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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1929).

(Vom 19. November 1929.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten, über nachstehende 85 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

1. Alois Berlinger, geb. 1905, Arbeiter in einer Bauschlosserei, Basel.

(Bundesaktenfälschung usw.)

1. Alois Berlinger ist am 22. Dezember 1928 vom Obergericht des Kantons Solothurn gemäss den Art. 33, 58 und 61 des Bundesstrafrechtes in Verbindung mit kantonalrechtlichen Strafbestimmungen zu einer Gefängnisstrafe von 6 Monaten und Fr. 50. -- Busse verurteilt worden.

Berlinger hat sich als damaliger Güterexpeditionsgehilfe in Ölten in vier Fällen folgende Machenschaften zuschulden kommen lassen: Er gab jeweils von einer Bahnstation sein Fahrrad an eine fingierte Adresse bahnlagernd Ölten auf, belastete die Sendung mit einer Nachnahme und unterzeichnete als Absender mit einem falschen Namen. In Ölten setzte sich Berlinger widerrechtlich in den Besitz des Fahrrades und der Begleitpapiere, dies in einem. Zeitpunkt, da die Gegenstände der Güterexpedition noch nicht zugekommen waren. Durch Verfälschung des Nachnahmescheines täuschte er die Einlösung der Sendung vor und sandte den verfälschten Schein an die Abgangsstation zurück, wo er dann als angeblicher Absender vorsprach, den Nachnahmebetrag bezog und mit dem falschen Namen quittierte.

Berlinger ersuchte am 14. April 1929 von der Strafanstalt Witzwil aus um bedingten Erlass eines Teils der Beststrafe. Da die Direktion der Strafanstalt, die Schutzaufsichtskommission des Kantons Solothurn und das kantonale Polizeidepartement das Gesuch unterstützten, wurde die Strafverbüssung am 31. Mai unterbrochen, unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Begnadigungsbehörde.

Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. III.

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Heute beantragen wir Ihnen, Berlinger die drei noch unverbüssten Wochen der Gefängnisstrafe bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und Stellung unter Schutzaufsicht. Die Ausführungen der Schutzaufsichtskommission vom 6. Mai und des kantonalen Polizeidepartementes vom. .25. September rechtfertigen die Massnahme. Berlinger hält sich gut, seine Familien- und Arbeitsverhältnisse sind geordnet.

2. Francois Henry Ducret, geb. 1893, Postgehilfe, Genf.

(Verletzung des Postgeheimnisses.)

2. François Henri Ducret ist am 13. April 1929 von der Cour de Justice Correctionnelle des Kantons Genf gemäss Art. 57 des Postverkehrsgesetzes vom 2. Oktober 1924 zu einem Tag Gefängnis verurteilt worden.

Ducret hat den an einen Postgehilfen desselben Dienstzweiges gerichteten Brief der Kreispostdirektion Lausanne geöffnet und den Inhalt anderen, anwesenden Beamten zur Kenntnis gebracht.

Für Ducret ersucht der Verteidiger um Erlass der Gefängnisstrafe. Ducret sei sich der Tragweite seines Verhaltens nicht bewusst gewesen, zudem handle es sich in Wirklichkeit bloss um einen leichten Fall. Für Einzelheiten beziehen wir uns auf die Gesuchsanbringen selbst.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf empfiehlt das Gesuch mit " dem erneuten Hinweis, die Angelegenheit hätte sich zur disziplinarischen Erledigung geeignet. Die Oberpostdirektion betont, dass es dem urteilenden Gericht freigestanden hätte, den Fall gemäss Art. 57, Ziffer 2, des Postverkehrsgesetzes zu disziplinarischer Erledigung zurückzuweisen; vom postalischen Standpunkt aus könne die Begnadigung nicht befürwortet werden. Die Bundesanwaltschaft schliesst sich dieser Auffassung an. Der Strafvollzug ist bis zum Entscheid der Begnadigungsbehörde aufgeschoben worden.

Unserseits ziehen wir abschliessead in Erwägung, dass es sich um einen.

'Grenzfall handelt, der gleich einer ähnlich gearteten Angelegenheit vom Gericht allenfalls an die Disziplinarbehörde hätte zurückgewiesen werden können. Der Verfasser des Gesuches bemerkt bezeichnenderweise, das Gericht habe in dieser Hinsicht dafür gehalten, dass ihm die Zuständigkeit zu einer entsprechenden Massnahme fehle, ein Standpunkt, der unrichtig ist. Ducret wird vom Entscheid der Begnadigungsbehörde an im Postdienst zunächst · bloss provisorisch weiter verwendet werden, mit der Möglichkeit
späterer Wiedereinstellung als Unterbeamter. Da ihm bereits administrativ eine gewisse Probezeit auferlegt werden wird, liegt es kommiserationsweise nahe, ihm gleichzeitig die Möglichkeit zu verschaffen, bei Wohlverhalten dem Strafvollzug entgehen zu können.

Wir b e a n t r a g e n , Ducret die Gefängnisstrafe von einem Tag bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass er während dieser Zeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe.

263 3. Edmund Schaîîter, geb. 1911, Lehrling, Nidau (Bern), ; 4. Lucie Schaîïter, geb. 1898, Hausfrau, Nidau (Bern), 5. Fritz Schlapbach, geb. 1893, Sattler und Kaufmann, Beinach (Aargaii).

(Widerrechtlicher Stromentzug.)

Gemäss Art. 58 des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwachund Starkstromanlagen vom 24. Juni 1902 sind verurteilt worden: 3. und 4. Edmund S c h a f f t e t und Lucie S c h a f f t e r , verurteilt am 17. Februar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Biel je zu Fr. 100 Busse.

In der Familie Schaffter ist im Juli 1927 von der Ehefrau und im Herbst 1927 vom Stiefsohn Edmund der wegen Nichtentrichtung der Strommiete unterbrochene, Strom unter Wegnahme der Plombe wieder eingeschaltet worden.

Die Verurteilten ersuchen in getrennten Eingaben um Erlass der Bussen.

Schaffter Edmund betont seine Eigenschaft als Lehrling. Frau Schaffter bringt an, die Entrichtung der Busse sei bei den misslichen Familienverhältnissen ausgeschlossen; sie ist der irrtümlichen Meinung, zu Unrecht wegen des Vorfalles vom Herbst 1927 mitverurteilt worden zu sein.

Der Gemeinderat von Nidau befürwortet die Gesuche. Der Begierungsstatthalter von Biel beantragt bei Schaffter Edmund Herabsetzung der Busse bis Fr. 20; das Gesuch der Frau Schaffter wird nicht: empfohlen. Die Polizeidirektion des Kantons Bern und das Starkstrominspektorat beantragen weitergehend bei Frau Schaffter Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir, Edmund Schaffter gänzlich zu begnadigen und das Gesuch der Frau Schaffter gänzlich abzuweisen. Bei jenem handelt es sich um einen Jugendlichen,, dem .jedenfalls die mängelhafte Ordnung im elterlichen Haushalt nicht zur Last fällt; bei dieser ergeben die Akten in mehrfacher Beziehung, dass sie ein besonderes Entgegenkommen nicht nahe legen kann.

. :· · · ' . , \ 5. Fritz Schlapbach, verurteilt am 9. April 1929 vom Bezirksgericht : Kulm zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 50 Busse.

' ' Schlapbach ist auf das Zeugnis eines Ehepaares hin verurteilt worden, weil er an die Lichtleitung wiederholt einen Heizofen angeschlossen hatte, ; ohne hierzu befugt zu sein.

Für Schlapbach ersucht ein Kechtsariwalt, dem Verurteilten wenigstens die Gefängnisstrafe zu erlassen. Wie in der verspätet eingereichten BeL schwerde an das kantonale Obergericht wird im wesentlichen geltend
gemacht, es handle sich :bei den Aussagen des mit Schlapbach verfeindeten Ehepaares um einen Bacheakt. Die Gerichtsminderheit hätte bloss. auf eine Busse : erkannt.

· Das Bezirksgericht Kulm beantragt Abweisung, ebenso das Starkstrominspektorat.

Wir b e a n t r a g e n desgleichen Abweisung. Wie im Falle Sutter (Antrag 4 im L Bericht vom 1. Mai11925, Bundesblatt II, 344 ff.) bemerken wir, dass das Begnadigungsgesuch nicht die verspätet eingereichte Beschwerde an

264 die kantonale Oberinstanz ersetzen kann. Dem urteilenden Gericht war die geltend gemachte Feindschaft zwischen den Zeugen und dem Angeklagten durchaus bekannt ; im übrigen ist auf die Beweis Würdigung im Begnadigungsweg ohne zwingende Veranlassung nicht einzutreten.

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Albin Heimann, geb. 1895, Landwirt, Courchavon (Bern), Fritz Werthmüller, geb. 1889, Landwirt, Trimbach (Solothurn), Albert Leutenegger, geb. 1899, Landwirt, Berikon (Aargau), Joseîina Baldesberger, geb. 1878, Landwirtin, Gipf-Oberfrick (Aargau), Julius Eng, geb. 1903, Landwirt, Stüsslingen (Solothurn), August Frei, geb. 1874. Landwirt, "Wölflinswil (Aargau).

Johann Keist, geb. 1887, Landwirt, Schupfart (Aargau), Christian Wieland, geb. 1899, Landwirt, Corban (Bern), Amalie Ruesch, geb. 1873, Landwirtin, St. Margrethen (St. Gallen), Ernst Wolf, geb. 1897, Kaufmann, Lyss (Bern), Lina Wolf, geb. 1897, Ehefrau des Ernst.

(Lebensmittelpolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 und zudienenden Ausführungsbestimmungen sind verurteilt worden: 6. Albin Heimann, verurteilt durch Strafmandat des Gerichtspräsidenten von Pruntrut vom 19. Oktober 1928 zu Fr. 200 Busse.

Die aus dem Betrieb Heimanns gelieferte Milch vom 29. August 1928 war gewässert; Ansiosa zur damaligen Milchprobe gab die Mitteilung des Kantonschemikers von Basel-Stadt, wonach die Milchsammelstelle bereits vorher gewässerte Milch geliefert hatte.

Für Heimann ersucht ein Rechtsanwalt um teilweise Begnadigung und Zubilligung von Ratenzahlungen für die Restbusse. Heimann, der inzwischen das Heimwesen habe verlassen müssen, sei ein armer Pächter mit schweren Familienlasten. Es drohe ihm die Umwandlungssträfe.

Der Gemeinderat von Courchavon bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet die Teilbegnadigung. Dasselbe empfiehlt der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes. Die Direktionen des Innern und der Polizei des Kantons Bern beantragen Herabsetzung der Busse um die Hälfte.

Demgegenüber beantragen wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, das Gesuch abzuweisen unter Zubilligung von erträglichen Teilzahlungen durch die Kantonsbehörden. Heimann hat gegen das Strafmandat keinen Einspruch erhoben, wobei es sein Bewenden hatte. Wird in Betracht gezogen, dass in derartigen Strafsachen vielerorts gleichzeitig Freiheitsstrafe und Busse verhängt wird, so liegt die nachgesuchte Teilbegnadigung keineswegs nahe.

Dagegen mag die kantonale Strafvollzugsbehörde erträgliche Teilzahlungen bewilligen.

265 7. Fritz Werthmüller verurteilt am 18. März 1929 vom Amtsgericht Olten-Gösgen zu Fr. 200 Busse.

Die aus dem Betrieb Wertlimüllers gelieferte Milch vom 20. Juni 1928 erwies sich als gewässert. Das Gericht erkannte auf vorsätzliche Milchfälschung.

