichung des öffentlichen Zweckes notwendig ist, dass einem solchen Begehren des Enteigneten entsprochen werden sollte. Das Gegenstück dazu bildet der Fall, wo der Enteigner den Nachweis erbringt, dass eine solche Zu.-gehör vom Enteigneten auch nach der Enteignung noch nutzbringend verwendet werden kann. Da rechtfertigt es sich nicht, sie dem Enteigner gegen seinen Willen aufzudrängen und ihn deswegen zur Bezahlung einer höhern Entschädigung zu verhalten. Ohne positive Vorschriften würde aber im einen wie im andern Falle nicht nur der Bestandteil, sondern auch die .Zugehör natürlich einfach das Schicksal der Hauptsache zu teilen haben. Die in Art. 9 des Entwurfs vorgeschlagene Bestimmung rechtfertigt sich daher als Ausfluss des allgemeinen Grundsatzes, dass der in der Enteignung liegende Zwang nicht weiter ausgedehnt werden soll, als zur Erreichung des Zweckes notwendig ist. Die Bedingung, an welche die Ausübung dieser Hechte geknüpft ist-- Abtrennung ohne unvernai tnismässige Kosten --· schützt hinreichend ·die Interessen beider Parteien. Es ist aber notwendig, auch noch dafür zu sorgen, dass die Pfandgläubiger, aus deren Pfandnexus ein ihnen verhaftetes Pfandobjekt in einem solchen Falle heraustritt, dadurch nicht zu Schaden kommen. Meistens wird ja der Einfluss der Trennung auf die ihnen zu leistende Entschädigung nicht von so grosser Bedeutung sein, dass sie deswegen zu kurz kommen. Immerhin sind solche Fälle denkbar; der Entwurf gibt daher ·den Pfandgläubigern die gleichen Eechte, die sie nach dem Zivilgesetzbuch -bei Wertverminderungen des Pfandes haben: sie können entweder durch den -Hichter die Trennung untersagen lassen oder, wenn sie schon stattgefunden hat, Sicherung ihrer gefährdeten Ansprüche verlangen. Den Entscheid über -die Begehren um Ausnahme der Zugehör legt der Entwurf in die Hände ·der Schätzungskommission (Art. 58 b).

Art. 10 und 11.

Über den in Art. 4, lit. a, umschriebenen Umfang desjenigen hinaus, was sur Erstellung des öffentlichen Werkes gerade notwendig ist, kann die Ent·eignung, wie von jeher in jedem Enteignungsgesetz --
und so auch in unserem .gegenwärtig geltenden (Art. 4 und 5) -- anerkannt war, ausgedehnt werden ·aus Gründen der Billigkeit, weil entweder die Enteignung den Enteigneten in der Benutzung des Bestes, der ihm noch bleibt, zu stark beeinträchtigt, -oder weil die vom Enteigner zu bezahlende Entschädigung für die Wertverminderung des jenem belassenen Teils eine Summe ausmacht, die mit dem für -den abgetretenen Teil zu bezahlenden Preise nicht mehr im richtigen Verhältnis steht.

Art. 10 behandelt zunächst die Ausdehnung auf Verlangen dés Enteigneten. Sie kommt nur bei Teilenteignung von Grundstücken ·-- wozu auch die blosse Belastung eines solchen mit einer Dienstbarkeit gerechnet Bundesblatt. 78. Jahrg. Bd. II.

2

18 wird -- in Frage, in der Form, dass der Enteignete die Abnahme des Ganzen, anstatt bloss des vom Enteigner verlangten Teils beanspruchen kann. Freilich darf dieser Begriff nicht zu eng gefasst werden; als Ganzes muss, soll nicht der Enteignete zu kurz kommen, nicht nur eine einzelne Grundstückparzelle, sondern auch ein ganzer Komplex von solchen behandelt werden, wenn sie wirtschaftlich zusammenhängen, was ja sehr oft vorkommen wird. Die Bestimmung, dass dieser Komplex gerade zu einem Gewerbe benutzt werde, wasbisher Art. 4, Ziff. l, des Gesetzes verlangte, ist eine zu weit gehende Einschränkung und daher fallen gelassen worden. Jede Beeinträchtigung der bisherigen Verwendung des verbleibenden Teils soll das Begehren auf Abnahme des Ganzen rechtfertigen, wenn seine bisherige Verwendung nicht mehr oder nur mit unverhältnismässigen Kosten möglich ist. Mit dieser elastischeren; Formel dürfte der Praxis eine ausreichende Wegleitung gegeben sein. Die Aufnahme der weitern in Art. 4, Ziff. 2, des gegenwärtigen Gesetzes enthaltenen; Verpflichtung des Enteigners, auch jede, ein bestimmtes absolutes Flächenmass nicht überschreitende Restparzelle abnehmen zu müssen, ohne Bücksicht darauf, ob sie vom Enteigneten noch benutzt werden kann oder nicht, ist dagegen nicht mehr nötig; sie hat sich in der Praxis nicht bewährt und ist von allen, begutachtenden Instanzen abgelehnt worden.

Das Becht des Enteigners, seinerseits das Ganze zu verlangen,, auch wenn es für ihn nicht notwendig ist, sobald die für den Minderwert des verbleibenden Teils zu bezahlende Entschädigung ein bestimmtes Verhältnis zu ihrem Werte überschreitet, lässt sich nur auf Billigkeitserwägungen gründen.

Es ist beibehalten worden, trotzdem es in der Expertenkommission vereinzelt angefochten worden ist, weil es sich eingelebt und zu Klagen der Enteigneten, bisher nicht Anlass gegeben hat. Ob als Verhältniszahl, die überschritten werden, muss, ein Viertel, wie bisher, oder, wie der Entwurf in Art. 11 vorschlägt, ein Drittel des Wertes angenommen werden soll, ist eine Ermessensfrage. Der Entwurf will durch die Erhöhung der Ziffer das Recht etwas einschränken. Von der Ersetzung dieses starren Verhältnisses durch eine allgemeinere Fassung,, ähnlich wie bei Art. 9, ist in der Kommission auch gesprochen worden; doch, würde das nur möglich sein,
indem der Entscheid darüber, ob die Abnahme des Ganzen verlangt werden könne, davon abhängig gemacht würde, ob die Minderwertsentschädigung unverhältnismässig oder übermässig hoch sei. Mit einer solchen Formel wäre aber der Entscheid in das freie Ermessen der Schätzungskommission gelegt, deren Vertreter in der Kommission sich gegen, eine solche Aufgabe wohl mit Becht zur Wehr gesetzt haben. Wir glaubten, daher, an einer bestimmten Verhältniszahl festhalten zu sollen.

Über die Begehren um Ausdehnung der Enteignung entscheidet im Streitfalle nach, dem Entwurfe die Schätzungskommission (Art. 58,.

lit. V), weil es sich hier um reine Schätzungs- und Würdigungsfragen handelt, im Gegensatz zu denjenigen um Beschränkungen nach Art. 6--8, die, weil sie nicht technische, sondern rein verwaltungsrechtliche Fragen beschlagen, dem Bundesrate vorbehalten sind. Daraus folgt, dass der Ent-

19 eignete sein Begehren innerhalb der Eingabefrist im Planauflegungsverfahren anzumelden hat (Art. 88, lit. V). Es rechtfertigt sich nun aber, dem Enteigneten ein Zurückkommen auf seinen Entschluss vorzubehalten für den Fall, -wo die Entschädigung, die er für das Ganze zugesprochen erhält, ihm nicht ausreichend erscheinen sollte. Er soll sich erst definitiv entscheiden müssen, wenn er weiss, was er sowohl bei der Teilenteignung als auch bei der Abnahme des Ganzen an Entschädigung erhalten wird. Daher sieht denn auch Art. 65 vor, dass die Schätzungskonunission beide Beträge festzustellen habe. Natürlich verlangt anderseits aber das Interesse des Enteigners, dass er sobald als möglich Klarheit darüber habe, zu was sich der Enteignete entscheidet; es ist daher von ihm eine innert kurzer Frist abzugebende Erklärung zu verlangen. Da der Entscheid der Schätzungskommission aber erst noch der Weiterziehung untersteht, kann die Frist zur Erklärung darüber, ob auf dem Verlangen nach Abnahme des Ganzen endgültig beharrt werde oder nicht, erst von der rechtskräftigen Feststellung der Entschädigung an laufen.

Anders liegt die Sache bei der Ausdehnung auf Verlangen des Enteigners, Sein Becht kann regelmässig erst in die Erscheinung treten, wenn ein Entscheid der Schätzungskommission über die für die Wertverminderung des Restgrundstückes zu bezahlende Entschädigung vorliegt. In einzelnen Fällen wird allerdings der Enteigner voraussehen können, dass nur die Abnahme des Ganzen für ihn in Frage kommt, weil eine sehr hohe Wertvorminderungsentschädigung zu bezahlen wäre. Für diesen Fall sieht Art. 65 denn auch die Möglichkeit vor, dass er vorsorglich schon der Schätzungskommission ein Begehren um Schätzung auch des Wertes des Ganzen vorlegen kann. In den andern Fällen, wo er sich erst nach der Festlegung der Entschädigung für die Teilenteignung durch die Schätzungskommission -- sofern der Entscheid von keiner Seite weitergezogen wird -- schlüssig machen kann und entschliesst, die Schätzung des Ganzen zu verlangen, ist natürlich auch ihm hierfür eine gleiche Frist anzusetzen wie dem Enteigneten, die ebenfalls vom Zeitpunkte des Eintritts der Rechtskraft des Entscheides an zu laufen beginnt. Dann wird durch diese Erklärung ein neues Verfahren provoziert, das vor der Schätzungskommission wieder einzuleiten ist und
während dessen Dauer die Vollstreckung des frühem Urteils eingestellt bleiben muss, und erst nach rechtskräftiger Feststellung auch des Wertes des Ganzen kann sich der Enteigner schlüssig machen darüber, ob er sich nun für das eine oder für das andere entscheiden wolle. Es muss. ihm daher alsdann nochmals eine Frist von 10 Tagen zur Abgabe der Erklärung gewährt werden. Wird aber der Entscheid über die Entschädigung für die Teilenteignung weitergezogen, wenn auch nicht vom Enteigner selbst, sondern vom Enteigneten, so ist es das Gegebene, dass nun das Verlangen nach der Schätzung auch des Ganzen in diesem Weiterziehungsverfahren gestellt wird. Ist der Enteigner selbst diejenige Partei, welche die Weiterziehung erklärt hat, so muss er das Begehren richtiger-weise damit verbinden, und es kann füglich, wenn er es nicht anbringt, auf einen

20 Verzicht darauf geschlossen werden. Hat die Gegenpartei den Entscheid der Schätzungskommission weitergezogen, so ist der richtige Zeitpunkt zur Geltendmachung des Begehrens die Einreichung seiner Vemehmlassung darauf. Dass dann in der Weiterziehungsinstanz dieser Wert festgestellt wird, ohne dass eine erstinstanzliche Entscheidung darüber vorliegt, muss in den Kauf genommen werden, wenn das Verfahren nicht übermässig belastet werden soll.

Diese Verhältnisse sind in Art. 11> Abs. 2, -- vielleicht etwas knapp --· behandelt; zieht man aber die korrespondierenden Vorschriften der Art. 33, 58 und 65 herbei, so sollte die Bestimmung zur Klarstellung der Sachlage ausreichen.

Art. 12.

Ebenfalls als eine Ausdehnung der Beeilte des Enteigners können die Bestimmungen über die vorbereitenden Handlungen bezeichnet werden.

Die Arbeiten für Planaufnahmen, Vermessungen usw. müssen sehr oft vorgenommen werden, bevor ein Gesuch um Erteilung des Enteignungsrechts überhaupt gestellt werden kann. Auch da, wo dessen Inanspruchnahme ohne weiteres gegeben ist, werden doch die einzelnen Einsprachen erst durch die förmliche Planauflage provoziert; die Pläne müssen also .erstellt werden, bevor feststeht, ob die Enteignung auch allen im Verzeichnis Aufgeführten gegenüber wirklich bewilligt werden wird. Daher bedarf es eines Bechtssatzes, wonach auch vor der Einleitung des eigentlichen Enteignungsverfahrens das Dritteigentum für diese vorbereitenden Handlungen in Anspruch genommen werden kann, sowie einer behördlichen Feststellung, ob im gegebenen Falle die Voraussetzungen dafür vorhanden seien. Schon der Art. 8 des bisherigen Gesetzes hat solche Vorschriften enthalten und den Bundesrat als die zur Beschlussfassung zuständige Stelle bezeichnet. Daran ist festgehalten worden, in der Meinung, dass diese Bewilligung generell, durch einen allgemeinen Beschluss für alle Betroffenen gültig ausgesprochen werden kann, und mit der Milderung, dass ein solcher Bundesratsbeschluss nur für den Fall verlangt wird, wo die Beteiligten nicht freiwillig ihre Zustimmung geben. Überdies verlangt der Entwurf nun aber auch eine vorherige Anzeige an die betroffenen Eigentümer und will damit dem Ubelstande, über den allgemein geklagt worden ist, vorbeugen, dass die Unternehmer unkontrolliert, ohne Wissen und in Abwesenheit der Eigentümer diese
Handlungen vornehmen können, bei denen oft für sie sehr empfindlicher Schaden gestiftet wird. Dass dieser Schaden gutgemacht werden muss, versteht sich von selbst.

Auch hier ist es ein Gebot der Billigkeit, dass über einen allfälligen Anstand in einem mögliehst raschen und an die besondern Verhältnisse angepassten, wenig kostspieligen Verfahren entschieden werde. Während mangels einer besondern Jurisdiktion dafür gegenwärtig das gewöhnliche Zivilprozessverfahren eingeschlagen werden muss, verweist der Entwurf diese Streitigkeiten vor eine von der Kantonsregierung zu bezeichnende Lokalbehörde und postuliert ein durch Verordnung des Bundesgerichts näher zu bestim-

21 mendes einheitliches summarisches Verfahren, dessen Kosten richtigerweise, gleich denjenigen der SchätKüngskommission, vom zukünftigen Enteigner zu tragen sein sollten. Es sei gleich hier vorweggenommen, dass dieses Verfahren alsdann durch eine entsprechende Eevision des Art. 48, Abs. 2, des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen in den Übergangsbestimmungen (Art. 116, Ziff. 2) auch für die auf Grund jener Gesetzesbestimmung vom Enteigner zu bezahlende Entschädigung für Kultur- und andern Schaden, der bei Vornahme von Änderungen und Eeparaturen an den erstellten Leitungen gestiftet wird, anwendbar erklärt wird. Ea sprechen die ganz gleichen Gründe für eine Ausschaltung des dort noch vorgesehenen gewöhnlichen Zivilprozessverfahrens auch für diese Streitfälle, bei denen es sich meist auch um geringere Schadensbeträge handeln wird, die aber in beidseitigem Interesse möglichst rasch erledigt werden sollten.

B. Entschädigung.

Das geltende Gesetz begnügt sich in diesem Hauptpunkt des Enteignungsrechts mit dem einzigen Satze, wonach volle Entschädigung zu leisten ist und Vorteile, die dem Enteigneten aus der Unternehmung entstehen, nur insoweit angerechnet werden dürfen, als er dadurch von besondern Lasten befreit wird. Wenn der Entwurf diesem Gegenstand ein besonderes Kapitel von 12 Artikeln widmet, so ist das die Folge davon, dass er einerseits einige der Hauptsätze, welche die schweizerische und die ausländische Praxis auf dem Gebiete der Berechnung des Schadenersatzes herauskristallisiert haben, kodifiziert, sie zum Teil weiterbildet und zu streitigen Fragen positiv Stellung nimmt, anderseits eine offenbare Lücke des alten Gesetzes ausfüllt, das über die Form der Entschädigung sich ausschweigt, und sodann die Stellung der Nebenbeteiligten einlässlich zu regeln versucht, nachdem die Grundlage hierzu durch das einheitliche Zivilrecht geschaffen worden ist.

Art. 18.

An die Spitze des Abschnittes gehört selbstverständlich der Satz, dass der Enteigner vollen Ersatz aller Vermögensnachteile zu leisten hat.

Da der Entwurf auch die Entschädigung der obligatorisch berechtigten Mieter und Pächter dem Enteigner auferlegt (Art. 21), so konnte an der Ausdrucksweise des bisherigen Art, 3, der von den Nachteilen, die dem « A b t r e t e n d e n » erwachsen, spricht, nicht festgehalten werden. Die Mieter und Pächter sind nicht «Abtretende»; der Enteigner, beansprucht von ihnen keine dinglichen Eechte.

Damit ist natürlich nicht gesagt, dass nun auch jeder andere indirekte Nachteil zu vergüten wäre, der einem beliebigen andern Dritten, der gar keine Eechte abzutreten hat, aus der Enteignung entsteht. Der Grundsatz findet seine nähere Umschreibung -- und damit Einschränkung -- in den nachfolgenden Artikeln, welche die Entschädigungsberechtigten abschliessend aufzählen.

Gegenüber dem im Verlaufe der Vorberatungen von vereinzelter Seite gestellten Begehren, die Entschädigungspflicht nicht auf die eigentlichen Vermögens-

nachfeile zu beschränken, hält der Entwurf an dem bisherigen Grundsatz unseres Enteignungsrechtes fest, der in Übereinstimmung mit demjenigen aller andern Länder steht, dass blosse Affektionsinteresseii nicht zu entschädigen sind. Diese Interessen sind ja überhaupt objektiv, durch Dritte, nicht zu schätzen ; Gegenstand eines Schätzungsverfahrens können nur Wert Verhältnisse sein, die in die Erscheinungswelt treten. Es mag zugegeben werden, dass sehr oft eine Enteignung den davon Betroffenen seelische Schmerzen bereitet und dass viele es vorziehen würden, trotz einer vollen oder übermässigen Wertentschädigung, im ungestörten Besitz der enteigneten Eechte zu verbleiben, selbst auf die Gefahr hin, später einmal weniger daraus lösen zu können, als die Enteignungsentschädigung ausmacht. Allein der Staat kann eine Verpflichtung, für solche im Gefolge seines Einschreitens auftretende Gefühlsverletzungen eine .Geldentschädigimg zu leisten, nicht anerkennen, wenn er nicht damit der Errichtung der öffentlichen Werke beinahe unübersteigliche Schranken setzen will. Auch auf dem Gebiete des privatrechtlichen Schadenersatzes hat ja bis jetzt das Eecht eine Verpflichtung zur Gutmachung seelischer Schmerzen in Form der Leistung einer Geldsumme als Genugtuung nur anerkannt, wenn ein Schaden durch unerlaubte Handlung gestiftet wurde und die Verletzung sich als besonders schwere herausgestellt hat (Art. 49 OE, Art. 8 des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes vom 28. März 1905). Bei der Verpflichtung zur Überlassung des Privateigentums für Öffentliche Zwecke an den Staat oder denjenigen, dem er sein Eecht abgetreten hat, handelt es sich aber um eine allgemeine Bürgerpflicht.

Wenn der Gedanke, dem Enteigneten auch andere als seine eigentlichen Vermögensnachteile zu verguten, beim Gesetzgeber auf fruchtbaren Boden fallen sollte, so könnte er auf alle Eälle nur in der Form verwirklicht werden, dass das Gesetz, wie es übrigens in einzelnen Kantonen jetzt schon geschieht, dem Enteigneten als Zuschlag zum Vermögensschaden einen bestimmten Prozentsatz davon noch besonders zusprechen würde als sogenannten Unfreiwilligkeitszuschlag (der z. B. in Zürich 20 % beträgt). Doch hat auch dieser Vorschlag in der vorberatenden Expertenkommission nur ganz wenige Anhänger gefunden. Es wurde von den Praktikern des Schätzungsverfahrens betont,
dass die Schätzungen ohnehin auf dieses Moment, bewusst oder unbewusst, Bücksicht nehmen, und -- weil auch im Zweifel immer die Berechnung zugunsten des Enteigneten erfolge ··-- ein nochmaliger Zuschlag in sehr vielen Fällen zu einer eigentlichen Bereicherung des Enteigneten führen und die Durchführung der öffentlichen Werke arg erschweren müsste. Ferner rechtfertigt es sich nicht, unterschiedslos jedem, auch dem Spekulanten, der den enteigneten Boden niemals selbst überbaut hätte, dem Hauserbesitzer, der das Haus nicht selbst bewohnt, sondern dem es nur als Geldanlage dient, die ihm mehr als den üblichen Zinsfuss sichern soll, dem Grundeigentümer, der sich schon längst um den Verkauf vergeblich bemüht hat, über den voll und reichlich bemessenen Schaden hinaus noch eine besondere Vergütung zuzusprechen. Das Eecht auf den

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Zuschlag aber von einem Entscheide der Schätzüngskonnnission abhängig au machen, ginge wohl auch nicht an, schon deshalb nicht, weil lange nicht alle Fälle der Enteignung von der Schätzungkommission behandelt werden. Die Folge der Einführung des allgemeinen Zuschlages wäre, dass die Schätzungskommission in der Berechnung des effektiven Schadens weit zurückhaltender «ein musate als bisher. Ob dabei der Durchschnitt der Enteigneten besser wegkäme als jetzt, dürfte fraglich seni. Dem wirklich seelisch unter der Enteignung schwer Leidenden würde auch ein solcher Zuschlag die Enteignung nicht sympathischer gestalten.

Art, 14 und 15.

Über die Art der Ersatzleistung enthält das gegenwärtige Becht keinerlei Bestimmungen, so dass die Frage ernstlich aufgeworfen werden konnte, ob eine andere Entschädigung als in Geld überhaupt zulässig sei; sie ist denn auch in der Praxis schon verneinend entschieden worden. Der Entwurf macht dieser Kontroverse ein Ende, indem er zwar, wie nicht anders möglieh, die Geldentschädigung als Regel vorsieht, dagegen ausnahmsweise auch eine Entschädigung in natura gestattet. Natürlich steht es den Parteien, wie bisher, jederzeit frei, sich auf gütlichem Wege über eine Naturalleistung EU verständigen, sofern dabei auch die Interessen der Nebenbeteiligten (Pfandgläubiger, Nutzniessungsberechtigte) dadurch gewahrt werden, dass sie um ihr Einverständnis ersucht werden. Auch ist denkbar, dass ein Spezialgesetz für einen besondern Fall ein für allemal sogar eine Naturalentschädigung vorschreibt; indem Art. 14 diese Fälle ausdrücklich vorbehält, spricht er also ·etwas Selbstverständliches aus.

Wenn nun in Art. 15 des Entwurfes von der Möglichkeit der Ersetzung der Geldleistung durch eine andere gesprochen wird, so kann das natürlich nur den Sinn haben, dass der Enteignete sich allfällig eine solche auch gegen seinen Willen gefallen lassen muss; die Naturalleistung tritt dann an Stelle der Geldleistung und wird endgültig und für beide Parteien verbindlich durch die zuständigen Schätzungsorgane bestimmt, sei es auf Antrag des Enteigners, sei es auf denjenigen des Enteigneten, sei es von Amtes wegen. Das Gesetz muss daher die Voraussetzungen dieser Entschädigungsart festlegen und damit den Beteiligten die nötige Garantie geben, dass ihre Interessen darunter nicht leiden. Der Entwurf tut das in doppelter Eichtung, indem er einerseits das Anwendungsgebiet der Naturalentschädigung durch Anführung von Beispielen näher umschreibt und anderseits für die Anwendung im konkreten Falle gewisse sichernde Kautelen .aufstellt. In jener Beziehung stellt er den Fall an die Spitze, wo durch die Enteignung ein landwirtschaftliches Gewerbe überhaupt unterdrückt wird und daher nicht mehr weiterbetrieben werden kann, sei es, dass es als Ganzes enteignet und der Inhaber gezwungen wird, sich nach einem andern umzusehen, sei es, dass davon so viel enteignet wird, dass der Best nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden .kann. Der Staat hat das allerhöchste Interesse daran, dass ein solcher Eigen-

24 tümer nicht vollständig entwurzelt und mit seiner Familie auf die Gasse* gestellt werde. Da er einen andern Beruf in den wenigsten Fällen sofort und ohne Nachteil für sich und die Seinen wird ergreifen können, so ist ihm, mag er eine noch so schöne Entschädigung erhalten, nicht gedient, wenn, er sich damit nicht wieder eine Heimat erwerben kann, wo er seinen landwirtschaftlichen Beruf weiter zu betreiben imstande ist; so weit als möglich zu vermeiden, dass er statt dessen in die Stadt ziehen und dort die Klasseder «fahrenden Leute» vermehren muss, ist ein Gebot staatserhaltender Vorsorge. Daher sollen die Schätzungskommissionen und auch die Enteigner in erster Linie darauf hingewiesen werden, in solchen Fällen, wenn immer möglich, zunächst an Naturalersatz zu denken. Zuzugeben ist, dass dieDürchführung des Grundsatzes nicht leicht sein wird, schon deswegen nicht, weil ein bebautes .und kultiviertes Grundstück immer individuelle Züge aufweisen wird und seinesgleichen nie ganz finden.kann, ganz abgesehen davon, dass natürlich in den wenigsten Fällen der Enteigner geeignete Ersatzgrundstücke zur Verfügung hat oder erwerben kann. Denn wenn man ihm dazu auch das Enteignungsrecht wiederum einräumen wollte --was wir als eine Überspannung des in Art. 4, lit. c, niedergelegten Gedankensnicht für möglich hielten --, so wäre ja dadurch das Problem nicht gelöst,.

sondern nur verschoben. Die Lösung kann nur darin gesucht werden, dassverhandelt und da, wo die Unterschiede zwischen dem angebotenen und dem.

enteigneten Grundstücke zu gross sind, ein .Einverständnis zu erzielen gesucht wird. Daher wird sich die Anwendung der Bestimmung wohl eher und hauptsächlich im Einigungs- als im Schätzungsverfahren denken lassen.

Als weitern Fall der Naturalleistung nennt der Entwurf die Enteignung von Wasser, W a s s e r k r a f t und elektrischer Energie und' nimmt damit Bezug zunächst .auf die Vorschrift des Art. 8, wo die Möglichkeit, der Enteignung von unentbehrlichem Wasser geradezu an die Bedingung der Ersatzleistung geknüpft ist. Hier wie bei der Enteignung von Wasser- und elektrischer Kraft lässt sich das Prinzip natürlich viel leichter zur Anwendung; bringen, da man es mit vertretbaren Sachen zu tun hat, die einer vergleichenden Wertbemessung keinerlei Schwierigkeiten bieten und auch Eechte Dritter dabei kaum
je eine hindernde Bolle spielen werden. Was endlich die Wege anbelangt, so war es schon bisher geltendes Becht, dass «gestörte Kommunikationen)) erhalten werden müssen (Art. 6 des gegenwärtigen Gesetzes)..

Der Entwurf stellt auf die gleiche Linie auch die Leitungen, worunter so·wohl Wasser- und Gas- wie elektrische Leitungen verstanden sind.

In Absatz 2 und 3 des Art. 15 sind sodann die Voraussetzungen aufgestellt, die im einzelnen Falle erfüllt sein müssen, damit eine Naturalleistungzugelassen werden kann. Hier handelt es sich in erster Linie um die Wahrung; der Eechte der Grundpfandgläubiger. Diese haben natürlich, wenn ihnen ihr Pfand weggenommen wird -- und das ist ja die unabweisliche Folge der Enteignung (vgl. Art. 85) --, einen Anspruch auf Bezahlung des Gegenwertes in

2&

Geld, das ihnen auch das Enteignungsrecht nicht nehmen kann. Es kann ihnen auch nicht, ohne in ihre Hechte in unzulässiger Weise einzugreifen, eine Übertragung des Pfandrechts auf eine andere Liegenschaft aufzwingen. Eine solche Übertragung ist aber die notwendige Voraussetzung für die Zuweisung eines Ersatzgrundstückes ; denn wenn der Enteigner die Pfandrechte ablösen musate, woher nähme er dann noch die Mittel, um das Ersatzgrundstück zu erwerben? Es kann daher ohne die ausdrückliche Zustimmung der Pfandgläubiger der enteigneten Liegenschaft praktisch eine solche Übertragung nicht durchgeführt werden. Eine zwangsweise Übertragung der Pfandrechte auf andere Ersatzgrundstücke hat ja allerdings Art. 802 ZGB für den Fall der Güterzusammenlegung vorgesehen. Das war aber nur möglich unter der Voraussetzung, dass eben durch eine solche Güterzusammenlegung, die ja zu einer Bodenverbesserung führen soll und auch immer führen wird, die nötigen Garantien dafür gegeben werden, dass das Ersatzgrundstück nicht nur den gleichen Umfang, sondern, wenn überhaupt eine andere, dann eine bessere Qualität haben werde.. Es ginge unseres Erachtens zu weit, den Entscheid über das Vorhandensein solcher Voraussetzungen bei der Zuweisung von Ersatzgrundstücken im Enteignungsverfahren der Schätzungskommission zu überbinden.

Bei andern als landwirtschaftlichen Grundstücken hat ein auf ihnen errichtetes Gebäude in der Eegel ein so ausgesprochen individuelles Gepräge, dasa ein gleichartiges zu finden zum vornherein sozusagen unmöglich sein wird.

Es fragt sich, ob es notwendig sei, in diesen Fällen die Ersatzleistung gänzlich ausauschliessen. Das dürfte wohl nicht nötig sein, da der im letzten Absatz aufgestellte allgemeine Grundsatz die Interessen der Beteiligten auch in diesen Fällen hinreichend wahrt und immerhin'Fälle eines Austausches von Häusern nicht ausser dem Bereiche der Möglichkeit liegen; man denke an sehr einfach erbaute Arbeiterhäuser, Einfamilienhäuser usw. Der bereits erwähnte allgemeine Vorbehalt, dass die Ersatzleistung die Interessen der Enteigneten ausreichend wahren müsse, erscheint als clausula generalis wünschenswert, um zu betonen, dass dem Enteigneten beim Entscheid über die Frage, ob er sich eine solche Ersatzleistung gefallen lassen müsse, zwar nicht das ausschlaggebende, aber doch ein massgebendes Wort der Mitsprache zukommt.

Art. 16.

Die Art. 16--20 enthalten, wenn man so sagen darf, den Kern dea materiellen Enteignungsrechts, indem sie die für die Bemessung der Entschädigung leitenden Gesichtspunkte näher umschreiben. Selbstverständlich kann das nur in grossen Zügen geschehen, und das Gesetz muss sich hüten, hier zu sehr in die Kasuistik zu verfallen ; es darf dem Bichter weder die Berücksichtigung neuer Verhältnisse und ausnahmsweiser individueller Fälle unmöglich machen, noch einer gesunden Weiterentwicklung hemmende Schranken anlegen.

Allein aus dem einfachen Satze des Art. 8 des bisherigen Gesetzes haben sich

26 »un doch im Verlaufe seiner langen praktischen Anwendung einzelne Fragen herausgeschält, die sich sozusagen bei jedem Falle wieder stellten und auf -welche die Praxis konstant die gleiche Antwort gab, so dass man von feststehenden Prinzipien sprechen darf. Sie ausdrücklich auszusprechen, darf ein neues Gesetz nicht unterlassen; es dient damit dem Interesse der Enteigneten in gleicher Weise, wie es auch die Aufgabe der Schätzer erleichtert. Das gilt vor allem von der Unterscheidung der verschiedenen Elemente der Entschädigung, die in Art. 16 aufgeführt sind. Die Unterscheidung zwischen dem Sachwert des enteigneten Grundstückes, oder weiter gefasst, dem Wert des enteigneten Hechts an sich, ohne Bücksicht auf die konkreten Besitzverhältnisse, und dem persönlichen Schaden, der darüber hinaus dem Enteigneten noch entsteht, hat sich der Praxis gleich von Anfang an aufgedrängt, und die Auseinanderhaltung der beiden Faktoren dient nicht nur dazu, eine vollständige Erfassung aller Schadenselemente zu ermöglichen, sondern sie ist auch notwendig wegen der Beteiligung Dritter an der Entschädigung. In den meisten Fällen ist ja der enteignete Eigentümer nicht der allein am Sachwert Interessierte; meist dient dieser in bestimmtem Umfange auch der Sicherung von Hechten Dritter, der Grundpfandgläubiger in erster Linie. Soll daher bestimmt werden können, inwieweit die vom Enteigner bezahlte Entschädigung auch den letztern verhaftet ist,so muss die se r Wertersatz von derjenigen Entschädigung losgelöst und scharf getrennt werden, die dem Enteigneten zukommt für die mit der Enteignung verbundenen, nur seine Person betreffenden Umtriebe, Spesen, Unkosten usw. Weil eine entsprechende "Vorschrift im Gesetze fehlte, hat sich das Bundesgericht schon sehr früh veranlasst gesehen, im Reglement für die Schätzungskommissionen diese anzuweisen, den Schaden unter diesen verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten und im Entscheide auseinanderzuhalten. So ist es denn nun immer gehalten worden, und alle Praktiker sind übereinstimmend der Meinung, es sei daran unter allen Umständen festzuhalten. Eine Bemessung von einem einheitlichen Gesichtspunkte aus wird dadurch nicht verunmöglicht ; soweit es die verschiedenen Schadensfaktoren erlauben, soll sie vielmehr durch Art. 19 und 20 garantiert werden. Der Entwurf hat denn auch das
Prinzip weiter ausgeführt in Art. 67, lit. g, und stützt sich darauf auch bei der Eegelung des Vollzugs (Art. 88). Es hat seine Geltung nicht nur bei der Total-, sondern auch bei der Teilenteignung; auch hier ist, wieder "wegen der Eechte der Pfandgläubiger am verbleibenden Teil, zunächst die Minderung des eigentlichen Sachwertes des nicht enteigneten Bestgrundstückes zu schätzen, und es kann und darf dieser Schaden nicht mit demjenigen vermengt werden, der dem Enteigneten im übrigen noch entsteht, wie z. E.

Kosten des Abbruches der auf dem enteigneten Grundstück befindlichen Maschinen und Verbringung auf das Bestgrundstück, Kosten neuer Abgrenzung und Umzäunung des Eestgrundstückes, Kosten spezieller Vorrichtungen, um den Gewerbebetrieb auf dem reduzierten Grundstück fortsetzen zu können, Umzugskosten usw.

27 Mit dem Verkohrswert, von dem die lit. a des Art. 16 spricht, ist der sogenannte objektive Wert, Sachwert, gemeint, den das enteignete Becht nicht für den Enteigneten allein, mit Bücksicht auf seine Person, besitzt, sondern den es hei einer Bealisiernng, Umsetzung in Geld, seinem Vermögen zuführen könnte. Es ist der gleiche Begriff, den wir in Art. 447 OB, der die Ersatzpflicht des Frachtführers regelt, wieder finden unter der Bezeichnung : « voller Wert », den das Gesetz vom 29. März 1893 über den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen und das internationale Übereinkommen über den Bisenbahnfrachtverkehr in Art. 34 als den «gemeinen Handelswert» oder den «gemeinen Wert» bezeichnen, den Art. 68 des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag «Marktwert» nennt und mit dem das private Schaden«rsatzrecht unter der Bezeichnung «Börsen- oder Marktpreis» operiert (OB, Art. 93, 191, 212, 317), und er entspricht endlich dem Wert, auf den der Gläubiger einer Grundlast nach Art. 791 ZGB Anspruch erheben kann und von ·dem das 2GB auch weiter in den Art. 808, 820, 828, 883 in Verbindung mit dem Pfandrechte spricht. Der reine Affektionswert ist deshalb ausgeschlossen, weil die Entschädigung überhaupt nur Vermögensausgleich ·sein darf. Damit ist aber der subjektive Wert ausgeschlossen, den die ·Sache nur für den gegenwärtigen Besitzer hat, ohne dass er in der Lage wäre, -einen diesem entsprechenden Erlös aus der Sache zu ziehen. Das kann als Ausnahmefall etwa vorkommen, wenn z. B. ein altes baufälliges Haus, das -an einer Versteigerung nur noch zum Abbruchwert veräussert werden könnte, immerhin noch genügt, um den Enteigneten Zeit seines Lebens zu beherbergen und ihm also die Ausgaben für eine ihn viel teurer zu stehen tommende Wohnung erspart. Dass er dafür auch zu entschädigen ist, hat die Praxis nach anfänglichem Schwanken längst festgestellt; es handelt sich aber ·dabei um einen subjektiven Schaden; diese Entschädigung soll ihm die Mittel verschaffen, die vermehrten Aufwendungen für seine Wohnungsbedürfnisse decken zu können. Die Pfandgläubiger des Hauses aber können nur den Bealisationswert beanspruchen; denn ihr Becht geht ja nur dahin, «sich aus ·dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen» (Art. 816 2GB). Ähnliche Verhältnisse hat Art. 63, Ziff. 8, des Versicherungsvertragsgesetzes im Auge,
wenn «r den Versicherer verpflichtet, für Mobilien, Gebrauchsgegenstände und Maschinen den Betrag zu ersetzen, den die Neuanschaffung gleicher Gegenstände erfordert. Darin liegt ebenfalls die Verpflichtung zu einer über den eigentlichen Bealisationswert hinausgehenden Entschädigung, zur Ersetzung des subjektiven neben dem objektiven Schaden. An dem Ausdruck «Verkehr s wert» könnte vielleicht Anstand genommen werden, da das ZGB ihn in Gegensatz zum Ertragswert setzt (Art. 617, 618, 848). Es fragt sich in der Tat, ob der Begriff, für den der Ausdruck im Entwurfe gebraucht wird, sich mit demjenigen des Zivilgesetzbuches decke. In dieser Hinsicht ist zu sagen, dass grundsätzlich der Verkehrswert keinen Gegensatz zum Ertragswert bedeutet. Es kann im Verkehr ein Grundstück sehr wohl gerade denjenigen Preis erzielen, und folglich auch wert sein, der dem kapitalisierten Ertrag gleichkommt; der Er-

28 tragswert kann übrigens nicht anders als im allgemeinen "Wertmesser, in Geld, ansgedrückt .werden, und er bildet auch bei der Schätzung des Verkehrswerte» von Miethäusern, ge-werblichen Anlagen, Hotels usw. einen wichtigen, vielfach den ausschlaggebenden Faktor; denn sehr oft -wird sich eben der Preis auf dein.

Markte auch .hier nach dem zu erwartenden Ertrage richten, und die schwierigeFrage ist dann jeweils nur die, zu welchem Zinsfuss der Ertrag zu kapitalisieren sei. Das Zivilgesetzbuch erklärt nun in Art. 617 den Ertragswert lediglich für landwirtschaftliche Grundstücke als den massgebenden Übernahmepreis,, weil, es von der Anschauung ausgeht, dass diese Berechnungsart bei dieser Kategorie von Grundstücken regelmässig unter dein Verkehrswert bleibe, wassich hauptsächlich aus der Tatsache erklärt, dass die landwirtschaftlichen Gebäude bei der Ertragswertberechnung bedeutend unter ihrem wirklichen Bauwert eingestellt zu werden pflegen, und es hat in Art. 618 dieses Wertverhältnis im Zweifel geradezu auf drei Vierteile des Verkehrswertes festgesetzt. Es versteht also unter dem Verkehrswert auch den Verkaufswert, Irgendein Bedenken gegen den Ausdruck Verkehrswert ist also von daher nichtgerechtfertigt; das Zivilgesetzbuch schreibt doch für die Fälle der Teilungunter den Erben und den Miteigentümern als Eegel zur richtigen Festsetzungdes Wertes einen Verkauf der Sache vor (Art. 612, 651). Dass es natürlich sehr oft schwer ist, diesen Wert zu bestimmen, ohne dass es zu einem Verkaufe kommt, selbst wenn Vergleichsverkäufe vorhanden sind, die ja aber in den seltensten Fällen direkte Schlüsse erlauben, ist kein entscheidendes Argument gegen diese Art und Weise der Wertberechnung.

Wenn der Entwurf vom «volle)! Verkehrswert» spricht, so könnte das vielleicht als überflüssig erscheinen; das Adjektiv dürfte aber deshalb stehen, bleiben, weil damit betont wird, dass dieser Wert im Zweifel eher zugunsten des Enteigneten aufzurunden sei. Die nähere Umschreibung des Verkehrswertes bringen dann die Art. 17---19.

Bei einer Teilenteignung ist natürlich für das abzutretende Stück: der Verkehrswert in gleicher Weise zu vergüten. Daneben wird aber in sehr vielen Fällen auch der Verkehrswert des dem Enteigneten verbleibenden Restgrundstückes eine Minderung erfahren, sei es, weil es so deformiert wird, dass.
es sich nicht mehr gleich günstig verwerten lässt, sei es, weil es unter der Nachbarschaft des auf dem enteigneten Grundstück zu errichtenden Werkes an sich oder seines Betriebes wegen zu leiden haben wird (z. B. Immission von Bauch und Geräusch), sei es, weil der auf "ihm noch mögliche Weiterbetrieb des Gewerbes eingeschränkt werden muss und daher unrentabler wird usw. Auch, hier irross wieder unterschieden werden zwischen der Schädigung des Bealisatjonserlöses dieses Grundstückes, auf dessen Ersatz die Pfandgläubiger in erster Linie ein Anrecht haben (Art. 810 ZGB), und dem persönlichen, lediglich das übrige Vermögen des Enteigneten beeinträchtigenden Schaden, den sogenannten Inkonvenienzen. Die Frage, welche Beeinträchtigungen dabei überhaupt in Betracht kommen und wieweit aus dem Unternehmen entstehende Vorteile anzurechnen seien, ist in Art. 19 behandelt.

29

Über den persönlichen Schaden, von dem lit. c spricht, ist das Wesentliche bereits ausgeführt worden. Es mag nur noch beigefügt werden, dass jeder ira rechtlich begründeten Kausalzusammenhang mit der Enteignung stehende und nicht schön in der Verkehrswertvergütung enthaltene Schaden von dem Begriffe erfasst werden will. Wie weit der Kausalzusammenhang geht, muss natürlich der Eechtsprechung zu bestimmen vorbehalten werden.

Art. 17.

Art. 17 gibt für die Berechnung des Verkehrswertes bei Totalenteignung drei Leitsätze, die sich auf eine konstante Praxis stützen. Zunächst kann der Enteignete verlangen, dass bei der Schätzung nicht auf die zufällige Art der Verwertung des enteigneten Eechts im Zeitpunkte der Enteignung abgestellt werde. Soweit ein höherer Wert bereits erzielt werden könnte, also damit auch latent im Vermögen des Enteigneten schon vorhanden ist, muss ihm auch dieser vergütet werden. Kulturland, das als solches noch bearbeitet wird, darf nicht, wenn es als Bauland verkauft werden könnte, zum niedrigeren Preise des Kulturlandes entschädigt werden. Das ergibt sich ohne weiteres aus einer richtigen - Anwendung des Begriffes des Verkehrswertes; denn sobald es auf den Markt gebracht wird, werden sich die Liebhaber von Bauland melden, und aus ihrer Konkurrenz ergibt sich ohne weiteres ~ ein höherer Preis, als er für blosses Ackerland bezahlt würde. Nur muss dann natürlich auch der persönliche Schaden unter diesem Gesichtswinkel der Veräusserung zu Bauland betrachtet und berechnet werden, und es darf aus diesem Titel z. B.

eine Entschädigung wegen Aufgabe des bisherigen Gewerbebetriebes nicht mehr, bzw. nur soweit sie durch den aus den Baulandpreisen herrührenden Mehrwert nicht gedeckt werden sollte, verlangt werden. Als notwendiges Korrelat zu dieser Bestimmung ist daher die Vorschrift des Art. 20 aufzufassen, die für die Berechnung des persönlichen Schadens diese notwendigen Einschränkungen postuliert. Die tatsächlich vorhandene persönliche Schädigung wird deshalb doch vergütet; sie liegt in dem anfälligen Überschuss des Verkehrswertes über den gegenwärtigen Benditenwert. Wird er durch die auf dem Objekte haftenden Belastungen aufgezehrt, so hat eben der Grundeigentümer über diese Werte zum voraus zugunsten seiner Gläubiger schon disponiert. Das gibt ihm natürlich nicht das Eecht, diesen Faktor nun doppelt zu berechnen.

Dass die Befreiung von besonderen Lasten, die als Folge der Teilenteignung eintritt, zu einem entsprechenden Abzug am Verkehrswert führen muss, ist ein Satz, der aus dem bisherigen Eecht herübergenommen worden ist, der bei der Totalenteignung aber nur ein äusserst beschränktes Anwendungsgebiet haben kann und daher vielleicht auch hätte fallen gelassen werden können.

Denn es handelt sich
dabei nicht um die auf dem enteigneten Grundstück haftenden Pfandlasten, die als Folge der Enteignung untergehen; sie vermindern den Wert des Grundstückes nicht; auch handelt es sich nicht um die das Grundstück belastenden Dienstbarkeiten; für ihren Untergang sind die

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Berechtigten nach Art. 21 besonders zu entschädigen, und bei der Schätzung ist der durch sie veranlasste Minderwert zu berücksichtigen (Art. 18).

Die Werterhöhungen, die durch das Unternehmen des Enteigner* erst geschaffen werden, müssen, wenn der Enteignete sich nicht auf Kosten des Enteigners bereichern soll, bei der Wertbemessung ausser Betracht bleiben.

Es ist also die Berechnung so vorzunehmen, als würde es sich um eine Eealisierung für irgendeinen andern Zweck handeln. Das klassische Beispiel ist die Enteignung zum Zwecke der Erstellung eines neuen Bahnhofes. Wenn ein, solches Projekt bekannt wird, so steigen vorher schon die Bodenpreise in seiner Nähe, weil unter normalen Verhältnissen nun dort ein intensiverer Verkehr einsetzen und daher in vermehrtem Masse gebaut werden wird. Es ist aber nicht billig, dass der Enteigner, der selbst diesen Mehrwert geschaffen hat, ihn auch noch dem Enteigneten vergüten soll. Auf der andern Seite darf natürlich sich der Enteigner, wenn umgekehrt sein Werk einen nachteiligen Einfluss auf die Bodenpreise gehabt hat, nicht darauf berufen, um die Entschädigung zu reduzieren. Wenn er dafür auch von den andern, die nicht enteignet werden,, beim gegenwärtigen Stand des öffentlichen Eechts nicht belangt werden kann, So würde eine gleiche Behandlung des Enteigneten mit den Grundsätzen seiner vollen Entschädigung nicht harmonieren; denn dass auch dieser Schaden mit der Enteignung im Kausalzusammenhang steht, ist nicht zu bestreiten.

Dass offenbar dolose, vom Enteigneten also nur zu dem Zwecke, eine höhere Entschädigung verlangen zu können, selbst erst geschaffene Werterhöhungen nicht berücksichtigt werden, verlangt die gute Treue. Der Entwtirf gibt als Ausgleich dem Enteigneten das Eecht, diese Anlagen, für die eine Entschädigung nicht entrichtet wird, wenn eine Trennung ohne Nachteil für das enteignete Eecht überhaupt möglich ist, wegzunehmen. Die Bestimmung dürfte mehr den Wert eines Drohfingers haben, als sehr oft praktisch zur Anwendung gelangen können, da der Nachweis des dolus meist sehr schwer zu erbringen sein wird.

Der Entwurf gibt einstweilen keine Antwort auf die Frage, auf welchen Zeitpunkt die Berechnung des Verkehrswertes abzustellen habe, eine Frage, die sehr oft für die Wertberechnung von entscheidendem Einfluss ist, namentlich wenn von der
Planauflage bis zur Schätzung längere Zeit verstreicht. Die Ansichten darüber, welches Stadium des Verfahrens den Ausschlag zu geben habe, waren in der Expertenkommission sehr geteilt. Das Gegebene scheint zu sein, auf den Wert im Momente der Planauflage abzustellen; denn damit wird sozusagen die Litiskontestation für den Enteignungsanspruch begründet, und das war denn auch die Segel, welche die Praxis bisher befolgte. Sie hat aber davon Ausnahmen gemacht für diejenigen Fälle, in denen sich die Einberufung der Schätzungskommission und die Erledigung des Verfahrens lange hinzog und hat den Enteigneten wiederholt auch von der in dieser Zwischenzeit ohne Hinzutun des Enteigners eingetretenen Wertsteigerung profitieren lassen.

31 Nun versucht der Entwurf dafür zu sorgen, dass das Schätzungsverfahren sich an die Planauflage sofort ohne weitem Verzug anschliesse, indem er es.

nicht mehr dem freien Belieben des Enteigners überlässt, ob die Schätzungskommission einzuberufen sei oder nicht. Man hätte daher vielleicht mit Rücksicht hierauf es wagen können, den Grundsatz als allgemein geltend aufzustellen} dass für die Schätzung der Wert in diesem Zeitpunkt massgebend sei. Die Kommission fand aber, dass doch auch unter dem System des Entwurfes Fälle denkbar wären, wo ein solcher Grundsatz zu Ungerechtigkeiten gegenüber dem Enteigneten führen könnte und wo es sich rechtfertige, ein» später eingetretene Wertvermehrung noch zu berücksichtigen. Diese Fälle aber alle vorauszusehen und genau zu umschreiben, erwies sich als nicht wohl möglich» und so hat die Kommission vorgezogen, die Praxis nicht durch einen starren Eechtssatz zu binden, in der Meinung, dass sich als Regel ohnehin die Berücksichtigung des Wertes im Zeitpunkte der Planauflage von selbst aufdrängen werde.

Art. 18.

