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Bundesblatt

78. Jahrgang.

Bern, den 19. Mai 1926.

Band I.

Erscheint wöchentlich, Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern-

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2086

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erhebung von Zollzuscblägen auf Gerste, Malz und Bier.

(Vom 12. Mai 1926.)

In seiner Einleitung zur Botschaft betreffend den Voranschlag für das Jahr 1926 weist der Bundesrat auf die voraussichtlich annähernde Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes hin. Er erinnert jedoch daran, dass die Einnahme aus dem Tabakzoll, die dem Bunde im Jahre 1925 zwanzig Millionen Franken einbrachte, im Entwurf zum Voranschlag noch unter dem. Abschnitt der ordentlichen Einnahmen eingestellt ist.

Die endgültige Verwendung dieser Einnahme hing von. der Abstimmung vom 6. Dezember 1925 ab. Das Schweizervolk hat sich für die Errichtung der Sozialversicherung ausgesprochen und den Ertrag der Tabakzölle ausschliesslich diesem sozialen Werke vorbehalten. Durch diesen Volksentscheid wurde aber der Bundesrat vor die dringend zu lösende Aufgabe gestellt, für diesen erheblichen Ausfall an Einnahmen einen Ausgleich zu suchen.

Schon letztes Jahr hat der Bundesrat die Revision des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben angekündigt und die Absicht zur Einführung einer Abgabe auf dem Bier geäussert. Die Revision des Stempelgesetzes wird demnächst Gegenstand einer besondern Botschaft bilden, die den eidgenössischen Räten noch vor der Junisession zugehen soll. Heute übermitteln wir Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesbeschluss, wonach auf den findie Herstellung von Bier bestimmten Rohstoffen ein Zollzuschlag zu erheben wäre.

* % * Wenn man die aus der Besteuerung der alkoholischen Getränke irn Auslande sich ergebenden finanziellen Erträgnisse mit den in der Schweiz auf dem Alkohol, den eingeführten Weinen und den zur Herstellung von Bier bestimmten Rohstoffen erhobenen Abgaben vergleicht, ist man durch den erheblichen Unterschied ausserordentlich überrascht. Diese Feststellung verdient eine nähere Prüfung anhand der hiernach folgenden Darstellungen über die fiskalische Belastung von Alkohol, Wein und Bier in einzelnen Ländern.

Bundesblatt 78. Jahrg.

Bd. I.

49

662

Belastung der geistigen Getränke.

Ertrag der Steuern auf alkoholischen Getränken, Branntwein

W e i n und O b s t w e T o t a l

e r

in 1000 (in. der Währung des Landes)

Frankreich 1925 (Rechnung) 1,689,823 598,303 Belgien 1926 (Budget) . . 195,000 55,000 England 1925 (Rechnung} .

63,211 3,871 Deutschland 1925 (Rechnung) 153,091 80,163 Niederlande '1926 (Budget) .

47.000 2,000 Norwegen 1926/27 (Budget) .

2,600 5,500 Dänemark 1925/26 (Budget) .

36,200 700 71.000 Schweden 1926/27 (Budget) Schweiz 1924 (Rechnung) : a. Zölle 743 41,463 b. Patente . ·. . . .

87,941 55,000 84,247 225,913 11,000 21.000 27^000 16,000

2,376.067 305,000 151.329 459,167 · 60,000 29,1.00 63,900 87,000

450

42.656 5^536

Die Zollerträgnisse, Oktroi, die Umsatzsteuern, sowie die Luxussteuern, welche den ausländischen Staaten ganz bedeutende Einkünfte sichern, sind in den obigen Ziffern nicht Inbegriffen. Es sei auch darauf aufmerksam gemacht, dass wir in der Schweiz keine Verbrauchssteuer auf alkoholischen Getränken erheben.

Einnahmen, welche die Anwendung dieser Steuersätze auf den schweizerischen Verbrauch ergäbe.

Länder

Periode

Frankreich . . Rechnung 1925 Belgien . . . Budget 1926 England . . . Rechnung 1925 Deutsches Reich Rechnung 1925 Niederlande . . Budget 1926 Schweden . . . Budget 1926/27 Norwegen . . . Budget 1926/27 Dänemark . , Budget 1925/26 Schweiz , . . Rechnung 1924 *) Schweizerfranken.

Branntwein

Wein und Obstwein

Fr.