Werthmüller ersucht um Erlass der Busse. Wie im Strafverfahren, beharrt er auf seiner Unschuld. Ferner macht er geltend, die Bussentilgung sei ihm nicht möglich; er betreibe die Landwirtschaft auf Eechnung des Eigentümers, habe den eigenen Viehstand gänzlich verloren und sei gesundheitlich stark beeinträchtigt.

Ein Polizeibericht bestätigt die Gesuchsanbringen. Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt die gänzliche oder doch teilweise Begnadigung, da mit der Umwandltmgsstrafe gerechnet werden müsse.

Demgegenüber beantragen wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt auch hier Abweisung, in der Meinung, dass es bei der Zubilligung erträglicher Teilzahlungen durch die Kantonsbehörden sein Bewenden haben solle.

S. Albert Leutenegger, verurteilt am 6. September 1929 vom Obergericht des Kantons Aargau, zweite Abteilung, zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 200 Busse.

Die aus dem Betrieb Leuteneggers gelieferte Milch vom 8. April 1929 wies einen beträchtlichen Wasserzusatz auf. Während das Bezirksgericht Bremgarten wegen Fahrlässigkeit verurteilte, erkannte die Oberinstanz auf vorsätzliche Wässerung.

Leutenegger ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Wie im Strafverfahren bestreitet er, vorsätzlich gewässert zu haben, und versucht, dies näher darzutun.

Der Strafvollzug mache ihn zum verachteten Mann.

Das Bezirksgericht Bremgarten kann die Begnadigung nicht empfehlen.

Wir b e a n t r a g e n mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, das Gesuch abzuweisen. Dem motivierten Urteil der Oberinstanz gegenüber kann es nicht angehen, die Schuldfrage im Begnadigungsweg erneut zu überprüfen. Liegt aber Vorsatz vor, so bestehen -- im Anschluss an die bisherige Erledigung ähnlich gearteter Begnadigungssachen -- keinerlei genügende Gründe zu einem Straferlass.

9. Josefina B a l d e s b e r g e r , verurteilt am 11. Juli 1929 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 3 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Frau Baldesberger hat am 22. April 1929 der Liefermilch, ferner drei Tage später der Milch der Stallprobe Wasser zugesetzt und damit die Kontrolle erschwert.
Josefina Baldesberger ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe. Das Urteil sei entsetzlich hart; laut Arztzeugnis sei sie schwer leidend.

Das urteilende Gericht kann die Begnadigung nicht empfehlen.

Wir beantragen mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, das Gesuch abzuweisen. Das Bezirksgericht Laufenburg erklärt ausdrücklich, dass es bei

266 Vorsatz in konstanter Gerichtspraxis Gefängnisstrafen ausspreche. Über die in derartigen Angelegenheiten für die Begnadigungsbehörde gebotene Zurückhaltung haben wir uns bereits wiederhol ausgesprochen; wir verweisen namentlich auf die entsprechenden, in der Junisession abhin zum Beschluss erhobenen Abweisungsanträge (Nrn. 15, 16 und 17 des I. Berichtes vom 30. Mai 1929, Bundesblatt I, 812 ff.). Wie in der damaligen Angelegenheit Eosette Marti kann die allenfalls notwendig werdende Berücksichtigung des Gesundheitszustandes auch hier im Wege des Strafaufschubes erfolgen.

10. Julius Eng, verurteilt am 27. Mai 1929 vom Amtsgericht OltenGösgen zu 3 Tagen Gefängnis und Fr. 150 Busse, nebst Veröffentlichung des Urteils.

Eng hat am 26. März 1929 der Milch Wasser zugesetzt, um den üblichen, wegen Krankheit einer Kuh nicht erreichten Ertrag abzuliefern.

Eng ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, die ihm zunächst nur bedingt auferlegt worden sei. Zwei Drittel der Busse seien bereits bezahlt. Er sei gut beleumdet.

Das Polizeidepartement des Kantons iäolothurn beantragt den Erlass der Gefängnisstrafe.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt Abweisung in der Meinung, dass eine andere Schlussnahme mit der Erledigung ähnlich gearteter Begnadigungssachen in Widerspruch stehen müsste. Gerade im vorliegenden Fall, wo die vorsätzliche Milchwässerung in sehr leichtfertiger Weise erfolgte, kann das Gesundheitsamt mit Eecht auf die Notwendigkeit besonderer Strenge hinweisen.

11. August Frei, verurteilt am 17. Juni 1929 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 4 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Frei hat am 23. April 1929 der Milch Wasser zugesetzt; die am Vortag zum Zug verwendeten Kühe gaben etwas weniger Milch, worauf er den Ausfall ausglich.

Frei stellt das Gesuch, ihm die Gefängnisstrafe in Busse umzuwandeln.

Die Veifehlung sei gewissermassen im Affekt erfolgt. Er verweist auf den ärztlich bestätigten nervösen Zustand.

Der Gemeinderat von Wölflinswil bescheinigt den guten Leumund.

Das urteilende Gericht kann die Begnadigung nicht empfehlen.

Wir b e a n t r a g e n mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, das Gesuch abzuweisen und -wiederholen hierzu unsere Bemerkungen zum Falle Eng.

12. Johann Keist, verurteilt am 10. April 1929 vom Bezirksgericht Eheinfelden zu 4 Tagen
Gefängnis und Fr. 150 Busse.

Die aus dem Betriebe Keists gelieferte Milch vom 6. November 1928 wies eine Verwässerung von ca. 30 % auf. Das Gericht erkannte auf vorsätzliche Milchfälschung.

267 Für Keist ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Gefängnisstrafe.

Wie im Strafverfahren, wird die Wässerung bestritten, indem die Veränderung der Liefermilch auf eine kranke Kuh zurückzuführen sei. Da Keist sich erst nach verstrichener Bechtsmittelfrist habe beraten lassen, stehe ihm einzig noch der Begnadigungsweg offen, um wenigstens dem Schimpf der Gefängnisstrafe zu entgehen.

Das urteilende Gericht beantragt Abweisung.

Mit dem eidgenössischen ' Gesundheitsamt beantragen wir desgleichen Abweisung. Bei den besonderen Verumständungen des Falles liegt es auf der Hand, dass die Frage, ob eine vorsätzliche Milchwässerung vorliege, im Begnadigungsweg nicht nachgeprüft werden kann. Der Verfasser des Gesuches ist sich übrigens dessen bewusst. Ist aber von den Feststellungen des Gerichtes auszugehen, so bestehen auch keine besonderen Gründe zu einer Begnadigung.

13. Christian Wieland, verurteilt am 27. April 1929 vom Amtsgericht von Münster zu 5 Tagen Gefängnis und Fr. 800 Busse, nebst Veröffentlichung des Urteils.

Wieland hat in der ersten Hälfte März 1929 die Liefermilch in fortgesetzter Weise stark gewässert; anlässlich der Kontrolle entwendete er die Verdachtsprobe und vernichtete sie hernach, gestand dann aber in umfassender Weise.

Für Wieland eisucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Gefängnisstrafe.

Bei den ärmlichen Verhältnissen sei ein «Augenblick der Schwäche» verzeihlich.

Der Gemeinderat von Corban bestätigt die vom Präsidenten bereits dem Gericht erteilten Auskünfte: die Frage des Erlasses der Gefängnisstrafe stellt er den zuständigen Behörden anheim. Der Regierangsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt den teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe. Die Direktion des Tnnern des Kantons Bern empfiehlt das Gesuch, indem Wieland zu gute zu halten sei, dass er gestanden und nicht geleugnet habe. Die kantonale Polizeidirektion beantragt den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe, sofern die Busse binnen drei Monaten bezahlt werde.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit dem Gesundheitsamt, da es sich um einen schwereren Fall handelt, ohne weiteres Abweisung. Angesichts des wohlerwogenen Urteils liegt eine andere Erledigung der Angelegenheit unseres Erachtens keineswegs nahe.

14. Amalie Eüesch, verurteilt am 25. Juni 1929 von der Gerichtskommission Unterrheintal zu 5 Tagen Gefängnis und
Fr. 50 Busse.

Die aus dem Betrieb der Witwe Büesch gelieferte Milch vom 23. April 1929 war gewässert. Das Gericht erkannte auf vorsätzliche Milchfälschung.

Frau Eüesch ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Als Witwe mit zehn Kindern habe sie die für Busse und Kosten bezahlte Summe von Fr. 128. 40 an Leib und Mund absparen müssen. Man möge ihre ärmlichen Verhältnisse berücksichtigen.

268 Das Bezirksamt Unterrheintal und das Justizdepartement des Kantons St. Gallen empfehlen Herabsetzung der Gefängnisstrafe um drei oder vier Tage. Das eidgenössische Gesundheitsamt beantragt Abweisung.

Das urteilende Gericht zog erschwerend in Betracht, dass Bückfall vorliegt, und hielt dafür, die Angeklagte müsse trotz ihrer Armut empfindlich bestraft werden. Aus derselben Erwägung sehen wir davon ab, die bedingte Begnadigung zu beantragen, halten aber kommiserationsweise dafür, dass bei den persönlichen Verhältnissen der Gesuchstellerin auch die bloss teilweise Verbüssung der Gefängnisstrafe eine empfindliche Ahndung verbleibt.

In Berücksichtigung der vorhandenen Armut und der ausserordentlich schweren Familienlasten beantragen wir im Anschluss an die Kantonsbehörden Herabsetzung der Gefängnisstrafe bis zu zwei Tagen.

15. und 16. Ernst Wolf und Lina W o l f , verurteilt am 11. Juli 1928 vom Gerichtspräsidenten von Aarberg, jener zu Fr. 200, diese zu Fr. 50 Busse.

Die Eheleute Wolf haben in Original-Maggiflaschen andere Suppenwürzen verkauft. Es handelt sich um mehrjährige Machenschaften.

Die Eheleute Wolf ersuchen um Erlass der Bussen; die Verfehlungen seien auf Unüberlegtheit zurückzuführen. Wolf sei infolge früherer Geschäftsverluste stark belastet.

Der Gemeinderat von Aarberg befürwortet die Herabsetzung der Bussen um die Hälfte, ebenso der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, der erklärt, als urteilender Bichter von der zu berichtigenden Auffassung ausgegangen zu sein, es handle sich um ein gut gehendes Geschäft, was aber nicht der Fall sei. Die Direktionen des Innern und der Polizei beantragen desgleichen Herabsetzung der Bussen um die Hälfte.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt deshalb Abweisung, weil die jahrelang betriebenen Machenschaften planmassig und trotz Verwarnung vorgenommen wurden.

17. Ernst Wirth, geb. 1889, Beisender, Ölten (Solothurn), 18. Ernst Zwahlen, geb. 1888, vormals Beisender, Albligen (Bern), 19. Paul Rebetez, geb. 1885, Landwirt, Chevenez (Bern).

(Paten ttaxengesetz.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 sind verurteilt worden: 17. Ernst Wirth, verurteilt am 23. Januar 1929 vom Amtsgericht von Solothurn-Lebern zu Fr. 50 Busse.

Wirth hat, versehen mit der grünen Ausweiskarte, bei Geschäftsinhabern Bestellungen auf Tresors aufgenommen.

Wirth ersucht um Erlass der Busse, da das Urteil rechtsirrtümlich sei.

269 Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der Handelsabteihing des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragen wir den gänzlichen Erlass der Busse. Wirth hat dem Bundesgesetz offensichtlich nicht zuwidergehandelt. Die Handelsabteilung hat aus diesem Grunde auch die Taxnachzahlung von Fr. 100 gestrichen.

18. Ernst Zwahlen, verurteilt am 17. Dezember 1928 vom Gerichtspräsidenten von Schwarzenburg zu Fr. 30 Busse und Fr. 48. 35 Kosten.

Zwahlen hat als Provisionsreisender einer Weinfirma bei Privaten Bestellungen für den Hausgebrauch aufgenommen, obschon er nur die grüne Ausweiskarte besass.

