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Kreisschreiben des

Bandesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Yolksabstimmung vom 12. Mai 1929 über die beiden Volksbegehren betreffend den Strassenverkehr und betreffend das Kantonsund Gemeindeverbotsrecht für gebrannte Wasser, die zum Genuss bestimmt sind.

(Vom 8. März 1929.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Wir beehren uns, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, dass wir heute die Abstimmung über die beiden Volksbegehren betreffend den Strassenverkehr und betreffend das Kantons- und Gemeindeverbotsrecht für gebrannte Wasser, die zum Genuas bestimmt sind, auf Sonntag, den 12. Mai 1929 und, wo nötig, auf den Vortag, den 11. Mai 1929, festgesetzt haben.

Wir werden Ihnen diesen Beschluss in der üblichen Anzahl von Exemplaren zum Anschlag übersenden lassen und ersuchen Sie, alle Anordnungen zu treffen, damit die Abstimmung in gesetzlicher Weise vor sich gehe (vgl. Bundesgesetze vom 19. Juli 1872, A. S. X, 915, bzw.

20. Dezember 1888, A. S. n. F. XI, 60, und 30. März 1900, A. S. n. F.

XVIII, 119, sowie vom 27. Januar 1892, A. S. n. F. XII, 885, und vom 17. Juni 1874, A. S. n. F. I, 116, sowie die Kreisschreiben des Bundesrates vom 16. März und 3. April 1925, Bundesblatt 1925, Bd. I 809; Bd. H, 137).

Insbesondere wollen Sie dafür besorgt sein, dass die Abstimmungsvorlagen spätestens vier Wochen vor dem Abstimmungstage in die Hände der Stimmberechtigten gelangen und dass die Protokolle gemeindeweise in vorgeschriebener Form angefertigt und b i n n e n s p ä t e s t e n s 10 T a g e n , von der A b s t i m m u n g a n g e r e c h n e t , an die Bundeskanzlei gesandt werden, während die Stimmzettel gehörig versiegelt bis nach Erwahrung des Ergebnisses der Volksabstimmung durch die Bundesversammlung aufzubewahren sind.

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Die Protokolle haben anzugeben : die Zahl der Stimmberechtigten, die Zahl aller eingelangten Stimmzettel, die Zahl der ausser Betracht fallenden Stimmzettel, getrennt in leere und in ungültige, die Zahl der in Betracht fallenden Stimmzettel und die Zahl der abgegebenen Ja und Nein. Die Zahl der in Betracht fallenden Stimmzettel ergibt sich durch Abzug der Zahl der ausser Betracht fallenden Stimmzettel (leere und ungültige) von der Zahl aller eingelangten Stimmzettel und bildet die Grundlage für die Berechnung des absoluten Mehrs (die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen plus eins).

Für die Zusammenstellung der Abstimmungsergebnisse empfehlen wir Ihnen das nachfolgende Schema dringend zur Benützung.

Schema für die Zusammenstellung des Abstimmungsergebnisses in den Kantonen.

Gemeinde (Bezirk, Wahlkreis)

Stimmberechtigte

Eingelangt« Stimmzettel

Ausser Betracht fallende Stimmzettel

Strassenverkehr

leere

Ja

In Betracht fallende Stimmungültige zettel

Nein

Absolu tes Mehr

Gemeinde - (Bezirk, Wahlkreis)

Stimmberechtigte

Eingelangte Stimmzettel

Ausser Betracht In fallende Betracht Stimmzettel fallende Stimmleere ungültige zettel

Kantons- und Gemeindeverbotsrecht Ja

Nein

·'

Absolu tes Mehr : .

Für die Zahl der Vorlagen und Stimmzettel haben wir den Massstab der letzten Abstimmung zugrunde gelegt ; allfällige abweichende Wünsche wollen Sie durch Vermittlung Ihrer Kanzleien beförderlichst an die Drucksachenverwaltung der Bundeskanzlei gelangen lassen.

Die Telegraphenverwaltung wird von uns angewiesen werden, seinerzeit die amtlichen Mitteilungen über die Ergebnisse der Volksabstimmung zum

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Behufe möglichst baldiger Festsetzung des Gesamtergebnisses so rasch als tunlich zu befördern. Wir ersuchen Sie daher, die in Ihrem Kanton hierfür bezeichneten Amtsstellen (Gemeinde-, Kreis- und Bezirksbehörden) zu beauftragen, die Stimmenzahlen sofort nach der Abstimmung telephonisch oder telegraphisch an Ihre Staatskanzlei oder eine andere hierfür bestimmte Zentralstelle zu melden. Die Staatskanzlei oder die Zentralstelle hätte dann das Abstimmungsergebnis des Kantons telephonisch der Bundeskanzlei anzugeben und umgehend brieflich zu bestätigen.