Dem Einflüsse derjenigen Belastungen mit dinglichen Rechten^ die den Wert des Grundstückes herabsetzen, also namentlich der Dienstbarkeiten, auf die Schätzungen haben die verschiedenen Gesetze in verschiedener Weise Eeohnung getragen. Es liesse sich denken, dass die Schätzung so vorgenommen wird, als würden diese Eechte nicht bestehen, und dass alsdann die Berechtigten aus diesen, infolge der Enteignung zum Untergang bestimmten Rechten vom Enteigneten aus den ihm zugewiesenen Beträgen zu entschädigen sind, vorbehaltlich der Geltendmachung eines allfällig weitergehenden persönlichen Schadens. Dieses sogenannte Surrogationsprinzip hat der Entwurf, in Übereinstimmung mit unserm bisherigen Gesetz -- das sich allerdings darüber nur indirekt aussprach -- und mit neueren Rechten, verworfen und steht auf dem Standpunkt, dass diese dinglich Berechtigten als besondere Partei im Verfahren zu behandeln und besonders zu entschädigen sind. Das Surrogationsprinzip erschwert und kompliziert ihre Stellung und macht auch die Schätzung des Grundstückes selbst, weil sie dann von rein hypothetischen Tatbeständen auszugehen hat, schwieriger. Das System des Entwurfes garantiert auch allein eine wirklich vollständige Entschädigung dieser dinglich Berechtigten; denn es wird sehr
oft vorkommen, dass der Schaden, der ihnen aus dem Untergang ihrer Rechte entsteht, durchaus nicht gleichsteht dem Minderwert, der dem Grundstück wegen, ihrer Existenz beigemessen werden konnte. Er kann ebensogut höher wie niedriger sein. Art. 18 will in seinem ersten Absatz diesem Prinzip nun gesetzgeberischen Ausdruck geben. Das erscheint auch schon deshalb nötwendig, weil bei dem Stillschweigen des gegenwärtigen Gesetzes hie und da Zweifel darüber auftauchten, wie denn diese Verhältnisse eigentlich zu beurteilen seien.

Den Dienstbarkeiten sind die vorgemerkten Miet- und Pachtrechte gleichgestellt, die wie die Dienstbarkeiten wirken und ein Haus unter Umständen beinahe unverkäuflich machen können. Dagegen nehmen die.

32 Nutzniessungsbereektigtcn hier, wie überhaupt im EnteignungsrechL eine andere Stellung ein. Ihr Eecht erlischt nach dem Zivilgesetzbuch (Art. 748) nur mit dem vollständigen Untergang des Grundstücks, da es nicht nur ein Nutzungs-, sondern zugleich auch ein Wertrecht ist. Daher besteht die Nutzniessung an der dem Nutzniesser entzogenen Sache an dem Ersatzgegenstand, somit auch an der-Ersatzleistung, dem Wertersatze, fort (Art. 750, Abs. 3, ZGB). Das Enteignungsrecht hat nur dafür zu sorgen, dass den Nutzniessem in gleicher Weise wie den Grundpfandgläubigern dieser Wertersatz zukommt.

Die vorgemerkten persönlichen Hechte, unter denen praktisch hauptsächlich die V o r k a u f s - , R ü c k k a u f s - und Kaufsrechte eine Rolle spielen, behandelt der Entwurf etwas anders. Sie belasten das Grundstück, solange sie nicht ausgeübt werden, eigentlich nicht, setzen jedenfalls seinen Nutzungswert nicht herab, wie dies bei den meisten Dienstbarkeiten der Fall ist. Ob die Rechte überhaupt je einmal ausgeübt werden, steht durchaus nicht fest, und nach Ablauf einer gewissen Frist hört die Möglichkeit dazu ohne weiteres auf (vgl./GEArt. 681, Abs. 8 und Art. 683, Abs.2), Je höher die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen ist, dass es zur Ausübung des Rechts kommt, desto grösser ist der mindernde Einfluss auf den Wert des belasteten Grundstückes, und umgekehrt. In diesen Fällen handelt es sich daher nicht nur darum, den Vorteil zu schätzen, den das Recht dem Berechtigten im Falle der Ausübung gibt, sondern auch die grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit der Ausübung zu würdigen.

Das sind nun aber die gleichen Faktoren, die auch für die Bewertung des Rechts selbst, und also auch für die Entschädigung des Berechtigten allein massgebend sind; er kann für den Verlust eines Kaufsrechts, das ihm einen Vorteil von Fr. 10,000 einbringen würde, sofern er es jetzt ausüben könnte, nicht Ersatz dieses Betrages verlangen, wenn er nachgewiesenermassen es jetzt gar nicht auszuüben in der Lage wäre. Ebensowenig aber kann in diesem Falle dem Enteigneten ein Abstrich von Fr. 10,000 von der Entschädigung gemacht werden; es besteht m. a. W. hier eine Inkongruenz zwischen dem. Werte des Rechts und der durch die Belastung der Liegenschaft mit dem Rechte herbeigeführten Wertverminderung nicht, wie dies bei den Grunddienstbarkeiten
oft vorkommen wird. Die beiden Beträge werden sich immer decken. Daher kann hier die Berücksichtigung dieses wertmindernden Faktors einfach in der Weise erfolgen, dass der Wert des Hechts für den Berechtigten vom Verkehrswert in Abzug gebracht wird.

Nun ist es aber möglich, dass alle diese Rechte in Konflikt kommen mit den G r u n d p f a n d r e c h t e n . Da Dienstbarkeiten und vorgemerkte persönliche Rechte vom Grundeigentümer begründet werden können, ohne dass die Grundpfandgläubiger ihr Einverständnis dazu geben, hat das ZGB die darin liegende mögliche Beeinträchtigung ihrer Eechte dadurch kompensiert, dass es in Art. 812 für diesen Fall die Löschung der nachgehenden Dienstbarkeiten anordnete. Ob eine Schädigung wirklich eintritt, zeigt sich aber erst bei der Verwertung des Pfandes. Daher hat denn in Ausführung

33 dieses Grundsatzes auch das revidierte Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz in Art. 141, Abs. 8, die Bestimmung getroffen, dass der vorgehende Grund- pfandgläubiger das Becht habe, um diese Schädigung festzustellen, d&n Ausruf ·des Grundstücks sowohl mit als ohne die neue Last und hernach ihre Löschung .zu verlangen, wenn er bei der Steigerung mit der Last nicht volle Befriedigung ·erhält. Diese gleiche Situation stellt sich nun für die Grund pfandgläubiger auch, wenn die Verwertung ihres Pfandes durch die Enteignung herbeigeführt wird.

Werden bei der Schätzung die Dienstbarkeiten und die ihnen gleichgestellten vorgemerkten persönlichen Eechte, die ja auch die vorgehenden Pfandrechte nicht schmälern können, auf alle Fälle als wertmindernd mit in Berücksichtigung gezogen, so kann darin unter Umständen eine schwere Schädigung der Pfandgläubiger liegen. Daher hat der Entwurf, um diese zu vermeiden, den gleichen Ausweg eingeschlagen wie das revidierte Betreibungsrecht, indem er den vorgehenden Grundpfandgläubigern das Becht einräumt, zu verlangen, dass, soweit eine Schädigung ihrer Eechte in Frage kommen kann, die ihnen nachteiligen Eechte bei der Schätzung nicht berücksichtigt werden dürfen. Um aber festzustellen, ob diese Schädigung vorliege oder nicht, bot sich nur das Mittel ·einer doppelten Schätzung, nämlich das eine Mal mit, das andere Mal ohne Berücksichtigung der nachgehenden Dienstbarkeitsrechte. Eine Schätzung muss aber von den interessierten Grundpfandgläubigern natürlich verlangtwerden 3 da die Schätzungskommission ja im übrigen sich mit der Frage nicht zu befassen hat, wie die von ihr festgestellte Summe zu verteilen sei (Art. 64). Wird ein solches Begehren gestellt, so darf die Schätzungskommission ihm dann natürlich nur Folge geben, wenn die Voraussetzungen dafür auch nachgewiesen werden, nämlich dass die Grundpfandrechte den Dienstbarkeiten zeitlich vorgehen und dass letztere ohne Zustimmung der Grundpfandberechtigten errichtet wurden. Darüber hat alsdann, als Präjudizialfrage, die Schätzungskommission endgültig zu entscheiden und die Parteien dafür nicht etwa an den ordentlichen Bichter zu verweisen.

Eine solche Verweisung wird aber dann kaum zu umgehen sein, wenn etwa der Bestand des Pfandrechts vomDienstbarkeitsberechtigten überhaupt sollte bestritten werden. Die Folge dieses
Verfahrens ist, dass eine Entschädigung der Dienstbarkeitsberechtigten und der Inhaber von vorgemerkten persönlichen Bechten nur insofern überhaupt möglich ist, als diese Eechte nicht wegen der Kollision mit den Pfandrechten gelöscht werden müssen (Art. 21).

Es ist nicht zu verkennen, dass dieses Inzident, das sich so in das Schätzungsverfahren einschiebt, um festzustellen, ob und in welchem Bange Nebenberechtigte allfällig an - der Entschädigung bezugsberechtigt sind, das Verfahren unter Umständen ungebührlich belastet; doch lässt sich, wenn Anders die ihnen durch das Zivilrecht garantierte Bechtsstellung der Grundpfandgläubiger nicht beeinträchtigt werden soll, eine solche Begelung nicht umgehen. Es kann mit dem Austrag dieses Konfliktes nicht zugewartet werden bis zur Verteilung, weil die Höhe der Entschädigung davon abhängt. Glücklicherweise beweist die Praxis bezüglich der Grundstückverwertung in der Zwangsvollstreckung, dass der Art, 812 ZGB von den Grundpfandgläubigern Bundesblatt. 78. Jahrg. Bd. II.

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beinahe nie angerufen wird, und da bei der Enteignung, wie man füglich behaupten darf, regelmässig bessere Preise für die Grundstücke realisiert werden als bei den Zwangsverwertungen, so ist zu erwarten, dass sich die Notwendigkeit der Anwendung der genannten Vorschrift hier noch viel seltener zeigen wird.

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Art. 19.

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Art. 19 behandelt die in Wissenschaft und Bechtsprechung ausserordentlich umstrittene..Frage der Vortei-lsanrechnurig, zu welcher der Entwurf im 'Interesse der Rechtssicherheit unbedingt Stellung zu nehmen hat, soweit es ohne zu "weitgehende Kasuistik geschehen kann. Sie stellt sich nur bei der Teilenteignung, da, wenn das Grundstück als Ganzes, (diesen Begriff in dem in Art.. 10 und 16 b definierten weitern Sinn verstanden) enteignet wird, von Vorteilen, die dem Enteigneten aus der Enteignung entstehen, nicht gesprochen werden kann, so dass sie ihm an die Entschädigung angerechnet werden könnten.

Er kann unter Umständen von dem. Unternehmen indirekt die gleichen Vorteile ziehen wie andere nicht enteignete Grundeigentümer auch, wenn er in der'Zone, die von diesen Vorteilen profitieren, noch andere nicht enteignete Grundstücke besitzt. Allein in dieser Beziehung steht er den andern, denen überhaupt nichts enteignet wurde, ganz gleich, und da diese den Mehrwert an den Enteigner auch nicht zu vergüten haben, kann er auch von ihm nicht etwa durch Anrechnung auf die Enteignungsentschädigung verlangt werden.

Dagegen ist die Sachlage eine andere, wenn er bei einer Teilciiteignung neben dem. Ersatz des Wertes des wirklich enteigneten Teiles auch noch für das Verbleibende eine Minderwertsentschädigung verlangt, wozu ihn Art. 16, lit, fe, im Grundsatz berechtigt erklärt. Da erhebt sich die Frage, ob nicht wenigstens in. diesem ^Falle der Enteignet sich darauf berufen könne, dass ja dieser verbleibende Teil infolge der Enteignung anstatt weniger, sogar mehr wert sei und daher ein " Anspruch auf eine Minderwertsentschädigung nicht erhoben werden könne. Um zu einer gerechten und billigen Lösung zu kommen, muss zwischen den besondern, für den Enteigneten allein entstehenden, und denjenigen Vorteilen unterschieden werden, welche aus dem Unternehmen ala solchem allgemeinen tstehen, von denen also auch andere, gar nicht enteignete Grundeigentümer profitieren. Zu diesen gehört die allgemeine Wertsteigerung, die infolge der Errichtung des öffentlichen Werkes eintritt und die sich in einem bestimmten Umkreis auch über die Enteignungszone hinaus auswirkt..

Es ist einleitend bei der Frage der Mehrwertsbeiträge ausgeführt worden, dass es nicht möglich ist, im Enteignungsgesetz allgemein die Verpflichtung der in dieser
Zone liegenden nicht enteigneten Grundeigentümer zur Abtretung eines Teils dieses Mehrwertes an das Unternehmen auszusprechen. Darin geht es aber auch nicht an, den enteigneten Grundeigentümer schlechter zu stellen und ihm diesen Vorteil an die Enteignungsentschädigung anzurechnen. Er ist schon dadurch gegenüber den andern benachteiligt, dass er sein Grundstück abzutreten hat, ohne dass bei dessen Schätzung auf diesen

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Mehrwert abgestellt wird (Art. 17), während dio andern nicht Enteigneten diesen Mehrwert seinerzeit werden realisieren können.

Handelt es sich aber um Vorteile, die gerade dem Restgrundstück allein aus der Tatsache der. Erstellung des Werkes erwachsen, z. B. ein neuer -Zugang zu einer wichtigen Verkehrsader, so drängt sich die Anrechnung dieses Vorteils an einen allfälligen, aus anderm Titel eintretenden Minderwert, z. B.

wegen Verkleinerung, so gebieterisch als Forderung der Billigkeit und Gerechtigkeit auf, dass die gerichtliche Praxis sie seit geraumer Zeit, obschon sie im Gesetze gar nicht vorgesehen war, zur Anwendung bringt. Der Entwurf hat aich daher dieser Praxis angeschlossen und will sie gesetzlich sanktionieren.

Zuzugeben ist, dass der Unterschied zwischen allgemeinen und b e s o n d e r n Vorteilen nicht immer leicht zu machen sein wird. Aber so sehr sich die Expertenkommission bemüht hat, eine schärfere Umschreibung zu finden, so war es auch ihr unmöglich, etwas Besseres vorzuschlagen. Es handelt sich hier um einen der Fälle, wo der Rechtsprechung nur in ganz grossen Zügen die Wege gewiesen werden können und es dem Bichter überlassen bleiben nauss, den richtigen Ausgleich in jedem einzelnen Falle gestützt auf die konkreten Verhältnisse, zu suchen. Die Eichtung, die der Gesetzgeber der Entwicklung zu .geben wünscht, scheint in der vorgeschlagenen Fassung genügend gekennzeichnet zu sein.

Eine Weiterentwicklung der Praxis will aber der zweite Absatz des Artikels in die Wege leiten, indem er vorschreibt, dass bei der Frage, ob ein Minderwert des verbleibenden Teils -vorliege, nicht nur auf" dessen rechtliche Situation abgestellt werden soll, wie das bisher meistens geschah, sondern dass unter besondern Voraussetzungen auch für eine Beeinträchtigung bloss f a k t i scher Vorteile Entschädigung geleistet werden müsse. Der praktisch wichtigste Fall ist immer derjenige, dass das Bestgrundstück durch die Enteignung vom Zugang zu einer Strasse abgeschnitten wird. Mit der Begründung, dass ein Becht auf die aus dem Anstossen an die Strasse entstehenden Vorteile nicht bestehe, ein Becht daher nicht geschädigt werde, hat die schweizerische Praxis früher meistens solche Forderungen abgewiesen. Später hat sie vereinzelt doch auch einen andern Standpunkt eingenommen, und in der auswärtigen
Rechtsprechung kommt das Prinzip immer mehr zum Durchbruch, dass die Eutschädigungspflicht hier nicht Halt machen dürfe. Bein prekaristische Vorteile, die jederzeit von einem Privaten zurückgenommen werden können, nicht zu entschädigen, erscheint gewiss richtig. Allein bei den Vorteilen,* die aus den Öffentlichen Einrichtungen entstehen, handelt es sich doch um etwas davon Verschiedenes. Sie sind, indem sie der Öffentlichkeit zu dienen bestimmt waren, damit doch auch für den einzelnen, der zu diesem Gemeinwesen gehört, geschaffen worden, und er darf dem Enteigner gegenüber sich gewiss auf den Standpunkt stellen, dass sie ihm ohne sein Einschreiten verblieben wären. Auch wenn er nicht gerade einen klagbaren Anspruch auf ihren

36 Fortbestand hat, so liegt in ihrem Entzuge doch eine effektive Schädigung; denn beim freihändigen Verkauf hätte sich- der Vorteil aller Begel nach bei der Preisbildung auch ausgewirkt. Es entspricht daher wohl einer fortschrittlichen Weiterentwicklung des Schadenersätzrechts, wenn auch für solche Fälle grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung gegeben wird. Der vorgeschlagene Text, der dem Enteigneten den Beweis dafür auferlegt, dass es sich nicht um bloss vorübergehende, sondern aller Voraussicht nach um dauernde Vorteile handle, wahrt auch in genügender Weise die Interessen des Enteigners.

Diesem steht immer der Gegenbeweis offen, dass auch ohne die Enteignung die Vorteile ganz oder teilweise in nächster Zeit nicht mehr bestanden hätten.

Art. 20.

Art. 20 bestimmt, dass der persönliche Schaden nach der Verwendungsart zu bemessen sei, die der Berechnung des Verkehrswertes des enteigneten Rechtes zugrunde gelegt wurde. Hierüber haben wir uns einlässlich bei der Besprechung des Art. 16 geäussert.

Art. 21.

In Art. 21 und 22 wird, um eine Lücke des gegenwärtigen Bechts auszufüllen, die Stellung der Inhaber beschränkter dinglicher Bechte im Enteignungsverfahren näher präzisiert.

Was zunächst die Dienstbarkeiteii anbelangt, so ist davon auszugehen, dass die das enteignete Grundstück belastenden mit der Enteignung ohne weiteres untergehen müssen;"der Enteigner erwirbt das Eigentum originär und daher frei von Lasten, es wäre denn, dass er solche ausdrücklich zu übernehmen erklärt (Art. 85). Nachdem der Entwurf durch Ablehnung des Surrogationsprinzips die Dienstbarkeitsberechtigten für ihre Entschädigung nicht an den Eigentümer verweisen will, muss er sie als selbständige Partei im Verfahren ausdrücklich anerkennen. Sie sind daher als Enteignete in dem vom Enteigner zu erstellenden Verzeichnis aufzuführen (Art. 25, Abs. 2) und haben auch ihre Forderungen wegen Unterganges ihrer Bechte selbständig anzumelden (Art. 85) ; sie können demgemäss auch gegen die Enteignung als solche Einsprache einlegen. Ihr Schaden kann sich auch zusammensetzen aus dem eigentlichen Verkehrswert des Kechts und dem darüber hinaus noch weiter entstehenden persönlichen Schaden. Man denke an ein Quellenrecht auf dem enteigneten Grundstücke, das auch Gegenstand einer besondern Verpfändung bilden kann.

Neben dem Wert für seinen Entzug,.auf den der Pfandgläubiger in erster Linie Anspruch hat, muss natürlich der Enteignete auch noch eine Schadenersatzforderung infolge der im Verlaufe der Enteignung eingetretenen vorübergehenden Beeinträchtigung seiner Nutzungsrechte geltend machen können. Aber seine Entschädigungsberechtigung ist im vollen Umfange davon abhängig, dass das Grundstück nicht eine die vorgehenden Pfandgläubiger schädigende Wertbeeinträchtigung durch die ohne ihre Zustimmung begründete Dienst-

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barkeit erhalten hat. Dieser Grundsatz, der diesen Hechten eine besondere Stellung auch im materiellen Enteignungsrecht anweist, muss daher hier ausdrücklich ausgesprochen werden.

Den Dienstbarkeiten stehen die vorgemerkten persönlichen Hechte gleich, nicht dagegen die Nutzniessungsrechte. Denn deren Bestand hat auf die Schätzung- des Wertes keinen nachteiligen Einfluss; sie gehen auch nicht unter, es wandelt sich nur das Substrat der Nutzhiessung, Darin kann natürlich auch eine Schädigung liegen, für welche der Enteigner Vergütung zu leisten hat. Insofern als sie einen solchen Sehaden geltend machen wollen, sind daher auch die Nutzniesser Parteien im Verfahren (Art. 22, Abs. 2) und unterscheiden sich in dieser Hinsicht auch von den Pfandgläubigern.

Abs. 2 sodann gibt den Mietern und Pächtern des enteigneten Grundstückeigentümers ein selbständiges Hecht auf Entschädigung wegen der im Gefolge der Enteignung notwendig eintretenden vorzeitigen Aufhebung ihrer Nutzungsrechte, auch wenn ihre Vertragsrechte nicht durch die Vormerkung im Grundbuch dinglich verstärkt worden sind. Dabei handelt es sich um einen ausnahmsweisen Einbruch in den Grundsatz, wonach der Enteiguer nur Schadenersatz für Hechte zu leisten habe, die auf ihn übergehen, den die Praxis aber überall zuzulassen sich gezwungen gesehen hat. Auch in unserem Hecht ist er längst anerkannt, trotzdem das Gesetz dafür eine ausdrückliche Bestimmung nicht enthält. Wenn der Enteigner das Hecht für sich in Anspruch nimmt, die ihm im Wege stehenden Miet- und Pachtverträge auf der von ihm beanspruchten Liegenschaft nicht zu respektieren (vgl. OH Art, 259 u. 281), so kann das natürlich nicht geschehen, ohne dass die davon Betroffenen die aua der Vertragsverletzung ihnen zustehenden Schadenersatzforderungen erheben können.

Anstatt sie nun damit an den Enteigneten zu verweisen, der, selbst wenn er haftbar erklärt werden könnte, natürlich diesen Schaden wieder auf den dafür allein verantwortlichen Enteigner abzuwälzen berechtigt sein müsste, haben alle einschlägigen Gesetze es als einfacher und zweckmässiger erachtet, den Anspruch direkt gegen den Enteigner selbst zu geben. Eä ist notwendig, diese Rechtslage in einem neuen Gesetz ausdrücklich klarzustellen. Auch hier enthält der Entwurf wieder den allgemeinen Vorbehalt, dass die Entschädigungspflicht
wegfällt, wenn der Nachweis erbracht werden kann, dasa die Hechte, auf welche die Entschädigungsansprüche gestützt werden, doloserweise begründet wurden.

Art. 2 2 .

'.

Die G r u n d p f a n d - und Grundlastberechtigten haben nur Anspruch auf Anweisung des in Geld festgestellten Wertes des ihnen verhaftenet enteigneten Hechts. Soweit das Verfahren zur Feststellung dieses Wertes ihnen ausreichende Garantien dafür bietet, dass der Wert in richtiger Weise geschätzt wird, erscheint daher ihre Beteiligung daran nicht notwendig. Eine Anmeldung ihrer Ansprüche im Verfahren ist: somit in der Hegel nicht notwendig (Art. 35) ; es ist im Verteilungsverfahren dafür zu sorgen, dass die Zu-

38 teilung des Erlöses an sie entsprechend ihrem Eangverhältnisse und nur nach gehöriger Feststellung auch des Umfangs ihrer Hechte erfolgt (Art. 90--96).

Nur selten wird es vorkommen, dass der im Schätzungsverfahren festgestellte Wert nicht ausreicht, um alle Pfandgläubiger zu decken; immerhin sind in der bundesgerichtlichen Praxis solche Fälle .schon konstatiert worden, und es kann daher über diese Erscheinung nicht einfach zur Tagesordnung geschritten werden. Die Gefahr einer Benachteiligung von Pfandgläubigern mit etwas gefährdeten Pfandrechten wird sodann namentlich da grösser und mahnt zum Aufsehen, wo die Entschädigung durch freie Verständigung zwischen dem.

Enteigner und dem Enteigneten festgelegt, wird. Mit diesen letztem Fällen, befassen sich die Art. 50 und 5l, die den Pfandgläubigem bestimmte Einspruchsrechte gegen solche Abmachungen einräumen und ihnen die Möglichkeit geben,, selbständig die amtliche Schätzung zu verlangen. Hier, in Art. 22, wird nur allgemein ihre Parteistellung näher umschrieben. Indem der Ent. wurf sie zu selbständiger Antragstellung .im Verfahren berechtigt erklärt, «soweit eine Benachteiligung ihrer Hechte in Frage kommen kann», trägt er der Tatsache Kechnung, dass in den meisten Fällen, auch da, wo eine wirkliche Gefährdung der Pfandgläubiger, vorliegt, es doch nur wenige, nämlich die im letzten Eange stehenden sein worden, die an einem direkten Eingreifen in das Verfahren interessiert sind. Diesen aber darf man zumuten, dass sie sich um den Gang des Verfahrens zur Feststellung des Wertes bekümmern, da sie ja von der Tatsache der Einleitung des Enteignungsverfahrens in den meisten Fällen durch eine öffentliche Bekanntmachung Kenntnis erhalten werden.

Das. Verfahren wäre selbstverständlich viel zu schwerfällig und kostspielig geworden, wenn-man dem Enteigner hätte die Verpflichtung auferlegen wollen, auch sämtliche Pfandgläubiger der enteigneten Liegenschaften zu benachrichtigen. Die vorgeschlagene Fassung erlaubt es nun, dass ein Pfandgläubiger in jedem Stadium .des Verfahrens sich -um dessen Stand und Gang erkundigen und, wenn er seme Bechte als gefährdet erachtet, sich als Hauptintcrvenient konstituieren und auch andere Anträge stellen kann als der direkt Enteignete selbst. Dabei wird es natürlich mit, dem Nachweis, seines Interesses nicht zu streng genommen
werden dürfen, solange eine Schätzung überhaupt noch nicht -vorliegt. Es wird genügen müssen, dass er sich als Pfandgläubiger in einem spätem Eange ausweist und auf eine hohe Belastung mit Pfandrechten hinweisen kann. Aber auch im Weiterziehungsverfahren darf die Voraussetzung für die Zulassung der Pfandgläubiger als Partei nicht zu enge gefasst werden. Es liesse sich ja wohl sagen, dass eine - Veranlassung nicht vorliege, sie zur Weiterziehung eines Entscheides der- Schätzungskommission zuzulassen, wenn sie durch deren Entscheid volle Deckung erhalten werden. Da aber in diesem Zeitpunkt selbst da, wo das Grundbuch eingeführt ist, ohne das in Art. 90 vorgesehene Provokationsverfahren gar nicht genau festgestellt werden kann, welche Pfandrechte .und mit welchen Beträgen sie auf der .betreffenden Liegenschaft lasten, so wird auch in diesem Falle richtiger wohl auf die Versicherung des Pfandgläubigers, abgestellt,

39 er betrachte eich gefährdet. Es liegt eine hinreichende Garantie gegen eine unbefugte Einmischung .Unbeteiligter in das Verfahren in der Erwägung, dass niemand die Umtriebe und Kosten der Beteiligung an einem solchen gerichtlichen Verfahren ohne ein wirkliches Interesse, lediglich zur Schikane, auf sich .

nehmen wird.

Aus dem Begriffe der Hauptintervention ergibt sich dann ohne weiteres, dass von dem Momente an, wo ein Pfandgläubiger besondere Anträge gestellt hat, er auch im weitern Verlaufe des Verfahrens als Partei behandelt werden muss. Dies ausdrücklich noch zu sagen, scheint aber nicht notwendig zu sein.

Den Nutzniessungsberechtigten muss nach dem, was über ihre Stellung wiederholt schon ausgeführt wurde, insoweit, als es sich um die Peststellung des Gegenwertes ihrer Nutzniessung handelt, die gleiche Stellung eingeräumt werden wie den Pfandgläubigern. Es ist ihnen aber daneben auch noch die Geltendmachung weitergehender persönlicher Schadenersatzforderungen vorzubehalten. Soweit sie solche erheben, müssen sie sich natürlich auch besonders als Forderungsberechtigte anmelden und sich als Partei im Verfahren konstituieren.

Art. 23 und 2-1.

. Die Art. 23 und 24 endlich beschlagen Verpflichtungen des Enteigners, die mit seiner Ersatzpflicht zusammenhängen und daher noch in dieses Kapitel gehören.

Während in Art..7 die Frage ihre grundsätzliche Beantwortung gefunden hat, unter welchen Voraussetzungen auch Grundstücke, die ö f f e n t l i c h e n ·Zwecken dienen, Gegenstand der Enteignung sein, also vom Enteigner vollständig an sich gezogen werden können, beschäftigt sich Art. 23 mit dem Fall, wo nicht eine eigentliche Wegnahme solcher Grundstücke in Frage kommt, sondern nur eine vorübergehende Störung und Beeinträchtigung ihrer Benützung, wie namentlich die Sperrung einer Strasse oder Brücke, oder wo eine öffentliche Einrichtung durch das neue Werk vor veränderte Verhältnisse gestellt wird, denen sie angepasst werden muss (Verlegung und ..Unterführung von Strassen, Verlegung von Leitungen von Kraftwerken). Das kann notwendig werden, ohne dass eine, direkte Enteignung der betreffenden Einrichtung stattfindet, kann aber auch als-Folge einer solchen &ich als unabweislich-aufdrängen. Die beiden Fälle sind nicht scharf zu trennen und werden oft ineinander übergehen. Daher ist es angezeigt, sich nicht mit dem Art. 7 allein zu begnügen, sondern --· entsprechend dem bisherigen Art. 6 ---. diese Verpflichtung zur. Aufrechterhaltung .der öffentlichen Kommunikationen und Leitungen in etwas erweiterter Fassung auch noch ausdrücklich auszusprechen.

Auch die Obliegenheiten zur Sicherung der Öffentlichkeit und des Einzelnen .gegen die aus der Erstellung und dem Betriebe des Werkes entstehenden Gefahren und Nachteile, von denen Abs. 2 des Art. 28 spricht, sind im gegenwärtigen Gesetz, in Art, l, dein Enteigner. auferlegt

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worden. Der Entwurf hat nur neu für diejenigen Benachteiligungen, die nach allgemeinem Nachbarrecht geduldet werden müssen, einen Vorbehalt aufgestellt.

Da es sich hier um die Wahrung .der Öffentlichen Interessen handelt, so sind es die zuständigen Behörden, die diese Begehren zu stellen haben. Immerhin müssen diese auch, gleich den Einsprachen gegen die Enteignung und den sonstigen an den Enteigner gestellten Begehren, innerhalb der Eingabefrist angebracht werden (Art. 33). Der Entscheid darüber liegt jedoch nicht bei der Schätzungskommission, sondern, wenn im Einigungsveri'ahren eine Verständigung nicht möglich ist, beim Bundesrat (Art. 47). Die Bestimmung des gegenwärtigen Gesetzes (Art. 26), dass die Schätzungskommission über die Art und Weise der Wahrung der öffentlichen Interessen zu entscheiden habe, ist von den S. B. B. mit Eecht als unzweckmässig angefochten worden. Man kann die öffentlichen Behörden mit ihren Ansprüchen zur Wahrung der öffentlichen Interessen nicht vor den Eichter weisen.

Wo Spezialgesetze oder Verordnungen über die Besonderheiten 3er ini Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Massnahmen bereits Vorschriften aufgestellt haben, wie dies z, B. gestützt auf Art. 8 des Stark- und Schwachstromgesetzes von 1902 für die elektrischen Anlagen geschehen ist, bleiben sie selbstverständlich .in Kraft, ebenso wie an der Zuständigkeit der allfallig zur Begutachtung oder zum Erlass solcher Vorschriften vorgesehenen Instanzen nichts geändert wird.

Die Bestimmung des Art. 24 geht auf eine Anregung der Schweizerischen Bundesbahnen zurück, die darauf hinwiesen, dass ein praktisches Bedürfnis dafür bestehe, dass die Eigentums- und Unterhalts Verhältnisse an solchen Anlagen, die zur Wahrung der öffentlichen Interessen neu erstellt worden sind und von denjenigen, die sie ersetzt haben (wobei auch die Ersatzvorkehren nach Art. 7 in Frage kommen können), im Gesetze näher umschrieben werden. Meist wird ja auch hier eine freie Verständigung eintreten; aber für die -- wie es scheint nicht seltenen -- Fälle, wo sie an allzu weitgebenden Zumutungen der Interessierten scheitert, erscheint es in der Tat angemessen, bestimmte Grundsätze aufzustellen und eine zweckmässig gewählte Instanz zur Entscheidung von Anständen darüber einzusetzen. Der Entwurf steht auf dem Standpunkt, der sich
ohne weiteres aufdrängt, dass der Enteigner die überflüssig gewordenen Anlagen an sich ziehen kann, während die neu erstellten, da sie ja nicht seinen Zwecken dienen, in das Eigentum desjenigen zu fallen haben, dem die ersetzten Anlagen gehörten und der damit auch (entgegen der unpraktischen Bestimmung des Art. 6, Abs. 2, des gegenwärtigen Gesetzes) die Unterhaltspflicht übernimmt.

Eür den aus vermehrten Unterhaltskosten entstehenden Schaden hat der Enteigner aufzukommen, der sie ja durch die Enteignung veranlagst hat. Dass dem Enteigner die Möglichkeit gegeben wird, diese Nachteile mit Vorteilen aufzurechnen, welche die Neuanlage schafft, ergibt sich aus dem im Entwurfe in Art. 19 zum Ausdruck gekommenen Gedanken. Eür die Bestimmung diese» Schadens hat der Entwurf, entsprechend seiner Grundtendenz (siehe Abschnitt II, B 5), die Schätzungskommission als in erster Instanz zuständige

41 Stelle bezeichnet, was einer weitern Begründung wohl nicht bedarf. Auch die Frage der Eigentumszuweisung wird zweckmässigerweise eher in ihre Zuständigkeit gelegt; da es sich dabei um Mein und Dein handelt, inüssten andernfalls die ordentlichen Gerichte angerufen werden, was der Entwurf überall, wo es.

möglich ist, zugunsten der Kompetenz der Schätzungskommission zu vermeiden trachtet.

C. Planauflage.

Mit diesem Kapitel beginnen die eigentlichen Verfahrensvorschriften, bei denen auch bisher schon die Eigenart des schweizerischen Hechts gegenüber dem auswärtigen Hechte zur Geltung kam. Der Entwurf sohliesst sich, soweit möglich, grundsätzlich an das bisherige Hecht an und versucht nur, es besser auszubauen und mit vermehrten Garantien für eine raschere Erledigung und eine vollständigere Wahrung der Interessen der Beteiligten zu umgeben.

Das erste Stadium des Verfahrens -- wenn einmal die Berechtigung des Unternehmens auf die Enteignung zur Durchführung seiner Zwecke feststeht -- wird naturgemäss durch die Prüfung der Präge gebildet, ob und welche einzelnen Bechte von der Enteignung betroffen werden. Mit der Peststellung, dass das Unternehmen einen öffentlichen Zweck verfolgt, ist noch nicht entschieden, welche Privatrechte diesem öffentlichen Zwecke weichen müssen; darüber sind zwischen dem Unternehmer und den Privaten immer noch Meinungsverschiedenheiten möglich. Wenn nachgewiesen werden kann, dass der öffentliche Zweck ohne Nachteil in einer andern als der projektierten Ausführungsform zu erreichen ist, so dass weniger Privatrechte verletzt werden müssen, oder die Inanspruchnahme nicht der Notwendigkeit, sondern nur der Laune entspringt, so rechtfertigt es sich, dass die Enteignung, soweit sie in diesem konkreten Falle nicht als notwendig erscheint, verweigert wird.

Das kann nur in einem Verfahren geschehen, das sich auf die bekannt gegebenen Pläne des Enteigners aufbaut und die Erledigung der dagegen vorgebrachten Einwendungen, also zunächst die Bereinigung der Pläne, zum Gegenstand hat, und es ist selbstverständlich, dass sich dieses Verfahren nur vor der Administrativbehörde und nicht vor den Gerichten abspielen kann.

In den meisten auswärtigen Hechten wird denn auch erst, nachdem auf diese Weise das konkrete Enteignungsobjekt jedem Betroffenen gegenüber genau bestimmt worden ist,
das zur Festsetzung der Entschädigung bestimmte Verfahren eingeleitet.

Das schweizerische Hecht hat dagegen diese beiden Verfahren miteinander verbunden und die öffentliche Auflage der Pläne, die notwendig ist, um die Einsprachen dagegen kennen zu lernen, gleichzeitig auch benutzt, um die Entschädigungsforderungen zu provozieren, von der Erwägung ausgehend, dass diejenigen Betroffenen, die ihre Pflicht zur Enteignung vollständig und mit Erfolg bestreiten können, gegenüber den andern immer in grosser Minderheit sein werden. Dadurch können die Umtriebe und Kosten einer zweimaligen Planauflage und eines doppelten Provokationsverfahrens vermieden werden.

Das geltende Gesetz hat daher in Art. 12, Ziff. 2, bestimmt, dass die An-

42 meidung der 'za entschädigenden Eeohte zu erfolgen habe gleichviel, ob die Abtretuugspflicht bostritten werde oder, nicht, und die Schätzungskommission in Art. 84 angehalten, auch diejenigen Eechte zu schätzen, hinsichtlich deren" ·eine Bestreitung der Abtretuugspflicht vorliegt. 'Es nennt eine solche Schätzungin Art. 36 eine eventuelle und unterstellt "einen solchen eventuellen Entscheid der gleichen Weiterziehungsmöglichkeit wie einen definitiven. Die Folge davon ist -- im Gesetz allerdings nicht ausgesprochen --, dass in diesen Fällen unter Umständen das ganze Schätzung»- und Weiterziehungsverfahren in der Luft steht und die Kosten dafür umsonst aufgewendet worden sind, wenn die Enteignung nachträglich nicht bewilligt wird, oder dass, wenn die Bewilligung nur in einem beschränkten Umfange erteilt wird, das Verfahren sogar von neuem beginnen muss. Der Entwurf versucht, diese Folgen zu vermeiden, indem er in solchen Fällen eine Aussetzung des weitern Verfahrens bis zum Vorliegen des Administrativentscheides vorsieht (Art. 46--49), glaubt dann aber mit um so mehr Berechtigung an der Verbindung der beiden Verfahren festhalten zu können.

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.. Art, 25.

· . . ·.

. . Die in Art. 25 vorgeschriebene öffentliche Planauflage in den Gemeinden dient also den beiden Zwecken: Bereinigung der Pläne und Provozierung der Forderungsanmeldungen. Das Neue besteht darin, dass die dem Enteigneten obliegenden Verpflichtungen zur Bekanntgabe seiner Absichten genauer umschrieben sind, so dass die Betroffenen in voller Kenntnis der für sie entscheidenden Tatsachen Stellung zu dem Projekte nehmen und ihre Begehren formulieren können. Der Entwurf knüpft dabei an die bisherige, namentlich,von den Schweizerischen. Bundesbahnen beobachtete Praxis an, die es sich meistens angelegen sein liessen, neben dem eigentlichen Werkplan auch noch .einen sogenannten Enteignungsplan aufzulegen, in dem hauptsächlich nur die in Anspruch genommenen G-rundparzellen mit ihrem genauen Masse verzeichnet waren. Das . ist ein Postulat, das ohne weiteres für alle Enteignungen aufgestellt werden darf; denn sehr oft wäre es dem Enteigneten nicht möglich, sich aus dem blossen Werkp)ah. ausreichend darüber zu orientieren, ob und in welchem Umfange seine Eechte durch das Werk verletzt werden. Ein solcher Vermessungsplan
dient übrigens ja auch dem Interesse des Enteigners selbst, der ohne ihn über die mutmasslichen Kosten seines Werkes sich kaum wird einen Begriff machen können.

Daneben verlangt aber der Entwurf nun auch noch ein Verzeichnis der zu enteignenden Grundstücke und beschränkten dinglichen Eechte, soweit sie aus den öffentlichen Büchern ersichtlich sind, was ausländische Eechte die «Enteignungstabelle» nennen. Da die Pfandrechte und Nutz-' niessuügsrechte nicht enteignet werden, sondern nur die Dienstbarkeiten und die ihnen gleichgestellten vorgemerkten persönlichen Eechte, so sind unter den beschränkten dinglichen Eechten natürlich nur diese letztern verstanden.

An der dem Enteigner damit überbundenen Verpflichtung, vor der Planauflage schon sich Eechensehaft darüber zu geben, welche Dienstbarkeiten

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«r zu enteignen habe, ist in der Expertenkommission, als zu weitgehend, Anstoss genommen worden. Die Mehrheit hat jedoch diese Zumutung an den Enteigner nicht als unbillig erachtet. Dass er die öffentlichen Bücher bei der Aufstellung des Grundstückverzeichnisses zu konsultieren hat, ist ohne weiteres gegeben, und nun beschränkt ja der Entwurf die Verpflichtung zur Angabe der beschränkten dinglichen Beeilte auf die in diesen Büchern eingetragenen. Diese Angabe ist ihm also ebensogut möglich wie diejenige der Grundstücke selbst mit ihren eingetragenen Eigentümern, und sie ist um so unerlässlicher, als durchaus nicht immer die auf einem enteigneten Grundstück lastenden Dienstbarkeiten gleichzeitig auch aufgehoben worden müssen, sondern der Fall sehr wohl denkbar ist, dass der Enteigner die einen oder andern fortbestehen lassen kann und will. Ihre Ergänzung findet die Vorschrift durch diejenigen der Art. 28 und 29.

In Abs. 3 und 4 werden die Verpflichtungen für spezielle Fälle eingeschränkt, bzw. erweitert. Eingeschränkt zunächst für den im Entwuife ausdrücklich zugelassenen Fall der. bloss vorsorglichen Enteignung für die Zukunft. Weil hier das zu errichtende Werk noch nicht feststellt, so kann auch ein Plan dafür nicht aufgelegt werden. Anderseits ist auch die Dauer der Enteignung anzugeben, wenn sie sich auf eine bestimmte Zeit beschränken soll. Fehlt eine solche Angabe, so darf der Enteignete annehmen, es handle sich nicht um eine bloss vorübergehende, sondern um eine dauernde Enteignung.

. A r t , 26.

Hand in Hand mit der "Planauflage und zu ihrer Verdeutlichung hat die A u s s t e c k u n g auf dem Gelände zu gehen, wie dies auch heute schon vorgeschrieben ist. Neu ist, mehrfachen Begehren der Praktiker entsprechend, auch die Aufstellung von Profilen vorgesehen worden, wo sich solche als notwendig erweisen.

Art. 27.

', Das gegenwärtige Gesetz kennt keine Sanktionen wegen Verletzung, dieser V e r p f l i c h t u n g e n , und das hat zu vielen lebhaften Beschwerden der Enteigneten geführt. Der Entwurf hat daher nach Mitteln und Wegen gesucht, um für eine Einhaltung dieser Vorschriften vermehrte Garantien zu bieten, ohne dass doch das Verfahren dadurch allzusehr erschwert würde. Er .hat den Ausweg in der dem Präsidenten der Schätzungskommission auferlegten Verpflichtung gefunden, die Beobachtung
der Vorschriften .der Art. 25 und 26 zu überprüfen, und zu diesem Zweck angeordnet, dass die Pläne und Verzeichnisse durch seine Vermittlung an den Gemeinderat zur Auflage zuzustellen seien, und dass er, bevor er sie weiter gibt, allfällig Mangelndos von Amtes wegen ergänzen lässt. Er wird sich daher auch darüber vorher zu vergewissern haben, ob die Aussteckung erfolgt und die notwendigen Profile gestellt seien, und kann natürlich auch auf Beschwerde noch einschreiten. Da der Entwurf dem Präsidenten der Schätzungskommission eine total veränderte Stellung einräumt, ihm auch sonst so viele Kompetenzen überweist, dass er die Stellung

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kaum mehr nur im Nebenamt wird ausüben können, sondern sich ihr ausschliesslich wird widmen müssen, schien er die gegebene Person zu sein, um diese Oberaufsicht in einer für beide Parteien möglichst wenig lästigen, zugleich aber auch raschen und wirksamen Weise auszuüben.

Art. 28.

Die in Art. 28 enthaltene Vorschrift über die ö f f e n t l i c h e Auflage der Pläne beim Gemeinderat enthält sachlich gegenüber dem bisherigen Eechte nur die Änderung, dass in der öffentlichen Auskündung auch noch ein Hinweis auf den Enteignungsbann (Art. 40) enthalten sein soll und ferner die Eigentümer angehalten werden, von der Enteignung ihren davon betroffenen Mietern und Pächtern Anzeige zu machen. An der Auflagefrist von 30 Tagen ist nichts geändert; dagegen war, mit Eücksicht auf die neue Vorschrift der persönlichen Benachrichtigung in Art. 29, eine Bestimmung über den Beginn des Fristen! auf es notwendig.

. '. · Art. 29.

Die persönliche Benachrichtigung der aus dem Grundbuchoder den sonstigen öffentlichen Büchern ersichtlichen oder dem Enteigner sonst bekannten Entschädigungäberechtigten ist ein Postulat, das aus den Kreisen der Enteigneten mit Nachdruck aufgestellt worden ist und dessen Berechtigung wir uns nicht verschliessen konnten. Sie ist schon im Stark- und Schwachstromgesetz für die auf. dieses gestützten Enteignungen vorgesehen (Art. 51, Abs. 1) und auch sonst in andern neuern Gesetzen überall da neben der blossen öffentlichen Auskündung vorgeschrieben, wo von dem zu Benachrichtigenden ein positives Handeln innert Frist verlangt wird und an die Nichteinhaltung der Frist Bechtsnachteile geknüpft werden. Wir erinnern nur an die Vorschriften der Art. 189, 238, 249, 257 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, wo ähnliche Verhältnisse vorliegen. Da der Enteigner das Grundbuch und, wo ein solches noch nicht besteht, die andern öffentlichen Bücher ohnehin zur Erstellung der Enteignungstabelle konsultieren mussr darf ihm unbedenklich zugemutet werden, an die daraus ersichtlichen, nach seiner Feststellung vom Enteignungsverfahren Betroffenen auch noch diese persönliche Anzeige ergehen zu lassen und ihnen mitzuteilen, was sie abzutreten haben.

Art. 30.

Den rein obligatorisch berechtigten Mietern und Pächtern kann der Entoigner von der Enteignung eine Anzeige nicht zukommen lassen, da er in. den wenigsten Fällen, selbst wenn er von der Vermietung Kenntnis hat, wissen kann, wie weit ihre Eechte gehen und ob sie zu den Entschädigungsberechtigten, gehören könnten. Eine Erkundigungspflicht darüber kann ihm aber nicht auferlegt werden. Meistens werden sie ja durch die öffentliche Auskündung auf die Enteignung aufmerksam gemacht werden und daher in der Lage sein, die zur Peststellung ihrer Entschädigungsansprüche erforder-

45 lichen Erkundigungen selBst vorzunehmen. Doch ist damit natürlich eine Sicherheit dafür nicht gegeben, dass sie auch in allen Fällen wirklich rechtzeitig orientiert sein werden. Daher hat der Entwurf an Stelle der vom Enteigner ausgehenden persönlichen Anzeige an die Mieter und Pächter eine Benachrichtigungspflicht des enteigneten Eigentümers gesetzt, der ihnen obligatorisch verpflichtet ist, es der Praxis überlassend, festzustellen, ob aus der Verletzung dieser Pflicht ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch abgeleitet werden könne.

Art. 31 und 82.

Die öffentliche Planauflegung ist immer eine umständliche und kostspielige Sache, und schon das gegenwärtige Eecht hat daher die Möglichkeit vorgesehen, sie zu unterlassen und dafür ein «ausserordentlich.es Verfahren» einzusetzen. Sie erweist sich in der Tat jedenfalls dann als nicht nötig, wenn es sich lediglich um vereinzelte Abänderungen an einem schon aufgelegten Plane handelt, die nur wenige Enteignete betreffen. Man kann auch ohne Bedenken von ihr absehen, wenn bei einem neu zu erstellenden Werke zum vornherein feststeht, dass von der Enteignung nur einzelne Grundeigentümer betroffen werden. Diesen Fällen hat der Entwurf, sich in ·dieser Beziehung an Art. 17 des gegenwärtigen Gesetzes anschliessend, auch noch diejenigen beigefügt, wo die Enteignung in Anspruch genommen wird nicht zur Neuerstellung, sondern lediglich für die Zwecke eines schon bestehenden Werkes, sofern es sich um seinen Unterhalt oder Betrieb oder um unwesentliche Veränderungen oder Erweiterungen handelt. Und endlich können gleich behandelt werden die Enteignungen für beschränkte kurze Zeit. In allen diesen Fällen besteht die höchste Wahrscheinlichkeit, dass der Enteigner ganz genau über die in die Enteignung einzubeziehenden Enteigneten orientiert ist, so dass sie also durch eine persönliche Anzeige erreicht werden können. Die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen auch wirklich vorliegen, hat das ·gegenwärtige Eecht in die Hände des Bundesrates gelegt (Art. 22). Der Entwurf sieht statt dessen den Präsidenten der Schätzungskommitsion* als ·zuständig vor, entsprechend der Tendenz, den Bundesrat nach Möglichkeit zu entlasten und das Verfahren zu beschleunigen. Die Erstellung eines Planes über das Werk wird natürlich in den meisten Fällen trotzdem nicht zu umgehen sein (ausgenommen wenn die Enteignung bloss durch den Unterhalt oder Betrieb eines bestehenden Werkes veranlasst wird),,und der Entwurf dispensiert denn auch den Enteigner grundsätzlich nicht davon, sondern nur von der Auflegung, verlangt aber, dass dem Enteigneten Gelegenheit gegeben werde, den erstellten Plan einzusehen, wenn er ihm nicht mit der persönlichen Anzeige zugestellt werden kann (Art. 32, lit. d). Auch die Verpflichtung zur Aufstellung des Vermessungsplanes und des Verzeichnisses der enteigneten Eechte bleibt bestehen, ebenso v/ie diejenige zur Aussteckung und Profilierung. Dagegen tritt an Stelle des aufzulegenden Verzeichnisses

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der zu enteignenden Grundstücke die genaue Bezeichnung des in Anspruch genommenen, oder, einzuräumenden Bechts in der persönlichen Anzeige an den Betroffenen. Im übrigen rnuss die Anzeige natürlich den. gleichen Inhalt haben wie die öffentliche Bekanntmachung, also die Aufforderung zur Geltendmachung der Einsprachen und Forderungen enthalten, unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Unterlassung, Der Entwurf hat es nicht für nötig erachtet, ausdrücklich noch Bestimmungen aufzustellen, wonach auch in diesem Verfahren der Präsident der Schätzungskommission dafür zu sorgen hat, dass die Enteigneten in einer dem Gesetze entsprechenden Weise über die Absichten des Enteigners orientiert werden. Die Praxis dürfte ohne weiteres den Weg finden, dass eine Partei, die sich darüber zu beschweren hat, dass in der persönlichen Anzeige nicht alle Angaben enthalten sind, auf die sie ein Anrecht hat, das Einschreiten dea Präsidenten der Schätzungskommission provozieren kann, zumal sich aus der Verweisung auf Art. 26. ergibt, dass er auch für die gehörige Beobachtung der Vorschriften über die Aussteckung und Profilierung zu wachen hat.