Fr. *) 55,410,000 6,362,000 74,933,000 79,000,000 460,828,000 410,000,000 37,091,000 128,000,000 114,320,000 162,660,000 119,357,000 54,400,000 289,000,000 407,733,000 58,000,000

Bier

Fr. · 2,071,000 1,185,000 66,448,000 11,230,000 19,640,000 14,602,000 44,080,000 19,843,000

Total Fr.

63,843.000 155,118,000 937.276,000 176,321,000 296.620,000 133,959,000 387,480.000 485,576,000 48,192,000

Diese Zahlen geben Veranlassung zu zwingenden Folgerungen. Wir möchten vor allem feststellen, dass ein Land, in welchem die alkoholischen Getränke in derart geringem Masse zur Besteuerung herangezogen werden, eine erhebliche fiskalische Reserve besitzt. Es handelt sich nur darum, den Mut zu besitzen, um sich diese Reserve dienstbar zu machen.

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663

Wenn ferner in Betracht gezogen wird, dass von unserer Bevölkerung für den Jahresverbrauch an geistigen Getränken jährlich über 600 Millionen Franken verausgabt werden, ist es nur zu bedauern, dass dieser Luxusaufwand nicht ergiebiger erfasst wird. Wenn eine etwas höhere Belastung der alkoholischen Getränke auf den Verbrauch vielleicht auch eine einschränkende Wirkung ausüben würde, so wäre das ein ernstlicher sozialer Fortschritt, sowohl vom hygienischen als auch vom wirtschaftlichen Standpunkte aus.

Der Bundesrat ist sich der Vorteile, die ihm eine allgemeine Besteuerung der geistigen Getränke einbringen würde, sehr wohl bewusst.

Wiederholt hat dies der Vorsteher des Finanzdepartementes bei parlamentarischen Diskussionen und vor den besonderen, zur Behandlung von Finanzfragen einberufenen Kommissionen hervorgehoben. Die Einführung einer allgemeinen Besteuerung ist jedoch auf einen hartnäckigen Widerstand gestossen. Obwohl man bereit gewesen .wäre, den einheimischen Erzeugern weitgehende Zugeständnisse einzuräumen, können sich die Weinbauern auch mit einer bescheidenen Besteuerung des Schweizerweines nicht abfinden. Selbst wenn diese Steuer nur den Käufer oder den Verbraucher treffen sollte, würde der schweizerische Weinproduzent darin einen weitern Anlass sehen, wodurch seine ohnehin prekäre Lage nur noch verschlimmert würde.

Mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, denen eine derartige Steuer bei unserer demokratischen Denkweise begegnen würde, und im Hinblick auf den Umstand, dass der endgültige Entscheid dem Volke vorbehalten bleibt, erachtet der Bundesrat eine solche Vorlage an das Volk als unopportun. Dagegen ist er entschlossen, die Besteuerung des Alkohols im Branntwein kräftig zu fördern. Des weiteren schlägt er Ihnen eine Erhebung von Zollzuschlägen auf den Rohstoffen, welche für die Herstellung von Bier bestimmt sind, sowie auf dem Biere selbst vor.

Zu bemerken ist, dass die ausländischen Weine, Biere und übrigen alkoholischen Getränke an der Grenze bereits fiskalisch erfasst werden.

Belastung der Rohstoffe für die Herstellung von Bier.

Das schweizerische Brauereigewerbe produziert heute beinahe die gesamte Menge des in der Schweiz genossenen Bieres. Der Jahresverbrauch pro 1925 wird auf annähernd 1,800,000 hl geschätzt. Aus dem Auslande wurden rund 25,000 hl eingeführt. Es ergibt
sich aus diesen Ziffern, dass der Genuas von ausländischem Bier in der Schweiz sehr gering ist. Die in die Schweiz eingeführten Rohstoffe für die Herstellung von Bier und das genussfertige Bier unterlagen bisher den folgenden Zollansätzen :

664 Zolltarif von

1891 . . . .

1906. . . .

1921. . . .

