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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Margot, Albert, in Lausanne.

(Vom 11. März 1913.)

Tit.

Margot, Albert, geb. 1878, von Ste-Croix, in Lausanne, hatte beim Bundesrate die Enthebung vom Militärpflichtersatz und die Rückerstattung der von 1901 bis 1912 entrichteten Steuerbeträge nachgesucht. Er war im Herbst 1901 wegen Verdachts auf Tuberkulose ausgemustert worden und machte nun in Begründung seines Begehrens geltend, dass der Militärdienst im letzteren Jahre seine Ausmusterung veranlasst habe.

Nach Art. 2, lit. &, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz, vom 28. Juni 1878, sind Wehrpflichtige, welche infolge des Dienstes militäruntauglich geworden sind, von dieser Steuer enthoben. Der Bundesrat wies in Erwägung, dass der in dieser Gesetzesbestimmung für die Steuerbefreiung verlangte Tatbestand laut Bericht der Abteilung für Sanität nicht vorliege, am 25. Oktober 1912 die von Margot gestellten Begehren ab. Gegen diesen Entscheid hat der Genannte mit Eingabe vom 2. Dezember 1912 an die eidgenössischen Räte rekurriert. Er macht dabei geltend, dass er bei der Aushebung diensttauglich erklärt worden und bis zum Wiederholungskurse von 1901 nie krank gewesen sei; nach seiner Ausmusterung habe ihn niemals wieder eine Krankheit befallen. Nur im Wiederholungskurse von 1901 selbst sei er erkrankt ; wenn man aber auch annehmen wollte, dass er schon vorher mit Tuberkulose behaftet gewesen wäre, so könne

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Den Ausführungen des Rekurrenten gegenüber verhält sich 'der. wirkliche Sachverhalt wie folgt: A. Margot, damals Füsilier im Bataillon 7/II, hatte sich am 17. August 1901, d. h. nach sechstägiger Dienstleistung im Wiederholungskurse, krank gemeldet und war dann drei Tage später ·wegen Seitenstechens und Verdachts auf Lungentuberkulose vom Bataillonsarzt in das Kantonsspital nach Lausanne versetzt worden.

Der Spitalarzt fand, dass Margot an allgemeiner Schwäche litt ·und als tuberkuloseverdächtig angesehen werden müsse ; er entliess alsdann den Patienten, dessen Zustand sich inzwischen .gebessert hatte, auf Weisung des Oberfeldarztes hin am 21. Sep·tember 1901 nach Hause. Am 17. Oktober des gleichen Jahres wurde Margot, wie bereits erwähnt, von der sanitarischen Unter·suchungskommission wegen Verdachts auf Tuberkulose dienstfrei «rklftrt.

Nach dem Gutachten des Oberfeldarztes ist es durchaus aus-geschlossen, dass die Lungentuberkulose in den wenigen Tagen, während welchen der Rekurrent 1901 Dienst geleistet hatte, -entstanden sei. Es kann aber auch nicht angenommen werden, dass der Dienst eine Verschlimmerung des Leidens herbeigeführt hat, denn die Symptome des letztern waren so unbedeutend, dass ·es weder dem Truppen- noch dem Spitalarzte möglich war, mehr .als den V e r d a c h t auf Tuberkulose auszusprechen, und dass -auch die Untersuchungskommission ihren Entscheid ebenfalls nur .auf einen solchen V e r d a c h t gründen konnte. Es entspricht somit nicht den Tatsachen, wenn vom Rekurrenten geltend gemacht wird, er sei wegen einer im Dienste entstandenen oder
.zum mindesten wegen einer durch den Dienst verschlimmerten Krankheit dienstuntauglich geworden. Ferner ist auch seine Anmahme unrichtig, dass ihm, wenn er in seiner Erwerbsfähigkeit Bundesblatt. 65. Jahrg. Bd. I.

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630 beschränkt worden wäre, eine Pension hätte zugesprochen werden.)

müssen. Der Fall wäre nach Massgabe des Bundesgesetzes betreffend Militärpensionen, vom 13. November J874, zu erledigen gewesen ; darnach wäre, da die Krankheit nicht durch den Miliärdienst verursacht wurde, eine Entschädigung nicht zu bezahlen' gewesen.

