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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Aufhebung des Abbaues von Bundesbeiträgen an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen in lawinengefährdeten Gegenden (Vom 10. Juli .1951)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Aufhebung des Abbaues von Bundesbeiträgen an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen in lawinengefährdeten Gegenden zu unterbreiten.

Einleitung Die aussergewöhnliehen Schneefälle des Winters 1950/51 hatten zur Folge, dass in grossen Gebieten der Alpen zahlreiche Lawinen niedergingen, denen gegen 100 Menschen zum Opfer fielen. Überdies wurden gewaltige Sachschäden an Wohnhäusern, Ställen, Scheunen, Verkehrsanlagen, an Wald und Kulturland verursacht. Wie die beiliegenden Zusammenstellungen über die Lawinenschäden zeigen, wurden hauptsächlich die finanzschwachen Gebirgskantone Graubünden, Tessin, Uri und Wallis hart betroffen. Die Schäden erreichen ein solches Ausmass, dass die tatkräftige Hilfe der Allgemeinheit, d. h. von Bund und Kantonen, erforderlich ist. Ohne besondere Schutzmassnahmen droht die Entvölkerung ganzer Talschaften, da diese praktisch unbewohnbar werden. Es handelt sich somit um ein bevölkerungspolitisches Problem, das an die Grundlagen unseres Staates greift.

Provisorische Zusammenstellung der Lawinenschäden im Winter 1950/51 (Aufgenommen vom Forstdienst der Kantone) Beschädigte Waldbestände Kanton Fläche lia

Masse ras

Überschüttetes Kulturland ha

Gebäudeschäden

zerbestört schädigt Total

6,00

370,00

106,00

2600,00

20,70

4220,00

24

24

70,00

9000,00

14

14

347,00

65050,00

483,50

473

144,00

16000,00

195,00

187

. . . .

62,00

5 870,00

115,00

134

Total Lawinenschäden im Jahre 1887/88

755,70

103 110,00

2593,50

919

Uri . . . .

Glarus

. .

St. Gallen

Tessin Wallis

1325,00

82091,00

1800,00

25

8

33

62

48

110

190

Umgekommene Personen

Verschüttetes Vieh (tot) Gross- SchmalTotal vieh vieh

13

58

126

184

2

7

2

9

565

53

80

135

215

187

16

10

77

87

25

159

8

7

28

35

173

1092

92

162

368

530

92

660

850

49

1 665

665

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482 Nicht nur soll aber wieder gutgemacht werden können, was Naturgewalten zerstört haben, sondern es muss auch das Notwendige in einem finanziell tragbaren Bahmen vorgekehrt werden, um ähnlichen Katastrophen in Zukunft nach Möglichkeit zu begegnen. Auf Grund der Bundesgesetze vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei und vom 22. Dezember 1898 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund war die Eidgenossenschaft in der Lage, bis zum Abbau der Beitragsansätze durch die Finanzprogramme (ab 198S) wirksame Hilfe an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen zu gewähren. Durch die Sparmassnahmen des Bundes konnten die Aufforstungen und Verbauungon seit bald 20 Jahren nicht mehr so gefördert werden, wie dies die Sicherheit der Bergbevölkerung verlangt hätte. Zudem sind die zum grossen Teil dem Bodenverbesserungswesen obliegenden Wiedergutmachungsarbeiten oft mit den abgebauten Beitragsansätzen kaum finanzierbar. Um den Sicherungsarbeiten in lawinengefährdeten Gebieten einen neuen Impuls zu geben und die Wiedergutmachung der Schäden für die Bergbevölkerung finanziell tragbar zu gestalten; sind die ursprünglichen Beitragsansätze gemäss den weiter oben erwähnten grundlegenden Gesetzen wieder herzustellen. Diesem Zwecke dient der beiliegende Beschlussesentwurf, welcher in lawinengefährdeten Gebieten für forstliche, in den Sohadengebieten für landwirtschaftliche Arbeiten die Aufhebung des Abbaues der Bundesbeiträge vorsieht.

Wie die Erfahrung lehrt und wie dies die Lawinenkatastrophe des letzten Winters neuerdings bestätigt, genügen aber die geltenden forstgesetzlichen Bestimmungen nicht, um der Bergbevölkerung wirksame Hilfe zu bringen. Es wird deshalb notwendig sein, Massnahmen zu unterstützen, die bisher entweder nur durch weitherzige Interpretation gesetzlicher Bestimmungen oder überhaupt nicht vom Bunde gefördert werden konnten. Diese Massnahmen bilden Gegenstand eines besonderen Entwurfes zu einem Bundesgesetz über die teilweise Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 11. OktQber 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei.

Im nachstehenden gestatten wir uns, vorerst auf die forstlichen und alsdann auf die landwirtschaftlichen Verhältnisse einzutreten.

A. Forstlicher Teil l. Die Lawinerikatastrophen
des Winters 1950J51 und die SchutzvArkung des Waldes Seit dem-Winter 1887/88 wurde unser Land nie mehr in einem Umfang wie im laufenden Jahr durch Lawinen heimgesucht. Die beiden Katastrophen haben das Gemeinsame, dass sie durch ähnliche extreme Witterungsfaktoren (Niederschlag, Temperatur, Wind, Sohneeunterlagen u. a.), die sich nur auf gewisse Gebiete der Alpen auswirkten, hervorgerufen wurden. Aus dem Vergleich der Zahlen in der beiliegenden Tabelle geht hervor, dass die Auswirkungen der Katastrophe 1950/51 bedeutend grösser sind als diejenigen von 1887/88.

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Die zur Linderung der grössten Not vom schweizerischen Boten Kreuz durchgeführte Sammlung hat mit über 14 Millionen Franken ein schönes Ergebnis gezeitigt. Vieles wird durch die gespendeten Mittel wieder gutgemacht werden können ; es wird aber nur in beschränktem Masse möglich sein, sie für die Finanzierung von Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen heranzuziehen.