Zollansatz auf Gerste per q brutto

Fr. --.30 ,, --.30 ,, -.60

Zollansatz auf Malz per q brutto

Fr. 1.-- ,, --.80 ,, 1.50

Zollansatz auf Bier in Fässern in Flaschen per q brutto

Fr. 4.-- ,, 4.-- ,, 12.-

Fr. 10.-- ,, 10.-- ,,' 20.-

Es ergibt sich aus diesen Angaben, dass die zur Herstellung von Bier verwendeten Rohstoffe, Gerste und Malz, nur mit ganz kleinen Zöllen belastet sind, die seit 1891 eine unwesentliche Änderung erfahren haben, während andererseits die Zollansätze für Bier ganz erheblich gesteigert worden sind. Der Vergleich der Zollansätze auf Malz und Gerste mit denjenigen auf Bier zeigt klar, dass das schweizerische Brauereiwerbe gegenwärtig eine bevorzugte Stellung geniesst. Es ist bekannt, dass die Kriegs- und auch die Nachkriegszeit auf dem Brauereigewerbe sehr schwer gelastet hat. Mit Rücksicht auf diese Lage, deren Schwierigkeiten ihm bekannt waren, glaubte der Bundesrat, dem genannten Gewerbe eine Frist für die Wiederaufrichtung gewähren zu sollen. Heute haben sich nun die Verhältnisse gebessert ; insbesondere ist der Bierverbrauch beträchtlich gestiegen. Wir glauben daher, nunmehr die Möglichkeit einer etwas stärkern Belastung des Bieres durch die Erhebung von Zollzuschlägen auf den hierzu benötigten Rohstoffen, sowie auf dem Biere selbst, prüfen zu sollen.

Die schweizerischen Brauereien sind vorzüglich eingerichtet, ihre Biere von anerkannter Qualität. Sie gemessen ferner einen besondern Zollschutz, der es ihnen ermöglicht hat, sich zu entwickeln. Diese Vorzugsstellung erscheint auffallend, indem die Alkoholgesetzgebung vorsieht, dass alle aus dem Ausland eingeführten Rohstoffe, die zur Herstellung geistiger Getränke dienen können, mit höhern Zollansätzen und ferner, sofern sie zürn Brennen bestimmt sind, noch mit einer besondern Monopolabgabe zu belasten sind. So bezahlen zum Beispiel: Zoll

per q Fr.

Enzianwurzeln, getrocknet 10. -- Kirschen, eingestampft . . . . . . . . . 10.-- Trauben, frische, z u r Kelterung . . . . . . 4 0 . -- Trauben, getrocknete, zur Alkoholgewinnung , . 50. -- Wein, trüber, essigstichiger, zur Alkoholgewinnung -24. -- Mostobst, frisches, offen verpackt 2. ---

Monopolgebühr per q Fr.

10. -- 8.-- 2.50 8. -- 12. -- 2. -- *

Ausgleichsgebühr für die Treber.

Die zur Herstellung von Wein und Most verwendeten Trauben und Obstsorten zahlen also einen wesentlich höheren Eingangszoll als

665 Malz und Hopfen. Sie werden zudem mit einer Monopolabgabe belegt, die eine erhebliche weitere Belastung darstellt. So zahlen 100 kg Enzianwurzeln Fr. 20. --, 100 kg eingestampfte Kirschen Fr. 18. --, 100 kg zum Einstampfen bestimmte frische Trauben Fr. 42. 50, getrocknete Trauben zum Brennen Fr. 58. --, trüber, essigstichiger Wein zum Brennen Fr. 36. --.

Es soll zugegeben werden, dass die Belastung der zur Herstellung von Bier verwendeten Rohstoffe eine massige Grenze nicht überschreiten darf. Sie soll die Lage des Brauereigewerbes nicht verschlimmern. Eine Belastung sollte forner unter den gegenwärtigen Verhältnissen auch eine Erhöhung der Ausachankpreise ausschli essen. Da die Verwendung der Scheidemünzen unter 5 Rappen in der Schweiz eher etwas Ungewohntes ist, liesse sich eine Erhöhung der Ausschankpreise auch nur fünfrappenweise durchführen, was jedoch den der vorgesehenen Belastung entsprechenden Ansatz um ein erhebliches übersteigen würde. Wir glauben, dass es möglich sein sollte, eine für den Bund schon einigermassen einträgliche Abgabe erheben zu können, ohne das Brauereigewerbe zu gefährden.

Die Prüfung der Sachlage hat zum vorliegenden Entwurfe eines Bundosbeschlusses geführt.

Bevor wir auf die Bestimmungen des Entwurfs zum Bundesbeschluss näher eintreten, ist es angezeigt, vorerst kurz einige allgemeine Erwägungen vorauszuschicken. .

Verbrauch des Bieres im Auslande.

Länder

England . . , Frankreich . .

Belgien .

Deutschland Niederlande. .

Dänemark .

Schweden . .

Norwegen Schweiz (1925)

Konsummenge an Bier

hl

34,273,000 12,600,000 15,542,337 30,746,000 1,825,103 2,052,000 1,766,200 848,200 1,800,000

666

Belastung des Bieres im Auslande.