Zwahlen ersucht um Erlass von Busse und Kosten. Er habe die Reisendentätigkeit aufgegeben, sei nunmehr Handlanger und müsse für fünf minderjährige Kinder sorgen.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen den Erlass der Busse.

Mit der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes b e a n t r a g e n wir ebenso, die Busse gänzlich zu erlassen. Der Bericht des Polizeipostens von Grenchen, dem jetzigen Wohnsitz Zwahlens, lautet günstig; die Gesuchsanbringen werden bestätigt. Der Erlass der Gerichtskosten ist dagegen nicht Sache der Begnadigungsinstanz.

19. Paul E e b e t e z , verurteilt am 6. August 1929 mit Strafmandat des Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu Fr. 100 Busse.

Rebetez hat in Kocourt bei Privaten Bestellungen auf Kaffee aufgenommen, obschon er in jenem Zeitpunkt die später bezogene, rote Ausweiskarte noch nicht besass.

Rebetez ersucht um Herabsetzung der Busse, die ihm angesichts der in Betracht fallenden Umstände zu hoch erscheine.

Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt das Gesuch. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung. Bebetez habe längere Zeit Bestellungen aufgenommen. Die Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beantragt Ermässigung bis Fr. 50.

Demgegenüber beantragen wir deshalb Abweisung, weil das Bundesgesetz wissentlich umgangen worden ist und ärmliche Verhältnisse nicht vorzuliegen scheinen. Rebetez hat das Strafmandat angenommen, wobei es sein Bewenden haben kann.

20. Paul Sauvin, geb. 1895, Uhrmacher, Grenchen (Solothurn), 21. Rosa Sauvin, geb. 1906, Ehefrau des Paul.

(Zivilstandsdienst.)

20. und 21. Paul und Rosa Sauvin sind am 19. Dezember 1928 durch Strafverfügung des Gerichtsstatthalters von Solothurn-Lebern gemäss § 93

270 der Verordnung über die Zivilstandsregister vom 25. Februar 1910 zu je Fr. 15 Busse verurteilt worden.

Die Bussen ergingen, weil die Eheleute das voreheliche Kind dem Zivilstandsamt zu spät angemeldet hätten.

Sauvin ersucht um Herabsetzung der Bussen, da er in finanzieller Hinsicht schwer kämpfen müsse. In einer Zuschrift an den urteilenden Bichter macht Frau Sauvin geltend, sich nicht verfehlt zu haben.

Das Ammannamt von Grenchen und das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragen Abweisung, da die Eheleute einer Begnadigung nicht würdig seien. Das eidgenössische Amt für den Zivilstandsdienst bemerkt, nach der Strafanzeige des Zivilstandsamtes sei die Anmeldung in Wirklichkeit rechtzeitig erfolgt, zudem seien die Eheleute unter der Herrschaft der neuen Verordnung vom 18. Mai 1928 beurteilt worden, welche die Anmeldungsfrist verlängert habe; die Bestrafung sei deshalb stossend.

Mit dem eidgenössischen Amt für den Zivilstandsdienst möchten wir dessen rechtliche Erwägungen einigermassen berücksichtigen und b e a n t r a g e n , der Eosa Sauvin die Busse gänzlich zu erlassen. Bei Paul Sauvin, wo Herabsetzung bis Fr. 5 empfohlen wird, stellen wir in den Vordergrund, dass er offensichtlich schiecht beleumdet ist und sich zudem um die Anmeldung des Kindes nicht bekümmert hat; ihm gegenüber b e a n t r a g e n wir deshalb Abweisung.

22. Susanna Soth, geb. 1855, Krämerin, Frutigen (Bern), 23. Alois Stalder, geb. 1879, Landwirt, vormals Menznau (Luzern), 24. Friedrich Ziörjen, geb. 1877, Landwirt, Zweisimmen (Bern).

(Forstvergehen.)

Gemäss Art. 46, Ziffer 7, des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 in der Fassung vom 5. Oktober 1923, sind verurteilt worden: 22. Susanna Eoth, verurteilt am 29. Xovember 1927 vom Gerichtspräsidenten von Frutigen zu Fr. 170 Busse.

Die Witwe Eoth hat im Winter 1926/27 durch einen ihrer Söhne einen Holzschlag ausführen lassen, der als Kahlschlag zu bezeichnen ist, wobei die Holzmenge 34 m3 betrug.

Die Witwe Eoth ersucht um Erlass der Busse. Es handelt sich um eine heute 74jährige Frau, die mit ihrem Manne 18 Kinder auferzogen hat. Die Art der Ausführung des Holzschlages wurde von ihr nicht gebilligt ; sie erklärte sich auch sofort bereit, nach den Weisungen der Forstorgane aufzuforsten, was heute
bereits geschehen ist.

Der urteilende Bichter und Eegierungsstatthalter, das Kreisforstamt III, der Forstmeister des Oberlandes, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen einhellig die Begnadigung.

271 Mit der eidgenössischen Inspektion für Porstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen den gänzlichen Erlass dar Busse. Die Angelegenheit eignet sich hierzu in hohem Masse, was namentlich der Bericht des Begierungsstatthalters dartut.

23. Alois Stalder, verurteilt am 29. Mai 1928 vom Amtsgericht Entlebuch zu Fr. 675 Busse.

Stalder hat, namentlich im Sommer 1926, in seinen damaligen, im Einzugsgebiet der kleinen Fontanne gelegenen Waldungen ohne Bewilligung 185 m3 Holz geschlagen.

Stalder ersucht in nicht selbstverfasster Eingabe um Erlass der Busse.

Hierzu wird im Ansohluss an die Strafausmessungsgründe näher ausgeführt, Stalder habe aus Not gehandelt, ohne letzten Endes dem Konkurs vorbeugen zu können. Da er heute anderweitig angesiedelt sei, die Gefahr ähnlicher Machenschaften nicht bestehe und er mit dem Vollzug der Umwandlungsstrafe rechnen müsse, möge ihm in Berücksichtigung der Familienverhältnisse die Begnadigung gewahrt v/erden. Für Einzelheiten wird auf das Gesuch selbst verwiesen.

Der Gemeinderat von Wolhusen bestätigt die tatsächlichen Anbringen und empfiehlt das Gesuch. Das Kreisforstamt III des Amtes Entlebuch beantragt Abweisung mit dem Hinweis, die heute gänzlich ausgeholzten Schutzwaldungen seien leider Spekulationsobjekte gewesen. Die Handlungsweise Stalders habe grosses Aufsehen erregt und eine Begnadigung würde die Gefahr ähnlicher unbefugter Holzschläge nach sich ziehen. Die Staatsanwaltschaft beantragt desgleichen Abweisung, ebenso das Justizdepartement des Kantons Luzern mit dem Beifügen, ganz eventuell sei höchstens ein Drittel der Busse zu erlassen.

Angesichts der sehr schwerwiegenden Übertretung, begangen im Einzugsgebiet eines mit gewaltigen Kosten verbauten Wildbaches, beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, das Gesuch abzuweisen, fügen jedoch zuhanden der Kantonsbehörden ausdrücklich bei, dass Stalder die Möglichkeit erträglicher Teilzahlungen zugebilligt werden kann. Im übrigen aber sollte es bei der erkannten Mindestbusse sein Bewenden haben.

24. Friedrich Ziörjen, verurteilt am 25. Mai 1928 vom Gerichtspräsidenten von Obersimmental zu Fr. 1216 Busse.

Ziörjen hat in den Jahren 1924 bis 1927 mehrere Holzschläge ohne Bewilligung ausgeführt, wobei 152 Festmeter in Betracht kommen.

Der Straffall Ziörjen
hat die Begnadigungsbehörde bereits in der Dezembersession 1928 beschäftigt, wo antragsgemäss Abweisung zur Zeit erfolgte (Antrag 35 des I. Berichtes vom 13. November 1928, Bundesbl. II, 824).

Ziörjen, der inzwischen Fr. 400 bezahlt hat, ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der verbleibenden Fr. 816. Er sei heute mittellos, erhalte

272 die Familie durch Taglöhnen und Heuen und müsse mit der Umwandlungsstrafe rechnen.

Der Gemeinderat von Zweisimmen, der Begierungsstatthalter des Amtsbexirkes, das Porstamt IV, der Forstmeister des Oberlandes empfehlen das Gesuch. Die Porstdirektion des Kantons Bern hält dafür, Ziörjen sollte, wenn irgend möglich, noch weitere Fr. 100 aufbringen. Die kantonale Polizeidirektion beantragt den Erlass der verbleibenden Busse.

Demgegenüber beantragen wir, entsprechend dem von der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei zum ersten und jetzigen Gesuch gestellten Antrag, die Busse von Fr. 1216 bis zur Mindestbusse von Fr. 760 herabzusetzen, so dass noch Fr. 360 zu entrichten sind; dabei seien monatliche Teilzahlungen, wie Fr. 30 oder Fr. 15, nach dem Ermessen der kantonalen Vollzugsbehörde, zuzubilligen, so dass der Bussenvollzug längstens in zwei Jahren nach dem Entscheid der Begnadigungsbehörde beendigt ist.

Da es sich um einen sehr schweren Pali handelt und die Forstpolizei im Kreise Zweisimmen fortwährenden Schwierigkeiten begegnet, erheischen derartige Begnadigungsgesuche besondere Zurückhaltung.

25. Otto Müller, geb. 1901, Landwirt, Kaisten (Aargau), 26. Charles Walzer, geb. 1909, Handlanger, Court (Bern), 27. Ernst Moser, geb. 1899, Zimmermann, Besenbüren (Aargau).

(Fischereipolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888 sind verurteilt -Borden: 25. Otto Müller, verurteilt am 23. April 1929 vom Bezirksgericht Laufenburg gemäss den Art. 5. Ziffer l, und 31. Ziffer 3, des Bundesgesetzes in Verbindung mit Art. 15 des Bundesätrafrechtes zu Fr. 30 Busse.1« Müller versuchte, eine Chedditepatrone in ein Fischgewässer zu werfen, jedoch explodierte die Patrone in seiner rechten Hand und riss sie weg.

Müller ersucht mit Bücksicht auf die schwere Verletzung, das Fehlen von Vorstrafen und den guten Leumund um Erlass der Busse.

Das urteilende Gericht empfiehlt die teilweise Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir auf Grund der Gesuchsanbringen, die Busse gänzlich zu erlassen.

26. Charles Walzer, verurteilt durch Strafmandat des Gerichtspräsidenten von Münster vom 2. Juli 1929 gemäss Art. 5, Ziffer l, und 31, Ziffer 3, des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse.

Walzer hat zum Fischfang in der Birs eine Tilsitpatrone zur Explosion gebracht.

273 Walzer ersucht um Erlass der Busse, da er für die elterliche Familie zu sorgen habe.

Der Gemeinderat von Münster und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfehlen das Gesuch. Die Porst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung mit dem Beifügen, dass die Kantonsbehörden Teilzahlungen bewilligen können. Es ist lediglich die Mindestbusse erkannt worden. Walzer weist 1929 zwei Freiheitsstrafen auf.

27. Ernst Moser, verurteilt am 22. März 1929 vom Obergericht des Kantons Aargau gemäss Art. 5, Ziffer l, und 31, Ziffer 3, des Bundesgesetzes und kantonalen Vollzugsbestimmungen zu Fr. 120 Busse.

Moser hat zum Zwecke des Fischfangs zwei halbierte Altorfitpatronen verwendet.

Moser ersucht um Erlass oder doch Ermässigung der Busse. Wie im Strafverfahren wird die Absicht des Fischfanges bestritten und auSserdem geltend gemacht, die Strafanzeige sei gleich andern auf die in Besenbüren vorhandene Leidenschaftlichkeit zurückzuführen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir, das Gesuch abzuweisen. Gründe, die einen Erlass der Busse ernstlich nahelegen, werden nicht angebracht.

