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Bundesblatt

8l. Jahrgang.

Bern, den 5. Juni 1929.

Band 1.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Salbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli * Cie. in Bern,

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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1929).

(Vom 30. Mai 1929).

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 100 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Autrag zu stellen.

1. Hugo Bär, geb. 1912, Lehrling, Affoltern a. A. (Zürich) (Verfälschung einer Bundesakte, .Betrug).

1. Hugo Bär ist am 22. Dezember 1928 vom Bezirksgericht Affoltern gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechte in Verbindung mit kantonalrechtlichen Strafbestimmungen betreffend Betrug zu einem Tag Gefängnis und Fr. 10 Busse verurteilt worden.

Bär hat sein Bundesbahnabonnement verfälscht, indem er die Daten betreffend Gültigkeitsdauer um einen Tag veränderte, worauf er das Abonnement bei zwei Fahrten geltend machte.

Für den Verurteilten ersucht der Vater um gänzliche Begnadigung.

Bär sei ohne Vorstrafe und gut beleumdet. Der Fehltritt beruhe auf jugendlicher Unüberlegtheit. Die vorhandene Reue biete Gewähr, dass der Verurteilte sich kein zweites Mal vergehen werde. Der Strafvollzug wäre eine Härte.

Die

Polizeiabteilung

des eidgenössischen Justiz- u n d

Der Jugendanwalt für den Bezirk Affoltern, das Bezirksgericht Affoltern, dieses bereits im Urteil, und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragen einhellig den gänzlichen Erlass der Strafe, d. h. mit Einschluss der Busse.

Mit den Kantonsbehörden halten wir dafür, dass nach den Verumständungen des Vorkommnisses und angesichts der Jugendlichkeit des Täters eine Begnadigung erfolgen könne, b e a n t r a g e n jedoch lediglich den Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. I.

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806 bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren ; ferner ist als Bedingung besonders hervorzuheben, dass Bär während dieser Zeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe.

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Georg Rhomberg, geb. 1899, Wagenführer, Zürich, Jakob Blatter, geb. 1907, Zimmermann, Zürich, Jakob Meister, geb. 1900, Chauffeur, zurzeit Schaffhausen, Walter Ryt, geb. 1908, Coiffeurlehrling, vormals Attiswil (Solothurn), Vinzenz Götschi, geb. 1904, Chauffeur, Ölten (Solothurn).

(Eisenbahn - Tramgefährdung.)

Gemäss Art. 67, Abs. 2, rev. des Bundesstrafrechtes sind verurteilt worden : 2. und 3. Georg R h o m b e r g und Jakob B l a t t e r , verurteilt am 23. Dezember 1927 vom Bezirksgericht Pfäffikon, der erste zu Fr. 120, der zweite zu Fr, 100 Busse.

Blatter ist am 20. September 1927 bei der Station Effretikon mit einem Automobil in die Barriere der S. B. B. hineingefahren ; die Barriere wurde zweimal geknickt und ein Zug erheblich gefährdet. Blatter hatte keine Fahrbewilligung; der neben ihm sitzende Rhomberg hätte ihn im Fahren unterrichten sollen. Beide achteten zu wenig auf die Fahrbahn.

Rhomberg und Blatter ersuchen um Rückumwandlung der Gefängnisstrafen in die ursprünglichen Bussen; beide haben die Bussen in Ratenzahlungen nachträglich hinterlegt. Rhomberg schreibt, die lange Krankheit der Ehefrau habe ihn zurückgebracht; er betont den stets vorhanden gewesenen Zahlungswillen. Blatter bezieht sich in der nicht selbst verfassten Eingabe auf seine ärmlichen Verhältnisse. Ferner macht er geltend, das Urteil enthalte keinerlei Hinweis auf die Umwandlungsstrafe.

Der erste Staatsanwalt des Kantons Zürich beantragt in beiden Fällen, den Gesuchstellern zu entsprechen; sollte dies nicht erfolgen, so wären mindestens die vom Bezirksgericht zu hoch berechneten Umwandlungsstrafen zu berichtigen. Rhombergs Angaben seien richtig... Bei Blatter ergebe sich, dass seine Einkommensverhältnisse während den Wintermonaten unsicher gewesen seien. Nachher habe er die Rekrutenschule bestehen müssen. In beiden Fällen sei zu rügen, dass das Urteilsdispositiv die Umwandlungsstrafe nicht erwähne ; die Gesuchsteller hätten die dreimonatliche Zahlungsfrist nicht gekannt. Die Eisen bahuabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes pflichtet der Staatsanwaltschaft bei.

Die Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes hat bis zum Entscheid der Begnadigungsbehörde Strafaufschub gewährt.

Wie in den in der Dezembersession 1928 erledigten Fällen (Anträge 3 und 4 des I. Berichtes vom 13. November 1928, Bundesbl. II, 807/808) kann

807 den besonderen Umständen der vorliegenden Angelegenheiten Rechnung getragen werden, weshalb wir b e a n t r a g e n , es sei vom Vollzug der Umwandlungsstrafeu gnadenhalber abzusehen.

4. Jakob M e i s t e r , verurteilt am 28. März 1928 vom Bezirksgericht Winterthur zu Fr. 80 Busse.

Meister ist im Dezember 1927, an einem Sonntagmorgen, während einer Fahrt mit dem Automobil seines Arbeitgebers aus Übermüdung eingeschlummert und hat in der Folge in Winterthur einen Strassenbahnwagen angefahren.

Meister, der die Busse nachträglich hinterlegt hat, ersucht um Rückumwandlung der Gefängnisstrafe von 8 Tagen. Längere Arbeitslosigkeit, in der Zeit nach dem Urteilsspruch, habe die Bussenzahlung verzögert.

Der Strafvollzug gefährde die endlich erlangte Anstellung.

Der erste Staatsanwalt des Kantons Zürich beantragt, dem Gesuche zu entsprechen; es dürfe als sicher angenommen werden, dass Meister während längerer Zeit kein festes Einkommen gehabt habe. Die Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes befürwortet das Gesuch in Berücksichtigung der schweren Folgen, die der Vollzug der Umwandlungsstrafe für Meieter haben würde.

Die Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes hat bis zum Entscheid der Begnadigungsbehörde Strafaufschub gewährt.

Wir b e a n t r a g e n aus denselben Erwägungen, es sei auch in diesem Falle gnadenhalber vom Vollzug der Umwandlungsstrafe abzusehen.

5. Walter R y f , verurteilt am 3. Mai 1928 vom Obergericht des Kantons Solothurn zu einem Monat Gefängnis und, solidarisch mit einem andern, zu Fr. 5000 Entschädigung an die Zivilpartei. Die Kassationsbeschwerde hat das Bundesgericht abgewiesen (BGE 54, I, 293 ff.).

Ryf, ein zweiter Bursche und eine Tochter fuhren am 8. Mai 1927 mît einem Abendzug der Solothurn-Niederbippbahn nach Hause. Als die Tochter in Flumenthal ausstoigen wollte, hielten sie die beiden Bursehen, die auf der Plattform desselben Wagens standen, scherzweise an der Hand zurück. Ryf liess die Tochter in der Folge erst auf den zweiten Signalpfiff des Zugführers los, so dass sie den Wagen erst verlassen konnte, als der Zug bereits in Bewegung war. Sie fiel dabei so unglücklich, dass sie unter ein Rad geriet. Das linke Bein musste amputiert werden.

Für Ryf ersucht ein Anwalt um Erlass der Gefängnisstrafe. Zunächst wird
angebracht, die ergangenen Urteile seien in der Stafrechtsliteratur beanstandet worden (hierzu Schw. Z. St. R. 42, 77 ff.). Ferner wird geltend gemacht, Ryf werde zwecks Tilgung der Schadenersatzsumme jahrelang arbeiten müssen. Die Begnadigung trete an Stelle des bedingten Strafvollzuges, den die kantonalen Strafbehördeh zugebilligt hätten, sofern dies zulässig gewesen wäre. Für Einzelheiten verweisen wir auf die Eingabe selbst.

808

Ein Polizeibericht äuasert sich über Ryf, zurzeit in Biel, in günstiger Weise. Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn hält dafür, der Entscheid über das Begnadigungsgesuch solle davon abhangig gemacht werden, ob eine Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs erfolgt sei oder nicht; das Polizeidepartement .neigt letzterer Ansicht zu und beantragt, unter dieser Voraussetzung, Erlass oder Ermässigung der Gefängnisstrafe um die Hälfte. Die EisenbahnabteiJung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes schliesst sich dem Antrag aus Kommiserationsgründen an.

Die Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes hat bis zum Entscheid der Begnadigungsbehörde Strafaufschub gewährt.

Wir b e a n t r a g e n den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von fünf Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Ryf während dieser Zeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und die Schadenersatzsumme tilge. Die bei dem bedauerliehen Vorkommnis verunglückte Tochter ist bezeichnenderweise bereit, das Gesuch zu unterstützen. Ohne die Verantwortlichkeit Ryfs und des anderen, mit Fr. 80 Busse bestraften Burschen irgendwie herabmindern zu wollen, darf gesagt werden, dass sich die Gewährung der bedingten Begnadigung kommiserationsweise rechtfertigen lasst, namentlich bei ausdrücklicher Bezugnahme auf die Pflicht zur Tilgung der Schadenersatz* summe. So betrachtet, glauben wir im übrigen, es sei im Begnadigungswege von einer Erörterung der Gesetzesanwendung abzusehen.

6. Vinzenz G ö t s c h i , verurteilt am 17. Januar 1929 vom Bezirksgericht Zürich zu Fr. 50 Busse.

Im September 1928, an einem Sonntagnachmittag, ist das von Götschi gesteuerte Personenauto in Zürich mit einem Zug der Uetlibergbahn zusammengestossen, wobei am Zug ein Materialschaden von Fr. 143 entstand.

Für Götschi ersucht sein Verteidiger um Erlass der Busse. Hierzu wird auf den Verlauf des Strafverfahrens Bezug genommen und geltend gemacht, die Begnadigung sei als ^Korrektur des Urteils" gerechtfertigt, Der Bahnübergang weise ungenügende Warnungstafeln auf; in Wirklichkeit falle der Zusammenstoss nicht dem ortsunkundigen Götschi, sondern der Bahnverwaltung zur Last.

Der erste Staatsanwalt des Kantons Zürich beantragt Abweisung.

Mit der Eisenbahnabteilung des eidgenössischen
Eisenbahndepartementes b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Die Gesuchsanbringen wiederholen die Verteidigung im Strafverfahren. Das urteilende Gericht hat das ,,verhältnismässig leichte Verschulden" Götschis bei Ausmessung der Strafe genügend berücksichtigt. Die kantonale Staatsanwaltschaft bemerkt mit Recht, bei Eisenbahngefährdungen dürfe nicht durch milde Handhabung der Begnadigungspraxis der Eindruck erweckt werden, als handle es sich,

809 bei zufällig glimpflichem Ausgang, um Bagatellsachen. Die Bezahlung der massigen Busse fällt Götschi keineswegs schwer.

7. Paul Mayer, geb. 1904, Händler, Rheinfelden (Baden).

(Kontrolle der Ausländer.)

7. Paul M a y e r ist am 21. März 1928 vom Bezirksgericht Rhein* felden gemäss Art. 22 der Verordnung des Bundesrates über die Kontrolle der Ausländer vom 27. November 1921 zu 6 Tagen Gefängnis, verrechnet mit der Untersuchungshaft, und 10 Jahren Landesverweisung verurteilt worden.

Mayer, der lediglich eine Dauerpassierkarte im kleinen Grenzverkehr besass, hielt sich in fortgesetzter Weise in Rheinfelden (Schweiz) auf, wobei er bei seiner damaligen Verlobten und jetzigen Ehefrau wohnte. Ein Gesuch um Einreisebewilligung war vom Gemeinderat Rheinfelden abgewiesen worden.

Für Mayer ersucht ein Anwalt um Aufhebung der Landesverweisung; die erkannten zehn Jahre entsprächen den Verhältnissen in keiner Weise.

Das Verbot des Grenzübertrittes verunmögliche ihm die Tätigkeit als Händler.

Die Justizdirektion des Kantons Aargau beantragt Abweisung, mit dem Bemerken, falls die Landesverweisung nicht als Nebenstrafe ergangen wäre, so hätte sie administrativ verfügt werden müssen.

Da Art. 24, Abs. 3, der bundesräüichen Verordnung den ersten Abschnitt des Bundesstrafrechtes anwendbar erklärt, kann gefolgert werden, das urteilende Gericht sei zum Ausspruch der Landesverweisung zuständig gewesen. Abgesehen hiervon betrachten wir im Begnadigungswege mit der kantonalen Justizdirektion als massgebend, dass jedenfalls im heutigen Zeitpunkt zur Aufhebung der Verweisung nicht genügend Gründe vorliegen. Über die Person des Gesuchstellers geben die Akten nähere Auskunft.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung.

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Gustave Echenaid, geb. 1893, Landwirt, Jules Echenard, geb. 1897, Landwirt, beide in Aigle (Waadt), Ferdinand Waiser, geb. 1908, Bäcker und Spezereihändler, Anna Walset, geb. 1901, Verkäuferin, beide Schaan (Liechtenstein).

(Zollvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen vom 1. Oktober 1925 sind verurteilt worden :

810 8. und 9. Gustave und Jules E c h e n a r d , gemäss Strafentsoheid der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30, Januar 1928 mit Fr. 1120 Busse bestraft.

In einer Oktobornacht des Jahres 1927 wurden bei Onnaz von zehn Personen zwei Stiere und acht Kühe in die Schweiz eingeschmuggelt.

Die Brüder Echenard liessen zu, dass die Tiere in ihrem Stall untergebracht und am folgenden Tage mit ihrer Herde zu Tal getrieben wurden.

Die beiden Echenard, die bis jetzt Fr. 392 entrichtet haben, ersuchen um Erlass des verbleibenden Bussenbetrages. Die Schmuggler hätten sie damals mit ihrem Ansinnen überrascht, zudem sei für den Fall der Verweigerung mit Racheakten zu rechnen gewesen. Als waadtländische Bauern seien sie mit den Gepflogenheiten der betreffenden "Walliser Talachaft nicht vertraut. Die hohe Busse gefährde ihren ganzen Viehstand.

Mit der Oberzolldirektion b e a n t r a g e n wir, die Busse von Fr, 1120 derart zu ermässigen, dasa nach Abzug der Teilzahlungen von Fr. 392 noch, abgerundet, Fr. 200 zu tilgen bleiben ; damit sei die Bedingung zu verbinden, die Fr. 200 bis Ende August zu entrichten. Die Verumständungen des Schmuggelfalles und die persönlichen Verhältnisse der Gesuchsteller lassen eine Bussenermässigung zu.

10. und 11. Ferdinand und Anna W a i s e r , gemäss Strafentscheid der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 10. September 1928 mit Franken 1258.40 gebüsst. Eine Beschwerde hat der Bundesrat am 30. Oktober 1928 abgewiesen.

Waiser, Ferdinand, hat von Schmugglern für seinen Spezereiladen 85,6 kg Schnupftabak bezogen ; die nähere Bestellung war Sache der Schwester.