Länder

England Deutschland Niederlande . . . . . .

Dänemark Schweden Norwegen . . . . . . .

Schweiz

Belastung eines Liters Bier Rappen

61 8 12 14

12 22 0,5

Der Zollertrag auf Bier (Einfuhrzoll auf dem ausländischen Bier und den für das schweizerische Brauereigewerbe bestimmten Rohstoffen) belief sich im Jahre 1924 auf Fr. 1,000,000, d. h. es entfielen 25 Rappen Zölle auf den Kopf der Bevölkerung. Würden die im Ausland auf Bier erhobenen Abgaben auf den Schweizerverbrauch angewendet, so würde der schweizerische Fiskus in der Lage sein, unter Zugrundelegung einer Bevölkerungszahl von 3,900,000 Köpfen, die "folgenden Beträge einbringen zu können : Fr.

66,000,000 Auf Grund der Abgabe in England ,, Deutschland 11,000,000 ·n 20,000,000 ,, den Niederlanden ·n 20,000,000 T, Dänemark.

n 15,000,000 .,, Schweden .

' T) 44,000,000 ,, Norwegen .

TI anstatt 1,000,000 in der Schweiz . .

Belastung pro Kopf der Bevölkerung der Schweiz.

Auf Grund der Abgabe in England ,, Deutschland n den Niederlanden .

.

·n Dänemark n .

Schweden ·n ,, Norwegen ·n ,, der Schweiz . . . .

·n

Fr.

17. 05 2. 87 5.13 5.08 3.75 11. 30 --. 25

Produktionsverhältnisse im schweizerischen Brauereigewerbe.

Wir geben hiernach eine Übersicht über die im Jahre 1024 auf die einzelnen Brauereien entfallenden Produktionsziffern, wie sie vom eidgenössischen statistischen Bureau angegeben worden sind.

Einteilung der Brauereien nach Produktionsmengen des Jahres 1924.

weniger als 100 Hektoliter

100 bis 489 hl

500 bis 999 hl

'

1000 i>U 1999 hl

2000

3000

3999 hl

3939 hl

bis

.1000 bis Ì899 1.1

bis

5100 bis ·99S9 hl

10,000 bis ' 19,999 hl

20,OfiO bis 25,000 111

2S.001 bis 30,000 hl

80,001 40,000 hl

10,001 ÌJÌS 50,000 hl

80,001 bis 60,100 hl

60,001 bis 76,000 hl

l

4

2

2

bis

T6,001

bis 100,000 hl

100,000 und mehr Total

lil

Anzahl der Brauereien

I

.1-

4

g

5

Ö


22

S

2

1

2

75

mit einer Totalproduktion in Hektolitern von

75

300

!

2430

12,731 10,739 19,t87| 8590

162,913

t03,5!8

41,763 26,961 31,533 176,286

113,302

128,658 339,692 \ 402,659 ll,581,337

1

OS OS

-a

668

Im Verlauf der Besprechungen mit den Vertretern des Brauereigewerbes hat sich das Finanzdepartement bemüht, die Verhältnisse, die ihm bei der Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfes wegleitend sein mussten, genau auseinanderzusetzen. Es wurde namentlich festgestellt, dass die Bierproduktion im Jahre 1925 beträchtlich angewachsen ist. Sie soll letztes Jahr einen Ausstoss von 1,800,000 hl erreicht, und damit einen guten Teil des während der Kriegsperiode verlorenen Urnfanges wiedergewonnen haben. Im Jahre 1913 belief sich der Verbrauch auf 3 Millionen hl, Diese Ziffer glauben die Bierbrauer in einigen Jahren wieder erreichen zu können, Schliesslich lässt sich feststellen, dass in der Schweiz, ähnlich wie dies auch im Auslande der Fall ist, kleinere Betriebe eingehen oder -von den. grösseren Unternehmungen absorbiert werden. Weitaus der grösste Teil der Bierproduktion entfällt auf die Grossbetriebe. Der Vorgang- der Konzentration geht aus nachstehenden Zahlen klar hervor: Konzentrationsbewegung der Brauereien von 1910--1924*).

Jahr

1910 1916

1917

1918 1919 1920 1921 1922

Anzahl der Brauereien im Betriebe 146i6 127 110 102 % Abnahme gegen die Vorperiode resp. Vorjahr . -- 13% 13,4% 7,«°/° *) Statistisches Jahrbuch der Schweiz.