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Johann Sommer, geb. 1890, Landwirt, Bettlach (Solothurn), Elise Krummenacher, geb. 1869, Landwirtin, Niedergösgen (Solothurn), Alois Polk, geb. 1864, Weber, Niederlenz (Aargau), Eduard Müller, geb. 1897, dipi. Landwirt, Wallbach (Aargau), Alüons Kaufmann, geb. 1886, Fabrikarbeiter, Ammannsegg (Solothurn), Otto Andres, geb. 1899, Taglöhner, Aetingen (Solothurn), Karl Masshardt, geb. 1909, Landwirt, Mühlethurnen (Bern), Joseî Spielmann, geb. 1911, Fabrikarbeiter, Niedergösgen (Solothurn), Arnold Willi, geb. 1910, Lehrling, Selzach (Solothurn), Jean Piner, geb. 1904, Landwirt, Ernest Pluer, geb. 1906, Landwirt, Werner Pluer, geb. 1913, Landwirt, alle Lugnez (Bern), Adolf Gloor, geb. 1908, Metzgerlehrling, Sagne-Crêt (Neuenburg), Martha Stähli, geb. 1892, Angestellte, Bern, Otto Suter, geb. 1895, Fabrikarbeiter, Werner Matter, geb. 1911, Landwirt, Julius Widmer, geb. 1911, Maler, alle Oberentfelden (Aargau),

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Karl Stegmann, geb. 1859, Wirt, Burgistein (Bern), Robert Mühlebach, geb. 1903, Fabrikarbeiter, Eikon-Zell (Zürich).

Erwin Lustenberger, geb. 1912, Knecht, Ernst Emil Bieri, geb. 1908, Käserknecht, beide Marbach (Luzern), Franz Zurîluh, geb. 1887, Landwirt, Attinghausen (Uri).

Erwin Abegglen, geb. 1904, Landarbeiter, Oberried (Bern), Johann Mathias Schnider, geb. 1893, Jäger, Vais (Graubünden), Leopold Bron, geb. 1906, Handlanger, Louis Bron, geb. 1910, Handlanger, beide Montsevelier (Bern), Martin Roos, geb. 1907, Landwirt, Kaltbrunn (St. Gallen), Arnold Hoïer, geb. 1875, Wirt und Jäger, Fehren (Solothurn), Jakob Ritz, geb. 1900, Taglöhner, Gomniiswald (St. Gallen), Fritz Walthert, geb. 1897, Landwirt, Lyssach (Bern), Burkart Strebel, geb. 1878, Landwirt, Muri (Aargau), Arsène Mercerat, geb. 1911. Landwirt.

Willy Ferrât, geb. 1910. Uhrmaoher, beide in Champoz (Bern), Gottlieb Gebert, geb. 1886. Landwirt, Wildhaus (St. Gallen), Johann Schönenborger, geb. 1897, Landwirt, Mosnang (St. Gallen), Gottfried Häfeli, geb. 1904, Fabrikarbeiter, Balsthal (Solothurn), Karl Teuscher, geb. 1868, Bäckermeister. Wimrnis (Bern), Alois Germiquet, geb. 1900, Uhrmacher, Sorvilier (Bern), Willy Germiciuet, geb. 1914, noch schulpflichtig, Sorvilier (Bern), Hans Moor, geb. 1901, Landarbeiter, Arnold Moor, geb. 1904. Landarbeiter, beide in Meiringen (Bern).

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesge&etz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 sind verurteilt worden: 28. Johann Sommer, durch Strafverfügung des Gerichtsstatthalters von Solothurn-Lebern vom 22. Mai 1929 gemäss Art. 45, Abs. 2. des Bundesgesetzes mit Fr. 20 gebüsst.

Sommer hat an einem Mainachmittag dieses Jahres seinen Hund frei herumstreifen und jagen lassen.

Die Ehefrau des Gebüssten ersucht um Erlass der Busse. Der Haushund sei von der Kette losgekommen und dem Sohne Sommer auf die Wiese nachgelaufen. Sie hätten anderweitig zu zahlen genug.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 5; es handle sich um einen geringfügigen Vorfall, was des nähern erörtert wird, Schaden sei nicht entstanden und die Lage Sommers sei prekär.

275 Demgegenüber beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, das Gesuch abzuweisen. In diesen Übertretungsfällen, die wie hier regelmässig zur geringen Mindestbusse führen, sollte die Begnadigung nur gewährt werden, sofern wirklich ärmliche Verhältnisse vorliegen oder sonstwie ganz besondere Gründe in Betracht kommen.

Dies ist hier nicht der Fall, wenn auch die Lage Sommers zurzeit ungünstig sein wird.

29. Elise K r u m m e n a c h e r , verurteilt am 24. Mai 1929 vom Gerichtsstatthalter von Ölten-Gösgen gemäss Art. 45, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 20 Busse.

Elise Krummenacher hat im April dieses Jahres ihren Hund jagen lassen; er jagte zu zweit einen Fuchs.

Frau Krummenacher ersucht um ganzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Wie im Strafverfahren wird der Sachverhalt bestritten, in der Meinung, es sei der Gesuchstellerin zu ihrem Eecht zu verhelfen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

Demgegenüber beantragen wir wie im Falle Sommer Abweisung. In einem der Berichte der Kantonsbehörden wird ausdrücklich geschrieben, die Gesuchsstellerin sei in der Lage, die Busse zu zahlen.

80. Alois Polk, mit bedingtem Strafbefehi des Gerichtspräsidenten von Lenzburg vom 6. September 1929 gemäss Art. 45, Abs. 2, des Bundesgesetzes verurteilt zu Fr. 20 Busse.

Der Hund des Gebüssten hat am 26. August abhin zwei Hasen gejagt und einen totgebissen.

Polk ersucht um Erlass der Busse. In seiner Abwesenheit hätten Kinder den Hund aufs Feld mitgenommen. Um jeder Unannehmlichkeit vorzubeugen, habe er das ihm anhängliche Tier sofort erschiessen lassen. Bei seinen Verhältnissen komme ihn die Busse hart an.

Der urteilende Eichter empfiehlt die Begnadigung; die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Abweisung.

Wir b e a n t r a g e n Pierabsetzung der Busse bis Fr. 5. Die Gesuchsanbringen sind glaubwürdig, ferner kann berücksichtigt werden, dass Polk sich unverzüglich entschloss, den Hund durch den Jagdaufseher töten zu lassen.

81. Eduard Müller, verurteilt am 23. August 1929 vom Obergericht des Kantons Aargau gemäss Art. 45, Abs. 2, des Bundesgesetzes in Verbindung mit kantonalen Vollzugsbestimmungen zu Fr. 30 Busse.

Müller ist in oberer Instanz verurteilt worden, weil Sein
Schäferhund eine Eehgeiss mit ihrem Jungen gejagt hat.

Müller ersucht um Erlass der Busse, da er ausserdem an Gerichtskosten noch Fr. 114. 05 entrichten müsse. Seine Einsprache gegen den Strafbefehl

276 sei erstinstanzlich geschützt worden, jedoch habe das Obergericht auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft die Angelegenheit in einem ersten Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen und in der Folge das erneute, freisprechende Erkenntnis zum zweitenmal aufgehoben. Er sei vor zwei Jahren mit seiner Familie aus Norddeutschland nach Wallbach gezogen, um. eine Schweinezucht zu betreiben. Die Kostensumme belaste ihn noch hart genug.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt aus Billigkeitsgründen Pierabsetzung der Busse bis Fr. 5.

Unserseits beantragen wir den gänzlichen Erlass der Busse. Es darf namentlich berücksichtigt werden, dass Müller selbst am Tage des Vorkommnisses ortsabwesend war. Die ihn belastenden Kosten betragen nahezu das Vierfache der Busse.

32. Alfons K a u f m a n n , durch Strafverfügung des Amtsgerichtspräsidenten von Bucheggberg-Kriegstetten vom 24. April 1929 gemäss Vollzugsbestimmungen zu Art. 45 des Bundesgesetzes mit Fr. 50 gebüsst.

Der Hund des Gebüssten hat im März dieses Jahres mit einein andern einen Eehbock gejagt.

Kaufmann ersucht um Erlass der Busse, wozu er seine bescheidenen Verhältnisse geltend macht.

Mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung bis zur Mindestbusse von Fr. 20. Der Ansatz von Fr. 50 scheint auf einem Versehen zu beruhen.

33. Otto Andres, mit Strafverfügung des Amtsgerichtspräsidenten von Bucheggberg-Kriegstetten vom 6. Mai 1929 gernäss Vollziehungsbestimmungen zu Art. 45 des Bundesgesetzes verurteilt zu Fr 50 Busse.

Der Andres gehörende Hund, der schon öfters im Wald betroffen worden sein soll, hat am 17. April abbin einen Behbock gejagt.

Andres ersucht um Erlass der Busse. Er verweist auf seine Familienlasten.

Das Vorkommnis habe er nicht verschuldet.

Mit dem Polizeidepartemeût des Kantons Solothurn und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung bis zur Mindestbusse von Fr. 20. Der Vorfall belastet Andres in geringfügiger Art, weshalb die Mindestbusse zugebilligt werden mag.

34. Karl M a s s h a r d t , verurteilt am 8. Juni 1928 vom Gerichtspräsidenten von Seftigen gemäss Art. 50, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Masshardt hat
die von einem Nachbar erhaltene, tote Waldohreule ausstopfen lassen; er wurde wegen unberechtigten Transportes eines geschützten Vogels verurteilt.

Masshardt ersucht um Erlass der Busse, da ihm eine Gesetzesübertretung ferne gelegen habe.

277 Angesichts der Geringfügigkeit des Vorkommnisses beantragen wir mit den Kantonsbehörden und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, die Busse zu erlassen.

35. Josef Spielmann, verurteilt am 22. April 1929 vom Amtsgericht Olten-Gösgen gemäss Art. 24 und 89 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Spielmann hat einem andern eine gefangene Steineule abgekauft, um sie aufzuziehen.

Für Spielmann ersucht der Vater um Brlass der Busse. Er habe die Eule noch gleichen Tags in Freiheit gesetzt. Man möge die schweren Familien- ,, lasten berücksichtigen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt den gänzlichen oder doch weitgehenden Erlass der Busse.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Die Verfehlung ist geringfügiger Art, zudem darf berücksichtigt werden, dass der Vater des Gebüssten unverzüglich eingeschritten ist.

36. Arnold Willi, verurteilt am 26. April 1929 vom Amtsgericht von Solothurn-Lebern gemäss Art. 39, Abs. 3, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Willi hat im Winter letzten Jahres mit dem Flobert seines Meisters von der Werkstatt aus auf Singvögel, namentlich Amseln, geschossen.

Willi, der Fr. 30 abbezahlt hat, ersucht mit dem Hinweis auf seine bescheidenen Verhältnisse als Wagnerlehrling um Erlass eines Teils der Bestbusse und Kosten.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen den Erlass der Bestbusse.

Demgegenüber beantragen wir Abweisung in der Meinung, es solle bei der Mindestbusse sein Bewenden haben.

37. 38 und 39. Jean, Ernest und Werner Pluer, mit Strafmandat des Gerichtspräsidenten von Pruntrut vom 19. Dezember 1928 gemäss Art. 39 und 40 des Bundesgesetzes verurteilt zu je Fr. 50 Busse.

Die Brüder Pluer haben Sonntag, den 16. Dezember 1928, unbefugt die Jagd ausgeübt.

Sie ersuchen in gemeinsamer Eingabe um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Bussen. Hierzu wird bestritten, dass sie gejagt hätten.

