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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die siebente Sessioiider Yölkerbundsversammlung.

(Vom 10. Dezember 1926.)

L

Die Kommission für die Umgestaltung des Rates.

Die ausserordentliche Völkerbundsversammlung, die der Völkerbundsrat auf den Monat März d. J. nach Genf einberufen hatte, war mitten in einer Krisis zu Ende gegangen. Der 2iweck, zu dein sie zusammengetreten war, die Aufnahme Deutschlands, war nicht erreicht worden. Die Gründe für diesen Misserfolg stehen noch jedermann so deutlich vor Augen, dass es sich erübrigt, sie hier neuerdings eingehend auseinanderzusetzen Der Bundesrat hat übrigens ·der Bundesversammlung einen vom 16. April 1926 datierten Bericht über dies^ Session unterbreitet. Deutschland verlangte in den Völkerbund aufgenommen zu werden und gleichzeitig einen ständigen Ratssitz zu erhalten. Andere Staaten wollten die Gelegenheit des Eintritts Deutschlands in den Eat benutzen, um ·ein Begehren um ständige Vertretung zu stellen oder ein bereits früher vorgebrachtes diesbezügliches Verlangen zu erneuern. Die Verhandlungen, die zwischen Deutschland und den im Rate sitzenden Staaten stattgefunden hatten und die dem Vorschlage der deutschen Eegierung, Deutschland in den Völkerbund aufzunehmen, vorangegangen waren, scheinen einzig die Frage des Eintritts Deutschlands in den Eat zum Gegenstande gehabt zu haben. Die deutsche Eegierung war daher der Ansicht, es sollte ein einziger ständiger Sitz neu geschaffen und dieser Deutschland zugesprochen werden. Es war zweifelhaft, ob die deutsche Eegierung im Falle einer Nichterfüllung dieser Bedingung ihren Vorschlag, in den Völkerbund aufgenommen zu werden, aufrecht erhalten würde. Fünf weitere Staaten fordarten jedoch eine ständige Vertretung im Hate, nämlich : Brasilien, China, Spanien, Persien und Polen ; und unter diesen waren solche, die vom Durchdringen ihrer Forderungen ihre weitere Teilnahme an den Arbeiten des Völkerbundes abhängig machten.

Die Zeit, über welche die ausserordentliche Versammlung verfügte, war offensichtlich zu kurz, als dass man daran denken konnte, aus einer derart heiklen Lage herauszukommen und eine so tiefgehende Krisis zu überwinden.

824 EineWeigerung, demVorschlage Deutachlands zu entsprechen, hätte diesen Staat vom Völkerbund abwendig gemacht, wodurch selbst das Bestehen des Völkerbundes aufs Spiel gesetzt werden konnte. Anderseits bestand die Gefahr, dass die Abweisung der Begehren der übrigen Staaten eine Spaltung im Völkerbünde hervorrufen würde, eine Folge, an die niemand ohne Sorge denken konnte..

Die ausserordentliche Versammlung war indessen nicht auseinandergegangen, ohne in doppelter Bichtung Anstrengungen gemacht zu haben zwecks Verhinderung eines nicht wieder gutzumachenden Schadens. Was Deutschland betrifft, so stimmte am 17. März die Versammlung auf Vorschlag des französischen Vertreters einer Resolution zu, die,, wie gesagt wurde, einer moralischen Aufnahme gleichkam. Hinsichtlich der Begehren um Vertretung im Bäte gab letzterer der Versammlung Kenntnis von seinem Beschluss, eine Kommission mit dem Studium der zur Lösung der Schwierigkeiten geeigneten Mittel zu betrauen. Diese Kommission, genannt die Kommission für die Umgestaltung des Batee, wurde am 18. März bestellt. Die Einladung, einen Vertreter in sie zu entsenden, erging an die zehn Staaten, die einen Sitz im Bäte hatten, und ausserdem an Argentinien, China, Deutschland, Polen und die Schweiz.

Nicht ohne etwelches Zögern entschloss sich der Bundesrat zur Annahme der Einladung des Völkerbundsrates. Gehörten die zu prüfenden Fragen -m jenen, die zu behandeln wir bereit sind ? öder standen nicht eher politische als rechtliche Probleme im Vordergrund? Entsprach eine Nichtbeteiligung nicht besser unserer traditionellen Haltung ? -- Der Bundesrat stellte sich auf den Standpunkt, dass dem Völkerbund eine ernste Gefahr drohe und alles getan werden müsse, was zu deren Abwendung beitragen könne. Er entschloss sich daher, dem Vorschlage des Ba.tes Folge zu geben und bezeichnete den Vorsteher des Politischen Departements als seinen Vertreter.

Mit seiner Einladung an die Schweiz zur Teilnahme an den Arbeiten der Kommission wollte sich der Völkerbundsrat die Mitwirkung eines Staates sichern, der während des Krieges neutral geblieben, der mit sämtlichen Ländern freundschaftliche Beziehungen unterhält und ausserdem nicht nach der Ehr& strebt, im Bäte zu sitzen. Auch unsere Politik im Völkerbunde rechtfertigte die Erwartung, dass wir uns auf einen Standpunkt stellen
würden, der einzig durch das allgemeine Interesse des Völkerbundes bedingt ist.

Die Kornmission für die Umgestaltung des Bates hielt zwei Sessionen ab, die eine vom 10. bis 17. Mai, die andere vom 80. August bis /um 3. September.

Anlässlich der ersten Sitzung erwies die Kommission, auf Vorschlag Herrn Scialojas, des italienischen Vertreters, dem schweizerischen Delegierten die Ehre, ihn einstimmig zum Präsidenten zu erwählen. Die gleichen Erwägungen, die den Bundesrat hei der Annahme der Einladung des Eates hatten zögern lassen, führten den schweizerischen Vertreter anfänglich dazu, die Übernahme des ihm angebotenen Amtes abzulehnen. Da sich jedoch die Kommission auf dieselben Gründe stützte, die den Bat bewogen hatten, sich an die Schweiz zu wenden, glaubte Herr Motta, sich dein Wunsche seiner Kollegen fügen zu sollen.

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Die Kommission hatte die Aufgabe, dem Bäte einen Bericht über seme Zusammensetzung, die Anzahl seiner Mitglieder und deren Wahlart zu unterbreiten. Der Rat verlangte im weitern auch, dass sie die Begehren um eine ständige Vertretung prüfe. Die Frage der Zusammensetzung des Eates, der Anzahl seiner Mitglieder und ihrer Wahlart warf mehrere verwickelte Probleme auf.

In allererster Linie war zu prüfen, ob man die Völkerbundssatzung abändern oder eine Lösung innerhalb der Grenzen des Paktes suchen sollte. Beschritt man den ersten Weg, so boten sich zahlreiche Möglichkeiten; aber die Wahrscheinlichkeit, die Krisis binnen kurzem zu überwinden, war gering; wählte man das zweite Vorgehen, so stand man vor einer einzigen Alternative: Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes oder Erweiterung. Beliess man es nun aber bei der Zusammensetzung des Eates, wie sie im März bestanden hatte, so war keine Aussicht vorhanden auf Beseitigung der Schwierigkeiten. Man sah sich daher vor die Notwendigkeit gestellt, eine Vermehrung als einzig gangbaren Ausweg ins Auge zu fassen.

Anlässlich ihrer ersten Session hatte sich die Kommission über die Frage der nichtständigen Mitglieder einigen können, immerhin unter Vorbehalt mehrerer wichtiger Punkte. Die Neuerungen bestanden wesentlich in einer Erhöhung der durch Wahl zu besetzenden Sitze von sechs auf neun, sowie in der Einführung des periodischen Wechsels, dem jedoch durch die Möglichkeit einer Wiederwahl in gewissen Fällen die Starrheit genommen wurde. Die Einschränkungen, denen man den Grundsatz des obligatorischen Wechsels unterwarf, hatte die Zufriedenstellung jener Staaten zum Zwecke, die einen ständigen Sitz verlangten, ohne sämtliche Bedingungen hierfür zu erfüllen.

Dadurch, dass der Versammlung das Eecht eingeräumt werden sollte, mit Zweidrittelmehrheit die Wiederwählbarkeit gewisser Staaten zu erklären, rührte man nicht an dem Prinzipe, gemäss welchem nur den Grossmächten eine ständige Vertretung im Eate zukommt; hingegen gewährte man damit einigen Staaten die Möglichkeit, gewissermassen halbständige Sitze zu erlangen.

Zwei Bestimmungen des von der Kommission in ihrer ersten Session ausgearbeiteten Réglementes riefen nichtsdestowenigorKritiken hervor und schienen den besondern Interessen des einen oder andern Staates nicht genügend Eeehnung zu tragen. Dabei
handelte es sich einerseits um die Vorschrift, dass die Wiederwählbarkeit erst während der Dauer oder nach Ablauf des dreijährigen Mandats erklärt werden könne, anderseits um das Eecht der Versammlung, jederzeit eine Neuwahl sämtlicher nichtständiger Katsmitglieder vorzunehmen, sofern eine Zweidrittelmehrheit dies verlangen sollte.

Anlässlich ihrer zweiten Session prüfte die Kommission die Frage der nichtständigen Mitglieder in zweiter Lesung und zum erstenmal jene der ständigen Sitze.

Inzwischen hatte sich ein höchst bedauerliches Ereignis vollzogen. Am 10. Juni hatte der ständige Vertreter Brasiliens beim Völkerbunde dem Generalsekretär des letztern eine Mitteilung seiner Regierung zukommen lassen, in

826 der bekanntgegeben wurde, Brasilien habe sich zum Verzicht auf seinen nichtständigen Sitz im Eate entschieden. Es wurde in der Erklärung beigefügt, Brasilien werde seinen Entschluss, von dem jedem Mitgliedstaat im-letzten Absätze des ersten Artikels des Paktes zuerkannten Austrittsrechte Gebrauch zu machen, zu gegebener Zeit anzeigen. Schon einige Tage darauf, am 14. Juni, übermittelte dann das Generalsekretariat an alle Mitgliedstaaten die Abschrift eines Telegramms aus Eio de Janeiro, in dem der Minister des Äussern bekanntgab, dass Brasilien «die Ehre, dem "Völkerbund anzugehören, ablehne».

Der Entschluss Brasiliens wurde von allen Freunden dieses grossen Landes und des Völkerbundes peinlich empfunden. Der Bundesrat möchte nicht verfehlen, sich hier allen jenen anzuscnliessen, die bereits dem Wunsche Ausdruck gegeben haben, die vom Pakte vorgesehene zweijährige Frist zwischen der Kündigung und dem Wirksamwerden des Austritts möchte ausgenutzt werden, um Brasilien zu veranlassen, auf seinen Entschluss zurückzukommen.

Im weitern war dem Generalsekretariate vor dem zweiten Zusammentreten der Kommission für die Umgestaltung des Eates die Mitteilung zugekommen, dass Spanien die Abänderung zum Artikel IV der Satzung ratifiziert habe. Wie man sich erinnert *), sollte durch diese Abänderung der Versammlung das Hecht gegeben werden, mit Zweidrittelmehrheit die Begeln betreffend Wahl der nichtständigen Batsmitglieder, sowie insbesondere die Vorschriften über die Dauer ihres Mandats und die Bedingungen ihrer W'iederwählbarkeit festzulegen. Die Schwierigkeiten, denen sich die ausserordentliche Versammlung gegenübergestellt sah. waren zum guten Teil der Tatsache zuzuschreiben, dass diese Bestimmung nicht früher hatte in Kraft treten können. Sie hemmte auch beträchtlich die Arbeiten der Kommission für die Umgestaltung des Eates.

Es verdient Anerkennung, dass Spanien, das einzige Eatsmitglied, dessen Eatifikation noch fehlte, auf seinen Widerstand gegen diese Abänderung verzichtet und damit die Möglichkeit geschaffen hat, eine Bestimmung anzuwenden, deren Notwendigkeit die früheren Versammlungen und insbesondere die Erfahrungen des Jahres 1926 bewiesen hatten.

In der Hoffnung, das Ausscheiden Brasiliens sei vielleicht nicht endgültig, und vom Willen erfüllt, nichts zu unternehmen, was die Eückkehr
dieses Landes hätte erschweren können, sprach sich die Konimission für die Umgestaltung des "Rates auch in zweiter Lesung für die Vermehrung der nichtständigen Eatsmitglieder von sechs auf neun aus. Übrigens wurde das im Laufe der ersten Session ausgearbeitete Eegleinent in allen wesentlichen Teilen beibehalten, mit Ausnahme jener beiden bereits erwähnten Bestimmungen, die neue Schwierigkeiten heraufzubeschwören drohten. Was die Wiederwählbarkeit betrifft, so wurde der ursprüngliche Text in dem Sinne umgeändert, dass man für die Versammlung von 1926 die Möglichkeit vorsah, einen Staat sogleich nach seiner Wahl und nicht erst wahrend der Dauer oder nach Ablauf seines Mandats .·*> Siehe Botschaft des Bundearates an die Bundesversammlung betreffend Abänderung dea Völkerbundsvertrages vom 4. Januar 1922, S. 9.

827 als ·wiederwählbar zu bezeichnen. Anderseits war die Kommission der Ansicht, dass man auf das Becht der Versammlung, jederzeit eine Neuwahl der nichtständigen Ratsrnitglieder vorzunehmen, verzichten müsse.

Hinsichtlich der Frage der Vermehrung der ständigen Mitglieder entschied sich die Kommission, nach Entgegennahme von im Namen verschiedener Begierungen mündlich oder schriftlich vorgebrachten Gesuchen, zugunsten der Beibehaltung des zwar nicht ausdrücklich im Pakte festgelegten, aber von seinen Urhebern gewollten und bis dahin befolgten Grundsatzes, wonach einzig den Grossmächten ein dauernder Sitz zukommen soll. Die Kommission ·war daher der Ansicht, es solle dem Rate die Zuerteilung einer ständigen Vertretung an Deutschland -- und zwar an diesen Staat allein -- vorgeschlagen werden.

Die Erweiterung des Kates sowie die Eegelung betreffend die Wahl seiner nichtständigen Mitglieder rnusstö übrigens, um rechtsgültig zu werden vom Bäte und von der Versammlung genehmigt werden. Da nun aber der Kommissions«ntwurf im Laufe der siebenten Versammlung einige Abänderungen erfuhr, dürfte es angezeigt sein, dessen nähere Prüfung anlässlich der Besprechung der Verhandlungen in der ersten Kommission und den Vollversammlungen vorzunehmen.

Als der Bat im Begriffe stand zusammenzutreten und die Versammlung sich anschickte, ihre siebente ordentliche Session abzuhalten, bot die Lage im Vergleiche mit jener vom März folgendes Bild.

Alle in der Kommission für die Umgestaltung des Bates vertretenen Staaten mit Ausnahme Spaniens nahmen den dem Bäte zu unterbreitenden Kompronuss·entwurf an. Jedoch vom Wunsche geleitet, dio unter grossen Schwierigkeiten erzielte Einstimmigkeit nicht zu verunmöglichen, entschloss sich Spanien zur Stimmenthaltung. Man sieht, welch ein Weg seit der März-Session zurückgelegt werden konnte. Dank den Anstrengungen, dem guten Willen und der Versöhnlichkeit aller hatte sich der Himmel hinreichend aufgeklärt,'so dass sich der Bat und die siebente Versammlung an das für den Völkerbund so wichtige Werk machen konnte, dessen Vollendung während sechs Monaten auf sich hatte warten lassen.

II.

Die siebente Versammlung.

Die siebente Versammlung, die der Völkerbundsrat am 6. Mai 1926 einberufen hatte, wurde am 6. September um 11 Uhr im Beformationssaal in Genf eröffnet. Die Schweiz war vertreten durch eine Delegation, der, wie in frühern Jahren, der Chef des Politischen Departements vorstand und der ausserdem Herr Ständerat Oberst Bolli und Herr Nationalrat Gaudard als Delegierte angehörten. Herr Professor Dr. W. Burckhardt hatte neuerdings das Amt eines stellvertretenden Delegierten übernommen; die Herren D. Secretan und Dr. P.

Widmer vom Politischen Departemente wurden der Delegation als Sekretäre und Experten beigegeben.

828 Wie bisher, veröffentlicht der Bundesrat im folgenden die seineu Vertretern gegebenen Instruktionen, sij wie er sie am 4. September festgelegt hat: 1. Die Grundsätze, auf die «ich die schweizerische Politik im Völkerbunde seit 1920 gestützt hat, insbesondere jene der Universalität, der Schiedsgerichtsbarkeit, derBegelungvon Streitigkeiten im Gerichts-und Schlichtungsverfahren, sollen weiterhin die Haltung der Delegation an der siebenten Versammlung bestimmen. In diesem Sinne werden sämtliche frühern Instruktionen bestätigt.

2. Im Hinblick namentlich auf die von der sechsten Versammlung am 25. September 1925 angenommene Eesolution betreffend die friedliche Beilegung internationaler Streitigkeiten, gemäss welcher die Aufmerksamkeit der Völkerbundsmitglieder auf die Vorteile gelenkt wurde, die der Abschluss von besonderen Verträgen zur Erledigung von Streitfällen im Schiedsgerichts-und Gerichtsverfahren für ihre Sicherheit bietet, kann die Delegation, wenn sie es für nötig erachtet, die Bestrebungen der Schweiz auf diesem Gebiete darlegen.

3. Betreffend den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund erneuert der Bundesrat die Instruktionen, die er der Delegation anlässlich der außerordentlichen März-Versammlung gegeben hatte. Die Delegation soll für den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund und die Zuerteilung eines ständigen Eatssitzes an diesen Staat stimmen.

Die Delegation soll, wie in den Vorjahren, jedes von einem der internationalen Gemeinschaft angehörenden Staate in vorschriftsgemässer Weise gestellte Eintrittsgesuch unterstützen.

4. Hinsichtlich der Frage der Batszusammensetzung wird die Delegation ermächtigt, für den Kompromiss Vorschlag der Kommission für die Umgestaltung des Bates zu stimmen.

5. Die Kommission für die Kodifikation des internationalen Bechts soll in ihren .Arbeiten ermutigt werden; dabei möge sie den Vorrang den wichtigsten Fragen des Völkerbundsrechts geben und überhaupt jenen, die einen hinreichenden Beifegrad besitzen.

6. Die Delegation soll ihre Aufmerksamkeit den Arbeiten des- vorbereitenden Ausschusses für die internationale Wirtschaftskonferenz schenken; sie hält den Bundesrat auf dem laufenden und wird ihn zu gegebener Zeit um die nötigen Instruktionen ersuchen.

7. Dieselbe Weisung gilt hinsichtlich .der Arbeiten des. vorbereitenden.

Ausschusses für die
Abrüstungskonferenz.

8; Unter Vorbehalt der von den Vertretern des Völkerbundes abzugebenden Erklärungen kann das Budget für 1927 genehmigt werden.

9. Was die Tätigkeit der technischen Organisationen des Völkerbundes betrifft (Wirtschafts- und Finanzorganisation, Verkehrs- und Transitorganisation, Hygieneorganisation), so sollen sich die Vertreter des Bundesrates an den Standpunkt halten, der in den von den zuständigen Departementen der

829 Bundesverwaltung über die verschiedenen Punkte ausgearbeiteten Berichten eingenommen wird.

Nötigenfalls wird die Delegation den Bundesrat um ergänzende Instruktionen angehen, 10. Die Tätigkeit des Völkerbundes auf sozialem und humanitärem Gebiet ist zu unterstützen, jedoch lediglich soweit sie sich innerhalb der Grenzen der Satzung bewegt ; besonderes Interesse verdienen jene Fragen, für deren Lösung eine Zusammenarbeit der Staaten notwendig ist.

11. Bezüglich der Frage des Unterrichts der Jugend über das Wesen und die Ziele des Völkerbundes kann die Delegation gegebenenfalls auseinandersetzen, was die Kantone, die auf diesem Gebiet allein zuständig sind, bisher unternommen haben. Es handelt sich hier in jeder Hinsicht und namentlich vom pädagogischen Standpunkt aus um etwas heikle Fragen; man soll daher ihnen gegenüber Vorsicht walten lassen.