Die Geschwister Waiser ersuchen um Erlass des noch nicht bezahlten Bussenteils. Einer der Schmuggler habe die Ware geradezu aufgedrängt; dass ihr Ankauf strafbar sei, hätten die Geschwister nicht gewusst. Die beiden seien finanziell schlecht gestellte Geschäftsanfänger.

Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion b e a n t r a g e n wir Abweisung. Bis anhin hat einzig Waiser Anna eine Teilzahlung von Fr. 100 geleistet. Es handelt sich um einen schwereren Schmuggelfall. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Gesuchsbehandlung besteht gemäss Art. 32 des Zollvertrages mit Liechtenstein.

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Alois Wirthlin, geb. 1913, Landarbeiter, Möhlin (Aargau), Philipp Müller, geb. 1887, Landwirt, vormals Unterkulm (Aargau), Lina Müller, geb. 1894, Ehefrau des Philipp, Rosette Marti, geb. 1885, Ehefrau des Jakob, Othmarsingen (Aargau), Julius Steinacher, geb. 1893, Landwirt, Gansingen (Aargau),

811 17. Joseï Binkert, geb. 1891, Landwirt, Leuggern (Aargau), 18. Ludwig Schneider* geb. 1883, Bäcker, vormals Disentis (Graubünden).

(Lebensmittelpolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und G-ebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 und zudienenden Ausführungsbestimmungen sind verurteilt worden : 12. Alois Wir t h l i n, verurteilt am 14. November 1928 vom Bezirksgericht Rheinfelden zu 4 Tagen Gefängnis und Fr. 150 Busse.

Wirthlin, der im Betrieb der verwitweten Mutter das Vieh zu besorgen hatte, goss der Milch am 3. Oktober 1928 einen halben Liter Wasser zu, um die sonst übliche Menge abzuliefern.

Die Mutter dos Verurteilten ersucht um Erlass von Gefängnisstrafe und Busse. Wirthlin sei geistig zurückgeblieben.

Der Gemeinderat Möhlin äussert sich über die Familienverhältnisse in günstiger Weise. Das Schulinspektorat gibt die Durchsehnittsnoten des kürzlich der Schule Entlassenen bekannt.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir ausnahmsweise den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe, so dass es bei der Busse sein Bewenden hat. Die besonderen Umstände der Angelegenheit, die in Betracht fallenden Eigenschaften des jugendlichen Täters machen unsern Antrag verständlich.

13. und 14. Philipp M ü l l e r und Lina M ü l l e r , verurteilt am 16. November 1928 vom Obergericht des Kantons Aargau, wie folgt: Philipp Müller zu Fr. 100 Busse, Lina Müller zu 6 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Die aus dem Betrieb der Eheleute Müller gelieferte Milch ist in der ersten Hälfte des Jahres 1928 während längerer Zeit stark verwässert worden. Während die Eltern behaupteten, der zwölfjährige Knabe habe die Wässerung ohne ihr Wissen betrieben, gelangte das Obergericht des Kantons Aargau zum Ergebnis, Frau Müller habe hierbei die Hand im Spiel gehabt und dem Ehemann falle jedenfalls fahrlässiges Inverkehrbringen verfälschter Milch zur Last.

Für die Eheleute Müller ersucht ein Anwalt um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Strafen. Von zehn Kindern sei das älteste siebzehnjährig, zudem befinde sich die körperlich erschöpfte Ehefrau in andern Umständen. Der Vollzug der Freiheitsstrafe könne ihr gegenüber nicht verantwortet werden. Den armen Leuten falle auch die Entrichtung der Bussen unverhältnismässig schwer.

Das Bezirksgericht Kulm überlässt die
Entscheidung den zuständigen Behörden. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau hält dafür, dass die Eheleute Müller die Begnadigung an sich nicht verdienen; ob ihre Verhältnisse die Massnahme rechtfertigen, wird oSen gelassen, immerhin mit

812 dem Beifügen, der gänzliche Straferlass könne wohl kaum gewährt werden.

Das kantonale Obergericht hat gegen eine Begnadigung nichts einzuwenden, sofern die Gesuchsan bringen sich bestätigen.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt, das in Berichten vom S.Februar und 25. März Stellung nimmt, b e a n t r a g e n wir bei Lina Müller den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von 6 Tagen unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass die Gesuchstellerin während der Probezeit kein weiteres vorsätzliches Vergehen verübe. Die Gesuchsanbringen führten uns dazu, durch Vermittlung der Behörden des Kantons Solothurn am neuen Wohnsitz der Eheleute eingehende Erbebungen machen zu lassen. Der Oberamtmann von Ölten- Gösgen begründet in längerem Bericht den Antrag, bei Lina Müller die Gefängnisstrafe zu erlassen, dagegen auf der Bezahlung der beiden Bussen zu beharren, und das Polizeidepartement des Kantons Solothurn empfiehlt wohlwollende Prüfung dieser -Vorschläge. Zusammenfassend ergibt sich ein derart Mitleid erregender Zustand der Lina Müller, dass sich der bedingte Erlass der Gefängnisstrafe geradezu aufdrängt. Für Einzelheiten verweisen wir auf den Bericht selbst.

Hinsichtlich der Bussen halten wir ohne weiteres dafür, dass sie zu belassen seien, wie schwer auch den Verurteilten die Zahlung fallen möge.

15. Rosette M a r t i , verurteilt am 17, Januar 1929 vom Bezirksgericht Lenzburg zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 300 Busse.

Den am 3. Dezember 1928 aus dem Betriebe Martis in die Käserei gelieferten 38 Litern Milch waren nahezu dreieinhalb Liter Wasser zugesetzt. Die Ehefrau gab die Wässerung im Strafverfahren zu. Um den beim Kochen übergelaufenen Teil der Milch zu ersetzen, habe sie im Stall neue geholt und hierbei den mit Wasser gefüllten Hafen versehentlich in die Milchbrente entleert; das urteilende Gericht hat diese Darstellung als unglaubhaft abgelehnt.

Frau Marti ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe. Die ihr heute noch unerklärliche Handlungsweise sei auf die völlig zerrüttete Gesundheit zurückzuführen. Der bedenkliche Zustand, nämlich schwere Nervenkrankheit, fortgesetzte Schlaflosigkeit und daherige Depressionen, sowie die bestehende Schwangerschaft seien dermalen geeignet, den Erlass der Gefängnisstrafe zu
begründen. Die Busse und die Kosten sind bezahlt.

In den Akten befindet sich ein Arztzeugnis. Der Gemeinderat von Othmarsingen erachtet Frau Marti als der Begnadigung würdig; was sie gelitten habe, sei Strafe genug. Das Bezirksgericht von Lenzburg kann das Gesuch nicht befürworten ; die offensichtlich unwahr geschilderte Milchwässerung sei aus Geldgier erfolgt.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt beantragen wir Abweisung.

Die Frage geht dahin, ob allenfalls aus ähnlichen Erwägungen wie bei

813

Lina Millier die bedingte Begnadigung zu gewähren sei. Der Vergleich der beiden Fälle ergibt jedoch von vornherein, zuungunsten der Rosette Marti, dass ärmliche Verhältnisse hier nicht vorliegen. Ferner wird die Darstellung der gesundheitlichen Verhältnisse als offenbar übertrieben bezeichnet. Bei dieser Sachlage kann es den Kantonebehörden anheimgestellt bleiben, nötigenfalls Strafaufschub zu gewähren.

16. Julius S t e i n a c h e r , verurteilt am 12. Juli 1928 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 40 Busse.

Die aus dem Betriebe Steinachers stammende Milch vom 2. Mai 1928 wies einen Wasserzusatz von ca. 16 °/o der ursprünglichen Vollmilch auf.

Steinacher ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Wie im Strafverfahren macht er geltend, die Wässerung sei ohne sein Zutun erfolgt; die bezahlte Busse nebst Kosten im Betrag von Fr. 90.40 sei Sühne genug. Ferner erwähnt er die Angelegenheit eines andern, der infolge rechtzeitiger Einsprache straflos davon gekommen sei. Er selbst habe die Einsprache bloss unterlassen, weil er sich keiner Schuld bewusst gewesen sei und die Sache für geringfügig gehalten habe.

Laut Bericht der Gemeindekanzlei Gansingen ist Steinacher gut beleumdet; er lebt mit seiner Familie in ärmlichen Verhältnissen. Das urteilende Gericht kann die Begnadigung nicht empfehlen.

Mît dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir Abweisung. Wie das urteilende Gericht neuerdings betont, ist Steinacher wegen vorsätzlicher Milchwässerung verurteilt worden, was unseres Erachtens für die Begnadigungsbehörde massgebend ist. Über die in derartigen Angelegenheiten gebotene Zurückhaltung haben wir uns letztmals im H. Bericht für die Dezembersession 1928 geäussert (Antrag 99 des II. Berichtes vom 27. November 1928, Bundesbl. II, 993/994).

17. Josef B i n k e r t , verurteilt am 19. Dezember 1928 vom Bezirksgericht Zurzach zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Die aus dem Betriebe Binkerts stammende Milch vom 31. Oktober 1928 wies einen Wasserzusatz von 9,« °/o auf.

Binkert ersucht zwecks Begnadigung um Nachprüfung des Urteils.

Wie im Strafverfahren stellt er eine vorsätzliche Verfälschung in Abrede ; diese sei ihm unerklärlich und auf irgendeinen Zufall zurückzuführen.

Er sei ohne Vorstrafe. Bei den bescheidenen Verhältnissen seien auch die finanziellen
Auswirkungen des Urteils besonders schwer.

Der Gemeinderat von Leuggern befürwortet das Gesuch. Das urteilende Gericht erklärt, nicht Stellung zu nehmen.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir Abweisung, Wir beziehen uns auf die Urteilserwägungen, wo das Gericht den Beweis ale schlüssig bezeichnet, und unsere Hinweise zum Abweisungsantrag im vorstehenden Falle Steinacher.

814 18. Ludwig S c h n e i d e r , verurteilt am 7. August 1928 vom Kreisgericht Disentis zu Fr. 50 Busse.

Bin irn Konsumladen Disentis gekauftes Brot, das aus der von Schneider betriebenen Bäckerei stammte, wies ein Mindergewicht von 200 g auf.

Schneider ersucht um Erlass der Busse. Wie im Strafverfahren macht er geltend, der damalige, geistig zurückgebliebene Brotverträger habe da8 Brot eines Selbstverbrauchers mit einem Ladenbrot verwechselt und im Laden bei den letzteren eingereiht. Dass er für den Irrtum eines bedauernswerten Jungen zur Rechenschaft gezogen werde, bedeute eine Ungerechtigkeit; als Bürger eines andern Kantons habe er im Kanton Graubünden viel Neid und Hass erfahren.

Das Kreisamt Disentis und das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden beantragen Abweisung.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir des gleichen Abweisung. Laut Urteil hat Schneider selbst der Konsumverkäuferin eine Anzahl Brote, darunter das mindergewichtige, ausgehändigt; dass dies versehentlich erfolgt und auf die unrichtige Einreibung des Brotes durch den Laufburschen zurückzuführen sei, mag zutreffen. Das Kreisgericht macht jedoch geltend, der Bäcker, der Kundenbrot mit besonderem Gewicht herstelle, habe dafür zu sorgen, dass Verwechslungen ausgeschlossen seien, eine Erwägung, gegen die offenbar nichts einzuwenden ist (hierzu BGE 42, I, S. 236). Im übrigen bestehen, wie der Bericht des Kreisamtes Disentis ergibt, keine besonderen Begnadigungsgründe.

19. Friedrich Brechbühl, geb. 1867, Handelsmann, Ölten (Solothurn), 20. Hans Arber, geb. 1892, Fischhändler, Reinach (Aargau), 31. Alfred Käppeli, geb. 1892, Fischhändler, Wasterkingen (Zürich).

(Verkehr mit Fleisch.)

Gemäss der Verordnung betreffend das Schlachten, die Fleischschau und den Verkehr mit Fleisch und Fleischwaren vom 29, Januar 1909 sind verurteilt worden: 19. Friedrich B r e c h b u h l , verurteilt am 14. Mai 1928 vom Amtsgericht Olten-Grösgen gemäss Art. 48 der Verordnung in Verbindung mit Art. 37 des Lebensmittelpolizeigesetzes zu Fr. 50 Busse.

Brechbühl hat am 5, April 1928 auf dem Wochenmarkt in Ölten verdorbene, ungeniessbare Fische feilgeboten. Eine Familie, die ihm eine Woche vorher Fische abgenommen hatte, erkrankte nach deren Genuss in ernstlicher Weise.

Brechbühl stellt das Gesuch um Brlass der Busse. Bei seinem Alter und dem ungenügenden Verdienst könne er Busse und Kosten nicht auf-

815 bringen. Verschiedene Schicksalsschläge hätten ihn zurückgebracht. Er sei ohne Vorstrafe.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 10 oder 20 ; die Restbusse mit dem Kostenbetrag von Fr. 26.10 belaste Brechbühl noch schwer genug. Der Gesuchsteller, der seit 29 Jahren mit Fischen handle, habe sich zweifellos fahrlässig verhalten, weshalb das gerichtliche Urteil gerechtfertigt sei. Komraiserationsweise dürfe jedoch die äusserst missliche Lage des älteren Mannes einigermassen berücksichtigt werden, namentlich da Nachteiliges über ihn sonst nicht bekannt sei. Das eidgenössische Veterinäramt sehliesst sich dem Antrag des Polizeidepartementes an.

Obschon die Verfehlungen Brechbühls keineswegs leicht zu nehmen sind, besonders im Hinblick auf die eingetretenen Erkrankungen von Personen, b e a n t r a g e n wir bei den misslichen Verhältnissen des Gesuchstellers Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Die Gesuchsbeilagen ' und erläuternden Mitteilungen des kantonalen Polizeidepartementes ergeben, dass bei Brechbühl in persönlicher Hinsicht ein weitgehendes Entgegenkommen nahe liegt.

20. Hans A r b e r , verurteilt am 6. November 1928 vom Bezirksgericht Kulm gemäss Art. 23 der Verordnung und 41 des Lebensmittelpolizeigesetzes zu Fr. 20 Busse, Arber hat im Kanton Aargau mit Fischen hausiert.

Für Arber ersucht ein Rechtsanwalt um Erlass der Busse. Arber habe das Hausieren gemäss jahrzehntelanger Übung der Fischhändler für erlaubt gehalten. Die Fische seien dem Fleischschauer vorgewiesen worden ; mehr könne man nicht verlangen.

Das Bezirksgericht Kulm empfiehlt das Gesuch.

Mit dem eidgenössischen Veterinäramt b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Die Direktion des Gesundheitswesens des Kantons Aargau bestätigt, auf besondere Anfrage hin, dass der Kanton Ausnahmen vom bundesrechtlichen Verbot des Hausierens mit Fleisch, wozu er befugt wäre, nicht gestattet. Die Rechtsprechung der erstinstanzlichen Gerichte ist allerdings hierin unseres Wissens nicht einheitlich, weshalb die Entscheidung der Rechtsfrage durch das aargauische Obergericht zu begrüssen wäre. Arber ist der ordentliche Rechtsmittelweg offen gestanden. Im übrigen bezeichnet das urteilende Gericht die Busse als gelinde, wobei es bei der vorhandenen Sach- und Rechtslage sein Bewenden haben sollte.