Diese telephonischen oder telegraphischen Meldungen, sowohl die der untern Behörden an die Kantonsbehörden als diejenigen an die Bundeskanzlei, sind gebührenfrei.

Im übrigen benützen wir diesen Anlass, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 8. März 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Dr. Haab.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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Volksabstimmung vom 12. Mai 1929.

L Bundesfteschluss vom 19. Dezember 1928 über

das Volksbegehren betreffend den Strassenverkehr.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht des Volksbegehrens betreffend den Strassenverkebr, eines Berichtes des Bundesrates vom 21. August 1928, gestützt auf Art. 121 ff. der Bundesverfassung und Art. 8 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend die Revision der Bundesverfassung, besohliesst:

Art. 1.

Das Volksbegehren betreffend den Strassenverkehr wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet.

Dieses Volksbegehren lautet wie folgt: ,,In die Bundesverfassung sind an Stelle des Art. 37biB folgende neue Bestimmungen aufzunehmen : Art. 37blfl.

Die Gesetzgebung über den Strassenverkehr ist Bundessache.

Den Kantonen bleibt das Recht gewahrt, im Rahmen der eidgenössischen Strassenverkehrsgesetzgebung Vorschriften zu erlassen, in denen die besonderen örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden.

Der Bund ist befugt, Bau und Unterhalt von Durchgangsstrassen zu übernehmen oder sich daran zu beteiligen.

Die Einnahmen, die dem Bund aus Zöllen, Steuern und andern Abgaben auf den Betriebsstoffen der Motorfahrzeuge zufliessen, sind unter die Kantone zu verteilen. Massgebend sind hierbei die Aufwendungen der Kantone für Bau und Unterhalt solcher Strassen, die vom Bunde ala für den Verkehr wichtig anerkannt werden.

Der Bund ist berechtigt, einen angemessenen Teil der von ihm nach der vorstehenden Bestimmung erzielten Einnahmen zu behalten, wenn er Bau und Unterhalt von Durchgangsstrassen übernimmt oder sich daran beteiligt."1

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Art. 2.

Dem Volke und den Ständen wird die Verwerfung des Volksbegehrens beantragt.

Art. 3.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Bundesbeschlusses beauftragt.

Also beschlossen vom Ständerat, B e r n , den 6. Dezember 1928.

Der Präsident: Wettstein.

Der Protokollführer: Kaeslin.

Also beschlossen vom Nationalrat, B e r n , den 19. Dezember 1928.

Der Präsident: Walther.

Der Protokollführer : F. T. Ernst.

II. Bundesbeschluss vom 5. März 1929 über

das Volksbegehren für das Kantons- und Gemeindeverbotsrecht für gebrannte Wasser, die zum Genuss bestimmt sind.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht des Volksbegehrens über das Kantons- und Gemeindeverbotsrecht für gebrannte Wasser, die zum Genuss bestimmt sind, eines Berichtes des Bundesrates vom 5. Dezember 1927, Bundesblatt 81. Jahrg. Bd. I.

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350 gestützt auf Art. 121 ff. der Bundesverfassung und Art. 8 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend die Bevision der Bundesverfassung, beschliesst: Art. 1.

Es -wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet das Volksbegehren über das Kantons- und Gemeinde verbotsrecht für gebrannte Wasser, die zum Gemass bestimmt sind, das lautet wie folgt: «Nach dem jetzt geltenden Art. 82ler wird ein neuer Artikel in die Bundesverfassung aufgenommen, der folgendermassen lautet: Die Kantone und die Gemeinden sind berechtigt, auf ihrem Gebiete die Fabrikation und den Verkauf der gebrannten Wasser, die zum Genuas bestimmt sind, zu verbieten.

Der Erlass oder die Aufhebung solcher Verbote können sowohl nach den Bestimmungen des kantonalen Eechts erfolgen, als auch durch Volksabstimmung in dem Kanton oder in der Gemeinde, wenn ein Zehntel der Stimmberechtigten eine solche verlangt.» Art. 2.

Dem Volke und den Ständen wird die Verwerfung des Volksbegehrens beantragt.

Art. 8.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Bundesbeschlusses beauftragt.

Also beschlossen vom Nationalrat, B e r n , den 19. Dezember 1928.

Der Präsident: Walther.

Der Protokollführer : F. v. Ernst.

Also beschlossen vom Ständerat, B e r n , den 5. März 1929.

Der Präsident: Wettstein.

Der Protokollführer: Kaeslin.

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Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Volksabstimmung vom 12. Mai 1929 über die beiden Volksbegehren betreffend den Strassenverkehr und betreffend das Kantons- und Gemeindeverbotsrecht für gebrannte Wasser, die...

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13.03.1929

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345-350

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