12. Das Problem der Mitwirkung der Presse an der Organisierung des Friedens sollte ins Auge gefasst werden, wobei die Delegation, soweit dies möglich ist, den vom Schweizerischen Presseverein und dem Verbände schweizerischer Zeitungsverleger dargelegten Ansichten Rechnung tragen soll.

13. Was die Wahl der nichtständigen Batsrnitglieder betrifft, so wird die Delegation --· die überhaupt beständig enge Fühlung mit dem Bundesrate behalten soll -- diesem über die Entwicklung der Lage zur Zeit der Wahlen Bericht erstatten. Bereits jetzt wird ihr die Ermächtigung erteilt, für die Wiederwählbarkeit Chinas, Spaniens und Polens im Sinne des in Instruktion 4 erwähnten Entwurfes zu stimmen.

Die siebente Session der Völkerbundsversammlung wurde durch den Minister des Auswärtigen der Tschechoslowakei, Herrn Eduard Beneg, in seiner Eigenschaft als amtierender Präsident des Völkerbundsrates, eröffnet. Unmittelbar darauf schritt die Versammlung zur Wahl einer Kommission für die Prüfung der Vollmachten, die am selben Tage einen Bericht einreichte, in dem festgestellt wurde, dass 48 Begierungen regehnässig vertreten waren. Sieben Staaten Dagegen hatten keine Delegation entsandt, nämlich Argentinien, Bolivien. Brasilien, Costa Bica, Honduras Peru und Spanien.

Sodann wählte die Versammlung mit starker Mehrheit den Minister des Auswärtigen des serbisch-kroatisch-slawonischen Staates, Herrn Nintchitch, zu ihrem Präsidenten.

Hierauf nahm die Versammlung die Tagesordnung
an und ernannte ihre sechs Kommissionen. An die erste wurden die juristischen Fragen überwiesen, an die zweite die technischen Probleme, an die dritte die Einschränkung der Rüstungen, an die vierte das Budget und die verwaltungstechnischen Fragen, an die fünfte die sozialen und humanitären Angelegenheiten und an die sechste die politischen Fragen.

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Jede Kommission wählte ihren Präsidenten und zwar die erste Herrn Motta, die zweite den Minister des Auswärtigen des Freistaates Irland, Herrn

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Fitz Gerald, die dritte den chilenischen Botschafter in Italien, Herrn Villegas, die vierte den rumänischen Gesandten in Grossbritannien, Herrn Titulesco, die fünfte den ersten Delegierten Österreichs, den Grafen Mensdorff, die sechste den belgischen Senator Herrn de Brouckère.

Der Präsident der Versammlung, die sechs Präsidenten der Kommissionen sowie die unmittelbar von der Vollversammlung gewählten sechs Vizepräsidenten bilden bekanntlich das Bureau der Versammlung. Diese sechs Vizepräsidenten waren: der britische Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, Sir Austen Chamberlain, der französische Aussenminister, Herr Briand, der italienische Senator Herr Scialoja, der Geschäftsträger Guatemalas in Frankreich, Herr Figueroa, der liberische Gesandte in Frankreich, Baron Lehmann, der luxemburgische Begierungspräsident, Herr Bech, und der finnische Aussenminister, Herr Setälä.

Eine Kommission, der, je nach den Versammlungen, mitunter eine sehr wichtige Rolle zukommt, ist der «Tagesordnungsausschuss». Er wurde von der Versammlung ebenfalls gleich zu Beginn der Session bestellt.

Wenn man einige Bemerkungen über den allgemeinen Charakter der siebenten Versammlung anbringen wollte, so könnte man hervorheben, dass -- die beiden Fragen der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund und der Umgestaltung des Bates ausgenommen --· die Tendenz, die sich bereits in den frühern Jahren gezeigt hatte, fast sämtliche Arbeit der Session in die Kommissionen zu verlegen, im Jahre 1926 noch klarer zutage getreten ist. Die Versammlung setzt das Budget des Völkerbundes fest. Die ständigen Dienstzweige des letztern sowie die beratenden Organe des Bates begründen daher ihre Kreditgesuche durch sehr eingehende Darlegungen über die Verwendung der ihnen in der vorhergehenden Session zur Verfügung gestellten Gelder, sowie durch möglichst genaue Auskunft über ihre künftige Tätigkeit. Die Versammlung muss sich daher in kurzer Zeit ein Bild über ausserordentlich verschiedenartige Arbeiten oft sehr technischer Art machen. Daraus ergibt sich für sie die Unmöglichkeit, diese Angelegenheiten in der Vollversammlung zu behandeln, und die Notwendigkeit, die Vorprüfung den Kommissionen zu übertragen. Nun hat jedes in der Versammlung vertretene Völkerbundsmitglied ohne weiteres Sitz in den Kommissionen. Wenn in der Kommission eine
Verständigung erzielt wird, so bedeutet das, dass sich sämtliche Delegationen einigen konnten. Es ist nun sehr selten, dass die Vertreter einer Begierung in der Vollversammlung eine andere Haltung als in der Kommission einnehmen.

Die erste Woche der Session ist gewöhnlich einer ziemlich ausgiebigen Diskussion über die Tätigeit des Bates während des verflossenen Jahrea gewidmet.

Diese Aussprache bietet den Delegationen Gelegenheit, die Politik des Bates.

zu billigen oder diesbezüglich Vorbehalte anzubringen. Dieses Jahr nun nahmen zwei Angelegenheiten, die am Anfang erledigt werden mussten, nämlick der Eintritt Deutschlands und die Erweiterung des Bates, gerade jene gewöhnlich für diesen Meinungsaustausch bestimmten Tage in Anspruch. Die

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Versammlung hatte daher zu wählen zwischen den beiden Unzukömmlichkeiten, entweder die allgemeine Diskussion auf die zweite Woche zu verschieben, zu ·welcher Zeit üblicherweise die Arbeiten in den Kommissionen beginnen -- diese Lösung hätte eine beträchtliche Verlängerung der Session zur Folge gehabt --, oder diese Aussprache abzukürzen. Man zeigte sich eher geneigt, den zweiten Weg zu beschreiten, was dazu beitrug, einigermassen den Charakter der Session zu verändern.

Jedenfalls dürfte es nicht von Vorteil sein, wenn sich der Charakter der Versammlung in dem Sinne umgestalten würde, dass eine Herabminderung der Bedeutung einträte, die ihren Beratungen zukommen sollte. Die in den Kommissionen ausgedrückten Meinungen haben nicht das gleiche Echo wie die in den Vollversammlungen vorgebrachten Ansichten, und es wäre z,u befürchten, dass, wenn die künftigen Sessionen dem Beispiele der vorhergehenden folgten, die Völkerbundsversammlungen etwas von ihrem hohen Ansehen einbüssen würden.

III.

Die Aufnahme Deutschlands und die Erweiterung des Rates.

Bereits anlässlich der zweiten Vollversammlung gab der Eat Kenntnis von einer von ihm am 4. September angenommenen Resolution, die den Bericht der Kommission für die Umgestaltung des Eates genehmigte, Deutschland gemäss Artikel 4 der Satzung einen ständigen Batssitz zuerteilte und ein& Erhöhung der nichtständigen Sitze von sechs auf neun vorsah.

Das Hindernis, das dem Eintritte Deutschlands in den Völkerbund im Wege gestanden und für das die Versammlung in keiner Weise verantwortlich gewesen, war somit beseitigt. Der Eat ersuchte die Versammlung, von dem ihr in der Satzung eingeräumten Eechte Gebrauch ?u machen und der Anerkennung eines ständigen Eatssitzes an Deutschland ihre Zustimmung zu geben, Der Leser wird zweifellos bemerkt haben, wie der Bat die beiden Fragen der Schaffung eines ständigen Eatssitzes zugunsten Deutschlands und der Erhöhung der Zahl der nichtständigen Mitglieder miteinander verknüpft hat.

Diese Verquickung rief in der Versammlung einigen ziemlich begründeten Kritiken. Alle Delegationen waren der Ansicht, dass das Problem der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund und die Gewährung einer ständigen Vertretung im Eate an diesen Staat hinreichend geprüft worden sei, hatte doch der erste Punkt bereits Gegenstand des Berichtes einer Kommission an die ausserordentliche Versammlung gebildet, und dass daher die siebente Versammlung, ohne vorherige Überweisung an eine Kommission, an dessen Behandlung herantreten könne. Dagegen vertraten einige Delegationen den Standpunkt, dass sich die Versammlung zum ersten Male mit der Frage der Ratserweiterung zu befassen habe, dass sie bis dahin bloss von einem beratenden Organe des Eates erörtert worden sei, dass der Eat erst vor ganz kurzem beschlossen habe, den Schlussfolgerungen dieses Organes zuzustimmen, -- tatsächlich erst zwei

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"Tage zuvor--und dass daher die in der Kommission für die Umgestaltung des Eates nicht vertretenen Regierungen nicht dieselbe Möglichkeit gehabt hätten, sich eine Meinung zu bilden wie jene, deren Delegierte an den Kommissionsarbeiten teilgenommen hatten. Man gab auch der Ansicht Ausdruck, dass die Batserweiterung eine sehr umstrittene Frage sei, die für das Funktionieren des Völkerbundes grosse Wichtigkeit besitze und dass daher kein Beschluss gefasst werden sollte ohne vorherige gründliche Besprechung in einer Kominission.

Es wurde in einer Sitzung des Versanunlungsbureaus geprüft, welcher "Weg einzuschlagen sei. In deren Verlauf liess der Bat wissen, dass er die Einstimmigkeit nur unter der Bedingung erzielt habe, dass die Zuerteilung eines ständigen Batssitzes an Deutschla-nd und die Batserweiterung als ein Ganzes betrachtet würden. Für den Fall, dass sich die Versammlung für eine Trennung der beiden Fragen aussprechen sollte, behielt sich der Bat das Beeilt vor, die Lage neuerdings zu prüfen, und gab zu verstehen, dass es keineswegs sicher sei, dass dann die Einstimmigkeit gewahrt bliebe. Ein Auseinanderreissen der beiden Probleme hätte somit den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund neuerdings in Frage gestellt; man lief Gefahr, einen Misserfolg wie im März wiederum erleben zu müssen und dem Völkerband einen noch schwereren Schlag .zu versetzen als ein halbes Jahr zuvor.

Das Bureau beauftragte den ersten schweizerischen Delegierten, diese Gründe der Versammlung auseinanderzusetzen. Herr Motta tat dies am 8. September, In der Bede, die er bei dieser Gelegenheit hielt, hob der Vorsteher des Politischen Departements die ausserordentliche Wichtigkeit des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund hervor. Er wies sodann hin auf den von diesem Staate gewollteil Zusammenhang zwischen seiner Aufnahme in den Völ-.

kerbund und der Zuerteilung eines ständigen Batssitzes an ihn, sowie auf die engen Beziehungen, die zwischen der letztgenannten Frage und der Erweiterimg des Bates bestanden. Der Bedner führte weiter aus, die Schweiz habe sich immer sehr besorgt gezeigt für alles, was das Ansehen der Versammlung anging.

Es wäre daher falsch, wenn man in dor vorgeschlagenen Methode die Absicht sehen wollte, die Kompetenzen der Versammlung zu beschneiden. Einzig der Wunsch, eine gefährliche Krisis, die
nur ssu lange gedauert habe, zu lösen, sei ·wegleitend gewesen. Es müsse zwar zugegeben werden, dass der Beschluss betreffend die Batserweiterung sehr wichtige Folgen zeitigen könnte. Aber man habe ihn reiflich erwogen. Die Vermehrung der nichtständigen Sitze von sechs auf neuen biete freilich Anlass zu Kritiken. Aber man müsse sie als das geringere Übel ansehen. Zum Schlüsse zeigte der Sprecher des Bureaus, dass die Lösungen, zwischen denen die Versammlung zu wählen hatte, auf folgende Alternative hinausliefen: entweder Überweisung an eine Kommisaion, wobei alle Gefahren einer neuen Diskussion in Kauf zu nehmen waren, oder Abstimmung.

Der Beschlüsse, über die sich die Versammlung auszusprechen hatte, waren es fünf. In erster Linie mueste sie den auf die Wahlart der nichtständigen Mit-

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glieder und die Dauer ihres Mandats bezüglichen Teil des Berichtes des Ausschusses für die Umgestaltung des Bates an die erste Kommission überweisen.

In diesem Punkte folgte die Versammlung dem Bureau ohne Schwierigkeit.

Sodann hatte die Versammlung mit der im Pakte vorgesehenen Zweidrittelmehrheit der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund zuzustimmen. Drittens war von der Versammlung mit einfachem Mehr, gemäss Artikel IV, Absatz 2, ·des Paktes, der Zuerteilung eines ständigen Batesitzes an Deutschland zuzustimmen. Viertens hatte sie, in Anwendung des Artikels XIV, Absatz 2, ihrer Geschäftsordnung, mit Zweidrittelmehrheit ohne vorherigen Bericht einer Kommission Eintreten auf die Frage der Vermehrung der nichtständigen Batssitze von sechs auf neun zu beschließen, und schliesslich musate sic, gemäss Artikel IV, Absatz 2, des Paktes, mit einfachem Mehr diese Erweiterung genehmigen.

Es konnte in allen Teilen Einstimmigkeit erzielt werden. Die Aufnahme Deutschlands und sein Eintritt in den Bat wurden in feierlicher Abstimmung mit Namensaufruf beschlossen. In bezug auf beide Punkte wurden 48 bejahende Antworten abgegeben. Mit einigen kurzen "Worten hob der Präsident der Versammlung die Bedeutung der soeben gefassten Beschlüsse hervor. «Durch diese Abstimmung», erklärte er, «hat die Versammlung eine der notwendigsten, heikelsten und für die Zukunft des Völkerbundes wichtigsten Aufgaben erfüllt.» Die Versammlung empfand lebhafte Genugtuung, als die Vertreter Deutschlands ihre Sitze im Beformationssaal einnahmen. Tags darauf musste sie zu ihrem grossen Bedauern erfahren, dass nun auch Spanien seinen Austritt aus dem Völkerbund erklärt habe. Durch eine Mitteilung vom 8. September hatte der spanische Aussenminister dem Greneralsekretariate den Entschluss Spaniens, sich vom Völkerbunde zurückzuziehen, angezeigt. Der Brief des Herrn Yanguas wurde sofort sämtlichen Völkerbundsmitgliedern zur Kenntnis gebracht. Der somit einige Wochen nach dem Ausscheiden Brasiliens stattfindende Austritt Spaniens rief eine wohl begreifliche Erregung hervor. Es ·drängt den Bundesrat, dieselben Wünsche, die er Brasilien gegenüber ausgedrückt hat, an Spanien zu richten, auf dass auch es eines Tages seinen Platz im Völkerbunde wieder einnehmen werde. Es dürfte zweifellos angezeigt sein, hier auf die höfliche Zurückhaltung
hinzuwisen, mit der Spanien in dieser Frage handelte. Vom Wunsche beseelt, nichts zu unternehmen, was den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund und in den Bat hindern könnte, wartete die spanische Eegierung mit dem Abschicken ihrer Note, bis diese beiden Prägen erledigt waren.

Das Eintreffen der spanischen Mitteilung bedeutet das Ende der ein halbes Jahr zuvor aufgetretenen Krisis. Der Völkerbund ist wesentlich verändert aus ihr hervorgegangen : Verlust zweier ursprünglicher Mitglieder, die seit Anfang im Bäte vertreten gewesen, Eintritt Deutschlands und Erweiterung des Bates.

Hinsichtlich des Austritts Brasiliens und Spaniens haben wir soeben unserm Bedauern und unserer Hoffnung Ausdruck gegeben.

Bundesblatt. 78. Jahrg. Bd. II.

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Was die Aufnahme Deutschlands betrifft, so kann sich die Schweiz nur freuen über diesen wichtigen Schritt auf dem Wege nicht nur zur Universalität, sondern auch zur Versöhnung. Die Schweiz, die unter den Folgen der Kriegsereignisse so sehr zu leiden hatte, verfolgte mit besonderem Interessedie verschiedenen Etappen dieser schwierigen Verhandlungen zwischen dem 29. September 1924, da die deutsche Begierung den Entschluss fasste, die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund vorzuschlagen, und den Tagen de» 8; beziehungsweise 10. September 1926. da Deutschland tatsächlich der Völkerbundssatzung beitrat.

Es mag etwelches Erstaunen hervorrufen, dass die Erhöhung der nichtständigen Batssitze von sechs auf neun nach dem Bücktritt Brasiliens und am Tage des Ausscheidens Spaniens angenommen wurde. Man kann sich fragen, ob diese Erweiterung, deren Zweck namentlich die Zufriedenstellung dieser zwei Staaten gewesen, weiterhin notwendig blieb, als es offenbar wurde, dass sich die Hauptbeteiligten mit der vorgeschlagenen Lösung nicht abfinden würden. Die am 8. September beschlossene Erweiterung kann folgenschwer werden. Sie verändert noch weitergehend als die Vermehrung von 1922 das von den Urhebern der Satzung zwischen der Versammlung und dem Bäte hergestellte Verhältnis, und zwar stets zum Nachteil der Versammlung. Di& Zahl der Katsmitglieder beträgt nun vierzehn. Eine verhältnismässig hohe Zahl, wenn man in Betracht zieht, dass es ursprünglich deren neun waren. Es ist indessen nicht zu vergessen, dass Brasilien und Spanien nicht die einzigen waren, die Anspruch auf eine ständige Vertretung erhoben, dass eine gerechtere geographische Verteilung der Sitze eine Notwendigkeit geworden war, der man einzig durch eine Erweiterung Bechnung tragen konnte, und endlich, dass die Versammlung wie auch die Kommission für die Umgestaltung des Bates nichts unternehmen wollten, was diejenigen, die sich vom Völkerbund entfernt hatten, diesem noch mehr hätte entfremden können und eine spätere Annäherung weniger leicht gestaltet haben würde.

IV.

Juristische Fragen.

Wie bereits im ersten Kapitel dieses Berichtes hervorgehoben wurde, ist die von der zweiten Völkerbundsversammlung angenommene Abänderung zu Artikel IV der Satzung am 29. Juli 1926 in Kraft erwachsen. Durch diese neue Bestimmung erhält die Versammlung das Becht, mit Zweidrittelmehrheit die Begeln betreffend die Wahl der nichtständigen Batsmitglieder und insbesondere betreffend die Dauer ihres Mandates und die Bedingungen der Wiederwählbarkeit festzusetzen.

Bereits in seiner Botschaft vom 4. August 1919 über den Beitritt der Schweiz zum Völkerbunde hatte der Bundesrat erklärt *) : «Wann und wie die nichtständig vertretenen Staaten im Bäte Platz finden, ist nicht geregelt. Hier *) Seite 124.

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muss eine Ergänzung des Vertrages eintreten.» Seither hat der Bundesrat dem Ausbau der Satzung in dieser Bichtung stets besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Es mag überraschend erscheinen, dass es sechs Jahre brauchte, um diese Lücke auszufüllen, die schon zu Anfang jedem, der den Fakt gründlich las, auffallen musste und den Völkerbund in unangenehme Lagen bringen sollte. Der Grund der Schwierigkeiten lag u. a. in den entgegengesetzten rechtlichen Auffassungen, die schon in der ersten Versammlung aufeinander stiessen.

Die Gegner einer Abänderung des Artikels IV stützten sich auf dessen ersten Absatz und behaupteten, jede Eegelung des Wahlverfahrens sei unvereinbar mit der Satzung. In der angerufenen Stelle wird denn auch erklärt, dass die nichtständigen Eatsmitglieder von der Versammlung frei und zu beliebigen Zeiten gewählt werden. Die Anhänger einer Abänderung machten dieser Beweisführung gegenüber geltend, dass eine von der Versammlung aus eigenem Entschluss angenommene Eegel nicht als gegen, den im Vertrage niedergelegten Grundsatz verstossend angesehen werden könne. Während der ersten zwei Jahre versuchte die schweizerische Delegation, den Konflikt und seine Polgen zu vermeiden, indem sie die Auffassung vertrat, die Wahl der nichtständigen Eatsmitglieder sei eine Frage des Verfahrens, die durch Aufnahme entsprechender Artikel in das Geschäftsreglement der Versammlung gelöst werden könne; diese Ansicht drang jedoch nicht durch. Im Hinbliek auf die Kivalitäten, die jede neue Wahl heraufzubeschwören drohte, stimmte dann schliesslich die zweite Versammlung der Abänderung zu, die nun im letzten Juli in Kraft getreten ist. Immerhin brauchte es dazu die Ereignisse vom März, welche die Gefabren einer weitern Verzögerung des Inkrafttretens der im Jahre 1921 angenommenen Abänderung handgreiflich machten. Die Einfügung der fraglichen Bestimmung in den Artikel IV der Satzung bedeutet das Ende einer langen Diskussion, an der sieh auch die Schweiz beteiligt hat. Von 1920 bis 1926 hat der Bundesrat seinen Vertretern in Genf alljährlich Weisung gegeben, das Wahlverfahren der nichtständigen Mitglieder und die damit zusammenhängenden Probleme nicht aus dem Auge zu verlieren.

