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Bundesratsbeschluss betreffend

das Verbot der kommunistisch-antifascistischen Kundgebung (,,Rotes Treffen") und allfälliger Gegenkundgebungen im Tessin.

(Vom 1. März 1929.)

Der schweizerische Bundearat, nach Kenntnisnahme des vom Staatsrate des Kantone Tessin am 20. Februar 1929 erlassenen Verbotes des sogenannten ,,Roten Treffens" vom 29. bis 31. März 1929, in Erwägung, dass der offen ausgesprochene provokatorische Zweck einer solchen Kundgebung sowohl diese als allfällige Gegenkundgebungen ohne weiteres als die völkerrechtlichen Beziehungen der Eidgenossenschaft, ihre Sicherheit, Ruhe und Ordnung gefährdend erscheinen lässt und ihr Verbot in Anwendung des Art. 102, Ziffern 8, 9 und 10, der Bundesverfassung rechtfertigt, gestützt ferner auf Art. 6 des Bundesgesetzes betreffend die Organisation und Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen vom l, Februar 1923, Art. 4 des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr vom 2. Oktober 1924, Art. 5 des Bundesgesetzes betreffend den Telegraphen- und Telephon v erkehr vom 14. Oktober 1922, beschließet:

Art. 1.

Die Verkehrsanstalten des Bundes werden angewiesen, die Benützung ihrer Transportmittel und Einrichtungen zur Durchführung eines ,,Boten Treffens11 und allfälliger Gegenkundgebungen im Tessin zu verweigern.

Art. 2.

Die Teilnehmer an diesen Kundgebungen sind festzustellen und unter Vorbehalt besonderer Massnahmen zur sofortigen Rückkehr an ihren Wohnort zu veranlassen.

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Art. 3.

Ausländer, die an der Kundgebung oder an Gegenkundgebungen teilnehmen oder in irgend einer Weise die öffentliche Ordnung stören, sind ohne Verzug zu verhaften und werden gemäss Art. 70 der Bundesverfassung ausgewiesen.

Art. 4.

Ausländer, die zur Teilnahme an der Kundgebung oder an Gegenkundgebungen einreisen wollen, sind an der Grenze zurückzuweisen.

Art. 5.

Die Bundesanwaltschaft wird beauftragt, in Verbindung mit den Verkehrsanstalten des Bundes und den Polizeibehörden der Kantone die zur Durchführung dieses Beschlusses nötigen polizeilichen Massnahmen anzuordnen. Zuwiderhandelnden werden die Strafbestimmungen des Bundes und der Kantone, insbesondere diejenigen gegen Widersetzlichkeit und.

Aufruhr, in Erinnerung gerufen.

B e r n , den 1. März 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,.

Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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Bundesratsbeschluss betreffend das Verbot der kommunistisch-antifascistischen Kundgebung (,,Rotes Treffen") und allfälliger Gegenkundgebungen im Tessin. (Vom 1.

März 1929.)

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Jahr

1929

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06.03.1929

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277-278

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