Die -Bestimmung, dass dem Gemeinderat eine Abschrift der Anzeige zuzustellen sei, bezweckt, iTm instand -zu setzen, allfällig durch das ö f f e n t l i c h e Interesse verlangte Begehren an den Enteignev auch in diesen Fällen stellen zu können. Sie verschafft überdies der Anzeige eine gewisse Publizität, die allfällig weitere, vom Enteigner übersehene Betroffene noch auf den Plan- rufen kann.

Art. 83.

.

.

In den Art. 88 und 3-1 werden die innerhalb der Eingabefrist von den Enteigneten zu f o r m u l i e r e n d e n Begehren näher umschrieben, und zwar werden auseinandergehalten in Art. 83 einerseits diejenigen, welche sich mit den Plänen befassen, also nicht rror die Einsprachen, welche prinzipiell die Anwendung des Enteignungsrechts auf den konkreten Fall .bestreiten, sondern, auch diejenigen Begehren, die eine andere Form ihrer Anwendung verlangen, d. h. ihre Ausdehnung vom Teil auf das Ganze, und welche bestimmte neue Vorkehren zur Sicherung, zur Wiederherstellung von Leitungen, Kommunikationen usw. zum Gegenstand haben, --· anderseits in Art. 84 die Forderungseingaben. Der Entwurf verlangt dafür, wie das gegenwärtige Becht, eine schriftliche Eingabe beim G e m e i n d e r a t , und zwar auch für das ausserordentliche Verfahren. Man kann sie nicht wohl direkt an den Präsidenten der Schätzungskornrnission gehen lassen; das würde für den Ent eigneten, mit Rücksicht auf die vom Entwurf vorgeschlagenen grossen Schätzungskreise, umständlicher sein. Es ist auch wünschenswert, dass der Gemeinderat über das, was sich auf seinem Gebiete abspielt, auf dem laufenden gehalten sei. Überdies postuliert der Entwurf aber neu auch eine Begründung, wobei, "weil .über deren Umfang nichts gesagt ist, natürlich nicht davon die Hede sein könnte, eine nur ganz summarisch begründete Eingabe oder eine solche, welche sich mit der genauen Aufzählung der Begehren begnügt, des-

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halb als nicht erfolgt und vollständig unwirksam zu erklären. Es soll vielmehr da, wo jede oder eine ausreichende Begründung fehlt, der Entoigner nur berechtigt sein, eine solche nachträglich noch, wenn sie ihm notwendig erscheint, zu fordern. Die verlangte Begründung wird nicht nur dem Präsidenten der Schätzungskommission ermöglichen, das Einigungsverfahren gehörig vorzubereiten, sondern namentlich auch die Enteigneten dazu anhalten, nicht unbedacht mit unbegründeten Forderungen aufzutreten und sich, bevor sie die Eingabe abgehen lassen, ihre Stellungnahme genau zu überlegen, allfällig auch sich zu beraten.

Art. 34.

Die Forderung der Begründung gilt natürlich auch für die in Art. 84 näher umschriebenen Forderungseingäben, die nur der Deutlichkeit halber besonders hervorgehoben worden sind, in der Praxis aber wohl immer in der gleichen Eingabe enthalten sein werden, welche sich mit den Begehren nach Art. 33 befasst. Entsprechend dem System des gegenwärtigen Eechts sind diese Forderungen auch dann, zu formulieren, wenn grundsätzlich das Eccht zur Enteignung bestritten wird. Auch die Form der Entschädigung soll vom Enteigneten näher angegeben werden, also z. B. wenn ausnahmsweise Naturalersatz verlangt wird. Neu ist aber das Verlangen nach z i f f e r m ä s s i g e r Bestimmung der Geldforderung. Das gegenwärtige Becht verlangt nur eine Anmeldung der Kochte, so dass der Enteigner bis zur Schatzungsverhandlung vollständig im unklaren gelassen werden durfte, was eigentlich von ihm verlangt werde. Allgemein hat sich das in der Anwendung des Gesetzes als unpraktisch erwiesen. ,,Wenn der Enteigner den Enteigneten vollständig über seine Absichten aufklärt, wofür ja der Entwurf nun die nötige Garantie schafft, so kann er auch verlangen, dass der Enteignete ihm über die Konsequenzen, die er daraus hinsichtlich der verlangten Entschädigung zieht, rechtzeitig und vollständig Auskunft gebe, damit er sein weiteres Verhalten danach einrichten kann.

Art. 35.

Es ist schon früher auf die Stellung der Dienstbarkcitsberechtigten und ihnen gleichgestellten Gläubiger aus im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Hechten hingewiesen worden (Art. 21), Sie wird nun in Art. 35 noch dadurch näher präzisiert, dass diess Berechtigten und Gläubiger, gleich wie die Mieter und Pächter, zur Anmeldung ihrer Forderungen nicht
nur.berechtigt, sondern auch verpflichtet erklärt werden. Damit ist denn auch ausgesprochen, dass die Säumnisfolgen wegen verspäteter Geltendmachung auch sie treffen. Dass die Pfandgläubiger und Nutzniessungsberechtigten eine andere Stellung haben und ihre. Forderungen auf den Wertersatz nicht anzumelden brauchen, ist bereits früher ausgeführt worden (Art. 22). Hier handelt es sich darum, die processuale Stellung der Nebenberechtigten festzulegen, .und daher war eine Bestimmung darüber notwendig, dass eine Verpflichtung zur Anmeldung der Pfand- und Nutzungsrechte nicht besteht.

48 Das schliesst nicht aus, dass die Pfandgläubiger aus freien Stücken hier schon sich anmelden, wenn sie sich als Partei im Verfahren konstituieren wollen. Art.36.

In der Frage der Folgen der Nichteinhaltung der Eingabefrist «teilt sich der Entwurf auf einen ganz andern Boden als das bisherige Hecht, das nach Ablauf der Eingabefrist jede Einsprache gegen die Abtretungspflicht überhaupt ausschloss, die Verspätung der Forderungseingabe mit dem Verluste des Eechts der Weiterziehung des Schätzungsentscheides bestrafte und überdies sogar jede Entschädigungsforderung vollständig als verwirkt erklärte für .alle Eechte, welche nicht innerhalb eines Jahres nach der Planauflage angemeldet worden -waren. Eine Restitution .gegen diese letztere Rechtsfolge sah es nur vor, wenn der Nachweis erbracht werden konnte, dass das betreffende Recht erst später bekannt wurde. Diese ^Regelung ist allgemein schon längst als zu rigoros anerkannt worden; sie ist ^auch durch das Interesse des Enteigners nicht absolut geboten. Der Entwurf hat daher versucht, innert dem Rahmen des Zulässigen die Stellung des Enteigneten zu verbessern, namentlich ihm in weitgehendem Masse die Stellung nachträglicher Begehren in allen denjenigen Fällen zu ermöglichen, in denen ihm eine frühere Forderungsanmeldung nicht zugemutet werden konnte.

Vorerst ist nicht einzusehen, weshalb nicht auch grundsätzlich nachträglich Einsprachen gegen die Enteignung sollten zugelassen werden können, ·wenn der Enteignete durch unverschuldete äussere Hindernisse an der Einhaltung der Frist verhindert wurde. Ist das Werk noch nicht in Angriff genommen, so kann auch die Frage, ob es gerade in der vorgesehenen Form zur Ausführung gelangen dürfe^ in der Mehrzahl der Fälle immer noch diskutiert werden, und der Entwurf will dazu die Möglichkeit schaffen, indem er innert :80 Tagen nach Wegfall des Hindernisses eine solche nachträgliche Einsprache zulässt. Zugegeben mag werden, dass es Fälle geben kann, wo die Vorbereitungs. arbeiten soweit vorgeschritten sind, dass das Eintreten auf ein solches Begehren, wenn es begründet erklärt würde, unter Umständen eine ganz neue Planbearbeitung und Umgestaltung der ganzen Anlage notwendig machen würde.

Doch würde es sich kaum rechtfertigen, wegen solcher Ausnahmefälle die .Restitution grundsätzlich zu versagen. Die Praxis wird den Ausweg ohne Schwierigkeit darin finden, dass sie solche Einsprachen als sachlich unbe. gründet verweigert.

Art. 37.

Was sodann die Forderungen betrifft, so weist Art. 89 die Schätzungskommission an, sie auch ohne Anmeldung zu beurteilen, soweit die enteigneten Rechte aus den ihr vorliegenden Urkunden ersichtlich sind, und da der Entwurf den Enteigner nun verpflichtet, die Grundbücher und sonstigen öffentlichen JSücher vor der Planauflage zu konsultieren, werden Eigentumsrechte wohl

49 kaum unbeurteilfc bleiben. Den Verlust des Weiterziehungsrechts als Strafe für die nicht rechtzeitige Anmeldung lässt der Entwurf fallen, weil er sich gesetzgebungspolitisch nicht rechtfertigen lässt.

Über die nicht aus dem Enteignungsverzeichnis ersichtlichen und nicht sonst offenkundigen Bechte kann ein Entscheid der Schätzungskommission ohne Anmeldung natürlich nicht ergehen. Sie müssen aber mit Bezahlung der Enteignungsentschädigung ipso jure auch untergehen (Art. 85). Die Billigkeit verlangt, dass .der Enteignete dafür entschädigt -werde, auch wenn er die Forderung nicht rechtzeitig angemeldet hat und auch wenn das Schätzungsverfahren deswegen neu eingeleitet werden inuss. Aber auf der andern Seite kann der Enteigner auch verlangen, dass solche nachträgliche Forderungen wo immer möglich vermieden werden und dass ohne Not das Schätzungsverfahren nach seinem Abschluss nicht wieder eröffnet werde. Der Entwurf gibt daher die Möglichkeit nachträglicher Ansprüche nicht u n b e s c h r ä n k t : wenn die Fristansetzung in Art. 88 einen Sinn haben und wirksam sein soll, so muss die verschuldete Versäumnis derselben dem Säumigen eben zum Nachteil gereichen. Er lässt eine spätere Eingabe also nur zu, wenn die Einhaltung der Frist dem Enteigneten oder seinem Vertreter ohne sein Verschulden nicht möglich war. Und anderseits verlangt er, dass nach Wegfall des Hindernisses nicht neuerdings wieder mit der Anmeldung gezögert werde, eröffnet also nur eine nochmalige SOtägige Frist, nach deren unbenutztem Ablauf er die Forderung für verwirkt erklärt (Art. 89). Er ist in dieser Beziehung also rigoroser als das gegenwärtige Becht, welches für nachträgliche Forderungseingaben eine Frist von 6 Monaten aufstellt und sie während dieser Frist unbeschränkt zulässt, ohne den Nachweis eines Eestitutionsgrundes, und nur die Weiterziehung des Schätzungsentscheides nicht mehr gestattet.

Neben dem Falle der Verhinderung -an der Geltendmachung durch äusaere Umstände ist aber nach dem Vorgang des geltenden Eechts eine Zulassung nachträglicher Forderungen auch dann geboten, wenn das zu enteignende Hecht dem Berechtigten erst später zur Kenntnis gelangt (vgl. Art. 14, Abs. 2, des gegenwärtigen Gesetzes). Diesem Falle stellt der Entwurf neu den andern gleich, wo ein Eecht vom Enteigner ohne gehörige. Benachrichtigung des
Berechtigten in Anspruch genommen worden ist, was praktisch auch nicht gar zu selten vorkommt, wenn der Unternehmer, dem die Ausführung des öffentlichen Werkes übertragen worden ist, sich nicht an die aufgelegten Pläne hält, sei es absichtlich, sei es gezwungenermassen. Und in Art. 87, lit. c, wird gestützt auf Erfahrungen in der Praxis ferner noch die Möglichkeit ins Auge gefasst, dass erst im Verlaufe des Baues oder sogar erst nach Fertigstellung desselben und wenn das öffentliche Werk dem Betriebe übergeben worden ist, eine Schädigung oder eine andere, vermehrte Schädigung dem Betroffenen erkennbar wird.

Man denke z. B. daran, dass eine Quelle, von deren Zufluss man nichts wusste, während des Baues erst abgegraben wird. Das ist namentlich aber auch nötig, weil die aus dem Betriebe eines Werkes entstehenden Schädigungen gestützt auf die Pläne in den wenigsten Fällen zutreffend abgeschätzt werden können, Bundesblatt. 78. Jahrg. Ed. H.

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zumal ja der Betrieb ohne besondere Anzeige an die Enteigneten von einem Tag auf den andern ganz anders gestaltet werden kann, als bei der Planauflage vorausgesehen wurde oder werden konnte. Die Möglichkeit, wegen solcher Schädigungen auch später noch neue Begehren zu stellen, darf daher dem Enteigneten nicht genommen werden; sie kann übrigens auch dem Enteigner dienen, indem sie ihn davor schützt, dass diese Nachteile, die unter dem Titel der Inkonvenienzen geschätzt werden, wie das mitunter in der Praxis zu geschehen pflegte, um ja dem Enteigneten kein Unrecht anzutun, viel zu hoch taxiert werden.

Art. 38.

Die Begehren um Ausdehnung der Enteignung, Wiederherstellung gestörter Wege und Leitungen und Wahrung der ö f f e n t lichen Interessen (Art. 23) will der Entwurf, wenn ein Bestitutionsgrund vorliegt, zulassen bis zum Schlüsse der Einigungsverhandlung. Diese Befristung erscheint geboten mit Bücksicht darauf, dass die Schätzungskommission es ist, welche über diese Begehren zu. entscheiden hat und weil alle ihrem Entscheid unterstehenden Fragen, wo immer möglich, im gleichen Verfahren erledigt werden sollten. Dies ist aber'auch möglich, ohne den Enteigneten zu benachteiligen, weil ja die Einigungsverhandlung --.selbst wenn das abgekürzte Provokationsverfahren vorausgegangen ist ·-- öffentlich bekanntgemacht wird (Art, 43), und jeder Interessent, auch wenn er keine persönliche Anzeige von der beabsichtigten Enteignung erhalten haben sollte, dadurch wieder auf sie aufmerksam gemacht wird und sich nicht mehr darauf berufen kann, nichts von der Enteignung gewusst zu haben.

Art. 39.

Die Frist zur Geltendmachung der nachträglichen. Forderungen ist auf 80 Tage eingeschränkt. Sie wird vom Tage an berechnet, wo die Möglichkeit ihrer Anmeldung bestand, und lässt die Ansprüche bei Nichteinhaltung dieser Frist verwirken. Das erweist sich als notwendig, um den Enteigner davor sicherzustellen, dass er nach. Jähr und Tag, wenn er seine Bechnungen längst abgeschlossen hat, mit solchen Nachforderungen behelligt wird.

Über die Voraussetzungen der nachträglichen Geltendmachung von Forderungen, darüber also, ob ein Bestitutionsgrund vorhanden und ob die Verwirkungsfrist eingehalten sei oder nicht, hat, als über eine V o r f r a g e , die Schätzungskommission zu entscheiden, und sie kann, als Bechtsfrage, dann auch- dem Bekursentscheide des Bundesgeriehts unterstellt werden (Art. 77, Abs. 2), womit alle Interessen ausreichend gewahrt scheinen, während natürlich der Bundesrat zuständig ist, über die Frage der Zulassung verspäteter Einsprachen gegen die Abtretung zu entscheiden.

51 Art. 40 und 41.

Erfahrungsgemäss wird oft nach Bekanntwerden von Projekten für öffentliche Werke, welche das Enteignungsverfahren beanspruchen müssen, versucht, mit den wahrscheinlich in die Enteignung einbezogenen Grundstücken allerhand Manipulationen rechtlicher oder tatsächlicher Natur zu dem Zwecke zu treffen, eine höhere Entschädigung verlangen zu können. Der Entwurf sucht dem schon durch die in den Art. 17, Abs. 3, und Art. 21 enthaltenen Vorschriften zu steuern. Noch wirksamer wird die Stellung des Enteigners, gewahrt durch den sogenannten Enteignungsbann, den auch schon das geltende schweizerische Eecht kennt (Art. 28), gleich wie er in den meisten kantonalen und ausländischen Rechten sich findet. Der Entwurf geht in der Formulierung des Verfügungsverbotes einesteils weniger weit als das gegenwärtige Eecht, indem er rechtliehe Verfügungen nicht, wie dieses, vollständig verbietet.

Hierzu liegt eine zwingende Notwendigkeit nicht vor, da durch eine Veräusserung oder eine Belastung mit Pfandrechten die Stellung des Enteigners durchaus nicht immer erschwert wird. Macht der Enteigner vollends von der ihm in Art. 41 des Entwurfs eingeräumten Befugnis Gebrauch, nach der Auflegung des Planes eine Verfügungsbeschränkung zu Lasten der von der Enteignung betroffenen Grundeigentümer im Grundbuch vormerken zu lassen, so ist er in allen Fällen gegen die aus solchen rechtlichen Verfügungen entstehenden nachteiligen Wirkungen gesichert, da dann auch Dritte sich ihm gegenüber darauf nicht berufen können. Anderseits ersetzt, der Entwurf, was die tatsächlichen Verfügungen anbelangt, die Formulierung des gegenwärtigen Bechts (Verbot der «wesentlichen Veränderungen an der äussern Beschaffenheit») durch eine allgemeiner lautende, indem er einfach jede die Enteignung erschwerende Verfügung untersagt, ohne zwischen rechtlicher und tatsächlicher Verfügung zu unterscheiden, damit also für die Beurteilung jedes einzelnen Falles nach seinen Besonderheiten mehr Spielraum lässt. Tatsächliche Verfügungen, die keine Erhöhung der Enteignungsentschädigung zur Folge haben können, sind nach dieser Formulierung erlaubt; ebenso solche, die sie nur reduzieren können, während das Verbot im geltenden Art. 28 auch hier starr war. Endlich nimmt der Entwurf davon Umgang, eine Ausnahme von dem Verbote für «Notfälle» zu mächen und
verweist den Enteigneten, wenn solche Änderungen wirklich nicht zu umgehen sind, an den Enteigner, der sein Einverständnis in einem tatsächlichen «Notfalle» kaum verweigern wird. Art. 42.

Natürlich geht Hand in Hand mit der Einschränkung des Enteigneten in seiner freien Verfügungsfähigkeit über das im Plane beanspruchte Eecht die Verpflichtung des Enteigners, den daraus entstandenen Schaden zu .vergüten; denn es handelt sich bei diesem Verbote ja eigentlich um nichts anderes, a]s um eine zeitliche Beschränkung in der Ausübung der enteigneten Eechte, also um eine vorübergehende Enteignung, für welche daher,

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wie für die definitive Enteignung selbst, Ersatz zu leisten ist. Für den Umfang der Schadenersatzpflicht gelten also die allgemeinen Begeln des 2. Kapitels.

In Frage steht, weil die Entschädigung nicht für den realisierten Wert des in Enteignung fallenden Grundstücks, sondern nur für eine Nutzungsbeeinträchtigung zu leisten ist, ein Fall des sogenannten persönlichen Schadens, der den Pfandgläubigern also nicht vorhaftet ist. Während nun nach bisherigem Becht dieser Schaden in einem besondern, vor Bundesgericht als einziger Instanz sich abspielenden und nach den Vorschriften des Zivilprozesses abzuwandelnden Verfahren festgestellt wurde, verweist der Entwurf auch diese Frage.

der Eegel nach in das Schätzungsverfahren, wohin sie auch ihrer Natur nach zweifellos gehört und in dein sie in sehr vielen Fällen ohne weitere Kosten und Umtriebe gleichzeitig-mit der Schätzung der Enteignungsentschädigung erledigt werden kann und dann auch mit dem Entscheid über letztere der Weiterziehung unterliegt. Diese Lösung entspricht einem Postulate, das schon sehr früh sozusagen allgemeine Zustimmung gefunden hat, und sie ist dem gegenwärtigen Ecchtszustande sicherlich in allen denjenigen Fällen vorzuziehen, wo das Schätzungsverfahren nicht allzu lange auf sich warten lässt. Auch wenn nach seinem Abschluss das Werk nicht sofort in Angriff genommen wird, die schädigenden Wirkungen des Enteignungsbannes sich also über diesen Zeitpunkt hinaus noch geltend machen, so wird in den meisten Fällen, anhand der grundsätzlichen Entscheidung der Schätzungskommission, der erst später noch eintretende Schaden von den Parteien selbst auch ohne weiteres bestimmt werden können. Es ist nun aber möglich, dass die Bereinigung der aufgelegten Pläne sich lange hinzieht und dass daher schon die Einigungsverhandlung deswegen, eingestellt werden muss (Art. 46). Ist es doch vorgekommen, dass Enteignurigspläne mit dem sich daran anknüpfenden Bann bis zu 10 und mehr Jahren aufgelegt blieben, ohne dass das Schätzungsverfahren eingeleitet worden wäre. Wenn nun auch nach den Bestimmungen des Entwurfes solche Verhältnisse wenigstens ohne Zustimmung beider Parteien nicht mehr eintreten können, weil die Einleitung des Schätzungsverfahrens nicht mehr in die Hände des Enteigners gelegt ist, sondern von Amtes wegen im Anschluss an die Auflegung der
Pläne betrieben wird (Art. 48, 52), so ist es immerhin bei der im Eisenbahnwesen üblichen Verbindung des Enteignungs- mit dem Plangenehmigungsverfahren (vgl. die Bemerkungen zu Art. 46) möglich, dass der Enteignungsbann sich über eine längere Dauer erstreckt, wenn z. B..die Einsprachen der Kantone und Gemeinden gegen die aufgelegten Pläne zu langwierigen Verhandlungen führen, die sich über Jahre hinziehen können. Für diese ausnahmsweisen Fälle gestattet der Entwurf nach Ablauf einer bestimmten Frist, die er auf 2 Jahre ansetzt, auch die gesonderte Anhängigmachung der Schadenersatzforderung, verweist sie aber dann natürlich auch vor die Schätzungskommission (Art. 58, lit.«, lind Art. 60, lit.c). Dieses besondere Verfahren ist auch dann notwendig, wenn nachträglich im Verfahren vor dem Bundesrat die Einsprache gegen die Enteignung geschützt wird und das mit dem Bann belegt gewesene Grundstück überhaupt vom Enteigner nicht in Anspruch genommen werden kann.

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Bei dieser Regelung des Verfahrens seheint es nicht notwendig zu sein, die Wirkungen des Enteignungsbannes in starrer Weise auf eine bestimmte Anzahl von Jahren zu beschränken, wie dies in vereinzelten Rechten geschieht (z. B. in Zürich: 2 Jahre). Den bei der Diskussion über diese Frage auch geäusserten Gedanken, es sollte eine Pflicht des Enteigners ausgesprochen werden, als Ersatz des Schadens aus dem Enteignungsbann in allen Fällen mindestens den Zins des Kapitalwertes der mit der Beschränkung belegten Objekte zu bezahlen, so dass der Enteignete nur einen allfälligen höhern Schaden nachzuweisen hätte, hat der Entwurf, in Übereinstimmung mit der Begutachtung der vorberatenden Instanzen, nicht aufgenommen. Nachdem er die Feststellung der Ersatzpflicht in die Hände der Schätzungskommission gelegt hat und in dem Verfahren vor ihr die Beweispflicht nicht mehr die gleiche Bólle spielt wie in einem gewöhnlichen Zivilprozess, lag schon aus diesem Grunde eine Notwendigkeit dafür nicht vor. Es wäre aber auch sachlich nicht gerechtfertigt, eine Verzinsung des Kapitalbetrages vom Momente der Auflegung der Pläne an in allen Fällen unterschiedslos vorzusehen; denn wenn es sich um Kulturland handelt, das als solches auch trotz des Enteignungsbannes noch benutzt werden kann, würde damit sehr oft der Enteignete nicht entschädigt, sondern bereichert.

D. Einigungsverïahren.

Das gegenwärtige Gesetz enthält keine Vorschrift, welche den Gemeinderat anhält, nach Ablauf der Eingabefrist die bei ihm eingegangenen Eingaben, soweit sie Einsprachen gegen die Enteignung enthalten,.dem Bundesrate von Amtes wegen zum Entscheide zu unterbreiten. Da in der gleichen Eingabe auch die Forderungen enthalten sein konnten und die Forderungseingaben dem Unternehmer zugestellt wurden, dem es freistand, die Schätzungskonnnission einzuberufen, wann es ihm beliebte, so war es möglich und kam oft vor, dass auch die Einsprachen an den Enteigner wanderten und dort liegen blieben, und erst wenn der ungeduldig gewordene Enteigne te. einmal reklamierte, nach Jahr und Tag ein Entscheid über diese Vorfrage ergehen konnte. Der Entwurf schaltet daher den bisherigen Parteibetrieb aus und geht zum Offizialbetrieb über, in dem Sinne, dass das Verfahren von Amtes wegen weitergeführt werden muss, bis es entweder zu einer gütlichen .Erledigung oder zu
einem Entscheide der Schätzungskommission gekommen ist.

Den Versuch dergütlichenVerständigung sah auch das bisherige Gesetz in Art. 26, wenigstens für die Schätzungsfragen, schon vor, indem es die Schätzungskommission nur amten liess,
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·wobei natürlich beide Teile gewinnen; denn jeder hat ein Interesse daran, dass das Enteignungsverfahren, wenn es einmal eingeleitet ist, möglichst rasch zu.

einem Ziele führe. Bisher fehlte aber für die Leitung dieses Sühneyerfahrens eine neutrale amtliche Instanz, wie sie im gewöhnlichen Zivilprozess als selbstverständlich erscheint und wie sie auswärtige Gesetze auch kennen. Meistens betraute der Enteigner einen sogenannten Expropriationskommissär mit der Aufgabe, die Enteigneten aufzusuchen und mit ihnen die sogenannten .Expropriationsverträge abzuschliessen. Als Persönlichkeiten, die meist über eine grosse Erfahrung verfügten und zugleich auch sehr oft durch ihre Stellung eine gewisse Autorität genossen, waren sie dem einzelnen Enteigneten, der in diesem Stadium in den wenigsten Fällen schon einen Vertreter zuzog, naturgemäss gewöhnlich überlegen, und dadurch schon haftete diesen Verhandlungen eine gewisse Einseitigkeit an. Es kam dazu, dass der Kommissär mit jedem einzelnen gesondert verhandelte, so dass der Enteignete nicht wusste, was den andern Beteiligten versprochen und zugestanden wurde. Das führte zu Ungleichheiten in .der Behandlung, da begreiflicherweise der Kommissär im Interesse des Zustandekommens einer Verständigung .auch nicht davor zurückschreckte, einem besonders hartnäckigen Enteigneten mehr zuzubilligen als einem nachgiebigeren. Solche Ungleichheiten aber vergiften das Verfahren und wirken sich dann auch oft nachteilig in einem spätem amtlichen Schätzungsverfahren aus. Zeigt sich nachher, wenn die amtlichen Schätzer auf den Plan treten, dass sie von andern Grundsätzen ausgehen, als der Kommissär, so wirft das wieder seme Schatten zurück auf die bereits erledigten Fälle. Auf selten der Enteigneten entlädt sich der Unmut, wenn die Schätzungskommission denjenigen, die es zu ihrem Entscheide haben kommen lassen, mehr zuspricht, als die Unternehmung in den perfekten Expropriationsverträgen versprochen hatte, auf das Unternehmen als solches und schädigt die zukünftigen Beziehungen zu ihm; .anderseits wird es der Schätzungskommission schwer gemacht, in ihren Ansätzen unter die Preise -zu gehen, die der Kommissär im Namen der Unternehmung bereits genehmigt hatte, selbst wenn sie sie für zu hoch hält. Das Bestreben des Kommissärs muss daher, wenn er seinem Auftraggeber nicht schaden
will, naturgemäss dahin gehen, die Preise möglichst zu drücken, woraus ihm natürlich, da er ja nicht dazu bestellt worden ist, für die Enteigneten zu sorgen, sondern die Interessen des Enteigners wahrzunehmen, kein" Vorwurf .gemacht werden kann.

Die gegebene Schlussfolgerung aus diesen Verhältnissen ist die, dass die Leitung dieses Verfahrens, bei welchem sich bisher nur die beiden Parteien gegenüberstanden, und zwar in ungleicher Eüstung, einer über ihnen stehenden, sachkundigen Person übergeben werden muss, die für den notwendigen Ausgleich der entgegenstehenden Interessen sorgt. Diesen Erwägungen ist der Vorschlag des Entwurfes entsprungen, ein amtliches Einigungsverfahren hier einzuschieben und es dem Präsidenten der Schätzungskommission zu unterstellen, als der. gegebenen sachkundigen Persönlichkeit, die in der Lage ist, die Parteien gegenseitig über ihre Eechte und Pflichten aufzuklären,

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die, weil sie alle Akten kennt, auch für eine gleichmässige Behandlung aller Enteigneten sorgen und die sodann auch den Zusammenhang mit dem spätem Schätzungsverfahren aufrecht erhalten kann. Da der Entwurf die Zahl der Schätzungskommissionen bedeutend reduziert, wird es möglich sein, als Präsidenten Persönlichkeiten ins Auge zu fassen, die sich aussehliesslich diesem Amte widmen, also in kurzem eine grosse Erfahrung sich sammeln und über die Verhältnisse in ihrem Kreise so orientiert sein werden, dass sie auch mit der notwendigen Autorität auftreten können. Sie werden daher auch dem Enteigner insofern Dienste zu leisten imstande sein, als sie übertriebene Schadenersatzforderungen der Enteigneten ohne weiteres auf das richtige Mass herabsetzen können, und es dürfte auch die Hoffnung nicht unberechtigt sein, dass die Parteien in allen Fällen, die nicht von besonderer Bedeutung sind, selbst wenn es nicht zu einer direkten Einigung kommt, ein weiteres Verfahren dadurch überflüssig machen, dass sie auf den Entscheid des Präsidenten der Schätzungskommission abstellen.

Das Bedenken, der Präsident der Schätzungskommission verliere durch diese Vermittlungstätigkeit seine Unbefangenheit und Neutralität für eine allfällige spätere Mitwirkung bei den Schätzungsverhandlungen, schätzen wir nicht hoch ein. In den verschiedenen Prozessordnungen, in denen bisher schon dem Präsidenten der entscheidenden Instanz eine vorherige Sühnetätigkeit zugesprochen worden ist, hat man mit dieser Institution keine schlechten Er-, fahrungen gemacht; es hat sich gezeigt, dass es einer über den nötigen Takt verfügenden Persönlichkeit sehr leicht möglich ist, die Vermittlungs- von der Eichtertätigkeit zu unterscheiden. Sollte sich der Präsident übrigens je selbst einmal in einem Einzelfalle ausnahmsweise nicht mehr unbefangen genug erachten, um später als Eichter wieder zu sitzen, so steht es ihm selbstverständlich frei, sich durch einen Ersatzmann vertreten zu lassen.

Natürlich müssen die Kosten des Einigungsverfahrens vom Enteigner getragen werden; allein eine wesentliche Verteuerung des Verfahrens tritt für ihn dadurch nicht ein; denn auf der einen Seite erspart es ihm, zum Teil wenigstens, die für den Expropriationskommissär bisher aufgewendeten Auslagen, und sodann machen sich die allfälligen Mehrauslagen ohne weiteres durch
die Abkürzung des Verfahrens und die grössere Anzahl der gütlichen Erledigungen der Anstände bezahlt. Selbst wenn es nicht zu einer Einigung kommt, so wird durch die Verhandlung doch das spätere Verfahren wesentlich erleichtert, indem alle zweifelhaften und unabgeklärten Punkte durch die Verhandlung wenigstens klargestellt sein werden.

Hat man einmal eine amtliche, mit der nötigen Sachkenntnis und Autorität ausgestattete Stelle, welche auf eine Verständigung der Parteien hinarbeitet, so ist dann nicht einzusehen, weshalb sich dieses Sühneverfahren nur auf die Forderungen, nicht aber auch auf die Einsprachen gegen die Enteignung erstrecken sollte. Auch hier hat man es ja sehr oft mit Einwendungen und Bestreitungen zu tun, die nach sachkundiger Beratung nicht mehr aufrecht erhalten werden; auch hier kann, wenn die Sachlage im ganzen mit allen

56 - Interessenten gemeinsam besprochen wird, gewiss sehr oft eine Verständigung erzielt werden. Namentlich ist das der Fall hinsichtlich der Begehren, die mehr untergeordnete Planabänderungen, wie Wegverlegungen, Leitungsverlegungen, Sicherheitsvorkehren usw. zum Gegenstand haben oder die Dauer der blosa vorübergehenden Enteignung beschlagen (Art. 6 und 28). Auch über die Vorkehren, die zur Erhaltung eines öffentlichen Zweckes notwendig sind und von denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme von öffentlichem Grund und Boden abhängt (Art. 7), können sich die Parteien besser verständigen, wenn sie zu mündlicher Besprechung zusammengeführt und sachkundig beraten werden.

Der Entwurf hat daher das Einigungsverfahren auch auf diese Einsprachen und Begehren ausgedehnt und, wenn es nicht zu einem Ergebnis führt, den Präsidenten der Schatzungskominission wenigstens damit beauftragt, über die stattgefundene Verhandlung dem Bundesrate zu berichten und eine Begutachtung des Falles vorzulegen.

Das Einigungsverfahren, wie es der Entwurf vorsieht, entspricht denn auch einem seinerzeit schon vom Schweizerischen Juristenverein aufgestellten Postulate, und es ist auch von den Mitgliedern der Schätzungskommissionen, die in der Expertenkommission mitwirkten, einstimmig begrüsst und als ein grosser Fortschritt und die fruchtbarste Neuerung des Entwurfs bezeichnet worden.

Einwendungen wurden im wesentlichen nur zwei dagegen erhoben : Die Vertreter der Elektrizitätsindustrie waren der Auffassung, dass es für die auf Grund des Stark- und Schwachstromgesetzes durchzuführenden Enteignungen überflüssig sei und eliminiert werden sollte, weil in dem Starkstrominspektorat und der Kommission für elektrische Anlagen bereits zwei amtliche Stellen geschaffen seien, die sich mit der im Entwurfe dem Präsidenten der Schätzungskommission zugewiesenen Aufgabe befassen und ausreichende Garantien für eine zweckmässige Erfüllung derselben bieten. Wir konnten uns, trotz voller Würdigung, der anerkannten Tätigkeit dieser Instanzen, in Übereinstimmung mit der grossen Mehrheit der Expertenkommission, doch nicht entschliessen, diesen Einbruch in das Gesetz zu machen. Einmal befassen sich jene amtlichen Stellen nicht mit der Entschädigungsfrage, sondern lediglich mit Einwendungen gegen die Enteignung und mit den Anforderungen, die an die zu
errichtenden Werke vom Standpunkte der öffentlichen Sicherheit aus gestellt werden müssen. Es liegt aber kein Grund vor, nicht auch bei diesen Enteignungen für die Entschädigungsfrage das Sühneverfahren obligatorisch zu machen. Wenn dem aber so ist, so könnte auf alle Fälle eine Zeitersparnis durch die Ausschaltung des Einigungsverfahrens für die Planeinwendungen nicht erzielt werden. Es scheint aber zudem wünschenswert, dass die sämtlichen Fragen, auch diejenigen, die mit der Plangestaltung zusammenhängen, in diesem Verfahren besprochen werden können ; denn sie hängen ja alle enge miteinander zusammen, und sehr oft kann ein Anstand auf dem einen Gebiete durch eine Konzession auf dem andern beseitigt werden. Auch ist eine scharfe Trennung nicht immer sehr leicht. Dazu kommt die gesetzgebungspolitische Erwägung, dass ohne zwingende Gründe das Verfahren nicht kompliziert und

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Ausnahmen von den allgemeinen Grundzügen desselben so viel als möglich vermieden -werden sollten. Nun ist ja zuzugeben, dass der Präsident der Schätzungskommission keineswegs immer auch die nötige Sachkenntnis haben wird, um mit der gleichen Autorität über die Anlage von Starkstromleitungen eines Elektrizitätswerkes mitzusprechen, wie bei den gewöhnlichen Enteignungen, z. B. für eine Eisenbahn. Daher sieht der Entwurf vor, dass die Begutachtung solcher Einsprachen, die der Einigungsverhandlung vorauszugehen hat, dem Starkstrominspektorat verbleiben solle und dass es auch von Amtes wegen zur Teilnahme an der Einigungsverhaiidlung geladen werden kann, was der Präsident immer dann tun wird, wenn er auf Grund der Begutachtung eine Verständigung als möglich erachtet. Auch die Tätigkeit der Kommission für elektrische Anlagen bleibt damit unberührt; der Bundesrat wird nach wie vor, bevor er über eine ihm vom Präsidenten der Schätzungskommission überwiesene Einsprache entscheidet, ihr Gutachten einholen.

Der andere Einwand ging dahin, dass das Einigungsverfahren erst nach der definitiven Plangenehmigung eröffnet werden sollte. Dagegen spricht, wie wir schon betonten, der Zusammenhang zwischen den beiden Gebieten und die Möglichkeit und Wünschbarkeit, dass auch dem Entscheid über die Planeinsprachen ein Sühneverfahren vorangehe. Sodann aber wurde dadurch wieder ohne Not das Verfahren in die Länge gezogen; denn die Einsprachen gegen die Abtretungspflicht nach der Planauflage sind ja im allgemeinen nicht sehr häufig, und sie bilden gegenüber den eigentlichen Forderungseingaben jedenfalls immer die Minderheit. Wegen einer einzigen Einsprache nun das ganze Verfahren stillzustellen, rechtfertigt sich nicht und verstösst direkt gegen das unserem schweizerischen System der Verbindung der beiden Verfahren zugrunde liegende Prinzip. Wenn und soweit die Enteignung gegenüber den andern, die Einsprache nicht erhoben haben, sich infolge der Einsprache eines einzelnen nicht anders gestalten wird, soll das Verfahren jenen gegenüber fortgeführt werden. Nur da, wo es sich um Einsprachen von so weitfragender Natur handelt, dass sie, wenn sie begründet erklärt würden, aller Voraussicht nach auch eine Umarbeitung der für die andern massgebenden Pläne notwendig machen, wird man das Verfahren aussetzen müssen. Und auch in
solchen Fällen wird immerhin die Möglichkeit bestehen, dass die Parteien sich trotzdem über die Entschädigung einigen für den Fall, dass die Pläne nicht abgeändert werden müssen, dass sie also eine bedingte Vereinbarung abschliessen.

Endlich sind die Begehren, die sich auf die Entschädigung und diejenigen, die sich auf die Pläne beziehen, in den Eingaben meistens gar nicht strikte geschieden und auseinandergehalten. Der Gemeinderat, der sie erhält, wäre auch nicht die richtige Instanz dafür, die Ausscheidung zu treffen; sie könnte daher doch nur vom Präsidenten der Schätzungskommission ausgehen. Muss er aber doch die Eingaben prüfen, so sollen ihm die Hände nicht gebunden werden für sein Bestreben, auf der ganzen Linie.eine Verständigung herbeizuführen.

Der Entwurf hat daher, unter Pesthaltung des Grundsatzes, dass das Einigungsverfahren auf alle Einsprachen und Forderungen sich erstrecke, die

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Ture für eine Anpassung desselben an die verschiedenen Bedürfnisse offen gelassen, indem er da, wo es nötig ist, eine gänzliche oder auch nur teilweise Einstellung des Verfahrens bis zur Erledigung einzelner oder aller Planeinsprachen zulässt, auch auf die Möglichkeit des Abschlusses bloss bedingter Verständigungen hinweist (Art. 46, 47, 48). Von einer Durchführung des ganzen Schätzungsverfahrens auch gegenüber denjenigen Enteigneten, deren Einsprachen gegen die Pflicht zur Enteignung noch pendent sind, wie dies das gegenwärtige Eecht sogar vorschreibt (Art. 34, 86), sieht er jedoch ab. Solche in der Luft stehende Prozesse, deren Kosten sich hernach als unnütz aufgewendet erweisen können, wenn ihre Grundlage dahinfällt, müssen vermieden werden; sie sind denn auch in der Praxis seit Jahr und Tag nicht mehr vorgekommen; die gesetzliche Vorschrift wurde einfach unbeachtet gelassen.

Nachdem diese allgemeinen Bemerkungen vorausgeschickt sind, können die Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln um so kürzer gefasst werden.

Art. 48.

Da natürlich der Enteigner ein Interesse daran hat, von den Einsprachen und Eingaben nach Ablauf der Eingabefrist Kenntnis zu erhalten, verpflichtet Art. 43 den Präsidenten der Schätzungskommission, ihn vom Eingang zu benachrichtigen. Er hat die Akten beim Präsidenten einzusehen und kein Eecht auf Zustellung eines Doppels dieser Eingaben. Um die Enteigneten nicht ungebührlich mit Formalitäten zu belasten, ist davon Umgang genommen ·worden, die Eingaben an den Gemeinderat in doppelter Ausfertigung zu verlangen (Art. 106). Der Enteigner muss sich also, will er bei seinen Akten ein Doppel haben, ein solches selbst verschaffen oder die Kosten dafür dem Präsidenten vergüten. Der "Wert der Einigungsverhandlungen besteht in der Möglichkeit, mit den Parteien mündlich und ungezwungen zu verkehren. Somit muss der Entwurf dafür sorgen, dass womöglich alle Interessenten daran teilnehmen . Er sieht daher neben der persönlichen Vorladung noch eine ö f f e n t liehe Bekanntmachung der Verhandlung vor, die sich namentlich auch zur Benachrichtigung der Nebenbeteiligten, allfälliger Dienstbarkeitsberechtigter, die nicht aus den öffentlichen Büchern ersichtlich waren, sowie deshalb als notwendig erweist, damit auch die Grundpfandgläubiger von der Verhandlung erfahren, deren persönliche Benachrichtigung dem Enteigner nicht auch noch auferlegt werden kann. Die Einigungsverhandlung erfolgt in der Hauptsache im Interesse des Enteigneten, Nimmt er absichtlich nicht teil daran, so liegt ein Grund nicht vor, ihn dazu zu .zwingen; von Bussen und sonstigen Zwangsmitteln dem Enteigneten gegenüber sieht der Entwurf daher ab.

Wenn übrigens auch bei einer grössern Enteignungskampagne einzelne ausbleiben, so hindert das die. Abhaltung der Verhandlung nicht. Anders liegt es aber auf seiten des Enteigners, ohne dessen Anwesenheit eine Verhandlung ausgeschlossen erscheint. Daher erweist sich ein Zwangsmittel als notwendig, um sein allfälliges Widerstreben zu überwinden. Neben der im Entwurfe vorgesehenen Ordnungsbusse wird der ohne Entschuldigung ausbleibende

59 Enteigner auch die Kosten der neuen Vorladung und Bekanntmachung ohne ·weiteres zu tragen, aber auch die erschienenen Enteigneten für ihre nutzlos aufgewendeten Kosten des Erscheinens zu entschädigen haben.

Dasä die Verhandlung an Ort und Stelle vor sich zu gehen hat, dürfte sich von selbst verstehen. Der Entwurf steht ferner, wie bereits bemerkt, auf dem Standpunkt, dass nicht mit jedem einzelnen Interessenten verhandelt werden soll, sondern dass sie gruppenweise auf den nämlichen Tag vorzuladen seien, damit sich die Verhandlung in aller Öffentlichkeit abspielt und alle Beteiligten Kenntnis erhalten von dem; was dabei vorgeht. Es schien aber nicht notwendig, dem Präsidenten dafür auch noch spezielle Vorschriften zu machen.

Art. 44.

Von der Begutachtung durch das Starkstrominspektorat, wie sie Art. 44 vorsieht, ist bereits gesprochen worden. Ob die Einigungsverhandlung in solchen Fällen erst nach Eingang der Begutachtung angeordnet werden soll, wird davon abhängen, einmal, ob die Einsprächen auf die Planführung im ganzen Einfluss haben, und sodann, ob es sich um nur vereinzelte oder um eine igrössere Anzahl von Einsprachen handelt Art. 46 und 47 gelten selbstverständlich auch für diese Fälle.

Art. 45.

Da die G r u n d p f a n d - , Grundlas t-und Nutzniessungs berechtigten (letztere hinsichtlich des Wertersatzes), wie früher ausgeführt worden ist, nicht als Hauptparteien des, Verfahrens behandelt "wer den können, anderseits das Einigungäverfahren eine endgültige Festlegung des Wertes der enteigneten Bechte zum Ziele hat, durch diese aber die Interessen der erwähnten Gläubiger unter Umständen benachteiligt worden können, so erweist sich eine Bestimmung als notwendig, die dafür sorgt, dass sie in den Stand gesetzt werden, ihre Bechte zu wahren. Es ist mit der Verweisung auf die Ersatzpflicht des Eigentümers, der eine ihre Interessen schädigende Vereinbarung über den Wert des Pfandgegenstandes trifft, nicht getan. Die Pfandgläubiger haben in erster Linie eine dingliche Sicherheit und daher einen gesetzlich zu schützenden Anspruch auf ein den wahren Wert ihres Pfandes festsetzendes Vorfahren; die blosse obligatorische Ersatzpflicht des Pfandeigentümers würde ihnen in manchen Fällen nicht viel nützen, ganz abgesehen von den mit der Durchsetzung einer solchen Forderung verbundenen Umtrieben und Kosten. Dass die Praxis bisher sich darum sehr wenig bekümmert hat, konnte nur ertragen werden, weil die Fälle selten sind, wo die Enteignungsentschädigung nicht zur Deckung der ·sämtlichen Pfandgläubiger ausreicht, bildet aber keinen Grund, in einem neuen Gesetze diese Verhältnisse nicht korrekt zu ordnen und auch für diese Aus.nahmefälle nach einem alle Interessen wahrenden Verfahren zu suchen. Der Entwurf hat die Lösung darin gefunden, dass er verlangt, es seien in der öffentlichen Bekanntmachung der Einigungsverhandlung auch die Grundpfand-,

60 Grandlast- und Nutzniessungsberechtigten zur Teilnahme aufzufordern unter der ausdrücklichen Androhung, dass der Eigentümer im Falle ihres Ausbleibens auch ohne ihre Zustimmung eine den Verkehrswert für sie endgültig festsetzende gütliche Vereinbarung abzuschliessen berechtigt sei. Erscheinen sie zur Verhandlung nicht, so darf angenommen werden, dass sie sich entweder nicht für gefährdet erachten, oder dass sie sich mit dem Eigentümer direkt über die von ihm geltend zu machende Mindestforderung verständigt haben. Beteiligen sie sich aber am Einigungsverfahren, so sind sie in der Lage, das, Zustandekommen einer ihnen nachteiligen Abmachung durch ihren einfachen Widerspruch zu verhindern und die Durchführung des Schätzungsverfahrens auf ihren Namen zu verlangen (Art. 50).

.

Art. 46--48.

Art. 46 umschreibt den Zweck der Verhandlung gemäss den in den einleitenden Bemerkungen zum Abschnitt gegebenen Darlegungen und legt insbesondere Wert darauf, dass die Verhältnisse auch in tatsächlicher Beziehung allseitig abgeklärt werden, wozu der Präsident die zweckdienlichen Erhebungen zu machen befugt ist. Da sich die Verhandlung auf alle in den Eingaben gestellten Begehren bezieht, können alle mit der Enteignung verbundenen Fragen besprochen werden. Der Präsident wird sehr oft in der Lage sein, auch Planeinsprachen und Begehren um Vorkehren für die Aufrechthaltung der öffentlichen oder nachbarlichen Sicherheit entweder zu beseitigen oder den Enteigner von der Notwendigkeit zu überzeugen, ihnen zu entsprechen.