Nachdem nun die Vorfrage dermassen erledigt war, bestand die Aufgabe der siebenten Versammlung in der Ausarbeitung der Wahlregem, sowie
in der Festlegung der Mandatdauer und der Bedingungen für die Wiederwählbarkeit. Der Boden war in jeder Hinsicht bereits durch die Arbeiten der frühem Versammlungen, insbesondere durch die Eesolution vom 29. September 1922 *), und die Vorschläge der Kommission für die Umgestaltung des Eates vorbereitet.

Was das Wahlverfahren betrifft, so beschloss die siebente Versammlung **) am 15. September, jedes Jahr im Laufe der ordentlichen Session die Ernennung der nichtständigen Mitglieder vorzunehmen. Gleichzeitig aber nahm *) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 22. Dezember 1922 über die dritte VölkerbundsYersammlung, S. 74.

**) Siehe Beilage I.

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sie einen Gedanken wieder auf, den die Kommission für die Umgestaltung des Batcs hatte fallen lassen, und bestimmte, namentlich im Hinblick auf den ersten Absatz des Artikels IV der Satzung und den dort niedergelegten Grundsatz -der Freiheit, dass jederzeit zu Neuwahlen geschritten werden könne.

Hinsichtlich der Mandatsdauer konnte man sich auf drei Jahre einigen.

Für diese Frist hatte man sich bereits im Jahre 1922 ausgesprochen, und die dritte Versammlung hatte sie in ihrer Eesolntion vom 29. September vorgesehen. Der Grundsatz der Nichtwiederwählbarkeit wurde beibehalten sowie auch die Zeitspanne von drei Jahren, während welcher ein aus dem Eate ausscheidender Staat nicht wieder kandidieren kann. Die wichtigste von der Kommission für die Umgestaltung des Eates vorgeschlagene .Neuerung, nämlich die Einschränkung der Kegel der Nichtwiederwahl, wurde natürlich gleichfalls beibehalten, sowie auch die hierfür erforderliche Zweidrittelmehrheit ; die .Erklärung der Wiederwählbarkeit kann während der Dauer oder nach Ablauf des Mandats abgegeben werden. Die Gesuche um Wiederwahl sind schriftlich einzureichen. Die Versammlung befindet über jedes Gesuch in besonderer und geheimer Abstimmung. Die Anzahl der im Eate sitzenden wiederwählbaren Mitglieder darf drei nicht überschreiten. Dies sind die wesentlichen Bestimmungen, die von der siebenten Versammlung niedergelegt wurden ·und nun für die künftigen Wahlen gelten. Mit Ausnahme der Möglichkeit der Wiederwahl, die man vorher nicht ins Auge gefasst hatte, nähern sich diese Eegeln stark denjenigen, welche die vorhergehenden Versammlungen ausgearbeitet hatten, und entsprechen auch den Ansichten des Bundssrates, wie sie in seinen Instruktionen und in den von der schweizerischen Delegation in den Jahren 1920 und 1.921 gemachten Vorschlägen zum Ausdrucke kamen.

Der Grundsatz des Wechsels bedingt entweder eine vollständige Erneuerung nach Ablauf der Amtsdauer oder die Aufnahme von Übergangsbestimmungen, gemäss denen die in der ersten Wahl verliehenen Mandate von verschieden langer Dauer sind. Es wäre unzweckmässig gewesen, ein System aufzustellen, nach dem der Eat auf einen Schlag sämtlicher nichtständiger Mitglieder, mit Ausnahme der wiederwählbaren, hätte beraubt werden können.

Daher knüpfte die siebente Versammlung an eine Idee an, die bereits anlässlich
der ersten und zweiten Versammlung von der schweizerischen Delegation -vertreten worden war, and schuf für die Wahlen von 1926 ein besonderes Verfahren, sowohl bezüglich der Mandatsdauer wie auch der Erklärung der Wiederwählbarkeit. Man kam tiberein, dass die siebente Versammlung neun nichtständige Mitglieder in folgender Weise bestimmen solle : drei für drei Jahre, drei für zwei Jahre und drei für ein Jahr. Aus politischen Gründen war die Versammlung auch damit einverstanden, dass die Eigenschaft der Wiederwählbarkeit sogleich nach der Wahl verliehen würde und nicht, wie die obenerwähnte Eegel es vorschreibt, erst während oder am Ende der.Mandatsdauer.

Die von der siebenten .Versammlung .angenommenen Eegeln wurden sogleich angewandt. Man fragte sich, wie das neue System, das jedermann als

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etwas kompliziert anerkennen musste, funktionieren würde. Seine Handhabung erwies sich indessen als einfacher, als man erwartet hatte. Die Wahlen, die am 16. September stattfanden, wickelten sich ohne jeden Zwischenfall ab.

Es wurden in den Bat gewählt *) : für ein Jahr Belgien, Salvador und die Tschechoslowakei -- der erst- und letztgenannte dieser beiden Staaten hatten bereits Sitz im Bäte --, für zwei Jahre China, Kolumbien und die Niederlande, für drei Jahre Chile, Polen und Bumänien. Hierauf ging die Versammlung zur Bezeichnung des wiederwählbaren Staates über; die Abstimmung fiel zugunsten Polens aus.

Nebstdem beanspruchten noch drei weitere juristische Fragen die Aufmerksamkeit der Versammlung und bildeten Gegenstand von Besolutionen.

In erster Linie handelte es sich darum, ob sich ein Wahlsystem finden liesse, das gestatten würde, den nichtständigen Teil des Bates mehr als dies bei dem auf das Mehrheitsprinzip abgestellten Verfahren der Fall ist, zu einer wirklichen Vertretung der Versammlung zu gestalten. Man stelle sich z. B. vor, dass sich anlässlich der Wahlen nicht nur eines, sondern zweier oder dreier Staaten eine starke Minderheit, und zwar stets dieselbe,, herausbilde ; in einem solchen Falle, so führte der norwegische Delegierte aus, der diese Diskussion veranlasst hatte, würde dieses Kollegium, das hauptsächlich ein politisches Organ ist, eine ihm notwendige Eigenschaft verlieren, nämlich die, ein möglichst getreues Abbild des gesamten Völkerbundes zu sein. Zum Zwecke der Vermeidung einer solchen Sachlage inachte Herr Hambro den Vorschlag, für die Batswahlen den Grundsatz der Proportionalvertretung in Anwendung zu bringen, kombiniert mit einem System, das einen einzigen Wahlgang benötigen würde und Stimmübertragung vorsieht. Da indessen dieses Verfahren ziemlich heikle Fragen aufwarf, wozu sich noch ernstliche Schwierigkeiten technischer Art gesellten, beschloss die Versammlung am 25. September **), den Bat zu ersuchen, er möchte das Generalsekretariat mit dem Studium dieses Problems beauftragen und der achten Versammlung einen Bericht darüber unterbreiten.

Die Artikel des Paktes sind numeriert von I bis XXVI. Um diesen wichtigen Text noch klarer zu gestalten, stimmte die Versammlung einer Besolutionzu**), durch die das Generalsekretariat beauftragt wurde, die Absätze der A
r t i k e l des Paktes in den Exemplaren, die es künftig veröffentlichen würde, zu numerieren.

Die Frage des Kompetenzbereiches des Völkerbundes ist ein Problem, dem mehrere Mitgliedstaaten je länger desto mehr ihre Aufmerksamkeit zuwenden.

Die Ausdehnung, die das Tätigkeitsgebiet gewisser beratender Organe des Bates und der Versammlung angenommen hat, die Entwicklung des Völkerbundes, seine Intervention auf Gebieten, an die man anfänglich kaum gedacht hatte, verfehlten nicht, gewisse Befürchtungen und mitunter selbst Kritiken hervorzurufen. Auch der Bundesrat hatte sich veranlasst gesehen, bei dieser oder *) Siehe Beilage VI.

**). Siehe Beilage I.

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jener Gelegenheit in seinen Instruktionen auf die Bestimmungen der Satzung hinzuweisen oder auf die Kompetenzen des Völkerbundes anzuspielen. Die britische Delegation reichte nun dieses Jahr einen Kesolutionsentwurf ein, gemäss dem der Eat ersucht wird, eine Kommission zu ernennen, die in einem Berichte die Gegenstände, die in den Tätigkeitsbereich des Völkerbundes fallen, näher bestimmen sollte. Die britische Delegation entwickelte ihre Gedanken in einem beachtenswerten Memorandum, das an der Versammlung verteilt wurde. Unter Berufung auf die Präambel der Satzung, sowie auf Absatz 3 des Artikels III und Absatz 4 des Artikels IV betreffend die Befugnisse der Versammlung und des Bates fragte sich diese Delegation, ob nicht eine Unterscheidung zwischen den Prägen gemacht werden könnte, für die der Völkerbund zuständig ist, und jenen, für die das nicht der Fall ist, mit andern Worten, zwischen internationalen und nationalen Problemen. Die Versammlung war daran, einem Besolutionsentwurfe zuzustimmen, in dem die Delegationen erklärten, die Besorgnisse zu teilen, die dem britischen Vorschlage zugrunde lägen, und anerkannten, dass der Völkerbund eine Verzettelung seiner Tätigkeit vermeiden müsse. Man gab darin ausserdem dem Wunsche Ausdruck, dass jedes Völkerbundsorgan sich mit einer ihm unterbreiteten Frage erst befassen sollte, nachdem es sich vergewissert hätte, dass dies wirklich den Zielen des Völkerbundes entspreche. Da indessen die Diskussion, die sich darüber in der Versammlung entspann, zeigte, wie verwickelt und wichtig diese Angelegenheit ist, hielt es die siebente Versammlung für geraten, die weitere Aussprache auf das nächste Jahr zu verschieben.

V.

Die technischen Organisationen. Soziale und humanitäre Fragen.

A. Die technischeil Organisationen, Von sämtlichen Kommissionen der Versammlung war die zweite jene, deren Tagesordnung die grösste Anzahl Geschäfte aufwies. Sie überprüft das zwischen zwei Sessionen von vier technischen Organisationen Geleistete und zeichnet diesen letztern ihre Tätigkeit bis zum nächsten September vor. Es handelt sich um die Hygiencorganisation, die Wirtschafts- und Finanzorganisation, die Organisation für Verkehrswege und Transit und die Organisation für die geistige Zusammenarbeit. Jede dieser Organisationen ist auf einer Anzahl zum Teil sehr verschiedenartiger Gebiete tätig. Aus diesem Grunde sind denn auch dieses Jahr, noch mehr als bisher, die der Versammlung von dieser Kommission unterbreiteten Besolutionsentwurfe sehr allgemein gehalten. Es ist hier der Versammlung nur um eine grundsätzliche Anerkennung der Tätigkeit dieser beratenden Organe sowie um eine Ermutigung für die Zukunft zu tun.

Die Hygieneorganisation umfasst einen beratenden Ausschuss des Bates und eine Abteilung des Generalsekretariates. Der Ausschuss zerfällt in nicht weniger als elf Unterkommissionen, nämlich jene für den Hygiene-

8:J9 Tinterricht, für den Fernen Osten, für das Sumpffieber, den Krebs, die Tuberkulose, das Opium, die Kohle, für die Vereinheitlichung der Sera, für die serologischen Eeaktionen und biologischen Erzeugnisse, für die Schlafkrankheit sowie für die Blattern und Impfung. Die Hygieneabteilung veröffentlicht ein ·epidemiologisches Nachrichtenbulletin und organisiert den Austausch von Sanitätspersonal. In einer Eesolution vom 24. September *) drückte sie ihre Genugtuung über die bisherige Tätigkeit aus. Sie hob die Arbeit hervor, die im Fernen Osten geleistet worden war und insbesondere das vom epidemiologischen Nachrichtenbureau in Singapore Erreichte, Die Organisation für Verkehrswege und Transit umfasst eine allgemeine Konferenz, die in der Eegel alle zwei Jahre zusammentritt, eine beratende und technische Kommission, sowie eine Verwaltungsabteilung. Die nächste Session der Konferenz ist für 1927 vorgesehen. Die siebente Versammlung gab der Hoffnung Ausdruck, dass sich jene mit der Verbesserung der Beziehungen zwischen der Organisation für Verkehrswege und Transit und den "Verwaltungen der aussereuropäischen Länder befassen werde. Eine Aufzählung der von der beratenden Kommission und der Verwaltungsabteilung behandelten Fragen gibt ein Bild von der Menge der laufenden Arbeiten: Hafenfragen, Meerschiffahrt, Bakenlegen, Beleuchtung an den Küsten, Binnenschifffahrt, Vereinheitlichung des Privatrechts auf dem Gebiete der Binnenschiffahrt, Eisenbahntransport, Passwesen, Fragen betreffend Elektrizität, Strassenverkehr, Fragen betreffend Télégraphie und die Kalenderreform. In einer Eesolution vom 25. September *) nahm die Versammlung Kenntnis von den Portschritten, welche die Organisation für Verkehrswege und Transit zwischen 1925 und 1926 erzielt hat.

Zwei Ausschüsse bilden die wesentlichen Bestandteile der Wirtschaf tsiind Finanzorganisation, das Wirtschaftskomitee und das Finanzkomitee.

Die Versammlung stimmte am 24. September einer Resolution zu, welche die Arbeiten des Wirtschaftskomitees zum Gegenstande hat. Diese sind zum Teil bereits beendigt oder befinden sich auf dem besten Wege dazu. Dies gilt z. B. für die Konvention zur Vereinfachung der Zollformalitäten, der bis jetzt ungefähr 20 Staaten beigetreten sind. Dies trifft gleicherweise zu für das Protokoll betreffend die Schiedsklauseln im
Handelsverkehr, das von ungefähr 20 Staaten unterzeichnet und von neun ratifiziert worden ist. Tn bezug auf diese beiden Abkommen gab die Versammlung ihrer Genugtuung über die bisher ·erzielten Ergebnisse Ausdruck. . Weitere Arbeiten des Wirtschaftskomitees sind im Begriff, aus dem Vorbereitungsstadium in das der Verwirklichung überzutreten. Der Ausschuss sucht nebst anderem das Protokoll über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr durch eine Zusatzakte zu ergänzen zwecks Sicherstellung der Durchführung von ausländischen Schiedssprüchen. Die wichtigste Aufgabe des Wirtschaftskomitees besteht in der Prüfung der Frage der Aufhebung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen.

*) Siehe Beilage II.

840

Wie erinnerlich, hatte man diese Fra gè, die anlässlich der fünften Versammlung von der italienischen Delegation aufgeworfen worden war, zum Studium an das Wirtschaftskomitee überwiesen*). Dieses hat einen Konventionsentwurf ausgearbeitet ; die sechste Versammlung hielt es für angezeigt, diesen zu eingehender Prüfung industriellen und Handelskreisen zu unterbreiten. Die Untersuchungen waren zur Zeit, da die siebente Versammlung zusammentrat,, so weit gediehen, dass der Rat am 7. September in einer Resolution dem Vorschlage des Wirtschaftskomitees, im Jahre 1927 eine internationale Konferenz zwecks Ausarbeitung eines Abkommens über diesen Gegenstand einzuberufen,, zustimmen konnte. Die Versammlung nahm Kenntnis von dieser Resolution.

und gab ihrem Wunsche für den Erfolg dieser Initiative Ausdruck.

. Man kann für 1927 ebenfalls das Zusammentreten der i n t e r n a t i o n a l e n W i r t s c h a f t s k o n f e r e n z erwarten **). Der Völkerbundsrat hatte der von der Versammlung am 24. September 1925***) angenommenen Resolution Folge ge^ geben und einen Ausschuss zur Vorbereitung dieser Konferenz gebildet. Dieser hat bereits zwei Sitzungen abgehalten und sich mit der Aufstellung des Programms der künftigen Konferenz befasst. Eine zweite Session erwies sich als notwendig. Die Versammlung gab dem Wunsche Ausdruck, die Arbeiten des vorbereitenden Ausschusses möchten einen raschen Fortgang nehmen, damit dia Konferenz vom. Bäte hinnen kürzester Frist einberufen werden könne.

Was die Arbeiten des F i n a n z k o m i t e e s von 1925 bis 1926 betrifft, so hob die Versammlung besonders hervor f ) : die Berichte über die Wiederaufrichtung der Finanzen der Freistadt Danzig, die Studien, die auf Ersuchen der Französischen ."Regierung über die,Methoden der Zusammenarbeit zwischeii den Regierungen und den Notenbanken vorgenommen worden waren zum Zwecke der leichtern U n t e r d r ü c k u n g der Falschmünzerei, und schliesslieh die Arbeiten der Experten in der Frage der D o p p e l b e s t e u e r u n g und.

der S t e u e r f l u c h t .

Das Finanzkomitee hatte dem Völkerbundsrate mitgeteilt, dass das finanzielle Gleichgewicht Österreichs als gesichert gelten könne; darauf beschlosa der Rat am 9. Juni 1926, die Funktionen des Generalkommissärs in Wien mit dem 80. desselben Monats erlöschen zu lassen. Die
Bedingungen für die Aufhebung dieser Kontrolle waren zuvor vom Finanzkomitee, vom Ausschusse der Staaten, die das Wiederaufbaudarlehen garantiert hatten, sowie vom Völkerbundsrate geprüft worden. Die siebente Versammlung gab ihrer Genugtuung darüber Ausdruck, dass Österreich in der Lage sei, die volle Verantwortung für seine Finanzpolitik wieder zu übernehmen t), und bekundete ihre Überzeu*) Siehe Botschaft des BuDdesrates an die Bundesversammlung vom 8. Dezember 1924 über die fünfte Völkerbundsversammlung, S. 27 und 71.

.**) Der Text der Resolution befindet sich in Beilage II.

***) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Dezember 1925 über die sechste Völkerbundsversammlung, S. 18 und 43.

f) Siehe Beilage II.

841

gung, dass das Volk und die Eegierung Österreichs die bisherigen Ergebnisse sicherzustellen wüssten. Die Versammlung dankte im weitem den Staaten, die für das Wiederaufbauwerk ihren Kredit zur Verfügung gestellt hatten.

Die Eesolution,. welche die siebente Versammlung bezüglich Ungarn fasste *), ist derjenigen betreffend Österreich sehr ähnlich. Das Wiederaufbau^ werk konnte in beiden Ländern ungefähr gleichzeitig zu Ende geführt werden, und der Generalkommissär in Budapest durfte seinen Posten am gleichen Tage wie sein Kollege in Wien verlassen.

Der Völkerbund leistete einigen Staaten grosse Dienste, indem er die Ansiedelung von Flüchtlingen an die Hand nahm**). Dies gilt für Griechenland und Bulgarien. Die Tätigkeit in Griechenland erstreckt sich auf anderthalb Millionen Flüchtlinge. In Bulgarien handelt es sich darum, 120,000 Unglücklichen zu Hilfe zu kommen ; es sind diesbezüglich Finanzunterhandlungen im Gange.

Wiederaufbau Österreichs und Ungarns, Hilfe für Griechenland, die Frageeines Darlehens für die Festigung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage Danzigs, Emission eines bulgarischen Darlehens, dag der Ansiedelung der Flüchtlinge dienen soll, all das bedeutet eine Eeihe von Erfolgen für das Finanzkomitee, Die Versammlung gab sich denn auch Eechenschaft darüber. In einer am 24, September gefassten Eesolution bezeichnete sie die von diesem wichtigen Völkerbundsorgane geleistete Arbeit als hervorragend.