98

93

89

86

1923 1924

79

75

4»/c 5,i°/o -MV« 3,*"h 8,1 % 5,i%

Auf die im Jahre 1924 in der Schweiz bestandenen 75 Bierbrauereien hatten 36 die Form der Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von 50 Millionen und einem Obligationenkapital von ungefähr 30 Millionen Franken. Wir greifen wahrscheinlich zu hoch, wenn wir das Kapital der übrigen 39 Brauereien auf 10 Millionen Franken veranschlagen.

Verkaufspreis des Bieres an die Wirte und Ausschankpreis.

Der Hektoliter Bier wird heute den Wirten mit Fr. 40, 50 berechnet.

Vor dem Kriege kostete er Fr. 22. 30. Die Ausschankpreise von damals und heute sind folgende : Vorkriegsverkauf

Heutiger Verkauf

3 dl = 15 Rappen

3 dl = 25 Kappen

Heutiger Mehrerlös

10 Rappen, d.h. 66, B °/o 5 dl = 20 ,, 5 dl = 35 ,, 15 Rappen, d.h. 75% Der Ankaufspreis ist um 79% gestiegen. Er steht also über dein durchschnittlichen Teuerungskoeffizienten, der heute mit etwa 68 °/o berechnet wird. Nach dem vorerwähnten Koeffizienten berechnet, wird heute

669

das Glas Bier zu 3 dl etwas billiger, dasjenige zu 5 dl dagegen etwas teurer verkauft. Die Preissteigerung gegenüber der Vorkriegszeit hat sich mithin der allgemeinen Teuerung ziemlich angepasst.

Rohstoffe : Einfuhrverhältnisse.

Die durchschnittliche Einfuhr von Gerste erreichte im Jahrfünft: 1909/1913 jährlich 216,000 Meterzentner, 1920/1921 , ,, 475,000 ,, Die zu Brauereizwecken verwendete einheimische Gerste ist ohne Bedeutung. Die aus dem Auslande bezogene Gerste gelangt hauptsächlich als Futtermittel zur Verwendung. Gerste wird in den schweizerischen Mälzereien verhältnismässig wenig verarbeitet, wie denn überhaupt auch die inländische Erzeugung von Braugerste bescheiden ist. Nach zuverlässigen Angaben hat die Tätigkeit unserer Mälzereien zu Zeiten ihres Hochbetriebes eine Jahresproduktion von zirka 75.000 q nicht überschritten, was indes annähernd 15--20 % unseres Gesamtverbrauchs an Malz entspricht. Es?

ergibt sich somit, dass die aur Biererzeugung verwendeten Rohstoffe fast vollständig aus dem Ausland bezogen werden.

Das ausländische Bier.

Die Einfuhr der fremden Biere hat gegenüber der Vorkriegszeit wesentlich an Bedeutung eingebüsst, wie dies aus den Angaben der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlich ist.

1912 = 140,579 hl 1913 = 136,568 ,, 1921 = 26,210 ., 1922 = 1923 = 1924 =

26,410 ,, 25,374 ,, 22,793 n

1925 =

23,936 fl

Wie bereits vorerwähnt, betrug der Zoll auf Bier bis zur Inkraftsetzung des gegenwärtigen Gebrauchstarifs Fr. 4.-- für 100 kg; heute ist er auf Fr. 12.-- festgesetzt. Die Einfuhrzahlen zeigen in augenfälliger Weise, dass sich der Zollscbutz kräftig ausgewirkt hat.

Ans den obigen Ausführungen geht hervor, dass die Schweiz in ihrem Brauereigewerbe einen sehr kräftigen und leistungsfähigen Produktionszweig besitzt. Während der Kriegsperiode hat sich zwar der Bierkonsum stark verringert, wodurch zweifellos die Lage des Brauereigewerbes in ungünstiger Weise beeinfluast worden ist. Doch hat er sich in der Folge wieder wesentlich, nämlich auf 1,800,000 Hektoliter im letzt vergangenen Jahre, gehoben.

670 Ein weiterer Vorteil für die Brauereien liegt ferner darin, dass die zur Herstellung von Bier verwendeten Rohstoffe von den Zollabgaben sozusagen gar nicht berührt und so gegenüber der Zollbehandlung von Trauben und andern zum Einstampfen bestimmten Früchten wesentlich begünstigt werden. Der gegenwärtige Zolltarif sichert dem schweizerischen Brauereigewerbe unverkennbar einen sehr wirksamen Schutz.