Der Gemeinderat von Lugnez enthält sich der Stellungnahme. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Die Strafmandate sind ohne Einspruch angenommen worden, weshalb es unangängig ist, nachträglich Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. HI.

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im Begnadigungsweg den Jagdfrevel zu bestreiten. Näheres ergibt übrigens der Polizeibericht vom 10. Juli abhin. Angesichts der niedrig bemessenen Bussen wären die Gesuche besser unterblieben.

40. Adolf Gloor, verurteilt am 26. April 1929 vom Polizeigericht von La Chaux-de-Fonds gernäss Art. 39, Abs. 3, und 41 des Bundesgesetzes zu Fr. 60 Busse und Beschlagnahme der Waffe.

Gloor hat das Jagdgebiet mit einer Waffe betreten und ausserdem auf verschiedene Vögel geschossen.

Gloor ersucht um Erlass der Busse. Er erörtert die Vorkommnisse und bezeichnet die Busse als übersetzt.

Der urteilende Eichter hält dafür., allenfalls könne im Wege der Teilbegnadigung berücksichtigt werden, dass die Verfehlung geringfügig sei.

Der Begierungsstatthalter des Bezirkes, das Polizeidepartement des Kantons Neuenburg und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 30.

Demgegenüber beantragen wir deshalb Abweisung, weil mehrere Zuwiderhandlungen vorliegen.

41. Martha Stähli. verurteilt am 6. Februar 1929 vom Gerichtspräsidenten i. V. von Thun gemäss Art. 44 des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse.

Frau Stähli hat im Auftrag des Ehemannes eine zusammenschraubbare Schusswaffe verkauft.

Frau Stähli ersucht um Erlass der Busse. Sie sei dermalen auf sich selbst angewiesen, befinde sich in Stellung mit einem Barlohn von Fr. SO monatlich und habe für ein Kind zu sorgen. Die Bussentilgung sei unmöglich.

Die Kantonsbehörden äussern sich eingehend über die Verhältnisse der Gesuchstelleriu und beantragen einhellig die Begnadigung.

Angesichts der besonderen Verumständungen des Falles beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, die Busse gänzlich zu erlassen.

42. 43 und 44. Otto Suter. Werner Matter und Julius Widmer, verurteilt am 15. Mai 1929 vom Bezirksgericht Aarau, die beiden ersten gemäss Art. 43, Ziffer 3, des Bundesgesetzes je zu Fr. 100 Busse, der letzte gemäss Art. 43, Ziffer 3, und 39, Abs. 3. des Bundesgesetzes zu Fr. 120 Busse.

Suter, Matter und Widmer haben an einem Sonntag dieses Jahres Anstalten getroffen, um einen Fuchs auszuräuchern. Widmer hat ausserdem mit einem Flobert Amseln geschossen.

Sämtliche ersuchen gemeinsam um gänzlichen oder doch teüweisen Erlass der Bussen. Der Verfasser des Gesuches bezeichnet
das Vorkommnis als unüberlegten Versuch und die Bussen als viel zu hoch.

Der Gemeinderat von Oberentfelden befürwortet weitgehende Begnadigung. Das urteilende Gericht beantragt Herabsetzung der Bussen bis je zu einem Viertel.

279 Mit der eidgenössischen Inspektion für Porstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir, sämtliche Bussen zur Hälfte zu erlassen. Das Vorkommnis ist nicht besonders schwerer Art und Bussen von Fr. 50 bzw. Fr. 60 belasten die unbemittelten Gesuchsteller noch stark genug.

45. Karl Stegmann, verurteilt am 21. Dezember 1928 vom Gerichtspräsidenten von Seftigen gemäss Art. 40, Abs. 2, und 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes zu. zwei Bussen von Fr. 50 und 100.

Stegmann hat als Inhaber des Fischereirechtes auf einem Weiher eine Wildente abgeschossen, weil diese das Laichen der Forellen beeinträchtigt habe. Er schoss aus einem Flobert, d. h. einer verbotenen Jagdwaffe.

Für Stegmann ersucht ein Beauftragter um Brlass der Busse. Das Verhalten Stegmanns, eines siebzigjährigen, gutbeleumdeten Mannes, sei verständlich.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet das Gesuch.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

In Würdigung der Umstände des Falles und da der Richter statt zweier getrennter Bussen eine Gesamt busse hätte aussprechen sollen, beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Herabsetzung der Bussen bis Fr. 50.

46. Eobert Mühlebach, mit Verfügung des Statthalteramtes des Bezirkes Winterthur vom 24. Juni 1929 gemäss den Art. 39, Abs. 2, 40, Abs. l bis 3, 41, 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes mit Fr. 250 Busse bestraft.

Mühlebach hat im Frühjahr 1928 einen Rehbock erlegt, ferner zwei Eichhörnchen, einen Plabicht -und drei Kohlmeisen abgeschossen.

Mühlebach ersucht um Erlass der Busse. Deren Bezahlung sei ihm unmöglich, und die drohende Umwandlungsstrafe gefährde seine Stelle. Er habe sich vorgenommen, den Wald nicht mehr mit Waffen zu betreten.

Der Polizeibericht lautet günstig. Das Statthalteramt Winterthur hält jedoch dafür, zur Bussenermässigung bestehe kein Grund.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir, das Gesuch abzuweisen unter Zubilligung von Teilzahlungen. Es handelt sich um fortgesetzten Wildfrevel. Das Urteil enthält keinerlei Schärfe. Die Zubilligung erträglicher Teilzahlungen durch die kantonale Vollzugsbehörde genügt hier.

47. und 48. Erwin Lustenberger und Ernst Emil Bieri, verurteilt am 19. April 1929 vom Obergericht des Kantons Luzern gemäss Art. 39,
Abs. 2, des Bundesgesetzes, Lustenberger zu Fr. 100, Bieri zu Fr. 800 Busse.

Lustenberger und Bieri haben im Sommer 1928 an einem Sonntag einige Schüsse auf geschütztes Rehwild abgegeben.

Für die beiden ersucht der öffentliche Verteidiger um Erlass der Bussen.

Es handle sich nicht um Wilderer, sondern um unerfahrene Jugendliche, die gänzlich unbemittelt seien.

280 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und das kantonale Justizdepartement beantragen Herabsetzung der Bussen bis je Fr. 20.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir bei Bieri Herabsetzung bis Fr. 100, bei Lustenberger bis Fr. 20. Den älteren der beiden Frevler trifft die grössere Verantwortung.

49. Franz Zurfluh, verurteilt am 4. Februar 1929 vom Landgericht Uri gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 800 Busse und Ausschluss von der Jagdberechtigung auf die Dauer von 3 Jahren.

Zurfluh hat im Oktober 1928 an der äussern Grenze seiner Liegenschaft mit einer Bisenfalle einen Fuchs gefangen.

Für Zurfluh ersucht ein Eechtsanwalt um teilweisen Erlass der Strafe.

Der Fuchs habe den Hühnerstall bedroht. Zurfluh. der sein kleines Heimwesen inzwischen verpachtet habe, sei dermalen Taglöhner. Bei seinen Familienlasten und Erwerbsverhältnissen erweise sich die Busse als sehr hart.

Der Gemeinderat von Attinghausen befürwortet das Gesuch. Das Landgerichtspräsidium empfiehlt die Begnadigung, die kantonale Staatsanwaltschaft beantragt Herabsetzung der Busse um die Hälfte. Der Begierungsrat stellt den Antrag, dem Gesuch möglichst weitgehend zu entsprechen. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung bis Fr. 200.

Unserseits beantragen wir in Würdigung der verschiedenen Vernehmlassungen Herabsetzung der Busse um die Hälfte, mithin bis Fr. 150.

50. Erwin Abegglen, verurteilt am 19. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss den Art. 42, 43, Ziffer 5, und 44 des Bundesgesetzes zu Fr. 305 Busse.

Abegglen hat eine zusammenlegbare Waffe erworben, sie in Banngebiet getragen und dort mindestens eine Krähe gejagt.

Abegglen ersucht um Erlass der Busse, wozu er geltend macht, es handle sich um eine harmlose Sache. Die Bezahlung der hohen Busse sei ihm beinahe unmöglich.

Der Gemeinderat von Oberried betont, der Abschuss von Krähen sei nötig und befürwortet das Gesuch. Der Gerichtspräsident von Interlaken und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfehlen angemessene Herabsetzung der Busse. Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt, auf das Gesuch nicht einzutreten.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 150. Um
einen schwereren Fall handelt es sich nach den Akten nicht, ferner mag einigermassen berücksichtigt werden, dass Abegglen nebst den Kosten an die Busse bereits Fr. 105 bezahlt hat. Der urteilende Eichter empfiehlt die Teilbegnadigung ebenfalls.

51. Johann Mathias Schnider, verurteilt am 24. Mai 1929 vom Polizeigericht Lungnez gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

281 Schnider hat am 31. Dezember 1927, nachmittags, im Wald eine Tellereisenfalle gestellt; die ihm erteilte Bewilligung zum Fallenlegen lautete auf den 1. Januar 1928.

Schnider ersucht auf Grund seiner bescheidenen Verhältnisse um Erlass der Busse ; ihre Entrichtung sei ohne schwere Beeinträchtigung der Familie unmöglich.

Das Kreisamt Lungnez empfiehlt die Begnadigung. Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden beantragt erhebliche Ermässigung der Busse.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Busse um einen Drittel, mithin bis Fr. 200.

Damit wird den Verhältnissen Schniders und dem guten Leumund, aber auch der Vorstrafe wegen Nichteinhaltens der Jagdzeit Rechnung getragen.

52. und 53. Leopold und Louis Bron, verurteilt am T.Februar 1929 vom Amtsgericht Dorneck-Thierstein gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes je zu Fr. 300 Busse.

Leopold und Louis Bron sind wegen Stellens einer Fuchsfalle verurteilt worden.

Für die Brüder Bron ersucht der Verteidiger um Erlass der Bussen. Wie im Strafverfahren wird die Täterschaft bestritten und ausserdem auf Streitigkeiten zwischen den Familien des Jagdhüters und der beiden Bron Bezug genommen. Ferner werden die ärmlichen Verhältnisse hervorgehoben.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Herabsetzung der Bussen bis Fr. 200.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir ebenso Herabsetzung der Bussen um einen Drittel, mithin bis Fr. 200. Damit werden die ärmlichen Verhältnisse der jungen Leute berücksichtigt. Ein weitergehender Erlass sollte unterbleiben. Auf die Frage der Täterschaft ist bei der vorhandenen Aktenlage keineswegs einzutreten.

54. Martin Boos, durch Erkenntnis des Bezirksamtes Gaster vom 10. Mai 1929 gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes mit Fr. 300 gebüsst.

Boos hat in der väterlichen Liegenschaft eine Falle gestellt und einen Hasen gefangen.

Boos, der die Kosten und die Hälfte der Busse bezahlt hat, ersucht um Erlass der Bussenhälfte.

Der Bezirksammann von Gaster empfiehlt das Gesuch. Dag Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragt Herabsetzung bis Fr. 100, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei die Abweisung des Gesuches.

Wie bei den Brüdern Bron beantragen
wir in Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers und des ihm nicht ungünstigen Berichtes des Bezirksamtes, die Busse um einen Drittel, mithin bis Fr. 200 zu ermässigen, so dass Boos noch Fr. 50 zu entrichten hat.

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55. Arnold Hof er, verurteilt am 7. März 1929 vom Amtsgericht DorneckThierstein gemäss Art. 43, Ziffer 2. des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Hof er hat im Februar abbin obne Berechtigung eine Fuchsfalle gestellt.