An Lawinenniedergängen des letzten Winters lässt sich zeigen, wie unvorsichtige Abholzungen früherer Zeiten zur Entstehung groeser Lawinen Anlass gaben. Die Lawinen von Andermatt, Airolo, Vais, St. AntÖnien sind an Hängen losgebrochen, die früher bis an die Waldgrenze (ca. 2000 m) dicht bewaldet waren. Grosse Schutzwaldflächen fielen in früheren Jahrhunderten den Eisenund Glashütten, den Salzpfannen und Kalköfen zum Opfer. Aber auch durch den Weidgang des Gross- und Kleinviehs, durch Holzreisten und nachlässige Behandlung wurden grosse Teile unseres Gebirgswaldes stark gelichtet. Der Tritt des Weideviehs verhärtete den Boden und verhinderte damit das Aufkommen der natürlichen Verjüngung.

Als Folge der landwirtschaftlichen Benutzung (Weidgang, Streuenutzung) solcher Wälder wurde die obere Waldgrenze künstlich um oft mehrere 100 in herabgedrüokt. Die Entwaldung dieser Zonen hat die Entstehung von Lawinen besonders begünstigt, indem gerade in solchen Höhenlagen grosse Lawinenanrissgebiete entstanden.

Wie sich auch im letzten Winter wieder gezeigt hat, bilden verlichtete, überalterte Waldungen keinen zuverlässigen Schutz mehr gegen La~winen.

Wenn solche oberhalb der Waldungen losbrechen, vermag der schwachbestockte Wald die Wucht der Lawine wohl zu dämpfen, aber nicht aufzuhalten.

Der gut bewirtschaftete Wald dagegen schützt vor der. Bildung von Lawinen durch den Bückhalt, den die einzelnen Bäume der Schneedecke gewähren ; er bricht die Gewalt des Windes und verhindert damit die Entstehung von gefährlichen Schneeanhäufungen.

Der Wald schützt aber nicht nur vor Lawinen und Steinschlag, sondern er reguliert auch den Wasserabfluss, verhindert die Geschiebeführung gefährlicher Wildbäche und übt einen ausgleichenden Einfluss auf das Lokalklima aus.

Die wohltätigen Schutzwirkungen des Waldes werden noch heute vielfach -- selbst von der Gebirgsbevölkerung ·-- unbeachtet gelassen.

Naturkatastrophen, wie die Wassernot des Jahres 1868
und die beiden bereits erwähnten Lawinenkatastrophen zeigen, wozu die Missachtung der Erkenntnis über die Schutzfunktionen des Waldes führt. Leider werden seine Dienste oft erst dann gewürdigt, wenn er verschwunden ist und die unheilvollen Folgen der Abholzung sich in schrecklicher Weise fühlbar machen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ohne die Schutzwirkung des Waldes die Lawinenkatastrophen des Winters 1950/51 ein viel grösseres Ausmass angenommen hätten. Die Wiederherstellung des Waldes bildet daher die Hauptaufgabe im Kampf gegen die Lawinen.

484 2. Rechtliche Grundlagen für die Abwehr von Lawinenschäden Erst anlässlich der Totalrevision der Bundesverfassung im Jahre 1874 erhielt der Bund das Oberaufsichtsrecht über die Porstpolizei im Hochgebirge.

Gestützt auf diese Verfassungsgrundlage entstand 1876 das erste eidgenössische Forstgesetz, das erlaubte, an Aufforstungen und Verbauungen in Gebirgsgegenden Bundesbeiträge auszurichten. .Nach einer Revision des Artikels 24 der Bundesverfassung vom Jahre 1897, welche das Oberaufsichtsrecht des Bundes über die Forstpolizei auf das ganze Gebiet des Landes ausdehnte, wurde 1902 das heute noch gültige Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei erlassen, das in den Artikeln 37 und 42, Ziffern 2 und 8, die Beitragsleistung des Bundes an die Gründung von Schatzwaldungen, an Lawmenverbauungen, an die Wiederinstandstellurig vernichteter Wälder bei ausserordentlichen Vorkommnissen u. a. regelt.

Um bestimmte Lücken dieser gesetzlichen Bestimmungen zu schliessen, reichte Herr Nationalrat Bertoni am 7. Juni 1916 eine Motion ein, welche die Erhaltung und Mehrung des Waldareals im Hochgebirge bezweckte. Das Kreisschreiben des Bundesrates vom 1. November 1918 an sämtliche Kantonsregierungen betreffend Artikel 37 und 42 des Forstgesetzes erfüllt diese Forderung wie folgt: «In Interpretation des Artikels 87 des Bundesge&etzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei erklären wir die Überführung bisher auf Weide genutzter Flächen durch Ermöglichung des natürlichen Waldanfluges mittels Ausschlusses der Weidenutzung als Gründung von Schutzwald, unter der Bedingung, dass diese natürlichen Waldanlagen dem Schutzwaldareal einverleibt werden.» Sowohl der Erwerb solcher Gebiete zu öffentlichen Händen als auch deren Umzäunung wurden gemäss Artikel 42, Ziffer 2, des eidgenössischen Forstgesetzes als beitragsberechtigt erklärt.

Auch der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1946 betreffend den Ersatz für Waldrodungen und Übernutzungen ermöglicht durch erhöhte Beiträge die Förderung von Aufforstungen und Wiederherstellungsarbeiten in verlichteten Waldungen. Dieser Beschluss hat aber eine zweckbedingte, beschränkte Gültigkeit. Er bezweckt vor allem die Behebung der dem Walde während der Kriegszeit durch die Übernutzungen verursachten Schäden;
die Bestimmungen dieses Beschlusses sind somit zur Hauptsache wirtschaftlicher Natur. Im vorliegenden Fall können diese Vorschriften deshalb nicht zur Anwendung gelangen, weil sie unter anderm die zusätzliche Unterstützung der besonders kostspieligen Verbauungen durch den Bund nicht vorsehen.