Soweit es sich aber zeigt-, dass begründete Planeinsprachen oder sonstige in die Entscheidungsbefugnis des Bundesrates fallende Begehren vorliegen, deren gütliche Erledigung nicht möglich ist, so wird er entweder versuchen, für den ihm als wahrscheinlich erscheinenden Ausgang ihrer Erledigung eine bedingte Einigung über die Entschädigung herbeizuführen (Art. 48), oder, wenn sich das nicht als möglich erweist, das Verfahren einstellen (Art. 47). Das eigentliche Schätzungsverfahren soll also nur nach definitiver Erledigung aller Einsprachen gegen die Pläne durchgeführt werden. Eine solche Einstellung wird auch dann nicht zu umgehen sein, wenn die verlangten Planänderungen voraussichtlich oder möglicherweise die Enteignung gegenüber andern, die ihre Pflicht dazu nicht bestritten haben, anders gestalten
wird. Dann wird zweckmassigerweise das Verfahren für diese ganze Gruppe überhaupt eingestellt, während es für andere Teile des Werkes (man denke an die Starkstromleitungen eines Elektrizitätswerkes, die ausserhalb dieser Einflusszone liegen, das Tracé einer Eisenbahn, die mehrere Gemeinden durchfährt) ohne Bedenken weitergeführt werden kann. Die Bestimmung des zweiten Absatzes des Artikels lässt in dieser Beziehung dem Ermessen des Leiters der Verhandlung denjenigen freien Spielraum, der die Anpassung des Verfahrens an die Bedürfnisse des einzelnen Falles erlaubt.

Art. 47 überträgt, worauf schon früher hingewiesen worden ist, die Entscheidung nicht nur über die streitigen Einsprachen gegen die Enteignung, sondern

61 auch über die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und der Öffentlichen Sicherheit notwendigen Vorkehren dem Bundesrate, dem daher die Akten zu übermitteln sind. Natürlich kann der Bundesrat seine Kompetenz delegieren und damit später auch die Möglichkeit schaffen, dass die Entscheide an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden. Diese Kompetenzzuweisung scheint einer weitern Begründung nicht zu bedürfen. Als diejenige Instanz, die die Begehren beider Parteien schon au Ort und Stelle näher untersucht hat, ist.

der Präsident der Schätzungskommission die gegebene Persönlichkeit, um die Begehren auch für den Bundesrat zu begutachten. Da in den Enteignungen für Starkstromleitungen diese Begutachtung dem Starkstrominspektorat zugewiesen ist und daran nichts geändert werden soll, ~so ist die Begutachtung dem Leiter der Einigungsverhandlung nicht zur starren Pflicht gemacht, sondern ihm freigestellt worden. Der Bundesrat kann ihn aber natürlich in jedem einzelnen Falle dazu speziell noch verhalten.

Art. 49.

Art. 49 sorgt durch seine Bestimmung über die W i e d e r a u f n a h m e des V e r f a h r e n s nach Erledigung der Einsprachen dafür, dass dessen Kontinuität durch dieses Zwischenverfahren nicht leidet; es wird von Amtes wegen da fortgesetzt, wo es stehen geblieben ist, Dass, wenn Planänderungen vorgekommen sind, die Pläne zunächst neu aufzulegen sind, sofern nicht das abgekürzte Verfahren Platz greifen kann, ist eine Vorschrift, die sich anhand der Erfahrung in der Praxis nicht als überflüssig erwiesen hat.

Art, 50.

Art. 50 schreibt die Form der Protokollierung der getroffenen Abmachungen vor und sorgt für deren Vollstreckbarkeit dadurch, dass er dem Protokoll die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils des Bundesgerichts zuspricht. Eine Anfechtung ist immerhin nicht etwa in den Formen der gegen ein solches Urteil zustehenden Eechtsmittel -möglich, sondern, wenn Fehler in der Protokollierung oder im Verfahren geltend gemacht werden wollen, auf dem Wege der Beschwerde gegen den Präsidenten der Schätzungskommission (Art. 57), in sachlicher Beziehung jedoch nur mit der Behauptung von der Vereinbarung anhaftenden Willensmängeln und auf dem gewöhnlichen Bechtswege. Hinsichtlich der Wirkungen der Abmachung gegenüber den Grundpfandgläubigern verweisen wir auf unsere Ausführungen zu Art. 45. Wenn
sie am Einigungsverfahren teilgenommen haben, so ist zur Konstatierung ihres Einverständnisses notwendig, dass sie' das Protokoll unterzeichnen. Ihre Weigerung, es zu tun, macht die Vereinbarung für den Enteigneten nicht ungültig, zwingt aber den Präsidenten der Schätzungskommission, nun das Schätzungsverfahren einzuleiten, wobei aber natürlich nur noch diejenige Entschädigung als streitig zu behandeln ist, auf welche die Pfandgläubiger ein Anrecht haben, nicht also der rein persönliche Schaden des Enteigneten.

Dieser selbst braucht sich am Verfahren weiter nicht mehr zu beteiligen, kann dann aber auch von einer im Schätzungsverfahren gesprochenen höhern

62 Entschädigung den über die Deckung der Pfandgläubiger hinaus allfällig verbleibenden Überschuss nicht in Anspruch nehmen. Das Verfahren dreht sich vielmehr nur noch um die Frage, -wie die den rekurrierenden Pfandgläubigern verhaftete Entschädigung festzusetzen sei. Haben die Pfandgläubiger trotz ergangener gehöriger Bekanntmachung sich am Einigungsverfahren nicht beteiligt, so ist das im Protokoll ausdrücklich zu bemerken, und damit ist dann auch festgestellt, dass sie: nur die ausgemachte Entschädigung für den ihnen verhafteten Verkehrswert zu bekommen haben.

Art. 51.

Eine äusserst wichtige Frage behandelt sodann, im Anschlüsse an das Einigungsverfahren, der Entwurf noch in Art. 51, nämlich diejenige nach den Voraussetzungen, Formen und "Wirkungen der Vereinbarungen der Parteien ausserhalb des Einigungsverfahrens, die natürlich auch durch den Entwurf weder verhindert werden wollen noch können. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Verträgen, die abgeschlossen wurden, bevor es ü b e r h a u p t zu einer Planauflage gekommen ist: Hier kann von einem Enteignungsv e r f a h r e n überhaupt nicht die Bede sein. Solange eine in den gesetzlichen Formen abgegebene Erklärung, vom Enteignungsrecht Gebrauch zu machen (Planauflage oder Mitteilung im abgekürzten Verfahren), nicht vorliegt, kann eine Vereinbarung über die Abtretung von Bechten nur in den vom Zivilrecht vorgeschriebenen Formen gültig zustande kommen. Solche Kaufverträge müssen also, um gültig zu sein, öffentlich beurkundet werden. Das ausdrücklich zu sagen, schien nicht notwendig. Auch ihre Wirkungen hinsichtlich der Nebenberechtigten regem sich dann nach dem Zivilrecht; die Grundpfandlasten und Diênstbarkeiton gehen also nicht unter, sondern über, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt worden ist (Art. 86), Dagegen erweist sich eine Bestimmung notwendig, um die Verhältnisse klarzustellen, die bei einer nach Einleitung des Enteignungsverfahrens eintretenden privaten Verständigung über den Übergang von Eechten an den Enteigner sich darbieten. Irgendeine Formvorschrift für die private Erledigung eines Anstandes über die Enteignungspflicht und die Plangostaltung ist natürlich nicht nötig. Wohl aber hatte der Entwurf Stellung zu nehmen dazu, ob die in der Praxis bisher übliche blosse Schriftlichkeit der privaten Abmachung über die Entschädigung und die Modalitäten der Überlassung zugelassen, oder ob dafür nicht auch die öffentliche Beurkundung verlangt werden sollte. Er hat hievon abgesehen mit Eücksicht darauf, dass die öffentliche Beurkundung für die Grundstückkaufverträge hauptsächlich zum Schutze des Verkäufers vor Überrumpelung geschaffen wurde. Bei der Enteignung kann nicht mehr von einer solchen gesprochen werden, wenn einmal die Pflicht zur Abtretung feststeht ; zur Überlegung darüber, ob er diese anerkennen wolle oder nicht, erhält der Enteignete durch die Planauflage Zeit und Gelegenheit
genug. Gegen die Gefahr aber, dass die Entschädigung zu tief beziffert wird, die übrigens nach den Erfahrungen in der Praxis nicht hoch eingeschätzt werden muss, schützt die öffent-

63 Hebe Beurkundung des Vertrages ohnehin nicht. Wenn sich also der Entwurf mit der einfachen Schriftlichkeit solcher Verträge begnügt -- die übrigens auch nach Zivilrecht für die blossen Servitutsverträge genügend wäre --, so verlangt er dagegen --· allerdings natürlich nicht unter der Androhung der Ungültigkeit, sondern nur als Ordnungsvorschrift --, dass der Präsident der Schätzungskommission von solchen Abmachungen benachrichtigt werde. Das erweist sich als notwendig, damit er darauf bei seinen Verhandlungen Bücksicht nehmen kann. Denn es ist klar, dass die Entschädigungen, die der Enteigner in solchen Verträgen zugestanden hat, nicht ohne Einfluss auf die Erledigung der noch streitigen Fälle sein können. Die Wirkungen solcher, nach Einleitung des Enteignungsverfahrens abgeschlossenen ausserordentlichen Einigungen regelt Art. 85, Abs. 2.

Schwierigkeiten bereitet hier noch die Erage, wie gegenüber solchen Abmachungen die Eechte der Pfandgläubiger zu wahren seien, die dadurch natürlich einer Gefahr noch viel mehr ausgesetzt werden können, als durch die unter der Leitung des Präsidenten der Schätzungskommission ssustande gekommenen. Es ist notwendig, dass auch diese Abmachungen den Pfandgläubigern zur Kenntnis gebracht werden, damit sie allfällig dagegen Einspruch erheben und Durchführung des Schätzungsverfahrens verlangen können. Die sicherste Form dieser Anzeige wäre nun offenbar wieder die öffentliche Bekanntmachung; sie ist aber mit Umständen und Kosten verbunden und sollte daher da, wo man .es zum vornherein nur mit einem ganz beschränkten Kreise von Interessenten zu tun hat, die bekannt sind, vermieden werden. Daher will der Entwurf es dem Entscheid des Präsidenten der Schätzungskommission anheimstellen, dem ja die Verträge mitgeteilt werden müssen, ob die eine oder andere Form der Kenntnisgabe an die Grundpfandgläubiger zur Anwendung zu kommen habe. Er wird daher zu untersuchen haben, ob überhaupt mit einer Gefährdung von Grundpfandgläubigern zu rechnen sei und ob das Grundbuch oder die sonstigen öffentlichen Bücher ausreichende Auskunft über die in Frage kommenden Gläubiger geben oder nicht. Dabei ist er natürlich nicht nur auf die Angaben des Enteigneten selbst angewiesen, sondern hat auch selbst Nachforschungen anzustellen. In sehr vielen Fällen wird es ohne weiteres möglich sein,
festzustellen, dass alle Grundpfandgläubiger vollständig gedeckt sind; bleibt aber ein Zweifel übrig, den der Enteignete nicht vollständig zu zerstören vermag, so ist etwas anderes als die öffentliche Bekanntmachung und Aufforderung an die Betroffenen nicht wohl möglich.

Wird nachträglich auf die Enteignung verzichtet, so fallen damit, wie die Schätzungsentscheide, auch die privaten, nach der Planauflage getroffenen und die in der Einigungsverhandlung zustande gekommenen Abmachungen über deren Modalitäten und über die Entschädigung dahin. Das ergibt sich aus dem Inhalte dieser Abmachungen ohne weiteres, und es erschien daher nicht notwendig, darüber noch eine ausdrückliche Bestimmung aufzunehmen.

64

E, Schatzungsverîahren, 1. Scliätzungskommission.

Die wes jntlichen Neuerungen dieses Kapitels sind die ändere Organisation der Schä tzui \gskommissionen, die Schaffung grösserer Schätzungskreise und damit die Bi'duktion der Zahl der Kommissionen, entsprechend mehrfachen, von den verschiedensten Seiten geäusserten Wünschen, und damit Hand inHand gehend die Vermehrung ihrer Kompetenzen. Daneben ist das Verfahren auch im einzelnen besser ausgestaltet worden. Namentlich wird es für die Sehätzungen von Amtes wegen eingeleitet und nicht mehr bloss auf Betreiben des Enteigners und in einem von ibm selbst gewählten Zeitpunkt.

An dem Institut der ständigen Schätzungskommissionen, das sich durchaus eingelebt, hat, zu rütteln, lag eine Veranlassung nicht vor,

Art. 52. .

Art. 52 stellt den bereits mehrfach besprochenen Grundsatz an.die Spitze, dass das Schätzungsverfahren zur Bestimmung der Entschädigung in denjenigen Fallen, die nicht zu einer gütlichen Verständigung geführt haben, sich ohne U n t e r b r u c h an das E i n i g u n g s v e r f a h r e n anzuschliessen habe.

Voraussetzung ist also auch, gemäss der Bestimmung des Art. 48, dass die Pflicht des Enteigneten, dessen Entschädigung geschätzt werden muss, nicht mehr in Frage steht. Da der Präsident der Schätzungskommission sich mit den Eingaben bereits befasst und die Akten in Händen hat, auch vom Entscheide des Bundesrates über die Einsprachen amtlich Kenntnis erhält, ist der notwendige Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren ohne weiteres hergestellt.

Ausnahmsweise hat sich in vereinzelten Fällen, namentlich da, wo die nachteiligen Folgen des Werkes für die Nachbarn vorher nicht mit Sicherheit beurteilt werden können, eine Verschiebung bis nach Erstellung des .Werkes als wünsehenswert erwiesen. Der Entwurf will das nicht ausschliessen, verlangt aber zu einer solchen Einstellung des Verfahrens die Zustimmung beider Parteien.

.

Art. 58. : Art. 53 umschreibt die neuen Schätzungskreise in der Weise, dass die französisch sprechende und die italienisch sprechende Schweiz, letztere mit Inbegriff des ganzen Kantons Graubünden, je einen Kreis bilden, die deutsch sprechende Schweiz in 3 Kreise zerlegt wird, die mehr oder weniger wirtschaftlich zusammenhängende Gebilde darstellen. Dass die bisherige Einteilung in 30 Schätzungskreise, wobei aus jedem Kanton mindestens ein Kreis gemacht wurde, sich nicht bewährt hat, darüber war man in den Vorbesprechungen allgemein einig. Für die Tätigkeit der Mitglieder der Schätzungskommissionen gilt, wie für jede Tätigkeit, der Satz: «Übung macht den Meister». Auch in Zeiten, wo vom Enteignungsrecht noch mehr Gebrauch gemacht wurde als in den letzten Jahren, kam es aber vor, dass einzelne dieser Schätzungskommissionen jahrelang überhaupt nicht in Funktion zu treten hatten. Es ist auch -- man darf es sagen, ohne irgend jemanden zu nahe zu treten -- wohl

65 nicht möglich, wenn wie bisher nicht -weniger als 270 Schätzer für die ganze Schweiz gewählt werden müssen, alle Kommissionen mit gleich tüchtigen und erfahrenen Persönlichkeiten zu besetzen. Unter der Vielheit der Kommissionen hat auch sehr die Einheitlichkeit der Eechtsprechung gelitten; es bestand ioin Zusammenhang unter ihnen und jede Fühlungnahme war ausgeschlossen. Und da auch die besondere Gestaltung der Schätzung in der zweiten Instanz, vor Bundesgericht, die Anwendung von einheitlichen Grundsätzen nicht zu garantieren vermochte,, was noch nachzuweisen «ein wird, so konnte von einer einigerniassen gleichmässigen Behandlung ·der Schätzungen in der ganzen Schweiz nicht die Bede sein. Nachdem nun der Entwurf den Schätzungskommissionen auch eine ganze Beihe, neuer Zuständigkeitsfälle zuweist und sie in viel ausgesprochenerem Masse den ·Charakter einer eigentlichen eidgenössischen Gerichtsinstanz erhalten als bisher, ist es uni so notwendiger, dafür zu sorgen, dass die Kommissionen -durchwegs aus in jeder Beziehung ihrer Aufgabe gewachsenen und eine gewisse Autorität geniessenden Persönlichkeiten zusammengesetzt werden können.

Die Zusammenziehung der Kreise und die dadurch erzielte einheitlichere Schätzung in der ersten Instanz wird auch dazu beitragen, die Weiterziehungsiälle einzuschränken und kommt damit wieder dem Verlangen nach Beschleunigung des Verfahrens entgegen.

.'

. .-, .

Art. 54.

· . .

An der Zusammensetzung der Schätzungskommissionen aus je 3 Mitgliedern, die von verschiedenen Instanzen zu wählen sind, wie das bisher angeordnet war, hält der Entwurf in Art. 54 fest. Eine in der Expertenkommission angeregte Erweiterung, der Mitgliederzahl- auf 5 ist von ihr mit grosser Mehrheit als unnötige "Erschwerung des Verfahrens abgelehnt worden. Die Kosten würden dadurch übermässig ansteigen, ohne dass ein entsprechender Gewinn dafür eingetauscht würde; denn man wird kaum, behaupten können, dass die Schätzungen dadurch qualitativ besser würden. Auch daran will der Entwurf nichts ändern, dass das Bundesgericht den Präsidenten zu wählen hat; Da die ganze Tätigkeit der Schätzungskommissionen formell und sachlich ·dem Bundesgerichte unterstellt ist, ist es auch am besten in der Lage, die .hierzu passenden Persönlichkeiten auszuwählen, und die Wahlen werden dadurch der politischen
Beeinflussung entrückt, was wir nur als einen Vorzug .ansehen können. Die Wahl des zweiten Mitgliedes ist seinerzeit dem Bundesrat übertragen worden m der Meinung, dass er dafür sorgen werde, dass die unter-, essen der Öffentlichkeit, d. h. also der Enteigner, als Träger des Öffentlichen Zweckes, in der Kommission vertreten seien, während die Bezeichnung der Kantonsregierungen als Wahlbehörde für das dritte Mitglied der Absicht entsprang, dadurch den Enteigneten zu einer Vertretung zu verhelfen. Obschon nun die Auffassung abzulehnen ist, dass es sich bei den Schätzungskommissionen gleichsam um Schiedsgerichte handle, bei denen notwendigerweise jede Partei ihren Interessenvertreter im Gerichte haben muss, und daher grundsätzlich die Wahl aller drei Mitglieder durch das Bundesgericht vielleicht das Sichtigerer Bundesblatt.

78. Jahrg. Bd. II.

5

66 ·wäre, hat der Entwurf diese eingelebte Verteilung der Wahlkompetenzen doch beibehalten, in der Meinung, dass es auch in Zukunft jeder Wahlbehörde möglich sei, -wenn sie auch die Wahlen von einem etwas andern Gesichtspunkteaus trifft, doch immer unabhängige und ihrer Verantwortlichkeit bewusste Persönlichkeiten zu finden. Der .Entwurf steht auf dem Standpunkt, dass nach wie vor in jedem Falle ein von der Regierung des Kantons, auf dem sich die Enteignung abspielt, gewähltes Mitglied mitwirke. Das ist schon aus dem. Grunde wünschenswert, weil doch einzelne für die Schätzung massgebende Faktoren von Kanton-zu Kanton ändern können und es sehr wünschbar erscheint", dass diese lokalen Kenntnisse in der Kommission vertreten sind. Eine andere Wahlbehörde als die kantonalen Eegierungen konnte aber für diese Mitglieder nicht in Präge kommen. Um das zu ermöglichen, musate-der Entwurf den Bestand der Kommissionen für jeden Kreis erweitern und eine ausdrückliche Bestimmung des Inhalts treffen, dass als drittes Mitglied zur Verhandlung und Entscheidung im einzelnen Falle immer das von der Regierung des betreffenden Kantons gewählte Mitglied beizuziehen sei.

Dadurch wird der Schätzung, soweit wünschenswert, der lokale Charakter gewahrt, unter Aufrechterhaltung der nötigen Kontinuität in Beziehung auf die Grundsätze und Rechtsfragen.

. Art. 55.

Was die Organisation der Kommissionen im einzelnen betrifft, so schliesst sich Art. 55 mit Bezug auf die Amtsdauer dem geltenden Eechta an, das sie auch seit dem Inkrafttreten des Stark- und Schwachstromgesetzes mit derjenigen des Bundesgerichts zusammenfallen lässt, und spricht, um ihra staatsrechtliche Stellung näher zu präzisieren, neu ausdrücklich aus, dass ihre Mitglieder gleich den Bundesbeamten für ihre Verrichtungen verantwortlich sind. Eine Beeidigung hat bisher nicht stattgefunden und wird auch vom Entwurfe nicht vorgesehen.

Art. 56.

Die Bestimmung über den Ausstand unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen des Art. 30 des geltenden Rechts; nur schien es nicht hotwendig, ausdrücklich zu sagen, dass beim Entscheid über den Ausstand das rekusierte Mitglied nicht mitwirken könne. Die Weiterziehbarkeit einessolchen Entscheides ergibt sich aus der allgemeinen Bestimmung des Art. 71..

Art. 5 7 . . .

Art. 57 dehnt die A u f s i c h t s k o m p e t e n z des- Bundesgerichts etwas weiter aus, indem er diesem auch die Befugnis" gibt, ergänzende Vorschriften für das Verfahren vor der Schätzungskommission aufzustellen, soweit sich hierzu eine Notwendigkeit herausstellen sollte. Die der Aufsiehtsinstanz eingeräumte Fakultät, allgemeine Weisungen an die Kommissionen zu erlassen,, wird ihr eine schnellere und wirksamere Einwirkung auf die Anwendung des Gesetzes und der allfällig neuen aus der Praxis heraus kristallisierten Rechts-

67 Sätze ermöglichen, als es durch die blosse - Überprüfung der Entscheide .im Eekursverfahren geschehen könnte. Neu ist sodann auch der Hinweis auf das Eecht, von den Präsidenten und den Kommissionen Berichte über ihre Amtstätigkeit einzufordern. Es dürfte am Platze sein, dass diesem Zweige der Bundesrechtspflege in Zukunft etwas mehr Beachtung geschenkt wird und auch statistische Erhebungen darüber gepflogen werden. Wir nehmen an, das Bundesgericht werde ihm in Zukunft in seinem Jahresberichte den gebührenden Platz anweisen. Alle diese Bestimmungen rechtfertigen sich durch die Natur des Verfahrens als Verwalturigsprozess, der von den starren Formen des ordentlichen Zivilprozesses befreit sein muss.

Art. 58.

Art, 58 enthält eine übersichtliche und erschöpfende Aufzählung der sämtlichen den Schätzungskommissionen im Gesetze zugewiesenen A u f gaben, die einer nähern Erläuterung nicht bedürfen, da die Begründung der einzelnen Zuständigkeitsfälle jeweilen am zutreffenden Orte gegeben worden ist oder noch gegeben werden wird.

Art. 59.

Art. 59 regelt die örtliche Zuständigkeit der Kommissionen. Wenn dabei darauf abgestellt wird, wo das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt, so wird das ja für die Mehrzahl der Eälle ohne weiteres das Gegebene sein. Es ist aber nicht zu verkennen, dass Ausnahmefälle denkbar sind, wo die starre Anwendung dieses Grundsatzes untunlich und eine Annäherung an den frühern Standpunkt des gegenwärtigen Gesetzes als zweckmässig erscheint, wonach die sämtlichen Enteignungsfälle für das gleiche Unternehmen auch von der gleichen Kommission beurteilt wurden. Daher gibt der Entwurf dem Bundesgerichte auch noch das Eecht, wenn ein Unternehmen sich über mehrere Kreise erstreckt, die in der Hauptsache zuständige Kommission auch zur Beurteilung der ausserhalb ihres Kreises liegenden Fälle zu ermächtigen.

Art. 6C.

Das Verfahren vor der Schätzungskommission regeln die Art. 60 bis 69. Dabei werden zunächst in Art. 60 die verschiedenen Zuständigkeitsfälle je nach der Art auseinandergehalten.und gruppiert, in der das Verfahren für sie eingeleitet wird, ob von Am tes wegen oder auf Parteiantrag, und bestimmt, wer in letzterm .Falle dazu legitimiert ist. Die Bestimmungen sprechen für sich selbst und bedürfen keiner Erläuterung. Ein Einigungsverfahren für die Streitigkeiten, die erst im Verlaufe des Verfahrens oder erst nach dessen Durchführung auftauchen und nicht die Festsetzung der Entschädigung beschlagen, hat der Entwurf nicht vorgesehen; sie werden durch einfache Eingabe beim Präsidenten der Schätzungskommission anhängig gemacht (Art. 62). Das wird nicht hindern, dass der Präsident, der den Schriftenwechsel zu ihrer Instruktion besorgt (Art. 62), je nach seiner Veranlagung und nach

68 Lage der Verhältnisse unter Umständen doch einen Versuch zu gütlicher Erledigung macht, bevor er die Schätzungskommission einberuft.

Art, 61.

Art. 61 schreibt als Eegel die mündliche Parteiverhandlung und zwar --- was sich aus der Natur der zu behandelnden Streitsachen erklärt -- mit Augenschein ah Ort und Stelle vor und bestimmt die vorzuladenden Parteien.

Aus dem in Art. 89 aufgestellten Grundsatze, dass auch die Entschädigung derjenigen Beteiligten geschätzt werden soll, die im Planauflageverfahren keine Eingabe gemacht haben, sofern ihre Eechte als Gegenstand der Enteignung aus den Akten ersichtlich oder offenkundig sind, folgt, dass auch sie vorzuladen sind und dadurch nun Gelegenheit erhalten, nachträglich Anträge zu stellen.

Von den Dienstbarkeitsberechtigten, den Mietern und Pächtern und den Gläubigern von.' vorgemerkten persönlichen Rechten musste .ausdrücklich nicht gesprochen werden, da sie ja, soweit ihre Eechte infolge der Enteignung 'untergehen, gleiclrden Grundstückeigentümern vom Entwurf als selbständige Parteien behandelt werden, also ohne weiteres vorgeladen werden müssen (Art.

21, 85). Ist das Schätxungsverfahren nur noch zur Feststellung der auf Grundpfandgläubiger entfallenden Entschädigung notwendig, so sind natürlich sie die eigentliche Partei und eine Vorladung des enteigneten Eigentümers des Grundstückes, der sich gütlich mit dem Enteigner abgefunden hat, erscheint nicht notwendig. Die andern Grundpfandgläubiger sind nicht Partei im Verfahren; die Teilnahme daran kann ihnen aber nicht verwehrt werden,.da ihre "Interessen ja auf dem.Spiele.stehen. "Wenn sie erscheinen und Anträge stellen, die sich mit denjenigen des Enteigneten nicht decken, so werden sie dadurch zu Hauptintervenienten, die nun als solche auch im weitern Verlaufe des Verfahrens zu behandeln sind. (Vgl. dazu die Bemerkungen zu Art. 22.)

···'·'...'

. " ' Art..62.Bin Schriftenwechsel ist in allen denjenigen Fällen notwendig, wo ein Einigangsverfahren nicht vorangegangen ist, also, ein Begehren direkt bei der Schätzungskommission angebracht wird, sei es vom Enteigner, sei es vom Enteigneten oder einem Dritten; er muss mindestens die Parteibegehren und die Antwort darauf, die Anerkennungen und Bestreitungen enthalten, damit das Streitverhältnis so klargestellt wird, dass die weitern Anordnungen zur.

Instruktion des Falles getroffen werden können. Eine Begründung wird sich in den meisten Fällen von selbst daran anschliessen ; wegen des
Mangels derselben dürfte aber das Eintreten auf den Fall nach der Meinung des Entwurfes nicht verweigert werden. Der Entwurf sieht einen "Schriftenwechsel aber auch als f a k u l t a t i v für die andern Fälle vor, wo den Akten des Planauflage- und des Enteignungsverfahrens diese Angaben bereits entnommen werden können, und hier dient er dem Zwecke, den Parteien eine tiefere Begründung ihrer Begehren und Einreden zu ermöglichen, als sie bei der mündlichen Verhandlung möglich ist und in den bisherigen Akten gegeben war. Es wird dem Präsi-

69 deuten überlassen, ob er eine solche schriftliche Begründung vor oder nach dem Augenschein anordnen und ob er von den Parteien schon vorher die Einlegung ihrer Beweismittel verlangen will.

Art. 63.

Einen praktisch nicht selten sich darstellenden. Fall behandelt Art. 63, der im gegenwärtigen Bechte nicht geregelt ist. Bestreitet nämlich der Enteigner den Bestand eines Bechts, für das Entschädigung verlangt wird, so erhebt sich die Erage, ob dieser Streit auch im Schätzungsverfahren ausgetragen werden müsse. Der Entwurf verneint das,.gestützt auf die Erwägung, dass die Schätzungskommission, als eidgenössische- verwaltungsgerichtliche Instanz, verfassungsmässig zur Behandlung solcher meist rein privatrechtlicher Fragen, die sich zudem sehr oft noch nach kantonalem Becht entscheiden (wenn z. B. der Bestand einer vor 1912 begründeten Dienstbarkcit im Streite liegt), nicht zuständig ist. Daher muss die Möglichkeit eines solchen Zwischenverfahrens in Aussicht genommen werden, wobei allerdings seine Verbindung mit dem Enteignungsverfahren dadurch gewahrt werden kann und soll, dass für die Anhängigmachung des Bechtsstreites bei der zuständigen Instanz; eine Frist angesetzt wird, und zwar unter der Androhung der Anerkennung des Bechts im Falle ihrer Nichtbeachtung. Hierzu ist das Enteignungsrecht ebenso zuständig wie zu den in Art. 85 enthaltenen Bestimmungen über das Erlöschen der Bechte als Folge der d u r c h g e f ü h r t e n Enteignung. Dass die Einbeziehung auch des Entscheides über solche Bechtsfragen in das Enteignungsverfahren zweckmässiger wäre und rascher zum Ziele führen würde, ist nicht zu verkennen, und es kam daher schon vor, dass die Parteien im gegenseitigen Einverständnis den Entscheid der Schätzungskommission übertrugen und diese sich dem nicht widersetzte, óbschon sie wohl dazu nicht hätte verhalten werden können. Diese Praxis will der Entwurf nun im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens sanktionieren und dadurch die Schätzungskommission zur Erledigung auch dieser Fragen verpflichten, wenn ein Kompromiss der Parteien dafür vorliegt. Er erleichtert zudem den Parteien den Abschluss einer solchen Vereinbarung noch dadurch, dass er gegen den Entscheid der Schätzungskommission auch die unbeschränkte Weiterziehbarkeit an das Bundesgericht eröffnet, also einen mehr als ausreichenden Ersatz für die aufgegebene kantonale Jurisdiktion zur Verfügung stellt/Bei dieser Begelung dürften in Zukunft die Fälle die Ausnahme bilden, wo eine Partei darauf beharrt, dass der Prozess
darüber beim kantonalen Bichter anhängig gemacht werde.

Art. 64.

Art. 64 bringt die notwendige verfahrensrechtliche Ergänzung zu den Vorschriften der Art. 18 und 21 über das Verhältnis der Grundpfandrechte zu den nachgehenden Grunddienstbariseiten. Wie dort ausgeführt wurde, können die Dienstbarkeitsberechtigten eine Entschädigung überhaupt nicht verlangen, soweit ihre Bechte das Grundstück zum Nachteil der vorge-

70

henden Pfandgläubiger belasten. Ob das zutreffe oder nicht, kann nur durch die doppelte Schätzung des Grundstücks, mit und ohne die Dienstbarkeit, festgestellt werden. Damit eine solche stattfinde, bedarf es aber eines ausdrücklichen Begehrens derjenigen Grundpfandgläubiger, die sich benachteiligt glauben.

Es ist gegeben, dass es nicht in jedem beliebigen Zeitpunkt gestellt werden kann, sondern spätestens an der Schätzungsverhandlung formuliert werden muss. Über die Voraussetzungen zur Geltendmachung des Verlangens ist schon bei Art. 18 das Nötige gesagt worden. Ergibt sich nun bei der doppelten Schätzung, dass der Wert des Grundstücks mit Berücksichtigung der Last zur vollständigen Deckung der im Baiige vorgehenden Pfandgläubiger nicht ausreicht, so hat die Schätzungskommission die Entschädigungsbegehren der Dienstbarkeitsberechtigten abzuweisen bzw. nur in demjenigen Umfange zuzusprechen, als bei der Schätzung ohne Berücksichtigung der Last noch ein Überschuss über die Deckung der Pfandglänbiger verbleibt. Das ist es, was der Absatz 3 des Artikels anordnen will, in Ausführung des Grundsatzes des Art. 21, der die Entschädigung der Dienstbarkeitsberechtigten davon abhängig macht, dass die Dienstbarkeit das enteignete Grundstück nicht zum Schaden der vorgehenden Pfandgläubiger belaste.

Art. 65.

Ein weiterer Fall, wo eine d o p p e l t e Schätzung notwendig ist, findet sich in Art. 65. Es war davon schon bei Art, 10 die Bede, der von der Ausdehnung der Enteignung auf V e r l a n g e n des E n t e i g n e t e n handelt.

Dieses Begehren soll nach der Bestimmung des Art. 38, lit. b, schon während der Eingabefrist nach der Planauflage formuliert werden und ist spätestens bis zum Schlüsse der-Einigungsverhandlungen anzubringen (Art, 88). Auch freihat die Schatzungskommission nicht nur die doppelte Schätzung vorzunehmen, sondern auch gestützt auf deren Ergebnis darübsr zu erkennen, ob das Ausdehnungsbegehren des Enteigneten zuzusprechen sei oder nicht. Das ergibt sich übrigens, unzweideutig aus Art. 58, Ht. ?>, und Art. 60, lit. a.

Das Begehren des Enteigners um A u s d e h n u n g dor Enteignung kann regelmässig erst gestellt werden, wenn -der Entscheid der Schätzungskommission über die für die Wertverminderung des Bestes zu bezahlende Entschädigung vorliegt. Die dafür notwendige Befristung enthält Art. 11, Abs. 2. Es dient der Abkürzung des Verfahrens, wenn in Abs. 2 des Art. 65 dem Enteigner, die Möglichkeit gegeben wird, schon von der Schätzungskommission eine doppelte Schätzung und damit auch einen Entscheid über die Berechtigung seines Ausdehnungsbegehrens zu verlangen. Es ist möglich, dass von vornherein niemand an eine Weiterziehung des Entscheides denkt, und da der Enteigner die Kosten eines in diesem Falle sonst nötigen neuen Verfahrens ja selbst zu tragen hätte, so liegt es in seinem Interesse, dass eine solche Zweispurigkeit vermieden werde. Er wird daher sehr oft sein Ausdehnungsbegehren auch schon eventuell der Schätzungskommissionanmelden, und diese soll dann keinen Anstand nehmen, auch gleich das Ganze zu schätzen.

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Art. 66.

Art. 66 befreit das Beweisverfahren vor der Schätzungskommission von den Fesseln der Verhandlungs- und der Eventualmaxime und erklärt die Kommission nur für ihren Entscheid an die Parteianträge gebunden (was im Sinne der bisherigen Praxis dahin zu verstehen ist, dass nur die Anträge über die Totalsumme der verlangten Entschädigung eine Bolle spielen dürfen), nicht aber was das Beweisverfahren betrifft. Sie soll daher, was allein der Natur dieses Verwaltungsprozesses entspricht, bei dem die Parteien ihre Bechte auch ohne Anwälte müssen wahren können, selbständig die ihr nötig erscheinenden Beweise anordnen. Sie muss auch die Beweise selbst abnehmen können. Bei der Benennung dieser Beweismittel ist aber absichtlich, um ihn auszuschliessen, der Parteieid nicht genannt worden. Der Artikel ist auf den Hauptfall der Tätigkeit der Schätzungskommission zugeschnitten, nämlich auf die Pestsetzung der eigentlichen Enteignungsentschädigung ; er muss aber selbstverständlich Anwendung auch auf die übrigen, der Zuständigkeit der ßchät/ungskommission neu unterstellten Streitigkeiten finden. Denn dabei handelt es sich ja auch entweder um Schadenersatzforderungen oder um Inzidente des Enteignungsverfahrens, für deren Verweisung in das Untersuchungsverfahren die gleichen Gründe sprechen wie für die eigentlichen Enteignungs«ntschädigungen. Die Beiziehung Sachverständiger wird natürlich nur ausnahmsweise notwendig sein, da in der Begel die Sachkunde in der Schätzungskommission schon vertreten sein wird. Ans dem Stillschweigen des Entwurfs über die Forni der Zeugenabhorung soll geschlossen werden, dass die allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege dafür massgebend sein sollen. Auch über die Beweiswürdigung sagt der Entwurf nichts, in der Meinung, dass die freie Beweiswürdigung auf dem Gebiete des eidgenössischen Bechts heutzutage sich von selbst versteht. Sollten übrigens über diese und über andere Punkte des Verfahrens Zweifel auftauchen, so gibt ja Art. 57 dem Bundesgerichte die Möglichkeit, jederzeit die nötigen ergänzenden Bestimmungen zu erlassen.

Art. 67.

Notwendig schien aber im Gesetze noch eine Bestimmung über den Inhalt des Protokolls über die Verhandlungen und damit auch des Urteils der Schätzungskommission. Die in Art. 67 aufgezählten Elemente muss das Urteil enthalten, damit es die Basis
für die Vollstreckung einerseits der Verpflichtungen dès Enteigners zur Bezahlung der Entschädigung, anderseits für die Bewerkstelligung des Eigentumsübergangs durch den Eintrag im Grundbuch bilden kann (Art. 82, 87). Namentlich ist wichtig, dass die in Art, 16 aufgezählten verschiedenen Bestandteile, aus denen sich die Gesamtentschädigung zusammensetzt, genau auseinandergehalten werden, weil sonst imVollstreckungsverfahren keine Klarheit darüber besteht, welche Beträge dem Enteigneten direkt zugestellt werden können und welche an die Pfandgläubiger zu bezahlen sind (Art. 83 und 88).

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Endlich sind diese Vorschriften auch deshalb notwendig, weil das Urteil einem solchen des Bundesgerichtes in bezug auf seine Vollstreckbarkeit gleichgestellt" ist und auch den gleichen Rechtsmitteln wie dieses unterstehen musa (Art. 69).

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Art. 68.

Die Bestimmung.über die Zustellung in Art. 68, Abs. l, ist wesentlich der Nebenbeteiligten wegen aufgenommen worden, um darauf zu verweisen» dass die Pfandgläubiger, wenn sie sich am Verfahren beteiligt haben (Art. 22,, 51, 61), als .Partei zu behandeln sind. Sie müssen in diesen Fällen auch das Eecht der Weiterziehung des Entscheides haben, der über ihre Anträgeergangen ist (Art. 72) und haben daher auch ein Anrecht auf separate Zustellurig des Entscheides. Absatz 2 versucht, dem oft gefühlten Übelstande abzuhelfen, dass die Entscheide über zusammenhängende Fälle auseinandergerissen, nicht miteinander, sondern in verschiedenen, weit auseinander liegenden " Zeitpunkten, zugestellt wurden, so dass sie dann auch im Weiterziehungsverfahren nicht zu gleicher Zeit behandelt werden konnten, was bisher oft zu einer ungleichmässigen Erledigung in letzter Instanz geführt hat, -- wozu .allerdings zum guten Teil die gegenwärtige. Organisation des Rekursverfahrensauch beigetragen haben mag. Natürlich ist es nicht möglich, sämtliche durch ein Werk sehr grossen Umfanges .verursachten Enteignungsstreitigkeiten im Schätzungsverfahren zu. gleicher Zeit zu- erledigen.. .Da nun aber die Einleitung des Verfahrens. nach dem Entwurfe nicht mehr von der Initiative des Enteigners abhängt, sondern in die Hände des Präsidenten der Schätzungskommission gelegt wird, so wird es leichter als bisher möglich sein, die auf die .gleiche Planauflage bezüglichen Fälle hintereinander und ohne zu grossen Unterbruch anzusetzen, und dann kann auch wohl mit der Zustellung der Entscheide zugewartet werden, bis sie für alle Beteiligten ausgefertigt sind.

Es. bleibt abzuwarten, ob diese Vorschrift wirksamer sein werde als die mehr oder weniger toter Buchstabe gebliebene des gegenwärtigen Art. 38, die den.

gleichen Zweck verfolgte.

, Art. 69.

Art. 69 enthält den in Art. 35, .Abs. 2, des gegenwärtigen Gesetzes schon enthaltenen Grundsatz über die Vollstreckbarkeit der .Urteile der Schätzungskommission und stellt diese auch tunsichtlich der A n f e c h t barkeit (durch Bevision, Berichtigung
und Erläuterung; vgl. Art. 192--198 des Bundesgesetzes vom 22. November 1850 über das Verfahren beim Bundesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten) den bundesgerichtlichen Urteilen gleich.

: " Art. 70.

Der Entwurf schliesst hier an die Bestimmungen über das Verfahren vor der Schätzungskommission noch die Eegelung der sogenannten vorzeitigen Besitzergreifung, die das geltende Becht unter dem Kapitel der Vollziehung und der Wirkungen der Enteignung behandelt.

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Der Entwurf hält grundsätzlich an- dorn Hechte des Enteigners, den Besitz der von ihm verlangten Hechte schon vor Abschluss des ganzen Schätzungsverfahrens zu verlangen, fest, da eine praktische Notwendigkeit für dieses Institut anerkannt werden muss, und formuliert auch die einschränkenden Voraussetzungen, die für dessen Atisübung im Interesse des Enteigneten notwendig .aufgestellt werden müssen, ähnlich wie bisher. Es sind. die. Fälle gar nicht selten, wo dem Unternehmer ein unverhältnisrnässiger Schaden entstünde, wenn er mit. der Inangriffnahme des Werkes bis zur vollständigen Erledigung aller Entschädigungsforderungen zuwarten müsste. Diese Nachteile muss er .aber natürlich wenigstens glaubhaft. machen ; das ist daher die erst» positive Voraussetzung der Bewilligung eines solchen .Gesuches. Weitere Bedingung muss dann sein, dass die Beurteilung der Ansprüche des Enteigneten durch diese Veränderung des status quo nicht unmöglich gemacht werde^ und zwar muss dafür gesorgt werden, dass auch die vom Entwurf festgehaltene zweite Schätzungsinstanz sich ebenfalls noch ein -Bild über die entscheidenden . Tatumstände machen kann. Das bedingt, dass jedenfalls der Augenschein der Schätzungskommission abgewartet werden muss, wie dies auch bisher schon vorgesehen war. Der Entwurf schreibt aber auch noch vorherige Anhörung des -Enteigneten vor, was nicht überflüssig ist, da «ach Berichten von Praktikern das bisher hie und da unterlassen worden sein soll, wodurch dann bei den Enteigneten, sehr begreiflicherweise, böses Blut gestiftet wurde. Für die zweite Instanz kann die Nachprüfung in sehr vielen Fällen durch eine ausführlicheBeschreibung der A'erhältnisse im Schätzungsentscheide, mit oder ohne. Unterstützung durch Photographien und Skizzen, gesichert werden. Der Entwurf gibt der Schätzungskommission die Befugnis, die Bewilligung von der Ausführung solcher Massnahmen abhängig zu machen und sie zu verweigern, wenn und soweit nicht dadurch die Überprüfung ihres Entscheides möglich gemacht werden kann. Die schon im geltenden Eechte dem Enteigner auferlegte Verpflichtung zur Verzinsung der Entschädigungssumme vom Tags der Besitznahme an ist eine selbstverständliche Folge davon, dass der Enteignete in dem Genuss seiner Eechte eingestellt wird. Doch ist damit der dem Enteigneten -entstehende Schaden keineswegs
voll ausgeglichen. Zunächst steht ja einstweilen gar nicht fest, wie hoch diese- Entschädigungssumme sein werde, da ja erst das Schätzungsverfahrcn zum Abschlüsse gebracht werden muss und dann erst noch die Weiterziehung möglich ist. Diesen Zins kann also der. Enteignete erst nach Abschluss des Verfahrens fordern. Er wird damit in vielen Fällen in eine recht schwierige Lage-versetzt. Denn wenn er auf die Nutzung aus dem vom Euteigner vorzeitig in Besitz genommenen Grundstücke angewiesen ist -- sei es nun ein landwirtschaftliches Grundstück, sei 'es ein Benditenhaus--, so entgehen ihm diese Einnahmen, ohne dass er einen Ersatz dafür hätte, während er auf der andern Seite die auf dem Grundstück haftenden Lasten, wenn sie in der Zwischenzeit fällig werden -- man denke an Grundsteuern, Zin.se von Grundpfandforderungen --, doch noch zu entrichten hat, da er die Berechtigten nicht auf die Enteignungsentschädigung ver-

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weisen kann, die noch gar nicht festgestellt, geschweige denn bezahlt worden ist.

Auch hat er die Kosten für den Umzug und die sämtlichen mit der Übersiedelung sonst noeti verbundenen Umtriebe aus der eigenen Tasche zu leisten, muss auch unter Umständen für die Beschaffung eines Ereatzgrundstückes sich bares Geld verschaffen usw. Aus dieser schwierigen Situation rettet ihn nun die im geltenden Becht vorgesehene Möglichkeit, vom Enteigner eine Kaution zu verlangen, in keiner Weise; denn diese soll ja auch nur die später erfolgende Bezahlung der Enteignungsentschädigung sichern, verschafft ihm aber nicht die flüssigen "Mittel, die er unter Umständen jetzt dringend nötig hat.

Hier sucht der Entwurf Abhilfe zu treffen dadurch, dass er die Schätzungskommission ermächtigt, dem Enteigner neben oder an Stelle der Sicherstellung der später zu bezahlenden Entschädigung auch'Abschlagszahlurigeh daran aufzuerlegen, sei es in Form von Kapitalbeträgen, die namentlich für den persönlichen Schaden in Frage kommen können, sei es in der Höhe der dem Enteigneten obliegenden Zinspflichten für die Grundpfandschulden. Das kann dem Enteigner wohl zugemutet werden, da er ja in den vollständigen Genuss der Bechte des Enteigneten eintritt, und es wird die Stellung des Enteigneten in den meisten Fällen erträglich machen. In denjenigen Fällen, die der Schätzungskommission unterbreitet werden und die zu einer vorzeitigen Besitzeseinweisung führen, kann es sich ja nicht mehr darum handeln, ob überhaupt eine Entschädigung zu leisten sei oder nicht, sondern der Streit dreht sich nur um das Quantum. Auch dieses -Quantum ist nun aber nicht etwa eine vollständig in der Luft stehende Ziffer, sondern es wird immer sich ein Minimum bestimmen lassen, das der Enteigner auf alle Fälle wird zu bezahlen haben.

Das bisherige Verfahren hat ja ergeben, was er offeriert ; er hat im Einigungsverfahren sich darüber aussprechen müssen und muss nun auch bei der Schät2ungsverhandhing wieder zu den Begehren des Enteigneten Stellung nehmen.

Verlangt der.Enteignete, wie das meist der Fall sein wird, mehr, so bildet doch 'immerhin das vom Enteigner Anerbotene das Minimum, das er auf alle Fälle bezahlen muss. Daher kann man ganz unbedenklich entweder eine Verzinsung dieses Betrages sofort anordnen -- da ja die Verzinsung ohnehin für die ganze
Entschädigung mit der Besitzergreifung zu laufen beginnt --, oder es kann auf Bechnung dieser Summe ein 'bestimmter Betrag für die Umzugskosten-ausbezahlt, oder es kann auch ein Teil des Betrages als Abschlagszahlung und Abzahlung einer fälligen Pfandschuld an einen drängenden Pfandgläubiger bestimmt werden. Darüber, ob und in welchem Umfange daneben dann auch noch eine Sicherstellung notwendig erscheint, soll die Schätzungskommission nach freiem Ermessen entscheiden können; sie wird in.den wenigsten Fällen notwendig sein. Gleichen Erwägungen verdankt die Bestimmung des Art. 79 ihre Existenz, die für das Weiterzièhungsverfahren die Stellung des Enteigneten in ähnlicher Weise verbessern möchte.

Bisher hat der Bundesrat in Streitigkeiten über die vorzeitige Besitzeinweisung entschieden. Dass er nicht die richtige Instanz dazu sei, ist allseitig zugegeben worden. Die Parteien müssen Gelegenheit haben, sich darüber

75 mündlich auseinanderzusetzen, und das Verfahren muss rasch und formlos sein. Daher erscheint es als das Gegebene, dass die Schätzungskommission auch über dieses Inzident, wie über alle andern, entscheide. Das drängt sich um so mehr auf, als die Bestimmung über, die Abschlagszahlung und die Sicherstellung richtig überhaupt nur von derjenigen Stelle gehandhabt werden kann, welche auch ein Urteil über die geltend gemachten Forderungen hat.

Für die Erstellung elektrischer Leitungen hat Art. 53 des Starkund Schwachstromgesotzes die vorläufige Besitzeinweisung ausnahmsweise schon nach der erfolgten «Plangenehmigung», also ganz allgemein gestattet, und zwar ohne dass irgendeine vorherige Bewilligung dazu eingeholt oder eine Benachrichtigung der betroffenen Eigentümer vorgenommen werden niusste.

Das hat in der Praxis dazu geführt, dass ziemlich allgemein, sobald keine Einsprachen vorlagen oder soweit sie erledigt waren, mit dem Bau der Leitungen begonnen wurde, ohne dass die betroffenen Eigentümer irgend etwas davon wussten, und das hat viel dazu beigetragen, in weiten Kreisen der Grundeigentümer gegen die Elektrizitätswerke eine Missstimmung zu schaffen.