Hofer, der heute das Fallenstellen zugibt, ersucht um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse. Als langjähriger Jäger habe er sich keine strafbaren Handlungen zuschulden kommen lassen. In der vorliegenden Sache sei er das Opfer eines Übereinkommens zwischen dem Belastungszeugen und dem Landjäger.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung, wozu die nicht einwandfreie Haltung des Gesuchstellers des Nähern erörtert wird.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Stichhaltige Begnadigungsgründe fehlen.

56. Jakob ßitz, durch Erkenntnis des Bezirksamtes Obertoggenburg vom 16. April 1929 gemass Art. 43. Ziffer 5, in Verbindung mit kantonalen Ausführungsbestimfflungen mit Fr. 300 gebüsst.

Ritz hat im Oktober 1928 ohne Jagdberechtigung einen Jäger auf der Jagd begleitet, wobei er ein zusammenlegbares Kugelgewehr trug.

Eitz ersucht auf Grund seiner Familienverhältnisse und der vorhandenen Mittellosigkeit um Herabsetzung der Busse.

Der Bezirksammann von Obertoggenburg beantragt Abweisung, die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen Herabsetzung bis Fr. 100 oder 150, das kantonale Justizdepartenient Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. iNach den Akten und dem Bericht des Bezirksamtes handelt es sich um einen erheblichen Jagdfrevelfall, ferner ist auf die Vorstrafen zu verweisen.

57. Fritz W a l t h e r t , verurteilt am 18. Juli 1929 vom Gerichtspräsidenten von Burgdorf geraäss Art. 39. Abs. 3, 42, 43. Ziffer 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 320 Busse.

Walthert hat im letzten Jahr zwei Steinkäuze abgeschossen, ferner hat er im Mai abbin in Banngebiet zur Jagd auf Krähen ein Flobert verwendet.

Für Walthert ersucht ein Rechtsamvalt um Erlass oder doch Ermässigung der Busse, die im Verhältnis zur Art der nicht schwerwiegenden Verfehlungen eine unerträgliche Härte darstelle. Das offene Geständnis, der gute Leumund, die bescheidene Lage als Pächter seien zu berücksichtigen.

Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt Herabsetzung
bis Fr. 100. Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Pierabsetzung bis Fr. 150.

Wir beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 200. Der urteilende Richter hat dem Gebüssten, der im Banngebiet wohnt, die Einreichung des

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58. Burkart Strebel, verurteilt am 29. April 1929 vom Bezirksgericht Muri gemäss Art. 39, Abs. 3, und 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 350 Busse.

Strebel hat im Januar 1929 eine Tellereisenfalle gestellt und einen Mäusebussard gefangen.

Strebel ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Hierzu wird angebracht, Strebel habe den durch Eaubvögel stark geschädigten Hühnerbestand schützen wollen. Er sei der Meinung gewesen, ein Notwehrrecht auszuüben; das Verbot der Tellereisen habe er nicht gekannt. Die Busse stehe zum Verschulden im Missverhältnis.

Das urteilende Gericht empfiehlt die teilweise Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Das Gericht bezeichnet die Darstellung Strebeis als nicht sehr glaubwürdig, ferner steht das von anderer Seite verfasste Gesuch in Widerspruch mit dein Ergebnis der seinerzeitigen Abhörung, wo Strebel zugab, das Verbot des Fallenstellens gekannt zu haben. Ärmliche Verhältnisse liegen nicht vor, 59. und 60. Arsène Mercerat und Willy Ferrât, verurteilt am 28. Februar 1929 vom Gerichtspräsidenten von Munster gemäss Art. 43. Ziffer l, des Bundesgesetzes, Mercerat zu Fr. 150, Ferrât zu Fr. 400 Busse.

Mercerat und Ferrât haben, in Banngebiet, zur Vertilgung eines Fuchses Gift gelegt.

Für die zwei Minderjährigen wird um Erlass der Bussen ersucht; sie hätten aus Unüberlegtheit gehandelt und in der Folge ohne weiteres gestanden.

Der Gemeinderat von Champoz und der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfehlen die Gesuche. Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen, die Busse des Ferrât bis Fr. 150 zu ermässigen, mithin bis zum Betrage, zu dem Mercerat in Berücksichtigung von Art. 54 des Bundesgesetzes verurteilt worden ist.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir in beiden Fällen Herabsetzung der Bussen bis Fr. 100, womit der Jugendlichkeit und dem guten Leumund der Gesuchsteller weitgehend Bechnung getragen wird. Die Tatsache, dass der etwas über 18 Jahre alte Ferrât der Vergünstigung von Art. 54 des Bundesgesetzes nicht teilhaftig werden konnte, schafft im vorliegenden Falle eine Ungleichheit, die bereits nach Auffassung des
Eichters im Begnadigungsweg zu beheben ist.

61. Gottlieb Gebert, verurteilt am 3. Juli 1929 von der Gerichtskommission Obertoggenburg gemäss Art. 43, Ziffer l, und 58 des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse nebst Ausschluss von der Jagdberechtigung für drei Jahre.

284 Gebert hat zur Vertilgung von Füchsen Gift gelegt.

Gebert ersucht um Erlass einer Summe von Fr. 498. 60, was der Busse, dem Schadenersatz und den verlangten Kosten entspricht. Hierzu schildert er seine Armut und die misslichen Familienverhältnisse; er habe aus Not gehandelt.

Der Gemeinderat von Wildhaus bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet die gänzliche oder doch weitgehende Teilbegnadigung, Der Bezirksammann von Obertoggenburg empfiehlt die Begnadigung.

Angesichts der ärmlichen Verhältnisse beantragen wir mit dem Justizdepartement des Kantons St. Gallen und der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, die Busse um die Hälfte zu ermässigen, mithin bis Fr. 200. Der Schadenersatz von Fr. 90 und die Gerichtskosten können nicht Gegenstand des Begnadigungsweges sein.

62. Johann Schönenberger, verurteilt am 13. Februar 1927 von der Gerichtskommission Alttoggenburg gemäss Art. 39, Abs. 2, und 48, Abs. 2, des Bundesgesetzes in Verbindung mit kantonalen Bestimmungen zu Fr. 400 Busse.

Schönenberger hat sich im Laufe des \ orletzten Winters eine gefrevelte Rehgeiss angeeignet, ferner ist er an einem Sonntag mit ,Waffe und Hund im Wald herumgestreift.

Schönenberger, der die Kosten und an die Busse Fr. 300 bezahlt hat, ersucht um Erlass der verbleibenden Fr. 100. Er sei ein kleiner Bergbauer und könne die Bestbusse fast nicht aufbringen, zudem habe er noch nie ein Wild geschossen.

Der Stellvertreter des Bezirksammanus von Alttoggenburg und das Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Wir verweisen des nähern auf die Berichte der Kantonsbehörden, wo die nachteiligen Folgen einer Begnadigung und die im Bussenvollzug betätigte Langmut hervorgehoben werden.

63. Gottfried Häfeli, verurteilt am 2. April 1929 vom Amtsgericht von Balsthal gemäss Art. 43, Ziffer 2, und 39, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse.

Häfeli hat im Januar 1929 mit einer Eisenfalle einen Hasen gefangen; nach Einleitung des Strafverfahrens stellte er weitere Fallen und fing einen Fuchs. Eine vierte Falle, zerlegbare Flinten mit Munition, sowie erlegte Vögel wurden im Verlaufe der Haussuchung beschlagnahmt.

Häfeli ersucht um teilweise Begnadigung. Er sei auf seinen
Verdienst angewiesen und stehe vor der Heirat, die ihn stark belaste. Die Busse und Kosten könne er unmöglich entrichten. Er habe gefehlt, sei jedoch verleitet worden.

In den Akten befindet sich ein Polizeibericht. Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

285 Mit der eidgenössischen Inspektion fur Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Das urteilende Gericht hat den Verhältnissen Häfelis ausdrücklich Eechnung getragen. Bei der Schwere des Falles kann von einer Begnadigung nicht die Eede sein. Das Gericht bezeichnet den Gesuchsteller als routinierten Wilderer.

64. Karl Teuscher, verurteilt am 10. Januar 1929 vom Gerichtspräsidenten von Niedersimmental gemäss Art. 48, Abs. l, und89 des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse.

Teuscher hat einen, in der Folge Mitverurteilten auf die Winterjagd begleitet und die von diesem geschossene Eehgeiss andern Tags nach Hause verbracht.

Teuscher ersucht um Ermässigung der Busse bis Fr. 200. Er sei ohne Vorstrafe und gut beleumdet; der urteilende Eichter sei ihm aus persönlichen Gründen nicht wohlgesinnt.

Der Gemeinderat von Wimmis befürwortet das Gesuch, wogegen der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern einhellig Abweisung beantragen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Die nähere Überprüfung der Akten und Berichte der Kantonsbehörden fuhrt zum Ergebnis, dass eine Begnadigung im vorliegenden Falle geradezu sonderbar wäre. Stichhaltige Begnadigungsgründe fehlen.

65. und 66. Alois G e r m i q u e t und Willy G e r m i q u e t , verurteilt vom Gerichtspräsidenten von Münster, jener am 28. Februar 1929 gemäss Art. 42 und 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 500 Busse, dieser am 7. März 1929 gemäss Art. 42 zu Fr. 100 Busse.

Alois Germiquet ist im Januar 1929 zweimal beim Jagen in Banngebiet betroffen worden. Er trug versteckt ein zusammenlegbares Gewehr auf sich.

Willy Germiquet leistete im einen der Fälle Treiberdienste.

Alois Germiquet ersucht um Ermässigung der Busse, da er sich der Schwere des Jagdfrevels nicht bewusst gewesen sei und zudem ein kürzlich aufgefundenes Gewehr besessen habe, das nach Ansicht Sachverständiger zu Jagdzwecken untauglich gewesen sei. Die Busse könne er unmöglich auf-, bringen, so dass ihm die Umwandlungsstrafe drohe.

Für Willy Germiquet ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse. Der Eichter habe die Jugendlichkeit des bloss als Gehilfe tätig Gewordenen ungenügend berücksichtigt.

Der Gemeinderat
von Sorvilier befürwortet bei Alois Germiquet Herabsetzung, bei Willy Germiquet den Erlass der Busse. Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt die Gesuche ebenfalls. Die Porstdirektion den Kantons Bern beantragt in beiden Fällen Abweisung, die kantonale Polizeidirektion Herabsetzung der Bussen um die Hälfte.

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Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir bei Alois Germiquet Ermässigung der Busse bis Fr. 300, bei Willy Germiquet bis Fr. 50. Die sehr hohe Busse des ersteren darf einigermassen in Einklang gebracht werden mit der Erledigung ähnlich gearteter Fälle, während bei Willy Germiquet die Jugendlichkeit berücksichtigt werden mag.

67. und 68. Hans und Arnold Moor, verurteilt am 26. März 1929 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 40, 42, 43, Ziffer 5, 06, Ziffer 2 und 3, 57, Ziffer 2, 58, Abs. 3, des Bundesgesetzes, der erste zu Fr. 650 Busse, der zweite, ausserdem wegen Widersetzlichkeit gegenüber Wildhütern, zu Fr. 600 Busse und 8 Tagen Gefängnis.

Die Brüder Moor haben am 26. Dezember 1928 in Banngebiet gejagt, wobei Arnold Moor eine Gemse schoss. Durch Schwärzen der Gesichter hatten sich beide maskiert. Beide trugen eine in doppelter Hinsicht verbotene Waffe.

Dem Wildhüter gegenüber leistete Arnold Moor tätlichen Widerstand.

Für die Brüder Moor ersucht der Verteidiger um Erlass der Strafen.

Hierzu wird im wesentlichen angebracht, die unerschwinglichen Bussen bzw. die zu gewärtigenden Umwandlungsstrafen seien eine ungerechte, übermässig scharfe Ahndung der nicht unehrenhaften, aus Not erfolgten Verfehlung. Arnold Moor sei überdies von einem der Wildhüter derart angeschossen worden, dass er sich langer ärztlicher Behandlung habe unterziehen müssen.