21. Alfred
K a p p e lì, verurteilt vom Bezirksgericht Zurzach wie folgt: am 16. Juni 1926 zu Fr. 15 Busse und am 24. Februar 1927 zu Fr. 25 Busse.

In tatbeständlioher Hinsicht liegt beiden Urteilen zugrunde, dass Käppeli in Lengnau mit Fischen hausiert hat.

816 Käppeli ersucht um Erlass der zwei Bussen, wozu er missliche Familienverhältnisse geltend macht.

Das urteilende Gericht enthält sieh einer Stellungnahme.

Mit dem eidgenössischen Velerinäramt b e a n t r a g e n wir Abweisung, Macht ein Kanton von der Befugnis zu Ausnahmen vom Hausierverbot keinen Gebrauch, so kann es nicht Sache der Bundesversammlung sein, Strafen im Begnadigungswege leichthin zu erlassen. Bei Käppeli sind zudem die weit zurückliegenden Urteile hervorzuheben, die Teilzahlungen längst ermöglicht hätten, auch bestehen Vorstrafen, Unter diesen Umständen sehen wir davon ab, auf das Tatbestandliche der Fälle näher einzutreten.

23. Magdalena Prey, geb. 1847, Hausfrau, Oberdorf (Solothurn).

(Tierseuchenpolizei.)

22. Magdaleua Fre j ist am 18. Juli 1928 vom Amtsgericht SolothurnLebern wegen Verkaufs eines Pferdes ohne Gesundheitsschein gemäss Art. 48 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen zu Fr. 5 Busse und Fr. 18. 50 Kosten verurteilt worden. Die Busse ist dermalen in einen Tag Gefängnis umgewandelt.

In Zustimmung zum Regierungsrat des Kantons Solothurn b e a n t r a g e n wir, der betagten Frau, deren persönliche Verhältnisse den Akten entnommen werden können, die Umwandlungsstrafe zu erlassen.

23. Sani Goldberg, geb. 1878, polnischer Staatsangehöriger, Reisender, Bern.

(Unbefugter Prämienloshandel.)

23. Saul G o l d b e r g ist gemäss.Bundesgesetz betreffend die Lotterien usw. vom 8. Juni 1923 wie folgt verurteilt worden : am 30. März 1928 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern zu Fr. 250 Busse; am 25. September 1928 vom Zuchtgericht des Sensebezirkes zu Fr. 100 Busse.

Dem ersten Urteil liegt die Vermittlung eines Verkaufs von Prämienlosen zugrunde, dem zweiten der Versuch, einem Ehepaar unter täuschenden Angaben einen grösseren Posten Prämienlose abzulocken.

Goldberg, der an die Bussen und Kosten Fr. 90 bezahlt hat, ersucht um Erlass oder doch Ermässigung der Restbussen. Die Verdienstverhältnisse seien seit längerer Zeit äusserst schlecht, so dass er seinen Verpflichtungen nur mit Hilfe der Kinder einigermassen nachkommen könne.

Krankheiten hätten ihn ebenfalls zurückgebracht. Die gänzliche Bussentilgung sei ausgeschlossen.

817

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Gerichtspräsident des Sensebezirkes, die Polizeidirektionen der Kantone Bern und Freiburg beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Richtigerweise hätte Goldberg in einem einzigen Verfahren beurteilt werden sollen ; die getrennt ergangenen Bussen sind jedoch im Ausmass keineswegs übersetzt. Goldberg ist vorbestraft. Das hier in Betracht fallende Winkelagententum verdient keine Rücksicht.

24. August Malier, geb. 1875, Saufmann, Zürich.

(Patenttaxengesetz.)

24. August M ü l l e r ist am 11. September 1928 vom Bezirksgericht Kulm gemäss Bundesgesetz betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 zu Fr. 20 Busse verurteilt worden.

Müller hat bei Privaten Bestellungen auf Kleiderstoffe aufgenommen bzw. aufzunehmen gesucht, ohne die Ausweiskarte zu besitzen.

Müller hat die kantonale Polizeidirektion dur Verurteilung vorgängig ersucht, von einer Busse abzusehen. Die in der Folge als Begnadigungsgesuch behandelte Zuschrift betont u, a., Müller habe am Orte seiner Schulzeit bei Jugendfreunden vorgesprochen; es handle sich um einen kurzen Besuch, mit dem er dann Geschäfte verknüpft habe.

Das Bezirksgericht Kulm stellt die Behandlung der Sache der Begnadigungsbehörde anheim.

Mit der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes b e a n t r a g e n wir Abweisung. Müller hat, wie er zugibt, das Bundesgesetz wissentlich umgangen. Mit dem nachträglichen Verzicht auf die Taxerhebung ist den Verhältnissen Rechnung getragen worden.

25. Magdalena Matti, geb. 1867, Landwirtin, Zweisimmen (Bern), 36. Jakob Möller, geb. 1879, Landwirt, Zweisimmen (Bern), 27. Ferdinand Mathys, geb. 1877, Landwirt, Alchenstorf (Bern), 28. Numa Jeandupeux, geb. 1886, Wirt, Tramelan (Bern).

(Forstpolizei.)

Gemäss Art. 46, Ziff. 7, des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, in der ·durch Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1923 erhaltenen Fassung, sind verurteilt worden: 25. Magdalena Matti, verurteilt am 24. September 1928 vom Gerichtspräsidenten von Obersimmental zu Fr. 140 Busse,

818 Frau Matti hat in ihrem Schutzwald ohne Bewilligung 21 Tannen im Halte von 28 m8 schlagen lassen. Das Holz wurde einem Schreiner abgetreten, an Stelle von Lohn für Arbeit, Frau Matti ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Busse. Sie erörtert die baulichen Reparaturen und die Vereinbarung mit dem Schreiner. Es sei ihr von dritter Seite ausdrücklich gesagt worden, sie benötige keine Schlagbewilligung. Die persönlichen Verhältnisse seien bescheiden.

Der Gemeiuderat TOD Zweisimmen befürwortet das Gesuch. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes beantragt aus Konsequenzgründen Abweisung. Das Forstamt IV beantragt den Erlass eines Drittels, der Forstmeister des Oberlandes, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern Erlass der Buasenhälfte.

Nach den Akten handelt es sich um eine Witwe, die hier schlecht beraten worden ist und deren Bevormundung in Erwägung steht. Bei den ganz besonderen Verhältnissen des Falles b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Ermässigung der Busse um die Hälfte, mithin bis Fr. 70.

26. Jakob Müller, verurteilt am 24, September 1928 vom Gerichtspräsidenten von Obersimmental zu Fr. 90 Busse.

Müller hat im Winter 1927/28 in seinem Schutzwald ohne Bewilligung 24 Tannen im Halte von 31 m8 geschlagen und hiervon 18m* verkauft, Müller ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass oder doch Ermässigung der Busse. An Stelle des verkauften Holzes habe er später zum Eigenbedarf anderes hinzugekauft, Übungsgemäss sei dies zu berücksichtigen. Aus dem Verkauf drohe ihm zudem beträchtlicher Schaden.

Der G-emeinderat von Zweisimmen befürwortet das Gesuch, wogegen der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die Forstbehörden und kantonalen Regierungsdirektionen einhellig Abweisung beantragen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung, Wir erwähnen neuerdings, wie im I.Bericht für die Dezembersession Ì928, die Hinweise der Kantonsbehörden betreffend Schwierigkeiten in der Handhabung der Forstpolizei.

Gesuche wie das vorliegende sollten unterbleiben.

27. Ferdinand M a t h y s , verurteilt am 24. Februar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Burgdorf zu Fr. 500 Busse.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Mathys ist von der Bundesversammlung
in der Junisession 1928 antragsgemäss abgewiesen worden (Antrag 95 des II. Berichtes vom 15. Mai 1928, Bundesbl. II, 92), Dia Busse betrifft einen unbewilligten Kahlsehläg.

819 Mathys, der inzwischen in Teilzahlungen Fr. 250 entrichtet hat, ersucht in einem zweiten Gesuch um Erlass der Bussenhälfte; die Gesuchsbegrllndung ist im wesentlichen eine Wiederholung früherer Anbringen.

Die Kantonsbehörden erneuern ihre früheren Anträge, d. h. der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet den Erlass der Fr. 250, die Forstbehörden und kantonalen Regierungsdirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung auch des Wiedererwägungsgesuches. Die einlässlichen Erhebungen über die Vermögensverhältnisse des Gesuchstellers bestätigen, dass ihm die ratenweise Bezahlung des ganzen Bussenbetrages zugemutet werden kann. Darüber, dass es sich um eine schwere Übertretung der Forstpolizei handelt, kann kein Zweifel bestehen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen der Kantonsbehörden Bezug genommen.

28. Numa J e a n d u p e u x , verurteilt am 26. Juli 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu Fr. 900 Busse.

Jeandupeux hat in dem zu Dritt in der Gemeinde Ocourt erstandenen Schutzwald 180 m 3 über die bewilligte Holzmenge hinaus schlagen lassen.

Jeandupeux ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass oder doch Ermässigung der Busse. Diese sei übermässig hoch. Er habe Familienlasten und trage schwer an den Folgen der Unterstützung eines Bruders.

Der Gemeinderat von Tramelan befürwortet das Gesuch. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt den Erlass eines Drittels.

Der Kreisoberförster, der Forstmeister des Jura, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Da es sich nach den Akten um ein Spekulationsgeschäft handelt, b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei ohne weiteres, das Gesuch abzuweisen.

29. Gottfried Elsasser, geb. 1871, Küfer, Unterkulm (Aargau), 30. Frédéric Berger, geb. 1879, Säger, Baulmes (Waadt), 31. Christian Sprunger, geb. 1880, Pächter, Courgenay (Bern), 32. Ernst Hug, geb. 1896, Nagelschmied, Sulz (Aargau), 33. Charles Bonny, geb. 1893, Fischer, Chevroux (WaaHt).

(Fischereipolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888 sind verurteilt worden: 29. Gottfried E l s a s s e r , verurteilt am 23. Oktober 1928 vom Bezirksgericht Kulm zu Fr. 50 Busse.

820

Elsasser hat in ein Bächlein, nahe der Mündung in ein Fischgewässer, Obattrester geworfen.

Elsasser ersucht iu nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Busse. Die einschlägigen Vorschriften seien ihm unbekannt gewesen.

Sein Verhalten entspreche dem allgemeinen Brauch. Die Busse gei für ihn keine Kleinigkeit.

Das urteilende Gericht befürwortet die Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 20.

In Würdigung der Akten und Urteilaerwägungen, sowie früherer, ähnlich gearteter Angelegenheiten b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

30. Frédéric B e r g e r , am 23. Juli 1928 vom Stellvertreter des Préfet von Orbe mit Fr. 200 Busse belegt.

Berger hat im Juli 1928 das Wasser eines Baches in seinen Sägereikanal und von dort zum grossen Teil auf seine Wiesen abgeleitet, ohne den Fischereiberechtigten benachrichtigt zu haben. Die Forellen des Fischgewässers gingen zugrunde.

Berger ersucht um Erlass der Busse. Er habe sich in keiner Weise verfehlen wollen. Er sei Vater von neun Kindern.

Der Polizeibericht bestätigt die Gesuchsanbringen. Der Préfet von Orbe befürwortet Herabsetzung der Busse bis Fr. 50, Die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt empfiehlt mindestens den teilweisen Erlass.

Das kantonale Justiz- und Polizeidepartement beantragt Herabsetzung bis Fr. 50.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Ein weitgehender Teilerlass ist nach den Verumständnngen des Falles angezeigt. Die zur Erörterung gebrachte Rechtsfrage, ob verbotenes Trockenlegen eines Fischgewässers (Art. 31, Ziffer 2) nur vorliege, wenn das Trockenlegen zum Zwecke des F i s c h f a n g e s erfolge, ist nach Auffassung der Bundesbehörden zu verneinen. Wer zu andern Zwecken trocken legt und hierbei die Ordnungsvorschriften des Art. 7, im zweiten Satz, missachtet, macht sich ebenfalls strafbar. Die Gerichtspraxis wendet allerdings in diesen Fällen vereinzelt bloss Art. 31, Ziffer l, an, mit der Mindestbusse von Fr. 5 (hierzu ZBJV 45, 451).

1l. Christian S p r u n g e r verurteilt am 6. September 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu Fr. 30 Busse, berichtigt in Fr, 50.

Sprunger hat im Juli 1928 das Wasser
der Allaine auf seine Wiesen abgeleitet, ohne den Fischereiberechtigten zu benachrichtigen. Eine grosse Anzahl Forellen ging zugrunde.

Sprunger ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der

821 Busse. Der Fischereiberechtigte sei mit Fr. 40 entschädigt worden. Die Busse sei übersetzt. Sprunger habe für zwölf Kinder zu sorgen.

Der Gemeinderat von Courgenay befürwortet das Gesuch, wobei er die Busse als ungerecht bezeichnet. Der Regierungsstatthalter empfiehlt das Gesuch ebenfalls. Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt Abweisung, die Polizeidirektion Erlass der Hälfte.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Es handelt sich um eine bedeutende Schädigung des Fischbestandes.

32. Ernst Hug, verurteilt am 10. Januar 1929 vom Bezirksgericht Laufenburg zu Fr. 50 Busse.

Hug hat aus einem Jaucheloch Jauche in einen Bach uberfliessen lassen, wodurch eine grössere Anzahl Fische vergiftet worden ist.

Hug ersucht um Erlass der Busse, deren Entrichtung ihm infolge von Krankheit in der Familie und der anderweitigen Familienlasten schwer falle.

Das urteilende Gericht befürwortet den teilweisen Bussenerlass.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung. Das Urteil spricht bezeichnenderweise von einem eigentlichen Fisehsterbet, und es steht fest, dass Hug während längerer Zeit unterliess, die Jauchegrube zu entleeren.

Die Mindestbusse ist hier erträglich.

33. Charles B o n n y , am 19. Juli 1928 vom Préfet von Payerne gemäss den Art. 5, Ziffer 4, und 31, Ziffer 2, des Bundesgesetzes, in Verbindung mit dem Konkordat für die Fischerei im Neuenburgersee, mit Fr. 400 Busse belegt.

Bonny hat die Netzfischerei in verbotener Weise betrieben.

Bonny ersucht um Ermässigung der Busse, wozu er im wesentlichen auf die durch seine Krankheit entstandene, missliche Lage und die Familienlasten Bezug nimmt. Da die Fischerei derart wenig eingebracht habe, arbeite er dermalen als Taglöhner.

Der Préfet von Payerne und das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt beantragen Ermässigung der Busse bis Fr. 100.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir, in Berücksichtigung der Gesuohsanbringen, ebenfalls Herabsetzung der Busse bis Fr. 100.

34. Christian Schwitzgebel, geb. 1877, Bäcker, damals Gstaad (Bern), 35. Christian Blatter, geb. 1878, Landwirt, Habkern (Bern), 36. Karolina Kunz, geb. 1862, Hausfrau, Vilters
(St. Gallen), 37. Anton Geeler, geb. 1854, Holzarbeiter, Berschis (St. Gallen), 38. Otto Hofer, geb. 1910, Lehrling, Jegenstorf (Bern), Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. I.