Für die Festsetzung der Bundesbeiträge an die Kosten von Aufforstungen und Verbauungen zum Schutze gegen Lawinen sowie an die damit in Verbindung stehenden Arbeiten galt .deshalb bisher einzig der erwähnte Artikel 42 des eidgenössischen Forstgesetzes, welcher die Beiträge auf maximal 80 Prozent der anerkannten Kosten festsetzt. Dieser hohe Ansatz wurde vorn Gesetzgeber im Jahre 1876, unter dem Eindruck ständig auftretender Lawinen-

485 ' schaden und der Hochwasaerkatastrophe vom Jahre 1868, in das erste eidgenössische Forstgesetz aufgenommen. Die Verbauungen, welche für die Sicherung von bestehendem oder zur Schaffung von neuem Schutzwald notwendig sind, liegen oft oberhalb der klimatisch bedingten forstlichen Vegetationsgrenze. Solche Werke müssen zeitlich unbegrenzt unterhalten werden. Es rechtfertigt sich deshalb, den kleinen, im allgemeinen finanziell sehwachen Berggemeinden, welche die Bauherrschaft und, was besonders schwer wiegt, den späteren kostspieligen Unterhalt der Werke übernehmen müssen, eine kräftige Hilfe zu gewähren. Es hat dabei die Meinung, dass auch an Ergänzungsprojekte zu bereits abgeschlossenen oder in Ausführung begriffenen Lawinenund Aufforstungsprojekten erhöhte Beiträge gewährt werden können.

Wie bereits erwähnt, wurden die ursprünglichen Beitragsansätze durch die Finanzprogramme abgebaut und betragen nach der für 1951-1954 gültigen Finanzordnung noch höchstens 50 %, wo das eidgenössische Forstgesetz 50-80 % vorsieht, höchstens 85 %, wo das eidgenössische Forstgesetz 50 % vorsieht, höchstens 80 %, wo das eidgenössische Forstgesetz 80-50 % vorsieht.

3. Bisherige Arbeiten und ihre Unterstützung durch den Bund Gestützt auf diese rechtlichen Grundlagen wurden während 70 Jahren, d. h. von 1878-1948, Verbauungen und Aufforstungen im Gesamtkostenbetrag von 56,2 Millionen Franken ausgeführt. An diese Ausgaben leistete der Bund einen durchschnittlichen Bundesbeitrag von 58,2 Prozent. Die restlichen Kosten trugen zu je ungefähr gleichen Teilen die Kantone einerseits sowie die waldbesitzenden Gemeinden, Korporationen und Privaten anderseits.

Die ausgeführten Arbeiten bestehen aus Pflanzungen (inklusive Bodenschürfungen), Entwässerungen, Lawinen-, Gelände- und Baohverbauungen sowie Einfriedigungen und Wegebauten. Sie verteilen sich bis 1948 auf 2826 vom Bunde unterstützte Projekte.

Von 1878 bis 1948 wurden rund 166 Millionen Pflanzen verwendet und erhebliche Mengen Forstsamen gesät ; dabei wurde den Provenienz- und pflanzensoziologischen Fragen in der letzten Zeit besondere Beachtung geschenkt. Im gleichen. Zeitraum wurden 4680 km offene Entwässerungsgräben ausgehoben und damit die Voraussetzung für die Wiederbewaldung versumpfter Gebiete (hauptsächlich in der Myschzone der Voralpen) geschaffen.

Ausserdem
wurden im Zusammenhang mit den Aufforstungen und Verbauungen von 1878-1948 mit Bundeshilfe 1188 km Einfriedigungen und 1206 km Fahr-, Schlitt- und Fusswege erstellt.

Der Bergbewohner suchte einst seine Häuser und Ställe mittels Steinund Erdwällen, Spaltecken und -keilen, Ebenhöch usw., also durch direkte Abwehrmassnahmen zu schützen.

Das eidgenössische Forstgesetz von 1876 verhalf neuen Auffassungen zum Durchbrach. Der Kampf galt von nun an nicht mehr der stürzenden Lawine, sondern das Streben ging dahin, das Übel an der Wurzel zu fassen durch Verhinderung der Lawinenbildung in den Anrissgebieten.

Bundesblatt, 103. Jahrg. Bd. II.

35

486 Die früheren, kleinen Terrassen, Gräben und Pfahlreihen mussten grossen, bis zu 10 m hohen, sehr kostspieligen Mauern weichen. Wo das benötigte Steinmaterial für die Errichtung von Trockenmauerwerken nicht vorhanden ist, behilft man sich mit sogenannten Sehneebrücken aus Holz oder Eisen.

Ausgedehnte Lawinenverbauungen, die sich im letzten Winter gut bewährt haben, finden sich beispielsweise im Goms (Geschiner- und Obergestelergalen zum Schutz der gleichnamigen Dörfer, die Ablenkmauer beim Dorf Niederwald), bei Hospenthal und Eealp, am Muot bei Bergün und auf FaldumAlp zur Sicherung der Ehätischen Bahn bzw. der BLS, am Schafberg ob Pontresina sowie am Schiahorn-Dorfberg ob Davos zum Schutze dieser Ortschaften. Auch im nördlichen Tessin wurden einige grosse Lawinengebiete mit gutem Erfolg verbaut (Pian Mot, Monte Pettine, Bedretto).

Während durch die Lawinenverbauungen die Schneemassen an den Berghängen zurückgehalten werden, verfolgt die künstliche Auslösung von Lawinen den Zweck, eine im labilen Gleichgewicht befindliche Schneedecke frühzeitig und zu einem gewollten Zeitpunkt zum Absturz zu bringen. Diese Methode kann nur da zur Anwendung gelangen, wo die niedergehende Xawine, nach Ergreifung aller möglichen Vorsichtsmassnahrnen (Evakuation von gefährdeten Häusern usw.), keinen nennenswerten Schaden verursacht. Das Abschiessen von Lawinen durch Minenwerfer usw. eignet sich deshalb für das Offenhalten von Bergpässen, Strassen und Bahnverbindungen; dabei ist zu berücksichtigen, dass ungewollte Fernauslösungen von Lawinen entstehen können.