Die Organisation für die geistige Z u s a m m e n a r b e i t scheint ebenfalls über das Anfangsstadium hinausgekommen zu sein, wenn auch vielleicht langsamer als andere Organisationen. Neben der beratenden Kommission des Eates, die erstmals im August 1922 zusammentrat, besteht nun noch das Institut zur Organisierung der geistigen Zusammenarbeit in Paris, das am 16. Januar 1926 eröffnet wurde. Die Kommission umfasst gegenwärtig vier Ausschüsse, einen für die Fragen betreffend das geistige Eigentum, einen für die Beziehungen zwischen den Universitäten, einen für Literatur und Kunst und einen weitern für Bibliographie. Ausserdem wurden nationale Kommissionen zur Organisierung der geistigen Zusammenarbeit in einer grossen Anzahl Länder, zu denen auch die Schweiz gehört, gegründet. Um hervorzuheben, dass das Vorbereitungsstadium als abgeschlossen zu betrachten sei, erklärte die Versammlung,
dass die Kommission zur Organisierung der geistigen Zusammenarbeit, sowie sie heute'besteht, nun ein System darstelle, das imstande sei, die geistigen Beziehungen zwischen den Völkern enger zu gestalten und die Arbeitsbedingungen für die geistig Arbeitenden zu verbessern.

Das Programm der eigentlichen Tätigkeit der genannten Organisation ist schwer zu umschreiben Man gewinnt auch hier den Eindruck, dass die Kommission und das Institut im Begriffe stehen, an praktische Arbeiten heranzutreten. Die Versammlung billigte die wichtigsten derselben: Veranstaltung *) Der Text dieser Resolution befindet sich in Beilage II.

**) Siehe Beilage II.

842

eines Kongresses für Volkskunst, Schaffung eines internationalen Muséumunités, Schaffung einer Organisation, welche die Bibliotheken sämtlicher Länder umfassen soll.

Eine der von der Kommission zur Organisierung der geistigen Zusammenarbeit in Angriff genommenen Fragen ist die der Unterweisung der Jugend über das Wesen und die Ziele des Völkerbundes. Die Instruktionen des Bundesrates an seine Vertreter heben hervor, dass es sich für die Schweiz, wo die Kantone für Erziehungsfragen zuständig sind, um ein verwickeltes und heikles Problem handle. Am 22. September 1925 hatte die sechste Versammlung die Kommission*) ersucht, die Möglichkeit der Einberufung eines Unterausschusses zu prüfen, der aus Sachverständigen für Erziehungsfragen bestehen sollte. Dieser Unterausschuss trat im letzten Juli in Genf zusammen und arbeitete die Hauptlinien eines Aktionsplanes aus. Die siebente Versammlung studierte dieses Programm und richtete in einer Besolution**) die dringende Bitte an dieBegierungen, ihrerseits die vorgesehenen Massnahmen einer wohlwollenden Prüfung au unterziehen und die nötigen Vorkehren zu treffen zur Verwirklichung jener Empfehlungen, deren Anwendung sie auch für ihr Land möglich erachteten.

B. Soziale und humanitäre Fragen.

(Tätigkeit der fünften Kommission.)

In ihrer Resolution betreffend den Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln**) drang die siebenteVersammlung bei denEegierungen auf möglichst baldige Eatifikation des internationalen Abkommens betreffend die Narkotika vom 19. Februar 1925.

Was den Frauen- und Kinderhandel**) betrifft, so billigte die Versammlung die Vorbereitungsarbeiten, die das zuständige beratende Organ der Versammlung und des Eates von 1925 bis 1926 ausgeführt hatte. Dagegen rief die Tätigkeit des Ausschusses für Kinderschutz, der gebildet worden war gestützt auf den Bescbluss der fünften Versammlung***), das bis dahin von der Internationalen Vereinigung für Kinderschut? vollbrachte Hilfswerk dem Völkerbund anzuvertrauen, einige Kritiken hervor. Man rügte, dass das Programm dieses Organs eine zu grosse Zahl Fragen umfasse. Die Versammlung gab Weisung, das Studium gewisser Probleme stu verschieben. Dagegen erklärte sie sich voll und ganz mit der Prüfung anderer Gegenstände einverstanden, die nach ihrer Ansicht in den Tätigkeitsbereich des Ausschusses fallen.
Es wurde weiterhin beschlossen**), das Mandat der Personen, die im Auftrage des Völkerbundes seit 1921 im Nahen Osten Frauen und Kindern armenischen odef griechischen Ursprungs nachforschen, die sich in türkischen Häusern befinden, auf ein weiteres Jahr zu verlängern.

*) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Dezember 1925 über die sechste Völkerbundsversammlung, S. 18 und 44.

**) Siehe Beilage II.

***) Siehe Bericht des Bundearates an die Bundesversammlung vom S.Dezember 1924 über die fünfte Völkerbundsversammlung, S. 33 und 85,

843

Im letzten Mai wurde in Genf eine Konferenz abgehalten zum Zwecke, die Vereinbarungen von 1922 und 1924 betreffend die russischen und armenischen Flüchtlinge in verschiedener Hinsicht zu ergänzen und zu verbessern.

Die siebente Versammlung nahm am 25. September eine Resolution an, die diese Vereinbarungen den Eegierungen warm empfiehlt.

Die Frage der Schaffung nationaler Heimstätten für die Armenier beschäftigt die Versammlung seit 1924. Wie erinnerlich, wurde anlässlich der fünften Session Herr Nansen beauftragt, die Möglichkeit der Ansiedelung von 25,000 armenischen Flüchtlingen im Kaukasus zu prüfen. Das Hindernis, das sich der Verwirklichung dieses Planes entgegenstellte, ist finanzieller Art.

Ein Ausschuss des Eates wird untersuchen, in welchem Masse der Völkerbund .zur Lösung der Schwierigkeiten beitragen kann *).

Die auf dem Gebiete der Flüchtlingshilfe gemachten Erfahrungen, sowie die Versuche betreffend ihre Ansiedelung, sollten nicht der Vergessenheit anheimfallen. Es hat sich hier eine ganze Praxis herausgebildet. In der Erwägung, dass diese Arbeiten für die Zukunft lehrreich seien, schlug die siebente Versammlung dem Eate vor, den Oberkommissär des Völkerbundes für das Flüchtlingswesen sowie die internationale Arbeitsorganisation zur Prüfung der Frage einzuladen, in welcher Weise die bisher getroffenen Schutz-,Unterbringungs-- und Unterstützungsmassnahmen a u f andere ähnliche, später etwa

VI.

Militärische Fragen.

(Arbeiten der dritten Kommission.)

Artikel VIII der Völkerbundssatzung sieht eine Beschränkung der nationalen Rüstungen auf das Mindestmass vor, das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erfüllung der internationalen Verpflichtungen vereinbar ist. Ausserdem wird daselbst bestimmt, dass der Eat die Pläne dieser Rüstungsbeschränkung auszuarbeiten habe. Der Zusammenhang zwischen der Sicherheit und de» Herabsetzung der militärischen Bestände wird also vom Pakte anerkannt.

Sämtliche Völkerbundsversammlungen, die sich mit der Ausführung des Artikels VIII befassten, stiessen auf die schwierige Frage, ob die Abrüstung die Sicherheit schaffen soll oder ob s i e erst a l s deren Folge einzutreten habe. D i e nahm, steht noch jedermann vor Augen***), Das Genfer Protokoll betreffend die friedliche Erledigung internationaler Streitfälle geht vom Gedanken aus.

dass die Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Staaten ein Gefühl der Sicherheit *) Siehe Beilage II.

**) Der Text dieser Resolution befindet sich in Beilage II.

***) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 8. Dezember 1924 Über die fünfte Völkerbundsversammlung, S. 7--17 und 44--58.

844

hervorruft, das die Büstungsbesqhränkung möglich macht. Die sechste Versammlung, die in der Zeit zwischen der Ablehnung des Protokolls und dem Erfolge der Locarno-Abkommen tagte, hatte den Rat in Erwartung der weitern Entwicklung der Dinge ersucht, im Jahre 1926 Bericht zu erstatten über den Fortschritt, den der Abschluss von Schiedsgerichts- und gegenseitigen Sicherheitsverträgen für die allgemeine Sicherheit bedeiiten könnte. Sie hatte im weitem ihre Anerkennung für die von verschiedenen Staaten in dieser Hinsicht unternommenen Bestrebungen ausgedrückt und die Aufmerksamkeit sämtlicher Staaten auf das Interesse hingelenkt, das für jeden besteht, den gleichen Wegzu .beschreiten *).

Die Locamo-Abkommen sind mit dem Eintritte Deutschlands in den Völker* bund in Kraft erwachsen. Anderseits hat sich die Zahl der1 Schiedsgerichtsverträge zwischen 1925 und 1926 erhöht. Im Berichte, welcher der siebenten Session gernäss dem. Wunsche der sechsten Versammlung unterbreitet wurde, stellt der Bat fest, dass die Bewegung zugunsten der friedlichen Erledigung: internationaler Streitigkeiten mit jedem Tage mehr an Boden gewinne, dass ihre Kraft wachse und dass ihre Förderung nunmehr einen Gegenstand der praktischen Politik zahlreicher Staaten bilde. Die siebente Versammlung teilte den Standpunkt des Bates. In einer am 25. September**) angenommenen Beso · lution erklärt sie, dass sie in den Schiedsgerichtsverträgen und besonders in den Locamo-Abkommen «einen beachtenswerten Fortschritt auf dem Wege zum gegenseitigen Vertrauen zwischen den Völkern» erblicke; sie drückt im.

weitem den Wunsch aus, auch die in andern Gebieten liegenden Staaten möchten einander Garantien geben, wie sie im Bheinpakt enthalten sind. Sie hebt hervor, dass nach ihrer Überzeugung die Schiedsgerichtsbarkeit unter die für die Aussenpolitik massgebenden Grundregeln aufgenommen werden sollte, und ersucht schhesslich den Bat, seine Vermittlung den Staaten für den Abschluss von Schhchtungs- und Schiedsgerichtsverträgen, sowie von Abkommen, zur gerichtlichen Erledigung von Streitfällen anzubieten.

Die Feststellung, dass die weitere Ausbreitung der Schiedsgerichtsbarkeit, das Gefühl der Sicherheit erhöht, bedeutet zugleich auch, dass der Zeitpunkt gekommen ist, da man an die Büstungsbeschränkung denken darf. In Erwartung des bevorstehenden
Abschlusses der Locarno-Abkommen hatte die sechste Versammlung den Bat eingeladen, die Vorbereitungsmassnahmen für die Einberufung einer Konferenz über die Frage der Büstungsbeschränkung zu prüfen.

Es wurde ein Ausschuss des Bates gebildet, der zu untersuchen hatte, welches Organ mit den von der sechsten Versammlung in Aussicht genommenen Vorbereitungsarbeiten zu betrauen sei, wie dieses zusammengesetzt und welches Programm ihm gegeben werden müsse. Am 12. Dezember 192S bescbloss der *) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Dezember 1925 über die sechste Völkerbundsversammlung, S. 5--9 und 30.

**) Siehe Beilage III,

845 Bat auf Vorschlag seines Ausschusses, eine Kommission für die Vorber e i t u n g der A b r ü s t u n g s k o n f e r e n z zu bestellen. Man sah vor, dass diese «ine Delegation eines jeden der im Eate sitzenden Staaten, sowie Vertreter der sieben folgenden Länder umfassen sollte : Bulgarien, Vereinigte Staaten, Finnland, Niederlande, Polen, Bumänien und Serbisch-kroatisch-slawonisches Königreich. Was das Programm der Konferenz betrifftj so stellte der Bat ein Verzeichnis der ihr zu unterbreitenden Probleme auf.

Die vorbereitende Kommission hielt ihre erste Session in Genf ab, in der Zeit zwischen dem 18. und 26. Mai, unter dem Vorsitze des niederländischen Gesandten in Paris. Herrn London. Sie beauftragte mit dem Studium der vom Hate gestellten Fragen zwei Unterkommissionen. Die eine hat sich mit den technischen Angelegenheiten zu befassen, d. h. mit den Fragen betreffend das Militärwesen, die Marine und die Luftschiffahrt; die andere ist zuständig für die wirtschaftlichen, finanziellen, industriellen und sozialen Fragen, soweit diese mit der Abrüstung zusammenhängen. Als die siebente Versammlung tagte, waren die Arbeiten der Vorbereitungskommission so weit gediehen, dass ihr Präsident darüber in der dritten Kommission eingehend Bericht erstatten konnte. Die Verhandlungen der genannten Kommission bezogen sich -hauptsächlich auf den Zeitpunkt der Einberufung der Konferenz sowie auf das Programm der vorbereitenden Kommission, das die einen als zu theoretisch und zu weit ansahen, während es die Billigung anderer fand.

Was die Arbeiten der Kommission betrifft, so drückte die siebente Versammlung schliesslich in einer Besolution vorn 24. September *) ihre Genugtuung über diese aus. Hinsichtlich des Zeitpunktes für das Zusammentreten der Konferenz wurde kein bestimmtes Datum festgelegt. Immerhin richtete man an den Bat das Ersuchen, die Einberufung vor der achten ordentlichen Versammlung vorzunehmen, falls nicht materielle Unmöglichkeit bestände.

Die letzte militärische Frage, welche die dritte Kommission in Anspruch .nahm und Gegenstand einer Besolution der Versammlung bildete, ist die der Kontrolle der p r i v a t e n Herstellung von W a f f e n , Munition und Kriegsmaterial. Wie erinnerlich, hatte sich eine Konferenz, die im Juni 1925 in Genf stattfand, mit der Kontrolle des internationalen
Waffenhandels befasst**). Das Abkommen, das bei dieser Gelegenheit ausgearbeitet wurde, bedeutet einen ersten Schritt. Ein Abkommen über die private Herstellung wäre die logische Weiterführung. Die dritte Kommission fragte sich, ob es tunlich wäre, diese Angelegenheit zum Gegenstand einer besondern Konferenz zu machen oder ob nicht eher das Problem auf die Tagesordnung der allgemeinen Abrüstungskonferenz gesetzt werden sollte. Die Lösung, für die man sich entschied, besteht darin, dass man den Bat bevollmächtigte, die private Herstellung von Waffen in das Programm der Konferenz zur Pierabsetzung der mili*) Siehe Beilage III.

**) Siehe Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1925, S. 30.

846 tärischen Bestände aufzunehmen, falls diese vor der achten Versammlung zusammentreten kann; sollte letzteres nicht möglich sein, so wäre eine besondere: Konferenz einzuberufen.

.

VII.

Budget und verwaltungstechnische Fragen.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Versammlung auf finanziellem Gebiet ist die Kontrolle der Abrechnungen des verflossenen Rechnungsjahres und die Aufstellung des Budgets für das kommende Jahr. Die Versammlung pflegt die vorbereitende Arbeit auf diesem Gebiete der vierten Kommission' zu übertragen. Der Völkerbund hat sich im Jahre 1922 ein Reglement betreffend die Finanzverwaltung gegeben, welches das Verfahren für den Rechnungsabschlüsse sowie für die Aufstellung des Budgets festlegt. Nach Kenntnisnahme eines vom Rechnungskommissär genehmigten Berichtes der Kontrollkommission erteilte die siebente Versammlung am 25. September, gemäss dem Vorschlag der vierten Kommission *), den geprüften Rechnungen des Völkerbundes für das siebente Finanzjahr (1925) definitive Genehmigung.

Ausserdem setzte sie das allgemeine Budget des Völkerbundes für 1927 auf 24,512,341 Goldfranken fest, worin die Zusatzkredite Inbegriffen sind. Der Voranschlag für 1926 hatte 22,980,683 Pranken betragen. Jener für 1925 belief sich auf 22,658,188 Pranken. Das Budget für das neunte Rechnungsjahr ist somit einundeinhalb Millionen höher als das des letzten. Trotzdem dürften, die Beitragsleistungen der Einzelstaaten kaum eine Erhöhung erfahren, und dies aus zwei Gründen. Erstens ist Deutschland in den Völkerbund eingetreten,.

und die siebente Versammlung hat zu seinen Lasten 79 Einheiten im Kostenverteilungsplan eingesetzt. Die Gesamtzahl der Einheiten hat sich erhöht,, was zur Polge hat, dass der auf die Einheit entfallende Betrag geringer ist..

als dies sonst der Fall wäre. Zweitens wurden in den letzten Rechnungsjahren des Völkerbundes Überschüsse erzielt, die sich z, B. im Jahre 1924 auf neun Millionen beliefen. Diese Überschüsse sind der Tatsache zu verdanken, dass einerseits weniger ausgegeben wurde, als im Budget vorgesehen war, und anderseits, dass die Bezahlung gewisser ausstehender Beiträge erfolgte. Gemäss Artikel 88 a des Finanzreglements des Völkerbundes soll der Aktivsaldo dem.

Konto der Mitgliedbeiträge gutgeschrieben werden. Entgegen dieser Bestimmung hatte nun die fünfte Versammlung beschlossen, die Überschüsse einem besondern Fonds zuzuwenden, dem sogenannten Baufonds des Völkerbundes.

Gleichzeitig hatte sie festgelegt, es sei alljährlich von 1926 an im Voranschlag:
eine besondere Rubrik für die Bauten zu führen. Es dürfte auf den ersten Blick, etwas sonderbar erscheinen, dass im Voranschlag ein Kredit für Bauten vorgesehen ist und dass eine Summe von ungefähr gleichem Betrage dem Kontoder Beitragsleistungen gutgeschrieben wird. Dieses Verfahren erklärt sich aus.

dem Umstände, dass, wenn man die rückständigen Beiträge, die Austritte aus *) Siehe Beilage IV.

84T

dem Völkerbund und die Neuaufnahmen in Betracht zieht, die Staaten, die zur Äufnung des Baufonds mitgeholfen haben, nicht genau dieselben sind wie die, welche gegenwärtig und in Zukunft die Kosten des Völkerbundes zu tragen haben. Es schien daher gerechtfertigt, das bisher Geleistete den Staaten, die zum Fonds beigesteuert haben, in entsprechendem Verhältnisse zurückzuzahlen und die aus dem Bau sich ergebenden Lasten gemäss dem Kostenverteilungsplan auf sämtliche Mitglieder abzuwälzen. Es wurde eine Liste aufgestellt, die in Prozenten angibt, wie stark ein jeder Staat bei der Schaffung des Baufonds beteiligt war. Auf Grund dieses Planes wird nun die Bückzahlung von 1927 an erfolgen. Die Summe, die nächstes Jahr an die Staaten, die zur Äufnung des Baufonds mitgeholfen hatten, zurückbezahlt werden soll, wird sich auf 1,400,000 Goldfranken belaufen. Der schweizerische Anteil beträgt 2.32ioo8%Somit wird der schweizerische Beitrag für 1927 (17 Einheiten des Verteilungsplanes) zufolge der Teilnahme Deutschlands an den Kosten des Völkerbundes und der ersten Bückzahlung aus dem Baufonds, trotz beträchtlicher Erhöhung des Budgets für das neunte Bechnungsjahr, etwas geringer als jener für das Jahr 1926 sein. Auf jeden Fall bleibt die allgemeine finanzielle Lage des Völkerbundes auch weiterhin günstig. Das letzte Bechnungsjahr schloss mit einem Überschusse von mehr denn drei Millionen ab, und die im Jahre 1925 eingegangenen Beiträge stellen 98 % des Budgets dar (91 % im Jahre 1924).

Einige Staaten zahlen indessen ihre Beiträge unregehnässig. Die viertö Kommission befasste sich eingehend mit dieser Angelegenheit. Am 25. September wurde eine Besolution angenommen, gemäss welcher der Generalsekretär eingeladen wird, energische Schritte bei den Schuldnern zu unternehmen und über deren Ergebnis dem Bäte anlässlich der nächsten Juni-Session Bericht zu erstatten. Der Bat wurde eräucht, inzwischen die rechtliche Stellung der Staaten, die ihre Beiträge nicht bezahlen, prüfen zu lassen.

Im weitern fand in der vierten Kommission eine Aussprache statt, die, wenn sie auch nicht zu einer besondern Besolution führte, doch beachtenswert ist. Es handelt sich um den Vorschlag der indischen Delegation, wonach die Versammlung einen Höchstbetrag für das Völkerbundsbudget festsetzen sollte.