Der Entwurf will daliîr auch hier Bemedur schaffen durch eine Abänderung des erwähnten Art. 58 des Stark- und Schwachstromgesetzes, wie dies in den Übergangsbestimmungen, Art. 116, Ziff. 2, vorgeschlagen wird.. Zwar geht er nicht soweit, auch für diese Fälle eine vorläufige Besitzeinweisung vor der Verhandlung der Schätzungskommission auszuschliessen. Denn in der Tat handelt es sich beim Aufstellen solcher, Leitungsstangen ja meistens um mehr untergeordnete Eingriffe in das Eigentum (wenn nicht grosse Gittermasten in Frage sind) und auf jeden Fall um solche, deren nachteilige Folgen für den Enteigneten viel besser beurteilt werden können, wenn die Arbeit ausgeführt ist, als vorher. Man kann daher wohl an dem Grundsatz festhalten, . dass in diesen Fällen in der Eegel die Ausführung des Werkes nach der Beseitigung, der Einsprachen gegen die Abtretungspflicht in Angriff genommen werden kann, ohne dass bis zum Augenschein der Schätzungskommission zugewartet werden muss. Dagegen können die betroffenen Grundeigentümer mit Eecht verlangen, dass die Arbeiten nicht ohne ihr Wissen vorgenommen werden, dass sie vielmehr vorher rechtzeitig benachrichtigt werden
müssen, und sie sollen auch da, wo ausnahmsweise Verhältnisse vorliegen, ihre besondern Gründe für eine Verschiebung der Inanspruchnahme bis zur Einigungs- oder Schätzungsverhandlung geltend machen können. Der Entwurf will diesem letztem Gedanken dadurch Rechnung tragen, dass er auch für diese Fälle eine ausdrückliche Ermächtigung zur vorzeitigen Besitzeinweisung verlangt, die vom Präsidenten der Schätzungskommissionausgesprochen werden soll. Dabei hat es die Meinung, dass der Präsident diese Bewilligung auch generell, für eine ganze Leitung, soll erteilen können, wobei er aber den Beteiligten vorher Gelegenheit geben wird, ihre allfälligen Einsprachen geltend zu machen. Natürlich kann er eine generell erteilte Bewilligung auch nachträglich für spezielle Fälle wieder zurückziehen, wenn von einzelnen Betroffenen stichhaltige Gründe gegen sie angeführt werden können.

76 Dadurch, dürften die berechtigten Interessen der Enteigneten ausreichend gewahrt sein, ohne dass das Verfahren für die Enteigner allzusehr erschwert -wird. . · .

Anwendbar sind dann natürlich auch auf diese Fälle die "Vorschriften über die Sicherstellung und die Abschlagszahlung.

2. Weiterziehung.

Bei der Diskussion über .die Revision des Gesetzes herrschte ziemliche Einigkeit darüber, dass die gegenwärtige Ausgestaltung des Weiterziehungsverahrens nicht recht befriedigt, wogegen allerdings die: Meinungen über das, was an dessen Stelle zu setzen .sei, sehr auseinander gingen und.auch in Frage gestellt wurde, ob überhaupt eine Weiterziehung der Entscheide deSchätzungs-skommission notwendig sei.

Nun ist, was zunächst diese letztere Vorfrage anbelangt, gewiss richtig, dass der Entwurf vermehrte Garantien dafür schafft, dass der Entscheid der Schätzungskommission möglichst wenig Angriffsflächen bietet, und zwar durch die grösseren Schätzungskreise, die schon in der ersten Instanz eine einheitlichere Beurteilung der Fälle garantieren, die andere Zusammensetzung der Schätzungskommissionen, die vermehrte Gelegenheit zur Ausübung ihrer Tätigkeit, welche die neuen Funktionen ihnen bieten werden, und durch die hierdurch erhöhte Autorität des Präsidenten, der das Verfahren leiten" wird.

Trotzdem kann, auch wenn man in allen diesen Beziehungen die Vorschläge des Entwurfes annimmt, eine obere Instanz nicht entbehrt werden; auf alle Falls nicht zur Beurteilung der mannigfachen Rechtsfragen, die im "Verlaufe eines Enteigungsverfahrens immer auftauchen können und die gerade auch ein neues Gesetz aufrollen wird. Auch weist.der Entwurf den Schätzungskommissionen so: viele neue Kompetenzen zu; die bisher zum Teil vom Bundesgericht als einziger Zivilinstanz, zum Teil von den gewöhnlichen Gerichten, zum Teil vom Bundesrat entschieden wurden, und wobei meistens neben den Schätzungsfragen auchRechtsfragenn mitspielen, dass eine zweite Instanz, in der dieRechtskenntnissee vertreten sind, nicht entbehrt werden kann. -Es muss auch auf diesem Gebiete dafür gesorgt werden, dass die Anwendung und Weiterentwicklung desRechtss nach einheitlichen Gesichtspunkten vor sich geht. Eine zentrale eidgenössische Instanz, die. wegen der notwendigen Unabhängigkeit von der Verwaltung, welche ja im Enteignungsverfahren oft selbst
als Partei auftritt, nur eine richterliche Instanz sein darf, kann daher nicht entbehrt werden. Den Gedanken, als solche Instanz das künftigeVerwaltungs-gericht in Aussicht zu nehmen, hielten wir nicht für glücklich und möchten vielmehr das Bundesgericht dafür beibehalten, auch wenn.das Verwaltungsgericht als .besondere Gerichtsinstanz organisiert werden"sollte.' Wird das Bundesgericht mit der Verwaltungsrechtspflege betraut, so verliert die Frage überhaupt ihre praktische Bedeutung. Wenn schon bei der Anwendung der Grundsätze des Enteignungsrechts nicht von einer eigentlichen zivilrechtlichen Tätigkeit und auch nicht von reiner Staatsrechtspflege gesprochen werden kann,

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so sind doch der Berührungspunkte mit dem -Zivilrecht einerseits, und dem auch in die Obhut des Bundesgerichts gelegten öffentlichen Eecht anderseits so viele, . dass eine Ablösung dieser Fälle von seinem Zuständigkeitskreise sich nicht rechtfertigen würde. Das Bundesgericht hat sich denn auch bisher seiner Auf.gabe, soweit es im Eahmen der gegenwärtigen- Organisation möglich war, in einer Weise entledigt, die allen berechtigten Anforderungen entspricht. Auch die Kontinuität der Eechtsprechung macht es wünschenswert, dass sie der bisherigen Instanz verbleibe, zumal die zurzeit vorhandenen Ubelstände durch organisatorische Änderungen leicht behoben werden können.

. Über die Notwendigkeit einer Weiterziehungsmöglichkeit für die Kechtsfragen herrscht denn auch sozusagen Einigkeit. Die Meinungen gehen stark auseinander nur über die Frage, ob auch für die. blossen Söhätzungsfragen eine zweite Instanz noch notwendig sei. Und hier ist zuzugeben, dass in der Tat, wenn das gegenwärtige Verfahren beibehalten würde, gegen dessen Zweekmässigkeit und Notwendigkeit.. die schwersten Bedenken geltend gemacht werden könnten. Denn die Garantien dafür, dass die S.chätzung der zweiten Instanz besser ausfalle als die der ersten Instanz und dass. die allfällig eintretende Korrektur von einheitlichen Grundsätzen ausgehe,'dass die zweite Instanz also eine uniforme Schätzung für die ganze Schweiz sichere, sind zurzeit nicht vorhanden. Das hat seinen Grund darin, dass das Bundesgericht als solches nicht die nötige. Sachkenntnis besitzt und auch nicht über die Zeit verfügt, um selbst sich mit der Schätzung abzugeben, sondern dass es dafür auf das -Gutachten von Experten abzustellen genötigt ist. Diese Experten ernennt nach . der massgebenden Prozessordnung nicht das Gericht als solches, sondern der mit der Instruktion des Einzelfalles beauftragte Instruktionsrichter. Für jeden Weiterziehungsfall oder für jede Gruppe von Weiterziehungen, für die ein Instruktionsrichter bestellt wird, wird also die Expertenkommission jeweils besonders zusammengestellt. Irgendwelche Garantien dafür, dass die so gewählten Qberexperten die Schätzung- mit besserer Sachkenntnis vornehmen als die Schätzungskommission, bestehen daher gar nicht, .Meist werden diese .Sachverständigenkommissionen eben aus der Zahl der auch in den Schätzungskömmissionen
funktionierenden Persönlichkeiten zusammengesetzt, und man kann füglich sagen, dass die nach den Bestimmungen des Entwurfes gewählten Schätzungskommissionen, die unter der Leitung eines Präsidenten stehen, der sich in kurzem mit der Materie vollständig vertraut machen wird, die Aufgabe jedenfalls glücklicher und besser erfüllen werden als eine solche Gelegen. heitskommission. Schon gar besteht bei dem gegenwärtigen System keine Einheitlichkeit in der Begutachtung vor der zweiten Instanz; denn diese von Fall zu Fall ernannten Experten wissen nichts voneinander, haben keinen Zusammenhang untereinander und können daher von ganz verschiedenen Auffassungen aus an ihre Arbeit gehen. Auch die Instruktion durch die Instruktionsrichter, wenn eine solche erfolgt, kann dem nicht abhelfen, da eben auch beiihnen verschiedene Auffassungen herrschen können, abgesehen davon, dass sie meistens .in die Schätzung, als reine Expertenangelegenheit, sich überhaupt

78 nicht einmischen. Diese Expertenbefunde sind also bei der gegenwärtigen Organisation des Gerichtes das für die Schätzung Entscheidende; denn das Gericht weicht von ihnen nur dann ab, wenn sie von offenkundig falschen Voraussetzungen ausgegangen sind oder mit anerkannten Bechtssätzen in Konflikt kommen. Und etwas anderes wäre auch gar nicht möglich, da das.

Bundesgericht, das nicht in jedem einzelnen Falle in corpore sich an Ort und Stelle begeben kann, und dessen Mitglieder nicht ohne weiteres über Land- und Häuserpreise orientiert sein können, über bessere Sach- und Ortskenntnisse als die Experten ja nicht verfügt. Aus diesem Gründe ist auch diezurzeit bestehende Möglichkeit, gegenüber, dem auf den Expertenbefund sich stützenden sogenannten Urteilsantrag des Instruktionsrichters den Entscheid des Gerichtes auch über die Schätzung zu verlangen, nicht geeignet, Einheitlichkeit in die Schätzungen zu bringen.

Konnte inan daher von diesen. Erwägungen aus gewiss die Ansicht mit guten Gründen verfechten, dass eine nochmalige Überprüfung der Entscheide der neuen Schätzungskommissionen, soweit sie lediglich die Schätzungen betreffen, nicht mehr notwendig sei, so hat sich der Entwurf doch nicht auf diesen Standpunkt gestellt; er möchte an.der Möglichkeit festhalten, auch die Schätzungsfragen an eine zweite Instanz, weiterzuziehen. Und zwar zunächst deshalb, um auch auf diesem Gebiete im Eahmen des Möglichen die Einheitlichkeit der Bechtsprechung zu garantieren und dafür zu sorgen, dass in allen Schätzungskreisen nach .gleichen- Grundsätzen verfahren wird, und dass nicht in einem Kreise.etwas entschädigt wird, was in einem andern nicht zu einer Entschädigung führt. Denn auch für die Schätzungen lassen sich sicherlich einheitliche, -leitende Gesichtspunkte aufstellen, ohne dass es gerade feste Eeehtssätze sein müssen und deren Nichtbeachtung.als Bechtsverletzung gerügt werden könnte. .-Sodann hängen vielfach die Schätzungsfragen sehr enge zusammen mit eigentlichen Bechtsfragen, und wenn man eine zweite Instanz für diese vorsieht und vorsehen muss, so dient es der Abkürzung des Verfahrens, wenn die von der Vorinstanz abweichende Beurteilung der auf die Schätzung einwirkenden Eechtsfrage nicht zu einer Bückweisung führen muss, sondern die andere Schätzung gleich auch in der zweiten Instanz vorgenommen
werden kann. Endlich können bei den Enteignungen so schwerwiegende finanzielle Interessen für beide Parteien auf dem Spiele stehen, dass es zu ihrer Beruhigung dient, wenn-die Möglichkeit einer Überprüfung des Schätzungsentscheides besteht und. allfälligdabei vorgekommene Fehler noch korrigiert werden können. Solehe Fehler können jeder, selbst der besten Instanz unterlauf en ; sie können aber auch von einer Partei begangen werden, sei es, dass sie sich in erster Instanz nicht hat vertreten lassen, sei es, dass sie oder ihr Vertreter ausschlaggebende Beweismittel erst nach der Verhandlung vor Schätzungskommission ausfindig machte usw.

Der Entwurf versucht nun, auf der einen Seite durch eine andere Ausgestaltung des Schätzungsverfahrens in zweiter Instanz Garantien für ein besseres Eesultat desselben zu schaffen und es unter einheitliche Gesichtspunkte zu stellen, auf der andern Seite das Bundesgericht als solches von diesen reinen-

79 Schätzungsfragen nach Möglichkeit zu entlasten, es aber trotzdem als letzte Instanz für die Beurteilung der Bechtsfragen beizubehalten und ihm eine Einwirkung auf die Schätzungen vom rein rechtlichen Gesichtspunkte aus zu wahren.

Die Mittel dazu findet er in der Einsetzung einer zentralen Schätzungskommission, oder Oberschätzungskommission, von yerhältnismässig wenigen Mitgliedern, aus deren Mitte für jeden Einzelfall die Experten zu nehmen wären; ferner in der Übertragung der Leitung des Schätzungsverfahrons an einen Instruktionsrichter, der bei der Entscheidung der Schätzungsfrage mit den Experten zusammenzuwirken, ibnen also die nötige Eechtsbelehrung zu erteilen und ein Urteil über den weitergezogenen Fall in seiner Totalität zu erlassen hätte, und endlich in der Möglichkeit der Anrufung des Bundesgerichts gegenüber diesen Entscheiden zur Beurteilung von reinen Eechtsfragen.

Darüber wird das Nähere noch bei der Besprechung der einzelnen Artikel des Entwurfes ausgeführt werden.

Art, 71.

Art. 71 bestimmt zunächst F or m und Fris t der W e i t e r z i e h u n g und schliesst sich an das geltende Eecht an. Die Weiterziehung hat Devolutiveffekt und unterstellt den ganzen Entscheid der Überprüfung der zweiten Instanz, vor der daher auch neue Bewöisanträge gestellt werden können (Art. 76). Immerhin sollen neue Begehren, also Anträge in der Sache selbst, die im Einigungs- oder Schätzungsverfahren nicht schon- gestellt wurden, obschon die Möglichkeit dazu bestand, nicht zugelassen werden. Die Enteigneten haben zur Formulierung und Überlegung ihrer Forderungen während der Eingabefrist, hernach im Einigungsverfahren und sodann noch vor Schätzungskommission so vielfach Zeit und Gelegenheit, dass ein unbeschränktes Novenrecht, das die Erledigung des Falles immer verzögern muss, nicht am Platze wäre.

Art. 72.

Art. 72 umschreibt dieLegitimation zur Weiterziehung und gibt das Eecht, sie zu ergreifen auch den Grundpfandgläubigern, Grandlastberechtigten und Nutzniessem als Neben-paiteien, indessen nur, sofern sie bereits am Schätzungsverfahren teilgenommen haben. In der Tat werden sie ja durch die im Einigungsverfahren stattfindende Publikation auf die Enteignung aufmerksam gemacht und haben. daher Gelegenheit, wenn sie sich gefähr. det glauben, vor der Schätzungskommission "bestimmte Anträge zu stellen..

Tun sie das nicht, so darf angenommen werden, dass sie sich mit dem Spruch der Schätzungskommission zufrieden geben wollen. Von den übrigen Dienstbarkeitsberechtigten und den Gläubigern, vorgemerkter persönlicher Eechte wird nicht gesprochen, weil sie, soweit ihre Eechte erlöschen, im Entwurf ja als Partei behandelt werden, die auf sie entfallende Entschädigung Gegenstand eines besondern Urteils bilden muss und es sich daher von selbst versteht, dass sie auch zur Weiterziehung -- aber selbstverständlich nur, soweit .eben ihre Entschädigung in Frage ist --· berechtigt sind.

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Die im zweiten Absatz vorgesehene Möglichkeit der A n s c h l u s s b e r u f ung ·will einem mehrfach gefühlten Bedürfnis entgegenkommen. Sehr oft ist die eine oder andere Partei bereit, einen ihr in gewisser. Beziehung anfechtbar erscheinenden Entscheid der Schätzungskommission anzuerkennen,. um die Kosten und Umtriebe einer Woiterziehung zu vermeiden. Unterlässt sie dann die Woiterziehung und muss hinterher erfahren, dass die Gegenpartei diese erklärt hat, so war sie bisher sehr oft wegen Ablaufs der Berufungsfrist nicht mehr in.der Lage, den Entscheid auch noch anzufechten. Es scheint daher ohne weiteres gegeben, dass das für .die Zivilrechtspflege geltende Institut der Anschluss'berufung auch für diese Fälle, anwendbar erklärt wird.

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- . Art. 73.

Die Stellung und die Funktionen der Oberschätzungskommission, von der einleitend die Bede war, umschreiben die Art. 73--75. Ihre Mitglieder sollen danach zum mindesten über die gleiche Sachkunde verfügen wie diejenigen der Schätzungskonirnissionen, und aus ihrer Mitte sollen in Zukunft die Experten für die Begutachtung der an das Bundesgericht weitergezogenen Fälle bezeichnet werden, deren Ernennung dann auch weiterhin .dem mit der Leitung des Verfahrens beauftragten Instruktionsrichter überlassen bleiben kann.

Die Wahlen von Experten aufs Geratewohl hin wären danach nicht mehr möglich ; die bundesgerichtlichen Experten wären mehr oder weniger immer die gleichen; sie könnten sich in ihre Aufgabe einleben und würden ihr mit vermehrter Sachkunde und Autorität obliegen können. Das Maximum dieser Garantien würde natürlich dann erreicht, wenn in jedem Falle, der an das Bundesgericht -weitergezogen wird, die gleichen Experten funktionieren könnten, und im Verlaufe der Vorberatungen ist denn auch der Antrag gestellt worden, nur eine Kommission von 3--5 Mitgliedern zu bestellen. Die Expertenkommission hat -- wie uns scheinen will mit Becht -- diesem Vorschlag nicht beigestimmt. Schon unsere sprachlichen Verschiedenheiten verlangen, dass alle drei Landessprachen in der Oberschätzungskommission vertreten seien. .Sodann würde es wahrscheinlich schwer fallen, die Persönlichkeiten zu finden, die, wenn mit einer so starken Inanspruchnahme gerechnet werden müsste, zur Annahme einer Wahl bereit wären. Und endlich ist es wichtig, dass auch in dieser
Oberschätzungskommission die verschiedenen Landesteile nach Möglichkeit vertreten sind, damit die örtlichen Verhältnisse bei der Schätzung mit in Berücksichtigung gezogen werden können. Wir sind so zu der Zahl von 14 gekommen, die uns das zulässige Maximum zu sein scheint. Je höher man die Zahl ansetzt, desto weniger ist die Institution noch fähig, die von ihr erwarteten Torteile zu sichern.. Dass die verschiedenen Landesteile und -sprachen bei der Wahl zu berücksichtigen seien, hielten wir nicht für notwendig, ausdrücklich zu sagen; es ergibt sich das ohne weiteres aus der Aufgabe der Kommission. Zudem sorgt dafür auch der im Entwurf vorgesehene W a h l mo dus. Die Einsetzung solcher ständiger Schätzungsexperten ermöglicht es nämlich, als Wahlkörper auch noch andere Instanzen heranzuziehen als

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nur das Bundesgericht. Wenn man es für nötig und zweckmässig hält, die Wahl der Schätzungskommissionen nicht ausschliesslich dem Bundesgerichte zu übertragen, sondern auch die politischen Behörden daran teilnehmen zu lassen, so sprechen die gleichen Gründe auch für eine Beteiligung der letztern an der: "Wahl der zweiten Instanz. Im Eahmen des Möglichen versucht der Entwurf daher, diesem Gedanken Gestalt zu geben dadurch, dass er die Hälfte der Mitglieder der Oberschätzungskommission vom Bundesrat will bezeichnen lassen, die andere Hälfte vom Bundesgericht. Da, wie erwähnt, diese Kommission nicht mit zu vielen Mitgliedern besetzt werden darf, wenn sie ihren Zweck richtig erfüllen soll, so können von den kantonalen Eegierungen nicht auch noch Mitglieder in sie abgeordnet werden; die Parallele lässt sich daher nicht vollständig durchführen. Der Bundesrat wird aber in der Lage sein, die ihm zustehenden Wahlen nach ähnlichen Erwägungen zu treffen, wie sie auch für die Kantonsregierungen massgebend wären. Diese Zusammensetzimg der Oberschätzungskommission dürfte auch diejenigen Kreise beruhigen, die sich bisher darüber beklagen zu müssen glaubten, dass die Interessen der Enteigneten bei den vom Bundesgerichte getroffenen Expertenwahlen nicht ausreichend zum Worte kamen. Der Entwurf hat sich sodann absichtlich enthalten, irgendeine Inkompatibilität zwischen den Schätzungskommissionen und der Oberschätzungskommission auszusprechen, in der Meinung, dass unter Umständen die Mitwirkung des einen oder andern nicht voll in Anspruch genommenen Präsidenten einer Schätzungskommission auch als Mitglied der Oberschätzungskommission für beide Instanzen nur von Vorteil sein könne.

Dafür, dass im konkreten Falle natürlich die gleichen Persönlichkeiten nicht in beiden Instanzen funktionieren, wird durch die Anwendung der Ausstandsbestimmung des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege auch auf die Mitglieder der Oberschätzungskommission gesorgt.

Art. 74.

Einen weitern Ausbau des Gedankens der Oberschätzungskornmission bringt sodann Art. 74, der die Möglichkeit vorsieht, dass die Mitglieder dieser Kommission vom Bundesgerichte zur Beratung von allgemeinen Grundsätzen für die Schätzungen zu Plenarsitzungen einberufen werden können, sofern sich ein Bedürfnis hierfür in der Praxis geltend macht. Nach Mitteilung des Bundesgerichts war das in der Tat schon der Fall und wäre es sehr wünschbar gewesen, wenn z. B. für die Behandlung der Enteignungen für die elektrischen Leitungen solche Grundsätze hätten aufgestellt und damit in einem gewissen Zeitpunkte eine einheitlichere Behandlung der Fälle hätte gesichert werden können, als sie tatsächlich sehr oft vorkam. Wir stellen uns auch vor, dass das Bundesgericht z. B. in Fällen, wo ganz neue Fragen auftauchen, bevor es sie im konkreten Falle entscheidet, die ganze Kommission anzuhören beschliesst und damit die Möglichkeit erhält, den Entscheid auf Grund -einer vielseitigeren Beleuchtung zu treffen, als wenn es nur auf das Gutachten von Wenigen abstellen muss. Auch soll die Möglichkeit eröffnet BuudeäMatt. 78. Jahrg. Bd. II.

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82 werden, dass, wenn einzelne zur Begutachtung eines konkreten Falles berufene Mitglieder der Oberschätzungskommission selbst das Bedürfnis fühlen, sich mit, ihren Kollegen zu besprechen, sie zu diesem Zwecke dem Bundesgerichte die Einberufung der Kommission zu einer Plenarsitzung beantragen können. Wir glauben, dass diese Möglichkeiten dazu beitragen dürften, in Zukunft die Klagen über ungleiche Behandlung der einzelnen Fälle verschwinden zu lassen und auch auf dem Gebiete des reinen Schätzungsverfahrens das Gebot der Eechtsgleichheit nach Möglichkeit zu verwirklichen.

Art. 75.

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Das V e r f a h r e n im einzelnen in den an das Bundesgericht -weitergezogenen Fällen ist im Entwurfe nun in der Weise geordnet, dass, wie bisher, mit der Leitung ein I n s t r u k t i o n s r i c h t e r beauftragt wird (Art. 78), der die als Experten beizuziehenden Mitglieder der Oberschätzungskommission bezeichnet (Art. 75), indem er diejenigen auswählt, die sich nach den SprachVerhältnissen dazu am besten eignen, und auch dafür sorgt, dass mindestens ein mit den lokalen Verhältnissen vertrautes Mitglied eich darunter befindet.

Er soll aber nicht gezwungen sein, immer drei Sachverständige zu ernennen, wie das gegenwärtig zur Anwendung kommende Bundesgesetz vom 22, November 1850 über das Verfahren vor dem Bundesgerichte in bürgerlichen Eechtsstreitigkeiten dem Instruktionsrichter zur Pflicht macht, sondern je nach der grössern oder geringern Wichtigkeit des Falles sich auch mit nur einem oder mit zwei begnügen dürfen. Diese Vereinfachung des Verfahrens hat sich in der bisherigen Praxis als wünechbar gezeigt. Denn es mutete eigentümlich an, wenn zur Beurteilung der Entschädigung, die für das Aufstellen einiger Leitungsstangen zu bezahlen war, 8 Experten und dazu noch l oder 2 Bundesrichter auf dem Platze erschienen, wofür die Kosten das Mehrfache der überhaupt in Frage kommenden Entschädigung ausmachten. Eine weitere Neuerung des Entwurfes besteht darin, dass er den Instruktionsrichter zur Leitung des ganzen Verfahrens anhält, mit Inbegriff der Beratung der Sachverständigen.

Das wird verhüten, dass die letztern sich auf einem falschen Eechtsboden bewegen, und ermöglicht dem Instruktionsrichter, die Aufmerksamkeit der Experten auf die ihm wichtig erscheinenden Punkte hinzulenken, die sie vielleicht übersehen, klärt ihn auch ganz anders über ihre Ansichten auf, als wenn er nur das schriftliche Gutachten kennt, und dient also einer bessern Vorbereitung des Entscheides, Die modernen Prozessordnungen stehen ja überhaupt auf dem Standpunkt, dass das nötige Zusammenwirken zwischen Experten und Eichter am besten durch eine gegenseitige mündliche Aussprache garantiert werde. In der Eegel wird es dem Instruktionsrichter möglich sein, auch wenn besondere Sachkenntnisse notwendig sind, sie bei einem Mitghede der Oberschätzungskommission zu finden, und er wird dann eben danach seine Auswahl
treffen. Für den Ausnahmefall, wo das nicht zutrifft, muss ihm natürlich das Eecht gegeben werden, Sachverständige auch ausserhalb des Kreises der Oberschätzungskommission zuzuziehen. Es darf aber selbstverständlich

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diese Fakultät nicht etwa als Hintertürchen benutzt werden, um die vollständigfreie Expertenbezeichnung wieder einzuführen. -- Da es auch in Zukunft vorkommen wird, dass nicht sämtliche . Weiterziehungsfalle, die das gleiche Werk betreffen, vom nämlichen Instruktionsrichter behandelt werden können, so muss für die gleichmässige Behandlung solcher Fälle noch dadurch vorgesorgt werden, dass doch wenigstens die gleichen Sachverständigen dabei mitwirken.

In dieser Beziehung ist bisher, trotz der Bestimmung des Art. 88 des gegenwärtigen Gesetzes, welcher schon die Erledigung der gleichartigen Fälle in einem Verfahren vorschreibt, oft gefehlt worden, indem für das gleiche Werk, sogar am gleichen Orte, verschiedene bundesgerichtliche Instruktionskommissionen mit verschiedenen Expertenkommissionen erschienen, die dann ohne jeden Zusammenhang miteinander vorgingen. Wenn die Schätzungskommissionen der in Art. 68, Abs. 2, enthaltenen Vorschrift nachleben, so sollte es in Zukunft in der Eegel möglich sein, die das gleiche Werk beschlagenden Eekurse auch vom nämlichen Instruktionsrichter behandeln zu lassen.

Wo aber die Eekurse so zahlreich sind, dass dies als untunlich erscheint, wird die Bestimmung des Art, 75, Abs. 3, wenigstens für ihre einheitliche Erledigung in bezug auf die wichtigste Frage, diejenige der Schätzung, sorgen.

· · Art. 76.

.Für das Beweisverfahren galten streng genommen bisher (vgl. Art. 40 des gegenwärtigen Gesetzes) die Vorschriften des bereits zitierten Bundesgesotzes über das Verfahren in bürgerlichen Eechtsstreitigkeiten, das auf dem Boden der strengen Verhandlungsmaxime steht. Die Praxis hat sich daran nicht strikte gehalten ; und in der Tat erscheint es notwendig, wenn man auch nicht zum förmlichen Untersuchungsverfahren übergehen will, das für die zweite Instanz nicht gangbar wäre, doch den Eichter in der zweiten Instanz zur Anordnung der wesentlichsten Beweismittel, nämlich des Augenscheins und der Expertise, auch ohne Parteiantrag berechtigt zu erklären. Andere Beweise haben die Parteien anzumelden, und der Instruktionsrichter sorgt nur dafür, dass sie erhoben werden. Dar Parteieid ist nicht ausgeschlossen; er wird selbstverständlich für Schätzungsfragen keine Eolle spielen, kann aber doch nicht entbehrt werden zur Feststellung von bestrittenen, für den Entscheid präjudiziellen
Tatsachen, die auf andere Art und Weise nicht erstellt werden können. Das Bundesgericht wird ja als zweite Instanz nicht nur über reine Schätzungsfragen, sondern auch über eine Eeihe anderer Streitigkeiten (man denke an die Geltendmaehung des Eückforderungsrechts, an die Entscheidungen über die Eigentumsverhältnisse nach Art. 24 etc.), namentlich auch als Vorfrage über den Bestand von Eechten an Stelle der gewöhnlichen Zivilgerichte zu urteilen haben (vgl.. Art. 68 des Entwurfes).

Art. 77 und 78.

Waren die Beweise erhoben und hielt der Instruktionsrichter den Fall für spruchreif, so wurde das Vorverfahren bisher durch einen sogenannten Urteilsantrag des I n s t r u k t i o n s r i c h t e r s abgeschlossen, der den Par-

84 teien vorgelegt wurde und in Kechtskraft erwuchs, wenn sie erklärten, ihn als Urteil anzunehmen. Eine Parteiverhandlung vor dem Bundesgericht fand nur statt, wenn eine solche Annahmeerklärung nicht abgegeben wurde. Dieses Verfahren hat sich in der Praxis als nötwendig erwiesen, um das Gericht nicht allzustark durch solche Streitigkeiten in Anspruch zu nehmen, wurden doch früher, vor dem Weltkrieg, jährlich viele Hunderte von Schätzungsentscheiden weitergezogen. Es hatte denn auch in den meisten Fällen, wo es sich lediglich um eine zweitinstanzliche Überprüfung von Schätzungsfragen handelte, eine solche gerichtliche Verhandlung keinen grossen Sinn mehr, da diese Fragen durch das Gutachten der Experten abgeklärt waren und Angriffe dagegen, nachdem es vom Instruktionsrichter akzeptiert worden war, kaum mehr Aussicht auf Erfolg haben konnten. Nur sehr wenige Fälle wurden jedes Jahr vom Gerichte selbst erledigt, nämlich diejenigen, wo zweifelhafte, durch die Praxis noch nicht entschiedene Eechtsfragen auf die Schätzung von Einfluss sich erwiesen.

An dieses Verfahren, das sich als zweckmässig erwiesen hat, knüpft der Entwurf an, versucht aber, es noch weiter auszubauen und den darin zum Ausdruck kommenden Gedanken, dass das Gericht als solches mit den reinen Schätzungsfragen verschont bleiben, sollte, vollständig auszuführen. Er glaubt, den Schritt tun zu können, die Schätzungsfragen mit dem Entscheid des Instruktionsrichters auch rechtlich als erledigt zu erklären, wie dies bisher faktisch der Fall war, und den Entscheid des Gerichts selbst nur noch für die Beurteilung von Eechtsfragen vorzubehalten. Worauf es den Parteien in den meisten Fällen der Weiterziehung hauptsächlich ankommt, das ist die Überprüfung der Schätzungen durch neue Sachverständige. Diese geben das massgebende Urteil darüber ab und erledigen damit auch den Streit überall da, wo eigentliche Eechtsfragen sich nicht aufwerfen oder wo sie durch eine konstante Praxis schon entschieden sind. Der Entwurf umgibt diese Schätzungen mit allen denkbaren Kautelen, sorgt auch durch die Übertragung der Leitung des Verfahrens an einen Berufsrichter dafür, dass keine rechtlichen Entgleisungen dabei vorkommen können und stellt daher sicherlich keine zu weitgehenden Zumutungen, wenn er von den Parteien verlangt, dass sie den darauf gestützten
Entscheid auch als bindend anzuerkennen haben, ohne dass nochmals darüber vor einer aus 7 Eichtern zusammengesetzten Abteilung des Bundesgerichts verhandelt werde. Er wahrt anderseits den Parteien die Möglichkeit, einen gerichtlichen Entscheid immer dann anzurufen, wenn sie eine Kechtsverletzung behaupten können, indem : er jeder Partei das Eecht gibt, innert bestimmter Frist eine solche Behauptung aufzustellen und dadurch die Eechtskraft des Entscheides des Instruktionsrichters im ganzen Umfange zu hemmen und gerichtliche Beurteilung zu -verlangen.

Natürlich kann gegen diese Regelung des Verfahrens die Einwendung erhoben werden, dass es nicht leicht sei, bei diesen Fällen die Eechtsfragen von der Schätzung vollständig loszulösen, und es daher schwierig sein werde, zu entscheiden, wann das Urteil des Instruktionsrichters definitiv und wann es

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nur Vorentscheid sei. Die Erfahrung hat aber bewiesen, dass in der grossen Mehrzahl der Fälle, die in den letzten Jahren an das Bundesgericht weitergezogen wurden, die Feststellung nicht die mindeste Schwierigkeit machte, ob lediglich Schätzungsfragen zu beurteilen waren oder nicht. Wenn nur der Bodenpreis streitig ist oder wenn lediglich ein höherer Minderwert wegen Zerstückelung verlangt wird, so sind das reine Schätzungsfragen; beim persönlichen Schaden wird dagegen allerdings oft die Frage des Kausalzusammenhanges eine Eolle spielen und daher eine Eechtsverletzung eher in Frage kommen. Natürlich genügt die blosse Parteibehauptung, dass eine Rechtsfrage im Streite liege, um das Inkrafttreten des Entscheides des Instruktionsrichters zu hemmen, und zwar muss sie ihn natürlich im ganzen Umfange hemmen. Da der Entwurf in Art. 78 vorschreibt, dass über die Vorfrage, ob es sich um blosse Schätzungs- oder auch um Rechtsfragen handle, das Gericht ohne Parteiverhandlung zu entscheiden habe, gleich wie es im Berufungsverfahren in Zivilsachen über die sämtlichen Kompetenzfragen entscheidet, so ist dafür gesorgt, dass sie ohne besondere Kosten und Umtriebe für die Parteien ihre Erledigung findet und dass die eigentliche Parteiverhandlung nur für die Diskussion der_ eigentlichen Rechtsfragen vorbehalten bleibt. Was irn einzelnen Falle als Rechtsfrage anzusehen sei, kann natürlich auch zu Meinungsverschiedenheiten Anlass geben; aber es kann sicherlich erwartet werden, dass die Praxis des Gerichts auch darüber bald Klarheit schaffen werde, so gut, wie es sich im Zivilrecht mit der Unterscheidung zwischen Rechts- und Tatfrage abgefunden hat.

Kommt ein Fall vor das Bundesgericht, so muss es ihn natürlich in seiner Totalität beurteilen können, und es tritt das Urteil des Instruktionsrichters vollständig vor dem gerichtlichen Urteile zurück. Neue Beweise müssen aber dabei ausgeschlossen sein, soweit sie nicht erst notwendig werden durch eine andere Lösung der Rechtsfrage, als sie im Urteil des Instruktionsrichters enthalten ist. Nur für diesen Ausnahmei'all will der Entwurf sie zulassen. Namentlich sollen auch neue Schätzungen nur insofern angeordnet werden, als sie infolge der andern rechtlichen Beurteilung.nicht zu umgehen sind. Wo die Beurteilung der Rechtsfrage auf die Schätzung nicht einwirkt, soll diese aus dem Urteil des Instruktionsrichters einfach ins gerichtliche Urteil hinübergenommen werden.

Art. 79.

Die sich -anschliessende Bestimmung des Art. 79 verfolgt ähnliche Zwecke wie Art. 70, Abs. 2. Sie will die für den Enteigneten aus der langen Dauer des V e r f a h r e n s entstehenden Nachteile nach Möglichkeit vermindern. Es ist vorgekommenj dass ein Berufungsverfahren wegen langwieriger und zeitraubender Erhebungen sich nicht nur monate-, sondern jahrelang hinzog, und es wird auch in Zukunft nicht zu umgehen sein, dass ausnahmsweise geraume Zeit verstreicht, bis ein Gutachten über sehr komplizierte Fragen vorliegt und das Verfahren abgeschlossen werden kann. Hat der Enteigner die vorzeitige Besitzeinweisung verlangt, so wird die Schätzungskommission sehr oft durch

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die Anordnung von Abschlagszahlungen die Lage für den Enteigneten erträglich gemacht haben. Wenn dies aber nicht der Fall ist -- und der Enteignete hat ja natürlich keine Möglichkeit, den Enteigner zur vorzeitigen Besitzergreifung zu verhalten --, so sollte doch im Berufungsverfahren noch eine ähnliche Verfügung möglich sein, die den Enteigneten vor zu grossem Schaden bewahrt. Der Entwurf sucht die Abhilfe in der v o r l ä u f i g e n V o l l s t r e c k b a r k e i t s e r k l ä r u n g des E n t s c h e i d e s der S c h ä t z u n g s k o m m i s s i o n in gewissem Umfange, nämlich soweit, als ein Streit zwischen den Parteien eigentlich nicht mehr besteht. Dass eine Entschädigung überhaupt im ganzen Umfange bestritten wird, kommt jedenfalls bei den eigentlichen an die Enteignung sich anschliessenden Streitigkeiten zur Festsetzung des Schadens nicht sehr häufig vor; es lässt sich daher auf Grund des Schriftenwechsels, in dem die Parteianträge gestellt werden müssen, immer genau feststellen, welche Beträge der Enteigner bereits anerkannt hat und auf welche der Enteignete daher auf alle Fälle sicher rechnen kann. In diesem Umfange kann nun ohne jedes Bedenken die Bezahlung sofort angeordnet werden, und der Entwurf will daher hierzu den Instruktionsrichter ermächtigen, sofern der Enteignete ein darauf zielendes Gesuch stellt. Eine Verschlechterung der Lage des Enteigners wird diese vorzeitige Anzahlung in den wenigsten Fällen bedeuten; denn wenn der Enteignete die volle Nutzung der Sache, für welche die Entschädigung bezahlt wird, noch behält, so wird dem Enteigner natürlich das Eecht zustehen müssen, bei der Schlussabrechnung den Enteigneten mit dem Zinsertrag des bezahlten Betrages zu belasten oder den Gegenwert der Nutzung diesem anrechnen zu lassen. Noch einfacher wird die Situation, wenn mit der Bezahlung des Teilbetrages gleichzeitig auch die Besitzeinweisung in das enteignete Becht erfolgt.

Und der Entwurf will auch das ermöglichen, indem er dem Enteigner das Eecht gibt, dies zu verlangen, sofern er nur für die Bezahlung der noch streitigen Summe entsprechende Sicherheit leistet. Durch diese antizipierte Vollziehung der Enteignung wird beiden Teilen gedient. Voraussetzung ist dabei natürlich.

dass der Enteigner nicht überhaupt an die Enteignung nur mit dem Vorbehalte herangetreten ist,
von ihr wieder abzustehen, wenn die Entschädigung über seine Berechnung hinausgehen sollte. In diesorn Falle muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, gegen die vom Enteigneten verlangte vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung Widerspruch zu erheben.

Art. 80.

Die in Art.^80 vorgesehene Bechtsverweig.erungs- und Bechtsverz ö g e r u n g s b e s c h w e r d e ist ein notwendiges Korrelat zu der in Art. 57 präzisierten Unterstellung der Schätzungskoramissionen und ihrer Präsidenten unter die Aufsicht des Bundesgerichts. Sie ermöglicht die Eüge von Verschleppungen und von Formfehlern im Verlaufe des Verfahrens^ die bestimmte Parteirechte verletzen usw. Da das Bundesgericht die Aufsicht über die Schätzungskommissionen direkt ausübt, so ist auch für die Erledigung dieser Beschwerden das

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Gericht allein zuständig und kann in diesen Fällen der Urteilsanfcrag eines Instruktionsrichters nicht in Frage kommen.

Art. 81.

Endlich wird in Art. 81 ein allgemeiner Grundsatz aufgestellt, der nicht direkt das .Weiterziehungsverfahren allein beschlägt, sondern seine Gültigkeit auch ausserhalb desselben hat, nämlich die Möglichkeit, auf die Enteignung nach Durchführung des Verfahrens zur Feststellung der Entschädigung verzichten zu können.

Die Meinungen waren geteilt darüber, ob ein solcher Verzicht unter dem gegenwärtigen Eecht auch möglich sei, da eine ausdrückliche Bestimmung darüber im Gesetze nicht enthalten ist. Um so mehr scheint es uns notwendig, dass der Entwurf dazu ausdrücklich Stellung nehme. Es geschieht in der Weise, dass unter bestimmten, die berechtigten Interessen des Enteigneten wahrenden Kautelen der Verzicht zugelassen wird. Es wird allerdings nicht sehr häufig vorkommen, dass ein Enteigner, nachdem er die Pläne für das Werk erstellt, öffentlich aufgelegt und das Verfahren bis zur rechtskräftigen Peststellung der Entschädigungen durchgeführt hat, nachträglich auf die Ausführung des ganzen Werkes verzichtet. Dagegen dürfte es doch nicht allzu . selten sein, dass er einzelne untergeordnete Punkte des Werkes fallen lassen oder nachträglich so gestalten wird, dass er gegenüber dem einen oder andern Enteigneten, der seine Forderung gar zu hoch überspannt hat oder dem gegenüber er zur Abnahme des Ganzen, anstatt nur eines kleinen Teils, verhalten wird, noch zurücktreten kann. Jedenfalls hat sich in der Praxis das Bedürfnis hierzu schon hie und da geltend gemacht, und einzelne kantonale Gosotze haben ihm dadurch Rechnung getragen, dass sie auch die Einleitung eines bloss eventuellen Enteignungsverfahrens ausdrücklich gestatteten. Schliesslich geht ja das ganze Verfahren auf die einseitige Initiative des Enteigners zurück, der dem Enteigneten etwas aufzwingen will. Weshalb sollte er nicht dieses einseitige Verlangen zurückziehen können ? Der Enteignete hat ja auch nach dem Buckzug was er vorher hatte, sofern er nur für die Umtriebe des Verfahrens und die unnütz aufgewendeten Kosten entschädigt wird. -Unter dieser Voraussetzung stehen b e r e c h t i g t e Interessen des Enteigneten dem Verzicht auf die Enteignung'nicht entgegen. Aber natürlich muss die Ausübung des Eechts befristet sein. Der Entwurf verlangt daher eine schriftliche und innert 20 Tagen seit der rechtskräftigen Feststellung der
Entschädigung abzugebende Erklärung des Enteigners und verweist die Klage des Enteigneten auf Vergütung des ihm aus dem Kücktritt erwachsenen Schadens, der nicht nur aus den aufgewendeten Prozesskosten bestehen, sondern auch die Vergütung von Kosten für Massnahmen umfassen kann, die in Voraussicht der Enteignung vorgenommen wurden (wonn der enteignete Hausbesitzer z. B. bereits eine neue Wohnung gemietet, den Mietern vorzeitig gekündet hat usw.), vor die Schätzungskömmission, also in ein formloses, rasches und. auf Kosten des Enteigners sich abspielendes Verfahren (Art. 109).

88

Dass natürlich, ein Verzicht nicht mehr möglich ist, wenn das enteignete Becht in Besitz genommen wurde, ist selbstverständlich, immerhin auch noch ausdrücklich bemerkt worden.

Und endlich enthält Art. 81 noch eine ausnahmsweise kurze Verjährungsfrist für die Schadenersatzforderung des Enteigneten, da der Enteigner ein Interesse daran hat, möglichst bald zu wissen, was er zu leisten hat. Damit harmoniert das Interesse des Enteigneten an möglichst rascher Entschädigung und die Erwägung, dass der zum Entscheide berufenen Schätzungskommission dann die Verhältnisse noch gegenwärtig sein werden ohne grossen neuen Beweisaufwand.

F. Vollzug.

Über diesen Gegenstand konnte das gegenwärtig geltende Gesetz kurz hinweggehen, da es sich dabei in der Hauptsache um eine vom kantonalen Eecht geregelte Materie handelte. Vom Standpunkt des Enteignungsrechts war auf alle Fälle nur notwendig, zu bestimmen, dass mit der Bezahlung der Enteignungsentschädigung das Eigentum an den enteigneten Grundstücken ohne weitere Förmlichkeiten auf den Enteigner übergehe und dass die darauf lastenden beschränkten dinglichen Eechte ohne weiteres auch untergehen (Art. 44 und 45). Für die Ausführung dieser nach eidgenössischem Eecht eintretenden Wirkungen konnte und musate auf das kantonale Eecht verwiesen werden. Das Gesetz hat daher einfach bestimmt, dass die Bezahlung an die kantonale Eegierung zu geschehen habe, die ihrerseits dann dafür zu sorgen hatte, dass die dinglich Berechtigten den ihnen zukommenden Anteil erhielten.

Nachdem das kantonale Sachenrecht dahingefallen ist, unterstehen auch alle diese Verhältnisse dem eidgenössischen Eecht, und ein neues Enteignungsgesetz kann sich der Aufgabe nicht entziehen, sie nun auch zu regeln. Es muss sich also zunächst darüber aussprechen, an wen die Zahlungen zu erfolgen haben, wann sie fällig sind, wie allfällige Anstände über die Bezahlung zu erledigen sind, wie und wann die Eintragung ins Grundbuch zu erfolgen habe, und sodann auch bestimmen, von welchen Behörden und in welchem Verfahren über die bei der Verteilung möglichen Konflikte zu entscheiden ist. Wenn auch die letztern Verhältnisse zum Teil ähnliche sind wie bei der Verteilung im Zwangsvollstreckungsverfahren, so kann doch wegen der Besonderheiten des Enteignungsrechts nicht einfach auf jene Vorschriften verwiesen werden. Der Entwurf hat daher in grossen Zügen alle diese Punkte zu ordnen versucht.

Art. 82.

Art. 82 regelt die Fälligkeit der Entschädigungsbeträge. Da der Enteignete nach Art. 81 eine Frist von 20 Tagen zur Verfügung hat, um einen Verzicht auf die Enteignung auszusprechen, so lässt der Entwurf die Fälligkeit erst nach Ablauf dieser Frist eintreten. Mit der Fälligkeit .beginnt die Pflicht zur Verzinsung der Geldbeträge und die Verpflichtung zur Leistung einer all-

89 fälligen Naturalentschädigung. Für den Fall der Säumnis mit dieser letztem war es notwendig, ein summarisches Verfahren zur Exekution vorzusehen, das nach dem Vorgang der kantonalen Prozessordnungen und auch des Art. 98 OB nur in der Ermächtigung des Enteigneten bestehen kann, die betreffenden Arbeiten selbst vorzunehmen und dem Enteigner dafür Rechnung zu stellen.

Es rechtfertigt sich ohne -weiteres, auch für dieses Stadium des Verfahrens den Präsidenten der Schätzungskommission, der über alle Verhältnisse orientiert ist, als entscheidende Instanz heranzuziehen, die nach dem Entwurf die Selbstausführung anzuordnen hat, nachdem sie dem Enteigner eine nochmalige Frist angesetzt hat. Erhebt sich dabei ein Streit über die Höhe der vom Enteigneten ausgelegten Kosten, so wird auch der am richtigsten in die Kompetenz der Schätzungskommission verwiesen, ebenso wie eine allfällige Forderung auf weitergehenden Schadenersatz, die als Verzugsfolge möglich ist.

Oft kommt es vor, dass beim Abschluss des Schätzungsverfahrens das genaue Mass der vom Enteigner in Anspruch genommenen Fläche nicht festgestellt werden kann, weil dazu eine Nachmessung notwendig ist und diese nach bestehenden Vorschriften erst nach Vollendung des Werkes vorgenommen .werden kann. Es liegt aber im Interesse beider Parteien, dass in einem solchen Falle die Bezahlung der Entschädigung nicht so lange hinausgeschoben werde.

Der Entwurf gibt daher dem Enteigneten das Recht, nach Eintritt der Fälligkeit wenigstens Bezahlung desjenigen Betrages zu verlangen, der anhand der Masse des aufgelegten Planes sich ergibt, unter Vorbehalt späterer Nach- oder Bückforderung. Die Differenzen werden meistens nicht so gross sein, dass deswegen das Verteilungsverfahren müsste aufgeschoben werden; bis es zu Ende geführt ist, wird fast immer die Vermessung stattgefunden haben.

Art. 83.