4, Das Bauprogramm und die besondere BundesMlfe Die vorläufigen Erhebungen ergaben, dass mindestens 800 ha Wald mit über 100 000 Festmetern Holz durch die Lawinen des Winters 1950/51 vernichtet wurden. Es besteht Gefahr, dass sich das Übel durch neue Lawinen in den folgenden Wintern sowie durch Windwürfe vergrössert, die Kosten für Aufforstungen somit immer mehr ansteigen und die Bedrohung der in der Gefahrenzone liegenden Siedlungen, Verkehrseinrichtungen usw. wächst. Die Wiederinstandstellungsarbeiten sind daher dringlicher Natur.

Bei der Projektierung von Lawinenverbauungen ist zu prüfen, ob: a. die Bekämpfung des Abgleitens der Schneedecke durch Verbauungen und Aufforstungen im Anrissgebiet notwendig und möglich ist; fr. Schutzbauten in unmittelbarer
Nähe der gefährdeten Siedlungen, Alphütten, Ställe (Ablenkmauern, Spaltecken, Ebenhöch, Schutzräume) genügen; c. durch die Erstellung von Galerien zur Sicherung von Bahnen und Strassen teure Bauten im Anrissgebiet vermieden werden können; d. das zu schützende Objekt nicht an einen lawinensicheren Ort versetzt werden kann, womit sich kostspielige Verbauungen erübrigen; e. eine Kombination dieser unter a bis d genannten Massnahmen zum Ziele führt.

487

Auf Grund dee eidgenössischen Porstgesetzes konnten bisher nur die Ar. beiten unter lit. o und in extensiver Interpretation dieser gesetzlichen Bestimmungen zum Teil auch die unter lit, b aufgeführten Massnahmen vom Bunde unterstützt werden. Die vorgeschlagene Aufhebung des Abbaues der Bundesbeiträge gemäss Artikel 42 des eidgenössischen Forstgesetzes erfasst somit nur diesen Teil der für die Behebung und Abwehr von Lawinenschäden zu treffenden Massnahmen, während die Unterstützung der übrigen Arbeiten, wie bereits erwähnt, in einem besonderen, das Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei ergänzenden Gesetz zu regeln ist.

Im nachstehenden soll deshalb nur auf ht. a näher eingetreten werden; die übrigen Arbeiten werden in der Botschaft zum Entwurf des letzterwähnten Gesetzes dargelegt.

Auch in Zukunft wird es sich nicht darum handeln können, alle Gebiete, wo Lawinenanrisse erfolgt sind oder als möglich erachtet werden, zu verbauen. Dazu würden die Mittel und die Arbeitskräfte fehlen. Man wird sich auf jene Lawinenzüge beschränken müssen, deren Verbaukosten in einem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zum Wert des zu schützenden Objektes (Wald, Wohnhäuser, Verkehrseinrichtungen usw.) stehen. Die Standorte der Schutzbauten im Lawinenanrissgebiet können in den seltensten Fällen im Sommer festgelegt werden, vielmehr müssen sie bei Schneelage, wenn möglich während verschiedener Winter und unter verschiedenen Verhältnissen, auf die Lawinengefahr hin untersucht werden. Die Aufstellung der Projekte wird deshalb eine gewisse Zeit beanspruchen.

Die Projektierung und Ausführung der Arbeiten sollen auf Grund der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Schnee- und Lawinenforschung sowie der Forstwissenschaft, also in engem Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforsehung auf Weissfluhjoch-Davos, der Eidgenössischen Anstalt für das forstliche Versuchswesen und der Abteilung für Forstwirtschaft der ETH, Zürich, durchgeführt werden. Ebenso sind die Kantone für die Aufstellung und Ausführung dieses Bauprogrammes zur Mitwirkung und Beitragsleistung wie bisher heranzuziehen.

Die Ausführung dieser dringlichen und für die Sicherheit ganzer Talschaften unentbehrlichen Arbeiten in Verbindung mit der Aufhebung des Abbaues wird
zur Folge haben, dass der jährlich benötigte Kredit für Aufforstungen und Verbauungen in Zukunft durchschnittlich auf etwa den doppelten Betrag, nämlich von l Million Franken auf 2 Millionen Franken ansteigen wird. Dazu kommt ein weiterer Kreditbedarf von jährlich durchschnittlich % Million Franken für Arbeiten, die im Entwurf zu einem Bundesgesetz über die teilweise Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vorgesehen sind. Je nach dem Fortschreiten der Arbeiten und der Höhe der eingehenden Abrechnungen werden die benötigten Mittel in den jährlichen Voranschlägen des Bundes einzustellen sein.

488

B. Landwirtschaftlicher Teil 1. Die Lawinenkatastrophen des Winters 1950/51 und ihre Schäden, soweit sie das Bodenverbesserungswesen berühren Die ganz aussergewöhnlichen Schneefälle und Lawinenniedergänge des letzten Winters haben in verschiedenen Gebirgsgegenden unseres Landes ganz erhebliche Schäden an Kulturland und vor allem an alp- und landwirtschaftlichen Gebäuden angerichtet. Noch heute und auch auf einige Zeit hinaus ist die zuverlässige Abschätzung der eingetretenen Zerstörungen schwierig, weil viele Alpen noch unerreichbar sind und weil bei Alpgebäuden mit Spätschäden aus der gewaltigen Schneeauflast allein wird gerechnet werden müssen. Ein vollständiges Bild wird erst gegeben werden können, wenn die Schneeschmelze, vorüber ist.

