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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Irminger, Gustav Albert, in Bern.

(Vom 10. Januar 1913.)

Tit.

Irminger, Gustav Albert, geb. 1879, von Fällanden, in Bern, -war während des Wiederholungskurses von 1900 an Blinddarmentzündung erkrankt. Als Folge der hierauf vorgenommenen ·Operation ist eine Bauchhernie geblieben, die 1901 Anlass zur .Ausmusterung gab.

Mit Schreiben vom 2. Juli 1912 stellte Irminger gestützt auf Art. 2, lit. b, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflicht·ersatz, vom 28. Juni 1878, das Gesuch, von dieser Steuer befreit zu werden ; zugleich forderte er die von 1901 an entrichteten Steuerbeträge zurück. Gemäss der angeführten Gesetzesvorschrift ·sind Wehrpflichtige, welche infolge des Dienstes militäruntauglich geworden sind, vom Militärpflichtersatz enthoben. Da der ursächliche Zusammenhang zwischen der im Dienste erfolgten Erkrankung und dem körperlichen Mangel, auf Grund dessen die Ausmusterung vorgenommen wurde, im vorliegenden Falle gegeben -erschien, so wurde Irminger am 19. Juli 1912 vom Bundesrate für die Folgezeit von der Ersatzsteuer enthoben. Das Steuerrückforderungsbegehren wurde dagegen abgewiesen. Dieser Entscheid des Bundesrates ist dem Rekurrenten am 22. Juli 1912 mitgeteilt worden ; ein Wiedererwägungsgesuch, das Irminger einreichte, wurde abgewiesen.

Gegen den Entscheid des Bundesrates hat Irminger mit Eingabe vom 17. September laufenden Jahres Rekurs an die eidgenössischen Räte ergriffen. In der Begründung stellt Rekurrent -die Behauptung auf, er habe nach seiner im Jahre 1901 erfolgten Ausmusterung den Militärpflichtersatz ahnungslos und anstandslos

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entrichtet, da er geglaubt habe, laut Gesetz zur Bezahlung verpflichtet zu sein ; erst durch die Behandlung des Rekursfalle» Dupertuis sei er auf das Bundesgesetz vom 28. Juni 1878 aufmerksam gemacht worden, er beanspruche nun auf Grund des Vorgehens in jenem analogen Rekursfalle die Rückerstattung der laut Gesetz nicht geschuldeten Militärsteuern und berufe sich dabei auf Art. 4 der Bundesverfassung.

Wir beantragen Ihnen, den Rekurs abzuweisen, dabei von folgenden Erwägungen ausgehend : Der Bundesrat hat in gefestigter Praxis es stets abgelehnt,, auf die Beurteilung rechtskräftig gewordener Militärsteuerveranlagungen einzutreten und die gemäss den letztern entrichteten' Steuerbeträge deshalb zurückerstatten zu lassen, weil die Leistungspflicht materiell nicht oder nicht im festgesetzten Umfange bestanden hatte. Von diesem Standpunkte ging der Bundesrat jeweilen auch dann nicht ab, wenn der Grund, aus welchem der Betreffende eine rechtzeitige Einsprache unterlassen hatte, wie hier in der Unkenntnis gesetzlicher Bestimmungen lag. Diese Praxis ist auf den Bericht des Bundesrates vom 18. Dezember 1911 (Bundesbl. 1911, V, 367 ff.) hin von den eidgenössischen Räten mit Schlussnahme vom 8. März/22. Juni 1912, durch welche der Rekurs des P. Dupertuis abgewiesen wurde, geschützt worden, und damit ist die Frage der Zulässigkeit einer Steuerrückforderung prinzipiell verneint worden.

Der Nationalrat hat allerdings bei der Abweisung des von Dupertuis erhobenen Rekurses den Wunsch ausgesprochen, es möchte der Bundesrat dem Genannten aus freien Stücken die früher bezahlten Taxen zurückvergüten, und der Bundesrat hat diesem Wunsche entsprochen. Es ist nun aber klar, dass auf eine solche, in einem einzelnen Falle, in Würdigung der besondern Verumständungen und unter Ablehnung einer Rechtspflicht erfolgte Steuervergütung hin eine Verpflichtung der Behörden, dem heutigen Rekurrenten gegenüber in gleicher Weise zu verfahren, nicht aus Art. 4 der Bundesverfassung abgeleitet werden kann. Der Bundesrat hat denn auch gestützt auf den vorerwähnten Entscheid der eidgenössischen Räte vom 8. März/22. Juni 1912 in allen spätem Fällen an seiner bisherigen Praxis, welche eine Vergütung rechtskräftig veranlagter Steuern ausschliesst, durchaus' festgehalten. Würde im gegenteiligen Sinne entschieden, so würde damit grundsätzlich anerkannt, dass auf eine Steuerveranlagung, welche .während der vorgeschriebenen Rekursfrist unangefochten, geblieben ist,. jederzeit auf dem Wege einer Rlick-

12» erstattungsklage zurückgekommen werden könnte. Dabei kommen keineswegs etwa nur Fälle in Betracht, die auf Art. 2, lit. 6, des mehrfach zitierten Gesetzes fassen, sondern es werden damit auch alle ändern Steuerveranlagungen im Prinzip als anfechtbar und die Kückforderungsklage als zulässig erklärt. Dies würde aber, wie auch schon in den Räten anlässlich der Behandlung des Rekurses Dupertuis betont wurde, dem Grundsatze der Endgültigkeit der Steuerveranlagungsergebnisse direkt widersprechen und zu völlig unhaltbaren Zuständen führen. Diese Zustände wären um so unhaltbarer, als irgend eine zeitliche Begrenzung für solche Begehren auf Rückvergütung bezahlter Steuern fehlen würde.

Zum Schlüsse sei noch erwähnt, dass seit Beginn der diesjährigen Aushebungsperiode von den sanitarischen Untersuchungskommissionen der Abteilung für Sanität jeweilen diejenigen Leute angegeben werden, bei welchen der Ausmusterungsgrund (Verletzung oder Krankheit) angeblich im Dienste entstanden ist. Die genannte Abteilung unterbreitet nach Prüfung der einzelnen Fälle diejenigen, in welchen die in Art. 2, lit. &, leg. oit. für die Steuerbefreiung aufgestellten Voraussetzungen als erfüllt zu betrachten sind, dem Militärdepartement, und dieses stellt dem Bundesrat seine Anträge. Die Steuerenthebungsentscheide des Bundesrates werden alsdann von der Bundeskanzlei den kantonalen Militärbehörden mitgeteilt. Durch dieses Verfahren, auf dessen Wünschbarkeit aus der Mitte der Räte im Falle Dupertuis hingewiesen wurde, dürften inskünftig die meisten Fälle, in welchen ein Anspruch anf Steuererhebung besteht, sofort von Amtes wegen erledigt werden.

Wir beehren uns, Ihnen zu oeantragen, es sei der von G. A.

Irminger erhobene Rekurs abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten!

Hochachtung.

B e r n , den 10. Januar

1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :.

Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Irminger, Gustav Albert, in Bern. (Vom 10. Januar 1913.)

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15.01.1913

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