Was die Z a h l u n g anbelangt, so unterscheidet der Entwurf zunächst in Art. 88 diejenigen Entschädigungsbeträge, die den rein persönlichen Schaden darstellen, auf welchen der Enteignete in allen Fällen allein Anspruch erheben kann, von denjenigen, die den Wertersatz für die enteigneten Bechte und den Ersatz des Minderwertes. für die verbleibenden Teile bilden. Letztere können nicht direkt dem Enteigneten ausbezahlt werden, sondern müssen für diejenigen Dritten reserviert bleiben, denen, wie das enteignete Becht, so auch sein Wertersatz pfandrechtlich verhaftet ist, also für die Grundpfand- und Grundlastgläubiger und die Nutzniessungsberechtigten. Die gegebene Stelle, um für sie diese Beträge entgegenzunehmen, ist das Grundbuchamt, in dessen Kreis die enteigneten Grundstücke sich befinden, während die Entschädigung für den persönlichen Schaden dem Enteigneten selbst auszubezahlen ist. Die Bezahlung an die Regierung hat heute, nachdem wir ein besonderes Amt für die Behandlung aller dieser Geschäfte haben und auch eidgenössische Garantien dafür, dass die Parteirechte dabei nicht zu kurz kommen, keinen Sinn mehr.

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Art. 84.

Wenn die Beträge bezahlt sind, so kann immerhin noch zwischen den Parteien ein Anstand darüber entstehen, ob damit die urteilsmassige Verpflichtung des Enteigners auch vollständig getilgt sei. Es kommt gar nicht selten vor, dass über die Tragweite des Urteils einer Schätzungskommission oder auch des Gerichts die Parteien verschiedener Meinung sind. Daher schreibt Art. 84 vor, dass dem Enteigneten Gelegenheit gegeben werde, innert einer kurzen Frist gegen die Bichtigkeit der Zahlung Widerspruch zu erheben und damit das Verteilungsverfahren bis zur Erledigung des Anstandes zu hemmen.

Ein solcher Anstand muss, wenn er gütlich nicht erledigt werden kann, vor einer Instanz ausgetragen werden können. Der Entwurf sieht, um eine möglichst rasche und doch sachverständige Entscheidung zu garantieren, als zuständige Instanz den Präsidenten der Schätzungskommission vor. Dieser kann, wenn er es nötig findet, seinem Entscheid vorgängig die Parteien unter Umständen auch auf die Anhängigmachung eines Erläuterungsgesuches beim Bundesgerichte verweisen. Wenn es sich bloss um einen Entscheid der Schätzungskommission handelt, so ist dieser Umweg aber jedenfalls überflüssig.

Bestimmte Vorschriften darüber hat der Entwurf daher nicht aufgestellt, in der Meinung, es könne dem Ermessen des Präsidenten der Schätzungskommission überlassen bleiben, ob er eine solche Unterlage zu seinem Entscheide nötig habe.

Art. 85.

In Art. 85 sodann werden die Wirkungen der Zahlung entsprechend dem geltenden Enteignungsrecht und den Vorschriften des ZGB (Art. 656, Abs. 2) dahin umschrieben, dass das Eigentum an einem enteigneten Grundstück damit übergeht und auch ein erst infolge der Enteignung neu begründetes ·Eecht entsteht, ohne dass weitere Formalitäten, wie öffentliche Beurkundung, Eintrag ins Grandbuch, notwendig wären. Der Übergang des Eigentums muss natürlich frei von Lasten erfolgen, soweit solche nicht ausdrücklich und im Einverständnis der beiden beteiligten Parteien vom Unternehmer übernommen worden sind. Das ist ein Grundsatz des Enteignungsrechts, ohne den nicht auszukommen ist und der sich denn auch auf eine ausdrückliche Ermächtigung des Zivilgesetzbuches stützen kann (Art. 801, Abs. 2; vgl. auch Art. 666 daselbst). Es erlöschen also nicht nur die Grundpfand-, Grundlast1 und Nutzniessungsrechte, einerlei,
ob sie im. Grundbuch eingetragen waren oder nicht, sondern auch dio das enteignete Grundstück belastenden Grundund persönlichen Dienstbarkeiten, sowie die vorgemerkten persönlichen Kechte, wogegen die mit dem Grundstück verbundenen Eechte, also auch seine Dienstbarkeitsberechtigungen, auf den Erwerber übergehen. Ob diese Eechte im Planauflageverfahren angemeldet worden sind oder nicht, ob für sie eine Entschädigung gesprochen wurde oder nicht, kann keinen Unterschied machen.

Der Entwurf gibt den Betroffenen alle überhaupt möglichen Garantien dafür, dass sie ihre Forderungen . rechtzeitig erheben können und dass diese auch

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ohne eine ausdrückliche Anmeldung geschätzt werden (vgl. Art. 28--32); er lässt auch in erheblichem Umfange nachträgliche Forderungen zu (Art.

37, 88). Wenn trotzdem für ein untergegangenes Recht eine Entschädigung nicht ausgerichtet werden muss, so kann dies nur auf ein vom Standpunkte des Entwurfes aus unentschuldbares, also schuldhaftes Verhalten des Berechtigten zurückzuführen sein. Man kann den Enteigner nicht unbeschränkt haftbar bleiben lassen, sondern muss ihm ermöglichen, innert bestimmter Frist definitiv abzurechnen.

Art. 86.

Der Entwurf regelt auch die Wirkungen der gut liehen Verständigung über die Enteignung, worüber das bisherige Eecht keine Bestimmungen enthielt. Und zwar unterscheidet er dabei die nach der Einleitung des Enteignungsverfahrens erst zustande gekommenen gütlichen Vereinbarungen von den ausserhalb desselben abgeschlossenen. Dass letztere auch in dieser Beziehung nach den gewöhnlichen Eegeln des Zivilrechts zu beurteilen sind, dürfte ohne weiteres einleuchtend sein; es scheint aber doch notwendig, es noch ausdrücklich zu sagen, da die Praxis zwischen solchen Verträgen (die nichts anderes als reine zivilrechtliche Kauf- oder Servitutenverträge sind) und den eigentlichen sogenannten «Expropriationsverträgen)), die ein- eingeleitetes Enteignungsverfahren zum Abschlüsse bringen, nicht immer scharf unterscheidet. Was die Verständigung nach Einleitung des Enteignungsverfahrens anbelangt, so hat der Entwurf in Art. 51 und 52 dafür Sorge getragen, dass die Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten von einer solchen rechtzeitig Kenntnis und dadurch Gelegenheit erhalten, ihre Eechte zu wahren.

Haben sie das nicht getan und konnte die Verständigung auch für sie in Eechtskraft erwachsen, so liegt gar kein Grund vor, diesen Verträgen nicht auch die gleichen Wirkungen zuzuerkennen wie den eigentlichen Urteilen. Es wird Sache der Grundpfandgläubiger sein, wenn sie im. Verteilungsverfahren ihre Eechte anmelden, sich darüber auszuweisen, dass die Wertfestaetzung, wie sie die Verständigung enthält, für sie nach den Vorschriften der Art. 50 und 51 nicht verbindlich sei und allfällig, sofern dies überhaupt noch möglich ist, eine nachträgliche Schätzung zu verlangen. Nach den Bestimmungen des Entwurfes werden aber die Voraussetzungen dafür kaum je vorliegen, so dass sie,
wenn sie bis zu diesem Termin ein solches Begehren nicht gestellt haben, eben auch die Verteilung als für sie gültig werden anerkennen müssen und nur noch eine allfällige persönliche Forderung für den Ausfall an den Enteigneten selbst haben, soweit eine solche überhaupt nicht nach der Natur ihrer Pfandrechtsforderungen ausgeschlossen ist.

Art. 87.

Der Enteigner wird in der Mehrzahl der Fälle an einer sofortigen Eintragung seines E e c h t s e r w e r b e s im G r u n d b u c h kein grosses Interesse haben. Immerhin ist denkbar, dass er die ihm durch ein Ausdehnungsbegehren des Enteigneten aufgezwungenen Teile,, die er für sein Werk nicht notwendig

92 hat, sofort weiter zu veräussern Gelegenheit hat, und da er über die erworbenen Hechte ohne Eintrag im Grundbuch nicht verfügen kann (Art. 656, Abs. 2, ZGB), so inuss ihm auch das Eecht eingeräumt werden, diese Eintragung sofort nach der Bezahlung zu verlangen, wobei unter der Bezahlung auch die an deren Stelle allenfalls tretende Naturalleistung zu verstehen ist. Als Ausweis für das Grundbuchamt genügt die Berufung auf die ja vor ihm selbst sich abspielende Tatsache, dass gegen die Zahlung der Entschädigung innert der Frist des Art. 84 ein Widerspruch nicht erhoben worden ist. Die Verteilung des Geldes an die Berechtigten kann sich natürlich unter Umständen noch geraume Zeit hinziehen. Von der Durchführung dieses Verfahrens aber ist sein Eigentumserwerb nicht abhängig, ebensowenig der Untergang der auf dem enteigneten Eigentum haftenden dinglichen Eechte. Sehr oft wird aber die Eintragung nicht möglich sein, ohne dass vorher eine genaue Vermessung der von einem Ganzen abgetrennten Teile stattgefunden hat. In diesem Falle muss diese Vermessung abgewartet werden. Der Entwurf will jedoch, um auch die Berücksichtigung ausnahmsweiser Verhältnisse zu ermöglichen, den Präsidenten der Schätzungskommission ermächtigen, eine vorherige Eintragung, die er als möglich erachtet, auf das spezielle Begehren des Enteigners, der dai'ür sein Interesse nachzuweisen hätte, anzuordnen, unter der Bedingung der Sicherstellung der ausstehenden Leistungen ; über deren Höhe hat ebenfalls der Präsident zu befinden.

Die Befreiung der Enteigner von der H a n d ä n d e r u n g s s t e u e r , überhaupt von irgendeiner auf den Bechtserwerb gelegten Steuer -- im Gegensatz zu einer Steuer, die von dein bei der Eealisierung einer Liegenschaft erzielten Gewinne erhoben wird, für deren Ausschliessung ein stichhaltiger Grund nicht vorliegt ·--, war schon gegenwärtiges Becht (Art. 44) und ist vom Entwurf beibehalten worden. Sie bedarf besonderer Eechtfertigung nicht. Dagegen ist das im genannten Artikel des gegenwärtigen Gesetzes ferner enthaltene Verbot des Bezugs von Gebühren kaum aufrechtzuerhalten. Es ist in der Tat nicht einzusehen, weshalb der Enteigner von den an das Grundbuchamt für die Eintragung zu entrichtenden Gebühren befreit sein sollte, da sie ja nur das Äquivalent für die von ihm verlangte Tätigkeit darstellen. Es
mag in einzelnen Fällen vielleicht nicht -leicht sein, zwischen eigentlichen Gebühren und Steuern zu unterscheiden. Die Eechtsprechung des Bundesgerichts bietet dafür aber Anhaltspunkte genug, und der staatsrechtliche Eekurs oder allfällig die Beschwerde an das Verwaltungsgericht wird auch in den meisten Fällen das Mittel an die Hand geben, die Frage, wenn eine Verständigung darüber nicht möglich ist, vor einer gerichtlichen Stelle zur Entscheidung zu bringen.

Art. 88.

Die Bestimmungen über die Verteilung im engern Sinne stellen nun in Art. 88 die Möglichkeit an die Spitze, dass der Enteignete sich mit den dinglich Berechtigten direkt verständigt und ihre Zustimmung zur Ausbezahlung der ganzen Entschädigung an ihn selbst einholt, und sie ermächtigen

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den Grundbuchführer, in einem solchen Falle von einem eigentlichen Verteilungsverfahren Umgang zu nehmen, also die ganze Entschädigungssumme direkt an den Enteigneten zu bezahlen. Wenn der Enteignete in der Lage ist, sich aus der Entschädigung ein Ersatzgrundstück anzuschaffen, so wird es ihm unter Umständen möglich sein, sich mit den beidseitigen Pfandgläubigern so zu verständigen, dass eine Ausbezahlung dor auf dem enteigneten Grundstück haftenden Lasten nicht nötig ist. Es ist auch möglich, dass er das Geld zu einem Neubau verwendet und den Pfandgläubigern hinreichende Sicherheit dafür leistet, dass sie auf dem Neubau wieder pfandrechtliche Sicherheiten erhalten. Endlich kann der Enteignete auch mit den dinglich Berechtigten unter Umständen eine besondere Vereinbarung über die Art der Teilung zustande bringen, welche ein amtliches Verfahren unnötig macht.

Natürlich müssen alle dinglich Berechtigten ihre Zustimmung geben, und eine genaue Feststellung darüber wird nun dem Grundbuchbeamten auch da, wo das eidgenössische Grundbuch schon eingeführt ist, zum vornherein nicht wohl möglich sein, da ja lange nicht alle Grundpfandberechtigten auch im Grundbuch als solche eingetragen sind und auch gesetzliche Nutzniessungsrechte nicht eingetragen zu werden brauchen. Der Entwurf hat auf ausdrücklichen "Wunsch der Praktiker diese Möglichkeit doch nicht ausgeschlossen, da in der Praxis, wie versichert wurde, sehr oft Zweifel über die Berechtigten nicht bestehen werden. Es wird danach von der mehr oder weniger grossen Ängstlichkeit des Grundbuchführers abhängen, ob er auf die ihm vorgelegten Erklärungen hin zu einer solchen Überweisung der Beträge an den Enteigneten selbst schreiten will oder nicht.

Einer besondern Eegelung bedurfte die Ausbezahlung der Entschädigung für den Wegfall der auf dem enteigneten Grundstück lastenden Grunddienstbarkeiten. Mit Eücksicht auf .die Möglichkeit, dass das herrschende Grundstück durch den Wegfall solcher Berechtigungen eine Wertverminderung erfährt, ist es nicht angängig, die Entschädigung dem Eigentümer desselben auszubezahlen; um den Anspruch der Grundpfandgläubiger, die gemäss Art. 808--810 ZGB unter Umständen Abbezahlung oder Sicherstellung verlangen können, nicht zu gefährden, muss auch ihre Zustimmung zur Ausbezahlung an den Eigentümer eingeholt werden. Desgleichen
können auch persönliche Dienstbarkeitsberechtigungen, wenn sie ein selbständiges und dauerndes Eecht zum Gegenstand haben (ZGB 779,780), mit einem Grundpfand belastet werden (ZGB 655), und auch die Ausbezahlung ihrer Entschädigungsteht daher unter der gleichen Voraussetzung, wogegen natürlich die Inhaber von vorgemerkten Kaufs-, Vorkaufs- und Eückkaufsrechten oder Mietund Pachtrechten ohne weiteres die direkte Bezahlung verlangen können ; eine ausdrückliche Bestimmung darüber schien nicht notwendig.

·

·

· ' · .

Art. 89.

Solche Vereinbarungen mit den dinglich Berechtigten über die Beschaffung ihrer Zustimmung verlangen eine gewisse Zeit, und der Entwurf verpflichtet

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daher den Grundbuchführer, dem enteigneten Eigentümer dafür mindestens eine dreimonatliche Frist einzuräumen und vorher ein amtliches Verteilungs· v e r f a h r e n jedenfalls nicht zu voranlassen.

Dieses selbst überträgt der Entwurf nicht auch dem Grundbuchamte, sondern in der Regel den Konkursämtern der zuständigen Kreise, die mit der Aufstellung von Kollokations- und Verteilungslisten,, wie sie hier in Frage kommen, meistens besser vertraut sein dürften als die Grundbuchführer.

Doch lässt er den Kantonen die Möglichkeit, auch für diese Verrichtungen die Grundbuchämter oder sonst ein kantonales Amt in Aussicht zu nehmen, um eine möglichst sachgemässe Erledigung dieser heikein Verrichtung zu garantieren. Die Kantone werden diejenigen Stellen bezeichnen, die sie nach ihrer lokalen Organisation und Besetzung als am besten dazu befähigt betrachten.

Natürlich muss eine Weiterziehung ihrer Verfügungen an eine allfällige obere kantonale und in letzter Linie an eine eidgenössische Instanz möglich sein. Der Entwurf will sie dadurch garantieren, dass er dafür in allen Fällen, also auch da, wo eine andere Amtsstelle als Verteilungsamt funktioniert, die kantonalen und eidgenössischen Aufsichtsbehörden der Konkursbeamten in Aussicht nimmt und auch das für sie massgebende Verfahren als anwendbar erklärt. Eine einheitliche Praxis ist ohne eine einzige eidgenössische Rekursinstanz nicht möglich, und die vorgeschlagene Lösung weist die Fälle der Konkurskammer des Bundesgerichts zu, die eich dafür besser eignet als der Bundesrat, der. heute Aufsichtsinstanz über die Grundbuchführung ist.

Notwendig scheint dann nur noch, dass auch die Frage der H a f t b a r k e i t der K a n t o n e , für die Beamten, denen sie diese Funktionen übertragen, einheitlichen Grundsätzen untersteht. Es geht natürlich nicht an, dass in einem. Kanton, wo der Konkursbeamte zuständig ist, nach den Grundsätzen des Art. 6 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs der Kanton nur subsidiär, in einem andern, der die Grundbuchführer als kompetent bezeichnet, gemäss Art. 955. ZGB dagegen direkt belangt werden kann.

Daher erklärt der letzte Absatz des Art. 89 für alle Fälle die Grundsätze des Zivilgesetzbuches über die Haftbarkeit der Grundbuchführer anwendbar.

Art. 90, Wie im Zwangsvollstreckungsverfahren (Art. 188 und 232, Ziff. 4, des Betreibungs- und Konkursgesetzes), so muss auch hier der Aufstellung der Verteilungsliste eine öffentliche A u f f o r d e r u n g an die Beteiligten zur Anmeldung ihrer Einsprachen vorangehen, weil auch nach Einführung des eidgenössischen Grundbuches die Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberéchtigten daraus dvirchaus nicht vollständig ersichtlich sind und auch, soweit sie eingetragen sein müssen und eingetragen sind, über die Höhe ihrer Ansprüche, namentlich für ausstehende Zinsen und Kosten, der Eintrag keine Auskunft gibt. Diese Aufforderung muss ebenfalls mit der Androhung

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von Ausscblusswirkungen für die Nichtamneldung aller Ansprüche, die nicht schon aus den öffentlichen Büchern ersichtlich sind, ausgestattet sein, und da, soweit es sich nicht um Grundpfandverschreibungcn handelt, die Forderung meistens mit der Urkunde verknüpft sein wird, müssen auch die Fordorungsu r k u n d e n (Pfandtitel) eingefordert werden. Auch, wo es sich um blosse Beweisurkunden handelt, kann und soll die Auszahlung solange verweigert werden, bis der Anspruch des Schuldners auf Aushändigung der Schuldurkunde oder Vormerkung der Abzahlung darauf (OB 88) erfüllt werden kann. Es entspricht den Grundsätzen des Betreibungsrechts, dase die aus den öffentlichen Büchern ersichtlichen Beteiligten daneben noch eine direkte persönliche Anzeige erhalten müssen.

Art. 91.

Auf diese Eingaben und auf die Einträge in den öffentlichen Büchern gestützt, die, soweit sie mit erstem in "Widerspruch stehen, zu korrigieren sind -- denn die Verteilungsämter können keine Befugnis haben, über die Berechtigung der angemeldeten Ansprüche irgendwie zu erkennen --, hat alsdann das Verteilungsamt den Verteilungsplan aufzustellen, der über den Eang und den Betrag der in Betracht fallenden Forderungen Auskunft geben muss und diesem Bang entsprechend die zur Verfügung stehenden Summen zuteilt.

Im gleichen Bange stehende Pfandrechte haben danach unter sich Anspruch auf gleichmässige Befriedigung; die leeren Pfandstellen und die im Besitze des Schuldners sich befindlichen Eigentümerpfandtitel sind dabei gemäss den Vorschriften des Zivilrechts (ZGB 815, 817) nicht zu berücksichtigen.

Art. 92.

Bis hierher unterscheidet sich das Verfahren in nichts von demjenigen bei der Aufstellung eines Kollokationsplanes in einer Zwangsverwertung, wo die samtlichen Pfandforderungen als fällige zu behandeln sind. Dagegen kompliziert sich das Verfahren, wenn von einem Grundstück nur ein Teil enteignet wurde und auch eine Entschädigung für den Minderwert des v e r b l e i b e n d e n Teils ausgesprochen worden ist. In diesen Fällen hat der Verteilungsplan auch darüber Auskunft zu geben, ob und in welchem Umfange eine Verteilung der Pfandlasten, wie sie in Art, 833 ZGB für den Fall der Zerstückelung eines Grundstückes vorgeschrieben ist, auf den abgetrennten und den dem Enteigneten noch verbleibenden Teil zu erfolge» habe, da nur für den auf den enteigneten Teil entfallenden Betrag ihrer Forderungen den Pfandgläubigern eine Anweisung erteilt werden kann. Das Zivilgesetzbuch verlangt nun für jede Abtrennung, auch der kleinsten Parzelle, vom Pfandobjekt eine solche verhältnismässige Verteilung. Das dürfte, so sehr es theoretisch natürlich berechtigt ist, doch praktisch etwas zu weit gehen.

Denn in sehr vielen Fällen lässt sich ohne weiteres sagen, dass die Abtrennung, wenn sie nur einen unwesentlichen, geringfügigen Teil beschlägt, die Sicherheit der Pfandgläubiger nicht beeinträchtigt. Das wird namentlich immer dann

96 Tautreffen, wenn Pfandrechte in verschiedenem Eange bestehen; dann werden sehr oft die in der vordem Bangstufe stehenden auch auf den reduzierten Pfandobjekten immer noch mit Sicherheit vollständige Befriedigung erhalten können, und eine Verteilung wird höchstens für die im letzten Eange stehenden notwendig werden. Dabei wird wohl auch berücksichtigt werden können, dass für einen allfälligen Minderwert der Eestparzelle auch eine Entschädigung ausbezahlt wird, die nach den Grundsätzen des Art. 98 in erster Linie an die Pfandgläubiger des ersten Banges fällt, in deren Pfandrechte, soweit sie dadurch untergehen, die nachfolgenden einrücken können. Für diese Fälle will daher der Entwurf eine Pfandverteilung nicht als unbedingt notwendig vorschreiben. Ist der Verteilungsbeamte der Ansicht, dass eine Pfandforderung durch das ihr verbleibende Pfandobjekt, sei es wegen ihrer Bangordnung, sei es auch ohne Bücksicht darauf wegen seines Wertes, ausreichend gesichert sei, so wird er daher mit entsprechender Begründung eine Verteilung der Pfandforderungen im Verteilungsplan ablehnen. Der damit nicht einverstandene Pfandgläubiger erhält (vgl. Art. 95) die Möglichkeit, die Frage dem richterlichen Entscheide vorzulegen; denn selbstverständlich muss dieser ihm offen gehalten werden, so gut wie gegen eine unrichtige Bangzuweisung oder unrichtige Verkeilung.

Eine Verlegung der P f a n d - und Grundlasten hat daher nur für diejenigen Pfandforderungen einzutreten, für die nach Ansicht des Verteilungsbeamten das verbleibende Beststück nicht mehr ausreichende. Sicherheit bietet. Diese Verlegung bildet die notwendige Voraussetzung für die Zuteilung des Erlöses auf die betreffenden Pfandforderungen, da sie ja an der Verteilung nur mit dem auf den enteigneten Teil entfallenden Betrag teilnehmen können.

Sie bildet daher einen notwendigen Bestandteil des Verteilungsplanes. Als Grundsatz für die Verlegung stellt Art. 833, Abs. l, ZGB den Satz auf, dass sie nach dem Wertverhältnis der Teile zu geschehen hat, woran festzuhalten ist.

Dagegen kann den Pfandgläubigern das bei einer vom Eigentümer freiwillig vorgenommenen Zerstückelung gcmäss Art. 833, Abs. 2, ZGB zustehende Becht, die Abzahlung der ganzen. Pfandschuld, also auch der auf dem Bestgrundstück haftenden, innert einem Jahre zu verlangen, nicht zustehen.

Das wäre
. eine Benachteiligung des Eigentümers, die nicht gerechtfertigt -wäre, da er ja an der Zerstückelung keine Schuld trägt. Wollte man dem Pfandgläubiger dieses Becht belassen, so müsste der Eigentümer berechtigt erklärt werden,, den ihm daraus entstehenden Schaden (man denke an die Kündigung einer noch auf lange Zeit festen, bescheiden verzinslichen Gült in einer Zeit der Geldknappheit und des hohen Hypothekarzinsfusses) vom Enteigner ersetzt zu verlangen. Da das Enteignungsverfahren aber abgeschlossen wird, bevor .ein solcher Schaden überhaupt gestiftet werden kann, so müsste dafür ein besonderes neues Verfahren eröffnet werden.. Das. rechtfertigt sich keineswegs.

Wenn die Pfandforderung verhältnismässig verteilt wird und der Pfandgläubiger für den enteigneten Teil den Gegenwert in bar erhält, so hat er alles, was er bcrechtigterweise verlangen kann. Wenn die im Gefolge der Enteignung

97 «ingetretene Reduktion seiner Forderung ihm unbequem ist, oder -- was $uch möglich ist -r- ihm einen Gewinn entzieht und dadurch vielleicht auch indirekt einen Schaden verursacht (indem er z. B. eine, für die Pfandforderung seinerzeit stipulierte besonders hohe Verzinsung zum Teil verliert und sich in .Zukunft dafür mit einem geringern Zinsfuss begnügen nmss), so ist daran allein der durch déni Staat sanktionierte Eingriff schuld, dem er sich, im Interesse des öffentlichen Wohles, ebenso zu fügen hat, wie der Enteignete auch, und er kann für einen solchen «Schaden» so wenig wie der letztere für die ihm entgangene Möglichkeit, von einer spätem Werterhöhung der enteigneten Rechte zu profitieren, Ersatz verlangen. Daher schliesst Abs. -2 des Art. 92 eine Geltendmachung des Rechts auf Abzahlung der ganzen Pfandforderung aus, was angesichts des kategorisch lautenden Art. 833, Abs. 2, .ZGB nicht unnötig erscheint1.

Art. 93.

Dass die Zuteilung -der Minderwertsentschädigung auch nur anhand «der vorausgegangenen Verteilung der Pfandlasten an die Grundpfand.gläubiger erfolgen kann, ist selbstverständlich. Dagegen schien es wünschenswert, hervorzuheben, dass diese Entschädigung nicht etwa gleichmässig auf ·die verschiedenen auf die Bestparzellen verlegten Grundpfandforderungen zu -verteilen ist, sondern dass die Pfandgläubiger nach ihrem Eange darauf .Anspruch erheben können, d. h. dass also die Summe dazu verwendet werden ;muss, um zunächst den Pfandgläubiger im ersten Eange vollständig zu befriedigen, bevor an denjenigen im zweiten Eange etwas angewiesen wird. Auf diese Art und Weise kann die Pfandbelastung des Restgrundstückes sich wesentlich vermindern. Es erseheint notwendig, ausdrücklich zu betonen, dass ·die dadurch frei werdenden Pfandstellen nicht etwa vom Pfandschuldner für .sich beansprucht werden können, wie dies nach Art. 814 ZGB sonst möglich ·wäre, sondern dass die nachfolgenden Pfandgläubiger von Gesetzes wegen nachrücken, sofern darauf nicht ausdrucklich verzichtet worden ist. Art. 814 ZGB lat nämlich denjenigen Eall der Löschung eines vorgehenden Grundpfandes im Àuge, wo am Pfandgegenstand eine Veränderung nicht eingetreten ist, verliert -aber seine Berechtigung, wenn die Abzahlung und die dadurch bewirkte .Löschung nicht vom Grundeigentümer selbst herbeigeführt worden ist und den
Gegenwert eines Minderwertes bildet. Auch würden die nachfolgenden Pfandigläubiger, die nichts von der Abzahlung des Gegenwertes erhalten, in ihren Rech.ten verkürzt, wenn sie nicht dafür mit ihren Pfandrechten vorrücken könnten.

' Art. 94.

Ähnliche Verhältnisse bestehen, wenn die Entschädigungen für untergegangene Dienstbarkeitsberechtigurigen den Pfandgläubigern des "herrsehenden Grundstückes zugeteilt werden. Hier haben in erster Linie -die Pfandrechte im ersten Eange Anspruch auf diesen Gegenwert für die infolge der Aufhebung der Berechtigung eingetretene Wertverminderung iihres Pfandes, und es muss ebenfalls ein Kachrücken der Nachfolgenden .

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Bundesblatt. 78. Jahrg.

Bd. II.

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in die allfällig untergegangenen Hechte eintreten. Kommt es nur zu einer Abschreibung der Forderung und nicht zu einer vollständigen Löschung der betreffenden Pfandrechte, so stellt sich natürlich diese Frage nicht. Die Nachfolgenden profitieren ohne weiteres von der Tatsache, dass die vorgehenden Pfandrechte nicht mehr im gleichen Umfange bestehen. Es erschien, nicht notwendig, den Grundsatz hier zu wiederholen, da aus der gleiche» tatsächlichen Situation auch die Anwendung, der gleichen Eechtssätze sich für die Praxis ohne weiteres ergeben wird.

Art. 95.

In Art. 95 wird die Auflegung des Verteilungsplanes behandeltEine Öffentliche Auskündung der Auflage kann unterbleiben, da ja nur die darin figurierenden Beteiligten als Anfechtungsberechtigte in Frage kommen können ; es genügt daher eine persönliche Anzeige an sie, die ihnen Veranlassung gibt,, den Plan selbst anzusehen. Man darf ihnen füglich zumuten, dass sie sich diese Mühe nehmen; allfällig können sie vom Amte eine Abschrift verlangen,, wenn sie nicht in der Lage sind, sich selbst an Ort und Stelle zu begeben,, oder einen Vertreter damit zu beauftragen. Die Anfechtungsfrist von 30 Tagen lässt hierzu, sowie auch zur allfälligen Instruktion eines Anwaltesausreichend Zeit. Dass die Anfechtung nur vor dem ordentlichen Zivilrichter erfolgen kann, ergibt sich daraus, dass ihr immer nur rein zivilrechtliche Ansprüche zugrunde liegen, können (Bekämpfung des Banges oder des Forderungsbetrages eines konkurrierenden Pfandgläubigers, Begehren einer andernVerteilung der .Pfandforderungen usw.). Für die örtliche Zuständigkeit, bildet ebenfalls der Ort der gelegenen Sache das gegebene Kriterium, und dasVerfahren muss das gleiche sein, das auch für die Streitigkeiten bei Aufstellungdes Lastenverzeichnisses .in Kollokationsplänen im Zwangsvollstreckungsverfahren gilt. Sind die Pfandforderungen ihrerseits von den Pfandgläubigernwieder verpfändet, so sind die eigentlichen Interessenten an der richtigen Zuteilung diese andern Pfandgläubiger; der Entwurf erklärt daher auch sie zur.

Anfechtung berechtigt. Dass endlich auch der Grundeigentümer selbst ein Interesse daran haben kann, z. B. eine angemeldete Pfandforderung zu beStreiten, ist klar; von der Höhe der Belastung hängt es ja ab, ob er auchnochi etwas zu beziehen hat oder nicht.

Abs. 8 umschreibt die Passivlegitimation bei der Anfechtungsklage. Da von einer Klage gegen eine Masse oder gegen den Verteilungsbeamten natürlich nicht die Eede sein kann,.so musa sie sich gegen diejenigen Beteiligten richten, deren veränderte Zulassung begehrt wird. Wenn die Verteilung der Pfandforderungen Gegenstand der Anfechtung bildet, so kamt ein anderer Pfandgläubiger allerdings nicht die Gegenpartei bilden, da er daran: ja nicht interessiert ist, wie die Verteilung vorgenommen wird. Daher musssich ;hier die Klage gegen den Eigentümer richten, der als der zukünftige Schuldner des verbleibenden Teils der Pfandforderungen ein Interesse hat, dass diese im richtigen -.Verhältnis erfolge und das Restgrundstück nicht

99 ·unberechtigt belaste. Dass mit einer Klage in andern Fällen die eigene Anweisung angefochten werden muss, wird nicht häufig vorkommen, da das Gesetz dem Verteilungsbeamten ja keine Berechtigung gibt, die Anmeldungen auf ihre Begründetheit zu überprüfen und abzuändern. Immerhin kann eine Anmeldung unterblieben sein und ein Pfandgläubiger die in diesem Falle sich auf die öffentlichen Bücher stützende Eangstellung oder Forderung als unrichtig anfechten. Hier bleibt nichts anderes übrig, als dass er diejenigen ihm Nachfolgenden ins Eecht fasst, die im Falle der Zusprechung seines Begehrens eine schlechtere Anweisung erhalten werden, Der Entwurf erwähnt nicht ausdrücklich auch die Möglichkeit einer Beschwerde über den Verteilungsplan, in der Meinung, dass die Praxis auch so unbedenklich zu einer analogen Anwendung der im Zwangsvollstreckungsrecht ausgebildeten Sätze kommen könne, dass wegen Unvollständigkeit und Unklarheit eine Anfechtung auf dem Beschwerdewege ebenfalls möglich sei. Dagegen soll die Beschwerde, mit welcher materielle Änderungen in bezugauf die eigene Forderung des Beschwerdeführenden verlangt werden, durch die Fassung des Entwurfes ausgeschaltet sein, um den Umweg einer nochmaligen Auflegung mit neuer Bestreitüngsfrist nach dem Entscheide der Aufsichtsbehörden zu vermeiden.

Art. 96.

Die Auszahlung an die Berechtigten bleibt natürlich bis zur Eechtskraft des Verteilungsplanes eingestellt. Immerhin braucht nicht wegen eines einzigen Anfechtungsprozesses die Verteilung im ganzen aufgeschoben zu werden; denn es ist denkbar, dass ein Teil des Planes auch bei Gutheissung der Klage von dem Urteil gar nicht berührt wird. Das wird dann z. B. der Fall sein, wenn nur ein Pfandgläubiger im letzten Eange die Forderung des ihm unmittelbar Vorangehenden dem Betrage nach bestreitet. Alle dem Beklagten hier vorgehenden Pfandgläubiger können in diesem Falle nach unbenutztem Ablauf der Anfechtungsfrist ausbezahlt werden. Wenn hingegen z, B. die Verteilung der Pfandlasten auf die enteigneten und die verbleibenden Teile von einem ersten Pfandgläubiger bestritten wird, können auch die sämtlichen nachfolgenden am Ausgange des Eechtstreites interessiert sein; in diesem Falle muss dann allerdings die Verteilung des Ganzen eingestellt werden.

Wie schon erwähnt, muss das Verteilungsamt auch dafür sorgen, dass die blosse Abzahlung auf den Pfandurkunden vorgemerkt wird und dass letztere entkräftet werden, sobald eine vollständige Tilgung der Forderung erfolgt (Art. 97). Eine Zahlung darf daher so lange nicht stattfinden, als nicht diese Titel dem Amt eingereicht sind; und da das Amt keine Mittel zur Verfügung hat, um die Einreichung zu erzwingen, so bleibt nichts anderes übrig, als für solche Forderungen die entsprechenden Beträge zu deponieren.

. Der Entwurf sieht als Hinterlegungsstelle die nach dem Betreibungs- und Konkursgesetz zu bezeichnende kantonale Depositenanstalt vor.

100 Endlich erwies es sich auch noch als notwendig, dafür zu sorgen, dass der P f a n d g l ä u b i g e r , der einen Verlust erleidet, nicht schlechter gestellt ist, als wenn das Pfand infolge der von ihm .oder-reinem Dritten veranlagten zwangsweisen Verwertung auf dem Wege der Zwangsvollstreckung realisiert worden ist. Wenn der im Konkurs ausgestellte Verlustschein oder der Pfandausfallschein in der Betreibung die Bedeutung einer Schuldanerkennung haben, eo liegt nicht der mindeste Grund vor, den Pfandgläubiger, der infolge der Enteignung einen Verlust auf dem Pfände erleidet, nicht auch gleich zu behandeln.

Denn der Schuldner hatte ja auch hier im Verfahren Gelegenheit, die Forderung zu bestreiten und hat sie, wenn er dies nicht getan, stillschweigend anerkannt.

Daher verlangt Art. "96, dass dem Glaubiger einer Grundpfand verschreibung oder eines Schuldbriefes (bei der Gült und der Grundlast kann, weil eine persönliche Forderung damit nicht verbunden ist, sich die Frage nicht stellen) eine Urkunde über den erlittenen Verlust ausgestellt werde, die einer gerichtlichen Schuldanerkennung gleichzustellen ist.

Art. 97.

Endlich weist Art. 97 das Verteüungsamt an, von Amtes wegen die durch die Zuweisung notwendig werdenden Änderungen und Löschungen im Grundbuch und die Berichtigung oder Entkräftung der Pfandtitel zu veranlassen, wie dies die Art. 150 und 264 des Betreibungs- und Konkursgesetzes für die analogen Fälle der Zwangsverwertung tun. Dabei musste aber auch der in diesen Gesetzesstellen nicht behandelte Fall berückr sichtigt werden, dass ein Pfandtitel nicht eingelegt worden ist ; es ist geschehen im Anschlüsse "an die jene Bestimmungen ergänzenden Vorschriften des Art. 69 der bundesgerichtlichen Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken vom 23. April 1920.

Diese Ausführungen dürften gezeigt haben, dass ohne besondere Bestimmungen für die Verteilung nicht auszukommen ist, wenn alle dabei mitspielenden Interessen zu gegebener Zeit sollen zum Worte kommen können. Die vorgeschlagenen Bestimmungen eignen sich auch kaum für eine blosse Verordnung, da sie zum Teil ins Zivilrecht eingreifen müssen, sondern gehören ins Gesetz ; es bleiben der Detailfragen noch genug, für deren Begelung jener Weg immer noch offen steht.

G. Rückforderungsrecht.

Dass dem Enteigneten die Möglichkeit gegeben werde, das von ihm verlangte Hecht wieder zurückzufordern, wenn es nicht zu dem öffentlichen Zwecke verwendet wird, in dessen Namen der Zwang gegen ihn ausgeübt wurde, ist ein notwendiges Sicherheitsventil gegen den sonst möglichen Missbrauch des Enteignungsrechta und ist daher in allen Eechten vorgesehen. Es ist denn auch im gegenwärtigen Gesetz (Art. 47) schon in den Grundzügen geregelt, und der" Entwurf hat es nur etwas einlässlicher ausgestaltet, namentlich es unter

loi bestimmte Verwirkungs- und Verjährungsfristen gestellt und die Streitigkeiten darüber, entsprechend seiner ganzen Tendenz, auch in die Zuständigkeit der Schätzungskommission gelegt und das Bundesgericht, das bisher darüber im gewöhnlichen zivilprozessualen Verfahren als einzige Instanz zu entscheiden hatte, nur als Eekürsinstanz beibehalten.

Art. 98.

Die V o r a u s s e t z u n g e n der G e l t e n d m a e h u n g des B ü c k f o r d e r u n g s r e c h t s sind in Art. 98 im grossen und ganzen im Anschlüsse an das geltende Eecht formuliert worden. Den Hauptfall bildet natürlich der, wo während einer gewissen Frist daa enteignete Eecht überhaupt zu keinem ö f f e n t l i c h e n Zwecke Verwendung gefunden hat. Die Praktiker waren allgemein der Ansicht, dass die gegenwärtig auf 2 Jahre bemessene Frist zu kurz sei ; der Entwurf dehnt sie daher auf 5 Jahre aus. Da er aber nun die vorsorgliche Enteignung für die künftige Erweiterung eines schon bestehenden öffentlichen Werkes ausdrücklich zulässt (Art. 4, lit. a; Art. 25, Abs. 3), so muss für diesen Fall eine Ausnahme gemacht und die Frist für die Erstellung des Werkes ziemlich weit ausgedehnt werden; der Entwurf setzt sie für diese Fälle auf 25 Jahre fest, um damit~ Enteignungen für allzufern und ausserhalb aller Wahrscheinlichkeit liegende Erweiterungen auszuschliessen.

Der Nichterstellung des Werkes, für welches enteignet wurde, muss gleichgestellt werden die V e r w e n d u n g zu einem an-dern Z w e c k , für welchen die Enteignung nicht bewilligt wurde, weil auch damit die Voraussetzung für die zwangsweise Inanspruchnahme wegfällt. Kann der Enteigner sich auf den Standpunkt stellen, dass er auch für den veränderten Zweck das Enteignungsrecht beanspruchen könne, so hat natürlich die Bückgängigmachung der Enteignung keinen Zweck, und das gegenwärtige Gesetz, das auch in einem solchen Falle dem Enteigneten ein unbeschränktes Eecht dazu gibt, schiesst damit über das Ziel hinaus. Aber der Enteigner ist natürlich beweispflichtig dafür, dass er auch für den andern Zweck das Eecht wirklich besitze, und wird im Streitfalle, um diesen Beweis erbringen zu können, sei es mit, sei es ohne neue öffentliche Planauflage, einen Entscheid des Bundesrates provozieren müssen.

Endlich hebt der Entwurf ausdrücklich auch noch den Fall der Veräussorung des enteigneten Eechts hervor, den das gegenwärtige Gesetz nur dann gelten lassen will, wenn der Enteigner zu einem niedrigeren Betrage, als er für die Enteignung bezahlt hatte, verkaufen will. Das ist aber weder praktisch --· da dem Enteigneten der Beweis eines solchen niedrigeren Preises in den wenigsten Fällen möglich sein dürfte --, noch überhaupt
grundsätzlich berechtigt; denn die Bückforderung hat ihren Eechtfertigungsgrund in der Tatsache, dass der Enteignungszweck nicht ausgeführt wird und dass damit der Grund für den dem Enteigneten gegenüber ausgeübten Zwang wegfällt. Weshalb dem Enteigneten das Becht nicht mehr zustehen sollte, wenn der Enteigner gleich viel dafür lösen kann; wie er bezahlt hat, ist nicht einzusehen; deshalb gibt der Entwurf das Becht für jeden Fall des Verkaufs,

102 Für diese letztern Fälle muss aber sofort eine Einschränkung angebracht worden. Der Grundsatz rechtfertigt sich natürlich nicht mehr für solche Grundstücke oder Teile von solchen, die der Enteigner, ohne dass er sie für seine Zwecke notwendig hatte, zufolge eines Ausdehnungsbegehrens des Enteigneten hat übernehmen müssen (Art. 10), und ebensowenig für diejenigen, die er nur deshalb übernommen hat, weil die zu bezahlende Minderwertsentschädigung unverhältnissmässig hoch ausgefallen wäre (Art. 11), also auch nur infolge eines gewissen Zwanges und ohne direkte Notwendigkeit für das projektierte Werk. Hier kann daher eine Rückforderung nur dann in Frage kommen, wenn das "Werk überhaupt nicht oder wenn kein ö f f e n t l i c h e s Werk ausgeführt wird und daher auch die Voraussetzung für die zwangsweise Abtretung des nach dem ursprünglichen Plane zum projektierten Werke notwendigen Teils dahinfällt. In beiden Fällen muss dann aber der Enteigner auch verlangen können, dass die Bückforderung sich auf das Ganze beziehe, da er für den nur gezwungen übernommenen Teil keine weitere Verwendung hat.

Diese Ausnahmefälle sind in Abs. 2 behandelt.

Die Bückforderung hat den Zustand, wie er vor der Enteignung war, soweit möglich wieder herzustellen. Der Enteignete ist daher nicht etwa zur Vergütung des neuen Wertes verpflichtet, den das fragliche Becht in der Zwischenzeit erhalten hat, sondern er hat nur -- aber auch alles ·-- zurückzuerstatten, was er seinerzeit als Gegenwert erhalten hat. Darunter kann aber natürlich nicht immer die ganze Enteignungsentschädigung verstanden sein.

Die Tatsache der durchgeführten Enteignung kann nicht mehr aus der Welt geschafft werden, und die dafür zugesprochene Entschädigung, d. h. also diejenige für den sogenannten persönlichen Schaden, die sogenannte Inkon^ veniehzentschädigung, braucht nicht mehr zurückerstattet zu werden. Ob auch eine Minderwertsentschädigung für einen verbleibenden Teil zurückverlangt werden könne, kann nicht grundsätzlich entschieden werden, sondern hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab. Wenn die Bückgabe die frühern Zustände vollständig wieder herstellen kann, so wird eine Bückerstattung in einem gewissen Umfange begründet sein; immerhin wird der Enteignete für die in der Zwischenzeit doch tatsächlich erlittene Schädigung einen Abzug machen
können. Der Entwurf lässt durch die Verweisung auf «die Umstände» dem verständigen Ermessen der zuständigen Instanzen hinreichenden Spielraum.

Da die Fristen, welche der Enteignete abzuwarten hat, bevor er das Becht ausüben kann, im Entwurfe viel weiter gezogen worden sind als im geltenden Eecht, so konnte jener darauf verzichten, den in diesem enthaltenen Vorbehalt aufzunehmen, dass die Ausübung des Bechts vom Enteigner durch den Nachweis «hinreichender Gründe» für die Nichtbenützung oder die veränderte Benützung abgewendet werden könne. Das war ein so unbestimmter Ausdruck, dass damit eigentlich alles wieder in Frage gestellt und dem Ermessen des Bichters anheimgegeben wurde. Beide Parteien haben aber ein Interesse daran, über ihre .Rechtsstellung aus dem Gesetze klare Auskunft zu erhalten; die bestimmteren Formulierungen des Entwurfes werden ihnen daher besser dienen.

103 Das Ruckforderungsrecht kann unter Umständen mit seinen starren Juristen, die eben nicht zu umgehen sind, für den Enteigner recht unbequem «ein, trotzdem sie soweit als möglich gefasst sind. Er wird daher hie und da «in Interesse daran haben, es gänzlich auszuschalten, namentlich z. B. wenn es «ich um Enteignungen für künftige Erweiterungen handelt, um in der Verfügung über das enteignete Recht freiere Hand zu haben. Da der Gesetzgeber keinen Grund hat, einem freiwilligen Verzicht auf das R ü c k f o r d e r u n g s recht entgegenzutreten, so bietet sich dem Enteigner dadurch die Möglichkeit zu einer Verständigung mit dem Enteigneten, dessen Verzicht er wohl in sehr vielen Fällen durch die Bezahlung eines über die Enteignungsentschädigung hinausgehenden Betrages wird erhalten können. Der Entwurf weist auf solche Möglichkeiten dadurch hin, dass er. einen Verzicht auf das Rückforderungsrecht ausdrücklich als möglich erklärt.

Art. 99.

Die Frage der Legitimation zur Geltendmächung des Rückforderungslechts ist im geltenden Gesetze nicht näher behandelt. Es zeigt sich aber bei näherem Zusehen, dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, dass das Rückforderungsrecht demjenigen zustehe, dem gegenüber die Enteignung durchgeführt wurde, nicht überall zu zweckmässigen Ergebnissen führt. Er ist nur da selbstverständlich, wo es sich um eine Totalenteignung handelt ; andere Interessenten als der Enteignete sind hier nicht vorhanden, und da das Recht unter Umständen einen beträchtlichen Vermpgenswert darstellen kann, so muss es auch vererblich sein. Wenn dagegen die Enteignung sich auf die Aufhebung einer Grunddienstbarkeit beschränkt, so hat an der Wiederherstellung derselben der Enteignete nur so lange ein Interesse, als er auch der Eigentümer des herrschenden Grundstücks bleibt, und wenn er es yeräussert; so geht damit das Interesse auf den neuen Eigentümer über. Und ähnlich liegen die Verhältnisse, wenn nur ein Teil eines Grundstückes enteignet wurde. Anstatt dass nun in diesen Fällen das Rückforderungsrecht dem an der Wiederherstellung der frühern Zustände desinteressierten Enteigneten belassen wird, in dessen Händen es damit zum Spekulationsobjekt würde, erscheint es gesetzgebungspolitisch zweckmässiger, das Klagerecht überhaupt nur dem neuen Eigentümer zu geben und damit die Ausübung des Rechts auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen ein wirkliches Interesse an der Rückgängigmachung der eingetretenen Rechtsänderung vorliegt. Ist ein solches offenkundig, so wird es dann auch ohne weiteres seinen Einfluss auf die Preisbildung beim Veräusserungggeschäft ausüben und dem ursprünglichen Enteigneten so den ihm zukommenden Gegenwert sichern. Besteht kein Interesse am Wiederaufleben der untergegangenen Grunddienstbarkeit, an der Wiedervereinigung der Teile, so soll an den neuen Rechtsverhältnissen nicht gerüttelt werden können.

-

104

Art. 100.

Die Ausübung des Bückforderungsrechts kann natürlich durch eineohne Wissen des Berechtigten vorgenommene Veräusserung durch den Enteigner rechtlieh illusorisch gemacht.werden, da das Recht als ein rein persönliches gedacht ist und einem gutgläubigen dritten Eigentümer gegenüber daher nicht durchgesetzt werden kann. Auch kann es durch eine Verwendung zu einem unerlaubten Zweck so gestaltet werden, dass es tatsächlich nicht mehr ausgeübt werden kann. Art. 102 sieht zwar allerdings einen Wertausgleich vor; die aus diesem Titel allfällig zu bezahlende Entschädigung kann aber so gross sein, dass der Enteignete lieber auf die Ausübung des Hechts überhaupt verzichtet. Nach dem geltenden Eecht war der Enteignete gegenüber solchen.

Handlungen des Enteigners wehrlos. Der Entwurf versucht nun, seine Hechte besser zu wahren dadurch, dass er in Art. 100 den Enteigner verpflichtet, sowohl von einer beabsichtigten Veräusserung, als einer andern Verwendung des enteigneten Hechts vorher dem Rückforderungsberechtigten Kenntnis zu geben,.

und ihn für den aus einer Unterlassung entstehenden Schaden ersatzpflichtig erklärt. Und zwar hat der Enteignete nach der Bestimmung des Art. 58, lit. /, die Möglichkeit, eine solche Schadenersatzklage bei der Schätzungskommission anhängig zumachen; er braucht also deswegen nicht vor die ordentlichen Gerichte zu geliert : .. .

Art. 101.