Auf nachstehender Tabelle sind die provisorischen Zahlen, nach Kantonen geordnet, enthalten. Es ist anzunehmen, dass daran noch verschiedene Änderungen eintreten werden, wenn einmal eine detaillierte Aufnahme hat durchgeführt werden können.

Provisorische Zusammenstellung der Lawinenschäden des Winters 1950/61 an Gebäuden, soweit sie das Meliorationswesen interessieren, anhand verschiedener Unterlagen zusammengestellt durch das Eidgenössische Meliorationsamt (bezüglich des mit ' Schnee überschütteten Kulturlandes wird auf die Tabelle bei der Einleitung der vorliegenden Botschaft verwiesen).

Alpgebäude

Kanton

zerstört beschädigt

Bern

30

2

Uri.

Schwyz .

Obwalden Glarus . . . . . .

St. Gallen Graubunden, , . .

Tessin .

. .

Wallis Total

2 1 4 2"

10

Ställe ausserhalb des Alpgebietes Total

zerstört

32

2

30* 2 1 14 2

350* 160* 60*

650*

beschädigt 1

Total 3

22*

15

3

.18

100*

50*

150* 75* 50*

40*

10*

320*

II. Die ordentliche Subventionspraxis auf dem Gebiete der Bodenverbesserungen, soweit sie die Wiedergutmachung der Schnee- und Lawinenschäden berühren kann.

Das Bundesgesetz vom 22. Dezember 1893 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund (Landwirtschaftsgesetz) regelt in wenigen Be* Nicht endgültige Zahlen.

489 Stimmungen die finanzielle Unterstützung der Bodenverbesserungen durch den Bund. Es führt nicht im einzelnen an, was unter dem Begriff «Bodenverbesserungen» zu verstehen sei. Vielmehr ist in Artikel 9 des Gesetzes einfach die Eede von Unternehmungen, welche eine Verbesserung des Bodens oder die Erleichterung seiner Benutzung zum Zwecke haben. Diese umfassende und nicht abschliessende Begriffsbestimmung erlaubte den Bundesbehörden, in ständiger Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse die Subventionspraxis zu regeln. Die Richtlinien dafür sind in verschiedenen Kreisschreiben des Bundesrates oder des Volkswirtschaftsdepartementes niedergelegt.

Im Zusammenhange mit den Schnee-und Lawinenschäden steht die Subventionierungsmöglichkeit von 1. landwirtschaftlichen Güterwegen und von Verkehrswegen in Gebirgsgegenden, die der Verbindung der Bergdörfer unter sich und mit dem Tale dienen; 2. Wiederherstellungen zerstörten Kulturlandes; 3. Landwirtschaftlichen Siedelungsbauten ; 4. Alpgebäuden (Alpstallbauten, Sennhütten und Lokale für die Aufbewahrung der Milch und der Milchprodukte, Wohnräume für das Alppersonal); 5. Stallsanierungen (Umbau hygienisch ungenügender Rindviehställe nach Neuzeitlichen Gesichtspunkten).

III. Notwendige Anpassungen der ordentlichen Subventionspraxis an die besondern Verhältnisse der Wiedergutmachung der ausserordentlichen Schnee- und Lawinenschäden des Winters 1950151 Der Bundesrat ist der Auffassung, die ganz aussergewöhnlichen Bedingungen der Wiedergutmachung nach den besonders schweren Schäden des abgelaufenen Winters machten auch aussergewöhnliche Massnahmen nötig.Die schwer geprüfte Bergbevölkerung muss soweit als möglich in die Lage versetzt werden, die Folgen des Lawinenwinters zu beheben, ohne in eine untragbare Verschuldung zu geraten. Wohl hat die öffentliche Sammlung ein äusserst erfreuliches Eesultat ergeben, wohl stehen vielerorts auch Versicherungsleistungen in Aussicht, die Summe der zu deckenden Schäden ist aber so gross, dass nach unserer Überzeugung der Bund, dort mit der Subventionierung nicht kargen darf, wo die Gewährung derartiger Beihilfen im Eahmen gesetzlicher Bestimmungen grundsätzlich vorgesehen ist. Es muss auch bedacht werden, dass es sich beim Wiederaufbau nicht mehr um Massnahmen des freien Entschlusses handelt, sondern um den harten Zwang der
Verhältnisse und um die Wiederherstellung von unerlässlichen Basen der wirtschaftlichen Existenz.

Die Eegelung der Subventionspraxis im einzelnen fällt in den Aufgabenbereich des Bundesrates. Um den aussergewöhnlichen Verhältnissen bei der Behebung der Schäden angemessen Rechnung zu tragen, beabsichtigen wir, zur Erleichterung des Zustandekommens der notwendigen Wiederherstellungs- und

490

Wiederaufbauarbeiten einige -- ausdrücklich auf die besondere Aktion beschränkte -- Änderungen der heute gültigen Praxis vorzunehmen. Diese örtlich und zeitlich beschränkten Konzessionen werden nachstehend unter Punkt 1-6 beschrieben. Sie sollen nur gewährt werden für Sohadenfälle, die direkt mit den anormal grossen Schneefällen und den Lawinenniedergängen des Winteis 1950/51 zusammenhängen. Wir erwähnen die Schneefälle an und für sich deshalb ausdrücklich, weil zu befürchten ist, dass verschiedentlich Alpgebäude an lawinenverschonten Stellen schon allein durch die gewaltigen Schneeauflasten zerdrückt wurden.

Wir schicken voraus, dass wir das übliche Verfahren, wonach bei Gebäudeschäden nur die nach Abzug allfälliger Versicherungsleistungen verbleibenden Wiederaufbaukosten als subventionsberechtigt anerkannt werden, nicht aufgeben möchten. Im Gegenteil vertreten wir die Auffassung, der für eine prozentuale Subventionierung in Frage kommende Voranschlag sei in der Kegel weiter um jenen Betrag zu kürzen, den die Bauherrschaft aus dem Ertrag der öffentlichen Sammlung erhält. Dadurch --- ausser durch die Beurteilung der Vermögensverhältnisse bei der Subventionierung -- wird die beste Gewähr dafür geschaffen, dass die Kumulation von Beiträgen aus verschiedenen Quellen nicht eine unangemessen hohe Gesamtleistung von Dritten ergibt.