Damit sei die Verfehlung genügend ausgeglichen, was die Begnadigungsbehörde anerkennen könne.

Der Gemeinderat von Meiringen äussert sich eingehend über die Verhältnisse der Familie Moor. Der urteilende Eichter verweist auf die 'Urteilserwägungen. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt bei Hans Moor Ermässigung der Busse um Fr. 50, bei Arnold Moor Erlass der Gefängnisstrafe. Die Forstdirektion des Kantons Bern kann höchstens dem bedingten Erlass der Gefängnisstrafe beipflichten. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt den Erlass der Gefängnisstrafe, im übrigen Abweisung.

Unserseits erachten wir für die Begnadigungsbehörde als massgebend, dass äusserst schwere Jagdvergehen in Betracht kommen, und b e a n t r a g e n deshalb in ganzem Umfang Abweisung.

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Eobert Rüdisüli, geb. 1902, Käser, Eémondans (Frankreich), Walter Brandii, geb. 1895, Eeklamefachmann, Bern, Philipp Meier, geb. 1899, Schneider, vormals Wolfwil (Solothurn), Wilfried Weber, geb. 1899, Fabrikarbeiter, Orpund (Bern), John Walther, geb. 1897, Uhrmacher, vormals Grenchen (Solothurn), Emil Schaub, geb. 1902, Fuhrmann, Ariesheim (Baselland),

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Corrado Poster, geb. 1893, Ingenieur, Savona (Italien), Paul Pauli, geb. 1890, Mechaniker, Grenchen (Solothurn), Albert Grässlin, geb. 1893, Kaufmann, Basel, Wilhelm Burkhardt, geb. 1904, Eeisender, früher in Ölten (Solothurn), Adolf Kummli, geb. 1892, Schriftsetzer, Solothurn, Heinrich. Schaub, geb. 1896, Kaufmann, Basel, Constant Hänni, geb. 1885, Uhrmacher, Genf, Huldreich Möhl, geb. 1900, Mechaniker, Winterthur (Zürich), Louis Boo, geb. 1882, Landwirt, Veyrier (Genf), Carlo Poster, geb. 1901, Kaufmann, Munchenstein (Baselland), Albert Kölsch, geb. 1901, Schlosser, Biel (Bern.

(Militärpflichtersatz,)

Gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 über den Militärpflichtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden: 69. Eobert Küdisüli, verurteilt am 15. Mai 1929 mit Erkenntnis des Bezirksamtes Gaster zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von französischen Fr. 162 für 1927 betreffend.

Rüdisüli ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die Kückstände und die Abgaben für 1928/29, im Gesamtbetrag von französischen Er. 516, sind im Juni abbin bezahlt worden. Rüdisüli versichert, die verspäteten Zahlungen seien nicht auf schuldhaftes Verhalten zurückzuführen. Er spricht den Wunsch aus, die betagten Eltern in der Schweiz aufsuchen zu können, ohne mit dem Strafvollzug rechnen zu müssen.

Der Schweizer Konsul in Besançon befürwortet das Gesuch. Das Militärdepartement des Kantons St. Gallen empfiehlt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe. Der im Ausland niedergelassene Mitbürger hat alles daran gesetzt, die Angelegenheit nachträglich zu ordnen. Der Konsul bestätigt, dass Rüdisüli 1927 längere Zeit krank war und jedenfalls schwer hatte, seinen Pflichten gerecht zu werden.

70. Walter Brandii, verurteilt am 2. Mai 1928 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Er. 82. 60 für 1927 betreffend.

Brandii ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Die Behörden des Kantons Bern, mit Ausnahme des Sektionschefs von Belp, beantragen einhellig Abweisung.

Demgegenüber beantragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung den gänzlichen Erlass der Haftstrafe, weil Brandii in Wirklichkeit nur die

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Hälfte des ihm abverlangten Militärpflichtersatzes zu entrichten hatte, so dass bei der vorhandenen Sachlage ein Strafanspruch überhaupt nicht entstehen konnte. Im übrigen ist allerdings zu sagen, dass die Abweisungsanträge verständlich sind, indem Brandii in persönlicher Beziehung kein besonderes Interesse erweckt. Als massgebend erachten wir jedoch, dass sein Anspruch auf Herabsetzung der Ersatzabgabe jederzeit von Amtes wegen hätte berücksichtigt werden sollen.

71. Philipp Meier, verurteilt am 12. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Balsthal zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 80. 60 für 1928 betreffend.

Meier, der am Tage nach der Verzeigung bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er geltend macht, die verspätete Zahlung sei unverschuldet. Er erörtert seine damaligen Arbeits- und Lohnverhältnisse.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der 3 Tage Gefängnis unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und lieben als Bedingung besonders hervor, dass Meier während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die rechtzeitige Entrichtung des Militärpflichtersatzes schuldhaft unterlasse. Wir berücksichtigen, dass Meier seit 1920 stets regelmässig bezahlt hat und ohne Vorstrafe ist; die verspätete Bezahlung erscheint einigermassen verständlich, namentlich da Meier damals seinen Arbeitsplatz wechselte. Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn, auf dessen Ausführungen wir des Nähern verweisen, bezeichnet das Urteil als sehr streng.

72. Wilfried Weber, verurteilt am 27. Februar 1929 vom Gerichtspräsidenten von Nidau zu 2 Tagen Haft und 6 Monaten Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 54.10 für 1928 betreffend.

Weber, der zwei Tage nach der Verzeigung eine Teilzahlung geleistet und die Eestschuld im Laufe des Strafverfahrens entrichtet hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die rechtzeitige Begleichung sei ihm als Familienvater nicht möglich gewesen.

Der Gemeinderat von Orpund, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes und der Kantonskriegskommissär empfehlen den Erlass der Strafe, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen
wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von 2 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Meier. Die Kantonsbehörden betonen den Umstand, dass Weber dermalen einen ordentlichen Lebenswandel führe und regelmässig verdiene. Die Ersatzabgabe für 1929 ist bezahlt. Es besteht bloss eine geringfügige Vorstrafe.

Die bedingte Begnadigung kann hier als Ansporn dienen, wogegen der Strafvollzug die erlangte Stelle gefährden dürfte.

289 78. John Walther, verurteilt am 2. März 1929 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 137. 60 für 1920/25 betreffend.

Walther ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die Eückstände seien im wesentlichen auf die Arbeitslosigkeit jener Jahre zurückzuführen. Trotz seiner wirklich misslichen Lage habe er sich bemuht, namhafte Teilzahlungen aufzubringen. Der Strafvollzug gefährde seine Stelle. -- Ausserdem ersucht Walther um Ermässigung der noch ausstehenden Eückstände von Fr. 107. 30, was jedoch die zuständige Kantonsbehörde bereits abgelehnt und womit sich die Begnadigungsbehörde nicht zu befassen hat.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn und die eidgenössische Steuerverwaltimg beantragen den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe.

Walther habe seit 1925 die Eückstände der Jahre 1917/18 beglichen, die Abgaben für 1920/25 zu zwei Dritteln bezahlt und diejenigen für 1926/27 und 1928 gänzlich entrichtet, was dem urteilenden Eichter unbekannt gewesen sei.

Unserseits halten wir mit diesen Anträgen dafür, dass die ratenweise Bezahlung von Fr. 357 im Begnadigungsweg Berücksichtigung verdiene.

Da aber Walther die verbleibenden Eückstände noch aufbringen muss, erachten wir es abschliessend als angezeigt, die Begnadigung lediglich bedingt auszusprechen, und beantragen den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter denselben Bedingungen wie bei Meier und der weiteren, dass Walther die Eückstände im Wege der zugesicherten, monatlichen Teilzahlungen von mindestens Fr. 10 begleiche. Damit wird dem Gesuchsteller Gelegenheit gegeben, im Sinne seiner Zuschrift vom 22. Februar 1929 an den Untersuchungsrichter, dem Strafvollzuge vorzubeugen.

74. Emil Schaub, verurteilt am 1. Juli 1929 vom Polizeigericht Ariesheim zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 33 für 1928 betreffend.

Schaub, der vier Monate nach der ersten Abhörung bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Hierzu macht er Arbeitslosigkeit und einen Unfall mit längerer Spitalbehandlung geltend, was ihn schwer zurückgebracht habe.

Der Gemeinderat von Ariesheim bestätigt die Gesuchsanbringen und stellt Schaub ein ausserordentlich günstiges Zeugnis aus.

Die Polizei- und Militärdirektionen des Kantons Basellandschaft beantragen Abweisung.

Demgegenüber beantragen
wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, Schaub die 2 Tage Gefängnis bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Meier. Die Nachlässigkeit Schaubs bestand namentlich darin, dass er den Kantonsbehörden die wirklichen Verhältnisse nicht rechtzeitig zur Kenntnis brachte. Es handelt sich um einen unbescholtenen, arbeitsamen Mann ohne Vorstrafe, dem das Urteil eine heilsame Lehre sein dürfte.

Die Ersatzabgabe für 1929 ist im Einvernehmen mit den Steuerbehörden zunächst gestundet und im September nach Vereinbarung beglichen worden.

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75. Corrado P f i s t e r , verurteilt am 21. März 1929 vom Bezirksgericht Schaffhausen zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz für die Jahre 1924/27 von L. 321 betreffend.

Pfister, der die Bückstände nachträglich beglichen und zugleich die Abgaben für 1928 und 1929 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er anbringt, dass ihn in den letzten Jahren eine geschäftliche Krisis betroffen habe und nahelegt, dem längeren Aktivdienst einigermassen Rechnung zu tragen.

Der Schweizer Konsul in Genua empfiehlt das Gesuch. Der Begierungsrat des Kantons Schaffhausen beantragt, dem Gesuch keine Folge zu geben.

Demgegenüber b e antragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, Pfister die Haftstrafe von 3 Tagen bedingt zu erlassen, unter denselben Bedingungen wie bei Meier. Zwar liegt Gleichgültigkeit vor, weshalb der Abweisungsantrag der Kantonsregierung begreiflich ist. Hinwiederum möchten wir dem im Ausland geborenen und seit Jahren dort lebenden Mitbürger zu gute halten, dass er die Angelegenheit geordnet und die seitherigen Abgaben ordnungsgemäss entrichtet hat. Pfister weist mehr als 500, meist als Korporal geleistete Diensttage auf.

76. Paul Pauli, verurteilt am 17. Januar 1929 vom Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 13. 35 für 1928 betreffend.

Pauli, der am Tage der Gerichtsverhandlung bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die verspätete Zahlung hange mit ehelichen Zerwürfnissen zusammen. Er sei ohne Vorstrafe und habe nahezu 500 Aktivdiensttage auf zuweisen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Die eidgenössische Steuerverwaltung, auf deren Bericht wir verweisen, sieht davon ab, einen Gegenantrag zu stellen, obschon die bedingte Begnadigung allenfalls zulässig wäre.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung, weil offensichtliche Nachlässigkeit vorliegt. Immerbin bemerken wir, dass es sich im übrigen um einen regelmässigen Zahler handelt.

77. Albert Grässlin, verurteilt am 12. August 1929 vom Appellationsgericht Basel-Stadt, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 21, Bestbetrag, für 1928 betreffend.

Grässlin, der nach Ablauf der zweiten Mahnfrist Fr. 15 und bei Eröffnung des Strafbefehls vom 6. Juni die Bestschuld beglich,
ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er sei ausserstande gewesen, früher zu zahlen. Die Verurteilung sei rücksichtslos.

Das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt empfiehlt den Erlass der Strafe, die eidgenössische Steuerverwaltung die bedingte Begnadigung.