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822 39.

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Albert Python, Stationsvorstand, Albert Bangerter, Buchhalter, beide in 8t. Ursanne (Bern), Ernst Läderach, geb. 1877, Landwirt, Oberdiessbaeh (Bern), Pierre Junod, geb. 1895, Handlanger, Armand Mermod, geb. 1880, Tischler, beide in La Sagne (Waadt), Marcel Vauclair, geb. 1906, Bure (Bern), Ernst Blaser, geb. 1889, Säger, Vicques (Bern), Albert Schmid, geb. 1867, Obergärtner, Hilterfingen (Bern), Hermann Kollbrnnner, geb. 1895, Hilfsarbeiter, Dettenried-Weisslingen (Zürich), Paul Kissling, geb. 1910, Hotelangestellter, Matten (Bern), : Fritz Strahm, geb. 1899, Landwirt, Sumiswald (Bern), Paul Schlunegger, geb. 1904, Kupferschmid, Matten (Bern), Linus Zosso, Landwirt, Schmitten (Freiburg), Hermann Müller, geb. 1897, Maschinist, Bruggen (St. Gallen), Gottfried Hirschi, geb. 1886, Landwirt, Rohrbachgraben (Bern), Theophil Karrer, geb. 1882, Steinhauer, Röschenz (Bern), Gottfried Hühnli, geb. 1895, Portier, Beatenberg (Bern), Josef Mattle, geb. 1903, Zimmermann, Rüthi (St. Gallen), Joseï Emmenegger, geb. 1895, Landwirt, Flühli (Luzern), Albert Baumgartner, geb. 1903, Johann Baumgartner, geb. 1910, beide Landwirtssöhne, Bernhardszell (St. Gallen), Leonhard Mächler, geb. 1905, Walkmeister, Hätzingen (Glarus), Gottfried Flury, geb. 1912, Fabrikarbeiter, Matzendorf (Solothurn), Anton Keller, geb. 1905, Landwirt, Kirchberg (St. Gallen).

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 bzw. dem früheren Bundesgesetz vom 24. Juni 1904 sind verurteilt worden: 34. Christian Sch witzgebel, verurteilt am 12. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Saanen gemäss Art. 42, Abs. l, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Schwitzgebel hat zu zweit in Banngebiet gejagt. Beim Verstecken der Flinte zerschoss er sich nach der Jagd zwei Finger der rechten Hand und verletzte sich ausserdem ernstlich am rechten Fuse.

Der urteilende Richter stellt von sich aus den Antrag, Schwitzgebel in Berücksichtigung der schweren Folgen seiner Verstümmelung gänzlich

823

zu begnadigen. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionon empfehlen die Herabsetzung der Busse bis Fr. 50; vom gänzlichen Erlass sei Umgang zu nehmen, da Schwitzgebel bei seiner Abhörung unwahr ausgesagt habe.

Kommiserationsweise, namentlich da der in ärmlichen Verhältnissen lebende, nunmehr dauernd beeinträchtigte Schwitzgebel für acht uuerwachsene Kinder zu sorgen hat, b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei den gänzlichen Erlass der Busse.

35. Christian B l a t t e r , verurteilt am 16. Februar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art, 5, lit. b, und 21, Ziffer 4, lit. c, des früheren Bundesgesetzes von 1904 zu Fr. 50 Busse.

Blatter hat im Jahre 1925 einen ausgestopften Birkhahn und eine ausgestopfte Birkhenne erworben.

Blatter ersucht um Erlass der Busse. Er habe einem Jäger zum Lösen des Patentes Fr. 20 vorgeschossen, mit dem Auftrag, wenn er einen schönen Vogel schiesse, solle er diesen für ihn ausstopfen lassen. Im Juni 1925 seien ihm die beiden Tiere vom Präparator unvermutet zugeschickt worden. Er habe keinerlei Zuwiderhandlung begehen wollen.

Der Gerichtspräsident und der Regierungsstatthalter von Interlaken, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen befürworten einhellig die gänzliche Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen den gänzlichen Erlass der Busse. Die von der kantonalen Forstdirektion vertretene, vom eidgenössischen Oberforstinspektor abgelehnte Auffassung, dass sich Blatter überhaupt nicht strafbar gemacht habe, mag in anderer Sache durch richterlichen Entscheid abgeklärt werden.

36. Earolina K u n z , verurteilt am 30. August 1927 durch Straferkenntnis des Bezirksammanns von Sargans gemäss den Art. 40, Abs. 2 und 48, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Frau Kunz hat von einem Frevler Fuchsfleisch angenommen.

Frau Eunz ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Busse. Eine Gesetzesübertretung sei ihr ferne gestanden. Als arme, ältere Frau könne sie die Busse nicht aufbringen, so dass ihr die Umwandlungsstrafe drohe.

Der Bezirksammann von Sargans befürwortet die möglichste Ermässigung der Busse, der III. Staatsanwalt des Kantons St. Gallen und das kantonale Justizdepartement beantragen Herabsetzung bis
Fr. 20.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

37. Anton G e e l e r , verurteilt am 6. April 1927 vom Kantonsgericht des Kantons St. Gallen gemäss Art. 40, 48 und 56, Ziffer l, des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse.

824 Geeler hat im Jahre 1926 Fleisch einer gefrevelten Gemse, dessen unrechtmässige Herkunft ihm bekannt war, erworben, Der Sohn G-eelers ersucht für den Vater um Erlass der Busse. Es handle sich um einen 75 jährigen, invaliden Greis, der unterstützungsbedürftig sei.

Der Ortsverwaltungsrat von Berschis befürwortet das Gesuch. Der Bezirksammann von Sargans beantragt Herabsetzung der Busse. Die kantonale Staatsanwaltschaft empfiehlt das Gesuch ebenfalls, und das Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragt teilweise Begnadigung; für die Ausführungen der beiden Behörden wird auf die Akten verwiesen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bemerken wir, dass G-eeler als gewohnheitsmässiger Wilderer zu betrachten ist, weshalb die Abweisung seines Gesuches sich durchaus verantworten liesse. Da aber dem heute körperlich mitgenommenen Mann die Umwandlungsstrafe droht, mag unsertwegen kommiserationsweise der Antrag des Bezirksammanns übernommen werden. Auch sei einigermassen berücksichtigt, dass dem eigentlichen rückfälligen Jagdfrevler gegenüber die erstinstanzliche, dem gesetzlichen Mindestmass nicht entsprechende Busse von Fr. 200 rechtskräftig geworden ist.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

38. Otto H o f er, verurteilt am 7.-Januar 1929 vom .Gerichtspräsidenten von Fraubrunnen gemäss Art. 40 des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Hofer hat eine Misteldrossel abgeschossen.

Hofer ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass von Busse und Kosten. Die Misteldrossel trage in Obstgärten zur Verbreitung der Mistel bei.

Der Gemeinderat von Jegenstorf befürwortet das Gesuch, der urteilende Richter empfiehlt Herabsetzung der Busse bis Fr. 5, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen, desgleichen die eidgenössische Inspektion fiir Forstwesen, Jagd und Fischerei bis Fr. 20.

.Da es sich um einen Jugendlichen handelt, b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10.

39. und 40. Albert P y t h o n und Albert B a n g e r t e r , verurteilt am 26. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 45, Abs. 2, des Bundesgesetzes und kantonalen Vollzugsbestimmungen je zu Fr. 20 Busse.

Python und Bangerter haben zu Jagdzwecken Hunde verwendet, deren
Risthöhe das kantonalrechtlich bestimmte Mass überschritt.

Beide ersuchen in gemeinsamer Eingabe um Erlass der Bussen. Sie hätten wie andere die einschlägigen Bestimmungen nicht gekannt, zudem seien einzig sie verzeigt worden.

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Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet Herabsetzung der Bussen um die Hälfte, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung ; richtigerweise hätten Mindestbussen von Fr. 50 erkannt werden sollen.

41. Ernst Läderach, 1 verurteilt am T.Januar 1929 vom Gerichtspräsidenten von Konolfingen gemäss Art. 45 des Bundesgesetzes zu Fr. 20 Busse.

Laut Strafanzeige hat der Hund Läderachs wiederholt Rehe gejagt, Läderach ersucht um Erlass der Busse, wozu er den erlittenen Wildschaden geltend macht und die wiederholte Schonung junger Hasen betont.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen den Erlass der Busse.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Es dürfte richtiger sein, wie dies der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes nahelegt, einen allfälligen Wildschaden zu vergüten, als die nach den in Betracht kommenden Verhältnissen geringe Busse zu erlassen.

42. und 43. Pierre J u n o d und Armand M e r m o d , am 17. November 1928 vorn Préfet von Ste-Croix gemäss Art. 45, Abs. l und 2, des Bundesgesetzes und kantonalen Bestimmungen wie foltg gebüsst : Junod mit Fr. 50, Mermod mit Fr. 100 Busse.

Mermod, der mit Junod auf französischem Gebiet gejagt hatte, liess auf dem Rückweg hierseits der Grenze die mitgenommenen zwei Hunde jagen. Der Préfet behandelte Mermod und Junod als Mitschuldige.

Beide reichen Begnadigungsgesuche ein. Junod ersucht urn Rückgabe der bereits entrichteten Busse mit dem Hinweis, für die Hunde sei einzig Mermod verantwortlich gewesen. Letzterer ersucht um Ermässigung der als zu hoch bezeichneten Busse, Der Préfet von Ste-Croix und das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt beantragen, die Gesuche nicht in Betracht zu ziehen.

Wir b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bei Junod Nichteintreten, indem die Busse bezahlt ist, bei Mermod Abweisung. In Wirklichkeit ist einzig Art. 45, Abs. 2, des Jagdgesetzes übertreten worden, so dass an sich Mindestbussen von Fr. 20 möglich gewesen wären. Jedoch erwecken die Gesuchsteller, die wegen Jagdvergehens vorbestraft sind und deren Leumund zu wünschen übrig lässt,
im ßegnadigungsweg kein besonderes Interesse. Auf ein Gesuch, das eine bezahlte Busse betrifft, wird nach ständiger Praxis nicht eingetreten.

44. Marcel V a u c l a i r , verurteilt am 14. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

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Vauclair hat mit einem andern widerrechtlich gejagt.

Vauclair ersucht urn Herabsetzung der Busse. Er habe sich dem andern im Walde ohne Jagdabsicht angeschlossen. Die ganze Busse könne er unmöglich aufbringen.

Der Gemeinderat von Bure empfiehlt, die Busse mindestens zu ermässigen. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonalen Forstund Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Es handelt sich um eigentliches Wildern mit Hund und Flinten.

45. Ernst B l a s e r , verurteilt am 13. Oktober 1928 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg gemäss Art. 40, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 50 Busse.

Blaser ist wegen unberechtigten Erlegens eines Wildschweines verurteilt worden.

Für Blaser ersucht ein Anwalt um Erlass der Busse, Blaser habe statt der Busse eine Abschussprämie erwartet. Er lebe in ärmlichen Verhältnissen und habe für sechs Kinder aufzukommen.

Der Gemeinderat von Vicques befürwortet das Gesuch. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt, die Busse mindestens zu ermässigen. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung. Das Wildschwein ist auf offener Weide erlegt worden. Der Auffassung, Schwarzwild dürfte schlechthin abgeschossen werden, ist entgegenzutreten.

46. Albert S c h m i d , verurteilt am 29. August 1928 vom Gerichtspräsidenten von Thun gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Schmid hat ohne Befugnis eine Falle aufgestellt, um Krähen zu fangen.

Für Schmid ersucht ein Anwalt um Erlass oder doch Herabsetzung deiBusse. Im wesentlichen wird geltend gemacht, Schmid habe geglaubt, da ihm der Abschuss von Krähen innert der Marken der Liegenschaft erlaubt sei, dürfe er auch eine Falle stellen; die Schusswaffe könne er wegen eines lahmen Armes nicht mehr gebrauchen. Die Bezahlung der hohen Busse würde ihn sehr schwer treffen.

Der Gemeinderat von Hilterfingen, der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen einhellig Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

Mit der eidgenössischen Behörde für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Ein weitgehender Teilerlass ist nach den Umständen des Falles gerechtfertigt,

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um so mehr, als der Richter die Ziffer 2 des Art. 43 in ihrem zweiten Absatz hätte anwenden können, der als Mindestbusse Fr, 50 nennt.

47. Hermann K öl l b r u n n e r , am 20. Oktober 1928 vom Statthalteramt Pfäffikon gemäss Art. 40; Abs. l, des Bundesgesetzes mit Fr. 200 Busse belegt.

Kollbrunner hat aus einem zusammenlegbaren Flobertgewehr zwei Schüsse auf ein Reh abgegeben.

Für Kollbrunner ersucht die Ehefrau um Erlass der Busse. In glaubhaften Ausführungen tritt sie für Kollbrunner ein und macht im übrigen namentlich geltend, die Busse treffe die in äusserst bescheidenen Verhältnissen lebende Familie sehr schwer.

Der Polizeibericht bestätigt die Richtigkeit der Gesuchsanbringen.

Das Statthalteramt Pfäfnkon befürwortet den gänzlichen Erlass oder doch die Herabsetzung bis zu einem erträglichen Masse. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung bis Fr. 100.

Kommiserationsweise, namentlich in Berücksichtigung der Angaben des Polizeiberichtes, b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

48. Paul K i s s l i n g , verurteilt am 7. Dezember 1928 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss den Art. 42 und 43 des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Kissling hat im kantonalen Bannbezirk Bödeli bei Interlaken mit einem Flobert einen Hasen erlegt.

Für Kissling ersucht der Stiefvater um Herabsetzung der Busse, die nach den Umständen des Falles sehr hoch sei.

Der urteilende Richter und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten eine erhebliche Herabsetzung der Busse. Die kantonale Forstdirektion empfiehlt Herabsetzung bis Fr. 200, die Polizeidirektion bis Fr. 100, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bis Fr. 150.

Angesichts der Jugendlichkeit des Bestraften b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis auf einen Drittel, mithin Fr. 100, 49. Fritz S t r a h m , verurteilt am 14. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Trachselwald gemäss Art. 39, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Strahm, der Jäger ist, hat ein Rehkitz geschossen, das zu den geschützten Tieren gehört.

Strahm ersucht um Erlass der Busse. Er erörtert den Sachverhalt, um den aus Irrtum erfolgten Schuss zu erklären. Ferner verweist er darauf, dass er den Vorfall unverzüglich gemeldet habe, und betont, das neunte Jagdpatent zu besitzen, ohne sonstwie gegen das Gesetz verstossen zu haben.

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Der Gemeinderat von Sumiswald und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten die Begnadigung. Die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 100. Der urteilende Richter hat die Mindestbusse erkennen wollen ; da aber wegen Fahrlässigkeit verurteilt worden ist, wäre Art. 55, Abs. 2 des Bundesgesetzes anwendbar gewesen. Strahm erscheint als ehrbarer Jäger.