Die Anpassungen der ordentlichen Subventionspraxis an die Erfordernisse der ausserordentlichen Lage betreffen: · 1. Die U n t e r s t ü t z u n g grösserer Reparaturen an stark beschädigten Alpgebäuden.

Normalerweise beschränkt sich die Subventionierung durch den Bund auf Neubauten; Umbauten werden in der Eegel nur in der Form der Sanierung von Alpställen oder der völligen Neugestaltung von Sennhütten etc.

unterstützt. Wo nun im vergangenen Winter grössere Beschädigungen entstanden sind, deren Behebung auch beim Vorhandensein von Versicherungsund Spendeleistungen über die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bauherrschaft hinausgeht, beabsichtigen wir auch die entsprechenden Reparaturen als beitragsberechtigt anzuerkennen. Dabei sollen aber an und für sich unzweckmässig placierte oder unrationell eingerichtete Gebäude mit Hilfe von Subventionen nicht einfach wiederhergestellt werden; vielmehr würde sich die Hilfe auf solche Objekte beschränken, die neuzeitlichen alpwirtschaftlichen
und baulichen Erkenntnissen angepasst sind oder gleichzeitig angepasst werden. Damit würde es auch möglich, manchenorts gegenüber dem heutigen Zustand menschenwürdigere Unterkünfte für das Alppersonal zu erhalten und damit einen Schritt weiter im Kampfe gegen die Entvölkerung unserer Bergtäler zu tun.

2. Die Unterstützung des individuellen Lawinensohutzes vonlandund alpwirtschaftlichen Gebäuden und von landwirtschaftlichen Verkehrs-

491 Die Zerstörung von Schutzwäldern und die damit einhergehende vermehrte Bedrohung menschlicher Siedelungen kann es nötig machen, hei bestehenden oder im Gefahrenbereich wieder zu errichtenden Stallbauten auch im Tale von Anfang an Lawinenkeile und dergleichen vorzusehen, wie sie bisher in der Regel nur etwa bei Alpgebäuden als Projektbestandteile aufgenommen werden mussten. Für bestehende Verbindungsstrassen von Bergdörfern mit dem Tale, die aus Bodenverbesserungskrediten subventioniert wurden (z. B. die Saastalstrasse im Wallis) muss die nachträgliche Anordnung einzelner Lawinengalerien ins Auge gefasst werden. Während die grossen Schutzmassnahmen in den Aufgabenbereich des Forstdienstes gehören, wird auf Grund von späteren Detailabklärungen der Schutz einzelner Objekte zweckmässigerweise im Rahmen von Meliorationsprojekten zu erstellen sein.

8. Subventionierung von zerstörten Heim- und A u s f ü t t e r u n g s ställen unter dem Titel Stallsanierung.

Die bisherige ordentliche Praxis des Bundes geht dahin, dass an den Wiederaufbau abgebrannter Ställe (eine Ausnahme machen Alpställe) auch dann keine Stallaanierungsbeiträge gewährt werden, wenn das zerstörte Objekt offensichtlich sanierungsbedürftig gewesen war. Dieser Haltung liegt ausser dem Sparwillen die Überlegung zugrunde, einerseits bestehe eine Versicherungspflicht oder -möglichkeit, anderseits sollte die Einsicht des Landwirts ihn zur Einhaltung neuzeitlicher Anforderungen beim Wiederaufbau veranlassen. Leider zeigen Beispiele, dass nicht überall genügende Versicherungsleistungen fliessen und dass sehr oft die Einsicht für die Einhaltung stallhygienischer, Mimmalforderungen fehlt; endlich kann es Fälle geben, wo die Restfinanzierung für eine zweckmässige Lösung nicht möglich ist und wo deshalb einfach auf den alten Fiindamenten wieder aufgebaut wird.

Gerade diese Schwierigkeit befürchten wir in den letztön Winter schwer von den Lawinen heimgesuchten Berggebieten anzutreffen. Ohne heute die Praxis allgemein ändern zu wollen, nehmen wir deshalb vorerst für das Schadengebiet in Aussicht, unter dem Titel Stallsanierung auch jene speziellen Fälle des Wiederaufbaues zerstörter Heim- und Ausfütterungsställe zu unterstützen, in denen Versicherungsleistung, öffentliche Spende und finanzielle Möglichkeiten des Eigentümers dazu nicht ausreichen.
4. Subventionierung des Oberbaues von Ställen ausserhalb des Alpgebietes.

Im Gegensatz zur Praxis bei Alpställen werden ordentlicherweise bei Stallsanierungen nur Stall, Futtertenn und Düngeranlagen als subventionsberechtigt anerkannt.

Wo die finanziellen Verhältnisse der betroffenen Bergbauern -- unter Würdigung der gehäuften Schäden einerseits, der Leistungen von Versicherungen und öffentlicher Spende anderseits -- es erfordern, beabsichtigen wir

492 eine Ausdehnung der Subventionierung auch auf den Oberbau etc. Es besteht tatsächlich hinsichtlieh des Oberbaues ein grundsätzlicher Unterschied zwischen normalen Stallsanierungen und der Aufgabe des Wiederaufbaues zerstörter Ökonomiegebäude. Bei den erstgenannten beschränken sich die Arbeiten praktisch auf den Umbau eines Gebäudeteiles, des Stalles. Beim Wiederaufbau muss hingegen die ganze Scheune mit entsprechenden Kostenfolgen neu aufgebaut werden. Wir erachten deshalb ein Entgegenkommen im eingangs skizzierten Sinne als gerechtfertigt.

