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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend die Bundesbeiträge ah Bodeuverbesserungen, ;

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. (Vom 4. September 1926.)

G-etreue, liebe Eidgenossen !

I.

Die eidgenössischen Kate haben in den letzten Jahren verschiedene Motionen und Postulate erheblich erklärt, die auf eine vermehrte Unterstützung der Bestrebungen zur Verbesserung der Existenzbedingungen der Gebirgsbevölkerung und die Erweiterung der Subventionspraxis des Bundes im Bodenverbesserungswesen, insbesondere ihre Ausdehnung auf Siedelungsbauten und ·zugunsten der Alpgebiete, abzielten. Das Volkswirtschaftsdepartement hat diese Begehren geprüft. Das Ergebnis der Prüfung ist in einem Berichte der Herren Abteilungschef Dr. J. Käppeli und Kulturingenieur A. Strüby niedergelegt, der den kantonalen Landwirtschaftsbehörden mit Kreisschreiben des "Volkswirtschaftsdepartements vom 18. Juni 1925 zugestellt wurde. Diese Behörden haben zu- den Schlussfolgerungen des Berichtes in der Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren vom September 1925 und in der Folge noch in schriftlichen Eingaben Stellung genommen.

Gestützt auf die Untersuchungen unserer Abteilung für Landwirtschaft Xmd die Verhehmlassungen der Kantone erklärten wir uns im Bericht über die Geschäftsführung der Abteilung für Landwirtschaft im Jahre 1925 unter dem Vorbehalt der Bewilligung der.erforderlichen Kredite durch die eidgenössischen Hate grundsätzlich bereit, die Subventionspraxis im Sinne der erwähnten Postulate zu erweitern. Die eidgenössischen Bäte haben in der Junisession 1926 hierzu ihre Zustimmung erteilt. Es können demnach von nun an aus dem Kredite für Bodenverbesserungen Bundesbeiträge auch gewährt werden an: 1. Die Erstellung von Verkehrswegen in Gebirgsgegenden, die der Verbindung der Gebirgsdörfer mit dem Tale dienen. Dabei kann es sich nicht rim die Erstellung grosser öffentlicher Verkehrsadern handeln, die den Charakter von Staatsstrassen tragen .und deren Erstellung in den Aufgabenkreis der Kantone fällt. Die Subventionierung muss sich auf Verkehrswege beschränken, die ausser der Bewirtschaftung der Alpen auch der Erschliessung schwer zugänglicher Gebirgstäler oder der Verbindung von Bergdörfern und Gemeinden unter sich und mit: dem Tale dienen. Für solche Bergeträsschen dürfte eine maximale Breite, von 3,6 bis höchstens 4 m genügen.

423 Bei aller Sparsamkeit im Bau dieser Verkehrswege sollen sie aber so angelegt ·werden, dass sie den Bedürfnissen der betreffenden Gebiete entsprechen.

Ihre maximale Steigung, soll 10 bis 12% in. der Begel nicht übersteigen.

Damit bei der Projektierung sowohl die alpwirtschaftlichen wie die forstwirtschaftlichen Interessen die ihnen gebührende Berücksichtigung finden, solle« dabei die kulturtechnischen und die forstwirtschaftlichen Organe mitwirken, und es sind im Projekt berichte die für die Anlage massgebenden allgemeinen, ^alpwirtschaftlichen und \\aldwirtschaftlichen Verkehrsverhaltnisse und Bedürfnisse darzulegen.

.: Wir ersuchen die Kantone, unserer Abteilung für Landwirtschaft solche Verkehrswege, für die sie auf Bundesbeiträge Anspruch erheben, sofort nach der Absteckung vor der Ausarbeitung von Plänen und Kosteuvoranschlägen anzumelden, damit allfällige Abänderungsvorschläge bei der Erstellung des Projektes berücksichtigt werden können, 2. Landwirtschaftliche Siedelungsbauten, i n b e g r i f f e n dio Zuleitung von K r a f t , Licht und Wasser, die bei Anla'ss grösserer Güterzusammenlegungen oder zur Besiedelüng von bisher ungenügend oder noch nicht bewohnten grössern, an sich fruchtbaren Gebieten erstellt werden.