50. Paul S c h l u n e g g e r , verurteilt am 6. Februar 1928 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss den Art. 39, 42 und 43 des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Schlunegger hat eine Waldohreule gefangen und in der Folge getötet, ferner aus einem Flobert einen Würger abgeschossen. Beides erfolgte im Bannbezirk Bödeli.

Schlunegger ersucht um Erlass der Busse oder doch Ermässigung bis zu einem erträglichen Betrag. Die verletzte Eule sei trotz aller Pflege verloren gewesen. Der Würger habe Kohlmeisen aufgelauert. In beiden Fällen habe Sehlunegger in Unkenntnis der einschlägigen Bestimmungen gehandelt. Im übrigen werden die Familienlasten und bescheidenen Erwerbsverhältnisse geltend gemacht.

Der urteilende Richter und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten die erhebliche Herabsetzung der Bussen. Die kantonale Forstdirektion beantragt Abweisung, die Polizeidirektion Herabsetzung bis Fr, 150.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 100. Wie in früheren, ähnlichen Fällen mag einigermassen berücksichtigt werden, dass Schlunegger in erster Linie die Vorschriften zum Vogelschutz übertreten hat, weshalb seine Busse dem hierfür massgebenden Mindestmass von Fr. 50 angenähert werden kann. Dieses Mindestmass selbst ist jedoch nicht zu gewähren ; denn Schlunegger ist immerhin vorbestraft, was auch die anders lautenden Anträge der Kantonsbehörden verständlich macht.

51. Linus Z o s s o , verurteilt am 29. Januar 1929 vom Gerichtspräsidenten des Sensebezirkes gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 3QO Busse.

Zosso hat zweimal ohne Berechtigung eine Fuchsfalle gestellt.

Zosso ersucht um Erlass oder Ermässigung der Busse. Das Verbot des Fallenstellens habe er nicht gekannt. Ein
Fuchs habe ihm zwanzig Hühner getötet. Bei seinen Verhältnissen drücke ihn die Busse ausserordentlich hart.

Der urteilende Richter erachtet, in Erörterung der G-esuchsanbringen, eine gewisse Rücksichtnahme für geboten.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei enthält sich eines Antrages, da den Akten nicht entnommen werden

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könne, ob stichhaltige Gründe für einen Teilerlass vorlägen. Mehr als die Bussenhälfte sei keinesfalls zu erlassen.

Im Anschluss an die Ausführungen des urteilenden Richters b e a n t r a g e n wir Herabsetzung der Busse um einen Drittel, mithin bis Fr. 200.

52. Hermann M ü l l e r , am 18. Dezember 1925 vom Bezirksamt Gossau gemäss den Art. 21, Ziffer 3, lit. a, 23, Ziffer 2, des früheren Bundesgesetzes von 1904 und kantonalen Ausführungsbestimmungen mit Fr. 250 Busse belegt, nebst Entzug der Jagdberechtigung während 4 Jahren.

Müller hat im Jahre 1925 ohne Berechtigung eine Falle gestellt.

Müller, der an die Bussen und Kosten von Fr. 250 und Fr. 108. 60 bereits Fr. 290 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Restsumme, sowie der restlichen Zeit dee Jagdberechtigungsentzuges. Er habe sich die Folgen des Fallenstellens nicht überlegt; an einem früheren Wohnort habe er regelmässig Bewilligung erhalten. Seine Erwerbsverhältnisse seien bescheiden, er habe für zwei Kinder zu sorgen.

Der Bezirksammann empfiehlt das Gesuch, das Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung b/w. Nichteintreten hinsichtlich der Busse.

Müller weist wegen Jagdvergehen zwei Vorstrafen auf. Stichhaltige Begnadigungsgründe fehlen, was namentlich der Bericht des kantonalen Justizdepartementes dartut. Bei richtiger Verrechnung der Teilzahlungen erweist sich die Busse als gänzlich getilgt.

53. Gottfried Hi r seh i, verurteilt am 26. Juli 1928 vom Gerichtspräsidenten von Aarwangen gemäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes zu 200 Fr. Busse.

Hirschi ist wegen Ausräucherns von Füchsen bestraft worden.

Hirschi ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass deiBusse. Er beharrt darauf, die Fuchslöcher nur verstopft, nicht ausgeräuchert zu haben. Die Appellation gegen das Urteil sei aus Unkenntnis unterblieben. Die Busse sei sehr hoch.

Der urteilende Richter beantragt Abweisung, der Regierungsstatthalter des Amtsbezirks enthält sich der Stellungnahme, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Auf die im Gesuch neuerdings erörterten Tatbestands- und Schuldfragen
ist nicht einzutreten.

Hirschi war zudem im Strafverfahren durch einen Anwalt verbeiständet..

Er ist vorbestraft.

54. Theophil K a r r e r , verurteilt am 10. Mai 1928 vom Gerichtspräsidenten von Laufen gemäss Art. 40 und 48 des Bundesgesetzes zu Fr. 200 Busse.

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Karrer ist in einen Rehbockfrevel verwickelt gewesen ; er half beim Versuch, das gefrevelte Tier abzusetzen.

Karrer ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Er verweist auf seine schweren Familienlasten. Müsse die Busse bezahlt werden, so falle die Familie der Öffentlichkeit zur Last,. ebenso im Fall der Umwandlungsstrafe. Seit dem Jahre 1920 sei er wegen Jagdvergehen nicht mehr bestraft worden.

Der Gemeinderat von Röschenz bestätigt die Gesuchsanbringen. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes hat, einzig aus Mitleid mit den zehn Kindern, gegen eine Bussenermässigung nichts einzuwenden. Die letzte der Vorstrafen sei von 1923. Die kantonalen Forst- und Polizeidirebtionen und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Abweisung.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung zurzeit, in der Meinung, dass Karrer zunächst in massigen Teilzahlungen Fr. 100 aufbringen soll, worauf über den allfälligen Erlass des Bussenrestes entschieden werden mag. Damit berücksichtigen wir die auaserordentlich schweren Familienlasten und lassen die Möglichkeit einer späteren teilweisen Entlastung offen. Weiter sollte nicht gegangen werden.

55. Gottfried H ü h n l i , verurteilt am 24. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 39 des Bundesgesetzes zu Fr. 300 Busse.

Hühnli ist wegen Erlegens von geschütztem Rehwild, einer Rehgeiss, verurteilt worden.

Hühnli ersucht um Erlass der Busse. Er sei als Jäger auf der Fuchsjagd gewesen und habe aus Irrtum geschossen. Die Bezahlung der Busse falle ihm sehr schwer, Der Gemeindepräsident von Beatenberg befürwortet das Gesuch. Der Gerichtspräsident von Interlaken und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes beantragen Abweisung, ebenso die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Der behauptete Irrtum ist unglaubhaft. Es belastet den Gesuchsteller, dass er als Jäger den Vorfall nicht ordnungsgemäss gemeldet hat. Hühnli ist vorbestraft.

56. Josef M a t t i e, verurteilt am 27. März 1928 vom Bezirksgericht Oberrheintal gemäss Art. 40, Abs. l ; 41 ; 43, Ziffer 5 ; 45, letzter Absatz; 56, Ziffer 1; 57, Ziffer l, zu 10 Tagen Gefängnis und Fr. 350 Busse,
zu Wertersatz und 4 Jahren Jagdberechtigungsentzug.

Mattle, der an einem Gang ins Gemsengebiet teilgenommen hat, schoss aus der zerlegbaren Flinte eines andern einen Gemsbock ab, den sein kleiner Huud aufgespürt hatte.

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Mattle ersucht in nicht selbst verfasgter Eingabe um Erlass von Gefängnisstrafe und Busse. Hierzu schildert er zunächst den Vorfall, sodann macht er namentlich geltend, die Busse sei für ihn unerschwinglich. Man möge Gnade für Recht gelten lassen.

Der Gemeinderat von Rüthi kann das Gesuch nicht befürworten.

Das Bezirksamt Oberfheinthal und das Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Der mitgebüsste Kobler, August, ist zwar teilweise begnadigt worden (Antrag 51 des I. Berichtes vom 13. November 1928, Bundesbl. II, 830/831); es ist aber bezeichnend, dass die Kantonsbehörden, anders als dort, bei Mattle einhellig Abweisung beantragen. Mattle ist vorbestraft. Die Gesuchsanbringen werden vom Gemeinderat von Rüthi des nähern erörtert und berichtigt. Die Strafen mögen ziemlich kräftig ausgefallen sein, jedoch bestehen genügende Begnadigungsgründe nicht. Jedenfalls dürfen die auf Grund des neuen Bundesgesetzes in qualifizierten Fällen erkannten Freiheitsstrafen nicht leichthin erlassen werden.

57. Josef E m m e n e g g e r , verurteilt am 23. Oktober 1928 vom Amtsgericht Entlebuch gemäss Art. 39, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 400 Busse und, solidarisch mit zwei andern, zu Fr. 200 Wertersatz.

Emmenegger schoss widerrechtlich zwei Gemsen ab.

Emmenegger ersucht, ihm Busse und Wertersatz bis zur Hälfte oder einen Viertel bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Bewährungsfrist. Hierzu schildert er seine Familienlasten und die schweren Verhältnisse als Bergbauer.

Der Gemeindeammann von Flühli empfiehlt das Gesuch. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und das kantonale Justizdepartement beantragen den Erlass der Bussenhälfte.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei das Gesuch abzuweisen. Mindestens hat Abweisung zurzeit zu erfolgen. Es handelt sich um einen schweren Jagdfrevel und den Abschuss geschützten Wildes.

58. und 59. Albert und Johann B a u m gar t n er, am 6. Mai 1927 vom Bezirksamt Gossau getnäss den Art. 39, Abs. 2 ; 40, Abs. l und 2, des Bundesgesetzes je mit Fr. 300 Busse belegt, nebst insgesamt Fr. 130 Wertersatz und Fr. 32, 75 Kosten.

Die Brüder Baumgartner haben sich
des Jagdfrevels schuldig gemacht, indem Albert Baumgartner im Frühjahr 1927 ein Rehböcklein und ausserdem einen Hasen, Johann Baumgartner im Winter 1925/26 eine Rehgeiss geschossen hat.

Die beiden Baumgartner ersuchen in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Restbussen im Betrage von je Fr. 132.75 ; die andern Be-

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träge sind beglichen. Die Vergehen seien aus Leichtsinn erfolgt, ferner habe der ständige Wildschaden dazu beigetragen. Die gänzliche Tilgung der Beträge falle schwer.

Der Stellvertreter des Bezirksammanns befürwortet die Gesuche. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen empfiehlt Herabsetzung der Bussen um je Fr. 100, das kantonale Justizdepartement und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen bei Albert Baumgartner Abweisung, bei Johann Baumgartner Herabsetzung um Fr. 100.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung bei Albert Baumgartner, dagegen, weitergehend, Erlass der verbleibenden Fr. 132.75 Busse bei Johann Baumgartner. Die Akten ergeben deutlich, dass sich die Gesuchsteller in fortgesetzter Weise des Jagdfrevels schuldig gemacht haben. Bei dem jugendlichen Johann Baumgartner mag jedoch berücksichtigt werden, dass er das Jagdvergehen möglicherweise unter der Herrschaft des alten Gesetzes begangen hat, das eine Mindestbusse von Fr. 50 aufwies. Die bezahlten Beträge sind beträchtlich.

60. Leonhard M ach l e r , verurteilt am 1. Februar 1929 vom Polizeigericht des Kantons Glarus gemäss den Art. 42, Abs. l ; 43, Ziffer 5; 56, Ziffer 2; 57, Ziffer 2, und 58 des Bundesgesetzes zu Fr. 800 Busse, vierjährigem Patententzug und Konfiskation der Waffe.

Mächler und ein anderer sind in eidgenössischem Banngebiet bei der Jagd betroffen worden. Beide hatten ihre Gesichter geschwärzt; sie führten ein zusammenlegbares Gewehr mit.

Mächler ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um gänzlichen oder doch teilweisen Bussenerlass. Das Urteil stütze sich teilweise auf Bestimmungen, die nicht zuträfen, ferner lasse die Strafe jedes sachliche Mass vermissen. Mächler sei bloss nebensächlicher Begleiter gewesen; er sei nur durch unglückliche Umstände in diese Jagdgeschichte hineingeraten. Es handle sich um den ersten Fehltritt eines gut beleumdeten jungen Mannes mit bescheidenem Verdienst und ohne Vermögen. Die BussentiJguug müsste ihn um Jahre zurückwerfen, und ebensolange wäre ihm die Gründung eines eigenen Hausstandes unmöglich. Derartige Auswirkungen bezwecke das Jagdgesetz nicht.

Die Militär- und Polizeidirektion des Kantons Glarus beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen,
Jagd und Fischerei, auf deren Bericht verwiesen sei, b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Der Straffall ist schwerer Art. Die strenge Handhabung des Jagdgesetzes ist an sich kein Begnadigungsgrund. Ärmliche Verhältnisse liegen nicht vor. Günstigstenfalls hätte Abweisung zurzeit zu erfolgen.

833 61. Gottfried F1 u r i , verurteilt am 9. Oktober 1928 vom Amtsgericht Balsthal gemäss Art. 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes zu Fr. 100 Busse.

Fluri durchstreifte am 27. Mai 1928 mit einer Flobertpistole Feld und Wald, um Krähen abzuschiessen. In der Folge setzte er sich mit seinen Begleitern im Walde nieder, machte sich an der geladenen Pistole zu schaffen, zielte, wie schon vorher, auf seine Gefährten, bis plötzlich ein Schuss krachte, der einen sechsjährigen Knaben tötlich verletzte.

Die Mutter Fluris ersucht um Erlass von Busse und Kosten im Gesamtbetrag von Fr. 445. 30. Vor drei Jahren habe sie den Ehemann verloren; von acht Kindern könnten einzig zwei verdienen.

Der Regierungsrat des Kantons Solothurn, der Fluri die Hälfte der Kosten erlassen hat, empfiehlt der Begnadigungsbehörde, die Busse ebenfalls zu ermässigen. Das kantonale Polizeidepartement spricht von einer Herabsetzung um einen Viertel oder um die Hälfte, Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Abweisung, mit dem Beifügen, dass es den Kantonsbehörden überlassen werden kann, in weitgehender Weise Teilzahlungen zu gewähren, so wie dies bereits für die zu begleichende Kostenhälfte angeordnet worden ist. Dem auch wegen fahrlässiger Tötung Verurteilten ist hinsichtlich der Gefängnisstrafe von 30 Tagen der bedingte Strafaufschub gewährt worden. Der Regierungsrat nimmt hierauf Bezug, um zu folgern, der gänzliche Kostenerlass wäre des guten zu viel.

Aus ähnlichen Erwägungen kann es hinsichtlich der Busse, die das Mindestmass darstellt, bei der Gewährung von Teilzahlungen sein Bewenden haben. Der Vorfall zeigt, zwar nicht in erster Linie vom jagdlichen Standpunkt, dass sich das Mitführen von Waffen durch Minderjährige in der bedauerlichsten Weise auswirken kann.

62. Anton K e l l e r , durch Straferkenntnis des Bezirksamtes Alttoggenburg vom 11. April 1929 gemäss Art. 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes und Art. 21 Bundesstrafrecht mit Fr. 50 gebüsst.