5. Beduktion der kantonalen Beitragsleistung bei Uri, Graubünden, Tessin und Wallis.

Artikel 9, Absatz b, des Landwirtschaftsgesetzes bestimmt, der Beitrag des Kantons oder der Gemeinde oder der Korporation müsse in der Begel mindestens ebenso hoch sein als jener des Bundes. Diese Bestimmung wurde in der Praxis so ausgelegt, dass für die Auslösung eines Bundesbeitrages eine mindestens ebenso hohe kantonale Gegenleistung vorausgesetzt wurde. Leistungen von Gemeinden wurden ganz oder teilweise auf den Kantonsbeitrag angerechnet.

Der grosse Umfang der Schäden und deren lokale Zusammenballung in einigen Gebieten stellen nicht nur die direkt Betroffenen vor schwere Probleme. Dasselbe gilt für die beteiligten Gemeinwesen, Gemeinden und Kantone.

Von einem der meistbetroffenen Kantone ging schon frühzeitig die Meldung ein, seine Kredite reichten leider schon seit mehreren Jahren nicht mehr aus, um den in normalen Zeiten eingehenden Beitragsgesuchen zu entsprechen, und dies werde natürlich nach dem vergangenen Katastrophenwinter um so weniger der Fall sein. Es wurde deshalb von jener Seite die Frage aufgeworfen, ob der Bund die Beiträge aus der öffentlichen Sammlung an Stelle der Kantonsbeiträge anerkennen könnte. Wir glauben, diese Eegelung nicht anwenden zu dürfen, indem sonst eventuell der Anschein erweckt würde, man ziehe die gesammelten Gelder teilweise direkt zur Entlastung der Kantonsfinanzen heran.

Das Problem bleibt aber trotzdem bestehen, wie bei schlechter Finanzlage des betreffenden Kantons -- und die vier hauptbetroffenen Kantone Uri, Graubünden, Tessin und Wallis befinden sich in dieser Lage -- die Subventionierung in einer für die direkt Geschädigten angemessenen Art geregelt werden kann. Der Bundesrat sieht den am besten gangbaren Weg in der
Anwendung des zweiten Satzes von Artikel 9, &, des Landwirtschaftsgesetzes («Ausnahmsweise kann an Genossenschaften und Korporationen im Falle des Bedürfnisses und bei richtiger Durchführung ein Bundesbeitrag bis auf 50 % der wirklichen Kosten auch für solche Unternehmungen ausgerichtet werden, welche keine oder nur eine geringere Unterstützung von Seiten des Kantons oder der Gemeinde erhalten»). Man hat bei der Schaffung des Landwirtschaftsgesetzes von 1898 mit guten Gründen als allgemeine

493 Regel die Voraussetzung des gleich hohen Kantonsbeitrages angenommen, und auch im Entwurf zum neuen Bundesgesetz über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes wird als Richtlinie dieser Modus vorgesehen. Dem immer wieder erhobenen Einwand, dieser Grundsatz führe wegen der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten der Gebirgskantone zu einer Schlechterstellung gerade der Bergbauern, kann nun nach dem weiter oben zitierten Gesetzestext ausnahmsweise Eechnung getragen werden. Die Ausnahmeverhältnisse einer Häufung schwerster Zerstörungen in einigen finanzschwachen Gebirgskantonen scheinen uns die Anrufung dieses zweiten Satzes von Artikel 9, b, des Landwirtschaftsgesetzes zu rechtfertigen. Der Bundesrat nimmt deshalb in Aussieht, im Eahmen der ausserordentlichen Wiederaufbauaktion den Kantonen Uri, Graubünden, Tessin und Wallis gegenüber Konzessionen hinsichtlich der kantonalen Gegenleistung zu machen. Die Höhe des Kantonsbeitrages wird noch Gegenstand näherer Prüfungen bilden müssen, wobei ausser den erlittenen Gesamtschäden auch die Finanzlage des betreffenden Kantons eine ausschlaggebende Kollo wird spielen müssen. Es soll aber an einer minimalen Gegenleistung in jedem Falle festgehalten werden, denn einmal muss der Bund Gewicht auf das mit einer finanziellen Beteiligung verknüpfte Interesse der Kantone legen, und dann dürfen sicher die direkt Geschädigten auch in einem gewissen Masse Anspruch auf eine kantonale Solidarität erheben.

Diese Konzession einer verminderten Gegenleistung glauben wir auf die bereits genannten Kantone beschränken zu dürfen. Die andern, weiter oben angeführten Anpassungen der Subventionspraxis wie auch die Ermöglichung höherer Bundesbeiträge sollen hingegen überall dort angewandt werden, wo die anormal grossen Schneefälle und Lawineniedergänge des Winters 1950/51 gehäuft Schäden angerichtet haben.

6. Spezialregelung b e t r e f f e n d die kantonale Eeitragsleistung auch bei privaten Bauvorhaben.

Der Gesetzestext, der den gegenüber einigen Kantonen gemäss Punkt 5 oben zu gewährenden Konzessionen zugrunde gelegt wird) sieht dieses Entgegenkommen wörtlich nur für Genossenschaften und Korporationen vor.

Diese Einschränkung würde sich bei den im Vordergrund stehenden Gebäudeschäden, welche vielfach Private getroffen haben, ungerechterweise
so auswirken, dass ein den leider vorwaltenden Verhältnissen entsprechender, reduzierter Kantonsbeitrag automatisch auch eine Senkung des Bundesbeitrages zur Folge hätte.

Der Bundesrat hat sich mit diesem Problem schon im Jahre 1919 befasst. Es schien ihm damals möglich, eine Ausnahme zugunsten Privater grundsätzlich zu gewähren, ohne dass dem Gesetze Zwang angetan wird.

