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Bundesblatt

8l. Jahrgang.

Bern, den 26. Dezember 1929.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzelle oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Bundesbeschluss betreffend

die Revision der Art. 31 und 32bis der Bundesverfassung und die Aufnahme eines neuen Art. 32quater (Alkoholwesen).

(Vom 5. Dezember 1929.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 29. Januar 1926, beschliesst:

Art. 1.

Der Abstimmung des Volkes und der Stände wird zur Revision der Bestimmungen der Bundesverfassung über die gebrannten Wasser und über den Handel mit nicht gebrannten geistigen Getränken die nachstehende Vorlage unterbreitet, wonach lit, 6 und c von Art. 31 sowie Art. 32bis durch folgende Bestimmungen ersetzt werden : Art. 31 : b. Die Herstellung, die Einfuhr, die Reinigung, der Verkauf und die fiskalische Belastung gebrannter Wasser, nach Massgabe der Art. 32bis und 32*" -, c. Das Wirtschaftswesen und der Handel mit geistigen Getranken, nach Massgabe des Art. 32quater; Der Eingang von Art. 31 lautet wie folgt: ,,Die Freiheit des Handels und der Gewerbe ist im, ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet. Vorbehalten sind: a. . . . " Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. III.

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Ari. 35bis. (') Der Bund ist befugt, auf dem Wege der Gesetzgebung Vorschriften über die Herstellung, die Einfuhr, die Keinigung, den Verkauf und die fiskalische Belastung gebrannter Wasser zu erlassen.

(s) Die Gesetzgebung ist so zu gestalten, dass sie den Verbrauch von Trinkbranntwein und dementsprechend dessen Einfuhr und Herstellung vermindert. Sie fördert den Tafelobstbau und die Verwendung der inländischen Brennereirohstoffe als Nahrungs- oder Futtermittel. Der Bund wird die Zahl der Brennapparate vermindern, indem er solche auf dem Wege der freiwilligen Übereinkunft erwirbt.

(3) Die gewerbsmässige Herstellung gebrannter Wasser wird durch Konzessionen genossenschaftlichen und andern privatwirtschaftlichen Unternehmungen übertragen. Die erteilten Konzessionen sollen die Verwertung der Abfälle des Obst-, Wein- und Zuckerrübenbaues und der Überschüsse des Obst- und Kartoffelbaues ermöglichen, soweit diese Rohstoffe nicht anders zweckmässig verwendet werden können.

(4) Das nicht gewerbsmässige Herstellen oder Herstellenlassen von Trinkbranntwein aus Obst und Obstabfällen, Obstwein, Most, Wein, Traubentrestern, Weinhefe, Enzianwur/eln und ähnlichen Stoffen ist in den schon vorhandenen Hausbrennereien oder in fahrbaren Brennereien gestattet, wenn diese Stoffe ausschliesslich inländisches Eigen- oder Wildgewächs sind. Dieser Branntwein ist steuerfrei, soweit er im Haushalt und Landwirtschaftsbetrieb des Produzenten erforderlich ist. Die nach Ablauf einer Frist von fünfzehn Jahren, vom Zeitpunkt der Annahme dieses Artikels an, noch bestehenden Hausbrennereien bedürfen zum Weiterbetrieb einer Konzession, welche ihnen unter den im Gesetz aufzustellenden Bedingungen gebührenfrei zu erteilen ist.

(6) Die fiskalische Belastung der Spezialitäten aus Steinobst, Wein, Traubentrestern, Weinhefe, Enzianwurzeln und ähnlichen Stoffen erfolgt in Form der Besteuerung. Dabei soll ein angemessenes Entgelt für die Eohstoffe inländischer Herkunft gewahrt bleiben.

0 Mit Ausnahme des steuerfreien Eigenbedarfes und der Spezialitäten ist der im Inlande hergestellte Branntwein dem Bunde abzuliefern, der ihn zu angemessenen Preisen übernimmt.

(7) Keiner Besteuerung unterliegen die Erzeugnisse, welche ausgeführt oder durchgeführt werden oder denaturiert sind.

(8) Die Einnahmen aus der Besteuerung des Ausschanks und
des Kleinhandels innerhalb des Kantonsgebietes verbleiben den Kantonen. Die Patente für den interkantonalen und internationalen Kleinhandel werden vom Bunde ausgestellt ; die Einnahmen werden auf die Kantone im Verhältnis der Wohnbevölkerung verteilt.

(9) Von den Eeineinnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser erhalten die Kantone die Hälfte, die im Verhältnis der Wohnbevölkerung unter sie zu verteilen ist ; von seinem Anteil hat jeder

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Kanton wenigstens zehn Prozent zur Bekämpfung des Alkoholismus in seinen Ursachen und Wirkungen zu verwenden. Die andere Hälfte der Beineinnahmen verbleibt dem Bunde und ist für die Alters- und Hinterlassenenvefsìctìerung zu verwenden und bis zu deren Einführung in den bezüglichen Fonds zu legen.

Art. 3,2«UIIler. (^ Die Kantone können auf dem Wege der Gesetzgebung die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes und des Kleinhandels mit geistigen Getränken den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterwerfen. Als Kleinhandel mit nicht gebrannten geistigen Getränken gilt der Handel mit Mengen von weniger als zwei Litern.

(2) Der Handel mit nicht gebrannten geistigen Getränken in Mengen von zwei bis zehn Litern kann innerhalb der Grenzen von Art. 31, lit. e, von den Kantonen auf dem Wege der Gesetzgebung von einer Bewilligung und der Entrichtung einer massigen Gebühr abhängig gemacht und der behördlichen Aufsicht unterstellt werden.

(3) Der Verkauf nicht gebrannter geistiger Getränke darf von den Kantonen, abgesehen von den Patentgebühren, mit keinen besondern Steuern belastet werden.

(*) Juristische Personen dürfen von den Kantonen nicht ungünstiger behandelt werden als natürliche. Die Produzenten von Wein, Obstwein und Most können ihr Eigengewächs in Mengen von zwei und mehr Litern ohne Bewilligung und ohne Gebühr verkaufen.

(5) Der Bund ist befugt, auf dem Wege der Gesetzgebung Yorschriften für die Ausübung des Handels mit nicht gebrannten geistigen Getränken in Mengen von zwei und mehr Litern aufzustellen. Diese Vorschriften dürfen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen.

(6) Das Hausieren mit geistigen Getränken sowie ihr Verkauf im Umherziehen sind untersagt.

Art. 2.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung des Beschlusses beauftragt.

Also beschlossen vom Nationalrat, B e r n , den 4. Dezember 1929.

Der Präsident: E.-Paul Graber.

Der Protokollführer : G. Bovet.

Also beschlossen vom Ständerat, B e r n , den S.Dezember 1929.

Der Präsident: Messmer.

Der Protokollführer: Kaeslin.

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Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t beschliesst: Veröffentlichung des vorstehenden Bundesbeschlusses im Bundesblatt.

B e r n , den 5. Dezember 1929.

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler : Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesbeschluss betreffend die Revision der Art. 31 und 32bis der Bundesverfassung und die Aufnahme eines neuen Art. 32quater (Alkoholwesen). (Vom 5. Dezember 1929.)

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1929

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52

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26.12.1929

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645-648

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