Aber auch das Bundesgesetz betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall, vom 28. Juni 1901,.

schliesst in Art. 8 einen Anspruch auf Leistungen der Militärversicherung bei Vorhandensein vordienstlicher Krankheiten aus(den hier nicht zutreffenden Fall von Absatz 2 ausgenommen).

Gerade um einer zu weit gehenden Inanspruchnahme der Militärversicherung nach Möglichkeit vorzubeugen, werden Leute, sobald nur das Vorhandensein eines tuberkulösen Leidens wahrscheinlich ist, ausgemustert, denn es besteht erfahrungsgemäß die Tendenz,, die durch die Tuberkulose bei ihrer Entwicklung hervorgerufenen Krankheitserscheinungen einfach alle dem Dienste zuzuschreiben,, wenn sie dann zufällig während desselben zutage treten. Dabei wird, wie es im vorliegenden Falle seitens des Rekurrenten geschieht,, von den Ansprechern darauf abzustellen gesucht, dass sie bei der Aushebung diensttauglich, also noch als gesund befunden worden seien ; es ist aber einleuchtend, dass bei einer einmaligen, kurzen Untersuchung, wie solche bei der Rekrutierung stattfindet, unmöglich schon alle vorhandenen Krankheiten oder die Anlage zu künftigen Leiden herausgefunden werden können. Der Oberfeldarzt hatte sich denn auch geweigert, den Rekurrenten länger auf Kosten des Bundes verpflegen zu lassen, nachdem er sich auf Grund des Berichtes des Spitalarztes überzeugt hatte, dass der Bund zu keinen Leistungen gegenüber Margot verpflichtet war, und der Rekurrent hat weitere Ansprüche gegen die Militärversicherung nicht geltend gemacht. Wenn ihm für die Zeit seines Aufenthaltes im Spital zum reglementarisehen Sold noch ein Zuschuss von Fr. 70 vom schweizerischen Militärdepartemenl gewährt worden ist, so geschah dies aus kommiserativen Gründen, auf eine von der Gemeindebehörde ausgestellte Dürftigkeitsbeseheinigung hin; eine Anerkennung der Entschädigungspflicht,, in welcher zugleich eine präjudizierende Bejahung der Frage des ursächlichen Zusammenhanges liegen würde, darf somit in.

dieser Verfügung
des Departements nicht erblickt werden.

Was schliesslich noch den vom Rekurrenten angeführten' Umstand anbelangt, dass er seit seiner Ausmusterung nie auch« nur im geringsten krank gewesen sei, so ist derselbe völlig ua-

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erheblich. . Gewiss ist es erfreulich, wenn das Leiden des Rekurrenten keine weitern Fortschritte gemacht und ihn in seiner .Erwerbsfähigkeit nicht beschränkt hat. Es ändert dies jedoch nichts an der Tatsache, dass er im August, September und Oktober 1901 Symptome darbot, welche bei den Ärzten den Verdacht auf eine latente Lungentuberkulose aufkommen Hessen, d. h. auf ein Leiden, das, wie bereits erwähnt, nicht erst im kurzen Dienste entstanden sein konnte.

In Umfassung des Angebrachten stellen wir fest, dass die Voraussetzung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Dienst und Ausmusterungsgrund, an welche Art. 2, lit. 6, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz die Enthebung von dieser Steuer knüpft, hier nicht erfüllt ist, und dass daher dem A. Margot ein Anspruch auf Steuerbefreiung nicht zuerkannt werden kann. Damit fällt auch die Frage der Steuerrückerstattung von vorneherein ausser Betracht. Im übrigen hat der Bundesrat die Rückerstattung von Militärsteuerbeträgen gegenüber rechtskräftig gewordenen Steuerveranlagungen stets abgelehnt, und diese gefestigte Praxis ist durch die Schlussnahme der eidgenössischen Räte vom 8. März/22. Juni 1912 in Sachen Dupertuis geschützt worden (Bundesblatt 1911, V, 367 ff.).

Wir beehren uns demnach, Ihnen zu beantragen, es sei der von Albert Margot erhobene Rekurs abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 11. März 1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Margot, Albert, in Lausanne. (Vom 11. März 1913.)

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1913

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415

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19.03.1913

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