Die Vertreter Indiens hatten sich
darüber beunruhigt gefühlt, dass sich das Budget von Jahr zu Jahr erhöhte, und dachten, es sollte möglich sein, ein weiteres Anwachsen zu verhindern durch Aufstellung eines nach Belieben zu bestimmenden Normalbudgets, dessen Gesamtbetrag künftig nicht überschritten werden dürfte. Diese Anregung, die eine gewisse Ähnlichkeit hat mit dem von · der britischen Delegation ' der ersten Kommission unterbreiteten Vorschlag, die Völkerbundskompetenzen näher zu umschreiben, zeigt, wie sehr gewisse Delegationen in Genf auf möglichste Sparsamkeit bedacht sind.

Es s/i hier übrigens bemerkt, dass die Genehmigung des Völkerbundsvoranschlages in nicht weniger als fünf aufeinanderfolgenden Etappen geschieht.

Er wird genehmigt vom Generalsekretär, von der Kontrollkommission, vom Kate, von der Finanzkommission der Versammlung und schliesslich von der Vollversammlung.

«48 Die vierte Kommission beschränkte sich nicht darauf, die Abrechnungen für 1925 zu kontrollieren, das Budget für 1927 aufzustellen und die Frage der rückständigen Beiträge sowie die einer Höchstgrenze für das Völkerbundsbudget zu prüfen, sondern sie regelte auch mehrere verwaltungstechnische Angelegenheiten. Die wichtigsten betreffen die Gehälter des Personals, die Vergütungen für Kommissionsmitglieder, die Berücksichtigung einer möglichst grossen Anzahl von Völkerbundsstaaten bei der Wahl von Beamten durch den Generalsekretär und den Direktor des internationalen Arbeitsamtes, Spar.massnahmen betreffend die Veröffentlichungen des Völkerbundes usw.

Im allgemeinen bestätigten die Verhandlungen der siebenten Versammlung den schon durch die früheren Sessionen vermittelten Eindruck, dass das Budget des Völkerbundes, wenn es auch hoch ist, doch sorgfältig geprüft wird und dass die ständigen Dienstzweigo des Völkerbundes einer Aufsicht unterstehen, die -derjenigen entspricht, die meistenorts über die nationalen Verwaltungszweige ausgeübt wird. Das Budget des Völkerbundes kann übrigens mit dem der Staaten nicht ohne weiteres verglichen werden, da das unvorhergesehene dort eine grössere Bolle spielt als hier und da den Dienstzweigen des Völkerbundes die Möglichkeit, Xusatzkredite zu verlangen, sozusagen ganz fehlt.

Dies hat zur Folge, dass der Voranschlag des Völkerbundes auf eine breitere Grundlage gestellt werden muss und dass es Sache des Bates und der leitenden Organe der standigen Dienstzweige ist, haushälterisch vorzugehen, was sie denn auch in anerkennenswertem Masse tun.

VIII.

Politische Fragen.

Die Arbeiten dei1 sechsten Kommission hatten zum Gegenstande die Mandate, die Sklaverei und die Frage des Inkrafttretens der unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossenen Konventionen und Übereinkommen. Be.züglich der M a n d a t e waren im Bäte gewisse Kritiken laut geworden über den einen oder andern Punkt eines Fragebogens, den die ständige Mandatkommission ausgearbeietet hatte und der von den Mandatmächten auszufüllen ist. Die Versammlung indessen dankte der Kommission für ihre Arbeiten und ihren Eifer.

Unter diskreter Anspielung auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bäte und der Kommission bekundete sie beiden ihr Vertrauen und sprach die Erwartung aus, dass sie sich bei Anwendung
der in Artikel XXII der Satzung enthaltenen Grundsätze von einem Geiste herzlicher Zusammenarbeit leiten lassen.

Das Problem der Sklaverei war von der dritten Völkerbundsversamnilung aufgeworfen worden, die am 21. September 1922*) beschlossen hatte, diese Frage auf die Tagesordnung der Session von 1923 zu setzen und den Ed*t zu bitten, in der Zwischenzeit Material zu sammeln und ihr dieses in Form eines ·*) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 22. Dezemher 1922 über die dritte Yölkerbundsversammlung, S. 16 und 40.

849

Berichtes zu unterbreiten. Am 28. September 1923 machte die vierte Versammlung einen weitern Schritt vorwärts, indem sie den Eat ersuchte, ein besonderes Organ mit der Fortführung der Nachforschung zu beauftragen *). Dieses Organ, die sogenannte temporäre Kommission für die Frage der Sklaverei, wurde im März 1924 gebildet. Die ersten Ergebnisse seiner Untersuchungen wurden der fünften Versammlung bekanntgegeben, die beschloss, die Sache sei weiter zu verfolgen**). Die Erhebungen, welche die Kommission im Einverständnisse mit den beteiligten Eegierungen vornahm, ergaben, dass die Lage weit weniger günstig ist, als man sich vorstellt. Die Sklaverei besteht unter verschiedenen Formen in mehreren Gebieten. Ausserdem haben Kolonialmächte die Gewohnheit angenommen, Eingeborene zur Ausführung öffentlicher Arbeiten zu verpflichten, wan gewisse Missbräuche im Gefolge hatte. Das allgemeine Interesse der Arbeiten ist vielfach fraglich; in andern Fällen geben die Bekrutierungsund Zahlungsbedingungen Anlass zu Kritik. Als die sechste Versammlung zusammentrat, war es offenkundig, duss einzig ein neues internationales Abkommen, das die bisherigen Verträge ergänzen würde, geeignet ist, eine Änderung herbeizuführen. Die britische Delegation brachte einen Konventionsentwurf ein, den die Versammlung den Begierungen xur Prüfung übersandte ***).

Anv9. Juni 1926 beschloss dann der Eat, die Frage des Abschlusses eines Vertrages über die Sklaverei auf die Tagesordnung der siebenten Versammlung zu setzen und den Mitgliedstaaten vorzuschlagen, ihre Delegationen zur Unterzeichnung der Akte zu bevollmächtigen für den Fall, dass eine Einigung in dieser Angelegenheit erreicht werden sollte. Die sechste Kommission betraute mit dem Studium des Konventionsentwurfs eine Unterkommission, die dieser Frage eine grosso Anzahl von Sitzungen widmete. Der Text, der aus ihren Beratungen hervorging, ist betitelt «Konvention über die Sklaverei«. Dieses Abkommen wurde von der Versammlung am 25. September genehmigt f).

Es wurde sogleich zur Unterschrift aufgelegt und wird es bleiben bis zum 1. April 1927. Immerhin wird der Beitritt auch nach diesem Datum noch möglich sein.

Eingangs umschreibt die Konvention die Begriffe des Sklaven und des Sklavenhandels. Gemäss Artikel III sind die vertragschliessenden Parteien verpflichtet, die Sklaverei
und den Sklavenhandel zu unterdrücken. Eine weitere wichtige Bestimmung hat die Zwangsarbeit zum Gegenstande. Danach soll die Zwangsarbeit nicht der Sklaverei ähnliche Bedingungen schaffen ; überdies ist sie nur für Arbeiten von öffentlichem Nutzen statthaft. Zur Entscheidung darüber, ob der Zweck der Arbeit von allgemeinem Interesse sei, sind die Zentralbehörden des betreffenden Gebietes zuständig, *) Siehe Bericht des Bundesratea au die Bundesversammlung vom 17. Dezember 1923 über die vierte Völkerbundsversammlung, S. 19 uad 41.

**) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 8. Dezember 1924 über die fünfte Völkerbundsversammlung, S. 22 und 62.

***) Siehe Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Dezember 1925 über die sechste Völkerbundsvorsammlung, S. 12 und 31 bis 35.

t) Siehe Beilage V.

Bundesblatt. 78. Jahrg.. Bd. II.

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850

Das Abkommen betreffend die Sklaverei bildet die Fortsetzung einer Beiho von früher abgeschlossenen Konventionen. Seine Präambel nimmt ausdrücklich Bezug auf die Generalakte der Afrika-Konferenzin Berlin, vom 26. Februar 1885, auf die Generalakte der Brüsseler Konferenz zur Abschaffung der Sklaverei, vom 2. Juli 1890, sowie auf die drei Konventionen von St-Gemiain-en-Laye vom 10. September 1919.

Durch die vorerwähnte Eesolution der siebenten Versammlung, die dem Bundesrate durch das Generalsekretariat des Völkerbundes offiziell zur Kenntnis gebracht wurde, ergeht auch an die Schweiz die Einladung, der Konvention über die Sklaverei beizutreten, obgleich sie sich keinem der bisherigen Übereinkommen angeschlossen bat. Der Bundesrat behält sich vor, die Frage zu prüfen, ob eine Enthaltung schweizeriseherseits die Erreichung der Ziele, die sich der Völkerbund hier gesteckt, hat, gefährden könnte. Sollte diese Möglichkeit bestehen, so würde er die Unterzeichnung des Übereinkommens erwägen, das dann den eidgenössischen Bäten zur Genehmigung unterbreitet würde.

Die Zahl der seit 1920 unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossenen V e r t r ä g e , Konventionen und A b k o m m e n ist beträchtlich. Wenige sind jedoch von sämtlichen Unterzeichnern ratifiziert worden.

Kein einziges sämtlichen Mitgliedstaaten offenstehendes Instrument wurde einstimmig angenommen, und die Zahl der Teilnehmer ist mitunter ziemlich gering. Um diesen wenig erfreulichen Zuständen abzuhelfen, reichte die britische Delegation einen Vorschlag ein, der Genehmigung durch die Versammlung fand. Die diesbezügliche Besolution *) stellt mit Bedauern fest, dass mehrere vom Völkerbund ausgearbeitete internationale Akte ohne Wirkung geblieben sind oder erst sehr spät in Kraft treten konnten. Die Versammlung lenkt daher die Aufmerksamkeit der Völkerbundsrnitglieder auf diesen Sachverhalt und empfiehlt dem Kate, sich alle sechs Monate einen Bericht über die Batifikationen vorlegen r,u lassen und die Mittel zu prüfen, die zu einer beschleunigten Inkraftsetzung der unter der Obhut des Völkerbundes abgeschlossenen Vereinbarungen beizutragen geeignet sind.

Schlußfolgerungen.

Der 25. September war der Schlusstag der siebenten Versammlung. Nachdem einige Fragen während der ersten Sessionswoche die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt
hatten, wickelten sich die Verhandlungen der letzten 14 Tage in einer ruhigen Atmosphäre ab und weckten in aussenstehenden Kreisen geringeres Interesse. Man hat aus dieser Stille den Schluss ziehen wollen, dass die Bedeutung der Session verhältnismässig keine sehr grosse gewesen sei, dass sie zwar die Krisis, die im März aufgetreten war, gelöst habe, dass aber nachher die Versammlung inmitten einer gewissen Gleichgültigkeit 'm. Ende gegangen sei. Dies ist jedoch ein oberflächlicher Eindruck. Seine Entstehung ist verschiedenen Gründen zuzuschreiben. Die Aufnahme Deutsch*) Der Text der Resolution befindet sich in Beilage IV.

851

lands, die Erweiterung des Bâtes und die Begehi betreffend die Wahl der nichtständigen Mitglieder weckten begreiflicherweise ein sehr lebhaftes Interesse.

Diese Fragen übten eine grüssere Anziehungskraft aus als andere, verwickelte Probleme, wie z. B. die Vorbereitungsarbeiten für die Wirtschaftskqnferenz oder für die Abrüstungskonferenz. Die Tagesordnung der Session umfasst Gegenstände, die man als ausserordentliche bezeichnen könnte, und andere, die sich gewissermassen normalerweise darauf befanden. Auf die erstem richteten sich anfänglich aller Blicke; aber nachdem einige Wochen darüber hinweggegangen sind, ist es besser möglich, die ganze Session nach ihrem wirklichen Werte zu beurteilen.

Die siebente Versammlung dürfte für den Völkerbund das Ende der Organisationsperiode bedeuten. Die dauernden Dienstzweige, die beratenden Organe, der Kat und die Versammlung, das ganze Bäderwerk des Völkerbundes, all das scheint richtig zu arbeiten. Die Programmpunkte gehen allmählich der Verwirklichung entgegen, möge es sich um die grossen Ziele der Scbiedsgeriehtsbarkeit, der Sicherheit und der Abrüstung handeln, oder um den Ausbau des Völkerrechts, um die zweckmässige Gestaltung der Weltwirtschaft oder das physische und moralische Wohlergehen der Völker.

Aus einiger Entfernung gewinnt man eher den Eindruck, dass der Völkerbund das Anfangsstadium überschritten habe und in die Periode des normalen und regelmässigen Arbeitens eintrete, die vielleicht weniger reich an hervorstechenden Ereignissen sein, aber eine Fülle positiver Ergebnisse zeitigen wird.

Indem wir Ihnen beantragen, von vorstehenden Ausführungen Kenntnis nehnjen zu wollen, benutzen wir den Anlass, um Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 10. Dezember 1926.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der Bundespräsident:

Häberlin.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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Beilage I.

1. Regeln für die Wahl der neun nichtständigen Ratsmitglieder.

Die Versammlung beschliesst auf Grund des Artikels IV der Völkerbundssatzung: Resolution betreffend die Festsetzung der Regeln rür die Wahl der neun nichts ändigen Ratsmitglhder, die Dauer ihrer Mandate und die Bedingungen îtir ihre Wiederw^hlbarkeit.

Artikel L Alljährlich nimmt die Versammlung im Laufe der ordentlichen Tagung die Wahl .von drei nichtständigen liatsmitgliedern vor. Diese werden für einen Zeitraum gewählt, der sich erstreckt vom Augenblick der Wahl bis za dem Tage, da die Versammlung drei Jahre später zu neuen Wahlen schreitet.

Scheidet ein nichtständiges Mitglied vor Ablauf seines Mandates aus dem "Bäte aus, so -wird es in einem besondern Wahlgang anlässlich der nächsten Tagung nach der Vakanz ersetzt. Das Mandat eines so gewählten Mitgliedes geht in dem Zeitpunkt zu Ende, in dem das Mandat des ersetzten Mitgliedes erlöschen wäre.

Artikel II.

Ein ausscheidendes Mitglied kann während des Zeitraumes zwischen dem Erlöschen s eines Mandats und der drittfolgenden ordentlichen Tagung vorgenommenen Wahl nur wiedergewählt werden, wenn die Versammlung am Ende der Mandatsdauer oder im Laufe dieser dreijährigen Periode mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen vorgängig die Wiederwählbarkeit beschlicsst.

Die Versammlung befindet über jedes Wiederwählbarkeitsgesuch gesondert und in geheimer Abstimmung. Die Zahl der abgegebenen Stimmen wird bestimmt durch die Gesamtheit der eingelegten Stimmzettel, wobei jedoch die leeren oder ungültigen in Abzug zu bringen sind.

Die Versammlung kann über die Wiederwählbarkeit eines Mitgliedes nur auf Grund eines schriftlichen Gesuches des betreffenden Mitgliedes befinden.

Dieses Gesuch ist dem Präsidenten der Versammlung spätestens am Tage vor der Wahl zuzustellen. Das Gesuch wird der Versammlung unterbreitet, die darüber ohne vorherige Bückweisung an eine Kommission und ohne Dis: kussion entscheidet.

Indessen wird die Zahl der auf Grund einer vorgängigen Wiederwählbarkeitserklärung wiedergewählten Mitglieder in der Weise beschränkt, dass dem Kate gleichzeitig nicht mehr als drei unter diesen Bedingungen gewählte Mitglieder angehören dürfen. Führt der Wahlgang zu einer Überschreitung der

853

Grenze von drei, so werden diejenigen von den betreffenden Mitgliedern als nichtgewählt betrachtet, welche die geringste Stimmenzahl auf sich vereinigt haben.

Artikel III.

Unbeschadet der vorausgehenden Bestimm un qen kann die Versammlung in Anwendung des Artikels IV der Völkerbundssatzung jederzeit mit Zweidrittelmehrheit eine Neuwahl aller nichtständigen Eatsmitgheder beschhessen. In diesem Falle ist es Sache der Versammlung, die Hegeln für die Neuwahl aufzustellen.

Artikel IV.

Übergangsbestimmungen.

1. Im Jahre 1926 wählt die Versammlung die neun nichtständigen Eatsmitglieder, und zwar drei für drei Jahre, drei für zwei Jahre und drei für ein Jahr. Das Verfahren für diese Wahlen wird vorn Bureau der Versammlung festgesetzt.

2. Von den neun iin Jahre 1926 gewählten Mitgliedern kann die Versammlung höchstens drei sogleich als wiederwählbar erklären, und zwar durch einen Beschluss, der in besonderer, geheimer und für jeden Bewerber gesondert vorzunehmender Abstimmung mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu fassen ist.

Sogleich nach der Bekanntgabe der Wahlergebni3.se soll die Versammlung über die eingegangenen Wiederwählbarkeitsgesuche befinden.

Für den Fall, dass der Versammlung mehr als drei Wiederwählbarkeitsgesuche vorliegen, werden nur diejenigen drei Bewerber als wiederwählbav erklärt, die am meisten Stimmen' über die Zweidrittelmehrheit hinaus erzielt haben.

8. Die iin Jahre 1926 zum voraus einem, zwei oder drei auf diesen Zeitpunkt gewählten Mitgliedern zuerkannte Eigenschaft der Wiederwählbarkeit beeinträchtigt das Eecht der Versammlung nicht, in den Jahren 1927 und 1928 zugunsten anderer nichtständiger Mitglieder, die zu jenem Zeitpunkt aus dem Eate auszuscheiden hätten, von der in Artikel II vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen. Indessen soll die Versammlung, wenn bereits drei Mitglieder die Eigenschaft der Wiederwählbarkeit besitzen, von dieser Befugnis nur in ganz besondern Fällen Gebrauch machen.

(Eesolution vom 15. September 1926.)

2. Prüfung verschiedener Fragen betreffend die Wahl der nichtständigen Rats-

mitglieder.

Die Versammlung ersucht den Bat, das Wahlverfahren, das einen einzigen Wahlgang benötigt und Stimmübertragung vorsieht, wie auch den Grundsatz der Proporzwahl im allgemeinen im Zusammenhang mit dem Problem der

854 Wahl der nichtständigen Eatsmitglieder durch das Greneralsekretariat prüfen zu lassen, damit die Frage der Versammlung anlässlich ihrer nächsten ordentlichen Session unterbreitet werden kann.

(Resolution vom 25. September 1926.)

3. Numerierung der Absätze der Satzungsartikel.

Die Versammlung beauftragt den Generälsekretär, in allen künftig vom Sekretariate zu veröffentlichenden Ausgaben der Völkerbundssatzung die einzelnen Absätze der Artikel numerieren zu lassen.

(Eesolution vom 21. September 1926.)

4. Auslegung der Präambel und der Artikel m und IV der Völkerbundssatzung (Vorschlag der britischen Delegation).

Die Versammlung beschliesst, die Prüfung des von der ersten Kommission eingereichten diesbezüglichen Eesolutionsentwurfes auf die nächste ordentliche Session zu vertragen.

(Besolution vom 25. September 1926).

Beilage uà.

1. Arbeiten der Hygieneorganisation.

1. Die Versammlung hat Kenntnis genommen von den Berichten über die Tätigkeit der Hygieneorganisation und stellt mit Genugtuung fest, dass deren Tätigkeit immer umfassender und nutzbringender wird und sich allmählich über die ganze Erde erstreckt.

Sie gibt ihrer lebhaften Befriedigung über die vom Hygienekomitee und seinen Organen, sowie von den mit besonderen Aufgaben betrauten Persönlichkeiten verfolgten Bestrebungen und die bisherigen Ergebnisse Ausdruck und bekundet den Gelehrten, die als Mitglieder der Internationalen Kommission zur Bekämpfung der Schlafkrankheit in Äquatorialafrika ihren manchmal gefahrvollen Arbeiten obliegen,ihre Sympathie und ihr'Interesse.

2. Die Versammlung freut sich über die enge Zusammenarbeit, die sich in Japan mit den Sanitäts- und Medizinalbehörden als Folge des Austausches und der in diesem Lande veranstalteten Vorträge und in andern Ländern des Fernen Ostens mit den Sanitätsverwaltungen durch Vermittlung des Beratenden Komitees für das epidemiologische Nachrichtenbureau des Völkerbundes in Singapore herausgebildet hat.