Schliesslich sei nochmals darauf hingewiesen, dass die zur Biererzeugung dienenden Rohstoffe, G-erste und Malz, fast ausschliesslich aus dem Auslande bezogen werden.

Gestützt auf diese Erwägungen und im Hinblick auf die finanziellen Bedürfnisse des Bundes hält es der Bundesrat als angezeigt, auf der Einfuhr von Braugerste und von Malz einen bestimmten Zollzuschlag zu erheben.

"Wir haben anfänglich die Einnahme, welche aus dieser Abgabe der Bundeskasse zufliessen sollte, auf etwa 10 Millionen Franken geschätzt.

Selbst diese indirekte Biersteuer, wie sie sich durch den vorgesehenen Zollzuschlag darstellt, bleibt weit hinter der Belastung des Bieres anderer Länder zurück.

Im Verlaufe der mit den Vertretern des schweizerischen Brauereigewerbes gepflogenen Besprechungen wurde von Seiten der Bierbrauer indes erklärt, dass sie eine derartige Belastung nicht zu tragen vermöchten.

Wir haben den geltend gemachten Erwägungen Rechnung getragen und unsern ersten Entwurf wesentlich abgeschwächt.

Der Entwurf zum Bundesbeschluss.

Der Bundesrat schlägt Ihnen die Erhebung eines Zollzuschlages auf Gerste, Malz und Bier vor. Diese Abgabe wird durch die Einführung eines Zuschlages auf den bestehenden Zollansätzen erhoben. Selbstverständlich trifft dieser Zollzuschlag nur die zur Herstellung von Bier bestimmten Rohstoffe. Saat- und Futtergerste, sowie Gerste und Malz, die zu andern industriellen Zwecken als zur Biererzeugung bestimmt sind, sollen dem Zollzuschlag nicht unterstellt werden.

Bevor wir der fiskalischen Auswirkung dieser Massnahme nähertreten, möchten wir einem juristischen Einwand begegnen, welcher der Erhebung einer Abgabe entgegengehalten worden ist. Es wurde behauptet, die vorgeschlagene Erhebung eines Zollzuschlages bedeute eine Verletzung der Bestimmungen des Art. 29 der Bundesverfassung. Gerste und Malz seien notwendige Rohstoffe für die Industrie ; sie seien nach dem Wortlaut des Art. 29 mit einem möglichst niedrigen Zollansatz zu belegen.

Wir möchten daran erinnern, dass der Zolltarif ursprunglich nur fiskalische Bedeutung hatte. Die Zölle waren tatsächlich eine au der Grenze erhobene Verbrauchssteuer auf den aus dem Auslande eingeführten Produkten und Rohstoffen. Wenn in der Bundesverfassung eine bescheidene Zollbelastung

671

der für die Industrie bestimmten Rohstoffe vorgeschrieben wird, so ist damit nicht gesagt, dass eine rationelle Besteuerung von Rohstoffen zur Herstellung von Erzeugnissen, die nicht zu den lebenswichtigen Bedarfsartikeln gehören, verboten sei. In diesem Sinne haben die eidgenössischen Räte die Verfassungsklausel des Art. 29 ausgelegt, als sie eine wesentliche Erhöhung der Zollansätze auf dem zur Fabrikation von Zigarren und Zigaretten verwendeten Rohtabak beschlossen. Wir betonen hierbei, dass der Entwurf, des Bundesbeschlusses, den wir Ihnen unterbreiten, nicht mit der Dringlichkeitsklausel versehen ist. Er wird also dem Volksentscheid unterstellt werden können, wenn das Referendum verlangt wird. Wenn das Volk das Gesetz nicht anzunehmen gewillt ist, wird es sich dagegen aussprechen können.

Wirkung des Zollzuschlages.

Der gegenwärtige Zolltarif bestimmt für das zur Einfuhr gebrachte Malz einen Zollansatz von Fr. 1. 50 per 100 kg. Wir schlagen Ihnen hierzu einen Zollzuschlag von Fr. 14.50 vor, was eine Gesamtbelastung von Fr. 16.-- per 100kg ergibt. Gerste unterliegt zurzeit einem Zollansatze von 60 Rappen.

Um nun einen in richtigem Verhältnis stehenden Ausgleich in der Belastung von Gerste und Malz herbeizuführen, ist die erstere mit einem Zollzuschlag von Fr. 10. 70 per 100 kg zu belegen. Selbstverständlich müssen alle andern Getreidearten und Hülsenfrüchte, welche für die Herstellung von Brauinalz oder Bier Verwendung finden, dem nämlichen Zollzuschlag unterstellt werden.

