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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 15. November 1929.)

Als Mitglieder der eidgenössischen Zollrekurskommission werden für eine am 1. Oktober 1929 beginnende dreijährige Amtsdauer gewählt: die Herren Bundesrichter Ursprung, Lausanne, Präsident ; Nationalrat Odinga, Präsident des kantonalen Gewerbeverbandes, Zürich ; Nationalrat Dr. Wetter, Delegierter des Vororts des Schweiz. Handels- und Industrie-Vereins, Zürich ; Nationalrat Dr. König, Professor an der Universität Bern ; B. Jäggi, Präsident der Verwaltungskommission des Verbandes schweizerischer Konsumvereine, Basel5 Nationalrat Huggler, Bern; Nationalrat Dr. Baumberger, Zürich 5 Nationalrat Steinmetz, Kaufmann, Genf; alt Ständerat Dr. Raimun^ Loretan, Regierungsrat, Sitten.

Hinscheid des Herrn Eundesrat Karl Scheurer.

Am 14. November 1929, morgens um 11 Uhr, ist Herr Bundesrat Karl Scheurer, Vizepräsident des Bundesrates, in Bern gestorben.

Der Bundesrat hat den Kantonsregierungen, den Mitgliedern der Bundesversammlung, dem Bundesgericht sowie dem Eidgenössischen Versicherungsgericht durch folgendes Schreiben hiervon Kenntnis gegeben : Es liegt uns die überaus schmerzliche Pflicht ob, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass heute, vormittags 11 Uhr, unser hochverehrter Kollege

Herr Bundesrat Karl Scheurer Vizepräsident des Bundesrates

Vorsteher des eidgenössischen Militärdepartements, im Alter von 57 Jahren durch den Tod aus unserer Mitte hinweggenommen worden ist.

Tiefbewegt geben wir unserm Schmerz über diesen schweren Verlust Ausdruck; denn uns ist ein Mitarbeiter und Freund entrissen worden, dessen Tatkraft und Arbeitsfreude, dessen Weitblick und Verantwortlichkeitswille über jedes Lob erhaben waren und der Verwaltung des Staates jederzeit im vollen Ausmass zur Verfügung standen.

Karl Scheurer wurde am 27. September 1872 in Sumiswald geboren und war verbürgert in Erlach. Nachdem er seine der Rechtswissenschaft gewidmeten Studien mit dem bernischen Staatsexamen abgeschlossen hatte, betätigte er sich zunächst als Anwalt in Bern. Allein schon früh wandte, er sich den öffentlichen Dingen zu und so wurde er im Jahr 1901 Mit-

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Schon diese kurzen Angaben zeigen, dass ein reiches Lebenswerk mit dem Tode Karl Scheurers einen allzufrühen Abschluss gefunden hat.

Auf eidgenössischem Gebiet war ihm insbesondere das Militärwesen anvertraut. Ihm erwuchs damit die schwere Aufgabe, die Erfahrungen des Weltkrieges für unser Heer nutzbar zu machen, unsere Armee gemäss den Forderungen der Zeit und im Rahmen der hierfür zur Verfügung stehenden Mittel fähig zur Abwehr zu erhalten. Er hat sich in der Verfolgung dieses Zieles stets an die Richtlinien der Neutralitätspolitik der Eidgenossenschaft gehalten, deren Verpflichtungen zu erfüllen der Bund seines Volksheeres nicht entraten kann. Der Weg, den er hierbei zu beschreiten hatte, war dornenvoll ; er ist ihn unbeirrt seiner innersten Überzeugung folgend gegangen. Er darf dafür des Dankes des Vaterlandes sicher sein.

Der Verstorbene wurzelte tief im Boden der Heimat, ihren Stempel trug sein Wesen, ihr hat er seine beste Kraft geweiht. Ihm war ein klarer Geist verliehen, der ihn befähigte, rasch und sicher das Wesentliche zu erfassen und auf den verschiedensten Gebieten heimisch zu werden.

Dazu gesellte sich ein zäher Arbeitswille, womit er die ihm gestellten Aufgaben bis in die letzten Einzelheiten meisterte. Wie sein Geist, so war auch seine Rede : klar, bestimmt, volkstümlich, einfach und schlagend.

Er zwang die Menschen durch die Kraft der Überzeugung in den Bann seines Wortes und die Einfachheit seiner Sprache folgte willig dem Hochflug seiner Gedanken, die sie ohne überflüssige Zier und dennoch höchst eindrucksvoll wiederzugeben vermochte.

Nun ist sein Mund verstummt und wir stehen in tiefer Trauer an der Bahre dieses Mannes, dessen Herz von unverbrüchlicher Liebe zu seinem Vaterland erfüllt war, dessen Wirken von hoher staatsmännischer Einsicht zeugte, dessen schlichtes
Wesen dem Ideal demokratischer Gerechtigkeit hingegeben war. Wir werden ihn mit Ihnen und dem ganzen Lande in dankbarem Andenken behalten.

Die Trauerfeier ist Montag, den 18. November 1929, um 10 Uhr 15, im Berner Münster abgehalten worden. Die Beerdigung hat am Nachmittag in Gampelen stattgefunden.

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20.11.1929

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