Demgegenüber beantragen wir deshalb Abweisung, weil der als ausserordentlich nachlässig und gleichgültig bezeichnete Gesuchsteller, selbst wenn

291 er sich in letzter Zeit besser gehalten hat, kein besonderes Interesse erweckt.

Da Grässlin mehrfach vorbestraft ist, mag es bei der erst- und oberinstanzlich erkannten Mindeststrafe sein Bewenden haben.

78. Wilhelm B u r k h a r d t , verurteilt am 30. März 1929 vom Gerichtsstatthalter von Ölten-Gösgen zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 15. 60 für 1928 betreffend.

Burkhardt, der nachträglich bezahlt und die Abgabe für 1929 rechtzeitig entrichtet hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die während des Wohnsitzwechsels überbrachte Vorladung zur Hauptverhandlung sei seiner Braut ausgehändigt worden, die sie ihm versehentlich nicht übergeben habe.

Das Urteil sei trotz einer Anzahlung erfolgt. Die Scheidung von der ersten Frau und längere Arbeitslosigkeit hätten ihn sehr zurückgebracht. Heute sei er als Einzüger und Eeisender in Stellung.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung, in der Meinung, es solle bei der Mindeststrafe verbleiben. Das kantonale Polizeidepartement betont, Burkhardt habe sich um seine Pflichten nicht im geringsten bekümmert.

79. Adolf Kummli, verurteilt am 3. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Solothurn-Lebern zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 11.10, Eestbetrag, für 1928 betreffend.

Kummli, der Fr. 30 am letzten Tag der zweiten Mahnfrist und die verbleibenden Fr. 11.10 am Tag der Gerichtsverhandlung bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die verspätete Begleichung der Ersatzabgabe hange mit schweren, geschäftlichen Geldverlusten zusammen. Seit 1926 habe er grössere Schulden in Teilbeträgen abbezahlt und seine Familie nur mit Mühe erhalten.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Zugunsten des Gesuchstellers spricht die ordnungsgemässe Bezahlung der Abgabe für 1929, jedoch bestehen mehrere Vorstrafen.

80. Heinrich Schaub, verurteilt am 11. März 1929 vom Polizeigerichtspräsidenten von Basel-Stadt zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von F*. 118, Eestbeträge, für 1927/28 betreffend.

Für Schaub ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass der Haftstrafe. Hierzu wird in längeren Ausführungen, auf die
wir für Einzelheiten Bezug nehmen, geltend gemacht, Schaub habe seit Jahren schwere Schicksalsschläge erlitten.

Erst seit Ende 1928 sei er wieder in befriedigender Stellung. Eine «gewisse Nachlässigkeit» möge immerhin darin liegen, dass er den Behörden seine Verhältnisse nicht zu Kenntnis gebracht habe. Gleichzeitig wird sofortige Bezahlung zugesichert.

Das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt kann die Begnadigung nicht empfehlen.

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Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Wir begnügen uns mit der Feststellung, dass Schaub anfangs September die Fr. 118 noch immer schuldete und beziehen uns im übrigen auf den Vorstrafenbericht.

81. Constant Hänni, verurteilt am S.April 1929 vom Polizeigericht von Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 195. 25 für 1925 und frühere Jahre betreffend.

Hänni ersucht um Brlass der Haftstrafe. Die vereinbarten Teilzahlungen habe er bis anhin geleistet, d. h. bis Ende Oktober Fr. 135. Da er die Vorladung vor das Gericht missverstanden habe -- er war auf den 5. April geladen, will den 25. verstanden haben und bezahlte Fr. 45 am 17. April -- sei er verurteilt worden. Der Strafvollzug gefährde die endlich erlangte Stelle.

Die Militärsteuerverwaltung des Kantons Genf hält dafür, das Gesuch sei abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft überlässt den Entscheid dem Ermessen der Begnadigungbehörde. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung ; ihr ausführlicher Bericht erörtert die Vorgeschichte der Angelegenheit und das Vorgehen der kantonalen Verwaltung.

Hänni ist wegen gleichgearteter Haftstrafen bereits zweimal bedingt begnadigt worden (Nr. 71 des I. Berichtes vom 10. Mai 1921, Bundesbl. III, 177/79; Nr. 119 des II. Berichtes vom 20. Mai 1925, Bundesbl. H, 486/87). Die bedingte Begnadigung von 1925 ist im Zusammenhang mit den damaligen, ein Ganzes bildenden 47 Genfer Fällen zu verstehen. Als Bedingung wurde in jenem Zeitpunkt hervorgehoben, dass Hänni während der Probezeit von zwei Jahren nicht neuerdings die Entrichtung der Ersatzabgabe schuldhaft unterlasse. Mit jener Probezeit ist das neueste Urteil insofern in Verbindung zu bringen, als es sich u. a. auf die letzte Ersatzabgabe Hännis für 1925 bezieht ; zu Unrecht betrifft es ausserdem die weiter als 1924 zurückliegenden Abgaben, für die bereits 1924 eine Verurteilung erging, ferner krankt das neueste Strafverfahren daran, dass der nach den Mahnungen von 1925 vorhanden gewesene Strafanspruch zur Zeit der Vorzeigung anscheinend verjährt war. Angesichts dieser eigentümlichen Sach- und Eechtslage, die ohne die unbegründete Langmut der Kantonsbehörden nicht eingetreten wäre, ist die Erledigung der Begnadigungssache Hänni heikler Art. Es erheben sich namentlich die Fragen, ob die 1924 erkannte und 1925
bedingt erlassene Haftstrafe von 6 Tagen nachträglich durch Widerruf der Begnadigung vollzogen werden solle, ferner, ob im Begnadigungsweg zu berücksichtigen sei, dass das Strafverfahren von 1929 Mängel aufweise, schliesslich, ob nicht aus Zweckmässigkeitserwägungen die letzte Strafe durch Abweisung des Gesuches aufrechtzuerhalten sei, unter Verzicht auf den Widerruf der Begnadigung von 1925.

Abschliessend glauben wir davon ausgehen zu sollen, dass der 1925 letztmals ersatzpflichtige Gesuchsteller grössere Zahlungen erst seit April dieses Jahres leistet und heute noch Fr. 60. 25 schuldet. Besonderes Interesse erweckt er nicht, namentlich nicht bei Berücksichtigung der Vorstrafen. Wir halten

2ôâ deshalb dafür, die Begnadigungsbehörde solle aus Zweckmässigkeitserwägungen auf das Zustandekommen des rechtskräftigen Urteils vom 8. April 1929 weiter nicht eintreten, das Begnadigungsgesuch abweisen und im übrigen den Widerruf der Begnadigung von 1925 in diesem späten Zeitpunkt nicht in Betracht ziehen.

Demgemäss beantragen wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, das Gesuch abzuweisen.

82. Huldreich Möhl, verurteilt am 11. Juni 1929 vom Obergericht des Kantons Zürich, IH. Kammer, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 18.45, Bestbetrag, für 1928 betreffend.

Möhl ersucht um Erlass der Haftstrafe. Seine Verhältnisse seien im Strafverfahren zu wenig überprüft worden; ungenügender Erwerb, Arbeitslosigkeit, Krankheiten und Verluste hätten ihn schwer betroffen.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und die kantonale Justizdirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Der geschuldete Eestbetrag steht heute noch aus, ferner ist die fällig gewordene Ersatzabgabe für 1929 bis anhin nicht bezahlt worden.

Für die Abgaben der Jahre 1925 und 1927 mussten ebenfalls Strafverfahren angehoben werden, wenn es auch nicht bis zur Verurteilung kam. Mit der kantonalen Oberinstanz ist der mangelnde gute Wille hervorzuheben.

83. Louis Boo, verurteilt am 20. Juni 1929 vom Polizeigericht von Genf zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 163, Bestbeträge, für 1922 und frühere Jahre betreffend.

Boo ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er versichert, stets nach Möglichkeit bezahlt zu haben und bezieht sich auf die letzte Vereinbarung mit der kantonalen Militärsteuerverwaltung.

Die Militärsteuerverwaltung des Kantons Genf und die kantonale Staatsanwaltschaft beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Hierzu beziehen wir uns auf die ausführliche Vernehmlassung der Steuerverwaltung und bemerken in Kürze folgendes: Boo war 1922 letztmals ersatzpflichtig. Von 1911 bis 1921 leistete er keine einzige Zahlung.

Auch seither hielt er die kantonale Verwaltung mit seinen Versprechen jahrelang hin. Das nunmehr ergangene Urteil stützt sich, soweit es nicht verjährte Abgaben betrifft, auf die zulässige Wiederholung des Mahnverfahrens.
Der Umstand, dass Boo seit der Verurteilung Teilzahlungen voii Fr. HO aufbringen konnte, spricht ohne weiteres für die Möglichkeit früherer Begelung.

Die Langmut der kantonalen Verwaltung ist auch in diesem Fall, wie dies die eidgenössische Steuerverwaltung hervorhebt, unbegreiflich.

84. Carlo Pfister, verurteilt am 21. Juni 1928 vom Polizeigericht Ariesheim zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 40. 50 für 1927 betreffend.

Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. III 23

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Pf ister, der im Juni 1929 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrat'e, Die verspätete Zahlung sei darauf zurückzuführen, dass er seit dem als Inhaber eines Teppichgeschäftes erlittenen Konkurs keinen sichern Verdienst mehr erlangt habe. In diesem Zusammenhang werden die damaligen amtlichen Auskünfte über den Gesuchsteller beanstandet, wobei auf den bezüglichen, von Pf ister verlorenen Prozess hingewiesen wird. Auch die Auskünfte zuhanden des hier in Betracht kommenden Strafverfahrens seien wahrheitswidrig gewesen.

Die Justiz- und Militärdirektionen des Kantons Basellandschaft beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Pfister leistete über zweieinhalb Jahre lang nicht die geringste Teilzahlung; die, dann bezahlte, Abgabe für 1928 betreffend musste er dem Eichter neuerdings überwiesen werden und für die fällig gewordene Abgabe 1929 wurde er erfolglos gemahnt. Auf die in der .Form ungeziemenden Klagen über Amtspersonen ist liier nicht einzutreten.

85. Albert K ö l s c h , verurteilt am 22. April 1929 vom Gerichtspräsidenten von Kidau zu 4 Tagen Haft und 6 Monaten 'Wirtshausverbot, den Militärpflichtersatz von Fr. 25. 60 für 1928 betreffend.

Kölsch, der nach Ablauf der zweiten Mahnfrist eine Teilzahlung und nach der Abhörung im April die Bestschuld entrichtet hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die verspäteten Zahlungen seien auf Krankheit und Arbeitslosigkeit zurückzufuhren, zudem hätte er, da die Krankheit Folge eines Militärdienstes sei, în Wirklichkeit Anspruch auf Versicherungsleistungen, statt der Ersatzpflicht unterstellt zu sein. Er sei gesundheitlich ruiniert und habe Familienlasten.

Die Behörden des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n -«ir desgleichen Abweisung. Kölsch ist. wie die Urteilserwägungen und der Bericht des Gemeinderates von Biel dartun, unsolid und schlecht beleumdet. Die Familie wird von ihm vernachlässigt. Er weist bereits eine Haftstrafe auf. Die Abgabe für 1929 hat er ungeachtet beider Mahnungen nicht entrichtet. Seine Adresse ist dermalen unbekannt; Bemühungen der Steuerverwaltung, ihn zu erreichen, um die Gesuchsdarstellung abzuklären, waren vergeblich.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung
unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. November 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Dr. Haalb.

Der Bundeskanzler:

.

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Kaeslin.

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I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Dezembersession 1929). (Vom 19. November 1929.)

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1929

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2515

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20.11.1929

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261-294

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