Über die in Art. 101 geregelte Verjährung des Rückforderungsrechts enthält das geltende Gesetz überhaupt keine Bestimmungen; der Enteigner weiss daher eigentlich nie, ob er nicht viele Jahre nach Durchführung des Werkes noch mit der Behauptung belangt werden könne, dass er das enteignet» Grundstück ohne Recht dazu benutzt habe. Denn man dürfte es bei dieser Bückforderung wohl nicht mit einer zivilrechtlichen Klage zu tun haben, die don allgemeinen Verjährungsbestimmungen für solche untersteht, sondern richtigerweise wird sie wohl dem öffentlichen Hechte unterstellt?

"werden müssen. Die Rechtssicherheit verlangt aber auf jeden Fall, dass ihreAusübung an bestimmte Fristen geknüpft sei, und zwar darf man füglich vom Berechtigten verlangen, dass er, wenn er einmal über die Entstehung seines.

Hechts orientiert ist, mit einem allfälligen Begehren nicht zu lange zurückhalte. Der Entwurf stellt daher als Hegel eine Verjährungsfrist von einem
Jahre auf. Die Verschiedenheit der einzelnen in Frage kommenden Fälle macht nun aber auch eine Unterscheidung für diese Begelung notwendig. Am klarsten hegen die Verhältnisse da, wo der Enteigner untätig; bleibt, also das Werk nicht ausführt, für das die Enteignung stattgefunden hat.

Hier geben die Fristen, die das Gesetz dem Enteigner für die Ausführung setzt, auf alle Fälle einen genügenden Anhaltspunkt zur Bestimmung des Anfangstermins für den Lauf der Verjährungsfristen. Erst wenn sie abgelaufen sind, ohne dass das Werk in Angriff genommen worden wäre (dass es vollständig ausgeführt sei, kann natürlich nicht verlangt werden), ist eine Klage möglich und

105 "beginnt daher die Verjährungsfrist. Und da dem Enteigneten Zugemutet werden kann, eich darüber selbst zu vergewissern, ob der Enteigner innerhalb der Frist gehandelt habe oder nicht, so kann es für alle Fälle bei dieser Frist verbleiben.

Dagegen liegt die Sache nicht ganz gleich im Falle der Veräusserung und der tatsächlichen Verwendung zu einem a n d e r n Z w e c k . Hier darf allerdings vom Enteigneten, wenn er nach der Vorschrift des Art. 100 eine Anzeige über die Absicht des Enteigners erhalten hat, verlangt werden, dass er nun innerhalb eines Jahres spätestens die Klage anbringe* Dagegen muss auch mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass der Enteigner die Anzeige unterlässt und dass der Enteignete daher erst später zufällig von der Ausführung dieser Absicht Kenntnis erhält. Da ihm eine Erkundigungspflicht nicht obliegt, so kann die Verjährung erst mit der tatsächlichen Kenntnis beginnen. Daneben erweist sich aber auch noch eine weitere Abgrenzung als notwendig, um nach Ablauf einer bestimmten Zeit eine Infragestellung von konsolidierten Verhältnissen auszuschliesgen, wie dies für eine ähnliche Sachlage auch in den Art. 60 und 67 OB angeordnet worden ist. Daher lässt der Entwurf diese Ansprüche auf alle Fälle, ohne Rücksicht darauf, ob der Berechtigte Kenntnis von ihr hatte oder nicht, mit dem Ablauf von 5 Jahren seit der Handlung, die das Bückforderungsrecht begründet hatte, verjähren;

Art. 102.

Der Eüekforderungsanspruch geht auf Eückgängigmachung der beidseitigen Leistungen. Während aber diejenige des Enteigneten in*der Eegel eine Geldleistung sein wird, deren Höhe sich aus den die Entschädigung festsetzenden Urkunden ohne weiteres ergibt, geht diejenige des Enteigners regelmässig auf Bückübertragung von Grundeigentum, das zwar in seinem Umfange auch ohne Schwierigkeiten bestimmbar ist, das aber infolge veränderter Preisverhältnisse in der Zwischenzeit einen ganz andern Wert haben kann als im Zeitpunkte der Besitznahme. Einen solchen Mehrwert kann, der .Bückgabepflichtige natürlich nicht für sich beanspruchen und daher ebensowenig vom Bückfordernden ersetzt verlangen, wie er ihm für einen allfälligen, aus solchen Gründen eingetretenen Minderwert ersatzpflichtig ist.

Auf die durch das Eingreifen des Bückgabepflichtigen selbst verursachten Wertvermehrungen aber hat der Bückfordernde keinen Anspruch, Soweit der Mehrwert in Anstalten besteht, die ohne Schwierigkeit, ohne Beschädigung der Sache und ohne unyerhältnismässige Kosten weggenommen werden können, muss er daher hierzu berechtigt sein. Anderseits hat er, wenn ein Minderwert von ihm verursacht worden ist -- ob schuldhaft oder nicht, kann keine Bolle spielen -^-, dafür einen Abzug an der Gegenleistung sich gefallen zu lassen.

Für die in der Zwischenzeit gezogene Nutzung ist er natürlich nicht ersatzpflichtig; er gilt, jedenfalls solange ein Bückforderungsanspruch nicht erhoben worden ist, als gutgläubiger Besitzer und könnte sich daher wohl einem solchen Anspruch gegenüber auf Art.. 938 ZGB berufen. Nach diesen Bestimmungen wird es nicht schwer sein, auch diejenigen Fälle richtig zu entscheiden, in denen

106 der Enteigner in der Zwischenzeit ein zurückgegebenes Grundstück mit Grund^ dienstbarkeiten oder mit Pfandrechten neu belastet hat. Der Eückfordernde kann deren Löschung nur dann verlangen, wenn die Berechtigten dazu ihr Einverständnis geben; wollen sie ihre Bechte nicht ablösen lassen, muss also der Enteignete diese Lasten neu übernehmen, so ist ihm dafür voller Schadenersatz zu leisten, der bei der Übernahme von Pfandrechten unter Umständen natürlich noch weiter gehen kann als nur auf die Zuweisung des Gegenwertes der betreffenden Pfandforderungen (wenn sie z. B. besonders hoch verzinslich und besonders lange nicht kündbar sein sollten)i Über diese Wertausgleichungsverhältnisse soll, wenn sie streitig werden, nach dem Entwurfe ebenfalls die Schätzungskommission entscheiden, da sie von dem Entscheide über die Eückgabepflicht nicht abgelöst werden können.

Art. 103.

Endlich regelt Art. 108 noch den Vollzug der Bückforderung. Er enthält zwar darüber, in welcher Form die Bückgabe des Grundeigentums zu vollziehen ist, keine ausdrückliche Bestimmung, in der Meinung, dass dafür die gewöhnlichen Begeln des Zivilrechts massgebend seien. Es bedarf also zur gültigen Eigentumsübertragung an den Enteigneten der Eintragung ins Grundbuch. Wird die Bückgabepflicht ohne gerichtliches Verfahren anerkannt, so ist zwar, weil man es nicht mit einem vertraglichen, sondern mit einem gesetzlichen, auf dem öffentlichen Becht beruhenden Eigentumsübergang zu tun hat, eine öffentliche Beurkundung der Anerkennung der Bückgabepflicht nicht notwendig; dagegen hat der Enteigner, der zur Bückgabe bereit ist, zuhanden des Grundbuchführers die ausdrückliche schriftliche Ermächtigung zur Übertragung zu erteilen. Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, so gilt als Ausweis zur Eintragung im Grundbuch der Entscheid der Schätzungskommission oder des " Bundesgerichts, welcher den Enteigner zur Bückgabe verpflichtet, in Verbindung mit dem Ausweis, dass die Gegenleistung des Enteigneten bezahlt worden ist (Art. 963, Abs. 2, ZGB). Vorher wird der Grundbuchführer die Übertragung nicht vornehmen dürfen, da man den Bückgabepflichtigen nicht der Gefahr aussetzen kann, für seine Gegenforderung auf Eückgabe der Entschädigung nachträglich den Enteigneten unter Umständen betreiben und riskieren zu müssen, sie zu verlieren.

Von diesem Gedankengange aus bestimmt nun der Entwurf, dass die Gegenleistung des Bückfordernden innert 8 Monaten zu bezahlen sei, nachdem sie rechtskräftig festgestellt ist, und dass der Bückgabepflichtige berechtigt sei, die Nichtbeachtung dieser Frist als Bücktritt vom Eückforderungsrecht zu betrachten. Der Bückfordernde wird also als zur Vorleistung verpflichtet bezeichnet. Man kann in der Tat dem Bückgabepflichtigen nicht zumuten, nun noch lange zuzuwarten, bis es dem Bückfordernden gefällt, die ihm obliegende Pflicht zu erfüllen und die ihm obliegenden Leistungen zu machen oder ihn gar auf Erfüllung wieder zu verklagen. Wer eine solche Bückforderung geltend macht, muss eben rechtzeitig auch die dafür notwendigen Mittel sich verschaffen.

107 H. Verschiedene Bestimmungen.

In diesem Kapitel sind einzelne Formvorschriften und diejenigen über die JCosten zusammengestellt.

Art. 104.

Bei der grossen Bolle, welche die verschiedenen Mitteilungen an die .Beteiligten und die Tristen im ganzen Verfahren spielen, war es notwendig, liber die Formen der erstem und die Berechnung der letztern unzweideutige Bestimmungen aufzustellen. Das geschah in Anlehnung an die Bestimmungen ·des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, in welchem diese Normen von gleicher Wichtigkeit sind, ohne dass jedoch diese Vorschriften alle hätten unverändert übernommen werden können. Für die Zustellungen ist zunächst in Art, 104 der eingeschriebene Brief obligatorisch erklärt worden, der allein den Beweis der erfolgten Zustellung sichert, neben der eigentlichen ·amtlichen Zustellung durch Vermittlung der zuständigen kantonalen Behörden, die aber kaum eine grosse Eolie mehr spielen dürfte. DieBestimmung gilt nicht nur für die Mitteilung von amtlichen Aktenstücken, sondern auch für ·die Vorladungen zu den Verhandlungen vor dem Präsidenten der Schätzungskommission oder im Schätzungsverfahren. Daneben sind aber Bestimmungen iür diejenigen Fälle unerlässlich, wo der Wohnort des Zustellungsempfängers nicht bekannt ist oder wo er im Ausland liegt. Dass Zustellungen ins Ausland, unter Umständen mit diplomatischer Vermittlung, gemacht werden sollen, wäre «in zu weitgehendes Verlangen. Wer an einem Enteignungsverfahren in der Schweiz beteiligt ist, von dem kann verlangt werden, dass er einen in der Schweiz wohnenden Zustellungsempfänger bezeichne. Wenn er ohne Erfolg hierzu aufgefordert worden ist, so kann er sich nicht darüber beklagen, dass er gleich «iner Partei mit unbekanntem Wohnorte behandelt wird. Für diesen Fall ·dürfte aber die im Betreibungsgesetz vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung der ganzen zuzustellenden Urkunde zu weit gehen; der Entwurf «rsetzt sie daher durch die bedeutend weniger kostspielige und den Zweck doch erfüllende blosse Bekanntmachung der Auflegung der Urkunde bei dem Gemeinderate derjenigen Gemeinde, in deren Kreis das zu enteignende Grundstück liegt.

Für die ö f f e n t l i c h e Bekanntmachung endlich verlangt der Entwurf neben der Einrückung im kantonalen Amtsblatt oder in dieses ersetzenden sonstigen amtlichen Anzeigern auch noch diejenige in 2 andern verbreiteten privaten Blättern, da allseitig zugegeben wird, dass die amtlichen Blätter eine .ausreichende
Bekanntgabe nicht zu vermitteln geeignet sind. Diese Öffentlichen Aufforderungen haben nach dem Entwurf namentlich für die Pfandgläubiger so grosse Bedeutung (vgl. z. B. Art. 45, 50, 51), dass die dadurch entstehenden Mehrkosten keine Eolle spielen dürfen. Die Publikation in den amtlichen Blättern ist immerhin insofern noch privilegiert, als sie für die Fristberechnung alleili massgebend sein kann.

108

Art. 105.

: Für die Fristberechnung konnten in Art. 105 die im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (Art. 81 und 82) aufgestellten Normen ohne weiteres übernommen -werden; es schien aber zweckmässig, statt einer blossen Verweisung darauf sie hier ausdrücklich zu wiederholen.

Art. 106.

Für die Eingaben an die Schätzungskommission und das Bundesgericht wird in Art. 106 ein Doppel verlangt, weil sie immer einer Gegenpartei zuzustellen sind. Es ist bereits bei Art. 48 darauf hingewiesen worden, dass dagegen die Eingaben im Planauflagevérfahren von dieser Vorschrift ausgenommen sind; auch diejenigen an den Präsidenten der Schätzungskominission stehen nicht darunter, weil das vor ihm sich abspielende Verfahren formloser sein kann.

Art. 107.

Die Stempelfreiheit der Schriftstücke, welche im Verfahren von den Parteien eingelegt und von der Schätzungskommission und ihrem Präsidenten errichtet werden, ergibt sich aus dem Grundsatze, dass es sich um ein eidgenössisch-rechtliches Verfahren handelt, das der kantonalen Besteuerung nicht unterstellt sein kann (vgl. auch Art. 87, Abs. 3).

Art. 108.

Die Art. 108--111 beschäftigen sich sodann mit den Kosten des Verfahrens. Dass es nicht gebührenfrei sein kann, bedarf einer weitem Erläuterung; nicht; ebenso ist es gegeben, dass die Feststellung der Gebühren, wie der Entschädigung der Schätzungskomniission und ihres Präsidenten, vom Bündesrate auf dem Verordnungswege zu erfolgen hat, wogegen die Beschwerden über unstatthafte Berechnung dieser Gebühren" von ihrer Aufsichtsbehörde, d. h. dem Bundesgericht, zu beurteilen sind, wofür der Entwurf eine besondere Beschwerdefrist feststellt.

Art. 109.

: Auch bisher hatte der Enteigiier die von ihm verursachten Kosten der Planauflage und des S c h ä t z u n g s v e r f a h r e n s zur Feststellung der Enteignungsentschädigung, sowie des Vollzuges allein zu tragen, und an diesem Grundsatz kann natürlich nicht gerüttelt werdendes müssen ihm vielmehr nun auch noch die Kosten des neuen E i n i g u n g s v e r f a h r e n s und auch der andern Verhandlungen vor dem Präsidenten der Schätzungskominission überbunden werden.

Die allgemeine Fassung des Art. 109 verpflichtet nun aber den Enteigner auch zur Tragung der Kosten aller sonstigen in Art. 58, lit. b~e, aufgeführten ·Streitigkeiten, die der Schätzungskommission vom Entwurfe neu überwiesen worden sind. Das dürfte kaum auf ernstlichen Widerstand stossen; denn ab-

109 gesehen von denjenigen Fällen, wo diese Begehren mit dem Schätzungaverfahren unzertrennlich verbunden sind (wie z. B. die Ausdehnungsbegehren lit. b und e), handelt es sich dabei immer auch um Anstände, die nur infolge
Art. 110.

.

Eine Parteientschädigung ist bisher dem Enteigneten für das Verfahren vor der Schätzungskommission in den wenigsten Fällen zugesprochen worden, was allgemein als unbillig empfunden wurde. Der Entwurf will daher in Art. 110 eine solche Entschädigung im Grundsätze vorschreiben, immerhin mit der Möglichkeit, sie je nach der Bedeutung der Fälle abstufen, bei geringfügigen Fällen, wo eine Vertretung überflüssig erschien, sie auch ganz verweigern zu können. Die streitigen Eückforderungsfälle dagegen sind auch in dieser Beziehung nach den gewöhnlichen Eegehi zu behandeln, auch wo das Weiterziehungsverfahren als anwendbar erklärt wird, so dass also einem Enteigneten, der mit seiner Weiterziehung vom Bundeägericht vollständig abgewiesen wird, auch keine Parteientschädigung zuzusprechen wäre.

Art. 111.

Auch für die Verteilung der gerichtlichen Kosten vor. dem Bundesgericht unterscheidet der Entwurf in Art. 111 zwischen den Weiterziehungen, welche die Feststellung der Enteignungsentschädigung zum Gegenstand haben und den andern von der Schätzmigskommission in erster Instanz au erledigenden Streitigkeiten. Er geht von dem Gedanken aus, dass, wenn das Gesetz dem Enteigneten zwei Instanzen für die Abschätzung der Enteignungsentschädigung zur Verfügung stellt, es ihm die Anrufung der zweiten Instanz ermöglichen müsse, auch ohne dass er dafür grosse Kosten aufzuwenden und selbst die Schätzer zu bezahlen habe -- ein Prinzip, das, obschon es der gegenwärtig geltenden gesetzlichen Vorschrift direkt widerspricht (vgl.

Art. 49), doch in der Praxis wiederholt schon zur Anwendung gebracht wurde.

Der Entwurf überbindet daher auch die Kosten der zweitinstanzlichen. Schät-

110 zung, die sich in der Hauptsache, wenn es beim Entscheide des Instruktionsrichters verbleibt, aus den Gebühren für die zweitinstanzlichen Schätzungsexperten zusammensetzen werden, denen gegenüber die Urteilsgebühr eine mehr untergeordnete Bolle spielt, in der Regel dem Enteigner und will nur als Ausnahme für den Fall, dass er allein die Weiterziehung erklärt hat und mit seinem Begehren gänzlich oder zum grössten Teil unterliegt, auch eine Belastung des rekurrierenden Enteigneten zulassen, ohne jedoch dafür eine imperative Vorschrift aufzustellen. Es könnte sich fragen, ob die Kosten der Verhandlung vor dem Bundesgericht, die nach dem Entwurf nur stattzufinden hat, wenn Rechtsfragen zu beurteilen sind (Art. 78), nicht auch gleich behandelt werden sollten. Der Entwurf sieht davon ab und erklärt für diese Mehrkosten, ohne Unterschied, ob es nur zu einem Nichteintretensentscheid oder zu einer Hauptverhandlung kommt, die allgemeinen Regeln anwendbar, von der Erwägung ausgehend, dass ja auch der Entscheid des Instruktionsrichters über diese Rechtsfragen sich wird aussprechen müssen und dass, wer ihn anficht und damit unterliegt, auch die Konsequenzen seiner unrichtigen Rechtsauffassung auf sich zu nehmen habe.

Die Rückforderungsstreitigkeiten müssen natürlich auch hier anders behandelt werden und unterstehen den allgemeinen Begeln über die Kostenverlegung. Dagegen hätte man sich fragen können, ob nicht auch für die andern Weiterziehungsfälle, also z. B. für die Entscheidung über die Entschädigung wegen Verzugs in der Leistung der Naturalentschädigung, wegen Verzicht» auf die Enteignung, über die Eigentumsverhältnisse an freigewordenen Anlagen usw., wiederum eine grundsätzliche Pflicht des Enteigners zur Kostentragung auch im Bekursverfahren hätte ausgesprochen werden sollen. Der Entwurf geht nicht so weit, sondern glaubt auch für diese doch selteneren Fälle, bei denen in der Regel die Schätzungskommission schon das Richtige treffen wird, ea beim allgemeinen Grundsatz bewenden lassen zu können.

Art. 112.

Die in Art. .112 aufgestellte Befreiung des Bundes und der Kantone von der Sicherstellungspflicht bedarf einer näheren Begründung nicht.

Art. 118.

Die S t r a f b e s t i m m u n g in Art. 113 ist als Übergangsbestimmung so lange unentbehrlich, als nicht ein einheitliches eidgenössisches Strafrecht auch solche Übertretungen unter Strafe stellt.

...

J. Übergangsbestimmungen.

Art. 114.

Art. 114 regelt die Übergangsperiode in der Weise, dass das bisherige Recht noch auf alle diejenigen Fälle anwendbar erklärt wird, die bereits zu einer Plan-

Ili aufläge oder zur Einleitung des ausserordentlichen Verfahrens geführt haben, womit eine reinliche Scheidung möglich ist. Das neue Einigungsverfahren würde darnach nur für solche Fälle anwendbar sein, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Planauflage geführt haben. Es wird aber trotzdem nicht zu umgehen sein, dass auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens auch schon die neuen Schätzungskommiasionen und deren Präsidenten gewählt sein müssen, damit letztere schon bei der Planauflage von neuen Fällen mitwirken können (Art. 27).

Daneben müssen aber auch die bisherigen Schätzungskommissionen noch weiter bis zur Erledigung der schon bei ihnen anhängigen und der gestützt auf die hängige Planauflage noch möglichen Einsprachen und Sehätzungsbegehren in Funktion bleiben. Eine besondere Bestimmung scheint nur notwendig hinsichtlich der nach dem Entwürfe zulässigen nachträglichen Forderungseingaben und Einsprachen. Soweit dadurch dem Enteigneten neue Eechte eingeräumt werden, liegt kein Grund vor, sie nicht auch für schon pendente oder bereits erledigte Enteignungen anwendbar zu erklären. Und auch der Vollzug der noch nach dem bisherigen Verfahren durchzuführenden Enteignungen kann ohne Bedenken dem neuen Eechte unterstellt werden.

Dass schliesshch die neuen Bestimmungen über das Eückforderungsrecht sofort mit Inkrafttreten des Gesetzes anwendbar sind, ergibt sich aus der Natur der Sache.

.

Art. 115.

Art. 115 regelt den Konflikt, der sich aus dem Nebeneinanderbestehen des eidgenössischen und des kantonalen Enteignungsrechts ergeben kann. Das eidgenössische Eecht kann einen ihm vorschwebenden öffentlichen Zweck in unseremBundesstaate auch dadurch verwirklichen, dass es die Kantone mit seiner Ausführung beauftragt, und in diesem Falle wird, wenn nicht gesetzlich das eine oder andere Verfahren vorgeschrieben ist, dafür sowohl das kantonale wie das eidgenössische Enteignungsrecht angerufen werden können, wie das z. B. mit Bezug auf die Errichtung von Schiess- und Waffenplätzen der Fall ist. Es kann ferner in einem nach eidgenössischem Eecht durchzuführenden Enteignungsfalle die Notwendigkeit sich zeigen, in Verbindung damit auch ein kantonalen öffentlichen Zwecken dienliches Unternehmen durchzuführen, z. B. die Korrektion, die Verlegung oder den Neubau einer Strasse. Li solchen Fällen kann die Frage entstehen, wie sich die beiden miteinander konkurrierenden Eechte verhalten, ob das eine das andere ausschliesse, ob das kantonale dem eidgenössischen zu weichen habe, ob.dem Enteigneten irgendein Einfluss auf die Bestimmung des Verfahrens zuzusprechen sei usw.

Der Entwurf stellt sich auf den Boden, dass lediglich der Enteigner selbst zu bestimmen habe, welches der beiden ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Durchführung des off entheben Zweckes er in Anspruch nehmen wolle. Es ginge auch wohl aus konstitutionellen Gründen schon nicht an, dass die Anrufung des kantonalen Verfahrens vom eidgenössischen Gesetzgeber eingeschränkt oder gar untersagt würde. Auch steht vom. Standpunkte des Bundes aus nichts im

112

Wege, dass ein bereits eingeleitetes eidgenössisches Verfahren, soweit das überhaupt möglich ist, wieder fallen gelassen und statt dessen ein kantonales Verfahren eingeleitet wird. Es ist Sache des kantonalen Eeehts, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter welchen es zur Anwendung zu kommen hat und durchzuführen ist. Dagegen kann der eidgenössische Gesetzgeber bestimmen, dass das eidgenössische Verfahren nicht mit einem kantonalen Verfahren für das gleiche Werk parallel laufen könne und dass, wenn einmal das kantonale Verfahren eingeleitet worden ist, auf die Anrufung des eidgenössischen Enteignungsrechts damit stillschweigend verzichtet worden sei. So hat der Entwurf die Sache geregelt, im Interesse des Enteigneten, der, wenn er sich einmal auf ein Vorfahren eingelassen hat, ein Anrecht darauf hat, dass es nun auch zu Ende geführt und dass er nicht zum zweiten Mal innert bestimmten Fristen für die gleiche Sache, wieder mit Verwirkungsfolgen, Pläne zu prüfen, Forderungen anzumelden und Einsprachen zu erheben habe. Der Enteigner soll sieh vorher überlegen, welches Verfahren er einschlagen will.

-Art. 116.

In Art. 116, der die Derogationskjausel enthält, sind auch diejenigen Änderungen vorgemerkt, die im Bundesgesetz über die Schwach- und Starkstromanlagen notwendig werden. Die zu Art. 48, Abs. 2, und Art. 58 dieses Gesetzes vorgeschlagenen Änderungen sind schon bei den einschlägigen Artikeln des Entwurfes besprochen worden (Art. 12 und 70). Im übrigen bezweckt die vorgeschlagene Streichung des Art. 52,. die Enteignungen für Schwach- und Starkstromanlagen auch dem Einigungsverfahren zu unterstellen. Die besondere Norm für das ausserordentliche Verfahren in Art. 51, Abs. 2, ist nicht mehr notwendig, da es im Entwurfe in gleicher Weise geregelt ist. Und endlich muss natürlich auch Art. 54 fallen, durch den d?e kantonalen Kreise für die Schätzungskommissionen eingeführt wurden. Die in Art. 50 umschriebenen Voraussetzungen für die Einleitung des EnteignungsVerfahrens, wie auch die Bestimmung über die Kompetenzen des Starkstrominspektorates bleiben dagegen nach wie vor anwendbar.

Es mag vielleicht hier noch auf das von den Vertretern der elektrischen Industrie gestellte Begehren hingewiesen werden, demzufolge für die Enteignungen nach dem Stark- und Schwachstromgesetz ein besonderes Kapitel in den Entwurf aufgenommen werde, in welchem namentlich das Einigungsverfahren auszuschliessen wäre. Wir glaubten, davon Umgang nehmen zu sollen, weil sowohl die Vorschriften über das Einigungsverfahren, wie auch diejenigen über die Schätzung im Entwurf so gefasst sind, dass den besondem Bedürfnissen dieser Industrie, soweit sie als gerechtfertigt erscheinen, Bechnung getragen werden kann. Das Einigungsverfahren hat seinen Wert und seine Bedeutung für die Feststellung, der Entschädigungen bei der Aufstellung von Leitungsstangen gerade so gut wie für die sonstigen Entschädigungen, wird gegenteils eine Schätzungs- und Weiterziehungsverhandlung von Bagatell-

113 fällen und die damit verbundenen unverhältnismässigen Kosten zum guten Teil unnötig machen. Und was die Einsprachen gegen die Pläne anbelangt, so ist in unserem Vorschlage den zuständigen Instanzen auch das massgebende Wort nach wie vor gewahrt. Eine wesentliche in Betracht fallende Erschwerung des Verfahrens liegt aber darin nicht, dass auch über diese Verhältnisse an der Einigungsverhandlung gesprochen werden kann. Im übrigen gingen die Wünsche hauptsächlich noch auf eine ausnahmsweise Behandlung hinsichtlich der vorzeitigen. Besitzergreifung, und diesen hat der neue Wortlaut des Art. 58 in ausreichender Weise Eechnung getragen. Die weiter noch vorgeschlagenen Spezialbestinnnungen untergeordneter Natur erwiesen sich bei näherer Prüfung sachlich als nicht notwendig, da die darin gewünschte Bücksichtnahme auf die zur Begutachtung dieser Werke aufgestellten Spezialinstanzen im Bahmen des Entwurfes ohne weiteres möglich ist.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen nachfolgenden Gesetzesentwurf zu unterbreiten und zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 21. Juni 1926.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, .

.

.

Der

Bundespräsident:

Häberlin, Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

Eundeablatt. 78. Jahrg. Bd. U.

114 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Enteignung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 23 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 21. Juni 1926, beschliesst: A. Ausübung, Umfang und Gegenstand des Enteignungsrechtes.

Art. 1.

I. Ausübung des Hechtes.

l.Im allgemeinen.

Das Enteignungsrecht gemäss den Bestimmungen dieses Gesetzes kann sowohl vom Bunde selbst ausgeübt, als auch von ihm anDrittea zur Ausübung übertragen werden.

Art. 2.

2. Durch den Bund.

Zur Ausübung des Enteignungsrechtes für den Bund bedarf e& eines Beschlusses des Bundesrates, soweit nicht durch die Bundesgesetzgebung eine andere Amtsstelle dazu ermächtigt ist.

Art. 8.

3. Durch Dritte.

Das Enteignungsrecht kann an Dritte zur Ausübung übertragen werden : a. durch Bundesbeschluss für Werke, die im öffentlichen Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles derselben liegen; b. durch Bundesgesetz für andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke.

115

Art. 4.

II. Umfang.

Das Enteignungsrecht kann in Ansprach genommen werden : a. für die Erstellung, die Veränderung, den Unterhalt und den Betrieb eines öffentlichen Werkes, scrwie für dessen zukünftige Erweiterung ; &. für den Bezug, die Herbeischaffung und Ablagerung des erforderlichen Baumaterials; c. für die Vorkehren, die zum Ersatz enteigneter Eechte oder zur Wahrung der Öffentlichen Interessen erforderlich sind.

Art. 5.

Kraft des Enteignungsrechtes können dingliche Eechte an Grund- III.

stücken dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden.

Gegenstand des Enteignungsrechtes können auch die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte sein.

Gegenitand.

Art. 6.

Eine vorübergehende. Enteignung darf sich höchstens auf die Dauer IV. Beschränkungen.

von fünf Jahren erstrecken, wenn nicht durch Gesetz, Bundesratsbe1. Zeitliche.

schluss oder Abrede etwas anderes bestimmt ist. Die Frist beginnt mit der Einweisung in den Besitz und endigt auf alle Fälle drei Monate nach Vollendung des Werkes.

Verliert das Eecht durch die vorübergehende Enteignung für den Enteigneten seinen Hauptwert, so kann er dauernde Enteignung verlangen. .

Art. 7.

-

Soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, können Bechte an Grundstücken, die einem öffentlichen Zwecke dienen, nur enteignet werden, sofern der Enteigner die zur Erhaltung des öffentlichen Zweckes notwendigen Vorkehren selbst trifft oder die dazu notwendigen Beträge bereitstellt.

». Öffentlichrechtliche.

Art. 8.

Eechte an Brunnen und Quellen, die für ein Grundstück, eine schon bestehende Trinkwasserversorgung oder Hydrantenanlage unentbehrlich sind, können nur enteignet werden, wenn der Enteigner genügenden Ersatz leistet.

Art. 9.

S, Brunnen und Quellen.

Bestandteile und Zugehörgegenstände eines enteigneten Grundstückes, die ohne unverhältnismässige Kosten abgetrennt werden können, sind von der.Enteignung auszunehmen:

l Bestandteile und Zugehßr.

116 auf Verlangen des Enteigneten, wenn sie für das Unternehmen des Enteigners nicht notwendig sind, auf Verlangen des Enteigners, wenn sie vom Enteigneten auch ohne die Hauptsache nutzbringend verwendet werden können.

Den Pfandgläubigern, deren Eechte durch die Trennung gefährdet werden, stehen die Sicherungsbefugnisse der Art. 808 und 809 ZGB zu, auch wenn keine verschuldete Wertverminderung vorliegt.

V. Ausdehnung.

I.Auf Begehren des . Enteigneten.

Art. 10.

Wird von einem Grundstück oder von mehreren wirtschaftlich zusammenhängenden Grundstücken nur ehi Teil in Anspruch genommen, und kann der verbleibende Teil nicht oder nur mit unverhältnismässigen Kosten seinem bisherigen Zwecke gemäss verwendet werden, so kann der Enteignete die Enteignung des Ganzen verlangen.

Wird dem Enteigneten durch die beanspruchte Einräumung eines beschränkten dinglichen Eechtes die fernere Benutzung des Grundstückes in der bisherigen Weise verunmöglicht oder unverhältnismässig erschwert, so kann er die Enteignung des Grundstückes verlangen.

Auf die Ausdehnung kann binnen zehn Tagen nach rechtskräftiger Peststellung der Entschädigung verzichtet werden.

Art.|ll.

3. Auf Begehren dos Enteigners.

Der Enteigner kann die Enteignung des Ganzen verlangen, wenn bei Teilenteignung die Entschädigung für die Wertverminderung des Bestes mehr als einen Drittel seines Wertes beträgt.

Das Begehren ist mit der Weiterziehung des Entscheides der Schätzungskommission über die Teilenteignung zu verbinden oder, wenn eine solche nicht stattfindet, innert zehn Tagen nach rechtskräftiger Feststellung der Entschädigung anzubringen.

Auf die Ausdehnung kann binnen zehn Tagen nach rechtskräftiger Feststellung der Entschädigung für das Ganze verzichtet werden.

Art. 12.

I, Vorbereitende Handlungen.

Handlungen, die zur Vorbereitung eines Unternehmens, für das die Enteignung beansprucht werden kann, unumgänglich notwendig sind, wie Planauf nahmen, Aussteckungen, Vermessungen und dgl., dürfen wider den Willen des Eigentümers nur mit Bewilligung des Bundesrates und nach vorheriger Anzeige an die Beteiligten erfolgen.

Für den daraus entstehenden Schaden ist voller Ersatz zu leisten, dessen endgültige Feststellung auf Kosten des Unternehmers durch eine von der Kantonsregierung zu bezeichnende Lokalbehörde in einem durch bundesgerichtliche Verordnung zu bestimmenden Verfahren erfolgt.

117

B. Entschädigung.

Art. 13,

Die Enteignung kann nur gegen vollen Ersatz aller daraus entstehenden Vermögensnachteile erfolgen.

I. Im allgemeinen.

Art. 14.

Die Entschädigung ist, wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes II. Art der Entbestimmen, in der Kegel in Geld, sei es als Kapitalzahlung, sei es als schädigung.

1. Geldleistung.

wiederkehrende Leistung, zu entrichten.

Art. 15.

Ausnahmsweise kann an Stelle der Geldleistung ganz oder teilweise eine Ersatzleistung treten, so insbesondere, wenn infolge der Enteignung ein landwirtschaftliches Gewerbe nicht mehr fortgeführt werden kann, ferner bei der Enteignung von Wasser, Wasserkraft und elektrischer Energie, bei Störung von Wegverbindungen, Leitungen und dgl.

Die Zuweisung eines Ersatzgrundstückes darf nur erfolgen, wenn die Pfandgläubiger am enteigneten Grundstück ihre Zustimmung geben.

Ersatzleistungen dürfen nur stattfinden, wenn die Interessen des Enteigneten ausreichend gewahrt werden.

2. Ersatzleistung.

Art. 16.

Für die Entschädigung kommen in Betracht: III. Elemente der Entschädia. der volle Verkehrswort des enteigneten Rechtes; gung.

b. wenn von einem Grundstück oder von mehreren wirtschaftlich . zusammenhängenden Grundstücken nur ein Teil in Anspruch genommen wird, auch der Betrag, um den der Verkehrswert des verbleibenden Teiles infolge der Enteignung und des bestimmungsgemässen Gebrauches des enteigneten Teiles herabgesetzt wird; c. allfälliger persönlicher Schaden, der dem Enteigneten aus der Enteignung notwendig noch entsteht, .

.

. -

.

Art. 1 7 . -

.

.

.

Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auch die Möglichkeit einer besseren Verwendung angemessen zu berücksichtigen.

Soweit der Enteignete durch die Enteignung von besonderen Lasten befreit wird, ist deren Gegenwert in Abrechnung zu bringen.

..

IV. Verkehrswert.

l.Bei Total;enteignung..

118 Ausser Betracht fallen die durch das Unternehmen des Enteigners entstehenden Werterhöhungen oder Wertverminderungen und solche Werterhöhungen, die offenbar nur geschaffen wurden} um eine höhere Entschädigung zu erzielen. Die werterhöhenden Anlagen, für die keine Entschädigung entrichtet wird, kann der Enteignete bis zum Besitzesantritt des Enteigners wegnehmen, soweit es ohne Nachteil für das enteignete Eecht möglich ist.

ä. Berücksichtigung der Belastungen.

S.BeiTeilenteignung.

V. Persönlicher Schaden.

VI. EntsohSdi.

gung für beschränkte dingliche Beeilte.

1. Dienstbarkeiten und persönliche !

Rechte.

Art. 18.

Bei der Schätzung des Verkehrswertes von Grundstücken sind die bei Auflegung des Enteignungsplanes im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten, mit Ausnahme der Nutzniessung, und die vorgemerkten Miet- und Pachtrechte mit in Anschlag zu bringen.

Sind andere persönliche Hechte, wie Vorkaufs-, Eückkaufs- und Kaufsrechte, im Grundbuch vorgemerkt, so ist der Betrag der nach Art. 21 den persönlich Berechtigten zu entrichtenden Entschädigung in Abzug zu bringen.

Sind diese Eechte ohne Zustimmung der im Eange vorgehenden Grundpfand- und Grundlastberechtigten im Grundbuch eingetragen oder vorgemerkt worden, und werden diese Grundpfand- und Grundlastberechtigten bei Anwendung des in Abs. l und 2 geordneten Vorgehens geschädigt, so können sie verlangen, dass jene Eechte bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht berücksichtigt werden.

Art. 19.

Bei einer Teilenteignung ist für den Minderwert des verbleibenden Teiles insoweit kein Ersatz zu leisten, als er durch besondere Vorteile, die ihm aus dem Unternehmen des Enteigners entstehen, aufgewogen wird..

Dagegen ist auch derjenige Schaden zu berücksichtigen, der aus dem Entzug oder der Beeinträchtigung solcher den Verkehrswert beeinflussender Eigenschaften entsteht, die ohne die Enteignung aller Voraussicht nach dem verbleibenden Teile erhalten geblieben wären.

Art, 20.

Für die Bemessung des persönlichen Schadens ist die Verwendungsart massgebend, die der Berechnung des Verkehrswertes des enteigneten Rechtes zugrunde gelegt wurde.

Art. 21.

Für enteignete Dienstbarkeiten, mit Ausnahme der Nutzniessungen, und für die im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Eechte ist dem Berechtigten der ganze aus ihrem Erlöschen (Art. 85) entstehende Schaden zu vergüten, soweit diese Eechte nach Art. 18, Abs. 8, überhaupt berücksichtigt werden können.

119 Mieter und Pächter können, auch wenn ihre Rechte im Grundbuch nicht vorgemerkt sind, Ersatz allen Schadens verlangen, der ihnen aus der vorzeitigen Aufhebung ihrer vor Einleitung des Enteignungsverfahrens abgeschlossenen Miet- und Pachtverträge entsteht.

Wurden die vorstehenden Hechte nachweislich begründet, um eine Entschädigung zu erwirken, so besteht kein Ersatzanspruch.

Art. 22.

·

:

.

Den Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten haftet an Stelle der enteigneten Sache die dafür geleistete Entschädigung nach Massgabe des Zivilrechtes. Sie haben im Verfahren das Becht zur selbständigen Antragstellung, soweit eine Benachteilung ihrer. Rechte in Frage kommen kann.

.Die Nutzniessungsberechtigten können ausserdem selbständig Ersatz für einen ihnen aus dem Entzug des Nutzniessungsgegenstandes erwachsenen Schaden verlangen.

S. Qrundpfandrechte, Grnndlasten und NntznieeBungen.

Art. 28.

Werden durch die Ausführung oder den Betrieb des Unternehmens VII. Wahrung der öffentdes Enteigners bestehende öffentliche Einrichtungen (wie Wege, Brücken, lichen Interesien.

Leitungen usw.) in Mitleidenschaft gezogen, so hat der Enteigner alle Vorkehren zu treffen, um deren Portbenützung sicherzustellen, soweit dies durch das öffentliche Interesse gefordert wird.

Ebenso liegt dem Enteigner die Erstellung derjenigen Vorrichtungen ob, durch welche ohne unverhältnismässige Kosten die Öffentlichkeit und die benachbarten Grundstücke gegen Gefahren und Nachteile sichergestellt werden können, die mit der Erstellung und dem Betriebe seines Unternehmens notwendig verbunden sind und nicht nach Nachbarrecht geduldet werden müssen.

Art. 24.

EiSoweit der Enteigner gemäss Art. 7 und 28 Anlagen.erstellt, die be- VIII. Neue geutiimsstehende ersetzen oder ergänzen, gehen sie, wenn nichts anderes vereinverhälttUBSC.

bart wurde, in das Eigentum desjenigen über, dem die bestehenden gehörten. Der Enteigner hat für eine aus ihrem Unterhalte sich ergebende Mehrbelastung Schadenersatz zu leisten, soweit dieser Schaden nicht durch Vorteile aufgewogen wird, die. aus der Neuanlage entstehen.

Durch die Neuanlagen verfügbar gewordene, dem öffentlichen Gebrauche entzogene Anlagen und Grundstücke fallen dem Enteigner zu.

Streitigkeiten über diese Verhältnisse entscheidet die Schätzungskommission.

120

C. Planauflage.

I. Plant) ; Verzeichniß der enteigneten Kechte.

Art. 25.

. Der Enteigner hat für jede Gemeinde, deren Gebiet durch das Werk berührt wird, einen Plan zu erstellen, aus dem Art, Umfang und Lage des Werkes und die zur Wahrung der öffentlichen Interessen vorgesehenen Vorkehren ersichtlich sind.

Überdies ist für jede Gemeinde ein Vermessungsplan (Enteignungsplan) und ein Verzeichnis der zu enteignenden Grundstücke mit Angabe ihres Flächenmasses, so-wie der aus dem Grundbuch oder den sonstigen öffentlichen Büchern ersichtlichen und zu enteignenden beschränkten dinglichen Rechte anzufertigen.

Bei der Enteignung für künftige Erweiterungen schon bestehender Öffentlicher Werke genügen der Vermessungsplan und das Grundstückverzeichnis, , Bei vorübergehenden Enteignungen ist anzugeben, für welche Zeit die Eechte beansprucht werden.

Art. 26.

II, Ausstocknug.

Bis zum Tage der öffentlichen Auflage der Pläne (Art. 28) sind die durch das zu erstellende Werk bedingten Veränderungen im Gelände durch Absteckungen und, wenn die Einwirkungen auf die nicht enteigneten Teile und Nachbargrundstücke und auf die öffentlichen Wege und Einrichtungen anders nicht leicht beurteilt werden können, auch durch Aufstellung von Profilen offenkundig zu machen.

III.Ergänznngen,

IV. Anzeigen.

1. Öffentliche.

Art; 27.

. Die Pläne und Verzeichnisse sind dem Präsidetnen der Schätzungskommission einzureichen. Er verfügt allfällige Ergänzungen und stellt sie sodann den einzelnen Gemeinderäten zur Auflage zu.

Sind die Vorschriften des Art. 26 nicht befolgt, so ordnet er ebenfalls das Erforderliche an.

Art. 28.

Der Gemeinderat macht unverzüglich öffentlich bekannt, dass .dio Pläne und Verzeichnisse während dreissig Tagen zur Einsicht aufliegen und dass innert dieser Frist die Beteiligten Einsprachen gegen die Enteignung, Begehren, die eine Planänderung bezwecken, und ihre Forderungen für die zu enteignenden Rechte unter den in Art. 86 bis 89 bezeichneten Eechtsfolgen bei ihm schriftlich anzumelden haben. In der Bekanntmachung ist auf die Vorschrift der Art. 30 und 40 ausdrücklich aufmerksam zu machen.

Die Eingabefrist läuft für diejenigen, welche eine besondere Anzeige erhalten, vom Tage ihres Empfanges an.

121 Art. 29.

Der Enteigner hat jedem aus dem Grundbuch oder den Öffentlichen ä.PeraönUche.

Büchern ersichtlichen oder ihm sonst bekannten Entschädigungsberechtigten gleichzeitig mit der Bekanntmachung des Gemeinderates einen Abzug zuzustellen und anzugeben, was er von jedem einzelnen verlangt.

Art. 80.

An Mieter Wird durch die Enteignung in Miet- und Pachtverträge eingegriffen, 3.nnd Pächter, die nicht im Grundbuch vorgemerkt sind, so haben die Vermieter und Verpächter davon ihren Mietern und Pächtern sofort nach Empfang der Anzeige Mitteilung zu machen.

Art. 81.

Sofern die von der Enteignung Betroffenen genau bestimmt werden V. Abgekürztes können, kann mit Bewilligung des Präsidenten der Schätzungskommis- 1.Verfahren.

Voraussion die öffentliche Planauflage durch eine persönliche Anzeige ersetzt setzungen.

werden : a. wenn die Enteignung nur vorübergehend ist oder nur einzelne wenige Enteignete betrifft; b. wenn eie durch unwesentliche Veränderungen oder Erweiterungen oder den Unterhalt oder Betrieb eines bestehenden öffentlichen Werkes veranlasst wird; c. wenn sie durch nachträgliche Abänderungen des Planes ausgedehnt wird oder für einzelne davon Betroffene sich anders gestaltet.

Art. 82.

Die persönliche Anzeige soll enthalten: a. die Angabe von Zweck und Umfang der Enteignung; b. Art und Lage des zu erstellenden Werkes; c. das in Anspruch genommene oder einzuräumende Eecht; d. die Angabe, wo ein Plan über das Werk während der Eingabefrist eingesehen werden kann, sofern ein solcher nicht beigelegt wird ; e. die Aufforderung zur Anmeldung der Einsprachen und Forderungen gemäss Art. 38 bis 35.

/. die'Eeehtsfolgen für den Unterlassungsfall gemäss Art. 86 bis 89.

Dem Präsidc-nten der zuständigen Schätzungskommission und dem Gemeinderat derjenigen Gemeinde, auf deren Gebiet in dieser Weise Bechte in Anspruch genommen werden, ist eine Abschrift der Anzeige zuzustellen. Art. 26 ist anwendbar. Der Präsident, der Schätzungskommission kann auf Beschwerde auch die Ergänzung mangelhafter Anzeigen anordnen.

Art. 33.

Innert "dor Eingabefrist sind beim Gemeinderat schriftlich und mit Begründung einzureichen :

2. Inhalt der Anzeige.

' . Einsprachen ned Forderungen.

1. Einsprachen.

122 a. die Einsprachen gegen die Enteignung; b. die Begehren um Ausdehnung der Enteignung nach Art. 10; c. die Begehren um Erstellung von Vorrichtungen, die zur unbehinderten Benutzung bereits bestehender öffentlicher Einrichtungen und zur Sicherung der Öffentlichkeit und der benachbarten Grundstücke notwendig sind (Art. 23) ; d. die Begehren um Wiederherstellung gestörter privater Wegverbindungen, Kanalisationen, Leitungen usw. (Art. 15).

2. Forderungen, a. Hauptberechtigte.

6. Nebenberechtigte.

3.Säumnisfolgen.

a. Bei Einsprachen.

6. Bei Fordorangen.

Art. 34.

Innert der Eingabefrist sind ferner, auch wenn das Eecht zur Enteignung bestritten wird, die Schadenersatzforderungen für die Enteignung oder Einräumung von Hechten, für Minderwert und für den aus der Enteignung sonst entstehenden Schaden einzureichen. Dabei ist anzugeben, ob Entschädigung in Geld und in welcher Höhe, oder in einer Ersatzleistung verlangt wird.

Art. 85.

Zur Anmeldung von Forderungen sind die Mieter und Pächter, sowie die Dienstbarkeitsberechtigten und die Gläubiger aus vorgemerkten persönlichen Rechten (Art. 21 und 22, Abs. 2) berechtigt und verpflichtet. Pfandrechte und Grundlasten, die auf einem in Anspruch genommenen Grundstücke haften, sind nicht anzumelden, Nutzniessungsrechte nur, soweit aus dem Entzuge des Nutzniessungsgegenstandes entstehender Schaden behauptet wird (Art. 22).

Art. 86.

Nach Ablauf der Eingabefrist können Einsprachen gegen die Enteignung nur noch unter der Voraussetzung geltend gemacht werden, dass die Ausführung des Wertes noch nicht inAngrifft genommen worden ist und dass die Einhaltung der Frist wegen unverschuldeter äusserer Hindernisse nicht möglich war.

In diesem Falle kann die nachträgliche Anmeldung noch innert dreissig Tagen nach Wegfall des Hindernisses beim Präsidenten der Schätzungskommission erfolgen.

Art.37.

Entschädigungsforderungen können auch nach Ablauf der Eingabefrist und nach Durchführung des Schätzungsverfahrens noch geltend gemacht werden: a. wenn der Gläubiger aus einem in dem Verzeichnis nicht enthaltenen, von der Enteignung betroffenen Eechte den Nachweis leistet, dass ihm oder seinem Vertreter die Geltendmachung seiner . Ansprüche wegen unverschuldeter äusserer Hindernisse unmöglich war;

123 b. wenn der Bestand eines solchen Eechtes dem Berechtigten nachweislich erst später zur Kenntnis gelangt oder wenn vom Enteigner entgegen dem aufgelegten Plane und Verzeichnis ein Eecht in Anspruch genommen oder geschmälert wird; c. wenn eine im Zeitpunkt der Planauflage nicht .oder nicht in diesem Umfange vorherzusehende Schädigung des Enteigneten erst beim Bau oder nach Erstellung des Werkes des Enteigners oder als Folge seines Gebrauches sich einstellt.

Art. 38.

Konnten Begehren des Enteigneten um Ausdehnung der Enteignung, um Wiederherstellung gestörter privater Wegverbindungen und Leitungen, sowie Begehren zur Wahrung der öffentlichen Interessen wegen unverschuldeter äusserer Hindernisse innerhalb der Eingabefrist nicht geltend gemacht werden, so können sie noch bis zum Schlüsse der Einigungsverhandlung angebracht werden.