Diese Siedelungen sollen in der Regel mindestens so gross sein, dass sie ·eine Bauernfamilie voll zu beschäftigen und zu ernähren vermögen. Als subventionsberechtigt werden nur Bauten und Einrichtungen anerkannt, die für ·eine zweckmässige Bewirtschaftung eines Landgutes unbedingt erforderlich sind. Luxusbauten und über die genannten Bedürfnisse eines normalen Betriebes hinausgehende Einrichtungen können nicht subventioniert werden.

Damit die Erstellungskosten möglichst tief gehalten werden können, ist darauf hinzuwirken, dass die Übernehmer der Siedelungen einen grosseii Teil der Arbeiten mit ihren eigenen Arbeitskräften ausführen können.

Wir verzichten vorläufig darauf, für die Subventionicrung solcher Anlagen feste Normen aufzustellen, der Beitrag soll von Fall zu Fall nach gründlicher Prüfung der .Verhältnisse und in Anpassung an die Bedürfnisse festgesetzt werden, er wird sich aber im Hinblick aaf die Finanzlage des Bundes in bescheidenen Grenzen halten müssen und nur ausnahmsweise über 15 % hinausgehen können. Die Subvention wird sich auf die feststehenden Anlagen
(Immobilien) beschränken.

Um die spekulative Ausnutzung der Staats- und Bundessubventionen zu verhindern, dürfte es sich empfehlen, die Unterstützung an die Bedingung zu knüpfen, dass die bezogenen Beiträge zurückbezahlt werden müssen, wenn der Übernehmer einer Siedelung diese vor Ablauf einer bestimmten Frist, beispielsweise 20 Jahre, mit Gewinn verkauft.

3. Wohnräume für das A l p p e r s o n a l und Lokale für die Verarbeitung und A u f b e w a h r u n g von Milch und Milchprodukten, die. in V e r b i n d u n g mit A l p s t a l l b a u t e n erstellt w e r d e n .

424 Nach bisheriger Praxis waren diese Bäume, von der Unterstützung ausgeschlossen. Wir sind bereit, sie in Zukunft ebenfalls zu subventionieren, soweitsie zum normalen Betrieb der Alpwirtschaft notwendig sind. Auch bei diesen Bauten ist aber auf grösste Einfachheit und Sparsamkeit Bedacht zu nehmen, 4- Eigene Leistungen der Besitzer. Durch Bundesratsbesehluss vom 27. April 1909 wurde verfügt, dass eigene Leistungen der Besitzer von zu verbesserndem Boden, betreffen sie Holz, Steine, Sand, bei der Subventionierung nicht zu berücksichtigen seien, eigene Arbeit nur dann, wenn sie "bei.

genossenschaftlichen Unternehmungen unter ständiger staatlicher Aufsicht und wenn möglich auf dem Akkordwege geleistet worden ist. Diese Verfügung; wurde immer als hart und unbillig empfunden. Sie führte auch gelegentlich, dazu, dass Grundbesitzer Verbesserungen durch fremde Leute und mit fremdem Material ausführen liessen, die sie mit eigenen Arbeitskräften und eigenein.

Material billiger hätten durchführen können. Wir werden in Zukunft die: eigenen Leistungen der Besitzer an Arbeit und Material bei der Subventionierung berücksichtigen, sofern durch diese Leistungen .eine Verbilligimg der Unternehmen erzielt werden kann. Es sind auch in diesen Fällen von den kantonalen kulturtechnisohen Organen genaue Voranschläge für Arbeit und.

Material aufzustellen und die Leistungen der Beteiligten zu kontrollieren. Wenn nötig sind-die Arbeiten zur Konkurrenz auszuschreiben, um Vergleichsofferten zu erhalten.

