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Bundesblatt

8l. Jahrgang.

Bern, den 21. August 1929.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis HO Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbesteilungsgebühr.

JümrückungsgetUhr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli £ Cie. in Bern.

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Kreisschreiben des

Buudesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Wahl der eidgenössischen Geschwornen.

(Vom 20. August 1929.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Die sechsjährige Amtsdauer der im Herbste 1923 gewählten eidgenössischen Geschwornen läuft mit dem 31.Dezember 1929 ab; wir sehen uns daher veranlagst, Sie einzuladen, bis zu diesem Zeitpunkte die Neuwahlen für die Amtsdauer 1930 bis 1935 avorzunehmen. Die Festsetzung des Datums der Geschwornenwahlen überlassen wir den Kantonen; sie können auch in Verbindung mit irgendeiner andern Wahl oder Abstimmung durchgeführt werden.

Für die Wahl der eidgenössischen Geschwornen sind massgehend die Art. 109 bis 114 des Bundesgesetzes vom 22. März 1893/6. Oktober 1911 über die Organisation der Bundesrechtspflege (Gesetzsammlung, Band 28, Seite 129), sowie Art. 8 des Bundesgesetzes betr. die eidg. Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872. (Gesetzsammlung a. F., Band 10, Seite 915.)

Diese Artikel lauten wie folgt: A. Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen : Art. 8. Die Nationalratswahlen und die Verfassungsabstimmungen finden mittels schriftlicher und geheimer Stimmabgabe statt; die Wahl der Geschwornen kann in offener Abstimmung vorgenommen werden.

Stimmenabgabe durch Stellvertretung ist untersagt.

B. Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege: Art. 109. Das Gebiet der Eidgenossenschaft wird in folgende drei Assisenbezirke eingeteilt: Der erste Bezirk umfasst die Kantone Genf, Waadt, Freiburg (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die deutsche Sprache vorherrscht), NeuenBundesblatt. 81. Jahrg. Bd. II.

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122 bürg, diejenigen Gemeinden der Kantone Bern und Wallia, in denen die französische Sprache das Übergewicht hat, Tessin und die italienisch redenden Gemeinden des Kantons Graubünden.

Der zweite Bezirk besteht aus den Kantonen Bern (mit Ausnahme der dem ersten Bezirk zugewiesenen Gemeinden), den deutsch sprechenden Gemeinden der Kantone Freiburg und Wallis, den Kantonen Solothurn, Basel (Stadt und Landschaft), Aargau, Luzern, Uri, Schwyz und Unterwaiden (Obund Nidwaiden).

Der dritte Bezirk enthält die Kantone Zürich, Glarus, Zug, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Appenzell (Ausser- und Innerrhoden), Graubünden (mit Ausnahme der Gemeinden, in denen die italienische Sprache vorherrscht).

Art. 110. Die Geschwornen werden vom Volke in Wahlkreisen, welche die Kantone feststellen, auf die Dauer von sechs Jahren mit der relativen Mehrheit der Stimmenden gewählt.

Auf je tausend Einwohner wird ein Geschworner gewählt.

Wählbar ist jeder nach Art. 74 der Bundesverfassung stimmberechtigte Schweizerbürger.

Nicht wählbar sind die Mitglieder der obersten eidgenössischen und kantonalen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, die Gerichtspräsidenten, die Verhörrichter und Staatsanwälte, sowie die Beamten und Angestellten aller eidgenössischen und kantonalen Verwaltungen, mit Ausnahme der Gemeindebeamten, und die Geistlichen.

Art. 111. Die Kantonsregierungen veröffentlichen das Wahlergebnis in den kantonalen Amtsblättern.

Art. 112. Jeder Bürger ist zur Annahme der Wahl verpflichtet.

Ausgenommen sind diejenigen, welche das 60. Altersjahr zurückgelegt haben oder wegen dauernder Krankheit oder wegen eines andern bleibenden Gebrechens ausserstande sind, die Pflichten eines Geschwornen zu erfüllen.

Die Ablehnung der Wahl ist binnen zehn Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses der Kantonsregierung anzuzeigen.

Art. 113. Die Kantonsregierungen entscheiden, ob jemand als Geschworner wählbar und zur Annahme der Wahl verpflichtet sei; sie übersenden die bereinigten Listen der Gewählten dem Bundesgerichte.

Das "Bundesgericht stellt aus diesen Listen für jeden Bezirk eine Geschwornenliste zusammen.

Die Geschwornenlisten werden im Bundesblatt veröffentlicht.

Art. 114. Wenn Geschworne aus irgendeinem Grunde in Wegfall kommen, so hat die Kantonsregierung hiervon dem Bundesgerichte Anzeige zu machen, damit sie aus der Liste gestrichen werden.

123 Zu Art. HO, Abs. 2, des Organisationsgesetzes ist ergänzend zu bemerken, dass nach feststehender Übung und im Sinne von Art. 72 der Bundesverfassung bei der Verteilung der Geschwornen auf die Wahlkreise eine Bruchzahl von mehr als 500 Einwohnern für 1000 Einwohner zu zählen ist. Jedoch darf, abgesehen von den hiernach genannten Ausnahmen, eine solche Bruchzahl in ein und demselben Kanton selbstverständlich nur einmal berücksichtigt werden. Jeder Kanton wird daher seine Massnahmen so zu treffen haben, dass im Endergebnis ein Geschworner auf je 1000 Einwohner des ganzen Kantonsgebiets kommt.

Wo das Gebiet eines Kantons gemäss Art. 109 des Organisationsgesetzes zwei Assisenbezirken zugeteilt ist (Bern, Freiburg, Graubünden, Wallis), sind die Geschwornen so auf das Kantonsgebiet zu verteilen, dass der Bevölkerung jeder Sprache ihre Anzahl Geschworner im Verhältnis von einem Geschwornen auf 1000 Einwohner so genau wie möglich zukommt. Zu diesem Zwecke kann, abweichend von dem im vorigen Absatz erwähnten Grundsatz, eine Bruchzahl von mehr als 500 Einwohnern zweimal für 1000 Einwohner gezählt werden, nämlich je einmal für jede der den beiden Sprachen des Kantonsgebiets zuzuzählende Bevölkerung.

Für die Verteilung der Geschwornen auf die Kantone oder die Sprachgebiete der Kantone ist die eidgenössische Volkszählung von 1920 massgebend.

Wir benutzen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 20. August 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,

Der Bundespräsident: Dr, Haal).

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen betreffend die Wahl der eidgenössischen Geschwornen. (Vom 20. August 1929.)

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1929

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34

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.08.1929

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121-123

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10 030 781

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