Die fiskalische Auswirkung des Zollzuschlages ergibt sich wie folgt: Um einen Hektoliter Bier zu erzeugen, werden 18--20 kg Malz benötigt.

Auf der Grundlage von 20 kg Malz auf den Hektoliter Bier berechnet, entspricht die Abgabe von Fr. 16. -- einer Gesamtbelastung von Fr. 3. 20 per Hektoliter Bier, also einer Erhöhung um Fr. 2. 90 per Hektoliter, .gegenüber von 30 Rp., entsprechend dem bisher erhobenen Zoll von Fr. 1. 50 für 100 kg Malz, Wenn aber die Belastung auf Grund eines Verbrauchs von 18 kg per Hektoliter Bierausbeute berechnet wird, so beträgt die Gesamtbelastung nur Fr, 2. 90 für den hl Bier, d. h. der Zollzuschlag entspricht, verglichen mit dem bisherigen Zollansatz, einer Erhöhung um Fr. 2, 60 für den Hektoliter oder um 2,e Rappen für den Liter.

Wird nun auf Grund eines Verbrauchs von 18 kg Malz per Hektoliter Bierausbente die Gesamtabgabe auf den hl Bier auf Fr. 2. 90 angesetzt, so wirkt sich diese Belastung wie folgt aus: für l Liter 2,9 Rappen ,, 3 dl 0,87 ,, ;,

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672 Es wäre wohl unbillig, mit dem Zollzuschlag auf Malz nur das in der Schweiz hergestellte Bier zu erfassen. Deswegen ist vorgesehen, das in die Schweiz eingeführte Bier entsprechend zu belasten.

Der Bundesbeschluss eoli in der Weise in Kraft treten, dass sämtliche Rohstoffe der genannten Art, die irn Zeitpunkt der Einführung der neuen Abgaben noch nicht zu Bier verarbeitet sind, ebenfalls erfasst werden.

Immerhin ist vorgesehen, dass hierfür nur zwei Drittel dev Zuschlagsgebühr zu entrichten sind. Dies bedeutet in Wirklichkeit, dass sich Aie Zollzuschläge für das erste Jahr um einen Drittel vermindern werden.

Diese Reduktion erleichtert den Übergang vom bisherigen Zustande zu den neuen Zuschlägen, die immer noch als verhältnismässig niedrigangesehen werden müssen. Wird diese Zollabgabe als Fiskalmassnahme betrachtet, so zeigt der Vergleich mit den in andern Ländern erhobenen Taxen, dass unser Ansatz ausserst bescheiden ist.

Die sorgfältige Prüfung der vorliegenden Frage hat uns die Gewissheit gegeben, dass der Zollzuschlag für das Brauereigewerbe annehmbar ist, ohne die Ausschankpreise zu erhöhen. Die in Aussicht genommene Erhebung einer Abgabe auf Bier soll also ohne Bückwirkung auf den Konsumenten durchgeführt werden.

Um den Brauereien den Zahlungsverkehr soviel wie möglich zu erleichtern, schlägt Ihnen der Bundesrat in Anlehnung au das Verfahren bei der Tabakverzollung vor, den Zollzuscblag nicht bei der Einfuhr, sondern .

erst im Zeitpunkt des Verkaufs des Bieres an die Vertriebsstellen von den B i e r b r a u e r e i e n zu erheben. Die beim Tabakverkehr~gemachten Erfahrungen haben alle Beteiligten voll befriedigt. Wir möchten daher den Bierbrauern dieselben finanziellen Vorteile gewähren, wie den Tabakfabrikanten.

Endlich ist das Finanzdepartement von den Bierbrauern auf die besondere Lage der kleinen Brauereien aufmerksam gemacht worden. Der Bundesrat hat dem Wunsche, diesen letztern eine kleine Reduktion zu gewähren, Rechnung getragen. Die Vollziebungsverordnung wird daher für die Brauereien mit einer Jahresproduktion von unter 30,000 hl eine bestimmte Abstufung der Abgabe gemäss des Gesamtausstosses vorsehen.

Der Gesamtertrag, welcher sich aus der Zollbelastung auf Gerste, Malz und Bier für den Bund ergeben wird, kann auf etwa 6 Millionen Franken geschätzt worden. Die Erhebung dieses Erträgnisses kann in geeigneter.