Sie weist im besondern auf das Programm der Forschungen und Spezialuntersuchungen über die Hygieneprobleme des Fernen Ostens hin, zu deren Durchführung die Sanitätsverwaltungen von China, der Philippinen,, von Britisch-Indien, Holländisch-Indien, Indochina, Japan und Siam ihre Unterstützung versprochen haben

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Sie ersucht den Eat, die von den Delegationen Kubas, der Tschechoslowakei und Uruguays unterbreiteten Eesolutionen an das Hygienekomitee zur Prüfung zu überweisen.

8. Die Versammlung, im Hinblick auf die Bedeutung der Tätigkeit des epidemiologischen Nachrichtenbureaus in Singapore, der ersten Voïkerbundseinrichtung im Fernen Osten, in Anbetracht ferner,.dass seine Arbeit nicht nur für die Länder des Fernen Osteng, sondern auch für andere Mitgliedstaaten des Völkerbundes von Nutzen ist, beschliesst, in den Voranschlag des Völkerbundes für das Rechnungsjahr 1927 einen Kredit für die Auslagen dieses Bureaus aufzunehmen.

(Eesolution vom 24. September 1926.)

2. Arbeiten der Organisation für Verkehrswege and Transit (einschliesslich der Frage der Erleichterungen für Journalisten, die den Arbeiten des Völkerbundes in Genf folgen).

I. Die Versammlung nimmt Kenntnis von den Fortschritten, welche die Organisation für Verkehrswege und Transit seit der sechsten ordentlichen Tagung der Versammlung erzielt hat und namentlich vom Erfolg der europäischen Konferenz über die Eichung der Binnenschiffe und der Konferenz über Passfragen; rechnet damit, dass die dritte allgemeine Konferenz für Verkehrswege und Transit, die im Laufe des Jahres 1927 zusammentreten und sich besonders mit allen Fragen betreffend Organisation und Sammlung von Material befassen wird, es nicht unterlassen wird, in dieser Hinsicht nach Möglichkeit den technischen Zusammenhang zwischen der Arbeit der Organisation für Verkehrswege und Transit einerseits und den Verwaltungen und besonders interessierten Kreisen der nichteuropäischen Länder anderseits zu verbessern; nimmt Kenntnis vom Abschlüsse der Arbeiten des Studienkomitees für die Kalenderreform und scbliesst sich den Feststellungen und Anregungen der beratenden technischen Kommission an.

II. Die Versammlung ·wünscht, dass den Journalisten, die den Arbeiten des Völkerbundes folgen, jede nur mögliche Unterstützung gewährt werde; nimmt Kenntnis von den liberalen Erklärungen, die anlässlich der Passkonferenz abgegeben wurden hinsichtlich der Gewährung von Erleichterungen beim Grenzübertritt zugunsten der Inhaber von Identitätskarten des Internationalen Verbandes der beim Völkerbund akkreditierten Journalisten.

(Besolution vom 25. September 1926.)

3. Arbeiten des Wirtschaftskomitees.

Die Versammlung 1. gibt neuerdings der Überzeugung Ausdruck, dass die Handelsbeziehungen durch die Ausarbeitung einer internationalen Konvention zwecks

856

Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschvänkungen bedeutend verbessert werden könnten; stellt mit Genugtuung die Fortschritte fest, die dank den Bemühungen des Wirtsehaftskomitees auf dem Wege zur Verwirklichung des von ihr anläaslich der ordentlichen Tagung vom Jahre 1924 zum Ausdrucke gebrachten Wunsches erzielt worden sind; nimmt Kenntnis vom Beschlüsse des Bates, zu diesem Zwecke sobald als möglich eine Konferenz, von Begierungsvertretern der Völkerbundsstaaten und der übrigen Länder einzuberufen und spricht die besten Wünsche aus für einen vollen Erfolg dieser Initiative; 2. sieht mit Genugtuung, dass das Protokoll vom Jahre 1923 weiter zur Verbreitung der Schiedsgerichtsbarkeit im Handelsverkehre beiträgt und dass das Wirtschaftskomitee vor kurzem die Frage der Ausarbeitung eines Zusatzabkommens zu diesem Protokoll in Erwägung gezogen hat, das die Durchführung von ausländischen Schiedssprüchen verbürgen soll; 3. stellt fest, dass die internationale Konvention zur Vereinfachung der Zollformalitäten in wachsendem Masse ratifiziert wird und konstatiert den günstigen Einfluss, den dieses internationale Abkommen auf die Ausarbeitung gewisser Handelsverträge ausgeübt hat; 4. nimmt mit Genugtuung davon Akt, dass die vom Wirtschaftskomitee vorgeschlagenen Maßnahmen zur wirksameren Bekämpfung des unlautem Wettbewerbs grösstenteils unter die neuen Bestimmungen der im November 1925 im Haag revidierten Konvention der Union für den Schutz des gewerblichen Eigentums aufgenommen worden sind; 5. verfolgt mit Interesse die Studien des Wirtschaftskomitees über die Bekämpfung der falschen Zollerklärungen, über die Vereinheitlichung -der Gesetzgebungen auf dem Gebiete des Wechsel- und Scheckrechts, über die Vereinheitlichung der wirtschaftsstatistischon. Methoden, über den Schutz des Käufers gegen minderwertige Waren und endlich die Untersuchungen über die Ursachen der ausserordentlichen Schwankungen im Wirtschaftsleben.

(Resolution vorn 24. September 1926.)

4. Arbeiten des Finanzkomitees.

1. Die Versammlung hat die beiden Berichte des Finanzkomitees über die Wiederaufrichtung der öffentlichen Finanzen der Freien Stadt Danzig zur Kenntnis genommen.

Sie hofft, gestützt auf die Schlussfolgerungen dieser Berichte, dass es dem Finanzkomitee, sobald die Freie Stadt die notwendigen Massnahmen zur
Verminderung der Ausgaben durchgeführt haben wird, möglieh sein werde, die Emission einer Anleihe zur Festigung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage Danzigs zu empfehlen.

2. Die Versammlung hat davon Notiz genommen, dass das Finanzkomitee auf Ersuchen des Eates an die Prüfung der Frage herangetreten ist, durch welche

857 Methoden der Zusammenarbeit zwischen den Bogierungen und Notenbanken die Falschmünzerei am wirksamsten bekämpft werden könnte. Sie hofft, dass diese Arbeiten mit Nachdruck gefördert werden, damit dem Eate sobald als möglich praktische Vorschläge unterbreitet werden können.

3. Die Versammlung hat auf Grund der Berichte des Finanzkomitees Kenntnis genommen von der Arbeit, die anlässlich der letzten Tagung von Sachverständigen in den Fragen der Doppelbesteuerung und der Steuerflucht geleistet wurde.

Sie hofft, dass diese Arbeiten weitergeführt werden und die Entwicklung und Vereinheitlichung des internationalen Eechts auf diesem Gebiete durch allgemeine oder besondere auf gemeinsamen Grundsätzen beruhenden Konventionen vorbereiten helfen.

(Besolution vom 24. September 1926.)

5. Finanzieller Wiederaufbau Österreichs, Die Versammlung hat Kenntnis genommen vom Beschlüsse des Völkerbundsrates vom 9, Juni 1926, wonach die Funktionen des Genoralkommissärs des Völkerbundes für Österreich mit dem 30. Juni erloschen; * begrüsst es, dass Österreich in der Lago ist, wieder die volle Verantwortung für seine Budget- und Finanzpolitik zu übernehmen; zweifelt nicht daran, dass das österreichische Volk und seine Eegierung es verstehen werden, durch eigene Anstrengungen die Ergebnisse des Wiederaufbauwerkes endgültig sicherzustellen, und sie drückt allen Ländern, die Österreich ihren Kredit zur Verfügung gestellt und so dieses grosse Werk internationaler Zusammenarbeit ermöglicht haben, ihren Dank aus.

(Resolution vom 24. September 1926.)

6. Finanzieller Wiederaufbau Ungarns.

Die Versammlung 1. nimmt davon Kenntnis, dass nach der Feststellung des Rates das finanzielle Gleichgewicht Ungarns gesichert ist und der Generalkommissär auf den 80, Juni 1926 seines Postens enthoben werden konnte; damit ist das Wiederaufbauwerk zu einem erfolgreichen Abschlüsse gelangt, und #war innerhalb der kürzesten im ursprünglichen Plane vorgesehenen Frist; 2. sie beglückwünscht zu diesem Ergebnisse die Eegierung und das Volk Ungarns, wie auch den Generalkommissär und das Finanzkomitee, das den ursprünglichen Plan aufgestellt hatte. Sie hat die bestimmte Hoffnung, dass die ungarische Eegierung es verstehen wird, durch eine kluge Finanzpolitik dio gegenwärtige befriedigende Lage sicherzustellen und zu festigen; 3. sie stellt mit
Genugtuung den Abschluss von Handelsabkommen zwischen Ungarn und seinen Nachbarstaaten fest, mit denen sich die Hälfte seines gesamten Aussenhandels abwickelt, und gibt erneut der anlässh'ch der

858 letzten ordentlichen Versammlung geäusserten Erwartung Ausdruck, dass der neue Fortschritt auf dem Gebiete der Handelspolitik eine zunehmende Herabsetzung der Zölle in Mitteleuropa herbeiführen und zur Schaffung engerer wirtschaftlicher Beziehungen beitragen werde.

(Besolution vom 24. September 1926.)

7. Arbeiten des Komitees zur Vorbereitung der Weltwirtschaftskonferenz.

Die Versammlung stellt fest, dass der Kat mit der Einsetzung »ines Komitees zur Vorbereitung der Wirtschaftskonferenz ihrem Beschlüsse vom 15. Dezember 1925 Folge gegeben hat.

Sie stellt ferner fest, dass die wirtschaftliche Lage der Welt mehr als je internationale Zusammenarbeit erfordert und den Zusammentritt der Weltwirtschaftskonferenz noch notwendiger macht.

Sie wünscht deshalb, die Arbeiten des Komitees möchten einen raschen Fortgang nehmen, damit die Wirtschaftskonferenz binnen möglichst kurzer Frist einberufen werden kann.

S. Arbeiten des Autonomen Amtes für Ansiedrang der griechischen Flüchtlinge.

Die Versammlung 1. hat mit Genugtuung davon Kenntnis genommen, dass die Ansiedlung, dank der Zusammenarbeit waschen den griechischen Behörden und dem unter den Auspizien des Völkerbundes geschaffenen Autonomen Amto während des abgelaufenen Jahres ständige und befriedigende Fortschritte machte, soweit dies die nunmehr beinahe erschöpften Mittel gestatteten; 2. stellt fest, dass das Siedlungswerk die Ergebnisse zeitigt, die man von ihm erwartete; mehr als die Hälfte der 1,400,000 völlig mittellosen Flüchtlinge, die in Griechenland eindrangen, erhielten wirksame Hilfe für ihre Ansiedlung und wurden zu nützlichen Bürgern. Aber abgesehen von seiner humanitären Bedeutung zeitigt der Ansiedlungsplan auch willkommene Ergebnisse, indem er zur Besserung der wirtschaftlichen Lage des Landes und zur Festigung des sozialen Gleichgewichtes beiträgt; 8. gibt der Hoffnung Ausdruck, dass die Erfüllung aller Bedingungen zur Aufbringung der zur Beendigung des Werkes notwendigen Geldmittel möglich sein werde, eines Werkes, dessen Ergebnisse das Patronat des Völkerbunde?

in reichem Masse rechtfertigen.

(Eesolution vom 21. September 1926.)

9. Ansiedlung der bulgarischen Flüchtlinge.

Die Versammlung 1. hat mit lebhafter Genugtuung davon Kenntnis genommen, dass der Eat nach Abschluss der während der letzten sechs Monate geführten Unterhandlungen einem Plane zur Ansiedlung von etwa 120,000 Flüchtlingen in Bulgarien zugestimmt hat;

859 2. stellt mit Genugtuung fest, dass dank einem Vorschusse von 400,000 Pfund Sterling das Ansiedlungswerk bereits in Angriff genommen werden tonnte ; 3. gibt der Hoffnung Ausdruck, dass das zur Durchführung dieses Werkes erforderliche Kapital in der Höhe von 2,250,000 Pfund Sterling in naher Zukunft aufgebracht werden kann; 4. wünscht, dem Pinanzkomitee, auf dessen Gutachten hin der Ansiedlungsplan vom Bat angenommen wurde und dessen langjährige und ungewöhnliche Erfahrung auf diesem Gebiete in Österreich, Ungarn und Griechenland bereits ihre Fruente gezeitigt hat, seine Wertschätzung für seine hervorragende Arbeit zum Ausdrucke zu bringen; ·5. gibt der Überzeugung Ausdruck, dass die Durchführung dieses Planes nicht nur die Möglichkeit geben wird, zahlreichen Notleidenden Erleichterung «u bringen, sondern auch einen günstigen Einfluss auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im Innern Bulgariens ausüben und zur Festigung und Verbesserung der politischen Beziehungen zwischen Bulgarien und den Nachbarstaaten beitragen wird.

(Resolution vom 24. September 1926.)

10. Arbeiten der Internationalen Kommission zur Organisierung der geistigen Zusammenarbeit.

1. Die Versammlung billigt die Organisation für geistige Zusammenarbeit, so wie sie sich heute mit der Internationalen Kommission und ihren Unterkommissionen, den Landeskommissionen und dem Internationalen Institut darbietet.

Sie ist der Meinung, dass diese Organisation nun ein System darstellt, das imstande ist, die geistigen Beziehungen zwischen den Völkern enger zu gestalten und die Arbeitsbedingungen für die geistig Arbeitenden der ganzen Welt zu verbessern. Mit Genugtuung nimmt sie die Versicherung des Verwaltungsrates dee Internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit entgegen, wonach diese Einrichtung so geleitet wird, dass allen Völkern eine vollkommen gleiche Behandlung zuteil wird. Sie weist alle Mitglieder der Versammlung auf die Initiative Polens und der Tschechoslowakei hin, die, dem Beispiele Frankreichs folgend, dem Internationalen Institut alljährlich einen bestimmten Betrag zukommen lassen.

Anderseits liegt der Versammlung daran, den praktischen Charakter, sowie die Wünschbarkeit einer Verwirklichung der Pläne für die internationale geistige Zusammenarbeit hervorzuheben, mit deren Ausführung sich die Kommission
und das Institut gegenwärtig befassen. Namentlich lenkt sie die Aufmerksamkeit auf folgende Projekte : Kongress für Volkskunst, Schaffimg eines Internationalen Museumamtes, Schaffung einer die Bibliotheken sämtlicher Länder umfassenden Organisation zum Zwecke, der Öffentlichkeit die wissenschaftlichen Forschungen zu erleichtern, Koordination der analytischen Bibliographie der verschiedenen Wissenschaften auf dem Wege der internationalen Zusammenarbeit.

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2. Die Versammlung hat den Bericht des sachverständigen Unterausschusses für die Unterweisung der Jugend über die Ziele des Völkerbundes geprüft und richtet an die Begierungen der Mitgliedstaaten das dringende Ersuchen, diesen Bericht einer wohlwollenden Prüfung zu unterziehen und die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen zur völligen oder teilweisen Verwirklichung der Empfehlungen, deren Annahme sie in ihren Ländern für möglich erachten, 8, Die Versammlung ersucht die Staaten, durch die zuständigen Stellen die Möglichkeit der Schaffung von Stipendien für Universitätsstudenten prüfen zu lassen, die ihnen erlauben würden, vor und während der Völkerbundsversammlungen in Genf Aufenthalt zu nehmen und die Arbeiten des Völkerbundes aus der Nähe zu verfolgen.

(Eesolution vom 24. September 1926.)

Beilage II b.

1. Handel mit Opium und anderen Betäubungsmitteln.

1. Die Versammlung genehmigt den Bericht der beratenden Kommission für den Handel mit Opium und anderen Betäubungsmitteln und die darin enthaltenen Eesolutionen ; . 2. die Versammlung, sehr betroffen von den Angaben des Kommissionsberichtes über den Ernst der gegenwärtigen Lage in bezug auf den unerlaubten Handel, wie auch von der von der Kommission angenommenen Eesolution, laut welcher es ausserordentlich schwierig ist, eine wirksame Kontrolle des internationalen Handels mit Opium und anderen Betäubungsmitteln auszuüben, solange das Genfer Abkommen nicht in Kraft getreten ist, fordert alle Begierungen der Mitgliedstaaten des Völkerbundes dringend auf, der Genfer Konvention beizutreten oder sie zu ratifizieren, damit, wenn möglich, die für deren Inkrafttreten notwendigen Batifikationen vor Jahresschluss auf dein Generalsekretariate hinterlegt werden können, (Besolution vom 2.1. September 1926.)

2. Arbeiten der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz.

a. Frauen- una Kinderhandel.

Die Versammlung genehmigt den Kapport des Komitees für die Bekämpfung des Frauen und Kinderhandels und die in ihm enthaltenen Besolutionen, (Besolution vom 21. September 1926.)

b, Kinderschuti.

Die Versammlung 1. nimmt den vom Komitee für Kinderschutz unterbreiteten Bericht aur Kenntnis und gibt ihrer Anerkennung für die Arbeiten des Ausschusses Ausdruck : :

861 2. stimmt den in den Eesolutionen III, V und VIII des Komitees für Kinderschutz, enthaltenen Vorschlägen betreffend Portsetzung der Erhebungen über den Schutz der ersten Kindheit, das Schutz- und Heiratealter und die Familienzulagen zu ; 3. billigt die Resolution XIV unter dem Vorbehalte, dass die in ihr enthaltenen Angaben durch die späteren Studien über das Problem des Alkoholismus im allgemeinen bestätigt werden; 1. stimmt der Resolution VI über die Kinderarbeit zu; 5. ist der Meinung, dass das Komitee für Kinderschutz das geeignetste Organ ist zur Anstellung von Erhebungen über die Frage der Kindergerichte; unter den obwaltenden Umständen ist sie jedoch bereit, dem Bäte hinsichtlich der Resolution XIII freie Hand zu lassen; 6. gibt dem Wunsch Ausdruck, dass das Komitee seine Untersuchungen über die Wirkungen des Kinematographen auf die Kinder tatkräftig fördere und einen Bericht zuhanden der Regierungen darüber ausarbeite; 7. a. anerkennt die Bedeutung der Erholung, wie sie in der Resolution XI umschrieben ist, im Leben der Kinder und der jungen Leute ; da indessen Zweifel darüber entstanden sind, ob die vorliegende Frage zu denen gehört, in denen eine Intervention des Völkerbundes als berechtigt erscheint, ist die Versammlung im Hinblicke darauf, dass sich Rat und Versammlung letztes Jahr mit dem Studium dieses Problems einverstanden erklärt hatten, der Ansicht, dass die beratende Kommission diese Untersuchung fortsetzen soll; sie hält jedoch dafür,.dass sich diese Prüfung, wie die Resolution der fünften ordentlichen Versammlung besagt, auf das vergleichende Studium derjenigen Seiten des Problems beschränken sollte, hinsichtlich welcher «der Vergleich der verschiedenen befolgten Methoden und der in verschiedenen Ländern gemachten Versuche ... und die internationale Zusammenarbeit» den Regierungen bei der Behandlung dieser Probleme von Nutzen ist; b. empfiehlt die Frage der biologischen Erziehung, bezüglich welcher ähnliche Zweifel laut geworden sind, vorderhand zu verschieben; 8. billigt allgemein die vom Rat am 9, Juni und 2. September 1926 angenommenen Resolutionen.

(Resolution vom 24. September 1926.)