Voraussetzung für die Subventionierimg der vorstehend unter l bis 4 genannten Unternehmen durch den Bund ist in allen Fällen die Leistung eines, entsprechenden Beitrages durch den Kanton. Der Bundesbeitrag wird nur ganz ausnahmsweise über die Leistung des Kantons hinausgehen, wenn besondere Gründe hierfür vorliegen (arme Gebirgskantone, besonders hohe Kosten des Unternehmens, kleiner Perimeter, arme Bevölkerung). In andern Fällen, wird die eidgenössische Subvention auch niedriger sein dürfen, als der kantonaleBeitrag.

II.

Die Erweiterung der Subventionspraxis im Sinne der vorstehenden Ausführungen verlangt vom Bunde beträchtliche Mehrleistungen, die nur tragbar sind, wenn bei den übrigen Aufwendungen für Bodenverbesserungen Einsparungen verwirklicht werden können. Das geeignetste Mittel zur Erzielungvon Ersparnissen
wäre die Herabsetzung der Subventionsquote. Die eidgenössischen Eäte, denen wir diese Frage im Geschäftsbericht für das Jahr 1925 unterbreitet haben, sprachen sich gegen eine allgemeine Herabsetzung der Beiträge aus. Dagegen erklärte der Berichterstatter der nationalrätlichen Geschäitsprüfungskommission bei der Behandlang des Geschäftsberichtes, die Kommission sei mit dem Bundesrat der Ansicht, es könne in gewissen Fällen: eine etwas schwächere Beitragsquote in Frage kommen und es seien die Subventionsgesuche daraufhin etwas schärfer zu untersuchen und eventuell dieSubventionen auf die vom Bundesrat gewünschten 20--25 % herabzudrücke»

425 bei Projekten, bei denen eine höhere Unterstützung nicht als notwendig erscheine. Ali? Gründe, die dafür sprechen, nannte er: Gutsituierte Bewerber, «igenc Arbeitskräfte, ohnehin sichere Eendito.

Wir ersuchen Sie, die eingehenden Subventionsgesuche in dieser Hinsicht genau za prüfen und zu untersuchen, ob im gegebenen Fall die Ausführung eines Werkes nicht auch mit niedrigeren Zuschüssen von Kanton und Bund .möglich und gesichert ist. Dem Subventionsbegehren ist hierüber ein Bericht beizulegen.

Wir erinnern bei diesem Anlasse an unser Kreisschreiben vom 11. Mai 1920, ·womit wir Sie ersuchten, die zur Subventionierung angemeldeten Bodenverbesserungsprojekte auf ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen und zu teure, unwirtschaftliche Projekte auszuschalten. Soweit geboten, sind die Gutachten über diese Fragen den Subventionsgesuchen an den Bund beizulegen. Im gleichen Kreisschreiben empfahlen wir den Kantonen, nicht dringliche Projekte zurückzustellen. Diese Wünsche haben nicht überall die gebührende Beachtung gefunden. Wir müssen Sie deshalb neuerdings dringlich bitten, die eingehenden Subventionsgesuche im Sinne jenes Kreisschreibens und der Ausführungen des Berichterstatters der nationalrätlichen Gesohäftsprüfungsliommission nach ihrer finanziellen Seite hin etwas schärfer zu untersuchen.

Das Volkswü'tschaftsdepartement ist beauftragt, Projekte zurückzuweisen, über welche die eingereichten Akten in dieser Beziehung keine genügende Auskunft geben oder deren Subventionswürdigkeit ihm gestützt auf die erfolgte Nachprüfung zweifelhaft erscheint. Es entspricht dies auch dem Wunsche der Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte, die, wie Urnen das Volkswirtschaftsdepartement mit Kreisschrciben vom 2. JTHIÌ 1923 mitteilte, dio Anregung machte, es möchte in der Erteilung der Subventionen und in der Prüfung der neu angemeldeten Werke in bezug auf ihre Wirtschaftlichkeit ein strengerer Massstab angelegt werden.

