7

8

N o

1

# S T #

5

Bundesblatt

8l. Jahrgang.

Bern, den 13. Februar 1929.

Band 1.

Erscheint wöchentlich

Preis S» Franken im Jahr, M Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 60 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de, in Bern

# S T #

Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend kantonale Entscheide, die durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden können.

(Vom 12. Februar 1929.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Das Bundesgesetz über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege vom 11. Juni 1928 (im folgenden "VDG" zitiert; eidgenössische Gesetzsammlung, Bd. 44, 8. 779 ff.), das am 1. März 1929 in Kraft tritt, lässt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen gewisse kantonale Entscheide zu, nämlich gegen diejenigen Entscheide der letzten kantonalen Instanz, die über bundesrechtliche Abgaben ergehen (Art. o) oder im Anhang zu diesem Gesetze aufgezählt sind.

Im Hinblick hierauf beehren wir uns, Ihnen folgendes zur Kenntnis zu bringen : A.

Gemäss Art. 9. Abs. 2, VDG ist auch der Bundesrat zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen kantonale Entscheide legitimiert, und er kann anordnen, dass ihm kantonale Entscheide, gegen die dieses Rechtsmittel zulässig ist, sofort nachdem sie erlassen worden sind, von den Kantonen unentgeltlich mitgeteilt werden. Im Bestreben, die Einsendungspflicht auf die Materion zu beschränken, in denen sie einem Bedürfnis entspricht, machen wir von der Befugnis, die E i n s e n d u n g kantonaler Entscheide anzuordnen, bloss in folgendem Umfang Gebrauch: Zu Art. o (Ut- « undb):: Die Entscheide der letzten kantonalen Instanz über den Militärpflichtersatz und über die Kriegssteuer einbegriffen die Nachsteuern und Steuerbussen betreffend die Kriegssteuer) sind der eidgenössischen Steuerverwaltung einzusenden. Mit Bezug auf die Kriegssteuer hat diese Einsendungspflicht schon bisher bestanden (Art. 103, 122 und 128 KrStB), Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. I.

16

186

Zum A n h a n g : Ziff. I, Abs. 2 : Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden über das Handelsregister sind in den Fällen von Art. 25, Abs. 3, und Art. 26, Abs. 4, der Handelsregister-Verordnung I vom 6. Mai 1890 -- wie bisher -- dem eidgenossischen Justizdepartement einzusenden.

Ziff. ZZ7, Abs. 6 : Der Entzug einer Bewilligung zur Herstellung und zum Vertrieb von Betäubungsmitteln ist, wie bisher, gemäss Art. 17 der Verordnung betreffend den Verkehr mit Betäubungsmitteln vom 23. Juni 1925 dem eidgenössischen Gesundheitsamt einzusenden.

Ziff. III, Abs. 7 : Der Entzug einer Bewilligung zur Fabrikation von Zündhölzchen ist, wie bisher, gemäss dem letzten Absatz von Art. 9 des BG- betreffend die Fabrikation und den Vertrieb von Zündhölzchen vom 2. November 1898 dem zuständigen eidgenössischen Fabrikinspektorat einzusenden.

Ziff. VIII: Die Entscheide der kantonalen Kriegssteuer-Rekurskommissionen über Ordnungsbussen, die den Betrag von Fr. 100.-- übersteigen, sind der eidgenössischen Steuerverwaltung einzusenden (wie die oben zu Art. 5 genannten Entscheide).

Ziff. X, Abs. 2 : Die Entscheide der Kantonsregierungen aus Art. 80 des Fabrikgesetzes (Fabrikkassen) sind dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement einzusenden.

Neu ist somit die Einsendungspflicht nur in betreff des Militärpflichtersatzes, sowie der Ziff. VIII und X, Abs. 2, des Anhangs. Die Amtsstelle, an die die Einsendung zuhanden des Bundesrates erfolgt, ist im Vorstehenden bezüglich der einzelnen Materien bezeichnet.

B.

Das laut Art 9, Abs. 2, VDG- dem Bundesrate zustehende Recht, gegen kantonale Entscheide die Verwaltungsgeriehtsbeschwerde zu erheben, wird delegiert: a, in bezug auf Militärpflichtersatz, Kriegssteuer und Ziff. VIII des Anhangs: an die eidgenössische Steucrverwaltung; b. in bezug auf die übrigen Entscheide : an das Departement, dessen Geschäftskreis der Entscheid betrifft.

An die gleichen Stellen wird auch dag Recht delegiert, gemäss Art. 14, Abs. 2, VDG- zu Verwaltungagerichtsbeschwerden gegen kantonale Entscheide eine Vernehmlassung einzureichen. Diese Stellen werden auch im übrigen zur Vertretung des Bundesrates in diesem Beschwerdeverfahren ermächtigt; ihnen wird auch das bundeegerichtliche Urteil über eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen kantonale Entscheide übermittelt (Art. 14, Abs. 3, VDG).

187

C.

Wir machen darauf aufmerksam, dass die F r i s t zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde 30 T a g e seit der Mitteilung des angefochtenen Entscheides beträgt, sowie daga die Vervraltungsgerichtsbeschwerde b e i m B u n d e s g e r i c h t einzureichen ist (Art. 13); und zwar ist die Beschwerdeschrift -- wenn ein kantonaler Entscheid angefochten wird -- in d r e i f a c h e r Ausfertigung einzureichen (Art. 14, Abs. 1). Wir ersuchen Sie, inbesondere dafür sorgen zu wollen, dass in den Fällen, für die eine Rechtsmittelbelehrung vorgeschrieben ist (z. B. Art. 19 der Vollziehungaverordnung vom 6. Dezember 1920 über die neue ausserordentliche Kriegssteuer, Art. 32 der Verordnung vom 2. Dezember 1921 über die Veranlagung und den Bezug des Militärpflichtersatzes von Auslandschweizern), richtige Angaben über das Rechtsmittel gemacht werden.

Mit Bezug auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden von Auslandschweizern betreffend den Militärpflichtersatz können wir Ihnen auf G-rund einer Mitteilung der staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts zur Kenntnis bringen, dass die Bestimmung in Art. 40 der zitierten Verordnung vom 2. Dezember 1921, wonach die Beschwerde gegen einen Entscheid der kantonalen Rekursbehörde betreffend den Militärpflichtersatz beim Konsulat einzureichen war, in dei1 Meinung als weiter geltend angesehen werden kann, dass die Einreichung beim Konsulat als Einreichung beim Bundesgericht im Sinne des Art. 13 VDG gilt.

Endlich möchten wir noch darauf hinweisen, dass gemäss Art. 54, Abs. l, VDG nur die seit dem 1. März 1929 erlassenen Entscheide der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen. Bei kantonalen Entscheiden kommt es darauf an, ob der Entscheid der letzten kantonalen Instanz (Art. 8, lit. fe, VDG) vor dem 1. März 1929 ergangen ist. Wenn ja, sind nur die Rechtsmittel des bisherigen- Rechts zulässig (vorgleiche aber hin.

eichtlich der Beschwerdefrist in diesen Fällen den Abs. 2 von Art. 54 VDG)Wir benützen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns dem Machtschutz Gottes zu empfehlen.

B e r n , den 12. Februar 1929.

Im Namen des Schweiz. Bimdesratea, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

--HJgK

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend kantonale Entscheide, die durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden können. (Vom 12. Februar 1929.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1929

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

07

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.02.1929

Date Data Seite

185-187

Page Pagina Ref. No

10 030 614

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.