3. Schatz der Frauen und Kinder im Nahen Orient.

Die Versammlung 1. wünscht, ihre Bewunderung für das von Fräulein Jeppe vollbrachte "Werk und ihre Dankbarkeit für ihre Hingabe zum Ausdrucke zu bringen; 2. genehmigt den Bericht von Fräulein Jeppe und erklärt sich befriedigt von den im Verlaufe des verflossenen Jahres erzielten Ergebnissen;

8ti2 8. beschliesst, die vom Völkerbünde Fräulein Jeppe übertragene Mission der Nachforschung nach Frauen und Kindern unter denselben Bedingungen, welche die Versammlung in ihrer letzten ordentlichen Tagung festgesetzt hat, das heisst unter der Oberaufsicht der Macht, die im Namen des Völkerbundes in Syrien das Mandat ausübt, noch um ein Jahr zu verlängern; 4. in der Erwägung, dass das armenische Kolonisationswerk wie auch alle andern von Fräulein Jeppe persönlich im Anschluss an die ihr vom Völkerbund übertragene Mission in Angriff genommenen Werke, zu der Kategorie von Tätigkeit gehören, deren Kontrolle die Mandatannacht im Interesse der Allgemeinheit einer Zentralstelle übertragen hat, die aus Vertretern der Abteilung für Flüchtlingswesen des Internationalen Arbeitsamtes und des Internationalen Kote-Kreuz-Komitees besteht, ersucht die Versammlung Fräulein Jeppe, sich in bezug auf die Gesamtleitung der unter Ziffer 8 erwähnten Werke mit dem von der Mandatarmacht eingesetzten Verbindungsorgane zu verständigen ; 5. ersucht Fräulein Jeppe in Anbetracht dessen, dass sie glaubt, ihre Mission in diesem Jahre beenden zu können, zuhanden der nächsten ordentlichen Tagung der Versammlung einen Schlussbericht über die Gesamtergebnisse ihrer Mission auszuarbeiten; 6. dankt Fräulein Mills für ihre Hingebung und die vorzügliche Arbeit, die sie geleistet hat, und bedauert, dass es nicht möglich war, die vom Völkerbunde gewährte Subvention noch für ein weiteres Jahr auszurichten.

(Eesolntion vom 25. September 1926.)

4. Fragen betreffend die armenischen and russischen Flüchtlinge.

Die Versammlung 1. genehmigt nach eingehender Prüfung die Berichte des Oberkommissärs und des Internationalen Arbeitsamtes über die Flüchtlingsfragen; gibt ihrer Wertschätzung Ausdruck für ihre Tätigkeit zugunsten der Flüchtlinge ; ist der Ansicht, dass dieses Werk sowohl im Interesse der Flüchtlinge selber als im Interesse der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung zu einem befriedigenden Abschlüsse geführt werden muss; 2. in Anbetracht der schwierigen Lage, in der sich Tausende von armenischen Flüchtlingen im Nahen Oriente befinden, ersucht den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes und den Oberkommissär für das Flüchtlingswesen, die Möglichkeit zu prüfen, wie den Begehren um Mitwirkung bei der Ansiedlung dieser
Flüchtlinge stattgegeben und die Tätigkeit der privaten Organisationen, die sich mit der Ansiedlung der Flüchtlinge befassen, koordiniert werden könnte; richtet an die Eegierungen der Mitgliedstaaten den dringenden Appel, die Ansiedlung der arbeitslosen russischen und armenischen Flüchtlinge zu erleichtern durch möglichst baldige Ratifikation der am 12. Mai 1926 von einer

863 Konferenz von Hegierungsvertretern ausgearbeiteten Vereinbarung, wobei sie namentlich die Bestimmung betreffend die Beiträge zum Verschubungs.fonds und die Gewährung von Passvisa an die Flüchtlinge auf Grund von Empfehlungen des Oberkommissärs und des Internationalen Arbeitsamtes in Erinnerung ruft, und ersucht den Verwaltuugsrat des Internationalen Arbeitsamtes, einen weitern Treuhänder zu ernennen, der zusammen mit Dr. Nansen diesen Betriebsfonds verwalten soll; 8. in Anbetracht der Notwendigkeit, in Berlin angesichts der grossen Zahl von Flüchtlingen in Deutschland eine Abordnung der Abteilung für das Flüchtlingswesen beizubehalten, nimmt Kenntnis davon, dass die deutsche Regierung möglicherweise die Hälfte der bezüglichen Kosten übernehmen wird; beschliesst, das Budget für das Flüchtlingswesen um 18,750 Franken z\i erhöhen, damit die Abordnung der Abteilung für das Flüchth'ngswesen in Berlin beibehalten werden kann.

(Resolution vom 25. September 1926.)

5. Ansiedlung der armenischen Flüchtlinge.

Die Versammlung 1. nimmt den Bericht der Kommission zur Ansiedlung der armenischen Flüchtlinge zur Kenntnis und genehmigt ihn ; sie spricht der Kommission ihre Anerkennung für ihre Tätigkeit betreffend die Ausarbeitung eines praktischen Planes zur Ansiedlung von mindestens 25,000 Armeniern in ihrer nationalen Heimstätte aus; eine eingehende Untersuchung hat dargetan, dass die Durchführung dieses Planes technisch möglich ist; 2. nimmt Akt vom Beschlüsse des Völkerbundsrates vom 16. September 1926, in dein erklärt wird, dass der Rat bereit ist, unter der Voraussetzung, dass die nötigen Kapitalien zur Deckung der ersten Auslagen für die Durchführung des Planes beigebracht werden können, unter bestimmten Bedingungen und wenn die interessierten Parteien ihn darum ersuchen, eine oder mehrere Persönlichkeiten zu ernennen, welche die Verwendung dieses Fonds zu den im Projekte vorgesehenen Zwecken überwachen sollen; 3. ersucht, den Eat, nach vorgängiger Untersuchung die Möglichkeit dei' Einsetzung eines kleinen Ausschusses zu prüfen, dessen Vorsitzender vom Bäte zu bezeichnen wäre und der zum Teil aus Vertretern der an der Verwirklichung des Projektes interessierten privaten Organisationen bestehen sollte; seine Aufgabe bestände darin, die Möglichkeit der Aufbringung der erforderlichen Geldmittel und ihrer
Verwendung zu den erwähnten Zwecken in der armenischen ïiepubh'k zu studieren; 4. beschliesst unter Vorbehalt der bereits erwähnten Bedingungen die Gewährung eines Kredites von Fr, 15,000 zur Deckung der Kosten für den Druck und die Verteilung der Dokumente betreffend die in Aussicht genommene

864 .Finanzoperation, und um Dr. Nansen oder seinen Vertreter instand zu setzen, seine Vorschläge eventuellen Unterzeichnern in Europa und Amerika zu unterWeiten.

(Besolution vom 25. September 1926.) · 6. Ausdehnung der zugunsten der russischen und armenischen Flüchtlinge ergriffenen Massnahmen auï andere Flüchtlingsgruppen.

Die Versammlung ersucht den Hat, den Oberkonnnissär für das Flucht lingswesen und die Internationale Arbeitsorganisation mit der Prüfung der -Frage zu betrauen, in welcher Weise die zugunsten der russischen und armenischen Flüchtlinge ergriffenen Schutz-, Unterbringungs- und IJnterstützungsmassnahmen auf andere Flüchtlingsgruppen ausgedehnt werden könnten, (Eesolution vom 25. September 1926.)

Beilage III.

1. Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit und friedliche Beilegung internationaler Streitfälle.

.Die Versammlung, nach Prüfung der Ratsberichte über die Schiedsgerichtsbarkeit, die Sicherheit und die friedliche Beilegung internationaler Streitfälle, stellt fest, dass dem Wunsche der sechsten Versammlung, welche die Herstellung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Völkern als das dringendste Gebot der Stunde bezeichnete, Folge gegeben wurde. Den klaren Beweis hierfür erblickt sie in der ständig zunehmenden Zahl von Schiedsabkommen und Sicherheitsverträgen, die mit dem Geiste der Völkerbundssatzung und den Grundsätzen des Genfer Protokolls (Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit, Abrüstung) in Einklang stehen. Sie weist ganz besonders auf die Hohe Bedeutung der Verträge von Locamo hin, deren Inkrafttreten durch die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund ermöglicht wurde und deren Hauptzweck die Sicherung des Friedens in einer der empfindlichsten Gegenden Europas bildet; erblickt in den erwähnten Verträgen einen wertvollen Fortschritt auf dem Wege säum gegenseitigen Vertrauen zwischen den Völkern; ist der Meinung, das solche Abkommen sich nicht notwendigerweise auf eine begrenzte Gegend zu beschränken brauchen, sondern in verschiedenen Gebieten zur Anwendung gebracht werden können; gibt ihrer Überzeugung Ausdruck, dass die allgemeinen Grundsätze, die in den Verträgen von Locamo enthalten sind und das Vergleichs- und Schiedsverfahren sowie die Sicherheit durch die gegenseitige Garantie der Staaten gegen einen nicht provozierten Angriff organisieren, unter die für die Aussenpolitik jedes zivilisierten Volkes massgebenden Grundregeln aufgenommen werden sollten;

865 erwartet, dass alle Staaten diese Grundsätze anerkennen werden und dass alle Staaten, die ein Interesse am Abschluss solcher Verträge besitzen, diese Prinzipien auch möglichst bald verwirklichen werden; ersucht den Eat, den Mitgliedstaaten dos Völkerbundes die Anwendung der erwähnten Grundsätze zu empfehlen und gegebenenfalls seine Vermittlung für den Abschluss von Abkommen anzubieten, die geeignet sind, Vertrauen und Sicherheit zu schaffen, die unumgänglichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens, und auf diese Weise eine Herabsetzung und Beschränkung der Büstungen aller Staaten zu erleichtern.

(Eesolution vom 25. September 1926.)

2. Arbeiten der Kommission zur Vorbereitung der Abrüstungskonferenz.

Die Versammlung nimmt den- Bericht des Sekretariats und die vom Präsidenten der Vorbereitungskommission der dritten Kommission abgegebenen ausführlichen Erklärungen über die Arbeiten der Vorbereitungskommission und ihrer technischen Unterkommissionen A und B sowie der Gemischten Kommission zur Kenntnis.

Sie bekundet ihre volle Genugtuung über die geleistete Arbeit und spricht ihren Dank dafür aus.

Sie gibt dem Wunsche Ausdruck, die Studien, zu denen sie durch den Beschluss vom 25. September 1925 die Initiative ergriffen hatte, möchten möglichst rasch zu Ende geführt werden, und ersucht den Bat, die Vorbereitungskommission zur raschesten Durchführung der technischen Arbeiten einzuladen, damit sie zu Anfang des kommenden Jahres in der Lage sei, für die Konferenz. z,ur Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen ein Programm aufzustellen, das im Einklang steht mit den gegenwärtigen Bedingungen der regionalen und allgemeinen Sicherheit. Die Versammlung ersucht den Bat, diese Konferenz vor Beginn der achten ordentlichen Tagung der Versammlung einzuberufen, sofern nicht materielle Unmöglichkeit besteht.

(Besolution vom 24. September 1926.)

3. Kontrolle der privaten Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial.

Die Versammlung weist erneut auf den engen Zusammenhang hin, der zwischen der Frage der Kontrolle der privaten Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial und dem internationalen Handel -besteht ; stellt fest, dass bis zum heutigen Tage das Abkommen über die Kontrolle des internationalen Handels nur von zvrei Signatarstaaten ratifiziert wurde, und hofft,
dass der Versuch, die wichtigsten Produktionsländer zur Katifikation zu veranlassen, so rasch als möglich zum Erfolg führen werde; nimmt Kenntnis von den unter der Leitung des Bates auf dem Gebiete der Kontrolle der privaten Waffenherstellung ausgeführten Arbeiten; Bundesblatt. 78, Jahrg. Bd. II.

65

866

erklärt, hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dieser Frage und dem Gesamtproblem, mit dem sich gegenwärtig die Kommission zur Vorbereitung der Abrüstungskonferenz befasst, der Auffassung des Eates beizupflichten; betont die dringende Notwendigkeit, so rasch als möglich ein Abkommen auszuarbeiten, wobei sie jedoch anerkennt, dass den Arbeiten, die auf den Abschhiss einer Konvention über die Abrüstung hinzielen, die Priorität zukommt, und sie schlägt dem Eate vor, die Studien über die private Herstellung fortzusetzen, damit sie auf das Programm der Abrüstungskonferenz gesetzt werden können, sofern diese vor der achten ordentlichen Tagung der Völkerbundsversammlung zusammentreten kann. Sollte letzteres nicht möglich sein, so soll so rasch als möglich eine besondere Konferenz für diese Speziall'rage einberufen werden.

.(Résolution vom 21. September 1926.)

Beilage IV.

1. Verifizierung der Rechnungen; Voranschlag des Völkerbundes und andere finanzielle Fragen.

1. Die Völkerbundsversammlung erteilt den geprüften Eechnungen des Völkerbundes für das siebente, am 31. Dezember 1925 zum Abschluss gekommene Geschäftsjahr die definitive Genehmigung gemäss Artikel 38 des Eegleinents betreffend die Finanz Verwaltung des Völkerbundes.

2. In Anwendung des Artikels 17 des Réglementes betreffend die Finanzverwaltung des Völkerbundes genehmigt die Versammlung für das Eechnungsjahr 1927 den allgemeinen Voranschlag des Völkerbundes, des Sekretariats und der speziellen Organisationen des Völkerbundes, des Internationalen Arbeitsamtes und des Ständigen Internationalen Gerichtshofes; das Budget beläuft sich auf den Gesamtbetrag von 24,512,341 Goldfranken, wobei die Nachtragskredite mit Inbegriffen sind. Sie beschliesst Veröffentlichung der vorgenannten Voranschläge im «Journal officiel».

3. Die Versammlung stimmt den in den verschiedenen ihr unterbreiteten Berichten der Kontrollkommission enthaltenen Schlussfolgerungen zu, soweit diese von der vierten Kommission genehmigt wurden. Zugleich spricht sie der Kontrollkommission ihren Dank für die hervorragenden Dienste aus.

4. Die Versammlung genehmigt das Verteijungsschema, das den proportionellen Anteil jedes Mitgliedstaates des Völkerbundes am Baufonds des Bundes angibt.

5. Die Versammlung weist Deutschland im Verteilungsschema der Auslagen des Völkerbundes neunundsiebzig Einheiten zu.

6. Die Versammlung genehmigt die Schlussfolgerungen des Berichtes der vierten Kommission.

867

7. Die Versammlung stellt fest, dass dem internen Kontrolldienst des Völkerbundes Schwierigkeiten und grosse Mehrarbeit daraus erwachsen, dass die Kommissionsmitglieder und andere Personen, die Anspruch auf Entgelt haben, sich nicht immer genaue Eechenschaft über den Wortlaut der das Knanzgebaren des Völkerbundes bestimmenden Regeln abgeben. Sie ersucht die Mitglieder von Kommissionen und alle anderen Personen, die im Auftrag und auf Eechnung des Völkerbundes irgendeine Arbeit ausführen, sich strikte an die oben erwähnten Begeln zu halten und im Zweifelsfalle sich vorher bei den zuständigen Beamten zu erkundigen.

8. Die Versammlung anerkennt die durch den Verkauf der Veröffentlichungen erzielten Ergebnisse und genehmigt die ihr von der Kontrollkommission und dem Generalsekretär unterbreiteten Vorschläge über einen weitern Ausbau dieses Verkaufs und über eine strengere Kontrolle über die Verwendung der für die Drucksachen gewährten Kredite, Sie beschliesst, die beratenden Kommissionen und die vom Völkerbund einberufenen Konferenzen nichtsdestoweniger auf die hohen Kosten aufmerksam zu machen, die durch die Veröffentlichung ihrer Protokolle entstehen, und ersucht sie, die Frage zu prüfen, ob vielfach die Veröffentlichung ihrer Beratungen nicht besser durch einen eingehenden Bericht gewährleistet würde, der einen möglichst genauen Überblick über ihre Arbeiten enthalten würde.

Sie beschliesst, dass in jedem Pali, wo nicht der Generalsekretär dem Völkerbundsrat eine besondere begründete Eingabe unterbreitet, keine Protokolle über die Verhandlungen von Unterkommissionen veröffentlicht werden sollen.

Die Versammlung ersucht die Kontrollkommission, ihr nächstes Jahr einen neuen Bericht über die Druckkosten zu unterbreiten und darin im besondere darzulegen, welche Ersparungen auf Grund des vorliegenden Beschlusses erzielt werden konnten.

(Resolution vom 25. September 1926.)

Die. Versammlung

Z. Rückständige Beiträge.

1. ermächtigt den Generalsekretär auf Grund der vorausgegangenen Verhandlungen, den Aktivposten von 22,478. 71 Goldfranken, die Panama im Rechnungsjahr 1925 schuldet, zu streichen; 2. ersucht den Generalsekretär: o. gegebenenfalls alle ihm für das Eingehen der rückständigen Beiträge nützlich seheinenden Schritte zu unterstützen, 6. dem Rate anlässlich der Juni-Tagung 1927 einen ausführlichen Bericht über den Stand der rückständigen Beiträge zu unterbreiten; 3. ersucht China, wirksame und konkrete und für den Völkerbund annehmbare Mittel hinsichtlich Bezahlung seiner rückständigen Beiträge vorzuschlagen;

868

4. ersucht den Bat, die Frage zu prüfen, welches die rechtliche Lage der Staaten ist, die ihre Beiträge an den Völkerbund nicht entrichten, und hierüber der Versammlung anlässlich ihrer achten ordentlichen Session Bericht zu erstatten.

(Resolution vom 25. September 1926.)TM"

Beilage V.

1.* Mandate.

Die Versammlung, nach Kenntnisnahme des Berichtes an den Rat über die unter Mandat stehenden Gebiete und der Diskussionen, zu denen dieser Bericht im Schosse des Rates Anlass gab, nach Anhörung ferner des Vizepräsidenten der Ständigen Mandatskommission, dankt der Ständigen Mandatskommission für den Eifer und die Hingabe, die sie in der Ausführung ihrer nicht einfachen Aufgabe an den Tag legt ; spricht ihr Vertrauen sowohl den Mitgliedern der Kommission als des Rates aus und hofft, dass es ihnen gelingen wird, in einem Geiste herzlicher Zusammenarbeit mit den Mandatsmächten die Grundsätze des Artikels XXII der Völkerbundssatzung zur Anwendung zu bringen, (Resolution vom 25. September 1926.)

2, Übereinkommen betreffend die Sklaverei.

I. Die Versammlung billigt das von der sechsten Kommission ausgearbeitete Übereinkommen über die Sklaverei und gibt der lebhaften Hoffnung Ausdruck, dass sie von allen Mitgliedern des Völkerbundes so rasch als möglich unterzeichnet und ratifiziert werde; beauftragt den Generalsekretär, diese Konvention sämtlichen Staaten, sowohl den Mitglied- als Nichtmitgliedstaaten des Völkerbundes, die sie vor Abschluss der gegenwärtigen Versammlung nicht unterzeichnet haben, zur Kenntnis zu bringen, damit sie diese unterzeichnen oder ihr beitreten können gemäss den Bestimmungen des Artikels 2 dieser Konvention.

II. Die Versammlung wünscht, dass der Völkerbund sich auch weiterhin für die Massnahmen interessiere, die eine fortschreitende Abschaffung der Sklaverei und ähnlicher Verhältnisse bezwecken, und sie ersucht demgemäss den Völkerbundsrat, der Versammlung alljährlich einen Bericht zu unterbreiten, der die Gesetze und sonstigen Bestimmungen enthält, die von den Signatarstaaten dieser Konvention gemäss Artikel 7 dem Generalsekretäre zur Kenntnis gebracht wurden, und gegebenenfalls auch weitere Angaben ,welche die Mitglieder des Völkerbundes von sich aus über die von ihnen ergriffenen Massnahmen zu machen bereit sind.

869 III. Die Versammlung anerkennt zwar, dass die Zwangsarbeit im Falle von öffentlichen Arbeiten mitunter notwendig ist; sie ist jedo.cn der Auffassung, dass ijn allgemeinen eine solche Zwangsarbeit nur dann in Frage kommen sollte, wenn es unmöglich ist, sich freiwillige Arbeitskräfte zu beschaffen; ausserdern sollte für diese Zwangsarbeit eine angemessene Entlöhnung ausgerichtet werden, IV. Die Versammlung, nach Kenntnisnahme der Arbeiten, die das Internationale Arbeitsamt in Ausführung der ihm anvertrauten Mission im Bahmen seiner Befugnisse unternommen hat, in Anbetracht ferner, dass diese Studien natürlicherweise auch die Probleme der Zwangsarbeit in sich begreifen, ersucht den Bat, dem Verwaltungsrate des Internationalen Arbeitsamtes die Annahme der Konvention über die Sklaverei zur Kenntnis zu bringen und seine Aufmerksamkeit darauf hinzulenken, wie wichtig ee sei, dass es prüfe, welche Massnahmen am besten geeignet sind, zu verhindern, dass die Zwangsarbeit eine der Sklaverei ähnliche Lage herbeiführe.