Die kleinen, wenig kostspieligen Projekte von Privaten sind auch darauf hm zu prüfen, ob sie nicht vom Grundbesitzer ohne staatliche Unterstützung ausgeführt werden können. Der Bundesrat hat schon in seinem Kreisschreiben vom 11. Januar 1910 die Auffassung vertreten, die Subventionierung von Unternehmungen Privater lasse sich vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des schweizerischen Zivilgesetzbuches an,
das die Beschaffung von Meliorationstrediten erleichterte, nicht mehr begründen. Es sollte genügen, wenn der kantonale Kulturingenieur den Melioranten mit Bat und Tat au die Hand geht, damit mustergültige Werke entstehen. Durch Kreisschreiben vom 14. Oktober 1920 wies unser Volkswirtschaftsdepartement darauf hin, dass zahlreiche kleine Projekte zur Subveutionierung eingereicht werden, die vom Grundbesitzer und seinem Personal ohne Mitwirkung eines Technikers durchaus sachgemass ausgeführt werden können. Statt dessen werden Techniker zur Ausarbeitung von Plänen, Kostenvoranschlägen und Berichten beigezogeu und die Arbeiten durch fremde Leute ausgeführt, wodurch sie stark verteuert werden.

Leider hat der Wunsch des Volkswirtschaftsdepartements, solche Unternehmen

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möchten ohne staatliche Hilfe aufgeführt werden, nicht überall Gehör gefunden.

"Wohl unterstützen verschiedene Kantone grundsätzlich keine Werke von Privaten, andere aber subventionieren wahllos auch die kleinsten, unbedeutendsten Projekte und melden diese dem Bunde zur Unterstützung an. Wir möchten nicht, soweit gehen und alle privaten Meliorationswerke von der Subventionierung ausschliessen, wir ersuchen aber die Kantone, die Privatunteruehmungen unterstützen, jedes private Projekt darauf hin zu untersuchen, ob der Grundbesitzer nicht in der Lage ist dasselbe ohne staatliche Hilfe auszuführen, und darüber gegebenenfalls den Projektakten einen Bericht beizulegen.

W i r

hoffentrotze d e r Erweiterung d e r Subventionspraxis d e n Kredit

unserem Bestreben, das Subventionswesen so zu gehalten, dass alle unnötigen und unnutzen Ausgaben vermieden und die staatlichen Zuschüsse auf das wirklich Notwendige beschrankt werden, tatkraftig unterstutzen. Sollte

ITI.

Zum Schlüsse wiederholen wir den von unserem Volkswirtschaftsdepartement in seinem Kreisschreiben vom 1. Dezember 1919 ausgesprochenen Wunsch, die Kantone möchten auf eine enge Zusammenarbeit ihrer Diensteneige für Wasserbau, Meliorationswesen und Forstwirtschaft bei der Aufstellung von Projekten für Gewässerkorrektionen, Alp- und Waldweganlagen und andereMeliorationen hinwirken, damit Werke geschaffen werden, die allen Anforderungen in möglichst vollkommener Weise entsprechen. Eine gegenseitige Verständigung ist besonders auch erforderlich bei Bedungen und Baumungen im Alpgebiet und bei Aufforstungen der Einzugsgebiete von Wildbächen, Diese Zusammenarbeit scheint noch nicht überall verwirklicht zu sein, zum Sehaden nicht mir der Werke selbst, sondern aller Beteiligten und ganz besonders des Ansehens der betreffenden Staatsverwaltungen.

Wir benutzen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, nebst uns in Gottes Macht schütz zu empfehlen.

B e r n , den 4. September 1926.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Motta.

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend die Bundesbeiträge an Bodenverbesserungen. (Vom 4. September 1926.)

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08.09.1926

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