Art. 89.

Soweit die enteigneten Eechte sich aus dem vom Enteigner erstellten Verzeichnis ergeben oder offenkundig sind, werden sie von der Sohätzungskommission auch ohne Anmeldung geschätzt.

Im übrigen gelten die Entschädigungsforderungen als verwirkt, wenn sie nicht innerhalb dreissig Tagen seit Kenntnis vom Bestände des Eechtes oder seiner Inanspruchnahme oder der Schädigung beim Präsidenten der Schätzungskommission geltend gemacht worden sind.

Im Falle von Art. 87, lit. a, beginnt die Frist mit dem Wegfall des die Anmeldung hindernden Grundes zu laufen.

c. Bei andern Begehren.

d.Verwirknng.

Art. 40.

Vom Tage der öffentlichen Bekanntmachung der Planauflage, und VII.Enteieuungsbann.

im abgekürzten Verfahren vom Tage der Zustellung der Anzeige an den 1. Inhalt.

Enteigneten an, dürfen ohne Zustimmung des Enteigners keine die Enteignung erschwerenden rechtlichen oder tatsächlichen Verfügungen mehr getroffen werden.

Ohne diese Zustimmung getroffene Verfügungen über den Gegenstand der Enteignung bleiben bei Ausmittlung der Entschädigung unberücksichtigt, soweit sie diese erhöhen würden.

Art. 41.

Der Enteigner kann im Grundbuch gegen Vorweisung einer Bescheinigung des Gemein.derates über die Planauflage eine Verfügungs besehränkung vormerken lassen.

Im abgekürzten Verfahren genügt der Ausweis über die Benachrichtigung des Enteigneten.

2,VerfUgungflbeschränkung.

124 3. Schadenersatzpflicht.

Art. 42.

Für den aus dem Entcignungsbann entstehenden Schaden hat der Enteigner vollen Ersatz zu leisten.

Bestand und Höhe des Sehadens wird in Verbindung mit der Feststellung der Entschädigung aus der Enteignung festgesetzt.

Sind seit Einleitung des Enteignungsverfahrens mehr als zwei Jahre verflossen, ohne dass es zu einer Einigung der Parteien oder zu einer Schätzungsverhandlung gekommen wäre, so kann der Enteignete die Feststellung des Schadens schon vorher in einem besonderen Verfahren verlangen.

D. Einigungsverfahren.

I. Vorladung.

1. Der Hauptparteien.

2. Den Starkstrominspektorates.

3. Der HebenParteien.

II.Zweck der Verhandlung.

Art. 48.

Nach Ablauf der Eingabefrist übermittelt der. Gemeinderat sofort die Pläne und Verzeichnisse mit den eingelangten Eingaben dem Präsidenten der Schätzungskommission.

Dieser gibt dem Enteigner .vom Eingang der Akten sofort Kenntnis und ladet sobald als möglich den Enteigner und die aus den Akten ersichtlichen Enteigneten durch öffentliche Bekanntmachung und durch besondere persönliche Anzeige zu einer Verhandlung an Ort und Stelle vor.

Leistet der Enteigner der Vorladung keine Folge, so setzt der Präsident eine neue Verhandlung an. Ist das Ausbleiben unentschuldigt, so verfällt ihn der Präsident in eine Ordnungsbusse von 20 bis 100 Fr..

- . Art. 44.

Von Einsprachen gegen Starkstromleitungen gibt der Präsident der Schätzungskommission dem Starkstrominspektorate zur Begutachtung Kenntnis. Er kann es zur Einigungsverhandlung beiziehen.

Art. 45: .

In der Öffentlichen Bekanntmachung der EinigungsVerhandlung ist auch darauf hinzuweisen, dass die Grundpfand-. Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten an der Verhandlung über die Entschädigung teilnehmen können und dass, wenn sie ausbleiben, der "Eigentümer berechtigt ist, über die Entschädigung eine auch für sie verbindliche Vereinbarung abzuschliessen.

Art, 46.

.

In "der Verhandlung sind die Einsprachen gegen die Enteignung, die verlangten Planänderungen und die Entschädigungsforderungen zu besprechen und die zur Abklärung streitiger oder zweifelhafter Punkte dienlichen Erbebungen zu machen. Der Präsident soll versuchen, eine Verständigung herbeizuführen.

. . .:

125 Haben Einsprachen voraussichtlieh namhafte Planänderungen auch für andere Enteignete zur Folge, so kann die Einigungsverhandlung bis zu deren Erledigung ganz oder teilweise ausgesetzt werden.

Art. 47.

Soweit die Einigungsverhandlung zu Planabänderungen und Ände- :III. Erledigung.

Einrungen odor Rückzügen der Einsprachen geführt hat, nimmt der Präsi- 1. Der sprachen.

dent ein Protokoll auf. Die streitig gebliebenen Einsprachen und Begehren nach Art. 23 übermittelt er, allfällig mit seinem Gutachten, dem Bundesrate, der darüber endgültig entscheidet.

Art. 48.

FordeFührt das Einigungsverfahren nicht zu einer gütlichen Erledigung 2. Der rungseingaben.

einer Einsprache gegen die Enteignung, so ist es für die betreffenden Forderungen, sofern nicht bedingte Vereinbarungen über die Entschädigung abgeschlossen werden können, bis zum Entscheide des Bundesrates einzustellen.

Art. 49.

WiederaufVon dem Entscheide des Bundesrates ist den Parteien und dem IV. nahme dea Präsidenten der Schätzungskommission Kenntnis zu geben.

Verfahrens.

Hat der Entscheid keine Ergänzung oder Abänderung der Pläne zur Folge, so wird das eingestellte Einigungsverfahren sofort wieder aufgenommen.

Andernfalls hat der Enteigner die neue Planvorlage unverzüglich entweder neu aufzulegen oder nach Art. 31 und 32 den Beteiligten mitzuteilen.

Art. 50.

Führt das Verfahren zu einer vollständigen Einigung über alle V. Protokollierung und streitigen Punkte, so ist das Protokoll von den Parteien und dem Präsi- Wirkung.

denten der Schätzungskommission zu unterzeichnen. Dem Protokoll kommt in diesem Falle die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils der Schätzungskommission zu.

Führt die festgestellte Entschädigung zu einem Verluste eines Grundpfand-, Grundlast- oder Nutzniessungsberechtigten, so ist die Vereinbarung ihm gegenüber nur dann wirksam, wenn er sie . unterzeichnet oder sich an der Einigungsverhandlung nicht beteiligt hat.

Das Protokoll hat hierüber Aufschluss zu geben.

Art. 51.

Die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens, aber ausserhalb des Einigungsverfahrens zustande gekommene Verständigung über

VI. Ausseramtliche Einigung.

126

die Entschädigung bedarf zu ihrer Verbindlichkeit der schriftlichen Form und ist dem Präsidenten der Schätzungskommission mitzuteilen.

Die Verständigung ist auch für die dadurch zu Verlust kommenden Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten verbindlich, sofern sie ihnen durch persönliche Anzeige oder öffentliche Bekanntmachung zur Kenntnis gebracht worden ist und sie nicht innerhalb einer Frist von zwanzig Tagen beim Präsidenten der Schätzungskommission die Durchführung des Schätzungsverfahreng verlangt haben.

Die Anzeige ist durch den Präsidenten der Schätzungskommission zu erlassen, der darüber entscheidet, ob und in welcher Form sie notwendig ist, E. Schätzungsverfahren.

Schätzungskommission.

Art. 52.

I. Einleitung, Kommt eine Einigung über die Entschädigungsforderungen nicht zustande, so soll zu deren Feststellung in der Regel sofort das Schätzungsverfahren eingeleitet werden. Ausnahmsweise kann es, mit Zustimmung der Parteien, bis nach Fertigstellung des Werkes verschoben werden.

.

Art. 53.

II. SchützlingsDas Gebiet der Eidgenossenschaft zerfällt in folgende fünf Schätkommission.

1. Schützlings- zungskreise, für welche je eine Schätzungskommission bestellt wird: kreise.

I. Kreis: der Kanton Freiburg (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die deutsche Sprache vorherrscht), die Kantone Waadt, Genf, Neuenburg, Bern (neuer Kantonsteil), und vom Kanton Wallis die Gemeinden, in welchen die französische Sprache das Übergewicht hat; II. Kreis: der Kanton Bern (alter Kantonsteil), die deutschsprechenden Gemeinden der Kantone Freiburg und "Wallis, die Kantone BaselStadt, Basel-Landschaft, Solothurn und Aargau; III. Kreis : die Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwaiden nid und ob dem Wald und Zug; IV. Kreis: die Kantone Zürich, Glarus, St. Gallen, Schaffhausen, Thurgau, Appenzell A.-Rh. und I.-Rh.; V. Kreis: die Kantone Graubünden und Tessin, Eine Verordnung des Bundesgerichtes wird die Abgrenzung der Kreise I und II im einzelnen näher umschreiben.

2. Wahlart und Zusammensetzung.

Art. 54.

Jede Schätzungskommission besteht : a. aus dem vom Bundesgericht gewählten Präsidenten;

127.

b, aus einem vom Bundesrat gewählten Mitglied; c. aus so vielen weiteren, von den betreffenden Kantonsregierüngen zu ernennenden Mitgliedern, als der Kreis Kantonsgebiete oder Teile von solchen umfasst.'

Jede Wahlbehörde bezeichnet überdies für das von ihr ernannte Mitglied zwei Ersatzmänner.

Die Schätzungskommission verhandelt und entscheidet in der Zusammensetzung von drei Mitgliedern. Es sind das der Präsident, das vom. Bundesrat gewählte Mitglied, sowie das Mitglied, das von der Eegierung desjenigen Kantons ernannt wird, in dessen Gebiet das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt.

Art. 55.

Die Amtsdauer des Präsidenten, der Mitglieder und Ersatzmänner 3. Amtsdauor ; Verantwortder Schätzungskommission beträgt sechs Jahre und fällt zusammen mit lichkeit.

derjenigen des Bundesgerichts. Sie sind für ihre Geschäftsführung gleich Bundesbeamten verantwortlich.

Art. 56.

Ein Mitglied oder Ersatzmann der Schätzungskommission darf 4. Ausstand.

sein Amt nicht ausüben und kann von den Parteien abgelehnt werden unter den Voraussetzungen, die für die Mitglieder des Bundesgeriehts gelten. Über den Ausstand entscheidet im Streitfalle erstinstanzlich die Schätzungskommission.

Art,|57.

[EntDie Geschäftsführung der Schätzungskommission und ihres Präsi- 6, Aufsicht schädigung.

denten steht unter der Aufsicht des Bundesgerichtes. Dieses bestimmt durch eine Verordnung das Verfahren, soweit es nicht im Gesetz geregelt ist. Es kann dem Präsidenten und der Kommission allgemeine Weisungen erteilen und von ihnen vereinzelte oder regelmässige Berichte einfordern.

Art. 58.

Die Schätzungskommission entscheidet : a. über die Art und Höhe der Entschädigung für die Enteignung, inbegriffen die Entschädigung für Ersatzvorkehren nach Art. 7, aus dem Enteignungsbann (Art. 42) und wegen Verzicht auf die Enteignung (Art. 81); b. über die Begehren um Ausnahme von Zugehör von der Enteignung (Art. 9) und um Ausdehnung der Enteignung gemäss Art. 10 und II; c. über die vom Enteigner wegen Nichterfüllung der ihm nach Art. 28 auferlegten Verpflichtungen und wegen der durch solche

G. Zuständigkeit, a. Sachliche.

128 Vorkehren verursachten vermehrten Unterhaltspflicht zu bezahlende Entschädigung (Art. 24) und über die Folgen des Vorzuges in der Leistung der Enteignungsentschädigung (Art. 82) ; ä. über diö Eigentumsverhältnisse an den gemäss Art. 23 erstellten oder freigewordenen Anlagen (Art. 24) ; e. über die Begehren um vorzeitige Besitzeinweisung und die dafür zu leistende Abschlagszahlung und Sicherheitsleistung (Art. 70) ; /. über das Eückforderungsrecht des Enteigneten und die damit zusammenhängenden Begehren (Art. 98 bis 108).

Die Schätzungskommission entscheidet selbst über ihre Zuständigkeit, unter Vorbehalt selbständiger Weiterziehung dieses Entscheides an das Bundesgericht.

Art. 59.

6. Örtliche.

Zuständig ist in der Begel die Schätzungskommission desjenigen Kreises, in dem die von der Enteignung betroffenen Grundstücke liegen.

Ausnahmsweise kann das Bundesgericht auf Antrag des Enteigners eine Schätzungskommission auch zur Beurteilung der ausserhalb ihres Kreises fallenden Enteignungsfälle zuständig erklären, wenn eine Enteignung sich über mehrere Kreise erstreckt und es zur Erzielung einer einheitlichen Beurteilung oder zur Kostenersparnis wünschenswert erscheint.

" Art. 60.

III. Verfahren.

1. Einberufung.

Die Schätzungskommission ist durch ihren Präsidenten einzuberufen : a. von Amtes wegen nach Erledigung des Einigungsverfahrens: zur Feststellung der Entschädigung, zur Beurteilung der Begehren um Ausnahme von Zugehör und um Ausdehnung der Enteignung; V. auf Verlangen des Enteigners: zur Beurteilung des Begehrens um vorzeitige Besitzeinweisung oder der Eigentumsverhältnisse an den nach Art. 24 erstellten oder freigewordenen Anlagen; c. auf Verlangen eines Enteigneten: zur Beurteilung der auf Art. 42, 70, Abs. 2, 81, 82, 99, 100 und 102 gestützten Begehren; d: auf Verlangen eines Grundpfand-, Grundlast- oder Nutzniessungsberechtigten : zur Feststellung der Entschädigung, wenn er gegen deren ausseramtliche oder im Einigungsverfahren erfolgte gütliche Festsetzung eine gültige Einsprache erhoben hat (Art. 51).

Art. 61.

2. Vorladungen.

Die Entscheidungen der Schätzungskommission erfolgen in der Regel auf Grund eines Augenscheines und einer mündlichen ParteiVerhandlung, wozu die Parteien durch den Präsidenten mindestens

129 zehn Tage vorher vorzuladen sind, mit der Androhung, dass der Aügenschein und die Verhandlung auch in ihrer Abwesenheit gültig stattfinden werden.

Zu der Verhandlung über die Entschädigung sind auch diejenigen von der Enteignung Betroffenen vorzuladen, die keine Eingabe gemacht haben, deren Rechte aber aus dem vom Enteigner erstellten Verzeichnis (Art. 25) ersichtlich oder sonst offenkundig sind.

Die Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten, die nicht nach Art. 51 ein bsonderes Begehren gestellt haben, werden nicht vorgeladen, können aber an der Verhandlung teilnehmen und, sofern sie an der Festsetzung der Entschädigung ein nachweisliches Interesse haben, auch Anträge stellen (Art. 22).

Art, 62.

. ; In schwierigeren Fällen kann der Präsident der mündlichen Verhandlung vorgängig Einreichimg der Beweismittel und vor oder nach der Verhandlung einen einmaligen Schriftenwechsel anordnen. Ein solcher findet immer dann statt, wenn ein Begehren oder eine Forderung bei der Schätzungskommission selbst angebracht wird.

0. SchriftenWechsel.

Art, 63.

Wird der Bestand des Rechtes, für das eine Entschädigung verlangt 4. Aussetzung wird, bestritten, so wird das Verfahren ausgesetzt und dem Enteigner des V erfahre r s.

eine Frist zur; Klageerhebung beim ordentlichen Richter angesetzt, mit der Androhung, dass- bei Nichtbeachtung der Frist das Recht als bestehend betrachtet wird.

Die Parteien können jedoch durch ausdrückliche Erklärung den Entscheid auch darüber der Schätzungskommission anheimstellen, In diesem Falle untersteht der Entscheid auch in dieser Beziehung der Weiterziehung an das Bundesgericht.

Art. 64.

Grundpfand- und Grundlastberechtigte. die nach Art.. 18, Abs. 3,5. Doppelte Schützung, die Schätzung der Grundstücke ohne Berücksichtigung der nachgehenden a.

Auf Verlangen von beschränkten dinglichen und vorgemerkten persönlichen Rechte verWand- und Grundlastlangen wollen, haben ein solches Begehren spätestens bei der Schätzungsberechverhandlung zu stellen.

· -.

tigten.

Die Schätzungskommission hat in diesem Falle den.. Grundstückswert sowohl mit Berücksichtigung dieser Bechte, als ohne sie, zu schätzen.

Die im Bange nachgehenden dinglichen und vorgemerkten persönlichen Rechte (Art. 21, Abs. 1) werden nur insoweit entschädigt, als die Sßhätzung ohne die Last die vorgehenden Grundpfand- und Grundlasti'orderungen übersteigt oder wenn diese auch bei der Schätzung mit der Last gedeckt werden.

Bundesblatt 78. Jahrg. Bd. II.

9

130 Art. 65.

5. Wegen Anadehnungsbegehren.

Liegt ein Begehren des Enteigneten um Ausdehnung der Enteignung vor, so hat die Schätzungskommission sowohl die bei Teilenteignung als auch die bei Enteignung des Ganzen zu bezahlende Entschädigung festzusetzen.

Ausnahmsweise kann auch der Enteigner ein solches Begehren stellen für den Fall einer spätem Geltendmachung der Rechte aus Art. 11.

Art. 66.

t. Beweisverfahren.

Die Schätzungskommission kann von Amtes wegen alle zur Feststellung der Tatsachen und der Höhe der Entschädigung erforderlichen Erhebungen machen und zu diesem Zwecke den Parteien Beweise auferlegen, Sachverständige beiziehen, in die öffentlichen Bücher Einsicht nehmen und Zeugen abhören. Sie darf bei ihrem Entscheid über die Anträge der Parteien nicht hinausgehen.

Art. 67.

7. Protokoll

S. Mitteilung des Entscheides.

9. Rechtskraft.

Über die Verhandlungen und Entscheide der Schätzungskommission wird ein Protokoll geführt, das enthalten muss: a. die Namen der erschienenen Beteiligten; b. die genaue Bezeichnung des Gegenstandes der Enteignung; o. die Anträge und Anerkennungen der Parteien; d. ein Verzeichnis der von den Parteien vorgelegten Akten; e. eine summarische Wiedergabe der Parteianbringen, soweit nicht schriftliche Eingaben darüber vorliegen; /. das Ergebnis eines anfälligen Beweisverfahrens; g.die Entscheidung mit Begründung, wobei die in Art. 16 aufgezählten verschiedenen Bestandteile der Entschädigung ziffermässig genau auseinanderzuhalten sind; h. die Unterschrift des Präsidenten der Schätzungskommission.

Art. 68.

Vom Entscheide der. Schätzungskommission ist jeder Partei und denjenigen Nebenbeteiligten, die im Verfahren Anträge gestellt haben (Art. 61, Abs. 8), durch eine Abschrift des Protokolls Kenntnis zu geben.

Die Entscheide über zusammenhängende Fälle sind immer gleichzeitig zuzustellen.

Art. 69.

Soweit der Entscheid der Schätzungskommission nicht nach den Bestimmungen des Art. 71 weitergezogen wird, bat er die Kraft eines

131 Urteils des Bundesgerichts. Er kann mit den gleichen Bechtsmitteln ·wie dieses angefochten werden.

Art. 70.

Vorzeitige Der Enteigner kann verlangen, dass ihn die Schätzungskommis- 'IV. Besitzeinsion nach vorgenommenem Augenschein und nach Anhörung des Ent- weisung.

eigneten zur Besitzergreifung oder zur Ausübung des Eechtes schon vor der Bezahlung der Entschädigung ermächtigt, wenn er nachweist, dass ohne diese für daa Unternehmen bedeutende Nachteile entstehen müssten. Dem Gesuch ist zu entsprechen, sofern eine Prüfung der verlangten Entschädigung trotz, der Besitzergreifung noch möglich ist oder durch von der Kommission anzuordnende Massnahmen (Photographien, Skizzen u. dgl.) gesichert werden kann.

Der Enteigner ist auf Verlangen des Enteigneten zur vorgängigen Sieherstellung einer angemessenen Summe oder zu Abschlagszahlungen, namentlich an den dem Enteigneten entstehenden persönlichen Schaden, oder zur Verzinsung der wahrscheinlichen Entschädigungsbeträge zu verhalten. Die Pflicht zur Sicherstellung und zur Leistung von Abschlagszahlungen können miteinander verbunden werden. Auf alle Fälle ist die endgültige Entschädigung zum üblichen Zinsfusse vom Tage der Besitzergreifung an zu verzinsen und ein allfällig weitergehender Schaden zu ersetzen.

Die Schätzungskommission entscheidet endgültig über diese Begehren.

Weiterziehung.

Art. 71.

Innert dreissig Tagen von der Zustellung an kann jeder Entscheid der Schätzungskommission, der nicht im Gesetz als endgültig bezeichnet ist, an das Bundesgericht weitergezogen werden.

Die Weiterziehung erfolgt durch schriftliche Eingabe an das Gericht und soll bestimmte Anträge über die noch streitigen Punkte und eine Begründung enthalten. Neue Begehren sind nur zulässig, soweit sie nicht schon vor der Schätzungskommission gestellt werden konnten.

I, Frist und Form.

Art. 72.

Berechtigte, Zur Weiterziehung sind neben den Hauptparteien auch die infolge II. Anschlnss.

des Entscheides der Schätzungskommission zu Verlust kommenden Grundpfandgläubiger, Grundlastberechtigten und Nützmesser als Nebenparteien berechtigt, sofern sie arn Schätzungsverfahren teilgenommen haben (Art. 61)..

Die Gegenpartei kann innerhalb zehn Tagen nach Empfang der Mitteilung von der Weiterziehungserklärung den Anschluss erklären

132 und dabei auch Abänderungsanträge stellen, wie wenn sie selbständig dia Weiterziehung erklärt lütte.

III. Oberschützungskommission, l, Zusammensetzung.

2. Aufgabe im allgemeinen.

3. Mitwirkung bei der Weierziehung.

IV. Beweiserhebung.

V. Urteil des Instruktionsrichters.

Art. 78.

Das Verfahren vor Bundesgericht wird von einem Instruktionsrichter geleitet.

Für die Schätzung und für die Begutachtung anderer Fragen, die besondere Sachkenntnisse erfordern, wird eine Oberschätzungskommission von vierzehn Mitgliedern .gewählt, von denen zunächst der Bundesrat sieben und sodann das Bundesgericht sieben ernennt.

Die Mitglieder der Oberschätzungskommission können aus den gleichen Gründen von den Parteien abgelehnt werden, die für ein Mitglied des Bandesgerichtes gelten. Ihre Amtsdauer fällt mit derjenigen des Bundesgerichtes zusammen.

Art. 74.

Das Bundesgericht kann die Oberschätzungäkommission - zur Beratung von allgemeinen Grundsätzen für die Schätzungen zu Plenarsitzungen unter dem Vorsitz eines Bundesrichters einberufen.

Art. 75..

Der Instruktionsrichter bezeichnet im einzelnen Falle ein bis die) Mitglieder der Oberschätzungskommission, die als Sachverständige mitzuwirken haben, und leitet deren Verhandlungen und Beratungen.

Sind .Fachkenntnisse. notwendig, die in der Kommission nicht vertreten sind, so kann der Instruktionsrichter ausnahmsweise andere Sachverständige beiziehen.

Für Weiterziehungen, die dasselbe Werk betreffen, sind in der Regel die gleichen Sachverständigen beizuziehen.

Art.. 76. .

Der Instruktionsrichter zieht die Akten der Schätzungskommission bei, ordnet einen, in der Regel nur einmaligen Schriftenwechsel an und sorgt, soweit es nötig ist, für die Erhebung der von den Parteien angetragenen neuen Beweise. Er kann auch von sich aus einen Augenschein und eine Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Art. 77.

Handelt es sich lediglich um Schätzungsfragen, so fällt der Instruktionsrichter den endgültigen Entscheid, der einem rechtskräftigen Urteile des Bundesgerichts gleichsteht.

Sind auch Rechtsfragen im Streite, so kann jede Partei binnen zehn Tagen deren Beurteilung durch das Bundesgericht verlangen.

Dadurch wird der Eintritt der Eechtskraft des Entscheides des Instruktionsrichters in vollem Umfange gehemmt.

134 dieser Frist, wenn sie in Geld bestellt, zu verzinsen. Ist eine endgültige Vermessung der vom Enteigner beanspruchten Grundfläche in diesem Zeitpunkte noch nicht möglich, BÖ ist der Berechnung, das aus dem aufgelegten Plan ersichtliche Mass zugrundezulegen, unter Vorbehalt einer späteren Nach- oder Bückforderung.

Bei Säumnis mit andern als Geldleistungen setzt der Präsident der Schätzungskommissiou dem Enteigner auf Begehren des Berechtigten eine angemessene Frist zur Erfüllung an, mit der Androhung, dass andernfalls die Arbeiten vom Berechtigten selbst auf Bechmmg des Pflichtigen erstellt werden können.

Den Betrag dieser Kosten und eines allfälligen weitem Schadens aus dem Verzug stellt im Streitfalle die Schätzungskommission fest.

II. Bezahlung, I.Ort.

2. Anstünde,

3. Wirkung.

Art. 83.

Die Entschädigungsbetrage für ein Grundstück oder ein beschränktes dingliches Becht an einem solchen, sowie für den Minderwert eines verbleibenden Teiles sind unter Vorlegung der Urkunden, durch welche sie rechtskräftig festgestellt wurden, zuhanden der Berechtigten bei demjenigen Grundbuchamt zu bezahlen, in dessen Kreis das Grundstück gelegen ist, das ganz oder teilweise Gegenstand der Enteignung war.

Der Ersatz für den dem Enteigneten entstandenen persönlichen Schaden, sowie die Entschädigung an Mieter und Pächter, ist ihnen direkt zu leisten.

Art. 84.

Das Grundbuchamt benachrichtigt den Enteigneten vom Eingang der Zahlung, mit der Anzeige, dass, wenn nicht innerhalb zehn Tagen gegen deren Bichtigkeit Widerspruch erhoben wird, das Verteilungsverfahren eingeleitet wird.

Ein Widerspruch wird dein Präsidenten der Schätzungskommission zum Entscheide überwiesen. Bis zu seinem Entscheid bleibt die Verteilung aufgeschoben.

Art. 85.

Durch die rechtsgültige Bezahlung der Entschädigungen erwirbt der Enteigner das Eigentum an dem enteigneten Grundstück und das erst noch zu begründende Becht an einem solchen und erlöschen die auf dem enteigneten Eigentum lastenden beschränkten dinglichen und im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Beeilte, auch wenn sie trotz der ergangenen Aufforderimg nicht angemeldet und von der Schätzungskommission nicht geschätzt worden sind. Vorbehalten bleiben die Rechte auf nachträgliche Geltcndmachung einer Entschädigungsforderung gemäss Art. 87.

Die gleiche Wirkung hat die Bezahlung einer Entschädigung, die durch eine nach Einleitung des Enteignungsverfahrens für sämtliche Berechtigte verbindlich abgeschlossene Parteivereinbarung festgesetzt wurde.

135 Art. 86.

Ist die Abtretung und Entschädigung ausserhalb des Enteignungs-:III.

Verfahrens durch private Abmachung vereinbart worden, so regeln sich deren Wirkungen nach den Bestimmungen des Zivilrechtes.

Wirkungen ausseramtlicher

Ab-m

Art. 87.

Die Eintragung des durch die Enteignung eingetretenen Rechts- IV. Grundbucheinträge.

erwerbes im Grundbuch kann vom Enteigner sofort nach der gültigen Entrichtung der Entschädigung und der allfällig nötigen Vermessung verlangt werden.

Auf Antrag des Enteigners kann der Präsident der Schätzungskommission die Ermächtigung zur Eintragung auch schon vor der endgültigen Vermessung erteilen, wenn dafür ein Interesse nachgewiesen und für die Erfüllung hinreichende Sicherheit geleistet wird.

Der Eigentumserwerb und die Eintragungen im Grundbuch dürfen nicht von der Bezahlung irgendwelcher Steuer abhängig gemacht werden.

Art. 88.

Die für das enteignete Grundstück und den Minderwert eines nicht;V. Verteilung, An don Ententeigneten Grundstückteiles bezahlten Entschädigungen kann der Grund- l, eigneten direkt: buchverwalter dem Eigentümer nur mit Zustimmung allfälliger Berechtigter aus beschränkten dinglichen und vorgemerkten persönlichen .Rechten ausbezahlen.

Zur Ausbezahlung der Entschädigung für die enteigneten Grunddienstbarkeiten an die Berechtigten ist die Zustimmung allfälliger Grundpfand- und Grundlastberechtigter des herrschenden Grundstückes erforderlich.

Die Bezahlung der Entschädigung für persönliche Dienstbarkeiten an die Berechtigten bedarf der Zustimmung allfälliger Pfandgläubiger.

Art. 89.

Weist sich der enteignete Eigentümer oder Dienstbarkeitsberechtigte nicht innerhalb einer ihm vom Grundbuchamt anzusetzenden angemessenen, mindestens dreimonatlichen Frist über die Zustimmung aller beschränkt dinglich Berechtigten zur Zahlung an ihn oder zur Verteilung gemäss Vereinbarung aus, so überweist das Grundbuchamt die Entschädigungssumme dem Konkursamt seines Kreises zur Vornahme der Verteilung nach den Grundsätzen der Art. 90 bis 96.

-Die Kantone können unter Anzeige an den Bundesrat diese Verrichtungen für ihr Gebiet oder einzelne Teile davon auch dem Grundbuchamte oder andern Amtsstellen zuweisen. Die Verfügungen der Verteilungsämter unterstehen auch in diesem Falle der Weiterziehung an die Aufsichtsbehörden der Konkursbeamten nach den hiefür geltenden Vorschriften.

2. An die übrigen dinglich Berechtigten.

a. Zuständige Stellen.

136 Für den den Beteiligten aus der Verletzung gesetzlicher Vorschriften entstehenden Schaden haften .die Kantone nach den Grundsätzen des Art. 955 ZGB.

Art. 90.

ö. Aufforderung zur Forderungsanmeldung.

Vor Aufstellung des Verteilungsplanes werden alle Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten durch öffentliche Bekanntmachung aufgefordert, binnen" zwanzig Tagen ihre Ansprüche, insbesondere auch für Zinsen und Kosten, anzumelden und die dafür ausgestellten Urkunden einzusenden, mit der Androhung, dass die Nichtangemeldeten von der Verteilung insoweit ausgeschlossen werden, als ihre Hechte nicht durch dio öffentlichen Bücher festgestellt sind, und dass bis zur Vorlegung der Urkunden die darauf entfallenden Beträge nicht ausbezahlt, sondern hinterlegt werden.

Den aus den öffentlichen Büchern ersichtlichen Beteiligten werden, wenn sie einen bekannten Wohnsitz oder in der Schweiz einen Vertreter haben, Abzüge der Bekanntmachung zugestellt.

Art. 91.

c. Verteilungs plan.

Nach Ablauf der Eingabefrist entwirft das Verteilungsamt den Verteilungsplan, indem es, gestützt auf die Einträge im Grundbuch und in den öffentlichen Büchern und die sie ergänzenden oder berichtigenden Anmeldungen, den Bang und den Betrag der Forderungen, sowie die auf sie entfallenden Betreffnisse genau bezeichnet. Für die Rangstellung gelten die Vorschriften der Art. 815 und 817 ZGB. ,

Art. 92.

d. Verlobung der Pfandrechte bei Teilenteignung.

.

·

Wurde von einem Grundstück nur ein Teil enteignet, so ist im V erteilungsplan festzustellen, ob der verbleibende Rest den Pfandgläubigern noch hinreichende Sicherheit bietet, und, wenn das nicht zutrifft, neben der für den enteigneten Teil zu entrichtenden Abschlagszahlung auch der Betrag der auf den verbleibenden Teil zu verlegenden Pfand- und Grundlasten zu bestimmen. Für diese Verlegung ist Art. 838", Abs. l, ZGB massgebend.

Eine Abzahlung der ganzen Pfandforderung gemäss Art. 833, Abs. 2, ZGB können die Pfandgläubiger nicht verlangen.

Art. 98.

e. Minderwertentschädigung,

Entschädigungen für Minderwert eines nicht enteigneten Grundstückteiles Sind den Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten nach ihrem Bange zuzuweisen. Soweit dadurch solche Rechte dahinfallen, rücken die nachfolgenden in die Lücke nach.

137 Art, 91.

Die Entschädigungen für untergegangene Dienstbarkeiten fallen an die Grundpfand- und Grundlastberechtigten des herrschenden Grundstückes nach ihrem Eange, Art. 95.

Der Verteilungsplan wird unter Anzeige an die Beteiligten beim Verteilungsamt während dreissig Tagen zur Einsicht aufgelegt und kann während dieser Frist von jedem Beteiligten durch Klage beim ordentlichen Richter des Ortes angefochten werden, wo das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. Zur Anfechtung sind auch der Enteignete selbst und die Dritten berechtigt, denen diePfandforderungen verpfändet sind.

Die Anfechtung kann sich auch auf die Verteilung der Pfandforderungen bei Teilenteignungen beziehen.

Die Klage auf Abänderung des Verteilungsplanes ist, wenn sie gegen die Zulassung und die Anweisung eines andern Beteiligten gerichtet ist.

gegen diesen anzustellen. Hat sie die eigene Anweisung des Klägers oder die Verteilung der Pf an df orderungen beiTeilenteignungenn zum Gegenstand, so sind Beklagte alle diejenigen Beteiligten, deren Anweisung im Falle der Gutheissung des Begehrens eine Veränderung erleidet und, wo eine solche, nicht eintritt, der Enteignete.

Von jeder Klageeinreichung und -erledigung hat das Gericht dem Verteilungsamt Kenntnis zu geben.

Art. 96.

Das Verteilungsamt weist die auf die Grundpfand-, Grundlastund Nutzniessungsberechtigten entfallenden Beträge diesen zu, sobald die Anweisung an sie rechtskräftig geworden ist und sie ihre Urkunden eingereicht haben.

Kommt dabei ein Pfandgläubiger für eine Grundpfandverschreibung oder einen Schuldbrief zu Verlust, so wird ihm eine diese Tatsache beurkundende Bescheinigung zugestellt, welche die Kraft einer gerichtlichen Schuldanerkennung besitzt.

Die auf nicht eingereichte Pfandtitel entfallenden Beträge werden, unter Anzeige an die Berechtigten, bei der kantonalen Depositenanstalt hinterlegt, und ein. Überschuss wird dem Enteigneten eingehändigt.

/. Entschädigung für Dienstbarkeiten.

g. Auflegung und Anfechtung des Verteilungs-planes..

Ä. Auszahlung.

Art. 97.

Das Verteilungsamt veranlagst nach der Verteilung die notwendig "VI. Grundbucha Titelgewordenen Änderungen und Löschungen im Grundbuche, sowie die un kereinugung.

Berichtigung der Pfandtitel und, soweit .diese ganz zu Verlust gekommen sind, deren Entkräftung.

138 Ist ein Pfandtitel nicht eingereicht worden, so werden die erforderlichen Änderungen und Löschungen im Grundbuch trotzdem vorgenommen und den Beteiligten durch öffentliche Bekanntmachung und, wenn deren Namen und Wohnort bekannt sind, auch durch eingeschriebenen Brief zur Kenntnis gebracht, mit der Anzeige, dass die Veräusserung oder Verpfändung des Titels ohne Berücksichtigung des Ausfalles als Betrug strafbar wäre.

G. Rückforderungsrecbt Art. 98.

I. Voraussetzungen.

II. Borechtigte.

III. Anzeige an die Berechtigten,

Der Enteignete, der nicht ausdrücklich darauf verzichtet hat, kann die Rückübertragung eines enteigneten Rechtes an ihn gegen Rückerstattung des dafür bezahlten Wertes und,. wo die Umstände es rechtfertigen, des Minderwertes verlangen: a. wenn .es .binnen fünf Jahren seit der vollzogenen Enteignung zu dem Zwecke nicht verwendet wurde, zu dem diese erfolgte, es wäre denn, dass nur für künftige Erweiterungen eines schon bestehenden Unternehmens enteignet wurde, in welchem Falle die Frist fünfundzwanzig Jahre beträgt; fe. wenn es, ohne eine Verwendung zu einem öffentlichen Zwecke erhalten za. haben, veräussert oder zu einem Zwecke, verwendet werden will, für den das Enteignungsrecht nicht bewilligt ist.

Irn Falle der Ausdehnung der Enteignung nach Art. 10 und 11 kann das Rückforderungsrecht nur ausgeübt werden, wenn dessen Voraussetzungen für das Ganze zutreffen, und kann es sich auch nur auf das Ganze erstrecken.

Art. 99.

Das Rückforderungsrecht kann von dem früheren Eigentümer des enteigneten Rechtes und seinen Erben geltend gemacht werden. Wurde jedoch nur ein Teil eines Grundstückes oder eine Grunddienstbarkeit enteignet, so ist nur der jeweilige Eigentümer, im erstem Falle des Restgrundstückes, im letztern Falle des .früheren, herrschenden Grundstückes hiezu berechtigt.

.

Art. 100.

Der Enteigner hat, wenn er das. enteignete Recht veräussern oder zu einem Zwecke verwenden will, für. den das Enteignungsrecht nicht beansprucht werden kann, dem Rückt'ordcrungsberechtigteu hievon Kenntnis zu geben.

: Kann infolge schuldhafter Unterlassung der Anzeige das Rückforderungsrecht nicht mehr ausgeübt werden, so ist der dem Berechtigten daraus entstandene Schaden zu ersetzen.

139 Art. 101.

Das Rückforderungsrecht wegen beabsichtigter Veräusserung oder IV, Verwendung zu einem andern Zwecke verjährt nach Ablauf eines Jahres seit der erfolgten Anzeige und, wenn eine solche unterlassen wurde, seit Kenntnisnahme von der Veräusserung oder andern Verwendung, auf alle Fälle aber mit Ablauf von fünf Jahren seit diesen Handlungen.

Das Eückforderungsrecht wegen Nichtverwendung des enteigneten Rechtes kann nur während eines Jahres nach Ablauf der in Art. 98, lit. a, genannten Fristen ausgeübt werden.

Verjährung",

Art. 102.

Das enteignete Eecht ist in demjenigen Zustande zurückzugeben, in V. Wertausgliitch.

dem es sich bei der Eückforderung befindet.

Sind vom Enteigner den Wert erhöhende oder vormindernde Veränderungen vorgenommen worden, und kann der frühere Zustand nicht mehr oder nur mit unverhältnismässigen Kosten wieder hergestellt werden, so hat der Bückfordernde den Mehrwert zu vergüten oder Anspruch auf Abzug des Minderwertes von der Gegenleistung. Verwendungen auf die Sache kann der Enteigner wegnehmen, soweit dies ohne Nachteil für das zurückzugebende "Recht möglich ist.

Im Streitfalle entscheidet darüber die Schätzungskommission.

Art. 103.

Ist die Pflicht zur Buckübertragung und der Umfang der daraus VI. Vollzug.

entstehenden Leistungspflicht nicht mehr streitig, so hat der Bückfordernde die Gegenleistung innert drei Monaten zu bezahlen, ausonst angenommen wird, er verzichte auf die Ausübung des Rechtes.

H, Verschiedene Bestimmungen.

Art. 104.

Sämtliche durch dieses Gesetz vorgeschriebenen amtlichen Zustel- I. Zustellungen nnd Bekanntlungen und Mitteilungen erfolgen entweder durch eingeschriebenen Brief machungen.

oder durch Vermittlung der hiefür zuständigen kantonalen amtlichen Stelle.

Wohnt der Zustellungäempfänger nicht in der Schweiz und hat er daselbst trotz Aufforderung auch keinen Vertreter bestellt oder ist er unbekannt abwesend, so wird die zuzustellende Urkunde zu seineu Händen beim Gemeinderate derjenigen Gemeinde, in deren Gebiet das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt, niedergelegt und die Auflegung öffentlich bekanntgemacht.

140 Die öffentlichen Bekanntmachungen erfolgen durch das kantonale Amtsblatt oder allfällige andere- für die betreffenden Gemeinden bestehenden amtlichen Anzeigeblätter sowie mindestens zwei verbreitete andere Blätter. Eür die Berechnung der Fristen ist die erste Veröffentlichung in den amtlichen Blättern massgebend.

Art. 105.

H. Fristberech· nung.

III. Parteieingaben.

IV. Stempelfreiheit.

Ist eine Frist nach Tagen bestimmt, so -wird derjenige Tag nicht mitgerechnet, mit welchem sie zu laufen beginnt. Eine nach Monaten oder Jahren bestimmte Frist endigt mit: demjenigen Tage, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, mit dem sie zu laufen beginnt. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endigt die Frist mit dessen letztem Tage.

Ist der letzte Tag einet: Frist ein Sonntag oder staatlich anerkannter Feiertag, so endigt sie am nächstfolgenden "Werktage.

Jede Frist läuft am letzten Tage abends 6 Uhr ab.

Wird für eine Mitteilung die Post benützt, so gilt die Frist als eingehalten, -wenn die Aufgabe bei einer schweizerischen Poststelle vor Ablauf der Frist erfolgt ist.

Art. 106.

Die in diesem Gesetz vorgeschriebenen Eingaben an die Schätzungskommission und das Bundesgericht haben im Doppel zu. erfolgen.

Art. 107.

Die von den Parteien eingelegten und die von der Schätzungskommission und ihrem Präsidenten errichteten Schriftstücke sind stempelfrei.

Art. 108.

V. Kosten.

1. Berechnung.

2.Verlegung.

Über die .Gebühren, die für die auf dieses Gesetz gestützten Verrichtungen zu beziehen sind, sowie über die Entschädigungen der Schätzungskommissionen und ihrer Präsidenten erlässt der Bundesrat eine Verordnung.

· .

Gegen die Berechnung der Gebühren im Einzelfalle steht dem Zahlungspflichtigen, soweit es sich nicht um Gebühren des Bundesrates oder des Bundesgerichtes handelt, innerhalb einer Frist von dreissig Tagen das Bec ht der Beschwerde an das Bundesgericht zu.

Art. 109.

Die durch die Einleitung des Enteignungs verfahren s, die Einigungsverhandlung und das Verfahren vor der Schätzungskommission und ihrem Präsidenten, sowie den : Vollzug der Enteignung entstandenen Kosten trägt der Enteigner.

141

Wird jedoch von der Schätzungskommission ein Enteigneter vollständig abgewiesen, so kann sie, wenn sein Begehren offenbar missbräuchlich war, für die Kosten dem Enteigner ganz oder teilweise das Rückgriffsrecht auf den Enteigneten zusprechen.

Die aus der Geltendmachung des Rückforderungsrechtes entstehenden Kosten sind von der unterliegenden Partei zu bezahlen.

Art. 110.

Fût die dem Enteigneten im Verfahren vor der Schätzungskommission entstandenen aussergerichtlichen Kosten hat er je nach Unifang und Bedeutung der Fälle Anspruch auf eine von der Kommission zu bestimmende Entschädigung.

Für die Parteientschädigung im Verfahren wegen des Rückforderungsrechtes gelten die allgemeinen Grundsätze des Bundeszivilprozesses.

3. Parteientschädigung.

Art, 111.

Die Kosten der Weiterziehung eines Entscheides der Schätzungs- 4, Im Verfahren vor Bundeskommission über die Feststellung der Enteignungsentschädigung an das gericht Bundesgericht, Inbegriffen eine Parteientschädigung an den Enteigneten, trägt, wenn eine mündliche Verhandlung vor Bundesgericht nicht stattfindet, in der Regel der Enteigner. Erfolgt die Weiterziehung durch den Enteigneten allein und wird sein Begehren ganz oder zum grössten Teile abgewiesen, so kann auch eine andere Verteilung vor-, genommen werden. Kommt es zu einer Verhandlung vor dem Bmidesgericht, so sind die Mehrkosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen.

In den andern Fällen sind die Kosten auch schon im Entscheide des Instruktionsrichters gemäss den allgemeinen Grundsätzen des Bundeszivilprozesses zu verlegen.

Art. 112.

Der Bund, die Kantone und die Gemeinden sind, wenn sie das Enteignungsrecht ausüben, von der Verpflichtung zur Sicherstellung befreit.

VI. Sicherstellung.

Art, 113.

Wer Signale, Pfähle oder andere Zeichen, die bei einer Vermessung, 'VII Aussteckung oder Profilierung zum Zwecke einer auf Grund dieses Gesetzes durchzuführenden Enteignung angelegt wurden, beseitigt, beschädigt oder verändert, verfällt in eine Polizeibusse von 5 bis 100 Fr., sofern.nicht ein mit einer höheren Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen vorliegt.

. ·

Strafbestimmungen.

142

J. Übergangsbestimmungen.

I. Inkrafttreten.

Art. 114.

Dieses Gesetz tritt mit dem in Kraft. Es findet von diesem Zeitpunkt an Anwendung auf alle Enteignungen, die noch nicht zu einer Planauflage oder zur Einleitung des ausserordentlichen Verfahrens nach dem früheren Gesetze geführt haben. Die bisherigen Schätzungstommissionen bleiben für die Erledigung der nach dem bisherigen Verfahren noch durchzuführenden Enteignungen im Amte.

Die neuen Bestimmungen über die nachträglichen Forderungsanmeldungen und über den Vollzug, sowie über das Rückforderungsrecht sind, soweit möglich, auch auf die nach dem früheren Hechte erledigten Enteignungen anwendbar.

Die Voraussetzungen und die Fristen für die Geltendmachung des Rückforderungsrechtes bestimmen sich auch für die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes schon erledigten Enteignungen nach dem neuen Rechte.

Art. 115.

II. Zusammentreffen von eid nössischem und kantonalem .Recht.

II. Aufgehobene Erlasse

Wenn eine Enteignung sowohl nach eidgenössischem als nach kantonalem Eecht möglich ist, so kann der Enteigner bestimmen, nach welchem Rechte die Enteignung durchzuführen ist.

Ist die Enteignung nach kantonalem Eechte schon eingeleitet, so ist eine nachträgliche Anrufung des eidgenössischen Eechtes ausgeschlossen.

Art. 116.

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden aufgehoben: 1. das Bundesgesetz über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten, vom 1. Mai 1850; 2. Art. 51, Abs. 2, 52 und 54 des Bundesgesetzes über die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen, vom 24. Juni 1902.

Art. 48, Abs. 2, zweiter Satz, dieses Gesetzes erhält folgenden Wortlaut: «Wenn diese Zustimmung nicht vorliegt, so werden die Entschädigungsansprüche, welche sich im Verlaufe des Betriebes ergeben sollten, im Falle der Bestreitung durch eine von . der Kantonsregierung zu bezeichnende Lokalbehörde in dem in Art. 12, Abs. 2, des Bundesgesetzes über die Enteignung vorgesehenen Verfahren erledigt.» .Art. 53 des gleichen Gesetzes erhält folgende Fassung; «Wenn der Präsident der zuständigen Schätzungskommission die Bewilligung dazu erteilt hat, kann nach der Plangenehmigung und nach vorheriger Anzeige an die betroffenen Enteigneten

143 mit der Erstellung der elektrischen Leitung auch begonnen werden, bevor das Einigungs- oder Schätzungsverfahren durchgeführt ist. Der Präsident bestimmt, ob und welche Sicherheitsleistung für die Bezahlung der Entschädigung und ob eine Abschlagszahlung au diese zu leisten ist.» 3. die Verordnung des Bundesrates vom 25.. Oktober 1902 betreffend die Organisation der eidgenössischen Schätzungskommissionen ; 4. das Reglement des schweizerischen Bundesgerichtes, vom 5. Dezember 1902, für die eidgenössischen Schätzungskommissionen; 5. allo sonstigen damit in Widerspruch stehenden Bestimmungen von Gesetzen und Verordnungen.

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Bundesversammlung.

Die Session ist am 26. Juni 1926 geschlossen worden. Die Übersicht der Verhandlungen wird nächstens dem Bundesblatt beigelegt werden.

Eine Herbstsession beginnt am 27. September 1926.

# S T #

Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 23. Juni 1926.)

Dem zum schweizerischen Konsul in Saigon, für Französisch-Indochina, ernannten Herrn Alfred Glinz, von St, Gallen, ist vom Präsidenten der Französischen Republik das Exequatur erteilt worden.

(Vom 25. Juni 1926.)

Es werden folgende Bundesbeit rage bewilligt: 1, dem Kanton Graubünden an die zu Fr. 60,000 veranschlagten Kosten der Erstellung der hintersten Sektion des Alpweges Schuders-Alp Drusen (Hinter Tamut-Drusenalp), in den Gemeinden Grüsch und Schiers, 25%, im Maximum Fr. 15,000; 2. dem Kanton Tessin : .

a. an die zu Fr. 60,000 veranschlagten Kosten der Aufforstung und Verbauung im Einzugsgebiet des Cassone di Brè Fr. 32,500; b. an die zu Fr. 5500 veranschlagten Kosten einer Wasserleitung sui Monti ,,Anvedua e Marzanerio", Gemeinde Olivone, 35 % im Maximum Fr. 1925 ; c. an die zu Fr. 15,000 veranschlagten Kosten einer Weganlage AstanoVezzano, 40 %, im Maximum Fr. 6000 ;

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes über die Enteignung. (Vom 2l. Juni 1926.)

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Foglio federale

Jahr

1926

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

26

Cahier Numero Geschäftsnummer

2118

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.06.1926

Date Data Seite

1-143

Page Pagina Ref. No

10 029 762

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