Er erklärte sich mit Beschluss vom 22. September 1919 damit einverstanden, in Zukunft ausnahmsweise und in begründeten Fällen auch bei privaten Boden- und.Alpverbesserungen den Bundesbeitrag höher als jenen des Kan-

494 tons oder der Gemeinde oder der Korporation anzusetzen. Darüber ist in dem von den eidgenössischen Eäten genehmigten Bericht des Bundesrates über die Geschäftsführung im Jahre 1919 Rechenschaft abgelegt.

Da natürlich die finanziellen Schwierigkeiten der meistbetroffenen Kantone uri, Graubünden, Tessin und Wallis sich auch auf die Subventionierung privater Bauten auswirken müssten, erachten wir es als gegeben, die skizzierte Ausnahmebehandlung auf Arbeiten dieses Charakters auszudehnen.

IV. Auswirkungen auf den Bodenverbesserungskredit des Bundes In den letzten Jahren und auch für das laufende Jahr wurden durch die Bäte ausser den speziellen Posten für die ausserordentlichen Unternehmen des kriegsbedingten Meliorationsprogrammes und die Meliorationen von Linthund Eheinebene für die Unterstützung der Bodenverbesserungen bewilligt: 8,5 Millionen Franken für die eigentlichen Bodenverbesserungen (Güterzusammenlogungen, Ent- und Bewässerungen, Strassen und Wege etc.); 2,5 Millionen Franken für die landwirtschaftlichen Hochbauten (Siedelungen, Alpgebäude, Dienstbotenwohnungen, Stallsanierungen etc.).

Schon eine generelle Übersicht über die heute noch unvollständigen Meldungen zeigt, dass der Gesamtschaden ein Ausmass angenommen hat, das die Subventionskredite in ausserordentliohem Masse beanspruchen wird. Zurzeit ist aus Gründen der mangelnden Gesamtübersicht über Schäden, Versicherungsleistungen, Beiträge aus dem Ergebnis der öffentlichen Sammlung etc. eine zuverlässige Angabe der Kreditbeanspruchung nicht möglich. Eine grobe Schätzung ergibt vorläufig einen zusätzlichen Bedarf von rund 10 Millionen Franken. Man könnte sich fragen, ob dieser Betrag nicht zweckmässigerweise als besonderer Kredit zur Verfügung des Bundesrates gestellt werden sollte. Im Hinblick auf die heute noch vorliegende Unsicherheit bezüglich des genauen Schadenumfanges, der Versicherungs- und Spendeleistungen sowie auf die bis Ende 1954 befristete Finanzordnung möchten wir indessen davon absehen.

Wir werden den aus den tatsächlichen Schäden und dem zeitlichen Ablauf der Arbeiten sich ergebenden Kreditbedarf während der nächsten acht Jahre jeweils in der Form einer Erhöhung der ordentlichen Bodenverbesserungskredite in die Voranschläge einstellen. Falls die Behandlung der Vorlage nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann,
so müssten wir den Anteil des Jahres 1952 auf dem Wege des Naohtragskredites anfordern.

Um die grundsätzlich erwünschte zeitliche Begrenzung der ausserordentliehen Aktion zu erreichen, erscheint zum vorneherein eine Fristsetzung für die Subventionierungen und die Auszahlungen am Platze. Wir nehmen dafür 5 resp. 8 Jahre in Aussicht. Wenn einerseits vermieden werden muss, dass sich die Aktion ungebührlich in die Länge zieht, so soll anderseits im Hinblick auf die lokale Häufung der Schäden und auf die Finanzierungsprobleme doch ein gewisses Minimum gewährt werden. Wir glauben, mit den genannten Zeiträumen den Verhältnissen angemessen Rechnung zu tragen.

495 Wie bereits betont, sind die zu ergreifenden Massnahmen zu einem guten Teil dringlicher Natur; es kann mit den Arbeiten nicht zugewartet werden, bis die Projekte ausgearbeitet und genehmigt sind. Deshalb sollen überall da vorzeitige Baubewilligungen gewährt werden können, wo dies die Lage erfordert.

Durch diese Bewilligungen wird aber den späteren Beschlüssen der Bundesbehörde über die Genehmigung der Projekte sowie über die Ausrichtung von Bundesbeiträgen in keiner Weise vorgegriffen.

Es entspricht aber einem Akt der Gerechtigkeit, die dringenden Fälle nicht schlechter zu stellen als jene, die erst nach Inkrafttreten des Ihnen zur Genehmigung unterbreiteten Beschlussesentwurfes zur Behandlung gelangen. Wir werden deshalb deren Subventionierung vorläufig zurückstellen und dann auf der gleichen Basis durchführen wie für später baureif werdende Objekte.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Bundesbeschlussentwurfes zu empfehlen, und benützen diesen Anlass, um Sie, Herr Präsident und sehr geehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 10. Juli 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Bundeskanzler: Leimgruber

496

(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Aufhebung des Abbaues von Bundesbeiträgen an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen in lawinengefährdeten Gegenden

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel l, Absatz 4, sowie Artikel S, Absatz 2, der bis 1954 verlängerten Finanzordnung (Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1938), nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. Juli 1951, besohliesst:

Art. l Zur Behebung von Schnee- und Lawinenschäden des Winters 1950/51 und zur Förderung von Aufforstungen und Verbauungen in lawinengefährdeten Gegenden wird der Bundesrat, in Abänderung von Artikel l, Absatz l, der bis 81. Dezember 1954 verlängerten Finanzordnung 1939-1941 (Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1988) ermächtigt, Bundesbeiträge im nicht abgebauten Bahmen zu gewähren für : a. Aufforstungen und Verbammgen gemäss Bundesgesetz vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei; b. Bodenverbessernngen gemäss Bundesgesetz vom 22. Dezember 1898 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, Art. 2 Dieser Beschluss tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft. Der Bundesrat ist mit dessen Vollzug beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Aufhebung des Abbaues von Bundesbeiträgen an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen in lawinengefährdeten Gegenden (Vom 10. Juli 1951...

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