Keller ist im Winter 1928/29 zu zweit mit einer zusammenlegbaren Schusswaffe auf die Jagd gegangen.

Keller ersucht um Erlass der Busse. Die Bezahlung sei ihm unmöglich. Die ihm zur Last fallende Gehilfenschaft sei geringfügiger Art.

Der III. Staatsanwalt des Kantons St. Gallen' und das kantonale Justizdepartement
beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Der vorbestrafte Gesuchsteller hätte im vorliegenden Falle als Mittäter verurteilt werden sollen.

Der Bericht des kantonalen Justizdepartementes äussert sich über die in Betracht kommenden Verhältnisse in eingehender Weise. Von einer Begnadigung kann keine Bede sein.

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63. Hermann Weingart, geb. 1893, Landwirt, Cortebert (Bern), 64. Jakob Zoller, geb. 1888, kaufmännischer Angestellter, Allschwil (Baselland), 65. Luigi Casai, geb. 1900, Kaufmann, 66. Tullio Casai, geb. 1903, Kaufmann, beide Pieve 8. Stefano (Italien), 67. Giovanni Sandi, geb. 1901, kaufmännischer Angestellter, Verona (Italien), 68. Willi Toedtli, geb. 1887, Ingenieur, Saarbrücken (Saargebiet), 69. Fernand Flockiger, geb. 1907, kaufmännischer Angestellter, Pruntrut (Bern), 70. Emil Monnin, geb. 1895, zurzeit Installateur, Pruntrut (Bern), 71. Antonio Hoderas, geb. 1898, kaufmännischer Angestellter, Chiasso (Tessin), 72. Eugen Matter, geb. 1900, Bäcker, Malleray (Bern), 78. Johann Steiger, geb. 1900, kaufmännischer Angestellter, Flawil (8t. Gallen), 74. Anton Keist, geb. 1896, Wirt und Reisender, Küssnacht (Schwyz), 75. Charles Berthoud, geb. 1905, Uhrmacher, Locle (Neuenburg), 76. Marc Pasche, geb. 1902, Pianist, vormals Bern, 77. Jakob Gerber, geb. 1904, Magaziner, Bern, 78. Henri Maillard, geb. 1897, Uhrmacher, Courtemaiche (Bern), 79. Louis François Racine, geb. 1894, Uhrmacher, Lengnau (Bern), 80. Walter Ottiger, geb. 1902, Maler, Magnétiseur, Küssnacht (Schwyz), 81. Karl Hänggi, geb. 1900, Handlanger, Solothurn, 82. Emil Müller, geb. 1900, zurzeit Handlanger, Aarau (Aargau), 83. Hermann Voegeli, geb. 1889, Angestellter, Etzgen (Aargau), 84. Charles Chappuis, geb. 1885, Gemüsegärtner, Grand Laney (Genf), 85. André Flückiger, geb. 1904, Mechaniker, Pruntrut (Bern), 86. Albert Gaillard, geb. 1893, Landwirt, Choulex (Genf), 87. Ernst Gass, geb. 1902, Schreinermeister, Birsfelden (Baselland), 88. Ernst Hönger, geb. 1905, Packer, vormals Roggwil (Bern), 89. Ernst Bader, geb. 1892, Masseur, Solothurn, 90. Gustav Müller, geb. 1891, Musiker, Bern, 91. Josef Erni, geb. 1903, Holzbildhauer, Luzern, 92. Ernst Lüthi, geb. 1892, Landwirt, Bure (Bern), 93. Robert Höhener, geb. 1892, Schreiner, Staad (St. Gallen), 94. Friedrich Schiaffi, geb. 1887, Händler, Bern,

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95.

96.

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99.

100.

Charles J. Ganzer, geb. 1902, Kaufmann, vormals Aarau (Aargau), Brno Carisch, geb. 1900, Gelegenheitsarbeiter, Arosa (Graubünden), Arnold Schani, geb. 1899, Handlanger, Trimbach (Solothurn), Adolf Knecht geb. 1896, früher Bauarbeiter, Trimbach (Solothurn), Ernst Teuscher, geb. 1893, Kaufmann, früher Aarau (Aargau), Max Dürr, geb. 1902, Portier, Bern.

(Militärpflichtersatz.)

Gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 über den Militärpflichtersatz sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden: 63. Hermann W e i n g a r t , verurteilt am 30. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Courtelary zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 18. 90 für 1928 betreffend.

Für Weingart, der nach erfolgter Strafanzeige bezahlt hat, ersucht ein Anwalt um Erlass der Haftstrafe.

Da die Überprüfung der Angelegenheit ergibt, dass Weingart in Wirklichkeit gemäss Art. 2, lit. b, des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz von der Ersatzabgabe befreit ist, b e a n t r a g e n wir, ohne auf Einzelheiten einzutreten, mit der eidgenössischen Steuerverwaltung den gänzlichen Erlass der Haftstrafe.

64. Jakob Z o l l e r , verurteilt am 15. November 1928 vom Polizeigericht Ariesheim zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 25. 50 für 1927 betreffend.

Zoller, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Der geringe Lohn, der Konkurs des Arbeitgebers und die nachfolgende Arbeitslosigkeit hätten die rechtzeitige Zahlung verunmöglicht.

Der Pflichtersatz für 1928 sei ordnungsgemäss entrichtet worden.

Da Zoller als 1888er heute nicht mehr ersatzpflichtig ist, b e a n t r a g e n wir, ohne auf Einzelheiten einzutreten, mit der eidgenössischen Steuerverwaltung den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe.

65. und 66. Luigi und Tullio C a s a i , verurteilt am 6. Oktober 1928 vom Kreisgerichtsausschuss Schiers je zu einem Tag Gefängnis, den Militärpflichtersatz von je Lire 216 für 1927 betreffend.

Die Brüder Gasai, die nachträglich bezahlt haben, ersuchen vom Ausland aus um Erlass der Gefängnisstrafen. Sie machen im wesentlichen geltend, bis zum unerwartet eingetretenen Tod habe jeweils der Vater die Angelegenheiten geregelt. Der Pflichtersatz für 1928 ist ordnungsgemäss bezahlt worden.

Der schweizerische Konsul in Florenz befürwortet die Begnadigung.

Das Kreiskommando 36, Chur, und das Justiz- und Polizeidepartement de»

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Kantons Graubünden empfehlen den Erlass der Strafen oder Erleichterung des Strafvollzuges.

Mit der eidgenössische n Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Strafen. Die im Ausland geborenen und aufgewachsenen Mitbürger haben sich nachträglich bemüht, die Angelegenheiten zu ordnen und sind ihren Pflichten im Jahre 1928 nachgekommen.

67. Giovanni 8 an d i , verurteilt am 5. Februar 1927 vom Kreisgericht Sur-Tasna zu 5 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Lire 978 für 1924/25 betreffend.

Sandi, der nachträglich bezahlt hat, ersucht vom Ausland aus um Erlass der Gefängnisstrafe. Er verweist darauf, dass er im Jahre 1928 die Rekrutenschule bestanden habe und dass die Verurteilung ihm erst kürzlich zur Kenntnis gelangt sei. Die verspätete Zahlung sei auf die zu hohe Einschätzung zurückzuführen; das Opfer der ungerechtfertigten Abgabe habe er schliesslich auf sich genommen.

Der schweizerische Konsul in Venedig hat die Gesuchseinreichung in die Wege geleitet. Das Kreiskommando 36, Chur, und das Justizdepartement des Kantons Graubünden empfehlen den Erlass der Strafe.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe. Sandi hat seither die Rekrutenschule bestanden und seine Verhältnisse geordnet.

68. Willi T o e d t l i , verurteilt am 24. September 1928 vom Polizeirichter von St. Gallen zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von französischen Franken 261 Restbetrag, für 1924 bis 1927 betreffend. Den Rekurs Toedtlis hat die Bezirksgerichtskommission St. Gallen am 21. November 1928 abgewiesen.

Toedtli, der während des Rekursverfahrens bezahlt hat, ersucht vom Ausland aus um Erlass der Gefängnisstrafe. Das Gesuch ist von einem Mitbürger verfasst, der sich als Sprachrohr des Schweizervereins bezeichnet. Toedtli lebe seit 1912 im Ausland, seit 1918 in Saarbrücken.

Die Valutaverhältnisse hätten ihn zurückgebracht. Heute bestehe die Möglichkeit des Stellenantrittes in der Schweiz, auch stehe Toedtli vor der Verheiratung.

Das Polizei- und Militärdepartement des Kantons St. Gallen betont das schuldhafte Verhalten des Gesuchstellers und überlässt den Entscheid über den gänzlichen oder teilweisen Erlass der Begnadigungsbehörde.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den gänzlichen
Erlass der Gefängnisstrafe. Es handelt sich um einen seit 17 Jahren im Ausland niedergelassenen Mitbürger, der bis 1926 ordnungsgemäss bezahlt hat und heute nicht mehr ersatzpflichtig ist.

69. Fernand F l ü c k i g er, verurteilt am 29. Oktober 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 15.85 für 1928 betreffend.

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Fliickiger, der am Tage der Haupt Verhandlung dem Urteil vorgängig bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht bestehende Lungenkrankheit, daherigen Kuraufenthalt und anderweitige, grössere Auslagen geltend.

Der Gerneinderat von Pruntrut und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Das Kantonskriegskommissariat beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von einem Tag unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Flückiger während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die rechtzeitige Entrichtung des Militärpflichtersatzes sehuldhaft unterlasse. Wir berücksichtigen die Gesuchsanbringen, die günstigen Berichte über den Gesuchsteller und die Anträge der Mehrheit der Kantonsbehörden.

70. Emil M on ni n, verurteilt am 29. Oktober 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 45.10 für 1928 betreffend.

Monnin, der gleich Flückiger am Urteilstag bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht Familienlasten und langandauernde Arbeitslosigkeit geltend. Die Familie lebe in Wirklichkeit vom Verdienst der Ehefrau.

Der Gemeinderat von Pruntrut teilt mit, dass Monnin seit einem Jahr die Stelle als Monteur aufgegeben habe, um sich selbständig zu machen. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes spricht sich gegen das Gesuch aus. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen die bedingte, die eidgenössische Steuerverwaltung die gänzliche Begnadigung.

Mit den oberen Kantonsbehörden und der eidgenössischen Steuerverwaltung, auf deren Bericht wir verweisen, sind wir der Auffassung, dass das Gesuch berücksichtigt werden darf; jedoch kann es bei der bedingten Begnadigung sein Bewenden haben.

Wir b e a n t r a g e n den bedingten Erlass der Haftstrafe von einem Tag, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger.

71. Antonio H o d e r a s , verurteilt am 29. November 1928 vom Pretore di Mendrisio zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 36 für 1928 betreffend.

Hoderas, der einen Tag vor der Beurteilung bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht namentlich geltend, sein Beruf führe zu längeren Reisen; anlässlich der kurz bemessenen Ortsanwesenheit habe Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. I.

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er bezahlt, was ihm für den Gang des Strafverfahrens wesentlich geschienen habe. Der Strafvollzug wäre eine schwere Beeinträchtigung seines guten Rufes.

Der urteilende Prätor befürwortet das Gesuch in längeren Ausführungen. Die Militärsteuerverwaltung des Kantons Tessin und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen den gänzlichen Erlass der Strafe.

Auf Grund der sehr günstigen Berichte der Eantonsbehörden und in Berücksichtigung der sonst anstandslos erfolgten Zahlungen sind wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung der Auffassung, dass das Gesuch berücksichtigt werden darf; wie im vorangehenden Falle Monnin genügt die bedingte Begnadigung.

Wir b e a n t r a g e n den bedingten Erlass der Haftstrafe von zwei Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger.

72. Eugen M a t t e r , verurteilt am 30. Oktober 1928 vom Gerichtspräsidenten von Courtelary zu 5 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Entrichtung des Pflichtersatzes, längstens aber während 6 Monaten, den Ersatz von Fr. 52. 60 für 1928 betreifend.

Matter, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht längere Arbeitslosigkeit und bestehende Familienlasten geltend.

Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes Courtelary befürwortet die teilweise, der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes Münster die gänzliche Begnadigung. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Herabsetzung der Haftstrafe bis zu einem Tag.

Mit der eidgenössischen Steuer Verwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von 5 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger. Der Gesuchsteller hat sich selbständig zu machen gesucht, was ihm misslungen ist. Es handelt sich um einen gut beleumdeten, arbeitsamen Familienvater.

73. Johann Steiger, verurteilt am 18. Oktober 1927 vom Bezirksamt Untertoggenburg zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 36 für 1927 betreffend.

Steiger, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er verweist darauf, dass die vorgeschriebenen Mahnfristen unbeachtet geblieben seien. Ferner betont er die bisherige Unbescholtenheit und fügt bei, der Strafvollzug gefährde seine Stelle.

Der Bezirksammann, das Polizei- und Militärdepartement des Kantons St. Gallen, ebenso das kantonale Justizdepartement
beantragen Abweisung.

Die eidgenössische Steuerverwaltung betont demgegenüber die offenkundige Nichtbeachtung der Mahnfristen und hält im übrigen in Ausführungen, auf die wir Bezug nehmen, dafür, die bedingte Begnadigung könne

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gewährt werden. Zwischen der Bundesanwaltschaft und dem kantonalen Polizei- und Militärdepartement hat in der Folge ein Meinungsaustausch stattgefunden.

Wir b e a n t r a g e n den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von 3 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger, mit dem Unterschied, dass hier die Probezeit auf 5 Jahre anzusetzen sei; diese Verschärfung ist deshalb naheliegend, weil Steiger als Ersatzpflichtiger zu bezeichnen ist, der mühelos zu zahlen vermag, ohne dass er gemahnt werden sollte.

74. Anton Keist, verurteilt am 11. Dezember 1928 vom Bezirksgericht Küssnacht zu 2 Tagen Haft und Stimmrechtsentzug während einem Jahr, den Militärpflichtereatz von Fr. 46. 50 für 1928 betreffend, Keist, der fünf Tage vor der Beurteilung bezahlt hat, ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Strafen. Er versichert seine staatstreue Gesinnung, erörtert die Umstände des Zahlungsverzuges und verweist auf seine Erwerbs- und Familienverhältnisse. Sein Ansuchen als Familienvater gehe dahin, einer kleinen Unterlassung wegen nicht für das ganze Leben ruiniert zu werden.

Das Militärdepartement des Kantons Schwyz stimmt dem Erlass der Strafen zu, mit Rücksicht auf die familiären und beruflichen Verhältnisse des Gesuchstellers.

Mit der eidgenössischen Steuer v er waltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger. Ferner beantragen wir, den Stimmrechtsentzug aufzuheben.

Dem Bericht des kantonalen Militär département es und mündlichen Ergänzungen ist zu entnehmen, dass Keist vom Strafvollzug unverhältnismässig schwer betroffen würde, namentlich müsste ihm das Wirtschaftspatent entzogen werden. Saumseligkeit liegt zwar vor, und das ergangene Strafurteü ist durchaus gerechtfertigt. Immerhin mag beigefügt werden, dass Keist in glaubhafter Weise geltend machen kann, rechtzeitig, unter zwei Malen, beim Sektionschef vorgesprochen, diesen aber nicht angetroffen zu haben, worauf die Angelegenheit liegen blieb. Keist erscheint als rechtschaffener Mann, der als Witwer für drei kleine Kinder zu sorgen hat.