(Eesolution vom 25. September 1926.)

Beilag-e.

Ubereinkommen^betreöend die Sklaverei.

In der Erwägung, dass die Signatarstaaten der Generalakte der Konferenz von Brüssel von 1889/90 erklärt haben, von dem festen Willen beseelt zu sein, dem Sklavenhandel im Afrika eine Ende zu machen; m der Erwägung ferner, dass die Signatarstaaten der Konvention von St-Germain-en-Laye von 1919, welche die Bevision der Berliner Generalakte von 1885 und der Brüsseler Generalakte und Erklärung von 1890 zum Gegenstand hat, die Absicht geäussert haben, die vollständige Unterdrückung der Sklaverei in jeglicher Form, sowie des Sklavenhandels zu Land und zur See zu verwirklichen : im Hinblick auf den Bericht der vom Völkerbundsrat am 12. Juni 1924 eingesetzten temporären Kommission für die Frage der Sklaverei; vom Wunsche geleitet, das auf Grund der Brüsseler Akte zustande gekommene Werk zu vervollständigen und weiterzuführen und einen Weg zu finden, um die von den Signatarstaaten des Übereinkommens von St-Germain-en-Laye hinsichtlich des Sklavenhandels und der Sklaverei geäusserten Absichten in der ganzen Welt zur praktischen Verwirklichung zu bringen; in Erkenntnis ferner der Tatsache, dass es erforderlich ist, zu diesem Zwecke Vereinbarungen abzuschliessen, die mehr ins einzelne gehen als die Bestimmungen jenes Übereinkommens ; überzeugt ausserdem, dass es notwendig ist, zu verhindern, dass die Zwangsarbeit einen der Sklaverei ähnlichen Zustand schaffe;

870

haben beschlossen, ein Übereinkommen abzuschliessen und zu diesem Zweck als Bevollmächtigte ernannt: welche, nach Austausch ihrer Vollmachten, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind: Artikel 1.

Für die Zwecke des gegenwärtigen Übereinkommens besteht Einverständnis darüber: 1. dass Sklaverei den Zustand oder die Stellung einer Person bedeutet, auf welche einzelne oder sämtliche Äusserungen des Eigentumsrechts zur Anwendung kommen; 2. dass zum Sklavenhandel jede Handlung gehört, die sich als Gefangennahme, Erwerb oder Abtretung einer Person zum Zwecke der Versklavung darstellt ; jeder Erwerb eines Sklaven zum Zwecke des Verkaufes oder Austausches; jede im Wege des Verkaufs oder Vertauschs vollzogene Abtretung eines zum Zwecke des Wiederverkaufs oder Tausches erworbenen Sklaven, sowie im allgemeinen jede auf den Handel oder Transport von Sklaven gerichtete Handlung.

Artikel 2.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, soweit sie die erforderlichen Massnahmen nicht bereits getroffen haben, und jeder Einzelne für die unter seiner Souveränität, Gerichtsbarkeit, Schutz, Suzeränität oder Vormundschaft gestellten Gebiete: a. den Sklavenhandel zu verhüten und zu unterdrücken; b. die vollständige Aufhebung der Sklaverei in allen ihren Formen in fortschreitendem Masse und so bald als möglich anzustreben.

Artikel 8.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, alle geeigneten Massnahmen zu treffen, um die Einschiffung, Ausschiffung und Beförderung von Sklaven in ihren Territorialgewässern, sowie im allgemeinen auf allen Schiffen, die ihre Flagge gehisst haben, zu verhüten und zu unterdrücken.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, so bald als möglich ein allgemeines Abkommen über den Sklavenhandel abzuschliessen, das ihnen Bechte gibt und Pflichten auferlegt, die, unter Vorbehalt der notwendigen Abänderungen, denen entsprechen, welche die Konvention vom 17. Juni 1925 betreffend den internationalen Waffenhandel vorsieht (Artikel 12, 20, 21, 22, 23, 24 und §§ 8, 4 und 5 der Sektion II der Beilage II). Diese allgemeine Konvention soll für die Schiffe (selbst die mit geringerer Wasserverdrängung) keines der Hohen Vertragschliessenden Teile andere Bestimmungen festsetzen als die, welche für die andern Hohen Vertragschliessenden Teile gelten.

871 Es wird weiterhin vereinbart, dass vor und nach dem Inkrafttreten der besagten allgemeinen Konvention den Hohen Vertragschliessenden Teilen das volle Eeeht zusteht, untereinander besondere Vereinbarungen abzuschliessen, die sie zufolge ihrer speziellen Lage für nötig erachten sollten, um so rasch wie möglich das vollständige Verschwinden des Sklavenhandels herbeizuführen, wobei jedoch keine Bestimmungen aufgestellt werden dürfen, die den im vorigen Absatz enthaltenen Grundsätzen widersprechen.

Artikel 4.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile unterstützen sich gegenseitig, um die Unterdrückung der Sklaverei und des Sklavenhandels zu erreichen.

Artikel 5.

Die Hohen Vertragschliessendeh Teile anerkennen, dass die Zulassung der Zwangsarbeit oder Arbeitspflicht von schwerwiegenden Polgen begleitet sein kann und verpflichten sich, jeder hinsichtlich der seiner Souveränität, Gerichtsbarkeit, Sohutzgewalt, Suzeränität oder Vormundschaft unterstellten Gebiete, die geeigneten Massnahmen zu ergreifen, um zu vermeiden, dass die Zwangsarbeit oder Arbeitspflicht einen der Sklaverei ähnlichen Zustand schaffe.

Es besteht Einverständnis darüber: 1. dass unter Vorbehalt der nachstehend in Ziffer 2 enthaltenen Übergangsbestimmungen die Zwangsarbeit oder Arbeitspflicht grundsätzlich nur für öffentliche Zwecke gefordert werden darf; . 2. dass in den Gebieten, in denen die Zwangsarbeit oder Arbeitspflicht für andere als öffentliche Zwecke noch besteht, die Hohen Vertragschliessenden Teile bestrebt sein werden, dieselbe in zunehmendem Masse und so schnell als möglich abzuschaffen, und dass, solange diese Zwangsarbeit oder Arbeitspflicht bestehen wird, dieselbe nur ausnahmsweise zur Anwendung gelangen soll gegen angemessene Entschädigung und unter der Bedingung, dass ein Wechsel des herkömmlichen Wohnsitzes nicht gefordert werden darf; 8. dass in jedem Fall die Zentralbehörden des betreffenden Gebietes die.

Verantwortlichkeit für die Zulassung der Zwangsarbeit oder Arbeitspflicht auf sich nehmen.

Artikel 6.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile, deren Gesetzgebung noch nicht hinreichend sein sollte, um die Übertretung der Gesetze und Verordnungen, die erlassen werden zur Erreichung der Zwecke dieses Übereinkommens, zu unterdrücken, verpflichten sich, die notwendigen Vorkehren zu treffen, damit diese Übertretungen
mit schweren Strafen belegt werden.

Artikel 7.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, sich gegenseitig und dem Generalsekretär des Völkerbundes die Gesetze und Verordnungen,

872

welche eie zum Zwecke der Anwendung des gegenwärtigen Übereinkommens erlassen werden, zur Kenntnis zu bringen.

Artikel 8.

Die Hohen Vertragschliessenden Teile kommen überein, dass sämtliche Streitfälle zwischen ihnen betreffend die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens, die nicht auf dem Wege der direkten Verhandlungen erledigt werden können, dem Ständigen Internationalen Gerichtshof unterbreitet werden ; falls einer oder beide der Staaten, zwischen denen ein Streit entsteht, dem Protokoll vorn 16. Dezember 1920 betreffend den Ständigen Internationalen Gerichtshof nicht beigetreten sind, so soll der Streitfall, je nach ihrem Gutfinden und gemäss den Verfassungsvorschriften eines jeden, dein Ständigen Internationalen Gerichtshof, einem gemäss dem Übereinkommen vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle bestellten Schiedsgericht oder irgendeinem andern Schiedsgerichte unterbreitet werden.

Artikel 9.

Jeder der Hohen Vertragsehliessenden Teile kann anlässlich der Unterzeichnung, der Katifikation oder seines Beitrittes bezüglich der Anwendung sämtlicher oder einiger Bestimmungen dieses Übereinkommens erklären, dass seine Annahme sämtliche oder einzelne der unter seiner Souveränität, Gerichtsbarkeit, Schutzgewalt, Suzeränität oder Vormundschaft gestellten Gebiete nicht verpflichten soll; er kann später im Namen eines jeden derselben ganz oder teilweise beitreten.

Artikel 10.

Falls einer der Hohen Vertragsehliessenden Teile beabsichtigen sollte, dieses Übereinkommen zu kündigen, so hat er die Kündigung schriftlich dem Generalsekretär des Völkerbundes mitzuteilen, der eine beglaubigte Abschrift derselben sämtlichen Hohen Vertragsehliessenden Teilen zukommen lässt unter Angabe des Datums, an dem die Kündigung einging.

Die Kündigung wird wirksam ein Jahr nach ihrem Eingang beim Generalsekretär des Völkerbundes, und zwar nur dem Staat gegenüber, der sie erklärt hat.

Es kann auch gesondert gekündigt werden für jedes unter der Souveränität, Gerichtsbarkeit, Schutzgewalt, Suzeränität oder Vormundschaft des betreffenden Staates gestellte Gebiet.

Artikel 11.

Das vorliegende Übereinkommen, welches das Datum des heutigen Tages trägt und dessen französischer und englischer Wortlaut in gleicher Weise massgebend sind, soll den Mitgliedstaaten des Völkerbundes bis zum 1. April 1927 zur Unterschrift offenstehen.

873

Daraufhin soll der Generalsekretär des Völkerbundes das Übereinkommen sämtlichen Nichtsignatarstaaten, unter Inbegriff der Staaten, die dem Völkerbund nicht angehören, zur Kenntnis bringen und sie zum Beitritt einladen.

Der Staat, der beizutreten wünscht, hat seine Absicht dem Generalsekretär des Völkerbundes schriftlich bekanntzugeben und ihm die Beitrittsakte zu übermitteln, die im Archive des Völkerbundes hinterlegt werden soll.

Der Generalsekretär soll unverzüglich sämtlichen Hohen Vertragschliessenden Teilen eine beglaubigte Abschrift der Erklärung sowie der Beitrittsakte zukommen lassen unter gleichzeitiger Mitteilung des Datums, an dem die betreffenden Dokumente bei ihm eingingen.

Artikel 12.

Dieses Übereinkommen bedarf der Eatifikation. Die Eatifikationsurkunden sind auf dem Bureau des Generalsekretärs des Völkerbundes zu hinterlegen, der die Hohen Vertragschliessenden Teile von ihrem Empfang benachrichtigen soll.

Das Übereinkommen wird für jeden Staat mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde oder mit seinem Beitritt wirksam.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen in Genf am 25. September 1926 in einer einzigen Ausfertigung, .die im.Archiv des Völkerbundes zu hinterlegen ist. Eine beglaubigte Abschrift davon ist jedem Signatarataat zu übermitteln.

3. Ratifikation von Abkommen und Konventionen, die unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossen wurden.

Die Versammlung stellt mit Bedauern fest, dass zufolge der Schwierigkeit, von den Signatarstaaten eine genügende Anzahl Eatifikationen zu erlangen, zahlreiche unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossene Abkommen und Konventionen ohne Wirkung geblieben sind oder erst äusserst spät in Kraft treten konnten.

Sie wünscht, die Aufmerksamkeit der Eegierungen aller Mitgliedstaaten des Bundes auf die Notwendigkeit hinzulenken, sämtliche in ihrer Macht stehenden Massnahmen zu ergreifen, um die Eatifikation aller in ihrem Namen unterzeichneten Abkommen und Konventionen zu erleichtern und zu beschleunigen, und beschliesst, dem Völkerbundsrat zu empfehlen, sich alle sechs Monate einen Berieht über den Stand der Batifikationen vorlegen zu lassen und die Mittel zu prüfen, die zu einer beschleunigten Inkraftsetzung dieser Abkommen und Konventionen beizutragen geeignet sind.

(Eesolution vom 28. September 1926.)

874

Beilage VI.

1. Prüfung der Vollmachten.

Gestützt auf den Bericht der von der Versammlung am 6. September 1926 ernannten Kommission für die Prüfung der Vollmachten wurden die Vollmachten der Vertreter der Völkerbundsmitglieder richtig befanden.

Die Kommission war folgendermassen zusammengesetzt: Hr.de Agüero y Bethancourt (Kuba), Präsident; Hr. Vladimir Moloff (Bulgarien); Hr. Wang King-Ky (China); General Johan L ai doner (Estland); Hr. Joseph Barthélémy (Frankreich); S. H. der Maharaja von Kapurthala (Indien); Graf Bonin-Longare (Italien); Baron Lehmann (Liberia).

(Sitzungen vom 6. und 10. September 1926.)

2. Wahl des Tagesordnungsausschusses.

DieVersammlung hat einen Tagesordnungsausschuss gewählt, der folgender massen zusammengesetzt war: Hr. Dr. Urrutia (Kolumbien), Präsident; Hr. Dr. Dino (Albanien); Viscount Cecil of Chelwood (Britisches Reich); Hr. Alfred Nemours (Haiti); Hr. Dino Grandi (Italien); Hr. Joseph Bech (Luxemburg); S. H. Fürst Charoon (Siam).

(Sitzung vom 6. September 1926.)

3. Wahl des Bureaus.

Gemäss Artikel 7 der von der ersten Versammlung in der Sitzung vom 80. November 1920 angenommenen Geschäftsordnung und in Übereinstimmung mit, dem Versammlungsbeschlusse vom 8. September 1926 wurde das Bureau der siebenten ordentlichen Versammlung folgendermassen bestellt: a. der Präsident der Versammlung; b. die sechs von der Versammlung gewählten Vizepräsidenten; c. die Präsidenten der sechs Kommissionen der Versammlung, die ohne weiteres Vizepräsidenten der Versammlung sind; ä. der Präsident des Tagesordnungsausschusses.

875 a. Präsident.

S.Exz.Hr.Dr.Momtchilo Nintchitch (Serbisch-Kroatisch-Slawonisches Königreich) wurde zum Präsidenten der Versammlung gewählt.

(Sitzung vom 6. September 1926.)

6. Von der Versammlung erwählte Vizepräsidenten.

Sie Austen Chamberlain (Britisches Reich), Hr. Briand (Prankreich), Vicomte Ishii (Japan), Hr. Scialoja (Italien), Hr. Figueroa (Guatemala), Baron Lehmann (Liberia).

(Sitzung vom 7. September 1926.)

c. Präsidenten der Kommissionen, die ohne weiteres Vizepräsidenten der Versammlung sind.

Hr. Motta (Schweiz), Hr. Fitzgerald (Freistaat von Irland), Hr. Villegas (Chile), Hr. Titulesco (Rumänien), Hr. Mensdorff-Pouilly-Dietrichstein (Österreich), Hr.de Brouckère (Belgien).

(Sitzung vom 7. September 1926.)

d. Präsident des Tagesordnungsausschusses.

Gemäss einem von der Versammlung anlässlich der vierten Sitzung gef aasten Beschlüsse wurde der Präsident des Tagesordnungsausschusses, Hr. Dr. Urrutia (Kolumbien), zum Mitgliede des Versammlungsbureaus gewählt.

(Sitzung vom 8. Teptember 1926.)

4. Bestellung der Kommissionen und Arbeitsverteilung.

Die Versammlung bestellte sechs allgemeine Kommissionen, die alle aus Vertretern der Delegationen bestanden (ein Vertreter für jede Delegation).

(Sitzung vom 6. September 1926.)

Die verschiedenen Kommissionen hatten folgende Fragen zu prüfen und der Versammlung darüber Bericht zu erstatten: Erste Kommission (Juristische und Verfassungsfragen).

1. Verfahren betreffend die Wahl der nichtständigen Ratsmitglieder und regeln hinsichtlich ihres Mandats.

2. Prüfung gewisser Fragen betreffend die Wahl der nichtständigen Ratsmitglieder.

3. Numerierung dor Absätze der Satzungsartikel.

4. Auslegung der Präambel und der Artikel 8 und 4 der Satzung; Vorschlag der britischen Delegation.

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Zweite Kommission (Technische Organisationen).

1. Arbeiten der Hygieneorganisation.

2. Arbeiten der Organisation für Verkehrswege und Transit (einschliessh'ch die Frage der Erleichterungen zugunsten von Journalisten, die den Verhandlungen des Völkerbundes in Genf folgen).

8. Arbeiten des Wirtschaftskomitees.

4. Arbeiten des Finanzkomitees.

5. Finanzielle Wiederaufrichtung Österreichs.

6. Finanzielle Wiederaufrichtung Ungarns..

7. Arbeiten des Ausschusses für die Vorbereitung der internationalen Wirtschaftskonferenz.

8. Arbeiten des autonomen Amtes für die Ansiedlung der griechischen Flüchtlinge.

9. Ansiedlung der bulgarischen Flüchtlinge.

10. Arbeiten der internationalen Konimission für die Organisierung der geistigen Zusammenarbeit.

Dritte Kommission (Beschränkung der Büstungen).

1. Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit und friedliche Erledigung internationaler Streitfälle.

2. Arbeiten der Kommission für die Vorbereitung der Abrüstungskonferenz.

8. Kontrolle der privaten Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterialien, Vierte Kommission (Budgetfragen).

.1. Prüfung der Eechnungen, Budget des Völkerbundes und andere Finanzfragen.

2. Rückständige Beiträge.

F ü n f t e K o m m i s s i o n ( S o z i a l e u n d a l l g e m e i n e Fragen).

1. Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln.

2. Arbeiten der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz; a. Frauen- und Kinderhandel; b. Kinderschutz.

8. Schutz der Frauen und Kinder im Nahen Osten.

4. Fragen betreffend die armenischen und russischen Flüchtlinge.

5. Ansiedlung der armenischen Flüchtlinge.

6. Ausdehnung der zugunsten der russischen und armenischen Flüchtlinge getroffenen Massnahmen auf ähnliche Flüchtlingsgruppen.

S e c h s t e K o m m i s s i o n (Politische Fragen, M a n d a t e , Sklaverei).

1. Mandate.

2. Übereinkommen betreffend die Sklaverei.

8. Batifizierung der unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossenen Abkommen und Konventionen,

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5. Frage des Alkoholismus.

Die Versammlung beschliesst, die Behandlung des Vorschlages der finnischen, polnischen und schwedischen Delegationen auf die nächste Tagung der Versammlung zu verschieben.

(Eesolution vom 21. September 1926.)

6. Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund; seine Ernennung zum ständigen Ratsmitglied; Vermehrung der nichtständigen Ratssitze.

I. Die Versammlung genehmigt den Bericht der ersten Kommission der ausserordentlichen Versammlung über das von der deutschen Regierung eingereichte Gesuch um Aufnahme in den Völkerbund.

II. Die Versammlung genehmigt die im Ratsbeschlusse vom 4. September 1926 enthaltenen Anträge über: a. die Ernennung Deutschlands zum ständigen Ratsmitgliede ; b. die Erhöhung der Anzahl der nichtständigen Ratssitze auf neun.

(Resolutionen vom 8. September 1926.)

7. Wahl der nichtständigen Ratsmitglieder.

I. Die Versammlung wählt als nichtständige Ratsmitglieder: Belgien *), Chile***), China**), Kolumbien**), die Niederlande**), Polen***), Rumänien ***), Salvador *) und die Tschechoslowakei *).

II. Die Versammlung erklärt, dass Polen nach Ablauf seines gegenwärtigen dreijährigen***) Mandats wieder wählbar istf).

(Sitzung vom 16. September 1926.)

*) Für ein Jahr.

**) Für zwei Jahre.

***) Für drei Jahre.

f) Siehe die Resolution der Versammlung Tom 15. September, Artikel IV, i» 2 Seite 31).

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die siebente Session der Völkerbundsversammlung. (Vom 10. Dezember 1926.)

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Bundesblatt

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Jahr

1926

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

50

Cahier Numero Geschäftsnummer

2166

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.12.1926

Date Data Seite

823-877

Page Pagina Ref. No

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