Weise und mit geringem Kostenaufwande durch die Zollverwaltung durchgeführt werden.

673

Gestützt auf obige Erwägungen beehren wir uns, den mitfolgenden Entwurf zum Bundesbeschluss Ihrer Genehmigung zu empfehlen.

B e r n , den 12. Mai 1926.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Häberlin.

Der Vizekanzler: Contat.

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreuend

die Erhebung von Zollzuschlägen auf Gerste, Malz und Bier.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 28/29 der Bundesverfassung, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 12, Mai 192ö, beschliesst: Art. 1. Malz zur Herstellung von Bier (Braumalz) unterliegt einem Zollzuschlag von Fr. 14. 50 für 100 kg brutto zum Zollansatz der Nummer 15 des Gebrauchstarifs.

Getreide und Hülsenfrüchte zur Herstellung von Braumalz oder Bier unterliegen einem Zollzuschlag von Fr. 10. 70 für. 100 kg brutto zu den Zollansätzen der Nummern l bis 14 des Gebrauchstarifs.

Art. 2. Unter Vorbehalt der in der Vollziehungsverordnung zum gegenwärtigen Bundesbeschluss vorgesehenen Kontrollmassnahmen werden : a. die gemäss Art. l hiervor vorgesehenen Zollzuschläge auf den Rohstoffen von den Bierproduzenten bei Abgabe des Bieres an die Vertriebsstellen erhoben. Für die Berechnung der Zollzuschläge wird ein Maximal verbrauch von 18 kg Malz auf den Hektoliter Bier angenommen ;

G74

b. die unter lit, a dieses Artikels vorgesehenen Zuschläge auf den Hektoliter Bier je nach der Höhe des jährlichen Gesamtausstosses des einzelnen Betriebes für die kleinen Brauereien höchstens um 30 % ermässigt. Diese Ermässigung erfolgt nach Massgabe einer in der Vollziehungsverordnung- zum gegenwärtigen Bundesbeschluss festzusetzenden Abstufung. Sie wird auf Grund des Gesamtaustosses des Vorjahres berechnet.

Diese Erleichterungen können sinngemäss auf diejenigen Produkte der Tarifnummern l---14 ausgedehnt werden, die von einheimischen Mälzereien zur Umwandlung in Braumalz eingeführt werden.

Die Gewährung der in den obigen lit. a und b vorgesehenen besonderen Erleichterungen ist grundsätzlich nur da zuzugestehen, wo von den Betreffenden ein besonderes Ansuchen gestellt wird und wo alle von der Zollverwaltung zur Sicherung der Zollentrichtung als notwendig erachteten Erfordernisse erfüllt sind.

Art. 3. Der vorliegende Bundesbeschluss hat rückwirkende Kraft auf alle unter der Herrschaft der früheren Tarifbestimmungen eingeführten Produkte der Tarifnummern l bis 15, die im Zeitpunkte seiner Inkraftsetzung noch unverarbeitet sind. Die in Art. l und 2 hiorvor vorgesehenen Gebühren sind für die im ersten Jahre seit der Inkraftsetzung des gegenwärtigen Bundesbeschlusses zu Bier verarbeiteten Produkte mit zwei Drittel ihres Betrages, nach Ablauf dieser Frist voll zu entrichten.

Das aus dem Auslande eingeführte Bier wird bei der Einfuhr in die Schweiz mit einer dem in Art. l und 2 hiervor vorgesehenen Zollzuschlage entsprechenden Ausgleichungsgebühr belegt.

Art. 4. Widerhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesbeschlusses fallen unter die Strafbestimmungen der Zollgesetzgebung. Dabei sind Zollzuschläge den Zollgebühren gleichzustellen.

Mit der Zollbusse kann auch der Entzug der in Art. 2 hiervor vorgesehenen Zollerleichterungen bis auf die Dauer eines Jahres, im Wiederholungsfalle bis auf 2 Jahre, verfügt werden. Diese Massregel kann sowohl gegen die bestrafte Firma, als auch gegen die beteiligten Personen ergriffen werden.

Art. 5. Der Bundesrat wird beauftragt, diesen Bundesbeschluss auf Grund des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüese zu veröffentlichen, den Zeitpunkt seines Inkrafttretens festzusetzen und die nähern Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungswege zu erlassen, .

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erhebung von Zollzuschlägen auf Gerste, Malz und Bier. (Vom 12. Mai 1926.)

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Jahr

1926

Année Anno Band

1

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20

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2086

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.05.1926

Date Data Seite

661-674

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