75. Charles B e r t h o u d , verurteilt am 21. Dezember 1928 vom Polizeigericht Locle zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 42 für 1928 betreffend.

Berthoud ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er befinde sich erst
seit Jahresfrist in Locle, wohin er, nach jahrelangem Aufenthalt im Ausland, krank zurückgekehrt sei. Längere Arbeitslosigkeit und knapper Verdienst hätten ihn zurückgebracht.

Der Gerichtspräsident von Locle hat die Gesuchseinreichung veranlasst, überzeugt, dass Berthoud Gnade finden werde. Das Justizdepartement des Kantons Neuenburg beantragt den Erlass der Strafe.

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Mit der eidgenössischen Steuervorwaltung, auf deren Bericht wir verweisen, b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger, mit dem Beifügen, dass Berthoud die rückständigen Beträge von Fr. 75 für 1927/28 bis Ende Jahres entrichte.

Wir ziehen namentlich in Betracht, dass Berthoud, der im Jahre 1928 die Rückstände für 1925/26 getilgt hat, sich nachweisbar in bedrängter Lage befand. Im wesentlichen fällt ihm zur Last, den Behörden seine Verbältnisse nicht rechtzeitig dargelegt zu haben.

76. Marc P a s c h e , verurteilt ain 10. September 1928 vom Gerichtspräsidenten V von Bern zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 29. 60, Restbetrag, für 1927 betreffend.

Pasche, der im Juni 1927 Fr. 50 und im März 1928 den Rest bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er versichert, die Begleichung des Restbetrages sei ihm im Zeitpunkt der zweiten Mahnfrist unmöglich gewesen und betont den guten Willen, die Angelegenheit nachträglich zu ordnen.

Im Zusammenhang damit erwähnt er die beträchtlichen Reiseauslagen und den Verdienstausfall anlässlich der Gerichtsverhandlung.

Der Regierungsstatthalter II des Amtsbezirkes Bern befürwortet die bedingte Begnadigung. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von einem Tag, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger.. Die Ausführungen der eidgenössischen Steuerverwaltung verstärken den Eindruck, dass der nicht vorbestrafte, von den Genfer Behörden günstig beurteilte Gesuchsteller ehrlich bemüht war, die Angelegenheit zu ordnen. Auch kann die rechtzeitige Entrichtung eines grösseren Teilbetrages einigermassen berücksichtigt werden.

77. Jakob G e r b e r , verurteilt am 10. Oktober 1928 von der ersten Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Bern, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 9.60, Restbetrag, für 1927 betreffend.

Gerber ersucht um Erlass der Haftatrafe. Er räumt ein, in seinen Angelegenheiten nicht die beste Ordnung gehabt zu haben. Das Gesuch werde gestellt, weil der Strafvollzug ihn um die mühsam erlangte Stelle bringen und damit ins alte Elend
zurückstossen würde.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern befürwortet den Erlass der Strafe und der Kosten von Fr. 60; der Kostenerlass ist jedoch von vornherein nicht Sache der Begnadigungsbehörde. Der Regierungsstatthalter I dés Amtsbezirkes empfiehlt die bedingte Begnadigung. Der Kantonskriegskommissär beantragt Abweisung, die Polizeidirektion des Kantons Bern die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir, immerhin mit dem Beifügen, dass es sich um einen Grenzfall handelt, den be-

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dingten Erlaßs der Haftstrafe von einem Tag. unter denselben Bedingungen wie bei Flüokiger. Die Gerichtsurteile sind durchaus begründet ; Gerber, der zwei Raten nach Ablauf der zweiten Mahnfrist bezahlte, liess sich zur Entrichtung des Restbetrages erst herbei, als nach Monaten die Vorladung vor den Richter erfolgte; Hierbei machte er unwahre Angaben, und der Hauptverhandlung blieb er fern. Zugunsten des Gesuchstellers können die sonstige Unbescholtenheit, das Fehlen von Vorstrafen, die Bereitwilligkeit, fortan regelmässig zu zahlen, namentlich aber der drohende Stellenverlust geltend gemacht werden. Unter diesen Umständen mag den mehrheitlich zugunsten des Gesuchstellers lautenden Anträgen der Kantonsbehörden beigepflichtet werden, 78. Henri M a i l l a r d , verurteilt am 29. Oktober 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Entrichtung des Pflichtersatzes, längstens aber während 6 Monaten, den Ersatz von Fr. 40. 60 für 1928 betreffend.

Maillard ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die jahrelange Krankheit der Ehefrau und die bestehenden Familienlasten hätten ihn zurückgebracht, Der urteilende Richter habe ihn auf den Begnadigungsweg verwiesen und die kantonale Militärsteuerverwaltung den Pflichtersatz nachträglich bis Fr. 21 ermässigt, welcher Betrag bezahlt sei.

Der Polizeibericht lautet ausnehmend günstig. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet die gänzliche Begnadigung. Der Kantonskriegskommissär, die Polizeidirektion des Kantons Bern und die eidgenössische Steuerverwaltung empfehlen Herabsetzung der Haftstrafe bis zu einem Tag.

Gestützt auf die Ausführungen der Kantonsbehörden und der eidge nössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von 4 Tagen, unter denselben Bedingungen wie bei Flückiger.

Die Steuerverwaltung hat die bedingte Begnadigung bereits erwogen, ist aber davon namentlich abgekommen im Hinblick auf eine Haftstrafe von 1926. Da jedoch dem neuesten Bericht des Sektionschefs zu entnehmen ist, dase tatsächlich missliche Verhältnisse bestehen und Maillard wirklieh Mitleid erregt, möchten wir im Anschluss an die Erwägungen, die nachträglich zu einer Herabsetzung des Pflichtersatzes geführt haben, die bedingte Begnadigung ermöglichen, dabei aber gleichzeitig festhalten, dass das
Bestehen einer Vorstrafe regelmässig zur Abweisung führen muss oder, bereits weitgehend, bloss eine Haftermässigung zulassen kann.

79. Louis François R a c i n e , verurteilt am 18. Oktober 1927 vom Polizeigericht von Neuenburg zu 5 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 37. 50 für 1926 betreffend.

Racine ersucht mit nicht selbst verfasster Eingabe vom 12. Januar 1928 um Erlass der Haftstrafe. Er sei Vator von sechs Kindern. Den

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geringen Verdienst erwerbe er unter besondere schweren Arbeitsverhältnissen. Es bestehe ein Zustand des Elendes, der die Begnadigung nahe lege.

Die Überprüfung des Gesuches ergab zunächst, dass ausserdem folgende, meist nicht vollzogene Strafurteile ergangen sind: 1. Urteile des Polizeigerichtes Neuenburg vom 3. November 1925, 10 Tage Haft, den Pflichtersatz von Fr, 147, Restbetrag, für 1921 bis 1924 betreffend, in der Folge beseitigt durch Gewährung des ,,relief1' vom 24. November 1925; vom 4. Mai 1926, 10 Tage Haft, Fr. 36 für 1925 betreffend.

2. Urteil des Gerichtspräsidenten von Münster vom 12. Februar 1925, 5 Tage Haft, Fr. 43. 60 für 1924 betreffend. 3, Urteil des Gerichtspräsidenten von Neuenstadt vom 13. Oktober 1927, l Tag Haft, Fr. 22. 60 für 1927 betreffend. Diesen Urteilen, die mit dem eingangs genannten insgesamt 21 Tage Haft betreffen, ist zudem ein im Wege der Haftverbüssung erledigtes Urteil des Gerichtspräsidenten von Münster vom 24. August 1922 vorausgegangen, lautend auf 3 Tage Haft, Fr. 40. 60 für 1921 betreffend.

Bei dieser Häufung von Verurteilungen, die ohne nachlässiges Verhalten des Ersatzpflichtigen undenkbar sind, lag es nahe, das Begnadigungsgesuch ohne weiteres durch Abweisung zu erledigen. Die Erwägung, dass mehrere Verurteilungen sich zum Teil auf dieselben Abgaben zu beziehen schienen, ferner dass der Strafvollzug im wesentlichen unterblieben war, gaben in der Folge Anlass zu einem längeren Meinungsaustausch mit den Behörden der Kantone Neuenburg und Bern, ein Vorgehen, das in seinem Verlaufe das Bestreben rechtfertigte, die Verhältnisse des Ersatzpflichtigen in bezug auf Pflichtersatz und Strafurteile gänzlich zu ordnen.

Das Ergebnis dieses Meinungsaustausches ist dem Schlussbericht der eidgenössischen Steuerverwaltung vom 7. März 1929 zu entnehmen. Racine hat heute total Fr. 57 entrichtet und damit sämtliche, allerdings herabgesetzten Abgaben der Jahre 1925 bis 1928 getilgt; frühere Zahlungen machen Fr. 77 aus. Nach neueren Berichten von Sektionschefs kommt ein Ersatzpflichtiger in Betracht, den die äusserst geschwächte Sehkraft im Erwerb stark behindert. Dies und die schweren Familienlasten begründen Verhältnisse, die Mitleid erregen müssen. Nach einem Polizeibericht vom November 1925 bestand damals geradezu eine ,,misère noire". Nach Auffassung der eidgenössischen
Steuerverwaltung handelt es sich, zusammenfassend, um einen ausserordentlichen Fall, dessen straf- und abgabenrechtliche Abklärung das Eingreifen der Bundesbehörden notwendig machte und der heute so liegt, dass bezüglich der ergangenen Strafurteile die bedingte Begnadigung gerechtfertigt erscheine.

Die Bundesanwaltschaft schlieest sich im allgemeinen diesen Erwägungen an. Was die zur Erörterung stehende bedingte Begnadigung anbetrifft, erhebe sich die Frage, ob sie sich nicht bloss auf die zeitlich letzte Strafe vom 18. Oktober 1927 beziehen solle, in der Meinung, die übrigen Strafen seien gänzlich zu erlassen. Ferner dränge sich die Frage

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Beide Möglichkeiten würden, was das W e s e n t l i c h e sei, die Angelegenheit Racine im ganzen Umfang erledigen und die Härte, die der heutige Vollzug von 21 Tagen Haft schlechterdings bedeuten musate, gänzlich ausschliessen.

Das Justizdepartement des Kantons Neuenburg und die Polizeidirektion des Kantons Bern sind damit einverstanden, dass die Schlussnahme der Begnadigungsbehörde sämtliche Urteile umfasse.

Abschliessend b e a n t r a g e n wir, Racine bei der ausserordentlichen Lage des Falles in bezug auf sämtliche Strafen gänzlich zu begnadigen, ausgenommen die Haftstrafe von einem Tag, erkannt am 13. Oktober 1927 vom Gerichtspräsidenten von Neuenstadt, die zu vollziehen sei. Massgebend für diesen Antrag ist die Notwendigkeit, die Erledigung der Angelegenheit einigermassen in Einklang zu bringen mit den Anträgen bei andern Gesuchstellern, was einen teilweisen Strafvollzug nahelegt, ferner die Erwägung, dass sich Racine dem Urteil vom 13. Oktober 1927 ausdrücklich unterzogen hat. Zudem bezeichnete ihn der Gemeinderat von Neuenstadt in jenem Zeitpunkt als zahlungsfähig. -- Mit dieser Erledigung wird Racine noch immer ein ausserordentliches Entgegenkommen zu teil.

80. Walter O t t i g e r , verurteilt am 12. Januar 1929 vom Bezirksgericht Küssnacht zu 3 Tagen Haft und Einstellung im Aktivbürgerrecht während einem Jahr, den Militärpflichtersatz von Fr. 57 für 1928 betreffend. Auf ein Eevisionsgesuch ist das Kantonsgericht nicht eingetreten.

Ottiger ersucht um Erlass der Haftstrafe. Wie im Strafverfahren behauptet er, das kantonale Militärdepartement habe ihm nach erhobener Klage noch Teilzahlungen bewilligt, weshalb er mit ihrem Rückzug gerechnet habe. Sohuldhaftes Verhalten liege nicht vor ; die schwyzerischen Vollziehungsbestimmungen habe er nicht gekannt. Bis anhin seien Fr. 45 entrichtet; er sei verheiratet und habe in letzter Zeit wenig verdient.

Der Sektionschef von Küssnacht äussert sich in einem Bericht. Das Militärdepartement des Kantons Schwyz erachtet eine Begnadigung nicht als angezeigt. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Ermässigung der Haftstrafe
bis zu einem Tag.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung. Saumseligkeit liegt zweifellos vor.

Es ist für Ottiger bezeichnend, dass er bereits die Ersatzabgaben für 1924 bis 1927, die er nach Luzern schuldete, mit jahrelanger Verspätung beglich, d. h. erst nachdem ihm mit der Verurteilung gedroht worden war.

81. Karl H ä n g g i , verurteilt am 27. Oktober 1928 vom ständigen Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 27. 60 für 1928 betreffend.

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Hänggi, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um gänzliche oder bedingte Begnadigung. Arbeitslosigkeit habe ihn zurückgebracht. Er sei ohne Vorstrafe und empfinde die Verurteilung als ungerecht. Der Richter habe ihn auf den Begnadigungsweg verwiesen.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung, bestenfalls Ermässigung der Strafe um einen Tag. Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Ermässigung um einen Tag.

Wir b e a n t r a g e n Abweisung. Die Nachlässigkeit des ledigen Gesnchstellers, der bereits zweimal wegen Missaehtung militärischer Meldevorschriften gebüsst werden musste, legt eine Begnadigung nicht nahe.

82. Emil M ü l l e r , verurteilt am 10. September 1928 vom Gerichtspräsidenten V von Bern zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 55. 60 für 1927 betreffend.

Müller, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Verurteilung sei ihm unverständlich, da er bereits im März 1928 bezahlt habe; dem Richter werde dies nicht zur Kenntnis gekommen sein.

Der Polizeibericht von Aarau lautet günstig. Der Regierungsstatthalter II von Bern befürwortet die bedingte Begnadigung. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung, in der Meinung, es könne bei der Mindeststrafe sein Bewenden haben. Zugunsten Müllers spricht der Polizeibericht von Aarau und die rechtzeitige Bezahlung der Abgabe für 1928. Demgegenüber ergeben jedoch die Akten ohne weiteres, dass die Bestrafung des ledigen, damals in Bern wohnenden Ersatzpflichtigen mit dem keineswegs einwandfreien Leumund zusammenhing. Unter diesen Umständen kann es bei der Mindeststrafe sein Bewenden haben.

83. Hermann Vögeli, verurteilt am 15. November 1928 vom Bezirksgericht Laufenburg zu 2 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 21.30 für 1928 betreffend.

Vögeli, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er habe bis anhin die Ersatzabgabe stets bezahlt; zufällig sei er ira vergangenen Jahr als Mitglied von Vereinen stark beansprucht worden, so dass er zeitweilig über keine Geldmittel verfügt habe.

Das urteilende Gericht empfiehlt Vögeli zur Begnadigung. Die eidgenössische Steuerverwaltung, auf deren Bericht
wir Bezug nehmen, beantragt Herabsetzung der Haft um einen Tag.

Angesichts der unzweifelhaften Saumseligkeit des ledigen Gesuchstellers, der nach zwei Vorladungen schliesslich polizeilich vorgeführt werden musste, b e a n t r a g e n wir Abweisung. Wir verweisen auch auf den Auszug aus dem Zentralstrafenregister,

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84. CharlesChappuis, verurteilt am 18. Juni 1928 vom Polizeigericht des Kantons Genf zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 264. 75 für 1925 und frühere Jahre betreffend; ein Aktenstück lautet unrichtig auf 2 Tage Haft.

Chappuis ersucht um Erlass der Haftstrafe. Der Strafvollzug wäre ihm außerordentlich peinlich. Die Rückstände seien einzig auf den geschäftlichen Misserfolg zurückzuführen. Er verspricht weitere Teilzahlungen.

Die Staatsanwaltschaft. des Kantons Genf empfiehlt die bedingte Begnadigung unter Ansetzung einer Zahlungsfrist.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Steuerverwaltung Abweisung; Chappuis hat seit dem Juli 1928 an die namhaften Rückstände nicht die geringste Teilzahlung mehr geleistet. Laut Mitteilung der Genfer Behörde weist er eine Haftstrafe von 1924 auf.

85. André F l ü c k i g e r, verurteilt am 29. Oktober 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 43. 60 für 1928 betreffend.

Flüekiger ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er Krankheit der Ehefrau und Familienlasten geltend macht.

Der Gemeinderat von Pruntrut, der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Die Gesuchsanbringen sind ungenau. Die Gleichgültigkeit Flückigers geht deutlich daraus hervor, daes er trotz Zahlungsversprechen heute noch die ganze Abgabe schuldet.

86. Albert G a i l l a r d , verurteilt am 16. April 1928 vom Polizeigericht von Genf zu 2 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 25. 75, Restbetrag für 1923, betreffend.

Gaillard ersucht um Erlass der Haftstrafe, wozu er einzig mitteilt, heute bloss noch Fr. 10 zu schulden.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf beantragt Abweisung, Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Es handelt sich um einen Ersatzpflichtigen, der als wohlhabend aber geizig bezeichnet wird. Im übrigen beziehen wir uns auf den Polizeibericht.

87. Ernst G äs s, verurteilt am 7. Marx; 1929 vom Polizeigericht Ariesheim zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 28 für 1926 betreffend.

Gass ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Infolge eines ansserdienstlichen Unfalls,
der ihn schwer geschädigt habe, sei er 1926 vom Wiederholungskurs dispensiert worden. Den Pflichtersatz habe er wegen geschäftlichen Verpflichtungen nicht begleichen können.

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Die Polizei- und Militärdirektionen des Kantons Bagelland beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Nach vier Vorladungen mueste Gass polizeilich vorgeführt werden. Er versprach schon vor anderthalb Jahren sofortige Zahlung.

88. Ernst H ö n g e r , verurteilt am 11. Februar 1929 vom Gerichtspräsidenten von Aarwangen zu 3 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 54.10 für 1928 betreffend.

Hönger, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, schreibt in einer Eingabe, die wir mit den Kantonsbehörden als Begnadigungsgesuch behandeln, die Bestrafung sei unverdient. Er habe den Pflichtersatz nach längerer Arbeitslosigkeit aus dem ersten Lohn entrichtet.

Der urteilende Richter erklärt, sich der Begnadigung mit allem Nachdruck zu widersetzen. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Hönger weist eine Haftstrafe von 1927 auf. Die persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers ergeben ohne weiteres, dass er im Begnadigungswege kein besonderes Interesse erwecken kann. Wir verweisen auf das Urteil.

89. Ernst B a d e r , verurteilt am 30. Oktober 1928 vom ständigen Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 26.10 für 1928 betreffend.

Bader ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Eine in anderer Sache durchgeführte, hernach eingestellte Strafuntersuchung habe ihn schwer geschädigt und zurückgebracht. Der Haftvollzug würde ihn beruflich erneut beeinträchtigen.

Das PoLizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung, Wir beziehen uns auf die Urteilserwägungen, den Vorstrafenbericht und die Angaben der eidgenössischen Steuerverwaltung.

90. Gustav M ü l l e r , verurteilt am 16. Mai 1928 vom Gerichtspräsidenten V von Bern zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Franken 42. 10 für 1927 betreffend.

Für Müller, der vier Tage vor der Beurteilung bezahlt hat, ersucht ein Verbandssekretariat um Erlass der Haftstrafe ; einem Schreiben Müllers sei zu entnehmen, dass der Verzug auf missliche Verhältnisse zurückzuführen sei.

Die Polizeidirektion der
Stadt Bern befürwortet die gänzliche, der Regierungsstatthalter H die bedingte Begnadigung. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Abweisung.

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Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung. Wir beziehen uns auf die UrteilserwSgungen und betonen, dass sich der Gesuehsteller seit Jahren nie ernstlich um die Regelung des Pflichtersatzes bemüht hat. Es besteht eine militärgerichtliche Strafe von 1920.

91. Josef E r ni, verurteilt am 28. Dezember 1928 vom Amtsgericht Luzern zu 4 Tagen Haft, den Militärpflichtersatz von je Fr. 36 für 1926 und 1927 betreffend.

Erni ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Entrichtung des Pflichtersatzes sei wegen Arbeitsmangels unterblieben. Fortan werde er bestrebt sein, den Verpflichtungen nachzukommen. Es handle sich um die erste Strafe.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt Herabsetzung der Haftstrafe um die Hälfte. Das Militär- und Polizeidepartement des Kantons Luzern, ebenso das Justizdepartement beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Der Gesuchsteller betreibt eine Holzbildhauerei, die ihm einen bescheidenen Verdienst einbringt. Beim Fehlen von Vorstrafen wäre die bedingte Begnadigung denkbar, jedoch hat sich Erni bis anhin, ausser einer Teilzahlung von Fr. 20, erfolgt am Tage seiner ersten Einvernahme, zu einer Regelung seiner Angelegenheit nicht verstehen können.

Das urteilende Gericht gewährte ihm auf seine Zahlungsversprechen hin die Möglichkeit massiger Teilzahlungen, ein Vorgehen, das an sich über die Aufgabe des Richters hinausgeht und dartun kann, dass Erni weitgehendes Entgegenkommen gefunden hat. Für den Pflichtersatz von 1928 ist er dem Richter neuerdings überwiesen.

92. Ernst L ü t h i , verurteilt am 8. November 1928 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu 4 Tagen Haft und Wirtshausverbot bis zur Begleichung der Ersatzabgabe, längstens aber während 6 Monaten, den Militärpflichtersatz von Fr. 43.60 für 1924 bis 1926 betreffend.

Lüthi ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Er bezieht sich auf den früheren Aufenthalt im Ausland und den geleisteten Aktivdienst.

Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes erachtet die Begnadigung als unzweckmässig. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung. Die rückständigen Beträge stehen heute
noch aus. Wir verweisen auf den Bericht des Sektionschefs von Courchavon. Es besteht eine Vorstrafe.

93. Robert H ö h en er, verurteilt am 8, Mai 1928 vom Bezirksamt Unterrheintal zu 4 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 15. 75 Üir 1926/27 betreffend.

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Höhener ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er bezieht sich auf den geleisteten Aktivdienst, längere Arbeitslosigkeit und Krankheit in der Familie ; er sei Vater von sechs Kindern unter zwölf Jahren.

Der Gemeinderat Thal schreibt, die Begnadigung würde gegenüber jedem ein Unrecht bedeuten, der seinen militärischen Pflichten nachkomme.

Der Bezirksammann, die Staatsanwaltschaft des Kantons 8t. Gallen und das kantonale Justizdepartement beantragen Ermässigung der Haftstrafe bis zu einem Tag. Diese Anträge ergingen im September/Oktober letzten Jahres. Seither ist das kantonale Polizei- und Militärdepartement ersucht woiden, zunächst die Begleichung der Rückstände zu erwirken. Höhener leistete jedoch den wiederholten Vorladungen des Sektionschefs keine Folge, was für seine Gleichgültigkeit bezeichnend ist. Das Polizei- und Militärdepartement beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, die mit Vernehmlassungen vom 11. Oktober 1928 und 7. März 1929 Stellung nimmt, b e a n t r a g e n wir Abweisung. Das Bestreben, eine mildere Schlussnahme in die Wege zu leiten, ist am Verhalten des Gesuchstellers gescheitert. Es besteht eine Vorstrafe.

94. Friedrich S c h l a f l i , verurteilt am 15. August 1928 vom Gerichtspräsidenten V von Bern zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz von Fr. 28.60 für 1927 betreffend.

Schläfli, der im Laufe des Strafverfahrens bezahlt hat, ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe. Er. sei im Glauben gestanden, als 1887er bereits im Jahre 1927 nicht mehr ersatzpflichtig zu sein, habe aber in der Folge bezahlt, weshalb er das Urteil als Ungerechtigkeit empfinde.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Regierungsstatthalter II dea Amtsbezirkes, die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung.

Die Bundesanwaltschaft äusserte sich der Polizeidirektion des Kantons Bern gegenüber mit Bericht vom 18. Dezember 1928 über die Frage des Strafvollzuges bzw. -aufschubes.

Wir b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Steuerverwaltung Abweisung. Die Darstellung des Gesuches iat wenig glaubwürdig. Bei den vorhandenen Vorstrafen erweckt Schläfli kein besonderes Interesse. Immerhin mag bemerkt werden, dass er heute nicht mehr ersatzpflichtig ist.

95, Charles J. G a n z e r , verurteilt am 21. November 1928 vom Bezirksgericht
Aarau zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpfliclitersatz von Fr. 57. 60 für 1927 betreffend.

Ganzer ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er setzt sich mit den Urteilserwägungen auseinander, um darzutun, dass ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgelegen habe.

849 Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung. Ganzer hat keinen guten Leumund. Er ist vorbestraft. Die im Begnadigungsgesuch zugesicherten Teilzahlungen sind erst nachträglich erfolgt. Von Aarau ist er seinerzeit ohne Abmeldung nach Genf gezogen, unter Hinterlassung von Schulden.

96. Brno C ari s e h , verurteilt am 24. Januar 1928 vom Kreisgerichtsausschuss Sehanfigg zu 4 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersats von Fr. 33 für 1927 betreffend.

Carisch ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er sei Familienvater.

Den Pflichtersatz habe er nachträglich bezahlt.

Das Kreiskommando 36, Chur, und das Justiz- und Polizeideparte«ient des Kantons Graubünden können die Begnadigung nicht empfehlen.

Mit der eidgenössischen Steuer ver waltung b e a n t r a g e n wir Abweisung. Es handelt sich um einen Arbeitsscheuen, der bereits in eine Korrektionsanstalt verbracht werden musste.

97. Arnold S c h ö n i , verurteilt am 30. November 1928 vom GerichtsStatthalter von Olten-Gösgen zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflicht«rsatz von Fr. 27. 60 für 1928 betreffend.

Sehöni ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Er macht Arbeitslosigkeit, Krankheit der Ehefrau und daherige Auslagen geltend. Der Strafvollzug gefährde seine Anstellung.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Schöni weist zwei Vorstrafen auf, wovon eine betreffend den Pflichtersatz 1924. Den im Gesuch wiederholten Zahlungsversprechen ist er nioht nachgekommen.

98. Adolf K n e c h t , verurteilt am 20. November 1928 vom Gerichts:statthalter von Olten-Gösgen zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 24. 60 für 1928 betreffend.

Knecht ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Längere Arbeitsunfähigkeit, Krankheit der Ehefrau und eines Kindes, in Verbindung mit Anderweitigen Familienlasten hätten ihn zurückgebracht.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung. Wäre Knecht nicht vorbestraft, Hesse sich allenfalls eine Begnadigung, mit Rücksicht auf die Familienverhältuisse, befürworten.

Knecht selbst verdient jedoch kein besonderes Entgegenkommen. Wir beziehen uns auf die Urteilserwägungen, den Bericht des Gemeinderates von Trimbach und des kantonalen Polizeidepartementes ; der Pflichtersatz steht heute noch aus.

850 99. Ernst T e u s c h e r , verurteilt am 25. Januar 1928 vom Bezirksgericht Aarau zu 3 Tagen Gefängnis, den Militärpflichtersatz von Fr. 55 für 1922 bis 1927 botreffend.

Teuscher ersucht mit Eingabe vom 29. Dezember 1928 um Erlass der Gefängnisstrafe. Der Strafvollzug gefährde seine Stelle. Die Frau stehe vor der siebenten Entbindung.

Die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die bedingte Begnadigung.

Obwohl das Vorleben und Verhalten Teuschers ein Entgegenkommen nicht zu rechtfertigen vermöchten, könne seine heutige, dürftige Lage berücksichtigt werden.

Demgegenüber b e a n t r a g e n wir deshalb Abweisung, weil Teuscher in den Jahren von 1914 bis 1923 zwölf Strafen, wovon zehn Freiheitsstrafen, aufweist. Bei dieser Sachlage ist unseres Erachtens in den Vordergrund zu rücken, dass Teuscher bezeichnenderweise von 1921 bis 1927 militärisch nirgends gemeldet war. Die Gesuchsanbringen sind dermalen zeitlich überholt und es lässt sich unbedenklich sagen, dass der Strafvollzug hier keinerlei Härte bedeutet. Wir sehen deshalb davon ab, auf das Strafverfahren näher einzutreten.

100. Max D ü r r , verurteilt am 11. April 1928 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern zu einem Tag Haft, den Militärpflichtersatz voa Fr. 26. 60, Restbetrag, für 1927 betreifend.

Für Dürr ersucht ein Anwalt um Erlass der Haftstrafe. Dürr habe während der zweiten Mahntrist Fr. 20 bezahlt ; hinsichtlich des Restbetrages,.

der am 30. Januar 1928 entrichtet worden ist, habe ihm der Sektionschef erklärt, die Zahlung könne bis Ende Januar rechtzeitig erfolgen.

Der Gesuchsteller habe während längerer Zeit seinen Vater unterstützt und sei ausserstande gewesen, die Angelegenheit früher zu regeln. In persönlicher Hinsicht gebe er zu keinerlei Klagen Anlass. Im übrigen wird geltend gemacht, Dürr sei die neuere, schärfere Gerichtspraxis zumVerhängnis geworden. Der Pflichtersatz für 1928 sei beglichen.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern befürwortet den gänzlichen, der Regierungsstatthalter I des Amtsbezirkes den bedingten Erlass der Haftßträfe. Der Kantonskriegskommissär und die Polizeidirektion des KantonsBern beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuer Verwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung. Der Sektionsohef von Bern bestreitet die Erteilung einer Fristverlängerung. Dürr ist ledig. Aus den Akten ergibt sich ohne weiteres^ dass Saumseligkeit vorliegt. Die vorhandene Mindeststrafe legt eine Begnadigung keineswegs nahe.

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Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 30. Mai 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Dr. Haab.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1929). (Vom 30. Mai 1929).

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1929

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23

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2448

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05.06.1929

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